Im
letzten Blog-Beitrag wurde dargelegt, dass Kontingenz als
Effekt der Beobachtung 2. Ordnung ein spezifisch modernes Konzept ist. Für
Kritik gilt dies ebenfalls, da Kritik auch erst durch Beobachtung 2. Ordnung
möglich ist. Bloße Negation um der Negation willen ist noch keine Kritik. Das
Internet als technische Infrastruktur zur Informationsverbreitung erweitert die
Möglichkeiten für Beobachtungen 2. Ordnung und damit auch für Kritik. Damit
erzeugt das Internet ein Überangebot an Kommunikationsofferten und insofern
einen Verweisungsüberschuss an kommunikativen Anschlussmöglichkeiten. Der
Verweisungsüberschuss kann aber nicht allein mit Kommunikation via Internet
bewältigt werden. Aufgrund fehlender Möglichkeiten für eine räumliche
Integration lassen sich im Internet nur sehr schwer stabile Formen der
kommunikativen Selbstorganisation etablieren. Auf diese Weise erfüllt das
Internet in der modernen Gesellschaft die Funktion einer laufenden Irritation
der Gesellschaft. Sobald es jedoch darum geht durch Entscheidungen irreversible
Sachverhalte zu schaffen, spielen Kommunikationsprozesse via Internet nur eine
marginale Rolle. Wer etwas verändern möchte, wird es nicht vermeiden können
direkt mit Menschen in Kontakt zu treten.
Donnerstag, 6. Dezember 2012
Donnerstag, 1. November 2012
Kontingenz, Kritik und das Internet
Auch der folgende Beitrag
konzentriert sich auf das Thema Gesellschaft und Internet. Nach wie vor wird
von der Annahme ausgegangen, dass das
Internet die technischen Möglichkeiten der Beobachtung von Beobachtern
erweitert hat. Da diese Möglichkeiten von vielen Menschen genutzt werden,
kommt es zu einer bisher nicht gekannten Flutung der Gesellschaft mit
Kontingenz. Dass Kontingenz als solche registriert und als Bedingung für den
Vollzug von Kommunikation berücksichtigt wird, ist ein spezifisch modernes
Phänomen. Theologische Reflexionen bereiteten die semantischen Bedingungen für
eine Beobachtungsweise vor (Luhmann 2006, S. 114), die schließlich zur
operativen Schließung verschiedener Funktionssysteme führte und einen Wechsel
in der Differenzierungsform der Gesellschaft einleitete hin zu funktionaler
Differenzierung. Niklas Luhmann bezeichnete Kontingenz deswegen als einen
Eigenwert der modernen Gesellschaft (2006). Wenn man sich mit der Frage
auseinandersetzt, welchen Einfluss das Internet auf die Gesellschaft hat, dann
kommt man nicht umhin sich mit der Frage auseinander zu setzen, welche Funktion
das Internet für den gesellschaftlichen Umgang mit Kontingenz hat? Dazu ist es als
Erstes notwendig den Begriff Kontingenz näher zu bestimmen.
Dienstag, 16. Oktober 2012
Beobachtbarkeit - Risiko und Gefahr
Der
letzte Blog-Beitrag endete mit der Beobachtung, dass durch das Internet die
technischen Möglichkeiten der Beobachtung von Beobachtern immens erweitert
wurden und die Gesellschaft sich deswegen mit einem unglaublichen Maß an
selbsterzeugter Kontingenz konfrontiert. Dem gegenüber hat sich aber ein
Bewusstsein für die damit verbundene gewollte oder ungewollte Anziehung der
Aufmerksamkeit noch nicht in ausreichendem Maße gebildet obwohl Beobachtbarkeit
an sich nichts grundsätzlich Neues ist. Dieses Bewusstsein wurde auch als
Aufmerksamkeit für Aufmerksamkeit bezeichnet. Das mag zunächst eine recht
magere Diagnose sein. Berücksichtigt man aber, dass man sich hier auf
gesellschaftstheoretischer Ebene bewegt und von Funktions-, Organisations- und
Interaktionssystemen abgesehen wird, dann lässt sich nicht mehr sagen.
