Im letzten Beitrag wurden einige
Auswüchse der ersten und zweiten Generation neuerer soziologischer
Systemtheorien nach dem Tode Niklas Luhmanns kritisiert. Die aufgezeigten
Probleme beschränken sich aber nicht allein auf die neueren Systemtheorien
sondern scheinen vielmehr Symptome zu sein, von denen die deutsche Soziologie
als Gesamtdisziplin betroffen zu sein scheint. Das damit verbundene Unbehagen
artikuliert sich in letzter Zeit auch vermehrt im Blog der Deutschen Gesellschaft für
Soziologie. Trotz unterschiedlicher theoretischer Perspektiven kommen die
verschiedenen Autorinnen und Autoren zu ähnlichen Diagnosen hinsichtlich des Zustands der Disziplin. Ganz allgemein
formuliert, besteht das Problem darin, dass die Komplexität der modernen
Gesellschaft nach wie vor die etablierten Selbstbeschreibungssemantiken der Gesellschaft
vor scheinbar unüberwindbare Herausforderungen stellen. Bisher sticht in der
gesamtgesellschaftlichen als auch der soziologischen Wahrnehmung vorwiegend die
Krisenhaftigkeit der Moderne hervor. Die Frage ist allerdings, handelt es sich
tatsächlich um das Charakteristikum der modernen Gesellschaft oder nur um eine
Krise ihrer Selbstbeschreibungsformate? So wird zwar das Fehlen eines
gesellschaftsweit gültigen Narrativs beklagt, dass noch für alle Menschen eine
Orientierung bieten könnte und einige wissenschaftliche Beobachter haben die
Bemühungen um ein wissenschaftliches Beschreibungsangebot bereits aufgegeben –
Stichwort Postmoderne. Doch betonen nicht gerade die Klagen die Notwendigkeit
einer solchen modernen Beschreibung der modernen Gesellschaft? Der Versuch dies
zu leisten, gestaltet sich allerdings immer mehr wie die Quadratur des Kreises. Doch
möglicherweise besteht genau darin das Kunststück.