tag:blogger.com,1999:blog-61262803438083464202024-03-21T18:15:23.541+01:00Beobachter der ModerneIm Auge des OrkansBeobachter der Modernehttp://www.blogger.com/profile/07362668989286039861noreply@blogger.comBlogger17125tag:blogger.com,1999:blog-6126280343808346420.post-41006925719119490022016-05-05T14:57:00.000+02:002016-06-23T19:28:26.722+02:00Die Regeln der Form<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 283.2pt; text-align: justify;">
<i><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Es
ist immer einfach, das Unbekannte zu erklären, indem man das Walten einer
übermenschlichen und eigenmächtigen Kraft postuliert. Das ist ein sehr
menschliches Phänomen.<o:p></o:p></span></i></div>
<div align="right" class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 283.2pt; text-align: right;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Isaac Asimov<o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 283.2pt; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><i>Das
Problem liegt nie sosehr darin, einen Schlüssel oder zwei oder drei oder </i>n<i> Schlüssel zu finden,
sondern eine Sprache zu sprechen, welche der Joker Rechnung trägt.<o:p></o:p></i></span></div>
<div align="right" class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 212.4pt; text-align: right;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Michel Serres<o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<br />
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif; line-height: 150%;">Es lässt sich heute eine weit verbreitete Faszination an Paradoxien aller Art beobachten. </span><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif; line-height: 150%;">Das gilt nicht nur für systemtheoretische und postmoderne Ansätze, sondern gesamtgesellschaftlich – unabhängig davon ob sich diese Faszination aus einer Vorliebe oder aus der Ablehnung paradoxer Formulierungen ergibt. Das liegt möglicherweise daran, dass sich aus dem Umgang mit Paradoxien sehr viel über Kommunikation und damit unter anderem auch über die Funktionsweise der Gesellschaft erfahren lässt. Im Zuge dieser Beschäftigung mit Paradoxien kam es jedoch zu einer Distanzierung, Ironisierung, Relativierung und Dekonstruktion sehr vieler sinnhafter Orientierungspunkte in Form von sozial geteilten Semantiken. Egal wie es geschieht, in jedem Fall wurde den kritisierten Semantiken ihre soziale Funktion abgesprochen. Stattdessen hält man nun die Paradoxie selbst für den neuen Orientierungspunkt. Damit wurde allerdings semantischer Beliebigkeit und Willkür der Weg bereitet, was die sozialen Verstehens- und Verständigungschancen minimiert und das Konfliktpotential ebenso stark erhöht hat. </span></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif; line-height: 150%;"><br /></span>
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif; line-height: 150%;">Man kann diese Faszination an Paradoxien aber auch als ein Interesse an</span><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif; line-height: 150%;"> <i>Negativität </i>interpretieren. Dann kann man vermuten, dass dieses Interesse m</span><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif; line-height: 150%;">öglicherweise ein gewisses Bedürfnis nach Transzendenz befriedigt.</span><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif; line-height: 150%;"> </span><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif; line-height: 150%;">In vormodernen Zeiten konnten sich für dieses Thema noch die Religionen zuständig erklären und gleichsam ein Diskursmonopol beanspruchen. In der entzauberten Welt der Moderne füllt die Psychologie die entstandene Lücke mehr schlecht als recht aus. Statt dabei zu helfen, die innere Widersprüche zu lösen, belässt sie es häufig bei der Pflege dieser Widersprüche. Hauptsache man ist wieder genussfähig, wenn man schon nicht funktioniert. Funktionieren dürfen die Anderen. Die postmoderne Bewegung konnte nach der wissenschaftlichen Entzauberung der Welt nur noch einen allgemeinen Sinnverlust beklagen. Wobei man den Verdacht nicht los wird, dass lediglich der Verlust der eigenen Illusionen beklagt wird. Die Lösung sieht die Postmoderne in der Flucht in die Subjektivität. Widerspruchsfreiheit lässt sich aus der postmodernen Perspektive offenbar nur noch durch die narzisstische Besetzung der Welt erreichen, um das Leiden an ihr zu lindern. </span><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif; line-height: 150%;">Die Kontingenz anderer Perspektiven dient nur zur zweifelhaften Begründung, sich nicht mehr mit ihnen auseinandersetzen zu müssen. </span><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif; line-height: 150%;">Umso radikaler werden dann andere Perspektiven abgelehnt, obwohl man sich zugleich nach Diversität sehnt. Das sorgt für einige Unruhe.</span><br />
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif; line-height: 150%;"><br /></span>
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif; line-height: 150%;">Der naive Umgang mit Paradoxien ist heute sehr weit verbreitet und hat sich zu einer Art sozialen und psychischen Reflexions- und Entwicklungsblockade entwickelt. Diese geistige Verwahrlosung führt derzeit zur Verhärtung der Frontlinien. Die Sozial- und Geisteswissenschaften haben, indem sie sich für politische Zwecke einspannen ließen, auch ihren Teil dazu beigetragen, dass es so weit kommen konnte. </span><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif; line-height: 150%;">Speziell deren Beitrag lässt sich zum großen Teil durch das Fehlen einer Theorie über Negativität erklären. Das politische Engagement ist nur eine Verlegenheitslösung, um mit diesem Defizit umzugehen. Es gibt viele Vermutungen, Hoffnungen und Befürchtungen über Negativität. Aber eine ausgearbeitete Theorie steht nicht zur Verfügung. Selbst den für Paradoxien sensibilisierten Systemtheoretikern ist das nicht gelungen. Bisher fehlte auch ihnen jegliches Problembewusstsein. </span><br />
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif; line-height: 150%;"><br /></span><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif; line-height: 150%;">Vor diesem Hintergrund erscheint es umso notwendiger dem Thema Negativität mehr Aufmerksamkeit zu widmen. Der folgende Text ist eigentlich ein Ergebnis meiner Auseinandersetzung mit George Spencer-Browns »Gesetze der Form« (1999 [1969]). Der Fokus liegt aufgrund der geschilderten Probleme auf der Funktion von Negationen und Negativität für Beobachtungs- bzw. für Erkenntnisprozesse. Negationen und Negativität sind erst an zweiter Stelle ein kommunikationstheoretisches Problem. Zu aller erst sind sie kognitionswissenschaftliche und erkenntnistheoretische Probleme. Auf derselben Ebene ist die im Folgenden vorzustellende Beobachtungstheorie angesiedelt. Der Ausgangspunkt ist die</span><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif; line-height: 150%;"> Frage: </span><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif; line-height: 150%;"><i>für welches Problem kann Unterscheiden als Lösung betrachtet werden?</i> Diese Frage wurde trotz des funktionalistischen Ansatzes in der neueren soziologischen Systemtheorie bis heute nicht gestellt. </span><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif; line-height: 150%;">Dieser Text konzentriert sich auf die Beantwortung
dieser Frage. </span><br />
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif; line-height: 150%;"><br /></span>
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif; line-height: 150%;">Als Erstes wird die Quintessenz des Textes vorgestellt, welche ich als die
»Regeln der Form« bezeichne. </span><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif; line-height: 150%;">Spencer-Browns </span><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif; line-height: 150%;">»Gesetze der Form« sind keine strenge Theorie über Negativität. Sie erlauben es aber mit Negativität zu kalkulieren.</span><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif; line-height: 150%;"> Etwas Ähnliches versuche ich mit den </span><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif; line-height: 150%;">»Regeln der Form« </span><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">–</span><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif; line-height: 150%;"> allerdings ohne einen neuen Kalkül zu präsentieren. Es geht nicht darum Spencer-Browns Kalkül zu ersetzten. Es soll lediglich ein anderer Blick auf das Problem der Negativität geworfen werden. </span><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif; line-height: 150%;">Auch bei </span><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">den </span><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">»Regeln der Form«</span><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif; line-height: 150%;"> handelt es sich nicht um eine Theorie über die Funktion von Negativität, sondern um Anweisungen für den Umgang mit Negativität bzw. mit Nichts. </span><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif; line-height: 150%;">Die Theorie, die diesen Regeln zu Grunde liegt, wird in den nachfolgenden Erläuterungen vorgestellt.</span><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif; line-height: 150%;"> </span><br />
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif; line-height: 150%;"><br /></span><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif; line-height: 150%;">Negativität wird darin als Unterschiedslosigkeit begriffen. Ohne Unterschiede, die Unterschiede machen, kann es weder Informationen noch Sinn geben. Die Lösung für
das Problem der Unterschiedslosigkeit ist dementsprechend Unterscheiden. </span><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif; line-height: 150%;">Es kann aber nicht nur darum
gehen, </span><i style="font-family: arial, helvetica, sans-serif; line-height: 150%;">dass</i><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif; line-height: 150%;"> unterschieden wird,
sondern </span><i style="font-family: arial, helvetica, sans-serif; line-height: 150%;">wie</i><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif; line-height: 150%;"> unterschieden wird. Anhand des Umgangs mit Unterschiedslosigkeit werden drei Beobachtungsweisen
voneinander unterschieden. Im Zuge dessen wird außerdem gezeigt, dass der
Umgang mit Unterschiedslosigkeit eine wichtige Rolle bei der Entwicklung von
komplexen Beobachtungsformen spielt. Der strikt an der Beobachtung von Veränderungen und Entwicklungen orientierte Ansatz erlaubt es am
Schluss eine evolutionäre Beobachtungstheorie
anzudeuten.</span></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm;">
<o:p></o:p></div>
</div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"></span></div>
<a name='more'></a><br />
<br />
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif; font-size: large;"><b>Die Regeln der Form</b></span><br />
<br />
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; margin-bottom: 10.0pt; text-align: justify;">
<b><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">1.
Regel – Indikation:<o:p></o:p></span></b></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; margin-bottom: 10.0pt; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Jeder Ausdruck hat den Zweck
auf etwas anderes zu verweisen als sich selbst. [sachlich]<o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; margin-bottom: 10.0pt; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Verweisen heißt, dass die
Aufmerksamkeit auf etwas gerichtet wird. [psychisch & sozial]<o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; margin-bottom: 10.0pt; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; margin-bottom: 10.0pt; text-align: justify;">
<b><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">2.
Regel – Unterscheidung:<o:p></o:p></span></b></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; margin-bottom: 10.0pt; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Jeder Ausdruck kann seinen
Zweck nur im Unterschied zu einem Ausdruck mit einem anderen Zweck erfüllen.<o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; margin-bottom: 10.0pt; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Wenn ein Ausdruck auf nichts
verweist, dann ist der Ausdruck in einen anderen zu verändern. [zeitlich]<o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; margin-bottom: 10.0pt; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; margin-bottom: 10.0pt; text-align: justify;">
<b><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">3.
Regel – Wiedereintritt:<o:p></o:p></span></b></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; margin-bottom: 10.0pt; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Wenn ein Ausdruck auf sich
selbst verweist, ist er äquivalent zu einem Ausdruck, der auf nichts verweist. Dann
ist der Ausdruck ebenfalls in einen anderen zu verändern.<o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; margin-bottom: 10.0pt; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; margin-bottom: 10.0pt; text-align: justify;">
<b><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Konsequenzen
- Kanon Null:<o:p></o:p></span></b></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; margin-bottom: 10.0pt; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Nichts verweist auf alles.
Deswegen ist Nichts unbedingte Selbstreferenz.<o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; margin-bottom: 10.0pt; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Alles verweist auf etwas.
Deswegen ist Alles bedingte Selbstreferenz.<o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; margin-bottom: 10.0pt; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Weil jeder Ausdruck auf etwas
verweist, ist alles etwas und nicht Nichts.<o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; margin-bottom: 10.0pt; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Unterscheiden schließt nichts
aus. Unterscheiden ist deswegen perfekter Einschluss.<o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; margin-bottom: 10.0pt; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Wenn der Zweck eines Ausdrucks
vom Zweck eines anderen Ausdrucks abhängt, ist der Prozess des Verweisens die konditionierte
Koproduktion beider Zwecke. Zwei Zwecke bilden eine Funktion.<o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<br />
<br /></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<b><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><span style="font-size: large;">Eine Verfahrensweise für Nichts</span><o:p></o:p></span></b></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Bei den »Regeln der Form« handelt es sich um eine extrem
komprimierte Zusammenfassung der ersten zwei Kapitel der »Gesetze der Form«. Sie
enthalten die Idee der Bezeichnung, die Idee der Unterscheidung, die Anweisung
»Triff eine Unterscheidung« sowie das Gesetz des Nennens und das Gesetz des
Kreuzens (vgl. Spencer-Brown 1999 [1969], S. 1 – 7). In der Kombination, wie
sie in den »Regeln der Form« ausgedrückt sind, werden sie zu einer <i>Verfahrensweise</i>, wie mit Nichts, dem <i>Null-Wert</i>, als Ergebnis einer Negation oder
einer Aufhebung umgegangen werden sollte, um die Beobachtungsfähigkeit zu
erhalten.<o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Die »Regeln der Form« gehen damit nicht über
die »Gesetze der Form« hinaus. Sie konzentrieren sich vielmehr auf einen
bestimmten Aspekt des Unterscheidens, der im Formenkalkül implizit enthalten
ist, aber von Spencer-Brown kaum explizit erläutert wird. Wer jedoch gemäß den Gesetzen
der Form kalkuliert, erkennt, dass ihnen ein Prinzip zugrunde liegt. Es kann
folgendermaßen ausdrückt werden: <i>Vermeide
einen Hinweis auf Nichts</i>.<o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<br />
<br /></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<b><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><span style="font-size: large;">Unterschiedslosigkeit als Problem</span><o:p></o:p></span></b></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Aber warum soll ein Hinweis auf Nichts
vermieden werden? Was ist das Besondere an Nichts? Die Antwort lautet: <i>Nichts ist das einzige Phänomen, bei dem die
Bezeichnung und das Bezeichnete im Hinblick auf die Fokussierung der
Aufmerksamkeit denselben Zweck erfüllen.</i> Die Aufmerksamkeit wird durch
Nichts oder einen Hinweis auf Nichts nicht auf etwas <i>gerichtet</i>, sondern sie wird <i>zerstreut</i>.
<o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Deswegen verzichtete Spencer-Brown darauf
Nichts extra zu bezeichnen. Er nennt die Leerstelle zwar <i>leeren Raum</i> und behandelt sie als einen <i>einfachen Ausdruck</i> (vgl. Spencer-Brown 1999 [1969], S. 5f.). Die
Leerstelle kann jedoch auch für sich selbst stehen, denn sie steht für die
»Abwesenheit der Form« (Spencer-Brown 1999 [1969], S. 5). Nichts und Hinweise
auf Nichts stellen damit die <i>Ausnahme von
der 1. Regel</i> dar, dass ein Ausdruck auf etwas anderes verweist als er
selbst, denn <i>Bezeichnung und Bezeichnetes
sind in diesem Fall identisch</i>. <o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Das Problem, vor das man mit einem Verweis auf
Nichts gestellt wird, ist daher <i>Unterschiedslosigkeit</i>.
Aus diesem Problem ergibt sich erst die <i>Notwendigkeit
zum Unterscheiden und Verweisen</i>. Deswegen gibt Spencer-Brown die einfache
Anweisung »Triff eine Unterscheidung« (Spencer-Brown 1999 [1969], S. 3). Die
Operation, eine Unterscheidung zu treffen, um etwas zu indizieren, wird auch
als <i>Beobachten</i> (vgl. Luhmann 1992, S.
68 – 121) bezeichnet. Mit einer Beobachtungsoperation wird in einem Moment
beides getan: Unterscheiden <i>und</i>
Indizieren. Eine Unterscheidung kann niemals direkt, gleichsam in Aktion,
beobachtet werden. Anhand der realisierten Bezeichnungen kann nur nachträglich
auf die benutzten Unterscheidungen zurück geschlossen werden. <o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Die Anweisung »Triff eine Unterscheidung« wurde mit Rücksicht auf das </span><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif; line-height: 150%;">Problem, vor das man mit einem Hinweis auf Nichts gestellt wird, </span><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif; line-height: 150%;">in die Anweisung, jeden Hinweis auf Nichts in einen anderen Hinweis zu
verändern, umgewandelt, sofern auf etwas anderes verwiesen werden soll als auf Nichts. </span><i style="font-family: arial, helvetica, sans-serif; line-height: 150%;">Das Andere, was nicht Nichts ist, muss also
von Nichts unterschieden werden.</i><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif; line-height: 150%;"> Dies gelingt nur durch das Treffen einer
Unterscheidung, um auf etwas und nicht Nichts zu verweisen. Dazu wird ein
separater Ausdruck benötigt. Somit wird ein Hinweis auf Nichts in einen Hinweis
auf etwas anderes verändert. </span><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif; line-height: 150%;">Verändern</span><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif; line-height: 150%;">
bedeutet dabei </span><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif; line-height: 150%;">eine andere Bezeichnung zu
wählen</span><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif; line-height: 150%;">. Insofern ist die 2. Regel der Form eine Abwandlung von
Spencer-Browns Anweisung.</span></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Weil Nichts nur auf sich selbst verweist und
damit die Aufmerksamkeit zerstreut, ist es jedem psychischen Beobachter selbst
überlassen, worauf er seine Aufmerksamkeit stattdessen richten will. Das kann
im Prinzip <i>alles Mögliche</i> sein. Mit
anderen Worten, <i>Nichts verweist auf alles</i>.
Nichts kann daher auch als das <i>Nicht-Realisierte</i>
betrachtet werden, während Alles im Unterschied dazu <i>reine
Potentialität</i> darstellt. Wirklich
ist Nichts nur als Nicht-Realisiertes. Das macht es <i>irreal</i>. Seine Wirkung besteht darin die Aufmerksamkeit auf sich selbst zu richten
und sie dadurch zu zerstreuen. Richtet man seine Aufmerksamkeit stattdessen auf Alles, wird
sie ebenfalls zerstreut, denn sie wird auf nichts Bestimmtes gerichtet. Alles verweist auf das Realisierbare. Das Realisierbare ist aber noch nicht realisiert. Deswegen ist Alles als reine Potentialität ebenso irreal wie Nichts.<o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><i>Ein Ausdruck, der auf Nichts verweist,
und ein Ausdruck, der auf alles verweist, sind daher funktional äquivalent.</i> Sie erfüllen beide denselben Zweck – die Aufmerksamkeit zu zerstreuen.
Die Anweisung, einen Hinweis in einen anderen zu verändern, gilt damit auch,
wenn ein Hinweis auf Alles verweist. <o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<br />
<br /></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<b><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><span style="font-size: large;">Der Wiedereintritt der
Unterschiedslosigkeit ins Unterschiedene</span><o:p></o:p></span></b></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Es ist jedoch auch möglich, dass <i>ein Ausdruck auf sich selbst verweist</i>.
Der Ausdruck verliert in diesem Fall ebenfalls seinen Zweck. Dies kann
geschehen, wenn er wiederholt wird. Diesen Fall beschreibt Spencer-Brown im <i>Gesetz des Nennens</i> (vgl. 1999 [1969], S.