Gesellschaft ist das umfassende System. Außerhalb der Gesellschaft gibt es
keine sozialen Systeme. Die eingenommene Perspektive abstrahierte somit von
jeglichen Beobachtungsverhältnissen, weil es keine Fremdbeschreibungen von
gesellschaftsexternen Beobachtern geben kann. Bevor die innergesellschaftlichen
Beobachtungsverhältnisse in den Blick genommen werden, soll zunächst
verdeutlicht werden was mit Aufmerksamkeit für Aufmerksamkeit [1] gemeint ist
bzw. wie sich diese im Alltag bemerkbar macht.
Donnerstag, 4. Oktober 2012
Die Öffentlichkeit der Gesellschaft & das Internet
Der
vorangegangene Blog-Beitrag schloss mit der Bemerkung, dass der
Selbstfindungsprozess der Piratenpartei nicht unter Ausschluss der
Öffentlichkeit gelingen kann. Dabei wurde der Begriff Öffentlichkeit zunächst
unhinterfragt im normalen Alltagsverständnis benutzt. Mit dem Aufkommen des
Internets wurden der Begriff Öffentlichkeit
und der Gegenbegriff Privatheit
zunehmend fragwürdiger. Das althergebrachte Verständnis, dass Öffentlichkeit
vor der eigenen Haustür beginnt, wird dadurch konterkariert, dass Personen heute
ihr Privatleben im Internet zugänglich machen und ihre intimsten Details –
zumindest im Prinzip – mit einem Millionenpublikum teilen können oder dass über soziale Netzwerke persönliche Daten frei zirkulieren und für jeden zugänglich sind. Das Private
wird öffentlich, egal ob freiwillig oder unfreiwillig. Eine klare Grenze lässt sich heute nicht mehr ziehen, wenn die
Öffentlichkeit aufgrund der neuen technischen Möglichkeiten nicht mehr an der Haustür endet. Vielmehr fragt man sich, was
Privatsphäre im Internetzeitalter noch bedeuten kann. Das Skandalöse des
Internets ist, dass es radikal die bisherigen Vorstellungen davon, was
öffentlich und privat ist, in Frage stellt und scheinbar mit unseren alten Gewohnheiten
der Darstellung im öffentlichen Raum bricht.
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Montag, 24. September 2012
Politik meets The Big Bang Theory oder Warum die Piratenpartei nicht politikfähig ist
Die nationalstaatlichen politischen Systeme der
westlichen Hemisphäre sind demokratisch organisiert. Die Einführung der
Demokratie ist die große Errungenschaft der Moderne, denn sie
ermöglicht einen gewaltlosen Wechsel der politischen Führung. Zu den
Funktionsbedingungen der Demokratie gehört der Wettstreit der verschiedenen Parteiprogramme
in der politischen Öffentlichkeit. Die Öffentlichkeit des politischen Systems ist im Vergleich zum Wirtschaftssystem das funktionale Äquivalent zum Markt. Sie ermöglicht,
dass sich die politischen Kontrahenten und das Publikum gegenseitig
beobachten können. Während das Publikum der potentiellen Wähler bis auf die
regelmäßig stattfindenden Wahlen passiv bleibt, sind die politischen
Kontrahenten zur Aktivität verdammt, denn
sie müssen ständig um die Legitimität und Akzeptanz ihrer politischen Programme
kämpfen. Im Prinzip kann jedes Thema Gegenstand politischer Beobachtung werden.
Faktisch hat das politische System eine Eigenselektivität entwickelt, die es
nicht mehr möglich macht jedes erdenkliche Thema zu politisieren. Inzwischen
gibt es thematische Evergreens, die sich scheinbar niemals verbrauchen, z. B.
soziale Ungleichheit. Es kommen aber auch gelegentlich neue Themen hinzu. In
der Art und Weise wie neue Themen in die politische Öffentlichkeit gelangen
und dort von den Parteien aufgenommen werden, lassen sich grob zwei Formen
unterscheiden.
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