2). Es macht keinen Unterschied, ob ein Ausdruck einmal oder mehrmals
realisiert wird. <i>Wiederholtes Nennen
verweist auf Bekanntes.</i> Die mitgeteilte Information wird <i>redundant</i>. Durch die Wiederholungen verlagert
sich die Aufmerksamkeit mit der Zeit von dem, worauf verwiesen wird, auf den
Ausdruck selbst. Der Zweck einer Wiederholung kann daher nicht identisch sein
mit dem Zweck des wiederholten Ausdrucks.<o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Bei der <i>Wiederholung</i>
eines Ausdrucks hat man lediglich die Wahl seine Aufmerksamkeit auf das
Bezeichnete oder die Bezeichnung zu richten. Wenn die Auswahl nur in diesen beiden Alternativen besteht, wird die Aufmerksamkeit immer wieder auf das Bezeichnete gerichtet. Auch wenn der Ausdruck selbst die Aufmerksamkeit erregt, stößt er sie trotzdem immer wieder ab. Denn die Aufmerksamkeit auf den Ausdruck zu lenken, hieße die Kontingenz des Ausdrucks zu beobachten. Das hieße, den Blick auf alle anderen Möglichkeiten zu richten, worauf man seine Aufmerksamkeit richten kann, was die Aufmerksamkeit wiederum zerstreuen würde. Um dies zu vermeiden, spielt sich mit der Zeit
eine Eins-zu-Eins-Entsprechung zwischen Bezeichnung und dem Bezeichneten ein. Der
Ausdruck wird dann durch seine wiederholte Verwendung, um auf dasselbe zu verweisen,
<i>eindeutig</i>. <o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Es gibt einen zweiten Fall, bei dem ein
Ausdruck auf sich selbst verweist. Es kann passieren, dass <i>ein Ausdruck auf verschiedene Phänomene verweist</i>. Der Ausdruck ist
also <i>mehrdeutig</i>. Er verweist nicht
auf Alles, er ist aber auch nicht eindeutig. Auch dann kann der Ausdruck seinen
Zweck nicht erfüllen, denn er verweist nicht auf einen, sondern auf mehrere Sachverhalte
gleichzeitig. Die Aufmerksamkeit wird ebenfalls zerstreut. Und gerade weil der Ausdruck
seinen Zweck nicht erfüllt, macht er auch in diesem Fall auf sich selbst
aufmerksam. <o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Dieser Fall wird im <i>Gesetz des Kreuzens</i> beschrieben (vgl. Spencer-Brown 1999 [1969], S.
2). Kreuzen bedeutet, dass die zweite Bezeichnung einer Unterscheidung
realisiert wird, von der sich die andere Bezeichnung unterscheidet. Beide
Bezeichnungen zusammen bilden im Sinne von Gregory Bateson einen Unterschied,
der einen Unterschied macht (vgl. 1987 [1979], S. 123). Wird wieder die erste
Bezeichnung realisiert, handelt es sich um ein Wieder-Kreuzen. Die Bezeichnung
verweist nun aber auf verschiedenes und kann ihren Zweck nicht mehr erfüllen. Weil
die Aufmerksamkeit deswegen zerstreut anstatt auf etwas gerichtet wird, gilt: </span><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif; line-height: 150%;">»</span><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif; line-height: 150%;">Wieder-Kreuzen ist nicht Kreuzen</span><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif; line-height: 150%;">« (</span><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif; line-height: 150%;">Spencer-Brown 1999 [1969], S. 2)</span><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif; line-height: 150%;">.</span></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Wieder-Kreuzen ist damit auch eine Form der
Wiederholung. Durch das wiederholte Kreuzen wird auf dasselbe <i>und</i> auf etwas anderes verwiesen. Durch
diese Bedeutungsanreicherung ist im Vergleich zum Zweck vor dem Kreuzen bereits
etwas Neues ins Aufmerksamkeitsfeld gerückt, auch wenn noch kein Ausdruck zur
Verfügung steht, um darauf zu verweisen. Ob es sich bei einem Ausdruck um das
Ergebnis eines Wieder-Nennens oder Wieder-Kreuzens handelt, lässt sich nur
nachträglich prüfen. Beim Wieder-Kreuzen handelt es sich um die Form der
Wiederholung, die Georg F. W. Hegel als <i>Akkretion</i>
bezeichnete.<o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Spencer Brown bezeichnet diese
Selbstindikation durch Wieder-Kreuzen als <i>Aufhebung
</i>(vgl. 1999 [1969], S. 5). Eine Aufhebung ist nicht dasselbe wie eine <i>Negation</i>. Bei einer Negation wird ein
Hinweis auf etwas in einen Hinweis auf Nichts geändert. Bei einer Aufhebung
verweist der Ausdruck dagegen nach dem Wieder-Kreuzen nicht auf dasselbe wie vorher.
Aber auch danach verweist der Ausdruck nicht auf Nichts, sondern er verweist
auf etwas anderes. Diese Mehrdeutigkeit hebt den Zweck des Ausdrucks auf. Er
wird aber gerade nicht in einen direkten Hinweis auf Nichts geändert. Trotzdem
erfüllen die Ausdrücke in beiden Fällen nicht ihren Zweck.<o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Eben weil man seine Aufmerksamkeit in einem
Moment nicht auf zwei Sachverhalte gleichzeitig richten kann, wird man vor die
Wahl gestellt, worauf man seine Aufmerksamkeit richten will: die Bezeichnung,
das Bezeichnete oder etwas anderes. <i>Man
hat immer die Wahl, worauf man seine Aufmerksamkeit richten will. </i>Eine Unterscheidung
zu treffen, kann – muss aber nicht – daher zugleich bedeuten, eine Entscheidung
zu treffen. In jedem Fall weisen Nichts und Alles darauf hin, dass der Prozess
des Beobachtens ein <i>selektives</i>
Geschehen ist. Denn beide Ausdrücke machen die Auswahl einer Unterscheidung und
eines Ausdrucks notwendig. Dies kann <i>naiv</i>,
also durch eine Unterscheidung, oder <i>reflektiert</i>,
also durch eine Entscheidung, geschehen. <o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<br />
<br /></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<b><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><span style="font-size: large;">Kompensation des Wiedereintritts ohne
Differenzierung</span><o:p></o:p></span></b></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Die vorangegangenen Annahmen zur
Selbstindikation von Ausdrücken gelten für alle Ausdrücke. <i>Egal ob ein Ausdruck einfach oder komplex ist, wenn er auf Nichts oder
sich selbst verweist, ist er funktional äquivalent zum einfachen Ausdruck »Nichts«.</i>
Die folgenden Ausführungen beziehen sich nur auf einfache Ausdrücke bzw. das Unterscheiden<i> durch Bezeichnen</i>. Jede Bezeichnung ist im
Sinne von Spencer-Brown ebenfalls ein einfacher Ausdruck. Wenn ein einfacher Ausdruck
auf verschiedene Phänomene zugleich verweist, entsteht die Notwendigkeit
die <i>Aufmerksamkeitsfokussierung präziser
zu gestalten</i>, damit er weiter seinen Zweck erfüllen kann. Dafür gibt es zunächst
zwei Möglichkeiten. <o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Man kann zum einen versuchen für jeden
einzelnen Sachverhalt, auf den verwiesen werden soll, einen einfachen Ausdruck
zu kreieren. Bis zur letzten Konsequenz betrieben, führt dieses Vorgehen zu
einer <i>eindeutig bestimmten </i>Welt, denn
jeder Bezeichnung entspricht ein bezeichneter Sachverhalt. Jede Bezeichnung
kann außerdem beliebig oft wiederholt werden. Es ist also nicht nur eine
benennbare, sondern auch eine wieder benennbare und damit <i>erinnerbare </i>Welt. Einer der Zwecke einer Wiederholung ist daher das
Erinnern.<o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Bei dieser Lösung handelt es sich allerdings um
eine <i>Überbetonung der Verschiedenheit</i>
der bezeichneten Phänomene, bei der die Gemeinsamkeiten unbeachtet bleiben. Der
Zweck jedes einfachen Ausdrucks erschöpft sich dann in der Mitteilung »das da«.
Wenn jeder dieser einfachen Ausdrücke eindeutig ist und seinen Zweck erfüllen
kann, dann wird es bei dieser Vorgehensweise möglicherweise niemals passieren,
dass ein Ausdruck auf sich selbst verweist. Es wird also nicht nur eine
eindeutige, sondern auch eine <i>widerspruchsfreie</i>
Welt geschaffen. Die daraus resultierende Sprache ist sehr rigide und lässt keine Veränderungen zu.<o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Aus diesem Problem ergibt sich die zweite
Lösung. Es handelt sich um die Korrektur dieser Überbetonung der
Verschiedenheit. Man konzentriert sich bei der Schaffung von Ausdrücken nicht
auf die Verschiedenheit der beobachtbaren Sachverhalte, sondern auf ihre
Gemeinsamkeiten. Man abstrahiert also vom Verschiedenen. <i>Abstraktion</i> bedeutet dabei, <i>Unterschiede
unbeachtet zu lassen</i>. Durch Abstraktionen gewinnt das Ausdrucksvermögen
eine gewisse Flexibilität mit der man auf eine Eins-zu-Eins-Entsprechung von
Bezeichnung und Bezeichnetem verzichten kann. Dadurch werden einfache Ausdrücke
aber notwendigerweise mehrdeutig, weil sie auf verschiedenes zugleich
verweisen können, was ihren Zweck aufhebt. <o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Von verschiedenen Abstraktionen kann noch
weiter abstrahiert werden. Mit jedem weiteren Abstraktionsschritt wird die Mehrdeutigkeit des so geschaffenen Ausdrucks erhöht bis ein Ausdruck geschaffen wird, der auf alle
benennbaren Sachverhalte auf einmal verweist. Man hat es dann mit einer
Variante des Hinweises auf Alles zu tun. Dieser Hinweis ist damit
nicht nur mehrdeutig, er ist, wenn man so sagen darf, <i>alldeutig</i>. Doch gerade diese Alldeutigkeit kann den Anschein von
Eindeutigkeit vermitteln. <o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Wird eine solche alldeutige, aber einfache
Bezeichnung auch auf jedes einzelne Phänomen angewandt, erscheint der Gebrauch
völlig beliebig. Die Bezeichnung wird lediglich fortlaufend wiederholt, ohne
dass eine erinnerbare Bedeutung kondensiert. Vielmehr wird die Bedeutung mit
jeder Wiederholung gekreuzt und der Zweck des Ausdrucks aufgehoben. Am Ende
dieser Entwicklung wird der Ausdruck in seiner Bedeutung durch das ständige
Wieder-Kreuzen <i>leer</i> und <i>paradox</i>. Da er bei jeder Anwendung etwas
anderes bezeichnet, wird mit ihm <i>nichts
erinnert</i>. Ein Ausdruck der auf Alles verweist, verweist auf nichts. Die
durch diese Form der Beobachtung geschaffene Welt wird ebenfalls leer und
paradox zugleich. <i>Zwischen Alldeutigkeit
und Bedeutungslosigkeit besteht daher kein Unterschied. <o:p></o:p></i></span></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Bei den beiden vorgestellten Entwicklungsmöglichkeiten
handelt es sich um <i>regressive
Entwicklungen</i>, die sich als <i>Regression
zu Eindeutigkeit</i> und <i>Regression zu
Alldeutigkeit bzw. Bedeutungslosigkeit</i> voneinander unterscheiden lassen. Beide
sind Idealtypen, die empirisch nur als Mischung von beiden auftreten. Das
Verhältnis verschiebt sich bei einer konkreten Sprache mal mehr zur einen oder
mal mehr zur anderen Richtung. Spencer-Brown bemerkt zum Bespiel die regressive
Tendenz der deutschen Sprache zur Eindeutigkeit, wenn er die deutsche
Übersetzung der »Gesetze der Form« folgendermaßen kommentiert: <o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<blockquote class="tr_bq">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><i>»Unter den europäischen Sprachen ist die deutsche
einzigartig, weil sie die meisten verschiedenen Worte für Bedeutungsnuancen
enthält, welche im Englischen durch ein und dasselbe Wort ausgedrückt werden,
und der Unterschied dabei durch den Kontext festgelegt wird. Daher geht das,
was ich das Irisieren englischer Worte nennen will – ihre Fähigkeit, jeden
Augenblick die Farbe zu verändern, die unserer Prosa und Poesie solche Magie
verleiht – im Deutschen verloren, wo für jedes Wort eine exakte Farbe gewählt
und fixiert werden muss, welche nicht das ganze erforderliche Spektrum besitzen
mag. Das macht es ungewöhnlich schwierig, die Laws adäquat zu übersetzen.«
</i>(1999 [1969], S. ix)</span></blockquote>
</div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Beide Varianten einer regressiven Entwicklung sind
naive Formen die Aufmerksamkeitsfokussierung zu präzisieren und das Ausdrucksvermögen
zu steigern, denn dem Prozess der Aufmerksamkeitsfokussierung selbst wird keine
Beachtung geschenkt. Schenkt man diesem Prozess Beachtung, erkennt man, dass
beide Entwicklungsrichtungen für die Präzisierung der Aufmerksamkeit notwendig
sind. Werden sie jedoch jeweils für sich alleine, ohne Korrektur durch die
andere, bis zur letzten Konsequenz vorangetrieben, werden sie <i>das gesamte Denk- und Ausdrucksvermögen
nachhaltig beeinträchtigen</i>.<o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<br />
<br /></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<b><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><span style="font-size: large;">Kompensation des Wiedereintritts durch
Differenzierung</span><o:p></o:p></span></b></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Eine dritte Möglichkeit die
Aufmerksamkeitsfokussierung präziser zu gestalten, besteht deswegen darin die <i>Aufmerksamkeit auch auf den Prozess der
Aufmerksamkeitsfokussierung selbst zu richten</i>. </span><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif; line-height: 150%;">Unterschiede, die Unterschiede machen, werden
durch zwei Ausdrücke mit verschiedenen Zwecken erzeugt, zwischen denen man oszilliert. Dadurch erhalten beide Zwecke jeweils in
Abhängigkeit vom Anderen ihren </span><i style="font-family: arial, helvetica, sans-serif; line-height: 150%;">Informationswert</i><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif; line-height: 150%;">. </span><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif; line-height: 150%;">Gleichwohl muss es noch etwas geben, was diese Unterschiede erzeugt. </span><br />
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif; line-height: 150%;"><br /></span>
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif; line-height: 150%;">Durch diese
Frage wird die Aufmerksamkeit schließlich auf den Prozess des Unterscheidens
selbst gerichtet. Das geschieht hier zunächst unabhängig von der Frage, wer
unterscheidet. Die Paradoxie der Sozialdimension, also dass andere Personen
anders beobachten können, bleiben in diesem Text unbeachtet, was nicht
heißen soll, dass sie psychologisch und soziologisch irrelevant wäre. Hier soll jedoch der Fokus nur auf die durch die
</span><i style="font-family: arial, helvetica, sans-serif; line-height: 150%;"><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/04/die-beobachtung-der-beobachtung.html">Beobachtung der Beobachtung</a></i><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif; line-height: 150%;"> erzeugten
Paradoxie liegen.</span></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><i>Eine Unterscheidung ist durch die zwei
Bezeichnungen noch nicht hinreichend bestimmt.</i> Die Form der Unterscheidung wird hier als eine <i>dreiteilige Form</i> begriffen. Was neben
den zwei Bezeichnungen noch fehlt, ist die Unterscheidung selbst als der dritte
Bestandteil der Form der Unterscheidung. Je nach dem, worauf mit den beiden
Bezeichnungen einer Unterscheidung die psychische Aufmerksamkeit gerichtet
wird, ergibt sich die <i>Funktion</i> der
Unterscheidung. Eine Unterscheidung ist die Kombination der zwei Zwecke, die
durch die Bezeichnungen realisiert werden. Die Unterscheidung als Funktion muss also von den zwei
Zwecken der Bezeichnungen unterschieden werden.<o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Doch gerade die Wiederholung der Funktion
erzeugt sowohl <i>Redundanz </i>als auch <i>Varietät</i>, weil jede Wiederholung nicht
exakt auf denselben Sachverhalt angewendet wird. Dieselbe abstrakte Idealform
nimmt verschiedene Realformen an. Es gibt zum Beispiel nicht nur einen Tisch,
sondern viele verschiedene Formen von Tischen, die jedoch alle als Tisch
erkennbar bleiben, auch wenn sie sich in Höhe, Breite, Farbe etc. voneinander
unterscheiden. Diese Variationen der Tischform können nun selbst wiederum
beobachtet werden. Dadurch wird es möglich Tische als Tische zu <i>bezeichnen</i> und sie trotzdem als
verschiedene Tische zu <i>beschreiben</i>.<o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Gemäß dem Gesetz des Kreuzens wäre ein Tisch
nach nochmaligem Kreuzen kein Tisch mehr, wenn nicht exakt derselbe Tisch
bezeichnet würde. Wenn etwas anderes bezeichnet wird als vorher, wäre zu klären, ob es
sich auch um einen Tisch oder nicht vielleicht um einen Stuhl oder etwas
anderes handelt. Dies kann jedoch nicht mehr mit einer Bezeichnung zum Ausdruck
gebracht werden. <i>Was ein Tisch ist und
was er nicht ist, lässt sich nicht sinnhaft klären, wenn die Aufmerksamkeit nur
durch eine bloße Bezeichnung auf ihn gerichtet wird. <o:p></o:p></i></span></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Entscheidend ist der Unterschied zwischen dem,
was ein Tisch ist, und dem, was er nicht ist. Was ein Tisch ist, lässt sich
erst kognitiv erfassen, wenn man seine Aufmerksamkeit sowohl auf einen Tisch
richtet als auch auf andere Dinge, von denen der Tisch unterschieden werden
kann. Das kann der Boden sein, auf dem der Tisch steht, das Geschirr, mit dem
er gedeckt ist, die Personen, die von ihm essen, die Schränke im Zimmer, das
Zimmer selbst usw.. Theoretisch ließe sich der Tisch von allen anderen Phänomenen
in der Welt unterscheiden. Das würde die Aufmerksamkeit für sehr lange Zeit binden.
Man könnte im Prinzip unendlich viel Zeit damit verbringen, zu klären,
was ein Tisch ist. Zeitaufwand und Nutzen stehen dabei aber in keinem akzeptablen Verhältnis
zueinander. Den Tisch vom Rest der Welt, also von allem anderen, zu unterscheiden,
ist daher wenig zielführend. Der Tisch erhält praktisch seine Bedeutung daher nur durch die Dinge, von denen er
tatsächlich unterschieden wurde und nicht von denen, von denen er nicht
unterschieden wurde. Das spart zum einen sehr viel Zeit und überfordert zum anderen nicht die kognitiven Fähigkeiten psychischer Beobachter.<o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Im Laufe der Zeit gewinnen die einzelnen Dinge
durch Wieder-Nennen und Wieder-Kreuzen immer stärker an Kontur. Das können sie
nur durch die Unterscheidungen, mit denen die Aufmerksamkeit abwechselnd auf
sie gerichtet wird. Auf diese Weise werden nicht nur Bezeichnungen für Tische
und alle seine Merkmale geschaffen, sondern ebenso für Stühle, Schränke, Menschen,
Geschirr usw. und ihre Merkmale. Dieser Unterscheidungsprozess setzt sich endlos fort, wenn sich der
Fokus der Aufmerksamkeit vom Tisch auf den Stuhl, vom Stuhl auf das Geschirr,
vom Geschirr auf den Schrank usw. und irgendwann wieder auf den Tisch
verlagert. Bei der Wiederholung wird der Tisch nicht mehr dieselbe Bedeutung
haben, wie bei der erstmaligen Beobachtung.<o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Was sich auf diese Weise mit der Zeit immer
deutlicher zeigt, ist das Wirken von Unterscheidungen als Funktion, aber nicht
zwangsläufig die Form der Unterscheidung selbst. In diesem Beispiel war das
zunächst die Unterscheidung </span><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif; line-height: 150%;">»</span><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif; line-height: 150%;">Tisch/Nichts</span><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif; line-height: 150%;">«</span><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif; line-height: 150%;">. Diese Unterscheidung fixiert die
Aufmerksamkeit auf den Tisch, denn die andere Seite der Unterscheidung
zerstreut sie. Nur wenn Nichts durch etwas ersetzt wird, können verschiedene Dinge
beobachtet werden – unter anderem verschiedene Tische. Die Beobachtung eines
Tisches ist dann immer das Ergebnis von </span><i style="font-family: arial, helvetica, sans-serif; line-height: 150%;">mehreren</i><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif; line-height: 150%;">
Funktionen der Form </span><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif; line-height: 150%;">»</span><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif; line-height: 150%;">Tisch/etwas anderes</span><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif; line-height: 150%;">«</span><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif; line-height: 150%;">.</span></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Der Zweck der »Regeln der Form« ist es auf das
Wirken der Unterscheidungen aufmerksam zu machen. Mit ihnen wird nicht
beschrieben, was eine Unterscheidung <i>ist</i>.
Sie versuchen vielmehr die Aufmerksamkeit darauf zu richten, was eine
Unterscheidung <i>tut</i>. Was jedoch nicht
ausschließt, dass es irgendwann gelingt auf die dreiteilige Form der Unterscheidung zu schließen – also sie zu beobachten.<o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Ausdrücke, die auf Nichts verweisen, spielen
dabei eine entscheidende Rolle. Sie zwingen einerseits zum Unterscheiden.
Unterscheiden produziert andererseits, wie mit dem Gesetz des Kreuzens
beschrieben, auch neue Hinweise auf Nichts, unabhängig davon ob das der Zweck
war oder nicht. Dies ist unvermeidlich. Und gerade weil der Zweck, die Aufmerksamkeit auf etwas zu
richten, nicht erfüllt wird, macht sich das <i>Informationsmedium
</i>selbst bemerkbar<i>. </i>Das bedeutet<i> </i>jedoch noch nicht, dass es auch als solches erkannt wird, denn man wird mit dem
Ergebnis einer Aufhebung konfrontiert: mit Unterschiedslosigkeit. Dies geschieht
immer dann, wenn eine Unterscheidung mit sich selbst, also eine ihrer Bezeichnungen, beobachtet wird. <o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Jede Aufhebung ist also das <i>Ergebnis einer Selbstbeobachtung</i> und
führt zum <i>Wiedereintritt einer
Unterscheidung in sich selbst</i>. Diese Operation produziert eine <i>Tautologie</i> mit folgender Aussage: <i>»etwas ist, was es ist«</i>. Auf diese Weise
wird kein Unterschied markiert, der einen Unterschied macht. Etwas wird
lediglich wiederholt genannt. Wenn eine Bezeichnung auf die Unterscheidung verweist,
mit der sie getroffen wurde, dann wird eine unterschiedslose Welt eröffnet: eine Tisch ist ein Tisch, ein Stuhl ist ein Stuhl, eine Rose ist eine Rose, eine Unterscheidung ist eine Unterscheidung usw.. In jede dieser durch eine Unterscheidung eröffneten Welten müssen dann durch weitere
Unterscheidungen wieder Unterschiede eingeführt werden, weil man ansonsten nichts
beobachten kann. Dieses Vorgehen produziert eine <i>Paradoxie</i>: </span><i style="font-family: arial, helvetica, sans-serif; line-height: 150%;">»</i><i style="font-family: arial, helvetica, sans-serif; line-height: 150%;">etwas ist nicht,
was es ist</i><i style="font-family: arial, helvetica, sans-serif; line-height: 150%;">«</i><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif; line-height: 150%;">. Denn verschiedene Unterscheidungen können gerade nicht alle als
Unterscheidungen bezeichnet werden, obwohl sie welche sind. Das würde nur Verwirrung auslösen </span><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">–</span><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif; line-height: 150%;"> psychisch und sozial. </span></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Der Grund dafür ist, dass bei dem
Wiedereintritt einer Unterscheidung in sich selbst <i>Bezeichnung und Unterscheidung ebenfalls identisch </i>sind. Weil zwei
Bezeichnungen immer Bestandteile einer Unterscheidung sind, hat man es bei
einer Selbstbeobachtung einer Unterscheidung mit demselben Problem zu tun, wie
bei einem Hinweis auf Nichts: <i>Bezeichnung
und Bezeichnetes sind identisch</i>. Deswegen ist auch in diesem Fall der Zweck
der Bezeichnung funktional äquivalent mit einem Hinweis auf Nichts. <o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Aus dieser Aufhebung durch Wiedereintritt resultiert
die <i>Notwendigkeit der Kompensation</i>.
In Spencer-Browns Kalkül sind daher Aufhebung und Kompensation die zwei
entgegensetzten Richtungen desselben Transformationsschrittes (vgl. 1999
[1969], S. 9f.). Die durch den Wiedereintritt geschaffene Leerstelle eröffnet
die Möglichkeit die Bezeichnung für dasselbe zu verändern. Die Leerstelle ist also
das <i>Signal für eine Veränderung</i>. Vor
dem Wiedereintritt gibt es keine Notwendigkeit dafür. Die Notwendigkeit tritt erst mit dem Wiedereintritt auf. Das gilt für jede Unterscheidung. Indem Spencer-Brown schließlich die allgemeine Form der Unterscheidung als Form bezeichnete, hat er gezeigt, dass dieses erkenntnistheoretische Problem universell ist. Und in jedem Fall ist die Lösung eine andere Bezeichnung für die jeweilige Unterscheidung, um
Gleiches auch als Verschiedenes beobachten zu können. Es darf keine Bezeichnung sein, die Teil der zu bezeichnenden Unterscheidung ist.<o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Der Wiedereintritt einer Unterscheidung in sich
selbst ist damit die Triebkraft für die Entfaltung der dadurch aufgeworfenen
Paradoxie. Ein beobachteter Sachverhalt wird <i>im Vergleich</i> zu einem anderen Sachverhalt immer als gleich <i>und</i> verschieden beobachtbar. Daraus
ergibt sich die <i>Andersartigkeit </i>beider
Sachverhalte, die sich mit einer Bezeichnung nicht angemessen begreifen lässt. Wenn
Sachverhalte mit einem einfachen Ausdruck nicht angemessen beobachtet werden
können, dann heißt das im Umkehrschluss, dass der beobachtete Sachverhalt komplex
sein muss. <o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Das sich hier offenbarende Problem ist aber
keins das durch die <i>beobachteten
Sachverhalte</i> aufgeworfen wird, sondern durch das <i>Mittel der Beobachtung</i>. Das ist nicht die Sprache, sondern die Form
der Unterscheidung, also der Form, wie es möglich ist seine Aufmerksamkeit auf
etwas zu richten. Nichts ist damit nicht nur ein Signal zur Veränderung, sondern
zunächst ein <i>Hinweis auf die
Selbstreferenz des Informationsmediums</i>.<i>
</i>Durch Nichts macht die Unterscheidung in ihrer allgemeinen Form auf sich
aufmerksam. Sie lenkt damit zugleich von dem ab, was beobachtet werden soll. Dieser
Kurzschluss darf jedoch nicht den Zweck einer Bezeichnung stören. Daher muss
dasselbe anders bezeichnet werden, damit es unterscheidbar bleibt. Mit Nichts, einem Hinweis auf Nichts und allen
funktionalen Äquivalenten wird damit immer das <i>Selbstreferenzproblem des
Unterscheidens</i>, die Paradoxie der Form
(vgl. Luhmann 1993), aufgeworfen. Bei einer Entfaltung dieser Paradoxie in der
Sachdimension muss daher dasselbe anders beobachtet werden. Das bedeutet,
innerhalb einer Unterscheidung wiederum eine Unterscheidung zu treffen.<o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Niklas Luhmann bezeichnete den Prozess der
Systembildung in einem System als <i>Differenzierung</i>
(vgl. 1997, S. 597ff.). Analog wird hier das <i>Unterscheiden innerhalb einer Unterscheidung</i> ebenfalls als Differenzierung
bezeichnet. Das kann zweierlei bedeuten. Zum einen kann jede Bezeichnung einer
Unterscheidung selbst wiederum zur Unterscheidung werden, damit etwas nicht nur
benannt werden kann. Differenzieren kann zum anderen auch bedeuten, dass zwei
Unterscheidungen voneinander unterschieden und bezeichnet werden, die vorher
unabhängig voneinander betrachtet wurden. Wenn das geschieht, dann muss es in
diesem Fall noch eine Unterscheidung geben in deren Rahmen die zwei
Unterscheidungen bezeichnet werden konnten, die aber selbst gegebenenfalls noch nicht
bezeichnet wurde. Somit lassen sich <i>zwei Formen</i> von Differenzierung
unterscheiden: zum einen das <i>Unterscheiden
innerhalb einer Unterscheidung, </i>was als <i>Erweiterung</i>
bezeichnet wird; zum anderen z<i>wei
Unterscheidungen voneinander zu unterscheiden, </i>was als <i>Kontraktion</i> bezeichnet wird (vgl. Spencer Brown 1999 [1969], S. 8ff.). <o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Die beiden regressiven Entwicklungen, die im
vorangegangenen Abschnitt beschrieben wurden, können nicht als
Differenzierungsprozesse bezeichnet werden, weil bei ihnen weder eine
Unterscheidung innerhalb einer Unterscheidung getroffen wird noch zwei
Unterscheidungen voneinander unterschieden werden. Bei der Regression zur
Eindeutigkeit wird für die Bezeichnung jedes einzelnen Sachverhalts eine eigene
Unterscheidung der Form »etwas/nichts« gebildet, die alle beziehungslos
nebeneinander stehen. Bei der Regression zur Alldeutigkeit wird versucht alles
mit einer Unterscheidung zu bezeichnen ohne diese Unterscheidung selbst zu bezeichnen. Eine Abstraktion ist daher eine besondere Form der Kontraktion, die durch die fehlende Selbstbeobachtung zustande kommt. Die beiden Regressionsformen können daher als Hinweise
darauf verstanden werden, dass der Hinweis auf die Selbstreferenz der
beobachtungsleitenden Unterscheidung nicht verstanden wurde.<o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<br />
<br /></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<b><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><span style="font-size: large;">Unkonditionierte und konditionierte
Selbstreferenz</span><o:p></o:p></span></b></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Wenn Hinweise auf Nichts auf die
Selbstreferenz der Unterscheidung aufmerksam machen und Hinweise auf Nichts und
Hinweise auf Alles funktional äquivalent sind, dann tritt die Selbstreferenz
der Unterscheidung in zwei Formen auf. Zum einen in der Form des leeren Raums,
als Nichts. In dieser Form gibt sie keinerlei Anhaltspunkte, wie der Hinweis verändert werden kann. Jede noch so willkürliche Bezeichnung kann als Kompensation
dienen. Mit anderen Worten, <i>Nichts
liefert keine Anhaltspunkte im Sinne von Einschränkungen oder Bedingungen dafür,
wie verändert werden kann.</i> Es bietet <i>absolute
Freiheit</i> bei der Wahl einer Lösung, denn Nichts verweist auf Alles. <i>Ohne Kontext</i> kann die Auswahl der
Unterscheidung völlig beliebig erfolgen. Nichts bzw. der leere Raum ist damit
ein Hinweis auf die allgemeine Form, die <i>unkonditionierte
Selbstreferenz</i> der Unterscheidung. <o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Ein Ausdruck, der auf Alles verweist, ist dem
gegenüber ein Hinweis auf eine bestimmte Form, die <i>konditionierte Selbstreferenz</i> der Unterscheidung, denn es liefert
eine erste Einschränkung der Aufmerksamkeit. Es ist aber nur die erste und minimalste
Form der Einschränkung, ohne das damit der bezeichnete Sachverhalt bereits
vollständig bestimmt ist. Mit ihr eröffnet sich zwar eine Welt. Es ist aber
eine unterschiedslose Welt, die lediglich den <i>Kontext</i> liefert, in dem alle
weiteren Bezeichnungen ihren Informationswert erhalten. <i>Mit der Bezeichnung der konditionierten Selbstreferenz wird damit zugleich die Funktion der Unterscheidung identifiziert.</i> </span><br />
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif; line-height: 150%;"><br /></span>
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif; line-height: 150%;">Spencer-Brown nutzt für die
Indikation der Form einer Unterscheidung das <i>leere Token</i> (vgl. 1999 [1969], S. 5). Zugleich ist die
konditionierte Selbstreferenz das, was er als den <i>seichtesten Raum</i> bezeichnet (vgl. 1999 [1969], S. 6). Es handelt sich dabei um die Unterscheidung, in der der daran anschließende Differenzierungsprozess stattfindet. D</span><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif; line-height: 150%;">er
Unterschied, der mit dem leeren Raum und dem leeren Token bzw. mit Nichts und
Alles markiert wird, ist der zwischen </span><i style="font-family: arial, helvetica, sans-serif; line-height: 150%;">Bedingungslosigkeit</i><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif; line-height: 150%;">
und </span><i style="font-family: arial, helvetica, sans-serif; line-height: 150%;">Bedingtheit</i><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif; line-height: 150%;">.</span></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<br />
<br /></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<b><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><span style="font-size: large;">Komplexitätsreduktion durch
Unterscheiden</span><o:p></o:p></span></b></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Im Anschluss an die bisherigen Ausführungen kann man Unterscheiden
auch als <i>Prozess des Veränderns von
Nichts</i> verstehen, mit dem Zweck die Aufmerksamkeit auf etwas richten zu
können. Tut man dies, so handelt es sich um ein <i>Wechselspiel zwischen Steigerung und Reduktion von Komplexität</i>. Unter
<i>Komplexität</i> wird hier <i>Mehrdeutigkeit</i> verstanden. Im
Unterschied dazu bedeutet <i>Einfachheit</i>
dementsprechend <i>Eindeutigkeit.</i> <o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><i>Der Null-Wert Nichts steigert die
Komplexität</i>, indem er die Mehrdeutigkeit bis ins
Absolute treiben kann und dadurch einen unendlichen
Horizont an Kompensationsmöglichkeiten öffnet. Aber genau deswegen wird ein
Hinweis auf Nichts bedeutungslos. Ein Hinweis auf Alles
reduziert die Komplexität dagegen auf einen <i>endlichen</i>,
aber mitunter noch längst nicht überschaubaren Horizont an
Kompensationsmöglichkeiten. Er liefert nur einen ersten, vagen Hinweis. Aus allem
muss immer noch eine bestimmte Kompensationsmöglichkeit, also eine bestimmte Bezeichnung gewählt werden. <i>Die Alldeutigkeit wird
mit dem Hinweis auf Alles auf Mehrdeutigkeit reduziert, ohne das damit
Eindeutigkeit hergestellt wäre.</i> <o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Nichts ist damit ein Signal zur <i>Auswahl eines Auswahlbereichs</i> und Alles ist ein Signal zur <i>Auswahl innerhalb eines Auswahlbereichs</i>.
Jeder Auswahlbereich wird durch eine Unterscheidung konstituiert. Die
Bezeichnungen, die mit einer Unterscheidung realisiert werden können, sind die
Auswahlmöglichkeiten. Bei einer Unterscheidung sind die Auswahlmöglichkeiten
also noch sehr überschaubar. Gleichwohl ist damit die Wahl verbunden, auf
welche Phänomene die Bezeichnung angewendet werden soll. Hier können die
Auswahlmöglichkeiten mitunter schon unüberschaubar sein. <o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Wenn jede Unterscheidung aus zwei Bezeichnungen besteht und jede
Unterscheidung auch bezeichnet werden kann, dann beginnt mit jedem
Wiedereintritt einer Unterscheidung in sich selbst der <i>Differenzierungs</i>z<i>yklus von
Kompensation durch Konditionierung</i> erneut. Mit jeder Wiederholung dieses
Vorgangs innerhalb einer Unterscheidung wird die Mehrdeutigkeit etwas weiter
eingeschränkt, denn die Leerstelle entsteht nun innerhalb einer Unterscheidung.
Der umgekehrte Weg, die <i>Aufhebung durch Dekonditionierung</i>
– die entsprechende Methode ist bekannt unter der Bezeichnung »Dekonstruktion«
–, zerstreut die Aufmerksamkeit und
erweitert die Mehrdeutigkeit bis zur Alldeutigkeit bzw. Bedeutungslosigkeit.
Dies ist der Fall, wenn auch noch die konditionierte Selbstreferenz der
beobachtungsleitenden Unterscheidung negiert oder aufgehoben wird. Der Fall der Dekonstruktion
macht deutlich, dass es nicht ohne Risiko ist, seine Aufmerksamkeit auf den
Prozess der Aufmerksamkeitsfokussierung zu richten, denn unreflektiert kann er
zur Dissoziation und zum Sinnverlust führen.<o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Solange man seine Aufmerksamkeit ausschließlich durch
Bezeichnungen, also mit einfachen Ausdrücken, auf verschiedene Sachverhalte
richtet, ist das Bedeutungspotential der Bezeichnungen nur sehr begrenzt und genau
deswegen sehr störanfällig. Sie funktionieren zwar <i>kontextfrei</i>. Das schränkt jedoch ihre Verwendbarkeit extrem ein,
denn sie wird durch das Bezeichnete festgelegt. Der Zweck der Bezeichnung ist
so stark eingeschränkt, dass nur ein wiederholtes Nennen, aber kein
wiederholtes Kreuzen möglich ist. Das bedeutet auch, eine Entwicklung von
einfachen zu komplexen Ausdrücken wäre dann unmöglich. <i>Für die Entwicklung komplexer Formen der Aufmerksamkeitsfokussierung
müssen einfache Ausdrücke also notwendigerweise mehrdeutig sein.<o:p></o:p></i></span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><i>Erst durch ihre Kombination schränken die einfachen Ausdrücke wechselseitig ihre Mehrdeutigkeit ein.</i>
Auf diese Weise werden bestimmte Bedeutungen ausgeschlossen, die die einzelnen
Bezeichnungen alleine hätten, und übrig bleiben nur die Bedeutungen, die durch
ihre Kombination noch möglich sind. Die Mehrdeutigkeit wird dadurch soweit
reduziert, dass ein zusammengesetzter Ausdruck in einer Situation seinen Zweck,
die Aufmerksamkeit auf etwas zu richten, erfüllen kann. <i>So wird Komplexität im Sinne von Mehrdeutigkeit gerade dadurch
reduziert, dass die Komplexität der Ausdrücke erhöht wird.</i> <o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<br />
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%;">
<span style="font-family: "arial" , "sans-serif";">Beim Sprung von einfachen zu komplexen
Ausdrücken stößt man wieder auf den Unterschied zwischen <i>Bezeichnungen</i> und
den <i>Beschreibungen</i> dessen, was bezeichnet wird. Spencer-Brown
spricht statt von Bezeichnungen und Beschreibungen von <i>Kondensation</i> und <i>Konfirmation</i>.
In der Bezeichnung wird ihr Zweck, also der Sinn des Bezeichneten, kondensiert
und durch die Beschreibung wird er konfirmiert. Als Ausdruck ist eine
Beschreibung komplex im Vergleich zu einer einfachen Bezeichnung. Kondensation
und Konfirmation sind im Kalkül ebenfalls zwei entgegengesetzte Richtungen
desselben Transformationsschrittes </span><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif; line-height: 150%;">(vgl. Spencer-Brown 1999 [1969], S. 9f.)</span><span style="font-family: "arial" , sans-serif; line-height: 150%;">. Kondensation ist die Kontraktion eines komplexen
Ausdrucks auf einen einfachen Ausdruck. Konfirmation ist die Erweiterung eines einfachen
Ausdrucks zu einem Komplexen. Der Zweck der kondensierten Bezeichnung und ihrer
konfirmierenden Beschreibung ist derselbe. Sie sind also funktional äquivalent,
da sie beide auf dasselbe verweisen. </span></div>
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Gleichwohl ist nicht ausgeschlossen, dass durch die Kombination der
Ausdrücke die Aufmerksamkeit auch zerstreut werden kann. Ob ein komplexer
Ausdruck seinen Zweck erfüllt, hängt davon ab, welche einfachen Ausdrücke wie
miteinander kombiniert werden. Das gelingt nicht, wenn zwei Ausdrücke, die sich
in ihrer Bedeutung gegenseitig ausschließen zu einem Ausdruck zusammengesetzt
werden. Sie heben sich gegenseitig auf und bilden so ein funktionales Äquivalent zu einem Hinweis auf Nichts. Je
komplexer ein Ausdruck ist, desto schwieriger gestaltet sich die Beobachtung,
ob der betreffende Ausdruck sich gegenseitig aufhebende Ausdrücke enthält. <o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Die Kunst der Beobachtung mit komplexen Ausdrücken besteht dann
darin, die Aufmerksamkeit durch die zusammengesetzten Ausdrücke auf etwas zu
richten. Je größer die Mehrdeutigkeit des zusammengesetzten Ausdrucks ist, desto weniger
wird die Aufmerksamkeit auf etwas gerichtet. Je geringer die Mehrdeutigkeit
eines zusammengesetzten Ausdrucks ist, desto stärker wird die Aufmerksamkeit auf
etwas gerichtet. Die Komplexitätsreduktion durch die Kombination einfacher
Ausdrücke bewegt sich also in einem <i>Kontinuum</i> von Eindeutigkeit und
Alldeutigkeit bzw. Bedeutungslosigkeit. Eindeutigkeit und Alldeutigkeit sind
lediglich Extremfälle, die nur bei einer unbedingten Beobachtung mit einfachen
Ausdrücken auftreten. Hinsichtlich komplexer Ausdrücke kann es daher nicht um
die Frage gehen, ob durch die Zusammensetzung eines Ausdrucks Eindeutigkeit
erreicht wird. Der Eindruck von Eindeutigkeit wird nur mit einfachen Ausdrücken
erzeugt. Mehrdeutigkeit und damit die Fokussierung und Zerstreuung der Aufmerksamkeit wird durch die Zusammensetzung dagegen nur in graduellen Abstufungen erreicht. <i>Entscheidend
dafür sind die in einem komplexen Ausdruck enthaltenden Negationen und
Aufhebungen.</i><o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Den Prozess der Komplexitätsreduktion durch
die wechselseitige Einschränkung der Mehrdeutigkeit einfacher Ausdrücke kann
man mit einem Begriff von Spencer-Brown auch als <i>konditionierte Koproduktion</i> (vgl. 1999 [1969], S. x) bezeichnen.
Die Bezeichnung und Beschreibung der beiden Seiten einer Unterscheidung
erfolgt <i>in Abhängigkeit von einander</i>,
was nur eine andere Formulierung für wechselseitige Einschränkung ist. Worauf
die Bezeichnung und Beschreibung dessen, was bezeichnet wird, die
Aufmerksamkeit richten, hängt nicht nur davon ab, wie das Bezeichnete beschrieben wird, sondern auch davon, wie die jeweils andere Seite einer Unterscheidung beschrieben wird.<o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Die Beziehung bzw. Relation zweier
Bezeichnungen wird also einzig und allein durch ihre Kombination zu einer
Unterscheidung hergestellt. Und diese Beziehung trennt und vereint zugleich
das, was zueinander in Beziehung gesetzt wurde. Das gilt im Weiteren dann auch
für die Beschreibungen dessen, was jeweils bezeichnet wird. Die wechselseitige
Abhängigkeit schränkt sowohl die Verwendung der Bezeichnung als auch den
Spielraum der möglichen Beschreibung ein.
Die durch die Beschreibungen ermittelte Andersartigkeit ist das, was dann den
Informationswert im Rahmen einer Unterscheidung ergibt. Es kondensiert nicht
nur der Zweck bzw. die Bedeutung beider Seiten. Durch das Oszillieren zwischen
beiden Zwecken konfirmiert sich auch der Informationswert des Unterschieds, was
jedoch, worauf bereits weiter oben hingewiesen wurde, nicht zwangsläufig zur
Kondensation der Funktion der Unterscheidung führt. <o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<br />
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<b><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><span style="font-size: large;">Konditionierte Koproduktion mit Nichts</span><o:p></o:p></span></b></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Aus den bisherigen Ausführungen sollte die entscheidende Funktion
des Nichts im Prozess des Unterscheidens deutlich geworden sein. <i>Entscheidend</i> schon allein deswegen, weil es im Rahmen dieses Prozesses zwei alternativen Zwecken dienen
kann und daher bei der Verwendung eine Entscheidung verlangt. <o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Ausgehend von dem Sachverhalt das Nichts nur auf sich selbst
verweist, kann es nur dann <i>kreativ</i> genutzt
werden, wenn es lediglich als <i>Platzhalter</i>
dient, <i>um auf etwas anderes als sich
selbst zu verweisen</i>. Es richtet dann die Aufmerksamkeit auf etwas, für das
es bisher noch keinen Ausdruck gibt. Dadurch wird Nichts ein <i>imaginärer Zweck</i> zugewiesen. Sobald durch
wiederholtes Konfirmieren eine Ersatzbezeichnung kondensiert ist, verliert es seinen
Zweck als Platzhalter. Die Alldeutigkeit des Nichts wird in diesem Fall reduziert, indem sein Zweck durch den wahrnehmbaren oder erschließbaren, aber noch nicht
benennbaren Sachverhalt festgelegt ist. Durch eine Bezeichnung wird diese
Leerstelle schließlich kompensiert. Solange Nichts noch nicht kompensiert
wurde, darf der imaginäre Zweck jedoch nicht vergessen werden.<o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><i>Destruktiv</i> wird Nichts, wenn es <i>nicht
kompensiert</i> wird – egal ob es als Hinweis auf sich selbst oder etwas anderes behandelt wird. Der Grund dafür ist einfach: <i>Nichts verändert sich nicht.</i> Es bleibt immer gleich und ist damit
eine <i>unveränderliche Konstante</i>. Wenn
Nichts eine unveränderliche Konstante ist, dann verändert sich auch sein Zweck,
auf sich selbst bzw. die unkonditionierte Selbstreferenz der Unterscheidung zu
verweisen nicht. Die einzige Ausnahme ist, wie im vorherigen Absatz erläutert,
wenn man ihm bewusst einen anderen imaginären Zweck zuweist. Der imaginäre Zweck
kommt Nichts nicht von selbst zu. Sollte trotzdem ohne bewusste Zuweisung eine
Kompensation gelingen, wäre dies ein zufälliges Ereignis. <o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Weil Nichts sich nicht verändert, gilt das im Weiteren auch für alles,
was zu Nichts in Beziehung gesetzt wird. Das heißt, <i>alles,
was ausschließlich von Nichts unterschieden wird, kann sich ebenfalls nicht
verändern. </i>Die Unterscheidung von unkonditionierter und konditionierter
Selbstreferenz erhält ihre Funktion mit Blick auf den Prozess konditionierter
Koproduktion. Da Nichts keine Beschränkungen setzt, handelt es sich bei einer konditionierten Koproduktion mit Nichts um eine <i>unkonditionierte Koproduktion</i>. <o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif; line-height: 150%;">Bei der konditionierten Koproduktion kommt zum Tragen, was
Spencer-Brown im Kanon Null folgendermaßen formulierte: </span><br />
<blockquote class="tr_bq">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><i>»Was ein Ding ist, und
was es nicht ist, sind, in der Form, identisch gleich.« </i>(1999 [1969], S. ix)</span></blockquote>
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Was das negativ bedeutet, zeigt sich, wenn die Leerstellen nicht kompensiert werden. Je
nachdem, ob eine der Bezeichnungen oder die Unterscheidung selbst unbestimmt
bleibt, kommt es zu zwei verschiedenen Formen von unkonditionierter
Koproduktion.<o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Auch wenn <i>nur
eine Bezeichnung bestimmt</i> ist, um auf etwas zu verweisen, ist sie immer
noch Bestandteil einer dreiteiligen Unterscheidung, selbst wenn die restlichen zwei
Bestandteile unbestimmt bleiben. Wenn das der Fall ist, ist die <i>Bezeichnung zugleich die Unterscheidung</i>.
Als einziger bekannter Bestandteil wird die Bezeichnung zum einzigen
verfügbaren Maßstab für eine Reflexion und damit automatisch zum
Reflexionswert. Da die andere Seite der Unterscheidung unbekannt bleibt, ist auch der Rejektionswert unbestimmt. Dadurch ist lediglich eine tautologische Identitätsprüfung möglich: etwas ist, was es ist. Man kann dann nur entscheiden, ob das Bezeichnete identisch
ist mit dem, was bezeichnet werden soll, oder nicht. <i>Identität</i> wird zum Prüfkriterium, um zu bestätigen, ob die
Bezeichnung das bezeichnet, was bezeichnet werden soll. Kann die Identität
nicht bestätigt werden, konfirmiert das ebenfalls die Identität des
Bezeichneten – nur eben negativ. Das ist die einzige Form von Feedback, die
diese Form des Beobachtens zulässt.<o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Doch bei dieser Methode handelt es sich nicht
um eine wirkliche Konfirmation, da unbestimmt bleibt, wovon sich die Identität
des Bezeichneten unterscheidet. Durch wiederholtes Nennen des positiven und des
negativen Ausdrucks für dasselbe kommt es nur zu einer <i>Kondensation ohne Konfirmation</i>. Der positive und der negative
Ausdruck sind lediglich Variationen für den Hinweis auf dasselbe. So werden zwar
verschiedene Ausdrücke realisiert. Da sie aber auf denselben Sachverhalt
verweisen, hat man es informationstheoretisch mit einem <i>wiederholten Nennen</i> zu tun. <o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Ohne einen positiven Rejektionswert nützt also
auch der Reflexionswert nichts, weil das Oszillieren zwischen Etwas und Nichts
immer nur dasselbe, nämlich Etwas, bestätigen kann. Es macht keinen Unterschied,
worauf man seine Aufmerksamkeit richtet, denn aufgrund der zerstreuenden
Wirkung des Nichts wird die Aufmerksamkeit mangels weiterer Alternativen immer
wieder auf die bestimmte Seite der Unterscheidung gelenkt. Diese Form der Beobachtung
führt deswegen zu einer <i>Fixierung der
Aufmerksamkeit auf das bezeichnete Objekt</i>. <o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Es kommt nur zum wiederholten Nennen, heißt dann
auch, es kommt <i>nicht zum Wieder-Kreuzen</i>.
Selbst wenn es bereits eine konfirmierende Beschreibung für die bekannte Seite
der Unterscheidung geben sollte, wird sie sich nicht mehr verändern, denn <i>es werden keine Variationen erzeugt</i>. Da
sich die Beschreibung ebenfalls nicht mehr verändern kann, verliert sie ihre
konfirmierende Funktion und wird zu einer <i>bloßen
Behauptung</i>. Jede Abweichung kann dann zur Negation oder zur Aufhebung der Behauptung führen,
was dazu anregt entsprechende Abwehrmaßnahmen zu entwickeln, um sich davor zu
schützen. <o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Die Objektfixierung ist außerdem an die
benutzten Ausdrücke gebunden. Man ist damit nicht nur nicht in der Lage verschiedene
Aspekte am selben Objekt zu registrieren, auf die die Aufmerksamkeit gerichtet
wird. Ebenso wenig ist man in der Lage variierende Ausdrücke für dasselbe zu beobachten.
Ohne Kenntnis funktionaler Äquivalente wird <i>die
psychische Aufmerksamkeit daher zu stark an die jeweiligen Mittel der
Beobachtung gebunden</i>. Dass sich mit der Zeit eine Eins-zu-Eins-Entsprechung zwischen Bezeichnetem und Bezeichnendem einspielt, liegt also an der spezifischen Beobachtungsweise, auf die man sich mit der Unterscheidung von Etwas und Nichts einlässt.<o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Wenn Nichts als Platzhalter für etwas anderes verwendet wird, besteht
darüber hinaus das Risiko einer<i>
Verwechslung </i>von Bezeichnetem und Bezeichnendem. Gelingt es nicht Nichts zu
kompensieren, wird die Aufmerksamkeit nicht auf das zu beobachtende Objekt,
sondern sie wird stattdessen auf den Ausdruck gerichtet und er wird selbst für
das Bezeichnete gehalten. Mit anderen Worten, Nichts verliert seinen Zweck
als Platzhalter und wird in seinem eigentlichen Zweck benutzt – als
Hinweis auf sich selbst. Deswegen ist es sehr wichtig, den imaginären Zweck bei
der Suche nach einem passenden Ausdruck nicht zu vergessen. <o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Wenn dagegen <i>die
Unterscheidung als Funktion unbekannt</i> bleibt, können sich zwar die beiden
Seiten einer Unterscheidung in Abhängigkeit voneinander entwickeln, sofern sie bestimmt sind. Gleichwohl
bleibt dann unklar welche Funktion die Unterscheidung hat. In diesem Fall <i>wird Nichts automatisch zum Reflexionswert</i>.
Der Null-Wert ist jedoch nur mit sich selbst identisch. Somit gibt es auch
keinen Maßstab mit dem die Identität des Beobachteten bestätigt werden könnte. Die
Funktion der Unterscheidung bestätigt sich dann allein <i>durch ihre erfolgreiche Verwendung</i>. Erfolgreich bedeutet dabei
lediglich, dass die Verwendung nicht abgelehnt wurde – aus welchen Gründen auch
immer. Wichtig ist nur, dass die angebotene Betrachtungsweise als Prämisse für das weitere Beobachten angenommen wird.<o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">So mögen ein Tisch und ein Stuhl insofern einen Unterschied machen
als dass man von einem der beiden isst und auf dem anderen der beiden sitzt. Es
ließen sich nun diverse Metaphern mit den Assoziationen Tisch-Essen und
Stuhl-Sitzen kreieren, die mehr oder weniger präzise die Aufmerksamkeit auf
etwas richten, um einen Sachverhalt verständlich zu machen, der nichts mit
Tischen, Stühlen, Essen oder Trinken zu tun hat. Die Metapher richtet die Aufmerksamkeit aber nur im
übertragenen, nicht im wörtlichen Sinne auf etwas. Wo der Unterschied zwischen Tisch und
Stuhl wirklich relevant wird, weil er dort seine Funktion hat, macht sich erst
in dem Moment bemerkbar, wenn das Essen angerichtet ist und die Stühle für die
Gäste fehlen. <o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif; line-height: 150%;">Während man bei einer bekannten Bezeichnung nur noch zum
Nennen in der Lage ist, erlaubt die unbestimmte Unterscheidung </span><i style="font-family: arial, helvetica, sans-serif; line-height: 150%;">ein unreflektiertes Wieder-Kreuzen</i><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif; line-height: 150%;">. Indem
eine Analogie in wechselnden Situationen Anwendung findet, werden </span><i style="font-family: arial, helvetica, sans-serif; line-height: 150%;">Variationen ihrer Anwendung</i><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif; line-height: 150%;"> produziert. Dadurch
wird die Funktion der Unterscheidung wiederholt gekreuzt bzw. aufgehoben und </span><i style="font-family: arial, helvetica, sans-serif; line-height: 150%;">ihr Anwendungsbereich weitet sich immer
weiter aus</i><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif; line-height: 150%;">. Es kommt zu einer </span><i style="font-family: arial, helvetica, sans-serif; line-height: 150%;">Konfirmation
ohne Kondensation.</i><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif; line-height: 150%;"> Zugleich lenken Metaphern und Analogien auf diese
Weise von den Kontexten ihrer ursprünglichen Anwendung ab und tragen zum <i>Vergessen</i> der eigentlichen Funktion der Unterscheidung bei. Dadurch bestärken auch Metaphern und
Analogien die Vorstellung man könnte kontextfrei beobachten.</span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Weil es nicht gelingt die Funktion der Unterscheidung zu
kondensieren und ihre Verwendung zu begrenzen, werden Metaphern für
Abstraktionsprozesse so attraktiv. Sie führen zu wesenhaften oder substantiellen Bestimmungen, bei der der wörtliche Sinn der Metapher für das Wesen oder die Substanz der verschiedenen Sachverhalte gehalten wird. Mit anderen Worten, der übertragende Sinn wird zum wörtlichen Sinn. Auch Metaphern und Analogien verleiten also zur Verwechslung. Das Verwechslungsrisiko macht es mit der Zeit
umso schwieriger die aufmerksamkeitslenkende Funktion der benutzten Unterscheidung zu erkennen. Es
entsteht eine sehr bildhafte, analogienbehaftete Sprache, deren fehlende
Zweckmäßigkeit immer dann auffällt, wenn die Fokussierung der Aufmerksamkeit
mit Hilfe des bemühten Bildes nicht gelingt, weil es für den zu beobachtenden Sachverhalt unpassend
ist. Dann werden Metaphern und Analogien zu <i>Ablenkungen</i>, anstatt dass sie die Aufmerksamkeit auf etwas richten, und <i>verzerren</i> das weitere Beobachten der Objekte.<o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Beide Formen der unkonditionierten Koproduktion führen immer
wieder zu einfachen Formen der Aufmerksamkeitsfokussierung, weil Nichts keine
Anhaltspunkte für Einschränkungen liefert. In beiden Fällen sind das, was ein Ding ist, und das, was es nicht ist, in der Form identisch, weil die Form bzw. die Unterscheidung, in der unterschieden wird, was ein Ding ist und was nicht, Nichts ist. In beiden Fällen lenken die bestimmten Teile der Unterscheidung von den unbestimmten Teilen ab. Das erschwert die Selbstbeobachtung bzw. den Rückschluss auf sich selbst. Dann macht es auch keinen Unterschied, ob der Reflexionswert bestimmt ist oder nicht. Der Effekt ist in beiden Fällen derselbe. <i>Das beobachtende System behindert durch die fehlende Selbstbeobachtung seine weitere Entwicklung.</i></span><br />
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif; line-height: 150%;"><br /></span><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif; line-height: 150%;">Sobald eine unkonditionierte Koproduktion anläuft, wird sich der Komplexitätsgrad verringern. Das gilt s</span><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif; line-height: 150%;">elbst dann, wenn das betreffende System bereits einen gewissen Komplexitätsgrad erreicht hat.</span><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif; line-height: 150%;"> </span><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif; line-height: 150%;">Ob man diesen Prozess als Destruktion oder nur als Degeneration bezeichnet, hängt vom Ergebnis ab, je nachdem ob sich das beobachtenden System vollständig auflöst und damit selbst zerstört oder sich auf einem geringeren Komplexitätsniveau stabilisiert. Solange nicht alle Teile der Unterscheidung bestimmt sind, dominiert Nichts als seichtester Raum die Aufmerksamkeitsfokussierung.</span><br />
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><br /></span><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Die <i>Dominanz des Nichts</i> ergibt sich aus seiner Einfachheit und
Unbedingtheit,
denn diese Eigenschaften machen unkonditionierte Beobachtungen psychisch so attraktiv. Nichts ist dann nicht nur der seichteste Raum, sondern es wird darüber
hinaus zu dem, was Spencer Brown einen <i>durchdringenden Raum</i> nennt (vgl. 1999 [1969], S. 7). Das bedeutet, Nichts leitet den Unterscheidungsprozess und führt die psychische Aufmerksamkeit. Damit wird auch keine Irritationsfähigkeit für die geschilderten Probleme entwickelt. Der Zweck der Bezeichnungen und die Funktion der Unterscheidung beruht auf Willkür und genau das begünstigt ihre Aufhebung. Nur eine konditionierte Koproduktion hebt
diese durchdringende und dominierende Wirkung des Nichts auf und führt zu komplexeren Formen
der Aufmerksamkeitsfokussierung. Dies gelingt nur, wenn alle drei Teile einer Unterscheidung bestimmt sind. Vereinfacht lässt sich daher sagen, <i>Komplexität ist das Ergebnis von Bedingtheit
und Einfachheit ist das Ergebnis von Bedingungslosigkeit</i>. Kompensation durch Konditionierung wird damit zur Bedingung für eine Entwicklung von einfachen hin zur komplexen Formen, die Aufmerksamkeit auf etwas zu richten.<o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Im Anschluss an diese Überlegungen erscheint jeder Wiedereintritt
einer Unterscheidung in sich selbst gleichsam als eine Wegscheide, die zur
präzisieren Aufmerksamkeitsfokussierung oder zur Zerstreuung der Aufmerksamkeit
führen kann. Wird der Hinweis auf die Selbstreferenz des Informationsmediums
nicht verstanden, kommt es zu einem <i>Rückfall in die ursprüngliche
Unterscheidung</i> und zu den oben beschriebenen Regressionen. Sie sind Formen
einer unkonditionierten Koproduktion. Zum Regress hin zu Eindeutigkeit kommt
es, wenn lediglich der Zweck einer Bezeichnung bestimmt ist. Zum Regress hin zu
Alldeutigkeit kommt es, wenn die Funktion der Unterscheidung unbestimmt ist. <o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Oben wurde bereits darauf hingewiesen, dass jeweils eine
Regressionsvariante die jeweils andere korrigieren kann. Man muss genauer
sagen, dass <i>eine Regressionsform die jeweils andere kompensiert</i>. Die Regression zu Eindeutigkeit
kompensiert die Regression zu Alldeutigkeit und umgekehrt. So begrenzt eine rein wörtliche Verwendung von Bezeichnungen ist, so verwirrend kann eine ausschließliche Verwendung im übertragenden Sinne sein. </span><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif; line-height: 150%;">Sie sind komplementär zueinander und gleichen sich gegenseitig aus.</span><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif; line-height: 150%;"> </span><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif; line-height: 150%;">Lediglich ihre
Ausprägungen können sich fallweise voneinander unterscheiden. Eine stärkere Ausprägung des Einen bedeutet
eine schwächere Ausprägung des Anderen. Wird der Hinweis auf die Selbstreferenz
des Informationsmediums nicht verstanden, sind die Folgen trotzdem in jedem Fall ein einfaches
Ausdrucksvermögen. Die Aufmerksamkeit wird entweder zu stark fixiert oder zu stark zerstreut. Der Sinn- und Gedächtnisverlust ist in einem Fall partiell im anderen Fall vollständig. </span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Die geschilderten Probleme der unkonditionierten Koproduktion sind auch der
Grund, warum Gotthard Günthers Projekt einer <i>Negativsprache</i> (vgl. 2000 [1979])
bisher keine Früchte getragen hat. Für die Negativsprache wird die
unkonditionierte Selbstreferenz der Unterscheidung als Reflexionswert gesetzt,
der die Entwicklungsrichtung vorgibt. Das Besondere an der Negativsprache ist,
dass das Nichts nicht naiv als Reflexionswert fungiert, sondern ganz bewusst als solcher gesetzt wird. Es dient also gerade nicht als Platzhalter. Wenn Nichts nur
auf sich selbst verweist, führt es als Reflexionswert auch im wörtlichen Sinne zu
nichts. Denn Nichts ist das Ergebnis der Negation von allem. Nichts kann damit auch keine Prämisse für das weitere
Beobachten liefern. Die Negativsprache produziert dann lediglich eine unendliche Zahl an
negativen Formulierungen, also variierende Ausdrücke für dasselbe. Der Regress hin
zu Alldeutigkeit wird mit Nichts als Reflexionswert zur Methode gemacht.<o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Das Beispiel der Negativsprache macht deutlich, wieso stattdessen
eine Verfahrensweise für den Umgang mit Nichts benötigt wird. Ohne eine Theorie
über den Zweck des Nichts wird es nicht gelingen, diese Probleme zu lösen. Im Konzept der Negativsprache fehlt diese Theorie. Sie wird lediglich von der
Hoffnung auf einen tieferen Sinn negativer Formulierungen getragen. Es sollte deutlich geworden sein, dass der Eindruck bodenloser Tiefe durch das unerschöpfliche Variationspotential des Nichts entsteht. Durch diese
unbegründete Hoffnung läuft man mit der Negativsprache ständig Gefahr das
Nichts zu mystifizieren und in die Mythologie abzudriften. Es wird zu einer Projektionsfläche für unreflektierte Erwartungen, Hoffnungen, Wünsche, Enttäuschungen, Befürchtungen und Ängste. Mystifikation und
Mythologie sind beides naive Kompensationsformen für eine misslungene
Kompensation des Nichts <a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2016/05/die-regeln-der-form.html#fn001" id="anker001">[1]</a>.<o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Wird der Hinweis auf die Selbstreferenz des Informationsmediums dagegen
verstanden, kommt es zum Wechsel der Unterscheidung. Die Folgen sind ein
komplexeres Ausdrucksvermögen, eine präzisere Aufmerksamkeitsfokussierung,
Bedeutungsanreicherung und ein Gedächtnis. Mit Bateson kann man diesen
Wechsel auch als <i>Kontextsprung</i> bezeichnen
(vgl. 1985 [1964]). Gleichwohl ist Komplexität keine Garantie, dass
weitere Kontextsprünge gelingen. Hier spielt die Art der Selbstbeobachtung eine
wichtige Rolle. Wird die eigene Beobachtungsweise nicht beobachtet, können auf
jedem Entwicklungsniveau die beschriebenen Regressionen auftreten. Je komplexer
das erreichte Entwicklungsniveau bereits ist, desto verworrener können sich
die Regressionstendenzen bei einem nicht
gelungenen Kontextsprung gestalten. <o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Je nachdem, ob ein Kontextsprung gelungen ist oder nicht, müssen <i>zwei
Formen der Kompensation</i> voneinander unterschieden werden. Der Kontextsprung
selbst ist eine Kompensation, wenn das Nichts durch einen anderen Ausdruck
ersetzt und damit die unkonditionierte in eine konditionierte Selbstreferenz transformiert wird. Gelingt dieser Kontextsprung jedoch nicht, dann kommt es auch
nicht zu einem Wechsel der Unterscheidung, sondern zu einem Rückfall in die indizierte
Unterscheidung. Das hat das Auftreten der zwei Regressionen zu Folge, die sich
wiederum gegenseitig kompensieren. Sie sind zusammen der Ausgleich für die nicht
erfolgte Ersetzung des Nichts durch einen anderen Ausdruck. Von der
Kompensation durch <i>Konditionierung</i> des
Nichts muss also Kompensation als <i>Ausgleich
der nicht gelungenen Konditionierung</i> von Nichts unterschieden werden.<o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Gleichwohl können die zwei Regressionsformen den Zweck der
Konditionierung des Nichts nicht ersetzen, </span><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif; line-height: 150%;">selbst wenn es dem beobachtenden System gelingen sollte ein Gleichgewicht zwischen beiden Formen herzustellen</span><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif; line-height: 150%;">. Das Gleichgewicht kann die unausgefüllte Leerstelle nicht ersetzen. Denn der Regress zu Eindeutigkeit schränkt die Operationsmöglichkeiten zu stark ein und der Regress zu Alldeutigkeit schränkt die Operationsmöglichkeiten überhaupt nicht ein. Je weiter die Zeit voranschreitet, desto unwahrscheinlicher wird der Rückschluss auf sich selbst. Weil die Unterscheidung unbestimmt bleibt, hat sich Nichts in diesem Fall als Reflexionswert realisiert – egal ob gewollt oder nicht. Auf diese Weise wird die unbestimmte Unterscheidung</span><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif; line-height: 150%;"> zu einer </span><i style="font-family: arial, helvetica, sans-serif; line-height: 150%;">Reflexionsblockade</i><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif; line-height: 150%;">. So führen die beiden parallel laufenden Regressionen trotz einer extensiven Vermehrung der Ausdrücke und zahlloser Kombinationen nicht zum Aufbau höherer Komplexität, sondern zum
Abbau der bereits vorhandenen. Man kann die Konditionierung des Nichts daher auch als <i>wirkliche Kompensation</i> und die regressiven Entwicklungen als <i>unwirkliche Kompensation</i> bezeichnen.</span><br />
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif; line-height: 150%;"><br /></span>
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif; line-height: 150%;">Durch die Regressionen werden die realisierbaren
Ausdrücke zwar vermehrt. Da jedoch eine große Zahl der Ausdrücke funktionale
Äquivalente für die Beobachtung desselben sind, ist das Ausmaß an Redundanz
zwischen den Ausdrücken höher als das Ausmaß an Varietät bzw. Komplexität. Ohne
eine Reflexion der Beobachtungsmittel können die redundanten Ausdrücke nicht als solche beobachtet werden. Die Zeit und damit die Entwicklung eines beobachtenden Systems
lässt sich jedoch nicht anhalten. Wird die eigene Beobachtungsweise nicht reflektiert, führt sie
zu einer hohen Anzahl an redundanten Ausdrücken, die jedoch aus der
Innenperspektive als verschiedene behandelt werden.</span></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><i>Reflektieren</i> bedeutet im Anschluss daran nichts anderes als Leerstellen zu identifizieren und diese zu konditionieren. Leerstellen entstehen nicht nur durch <i>fehlende</i>
Informationen, sondern auch durch <i>überschüssige</i> Informationen bzw. Redundanz. Reflektieren
liefert aber keine Garantie, dass sich nicht wieder neue Leerstellen bilden
können. Im Gegenteil, sie liefern sogar die Voraussetzungen für die Bildung
neuer Leerstellen. Denn der Wiedereintritt einer Unterscheidung in sich selbst ist
eine unvermeidbare Folge des Beobachtens. Er macht auf die paradoxe
Konstitution der Beobachtungsoperation aufmerksam. Beobachten durch
Unterscheiden beseitigt daher auf der einen Seite Unbestimmtheiten, auf der
anderen Seite werden dadurch immer wieder neue Unbestimmtheiten erzeugt. Nur
dadurch erreicht ein beobachtendes System <i>informationelle
Offenheit</i>, obwohl es operativ geschlossen ist. <o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Statt von Unbestimmtheiten kann man auch von Unsicherheiten sprechen. Die Unsicherheiten kann man wiederum nur
durch Beobachten absorbieren – also ein Hinweis auf Nichts in einen anderen verändern.
Die paradoxe Konstitution der Beobachtung macht es unmöglich diese Unsicherheit
jemals vollständig zu eliminieren. Es hängt vielmehr davon ab, wie die Unsicherheit absorbiert wird. Davon hängt es wiederum ab, ob sie weiterhin absorbiert oder gesteigert wird.
Mit dieser selbst erzeugten Unsicherheit umzugehen, darin liegt die
Herausforderung des Beobachtens.<o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Die zweite und dritte Regel der Form geben
vor, was zu tun ist, wenn man im Unterscheidungsprozess auf die unkonditionierte oder die konditionierte Selbstreferenz der Unterscheidung trifft. Nichts verspricht eine trügerische Sicherheit, da es sich nicht verändert und die Versuchung ist groß es als letzten Orientierungspunkt zu wählen. Die </span><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif; line-height: 150%;">»</span><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif; line-height: 150%;">Regeln der Form</span><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif; line-height: 150%;">«</span><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif; line-height: 150%;"> sollen helfen, dies zu erkennen. Orientierung und ein gewisses Maß an Sicherheit geben nur vollständig bestimmte Unterscheidungen. Die Bestimmung gelingt nur durch Veränderung des Nichts. </span><i style="font-family: arial, helvetica, sans-serif; line-height: 150%;">Verändern</i><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif; line-height: 150%;"> bedeutet dann immer </span><i style="font-family: arial, helvetica, sans-serif; line-height: 150%;">einen anderen Ausdruck zu wählen</i><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif; line-height: 150%;">, egal ob der
zu verändernde Ausdruck einfach oder komplex ist. Sicherheit lässt sich in begrenztem Maße also nur im Wandel finden. Die Regeln geben aber nur
vor, </span><i style="font-family: arial, helvetica, sans-serif; line-height: 150%;">dass</i><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif; line-height: 150%;"> der betreffende Ausdruck verändert werden soll. Sie geben nicht vor, </span><i style="font-family: arial, helvetica, sans-serif; line-height: 150%;">wie</i><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif; line-height: 150%;"> das zu erfolgen hat. </span><br />
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><br /></span>
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Doch erst
die Frage nach dem Wie macht wählbare Alternativen sichtbar. </span><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif; line-height: 150%;">Die </span><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif; line-height: 150%;">»</span><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif; line-height: 150%;">Regeln der Form</span><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif; line-height: 150%;">«</span><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif; line-height: 150%;"> sollen
in die Lage versetzen, die beschriebenen Probleme der Selbstreferenz und das
Finden einer Lösung </span><i style="font-family: arial, helvetica, sans-serif; line-height: 150%;">selbst zu beobachten</i><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif; line-height: 150%;">.
Sie richten also die Aufmerksamkeit auf den Prozess der
Aufmerksamkeitsfokussierung durch Unterscheiden und welche Konditionierungen schließlich entwickelt werden. Dadurch findet Nichts als Wert
seine Berücksichtigung im Kalkül. Es wird gleichsam in den Kalkül
eingeschlossen, aber nur um ihn durch seine Veränderung wieder auszuschließen.
Ansonsten würde Nichts den Unterscheidungsprozess dominieren und immer wieder auf
sich selbst zurückführen. </span><i style="font-family: arial, helvetica, sans-serif; line-height: 150%;">Nichts kann
daher nur der Ausgangspunkt jeder Reflexion sein, aber niemals das Ergebnis.</i></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<br />
<br /></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<b><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><span style="font-size: large;">Unterscheiden als evolutionärer
Prozess</span><o:p></o:p></span></b></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Wenn Unterscheiden ein Prozess ist, dann handelt
es sich bei einfachen Ausdrücken um <i>Ereignisse</i>.
Komplexe Ausdrücke setzen sich dann aus mehreren Ereignissen zusammen. <i>Jeder Ausdruck ist als Ereignis immer beides</i>,
Wieder-Nennen <i>und</i> Wieder-Kreuzen. Wieder-Nennen
produziert Redundanz. Wieder-Kreuzen produziert Variationen. Jeder Ausdruck ist
sowohl eine Wiederholung als auch eine Variation seiner selbst. <o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Bezeichnungen und Beschreibungen liefern eine<i> </i>Möglichkeit mit Redundanz und Varietät umzugehen. In der
Bezeichnung kondensiert der redundante Sinngehalt. In einer Beschreibung wird
Redundanz und Varietät kombiniert, indem sie selbst wiederum differenziert wird
in eine <i>konstant bleibende
Nominaldefinition</i> und <i>variierende Operationalisierungen
</i>der Nominaldefinition. Die Nominaldefinition kondensiert durch die Operationalisierungen
und umgekehrt wird die Nominaldefinition mit Hilfe der Operationalisierungen
konfirmiert. Auf diese Weise erreicht ein beobachtendes System seine informationelle
Offenheit und Irritierbarkeit<i> für seine Umwelt </i>und findet heraus, was relevant ist und was nicht<i>.</i><o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Begreift man eine Beschreibung als Einheit von konstanter Nominaldefinition
und variierenden Operationalisierungen, so wird über beides die Differenz von
Selbstreferenz und Fremdreferenz in die Beschreibung hinein copiert. Gleichwohl
ist die <i>Feedback-Schleife</i> von
Kondensation und Konfirmation dann <i>dreistufig</i>
und besteht aus Bezeichnung, Nominaldefinition und ihrer Operationalisierung.
Die Nominaldefinition fungiert als <i>Interdependenzunterbrecher</i>,
damit die durch die Operationalisierung erzeugten Variationen nicht direkt die
kondensierte Bedeutung der Bezeichnung aufhebt, wie es gemäß dem Gesetz des
Kreuzens bei einer Beobachtung mit einfachen Ausdrücken passieren würde. </span><br />
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><br /></span>
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Soweit
lässt sich eine Feedbackschleife auch bei einer unkonditionierten Koproduktion
ausbauen. Der Variationsspielraum für die Operationalisierungen ist jedoch sehr gering und tendiert mit der Zeit dazu immer kleiner zu werden bis eine Konfirmation der Nominaldefinition nicht mehr stattfindet und sie zu einer haltlosen Behauptung wird. Solange nicht weiter bestimmt wird, wovon sich eine
Bezeichnung unterscheiden soll, sind die Konfirmations- und damit auch die Entwicklungsmöglichkeiten ausgeschöpft. <o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Über die Bestimmung der Bezeichnung, der Nominaldefinition und der
Operationalisierungsmethode der anderen Seite einer Unterscheidung lässt sich die <i>Feedback-Schleife erweitern</i>. Daraus
ergibt sich die positive Bedeutung des Kanon Null. Die negative Bedeutung, wenn das Beobachtete lediglich von Nichts
unterschieden wird, </span><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif; line-height: 150%;">wurde im letzten Abschnitt vorgestellt</span><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif; line-height: 150%;">. Wird das Beobachtete von einem oder mehreren anderen Dingen
unterschieden, erhält der Kanon Null eine andere Bedeutung. Was ein Ding ist
und was es nicht ist, ergibt sich dann aus den verschiedenen
Unterscheidungen der Form »etwas/etwas anderes«. Der Informationswert
kondensiert dann als das Ergebnis mehrere konfirmierender Feedbackschleifen,
die sich durch die konditionierte Koproduktion nur in Abhängigkeit von einander
entwickeln können. Was ein Ding ist und was es nicht ist, ist also das Ergebnis
einer oder mehrerer Funktionen. Auf diese Weise wird die Irritationsfähigkeit
bzw. die Resonanzfähigkeit des gesamten beobachtenden Systems – für die Umwelt
und sich selbst – erhöht.</span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Gleichwohl bleiben die Nominaldefinitionen – nicht die Bezeichnungen! –
der Maßstab bzw. der Reflexionswert für das <i>Tolerieren
von Variationen</i>, denn in ihr wird der redundante Sinngehalt der jeweiligen Bezeichnung
explizit ausformuliert. Die Toleranzgrenze ist erreicht, wenn der redundante
Sinngehalt durch die Variationen nicht mehr konfirmiert wird. Darauf kann man
wiederum mit einer Veränderung der Nominaldefinition oder mit der Veränderung
ihrer Konfirmationsweise oder mit beidem reagieren. Das hätte wiederum
Auswirkungen auf die anderen Nominaldefinitionen und ihrer
Operationalisierungen. Wenn die variierenden Operationalisierungen eines bestimmten
Sachverhalts den Sinn der Nominaldefinition aufheben, dann handelt es sich um einen
Hinweis auf einen Wiedereintritt einer der verwendeten Unterscheidungen. Denn
dasselbe ist nicht mehr dasselbe, sondern etwas anderes, was einer veränderten
Beschreibung bedarf und damit einer weiteren Differenzierung.<o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Jeder komplexe Ausdruck verweist also auf
Bekanntes <i>und</i> Unerwartetes. Unerwartetes bedeutet für das Beobachten mit einfachen Ausdrücken die Aufhebung des Bekannten. Im Ergebnis verweist
der betroffene Ausdruck auf sich selbst. Das Unerwartete in Form von Neuen,
Überraschenden oder Abweichenden muss nicht zwingend im Widerspruch zum
bekannten Sinn stehen, sondern reichert ihn lediglich an. Weil dies aber nicht
mehr mit einer einfachen Bezeichnung ausgedrückt werden kann, wird es notwendig
die Konfirmationsmethoden, wie soeben beschrieben, zu erweitern. Ansonsten bleibt alles Unerwartete mysteriös und unbeschreiblich. Damit Neues, Überraschendes oder Abweichendes durch Beobachten präziser bestimmt werden kann, sind also komplexe Beobachtungsformen notwendig.<o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Wenn die »Regeln der Form« eine
Verfahrensweise vorgeben, wie mit Nichts umgegangen werden soll, dann handelt
es sich bei der Anweisung zur Änderung zugleich um eine <i>Anweisung zur Variation </i>der Ausdrücke. Daraus ergibt sich ein
Anknüpfungspunkt, um den sich mit jedem Wiedereintritt wiederholenden
Differenzierungszyklus von Kompensation durch Konditionierung mit Hilfe der
Begriffe Variation, Selektion und Restabilisierung als <i>evolutionären </i>Prozess beschreiben zu können. Spencer-Brown hielt
trotz der Operativität des Kalküls an einer logisch-mathematischen
Betrachtungsweise des Beobachtungsprozesses fest. Gleichwohl bieten das
Gesetz des Nennens und das Gesetz des Kreuzens im hier vorgestellten Sinne die
Ansatzpunkte, um den Kalkül evolutionstheoretisch zu lesen. <o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Mit jedem Wiedereintritt werden zunächst Variationen
bzw. funktionale Äquivalente für den Hinweis auf dasselbe erzeugt. <i>Mit dem Wiedereintritt wird aber noch nicht
der Kontextsprung vollzogen</i>. Vielmehr treten zunächst die beiden
Regressionsformen auf, welche die variierenden Ausdrücke für dasselbe erzeugen.
Obgleich sie auch destruktiv wirken können, haben sie zugleich eine
evolutionäre Funktion. Diese Funktion wird erst zum Problem, wenn keine
Selektion erfolgt. Aus den variierenden Ausdrücken für dasselbe muss also eine Alternative
ausgewählt werden, um die entstandene Leerstelle zu kompensieren. Anhand des anschließenden Beobachtungsverhaltens lässt sich erkennen, ob der Kontextsprung
gelungen ist oder nicht. Die beiden Regressionsformen weisen damit zunächst auf eine <i>Phase des Übergangs</i> hin, welche sich <i>vom Wiedereintritt bis zur Selektion</i>
erstreckt. Problematisch wird es erst, wenn der Übergang zum permanenten Zustand wird.<o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Aus einer evolutionstheoretischen Perspektive
können die »Regeln der Form« auch als ein <i>Variationsmechanismus
</i>(vgl. Luhmann 1997, S. 459)<i> </i>betrachtet
werden. Zu beachten ist, dass die Regeln nicht im Rahmen einer Kommunikationstheorie,
sondern im Rahmen einer Beobachtungstheorie aufgestellt werden. Sie beziehen
sich also weder auf den Ja/Nein-Code der Sprache noch auf den Code »Annahme/Ablehnung«
der Kommunikation. Der beobachtungsleitende Code ergibt sich aus dem
Unterschied, ob ein Ausdruck – egal ob einfach oder komplex – auf etwas anderes
verweist als er selbst oder nicht. Vereinfacht könnte man sagen, <i>der Code lautet: »etwas/nichts«</i>. Bei
Spencer-Brown hat dieser Code die Form der Unterscheidung von leerem Token und
leerem Raum. <o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Der Kalkül kann dann zunächst als eine Art
Konsistenzprüfung verwendet werden, mit dem sich die innere Konsistenz einer <i>Sinnform</i> als <i>Einheit von Bezeichnung, Nominaldefinition und Operationalisierungen</i>
prüfen lässt. Entscheidend ist dabei, ob die variierenden Operationalisierungen der konstanten Nominaldefinition entsprechen. Jedes Mal findet ein Abgleich von Selbstreferenz bzw. Nominaldefinition und Fremdreferenz bzw. Operationalisierung statt, bei dem über die Fremdreferenz die Selbstreferenz bestätigt wird oder nicht. <o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Wenn sich die zwei Bezeichnungen einer Unterscheidung wechselseitig in ihrer
Bedeutung festlegen, kommt hier die konditionierte Koproduktion zum Tragen. Je
weiter die Feedbackschleifen sind, desto mehr Formen können von einer
Veränderung in einer bestimmten Form betroffen sein. Da die Implikationen einer
Selektion – egal ob reflektiert oder unreflektiert – nicht unmittelbar
ersichtlich sind, besteht der <i>Restabilisierungsprozess</i> darin <i>mit den Implikationen
einer Selektion umzugehen</i>. Diese Auswirkungen bestehen aus neuen Variationen, aus
denen sich die Notwendigkeit neuer Selektionen und neuer
Restabilisierungen ergibt. </span><br />
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif; line-height: 150%;"><br /></span>
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif; line-height: 150%;">Die Evolution eines beobachtenden Systems vollzieht
sich dann durch das Schaffen von Bezeichnungen inklusive ihrer konfirmierenden Beschreibungen
und, da sie sich in Abhängigkeit voneinander entwickeln, die Beschreibungen aufeinander
abzustimmen. So entsteht ein sich wiederholender Zyklus von Variation,
Selektion und Restabilisierung, der die evolutionäre Differenzierung
eines beobachtenden Systems vorantreibt. </span><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif; line-height: 150%;">Die praktische Herausforderung besteht darin, die Evolution von einer oder mehrerer Sinnformen mit Hilfe von Spencer-Browns Kalkül
nachzuvollziehen. </span><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif; line-height: 150%;">Der Code »etwas/nichts« wird dafür im Hinblick auf den Prozess des Beobachtens in </span><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif; line-height: 150%;">»kontrahiert/erweitert</span><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif; line-height: 150%;">« modifiziert</span><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif; line-height: 150%;">. Auf diese Weise lässt sich sowohl der redundante Sinngehalt als auch die variierenden Informationen berücksichtigen und die Evolution einer Sinnform oder die Koevolution mehrerer Sinnformen nachvollziehen. </span><br />
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif; line-height: 150%;"><br /></span>
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif; line-height: 150%;">Mit der hier
vorgestellten Theorie über Nichts wurde eine wichtige Konditionierung vorgenommen, damit das Nichts nicht zur Projektionsfläche für unbegründete Erwartungen, sondern zu einem heuristischen Instrument wird. Im Zuge der Erläuterung der Regeln sind die
Indikatoren vorgestellt worden, die anhand des beobachtbaren Beobachtungsverhaltens anzeigen, ob ein Kontextsprung gelungen ist oder nicht. </span><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif; line-height: 150%;">Die Regeln der Form sind damit lediglich eine Art Signalgeber, ob man es mit einem Wiedereintritt zu tun hat. Sie weisen, wenn man so sagen darf, auf die Spielfeldbegrenzung für die bekannten Beobachtungsmöglichkeiten hin. </span><br />
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif; line-height: 150%;"><br /></span>
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif; line-height: 150%;">Man kann dies zunächst auch für eine bloß negative
Konfirmation halten. Die Begrenzung rahmt jedoch das Spielfeld. Durch diese Rahmung wird die Aufmerksamkeit auf den Prozess des Beobachtens gelenkt. </span><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif; line-height: 150%;">Hinter dieser Grenze beginnt der unmarkierte Raum bzw. das Nicht-Realisierte. Bis zum Überschreiten dieser Grenze bleibt unbekannt, welche realisierbaren Möglichkeiten der unmarkierte Raum bereithält. Für die Bestimmung dieser Möglichkeiten muss man die Grenze immer wieder kreuzen und weitet sie durch die Bestimmung der unbekannten Möglichkeiten aus. </span><br />
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif; line-height: 150%;"><br /></span>
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif; line-height: 150%;">Mit dem Wiedereintritt der Unterscheidung tritt man in diesen Raum der unbekannten Möglichkeiten ein. Mit einer Selektion tritt man aus ihm wieder aus. Ohne das Wissen um den Zweck und die Funktion des Nichts kann man sich leicht in diesem irrealen Raum der Möglichkeiten verlieren. Nicht wenige Konzepte, die nicht über eine Theorie über den Zweck und die Funktion des Nichts verfügten, haben sich in diesem Raum verloren und jagen einer Illusion nach. Umso wichtiger ist es, die eigene Beobachtungsweise und den Umgang mit Nichts reflektieren zu können. Dadurch wird der Unterscheidungsprozess Schritt für Schritt zu einem Entscheidungsprozess.</span></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<b><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><span style="font-size: large;">Warum »Regeln« der Form?</span><o:p></o:p></span></b></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Spencer-Brown bezeichnet seinen Kalkül als
»Gesetze der Form«. Warum spreche ich nur von Regeln und nicht von Gesetzen? »Gesetz«
ist ein ziemlich starker Begriff, der eine unbedingte Geltung behauptet und die
ebenso unbedingte Befolgung verlangt. Dass Spencer-Brown diesen Begriff gewählt
hat, liegt möglicherweise an seiner <i>Lehrmethode</i>.
Er bezeichnet seine Lehrmethode als <i>Befehl
und Betrachtung</i> (vgl. 1999 [1969], S. xf.), welche im Kalkül formalisiert wird. Die Gesetze befehlen gleichsam, wie ein
Ausdruck zu verändern bzw. zu transformieren ist. </span><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif; line-height: 150%;">Nach der Transformation soll man sich das Ergebnis anschauen. </span><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif; line-height: 150%;">Die Formalisierung im Kalkül sichert die Wiederholbarkeit und damit die Nachvollziehbarkeit einer vollzogenen Transformation. </span><br />
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><br /></span></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Aus den »Regeln der Form« ergibt sich eine
andere Methode, die vermutlich dem ähnelt, was Spencer-Brown als <i>Gerede und Interpretation</i> bezeichnen
würde. Die »Regeln der Form« bestimmen nur den Zweck des Beobachtens und wie
formal – nicht inhaltlich! – zu unterscheiden ist. Alle anderen Formen, die der
Form entnommen werden können, werden durch Versuch und Irrtum der Form
entnommen. Im Zuge dessen erschließen sich nicht nur die formalen, sondern auch
die inhaltlichen bzw. qualitativen Beziehungen zwischen den Formen. Dies
vollzieht sich weniger nach der strengen Vorgabe von Befehl und Betrachtung,
sondern mehr nach dem losen, tastenden Gerede und dessen Interpretation. Der
Zweck dieser Vorgehensweise besteht darin, die Aufmerksamkeit nicht zu stark an
bestimmte Ausdrücke zu binden, sondern die Aufmerksamkeit darauf zu richten,
was </span><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif; line-height: 150%;">mit welchen Ausdrücken </span><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif; line-height: 150%;">beobachtet wird, um schließlich auch die jeweils gebrauchte Unterscheidung zu erschließen.</span></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Dass Spencer-Brown auf die strenge Lehrmethode
setzt, lässt sich ebenfalls von einem evolutionstheoretischen Standpunkt aus verstehen.
Lehrmethode<i> </i>bedeutet, es geht um die <i>Form der Wissensvermittlung</i>. Eine
Eins-zu-eins-Übertragung des Wissens vom Mitteilenden auf den Empfänger ist unmöglich. Gleichwohl stellt Spencer-Browns Methode einen Weg dar, dies
trotzdem zu versuchen. Es geht darum durch Befehl und Betrachtung das Ausmaß
der Variationen im Hinblick auf das mitgeteilte Wissens so gering wie möglich
zu halten, wenn nicht gar vollständig zu unterdrücken. Spencer-Brown verfolgt
mit seiner Methode das Ziel, seinen Schülern die »Gesetze der Form« weitestgehend
ohne Informationsverlust vermitteln zu können.<o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Der Zweck dieser
Methode ist nachvollziehbar. Fängt man zu früh an bestimmte
Axiome in Frage zu stellen, erkennt man ihren Zweck nicht. Gleichwohl
verhindert man durch diese strenge Methode die Weiterentwicklung der
vermittelten Ideen. Hieraus ergibt sich die Funktion von Gerede und dessen
Interpretation. Das Gerede erzeugt variierende
Ausdrücke für dasselbe, die Interpretation soll schließlich die Selektion eines
Ausdrucks ermöglichen. Die
variierenden Ausdrücke ermöglichen es dasselbe nochmals aus einer anderen
Perspektive zu betrachten. Durch einen solchen Versuch eines
Perspektivenwechsels sind auch die »Regeln der Form« entstanden. Sie sind eine
Möglichkeit die »Gesetze der Form« zu variieren und dadurch auf andere
Anwendungsgebiete zu übertragen – hier auf Soziologie und Psychologie. <o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Der Effekt beider Methoden ist,
dass der Schüler durch <i>Nachahmung und Erfahrung</i> lernt. Eine Methode setzt
stärker auf die <i>Autorität</i> des
Lehrers, die andere mehr auf die <i>Autonomie
und Irritationsfähigkeit</i> des Schülers. Mit Hilfe der Methode von Befehl und
Betrachtung bleibt dem Schüler nichts anderes übrig als das angebotene Wissen
des Lehrers anzunehmen. Der Schüler ist dann in der Lage Probleme zu lösen, die
er aus der eigenen Erfahrung nicht kennt. Er erfährt nur, dass die Lösung
offenbar funktioniert. Bei der Methode von Gerede und Interpretation, wie sie
sich aus den »Regeln der Form« ergibt, trifft der Schüler zuerst auf die
Probleme und muss sich selbst auf die Suche nach einer geeigneten Lösung
machen. Bei dieser Suche kann man sich dann selbstverständlich mit den
Lösungsverschlägen von anderen Autoren auseinandersetzen. <o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Auf diesem Wege können durch
ein gesteigertes Problembewusstsein nach einer Weile auch die »Gesetze der
Form« und andere Lösungen besser nachvollzogen werden. Die Methode von Befehl
und Betrachtung findet sich aber in Form der expliziten Anweisung, dasselbe
anders zu bezeichnen, und der impliziten Aufforderung, das Ergebnis zu
betrachten, auch in den »Regeln der Form« wieder. Die Entscheidung, ob eine
Bezeichnung auf etwas anderes als sie selbst, auf nichts oder auf sich selbst
verweist, erfordert eine Betrachtung des Ergebnisses nach der Ausführung der
Anweisung, dasselbe anders zu bezeichnen. <o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Die »Regeln der Form« sind
damit ein Kompromiss zwischen beiden Methoden. Sie lassen in jedem Moment die
Abweichung, die Ausnahme, die Variation in Form des leeren Raums zu, ohne dass
das Nichts zum einzigen Reflexionswert wird und die Entwicklungsrichtung
vorgibt. Zugleich zeigen sie, dass die »Gesetze der Form« unabhängig von einem
bestimmten psychischen Beobachter gelten, denn selbst wenn sie nicht beachtet
werden, zeigen die Folgen, dass sie trotzdem gelten. Denn auch diese können
noch mit dem Kalkül nachvollzogen werden. Mit anderen Worten, die »Regeln der Form« können
gebrochen werden, die »Gesetze der Form« nicht. Denn selbst durch das Brechen
der »Regeln der Form« werden die »Gesetze der Form« noch bestätigt.<o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<br /></div>
<a class="twitter-share-button" data-text="Die Regeln der Form" data-url="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2016/05/die-regeln-der-form.html" data-via="GorgonObserver" href="https://twitter.com/share"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Tweet</span></a>
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<br />
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><br /></span>
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><br /></span>
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2016/05/die-regeln-der-form.html#anker001" id="fn001">[1]</a> Siehe zum Thema Negativsprache auch meinen Text </span><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif; line-height: 150%;">»<a href="http://beobachterlab.blogspot.com/2016/05/negativsprache-oder-formkalkul.html">Negativsprache oder Formkalkül?</a></span><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif; line-height: 150%;">«</span><br />
<br />
<br /></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<b><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Literatur<o:p></o:p></span></b></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<i style="font-family: arial, helvetica, sans-serif; line-height: 150%;">Bateson, Gregory </i><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif; line-height: 150%;">(1985 [1964]): Die logischen Kategorien von Lernen und
Kommunikation. In ders.: Ökologie des Geistes. Anthropologische,
psychologische, biologische und epistemologische Perspektiven. Suhrkamp Verlag
Frankfurt am Main. S. 362 - 399</span></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><i>Bateson, Gregory</i> (1987 [1979]): Geist und Natur. Eine notwendige Einheit. Suhrkamp
Verlag Frankfurt am Main<o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><i>Günther, Gotthard </i>(2000 [1979]): Identität, Gegenidentität und Negativsprache. URL: <a href="http://www.vordenker.de/ggphilosophy/gunther_identitaet.pdf">http://www.vordenker.de/ggphilosophy/gunther_identitaet.pdf</a> (letzter Aufruf 12.03.2016)<o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><i>Luhmann, Niklas </i>(1992): Die Wissenschaft der Gesellschaft. Suhrkamp Verlag
Frankfurt am Main<o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><i>Luhmann, Niklas</i> (1993): Die Paradoxie der Form. In: Baecker, Dirk (Hrsg.): Kalkül
der Form. Suhrkamp Verlag Frankfurt am Main. S. 197 - 212<o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><i>Luhmann, Niklas</i> (1997): Die Gesellschaft der Gesellschaft. Suhrkamp Verlag
Frankfurt am Main<o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<i style="font-family: arial, helvetica, sans-serif; line-height: 150%;"><span lang="EN-US">Spencer-Brown, George</span></i><span lang="EN-US" style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif; line-height: 150%;"> (1999 [1969]): Laws Of Form. </span><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif; line-height: 150%;">Gesetze der Form. 2. Auflage Bohmeier Verlag Lübeck</span></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 150%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><br /></span>
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><br /></span>
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><b>Eingangszitate aus:</b></span><br />
<i style="line-height: 150%;"><span style="font-family: "arial" , "sans-serif";">Asimov,
Isaac </span></i><span style="font-family: "arial" , sans-serif; line-height: 150%;">(2012 [1951 –
1953]): Die Foundation-Triologie. 3. Auflage Wilhelm Heyne Verlag München. S. 833</span><br />
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">S</span><i style="font-family: arial, helvetica, sans-serif;">erres, Michel</i><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"> (1987 [1980]): Der Parasit. Suhrkamp Verlag Frankfurt am Main. S. 247</span></div>
</div>
Beobachter der Modernehttp://www.blogger.com/profile/07362668989286039861noreply@blogger.com1tag:blogger.com,1999:blog-6126280343808346420.post-77293847315616146382015-08-19T16:38:00.000+02:002016-10-24T19:32:35.475+02:00Über Amok und Terror<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; margin-left: 283.2pt; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><i><span style="font-size: 10.0pt; line-height: 150%;"><br /></span></i></span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; margin-left: 283.2pt; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><i><span style="font-size: 10.0pt; line-height: 150%;"><br /></span></i></span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; margin-left: 283.2pt; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><i><span style="font-size: 10.0pt; line-height: 150%;">Jetzt erleben wir diese neue Phase des alten Kampfes, der
nicht mehr Kampf der heute vom Leben gefüllten Form gegen die alte, leblos
gewordene ist, </span></i><span style="font-size: 10.0pt; line-height: 150%;">sondern<i> den Kampf des Lebens gegen die Form
überhaupt, gegen das Prinzip der Form.<o:p></o:p></i></span></span></div>
<div align="right" class="MsoNormal" style="line-height: 150%; margin-left: 141.6pt; text-align: right;">
<span style="font-size: 10.0pt; line-height: 150%;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Georg Simmel<i><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2015/08/uber-amok-und-terror.html#fn017" id="anker017">*</a><o:p></o:p></i></span></span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; margin-left: 220.5pt; tab-stops: 220.5pt;">
<i><span style="font-size: 10.0pt; line-height: 150%;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"> <o:p></o:p></span></span></i></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; margin-left: 220.5pt; tab-stops: 220.5pt;">
<i><span style="font-size: 10.0pt; line-height: 150%;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><br /></span></span></i></div>
<div align="right" class="MsoNormal" style="line-height: 150%; margin-left: 283.2pt; text-align: right;">
<i><span style="font-size: 10.0pt; line-height: 150%;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Sterben ist nichts Besonderes. Das Knifflige ist das
Leben.<o:p></o:p></span></span></i></div>
<div align="right" class="MsoNormal" style="line-height: 150%; margin-left: 141.6pt; text-align: right;">
<span style="font-size: 10.0pt; line-height: 150%;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Red Smith<o:p></o:p></span></span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<o:p><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><br /></span></o:p></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Das Jahr 2015
ist noch längst nicht vorbei, aber bereits jetzt kann man wohl ohne zu
übertreiben sagen, dass dieses Jahr unter den Zeichen von Amok und Terror
steht. Man denke nur an den blutigen Überfall auf die Redaktion der
französischen Satirezeitschrift »Charlie Hebdo« am 7. Januar 2015. Am 24. März
2015 wurde die Germanwings-Maschine 4U9525 durch den Copiloten in voller
Absicht zum Absturz gebracht und kostete weitere 149 Menschen das Leben. Am 17.
Juni 2015 wurden neun Mitglieder einer schwarzen Kirchengemeinde in Charleston
von einem 21jährigen Weißen erschossen. Als Motiv gab er Rassismus an. Am 26.
Juni 2015 ereigneten sich an einem Tag Anschläge in Frankreich, Tunesien und Kuweit mit mutmaßlich islamistischem Hintergrund. Rätsel gibt speziell der
Fall von Saint-Quentin-Fallavier nahe Lyon auf, da die Tat viele Merkmale
islamistischer Anschläge trägt und der Täter sich zunächst auf den Islam
berief, später aber diese Angabe wieder revidierte. Es steht zu befürchten, dass sich zum Jahresende noch weitere Ereignisse dieser Art aufzählen lassen. Betrachtet man darüber
hinaus ähnliche Ereignisse, wie die <a href="http://de.wikipedia.org/wiki/Anschlagsserie_in_Midi-Pyr%C3%A9n%C3%A9es">islamistische
Anschlagsserie in Midi-Pyrénées</a> im Jahr 2012 so scheint es immer
schwieriger zu werden Terroranschläge und Amoktaten voneinander zu
unterscheiden. Die Vorbereitung und die Ausführungsmodi werden ähnlicher und
man kann nicht genau sagen, ob es sich bei Amokläufen um privatistischen Terror
einzelner Personen und bei Selbstmordanschlägen um ideologisch verbrämte
Amokläufe handelt. <o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Die
Grenzen scheinen zu verschwimmen. Die bekannten Kategorien zur Beobachtung
solcher Phänomene erlauben anscheinend keine eindeutige Bestimmung mehr. Auf
der Grundlage dieses Eindrucks wird nun von einigen Beobachtern die Vermutung
geäußert, dass es keinen Unterschied mehr zwischen Amok und Terror gibt.
Einzeltäter, wie Amokläufer und Terroristen, werden als »Hybride« (Kron/Heinke
2011, S. 284) bezeichnet, um auf das Versagen der bekannten Kategorien
aufmerksam zu machen. Sofern man nicht über die reine Deskription hinausgeht, ist
dieser Eindruck durchaus nachvollziehbar. Bedeutet das aber schon, dass diese
beiden Kategorien ihren Zweck verloren haben? Funktionieren sie wirklich nicht mehr zur Beobachtung der
sozialen Wirklichkeit? Aus einer solchen Schlussfolgerung würden sich zwei Konsequenzen
ergeben. Man kann dann entweder behaupten, es gäbe weder Amok noch Terror oder
es gäbe sowohl Amok als auch Terror. Aber was wäre mit diesen Lösungen gewonnen?<o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Diese Frage wird
umso dringlicher, wenn nicht ersichtlich ist, welche Kategorien an ihre Stelle
treten sollen. Die Rede von »Hybriden« scheint lediglich eine Verlegenheitslösung
zu sein, die sich mit einem Missstand abgefunden hat. Sie weist
lediglich darauf hin, dass sich bestimmte Unterscheidungen offenbar nicht mehr
dazu eignen, einen Unterschied zu markieren, der einen Unterschied macht. Gelöst
wird dieses Problem durch die Rede von »Hybriden« jedoch nicht. Vielmehr werden
unter diesem Begriff die verschwimmenden Kategorien zusammengezogen ohne dass dadurch das Gemeinsame
im Verschiedenen bezeichnet wird. Das Gemeinsame scheint sich im Verschiedenen
zu erschöpfen. Mit der Rede von »Hybriden« ist keine Abstraktions- bzw.
Generalisierungsleistung verbunden, ein Erkenntnisgewinn nicht ersichtlich. Sie scheint stattdessen erst das herbeizuführen, von dem angenommen wird, das es ein Merkmal der sozialen Wirklichkeit ist. <o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Daher ist der Eindruck, dass vormals distinkte Kategorien zu verschwimmen scheinen, noch längst kein Hinweis auf
neue Qualitäten der beobachteten Phänomene, sondern lediglich ein Hinweis auf die
Schwachstelle der beobachtenden Theorie, die nicht mehr in der Lage ist die
Komplexität der beobachteten Phänomene angemessen begrifflich zu erfassen.
Vielleicht müssen gar keine neuen Kategorien erfunden, sondern die alten
einfach nur sorgfältiger ausgearbeitet werden? Zu einfach gestrickte Kategorien
werden sehr schnell durch den Gegenstand, den sie bezeichnen sollen, ad
absurdum geführt. Diesem Problem kann man nur Herr werden, wenn man die
Beobachtungsmittel anpasst. Sei es durch Differenzierung der Bezeichnung zu
einer Beschreibung, sei es durch das Oszillieren zwischen zwei Begriffen (vgl.
Luhmann 1992, S. 124), um beide in Abhängigkeit voneinander in einer
konditionierten Koproduktion (vgl. Spencer Brown 1997 [1969], S. IXf.) zu
differenzieren. Letzteres soll im Folgenden versucht werden. Hier wird der
große Vorteil der soziologischen Systemtheorie zum Tragen kommen, nämlich dass man die Phänomene
mit einer komplexen Erwartungshaltung konfrontieren und die interessierenden Phänomene
methodisch kontrolliert de- und rekonstruieren kann.<o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<br />
<a name='more'></a></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<o:p><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><br /></span></o:p></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<b><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><span style="font-size: large;">Die Machtlosigkeit der Politik</span><o:p></o:p></span></b></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Bei Amokläufen
und Selbstmordanschlägen handelt es sich um Gewalttaten. Sobald <i>physische Gewalt</i> im Spiel ist, wird im
Kommunikationsmedium der Politik, nämlich <i>Macht</i>,
operiert. Sowohl Terroranschläge als auch Amokläufe fordern die Exekutive
heraus – egal ob es ein staatliches Gewaltmonopol gibt oder nicht. Die Aufgabe
eines modernen Staates ist es dafür zu sorgen, dass die Bürger ihre Interessen
verfolgen können ohne dabei auf physische Gewalt als Mittel zur Durchsetzung
ihrer Interessen zurück zu greifen. Die wirksamste Prävention gegen
gewalttätiges Verhalten ist normalerweise eine effektive Aufklärung und Strafverfolgung.
Auf diese Weise wird den Bürgern die Botschaft vermittelt, dass <i>das eigene
Handeln nicht ohne Folgen bleibt</i>. Damit werden, entgegen einem weit
verbreiteten Missverständnis, keine Straftaten verhindert. Unter dieser Bedingung
wird zunächst nur das Handeln einer Person als Ergebnis ihrer Entscheidungen
beobachtbar. Selbst bei widrigen Rahmenbedingungen, die eine bestimmte Handlungsoption
für eine Person alternativlos erscheinen lassen, kann auf diese Weise Verantwortung
zugerechnet werden. Denn es lassen sich immer auch Beispiele finden, bei denen die
Betroffenen unter ähnlichen Bedingungen anders gehandelt haben. Ein solcher
Vergleich zeigt, dass man niemals von Alternativlosigkeit sprechen kann. Bei
dieser wahrgenommenen Alternativlosigkeit handelt es zunächst um den subjektiven
Eindruck des Betroffenen. Daraus ergibt sich die sozialpsychologische Fragestellung,
wie konnte im Kontext alternativer Handlungsmöglichkeiten eine bestimmte
Möglichkeit für eine Person als alternativlos erscheinen? Eben weil
unterschiedliche Personen in derselben Situation unterschiedlich Handeln
können, wird eine Handlung als individuelle bzw. persönliche beobachtbar,
selbst wenn die betreffende Person nicht dieselben Handlungsoptionen kannte wie
eine andere. Deswegen gilt im Recht schon lange, Unwissenheit schützt vor
Strafe nicht. Denn derjenige hätte es besser wissen <i>können</i>. Auch wenn hinterher die Tat im Mittelpunkt steht,
entscheidend ist vielmehr, welche Möglichkeiten nicht genutzt wurden. Es geht
also um eine Art der <i>Unterlassung</i> –
egal ob dies bewusst oder unbewusst geschah.<o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Die beschriebene
Form der Prävention funktioniert über Feedback – genauer, durch das <i>Wissen über
die Möglichkeit negativen Feedbacks</i>. Die vermittelte Botschaft verfängt aber
nur, wenn die Täter nach der Tat noch am Leben sind und befürchten müssen für
ihre Taten zur Verantwortung gezogen zu werden. Dies ist jedoch bei Amokläufen
und islamistischen Selbstmordanschlägen in der Regel nicht der Fall. Die Aussicht
für ihre Taten bestraft zu werden, schreckt die Täter nicht von der Ausführung
ab. Im Gegenteil, der Tod wird nicht als zu vermeidende Option gesehen, sondern
billigend in Kauf genommen. Moderne Staaten stehen solchen Ereignissen daher
machtlos gegenüber. Darin besteht das Problem, mit dem sich die moderne
Gesellschaft durch die Phänomene Amok und Terror konfrontiert sieht. Die
politische Versuchung ist groß diese Machtlosigkeit durch stärkere
Präventionsmaßnahmen zu kompensieren. In der Konsequenz wäre jedoch die einzig
wirksame Präventionsmaßnahme eine totale Überwachung der Bürger. Eine Maßnahme,
die sich allerdings schon technisch nicht umsetzen lässt <a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2015/08/uber-amok-und-terror.html#fn001" id="anker001">[1]</a>. Es wäre der unmögliche
Versuch eine unkontrollierbare Zukunft zu kontrollieren. Und selbst wenn dieser
unmögliche Versuch gelingen würde, hätte man keine Zukunft mehr, weil ein
solcher Versuch in jedem Fall darauf hinauslaufen würde, die Unterschiede
zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft zu eliminieren. Das Ergebnis wäre
die vollständige Determination der Gesellschaft. Sie würde dahingehend
verändert, sich nicht mehr zu verändern. Sie wäre nur noch ein starrer,
monolithischer Block – und die Menschen ebenfalls. Der illusorische Charakter
solcher Vorschläge zeigt die dahinter stehende Hilflosigkeit. Es sieht daher so
aus als wäre die <i>moderne Gesellschaft
solchen Gewalttaten schutzlos ausgeliefert</i>. Das ist eine beunruhigende
Diagnose. </span><br />
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><br /></span>
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Diese Diagnose ändert sich auch nicht, wenn man bestreitet, dass es einen
Unterschied zwischen Amok und Terror gibt. Das Problem bleibt trotzdem
dasselbe. Den Unterschied zwischen Amok und Terror zu negieren, steigert
allenfalls das Gefühl der Unsicherheit und Hilflosigkeit, denn man verschenkt
damit die Erkenntnismittel, die ein sinnhaftes Verstehen und eine ursächliche
Erklärung (vgl. Weber 1984 [1921], S.
19) ermöglichen. Beides sind notwendige Voraussetzungen für erfolgreiche
Interventionen. So unzureichend die Mittel der Erkenntnis und das damit
produzierte Wissen über Phänomene wie Amok und Terror auch sein mögen, die
Ablehnung der Erkenntnismittel ohne einen adäquaten Ersatz anbieten zu können,
hilft in einer solchen Situation erst recht nicht weiter.<o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Kaum zu
bestreiten ist, dass beide Phänomene auf ein Problem hinweisen, für das
eigentlich die Politik zuständig wäre, ihr aber jegliche Mittel fehlen, die
Bürger wirksam davor zu schützen oder die Taten nachträglich zu ahnden. Es
scheint als weisen diese Phänomene nicht nur auf die Grenzen der Politik hin,
sondern darüber hinaus auch auf die Grenzen der politischen Theorie. Wenn die
Politik aus dem Spiel ist, handelt es sich um ein <i>gesellschaftliches</i> Problem und möglicherweise gibt es auch kein
Funktionssystem der Gesellschaft, das dieses Problem allein lösen könnte. Das
zugrundeliegende soziale Problem ist so allgemein, dass es praktisch in jeder Situation
eine Rolle spielt. Möglicherweise ist hier eher die Soziologie als die
Politikwissenschaft gefragt. Und so möchte ich im Folgenden den Versuch einer
soziologischen Analyse wagen. Dadurch wird nicht ausgeschlossen, dass
Problemfelder behandelt werden, für die traditionell die Politikwissenschaft
zuständig ist. Nichts desto trotz gehe ich von der Annahme aus, dass das
Problem, auf das Phänomene wie Amok und Terror hinweisen, kein originär
politisches, sondern allgemeiner ein soziales Problem ist. <o:p></o:p></span><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif; line-height: 150%;">Unter </span><i style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 150%;">sozialen</i><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif; line-height: 150%;"> Problemen verstehe ich </span><i style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 150%;">alle Probleme, die sich aus dem menschlichen Zusammenleben ergeben</i><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif; line-height: 150%;">. </span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Man könnte sich
lange darüber streiten, ob das Problem, um das es geht, nun als politisch oder
sozial bezeichnet werden sollte. Mithin sind bereits theoretische Ansätze
verfügbar, die das im Folgenden vorgestellte gesellschaftliche Problem als
politisches behandeln. Das Problem bei diesen Ansätzen ist jedoch, dass sie
aufgrund ihrer getroffenen Vorannahmen immer wieder nur eine einzige Lösung für jedes
soziale Problem anbieten können: den Staat. Der Staat kann jedoch
nicht die Lösung für jedes soziale Problem sein. Wenn allerdings keine andere
Lösung sozialer Probleme mehr denkbar ist, weil sie für politische Probleme
gehalten werden, wären damit die ideologischen Grundlagen für ein totalitäres Politik-
und Staatsverständnis gelegt. Um dieser Gefahr zu entgehen, wird gewalttätiges
Verhalten hier zunächst nicht als politisches, sondern allgemeiner als soziales
bzw. gesellschaftliches Problem behandelt. Durch diesen Ansatz soll deutlich
werden, dass die Kompetenz zur Lösung von zwischenmenschlichen Konflikten nicht
ausschließlich beim Staat liegt. Vielmehr hat die moderne Gesellschaft bereits
eine Menge Möglichkeiten zur Lösung von zwischenmenschlichen Konflikten
entwickelt. Mit einem engen Verständnis von sozialen Problemen als politische
Probleme kommen diese Lösungen jedoch nicht in den Blick. Bei dem <i>Glauben, dass alles politisch sei</i>,
handelt es sich daher um etwas, was man mit Niklas Luhmann als <i>Erkenntnishindernis</i> bezeichnen kann
(vgl. Luhmann 2009 [2005], S. 32f.).<o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Mit Hilfe der
soziologischen Systemtheorie Luhmanns lässt sich das soziale Problem dagegen
folgendermaßen beschreiben: es handelt sich um <i>die kommunikative Anschlussfähigkeit einer jeden Person</i> – was in
der Soziologie in der Regel unter den Stichworten »Inklusion« und »Exklusion«
behandelt wird <a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2015/08/uber-amok-und-terror.html#fn002" id="anker002">[2]</a>. Wenn eine Person in einer bestimmten Situation nicht als <i>relevant</i> betrachtet wird – was sich
daran zeigt, dass ihr keine Möglichkeit gegeben wird, sich zu beteiligen –, kann
das unter Umständen von der ausgeschlossenen Person als vollständige Ablehnung
verstanden werden. Obwohl Exklusionen in Bezug auf Personen eigentlich die
Regel und Inklusionen die Ausnahme sind – in einem Moment kann man immer nur in
einer Situation inkludiert sein und ist zugleich aus allen anderen exkludiert –,
kann das Ausgeschlossen-Sein auf Dauer frustrieren, wenn es überhaupt nicht
gelingt Anschluss zu finden. Dauerhafte Nicht-Beachtung kann dazu führen, dass
sich Menschen nutzlos, unerwünscht und minderwertig fühlen. Dabei strebt jeder danach
als Person nicht als nutzlos, unerwünscht und minderwertig zu erscheinen, um
sich auch nicht so fühlen zu müssen. Mit anderen Worten, <i>jeder Mensch strebt danach mit Personen zu interagieren, die einen
genauso sehen, wie man selbst.</i> Die Frage ist, was passiert, wenn man keine
Personen findet, die einen genauso sehen, wie man selbst? Meine These lautet, <i>Amokläufe und Terroranschläge sind zwei
verschiedene Möglichkeiten auf diese als total empfundene Ablehnung zu
reagieren und zu versuchen die wahrgenommene Inferiorität zu kompensieren. </i>Wenn sich
eine Person ausgeschlossen fühlt, dann kann physische Gewalt für sie als eine attraktive
Möglichkeit erscheinen ihr Ausgeschlossen-Sein zu kompensieren.<o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Ohne die Unterscheidung
von Amok und Terror würde man sich die Möglichkeit nehmen, zu beobachten, warum
für Amokläufer und Terroristen Gewalt als einzige Möglichkeit in Frage kommt, um
sich gegen das als ablehnend wahrgenommene soziale Umfeld zu wehren. Beide
greifen zum Mittel der Gewalt. Aber für beide erscheint die Gewalt aus
unterschiedlichen Gründen notwendig zu sein. <i>Beide Tätergruppen rechtfertigen die Gewalt gegenüber sich selbst und
anderen auf unterschiedliche Weise</i>. Diese Rechtfertigungen lassen sich nur
anhand der Vorgeschichte der Täter verstehen. Es reicht also nicht aus, sich
lediglich auf die schrecklichen Ereignisse zu konzentrieren, durch die man
überhaupt auf die Täter aufmerksam wird. Dementsprechend lassen sich auch die
Begriffe »Amok« und »Terror« nur sinnvoll rekonstruieren, wenn man die
Vorgeschichte der Täter berücksichtigt,
die beide Tätergruppen dazu bringen zu solch radikalen Mitteln zu greifen. Es
soll jedoch im Folgenden nicht darum gehen persönliche Interaktionsgeschichten
zu rekapitulieren. Ich möchte mich darauf konzentrieren eine Theorie über das
allgemeine Muster solcher Entwicklungen vorzustellen. Da das Problem, für das
Amok und Terror hier als Lösungen betrachtet werde, ein gesellschaftliches ist,
erlaubt dies eine gesellschaftstheoretische Einordnung dieser Phänomene. Vor
diesen Hintergrund lässt sich zeigen, dass einem modernen Staat kaum
Möglichkeiten zur Intervention gegeben sind und dass daher jeder einzelne bei der Prävention solcher Taten gefordert ist. <o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<o:p><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><br /></span></o:p></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<div style="text-align: left;">
<b><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><span style="font-size: large;">Die Anschlussfähigkeit der Person als gesamtgesellschaftliches
Problem</span><o:p></o:p></span></b></div>
</div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Das soziale
Problem für das Amok und Terror hier als Lösungen begriffen werden, wurde
bereits vorgestellt. Es ist die kommunikative Anschlussfähigkeit der Menschen
als Personen. Ich möchte nun noch etwas näher auf die sozialstrukturellen Aspekte
dieses Problems eingehen und den Unterschied zwischen modernen und vormodernen
Inklusionsmodi herausarbeiten. Der Unterschied zwischen diesen beiden
Inklusionsmodi wird die theoretische Grundlage zur Darstellung der
Anschlussprobleme liefern, mit denen Amokläufern und Terroristen vor ihren Taten
konfrontiert waren. <o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Mit Hilfe der
soziologischen Systemtheorie lässt sich die moderne Gesellschaft als <i>funktional differenziert</i> beschreiben
(vgl. Luhmann 1997, S. 743ff.). Mit dem Begriff »Gesellschaft« ist die <i>Gesamtheit der stattfindenden Kommunikation</i>
gemeint (vgl. Luhmann 1997, S. 78ff.). Die Gesellschaft als Ganze ist in sich
selbst in verschiedene Funktionssysteme differenziert. Zu diesen
Funktionssystemen zählen Politik, Wirtschaft, Recht, Kunst, Wissenschaft,
Religion, Erziehung, Liebe und soziale Hilfe. Jedes dieser Funktionssysteme hat
sich auf die Lösung eines bestimmten sozialen Problems spezialisiert. Jedes
dieser sozialen Probleme stellt den Katalysator zur Ausdifferenzierung eines
Funktionssystems dar <a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2015/08/uber-amok-und-terror.html#fn003" id="anker003">[3]</a>. Abweichend von radikal konstruktivistischen
Ansätzen gehe ich davon aus, dass es diese sozialen Probleme wirklich gibt.
Andernfalls würde man die Existenz anderer Menschen bestreiten. Man kann die
sozialen Probleme unterschiedlich beschreiben bzw. konstruieren. Aber die Beschreibung
eines Problems wird den Erfolg der Lösung beeinflussen. Am Erfolg oder
Misserfolg der jeweiligen Lösungen, die in Abhängigkeit von der
Problemkonstruktion entwickelt wurden, zeigt sich die Wirklichkeit des zu lösenden
Problems unabhängig von seiner Beschreibung. Die jeweilige Beschreibung wird
entweder zur erfolgreichen Lösung beitragen oder das Problem bleibt bestehen und verschärft sich gegebenenfalls. Für zwischenmenschliche Beziehungen bedeutet das, Konflikte werden
entweder gelöst, schwelen vor sich hin oder eskalieren weiter. Die jeweilige
Beschreibung kann zu einer realistischen, aber auch zu einer illusionären
Wahrnehmung des Problems führen, was dann wiederum ein realistisches oder ein
illusionäres Handeln erlaubt, das wiederum die entsprechende Wahrnehmung
bestätigt und verstärkt (vgl. Laing, 1976 [1960], S. 68ff.).<o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Für die weitere
Gedankenführung ist noch ein weiterer Aspekt relevant.<i> Jedes der gesellschaftlichen Funktionssysteme regelt nach
selbstentwickelten Kriterien, den Konditionalprogrammierungen, ob und wie die
beteiligten Personen für die Kommunikationsprozesse relevant werden.</i> Keines
der verschiedenen sozialen Probleme besitzt einen Vorrang vor dem anderen.
Jeder Mensch kann potentiell mit jedem dieser sozialen Probleme konfrontiert
werden und dann unter gewissen Konditionen die Lösungen des jeweiligen
Funktionssystems in Anspruch nehmen. Die sozialen Probleme lassen sich aufgrund
ihrer Gleichwertigkeit nicht mehr in eine hierarchische Rangordnung bringen. Daher
ist die Lösung keines dieser Probleme wichtiger oder dringlicher als die
anderen. Dies gilt in der Konsequenz auch für die Funktionssysteme der
Gesellschaft. Aufgrund dieser formalen Gleichheit wird die moderne
Gesellschaftsstruktur als eine <i>Heterarchie</i>
bezeichnet. Es gibt kein oberstes Prinzip mehr, dass die Ordnung der
Gesellschaft garantiert. Die jeweils geltenden Regeln können von Situation zu
Situation andere sein, je nachdem mit welchem sozialen Problem die beteiligten Personen konfrontiert sind. Die
Konditionalprogrammierungen legen fest, welche mitgeteilten Informationen in
einer Situation für das Erleben und Handeln der Beteiligten relevant sind und
welche nicht. Die Aufmerksamkeit der Beteiligten richtet sich auf die relevanten
Informationen, denn an ihnen lassen sich weitere Anschlussmöglichkeiten
erkennen. Daher kann man auch sagen, <i>die
Lösungen der Funktionssysteme bestehen darin zu regeln in welcher Form jemand
Aufmerksamkeit in einer bestimmten Situation erlangen kann</i>. Dafür gibt es die
Rollen der Leistungserbringer und der Leistungsempfänger. Beide Rollen
ermöglichen den Menschen sich unter funktionsspezifischen Kriterien an
verschiedenen Situationen zu beteiligen. Selbst in funktional unspezifizierten
Situationen gibt es eine Rollenverteilung, wenn auch zunächst keine explizite. Wenn
eine Person situativ inkludiert wird, dann ist sie zugleich aus allen anderen
Situation exkludiert. Und wenn Exklusionen die Regel und Inklusionen die
Ausnahme sind, dann bedeutet das weiter, dass <i>die Anschlussfähigkeit jeder Person ständig bedroht ist</i>. Der
weitere Anschluss ist ungewiss. Jede momentane Inklusion muss daher dazu
genutzt werden persönliche Attraktivität für weitere, zukünftige Inklusionen
bzw. Anschlüsse sicher zu stellen.<o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Der wesentliche
Unterschied zu früheren Differenzierungsformen der Gesellschaft besteht darin,
dass sich Inklusionen heute stärker nach Kriterien vollziehen, die auf die <i>Form der Beteiligung</i> einer Person
abstellen. Es geht also darum, wie gut eine Rolle ausgefüllt wird, die man in
einer Situation annimmt. Vor dem Übergang zur Moderne wurde die Inklusion
stärker über zugeschriebene Merkmale wie biologische, geographische oder
standesmäßige Herkunft geregelt. Die Soziologie hat dafür die Kategorien von
zugeschriebenen und leistungsbezogenen Merkmalen entwickelt, um auf diesen
Unterschied aufmerksam zu machen. Sie treffen allerdings nicht ganz den Aspekt,
den ich für entscheidend halte. Biologische oder geographische Herkunft sind
Merkmale, die <i>sich nicht verändern lassen</i>.
Man kann seine Herkunft verleugnen, man kann sie aber nicht ändern. Das
Verhalten einer Person kann sich dagegen ändern. Ich halte daher das Kriterium
der <i>Veränderbarkeit</i> für den entscheidenden
Unterschied im Vergleich von modernen und vormodernen Gesellschaften. Wurde
eine Person früher überwiegend durch <i>unveränderliche</i>
Merkmale inkludiert, spielen heute vorwiegend <i>veränderliche</i> Merkmale eine Rolle. <o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Wie sich jemand
an der Kommunikation beteiligt, lässt sich nur anhand seines Verhaltens
beobachten. Unveränderliche Merkmale, wie biologische und geographische
Herkunft oder auch der religiöse Glaube, sind daher ungeeignet für die
Beobachtung menschlichen Verhaltens, denn sie berücksichtigen nicht die Form
der Beteiligung. Dafür dass man Deutscher oder Muslim ist, kann man sich nichts
kaufen. Auch für die Beurteilung, ob jemand in der Lage ist als Bauarbeiter,
Bäcker, Angestellter, Wissenschaftler oder Arzt zu arbeiten, spielen solche
Attribute keine Rolle. Für die Ausübung eines Berufs ist es egal, welche
biologische oder geographische Herkunft man hat. Ebenso wenig wird man für
seine Nationalität oder seinen Glauben geliebt. Man wird als Person geliebt. Die
Indifferenz gegenüber solchen unveränderlichen Merkmalen gilt letztlich für
jede Kommunikation. Damit soll jedoch nicht gesagt sein, dass
unveränderliche Merkmale in der Moderne überhaupt keine Rolle mehr für die
persönliche Selbstdarstellung spielen. Das tun sie weiterhin. Sie treten aber
im Verhältnis zu den veränderbaren Merkmalen, die anhand der persönlichen
Beteiligung sichtbar werden, in den Hintergrund. Sie werden eher zu einem
persönlichen Accessoire. In dieser Form sind
unveränderliche Merkmale auch heute noch für die Selbstdarstellung akzeptiert.
Gleichwohl geraten alle Versuche, Unveränderlichkeiten zu behaupten, die ein
Anrecht auf bestimmte Leistungen der modernen Gesellschaft begründen sollen,
unter Rechtfertigungs- bzw. Legitimationsdruck. Für die Inklusion unter
modernen Bedingungen haben unveränderliche Merkmale wie
geographische, biologische oder standesmäßige Herkunft ihre Legitimität
verloren.<o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Wenn jemand
aufgrund seiner Religion z. B. fünfmal am Tag beten muss und deswegen
gravierende Probleme hat eine Arbeit zu finden, um seinen Lebensunterhalt zu
bestreiten, weil dies mit den Arbeitszeiten einer normalen Vollzeitarbeit nicht
vereinbar ist, so ist dies kein Problem, dass man der Gesellschaft anlasten
kann. Es liegt allein an der persönlichen Entscheidung für einen bestimmten <i>Lebensstil</i>. Immerhin könnte die
betroffene Person einsehen, dass die Religion selbst oder zumindest die
Vorschrift fünfmal am Tag zu beten zu einem gravierenden Hindernis wird, wenn
es darum geht seinen Lebensunterhalt in einer Gesellschaft zu bestreiten, die
es ihren Bürgern überlässt ihre Bedürfnisse eigenständig zu befriedigen, indem
sie durch Erwerbsarbeit das nötige Geld dafür verdienen. Zwar können der
Lebensstil und die Anforderung diesen Lebensstil finanziell zu unterhalten, wie
in diesem Fall, miteinander kollidieren. Es gibt heute jedoch auch unzählige
Möglichkeiten solche Probleme zu lösen und ein passendes Arrangement zu finden.
So könnten gläubige Moslems dieses Problem lösen, indem sie von einer strengen Auslegung
der Religion abrücken würden, um in den Genuss der Vorteile der modernen
Gesellschaft zu kommen, oder sich eine Arbeitsstelle suchen, bei der die
Arbeitszeiten nicht mit den religiösen Gewohnheiten in Konflikt geraten. </span><br />
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><br /></span>
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Moderne
Inklusionsmodi und ein persönlicher Lebensstil können miteinander in Konflikt
geraten und die Inklusion behindern. Es handelt sich jedoch nicht um einen
unlösbaren Konflikt, der die Teilnahme an moderner Kommunikation völlig
ausschließt. Wenn man allerdings unter modernen Kommunikationsbedingungen
weiterhin an der Erwartung festhält, dass man aufgrund bestimmter
unveränderlicher Merkmale, wie der Glaube oder die biologische Abstammung,
Anrechte auf bestimmte Leistungen der Funktionssysteme hat, kann man sehr leicht
enttäuscht werden. Aus dieser Enttäuschung speisen sich die Ressentiments von
rechten, linken und religiösen Protestbewegungen, die sich gegen die Moderne
richten. Aufgrund bestimmter sich selbst zugeschriebener unveränderlicher
Merkmale, wie z. B. Deutscher, Arbeiter oder Muslim, werden die
Beteiligungsmöglichkeiten an moderner Kommunikation beschränkt, was meistens zu
gravierenden materiellen und kognitiven Nachteilen führt. Für diese Nachteile
machen die Betroffenen dann die moderne Gesellschaft verantwortlich. Genauso
wie die Betroffenen sich von der Gesellschaft abgelehnt fühlen, so lehnen sie
dann die Gesellschaft ab, die aus ihrer Perspektive für ihren Misserfolg und
ihr Unglück verantwortlich ist. <o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Entsprechend suchen
die Betroffenen ihr Heil in alternativen Gesellschaftsentwürfen, welche die
eigenen unveränderlichen Merkmale und den damit verbundenen Lebensstil
bestätigen. Auffällig an diesen alternativen Gesellschaftsentwürfen ist, dass
sie im Vergleich zu der heterarchen Struktur der modernen Gesellschaft stark
hierarchisch strukturiert sind. Das unveränderliche Merkmal nimmt darin eine
dominierende Funktion an der Spitze der Hierarchie ein, um die sozialen
Beziehungen der Mitglieder zu organisieren und zu regeln. Die Beziehungen der
Menschen zueinander sind als Über- und Unterordnungsverhältnisse gestaltet. Mit
anderen Worten, <i>es wird eine vormoderne
Gesellschaftsform präferiert, </i>die zumeist eine <i>stratifikatorische Differenzierung</i> (vgl. Luhmann 1997, S. 613)
aufweist. Egal welche Protestbewegung man betrachtet, die sich auf ein unveränderliches
Merkmal beruft, es handelt sich immer um einen <i>Protest gegen die Inklusionsmodi der Moderne</i>. Je nach Menschenbild
kann das Mensch-Sein sogar selbst zu einem unveränderlichen Merkmal werden. Die
nationalen und internationalen Konflikte werden aus dieser ständig bestehenden
Exklusionsgefahr gespeist. Man könnte auch sagen, <i>die Weltgesellschaft trägt einen inneren Konflikt zwischen Moderne und
Vormoderne bzw. zwischen heterarchen und hierarchischen Gesellschaftsentwürfen
aus</i>. Es handelt sich dabei um einen Streit um die richtige Lösung für das
Exklusionsproblem, wobei die Beteiligten jeweils die nicht-präferierte Lösung
als Subversionsversuch der präferierten Lösung betrachten. <o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Aufgrund dieser Beobachtung
gehe ich nicht davon aus, dass die moderne funktional differenzierte
Gesellschaft gegenwärtig bereits voll realisiert ist. Vielmehr befindet sich
die Evolution der Gesellschaft immer noch im <i>Übergang von der Vormoderne zur Moderne</i>. Ich habe sogar meine
Zweifel, ob dieser Übergang im Hinblick auf die Weltgesellschaft jemals vollständig
vollzogen werden wird, denn es wird vermutlich immer Exklusion und damit
exkludierte Personen geben oder auch nur solche, die sich ausgeschlossen
fühlen. Im Anbetracht der Geschichte der letzten 200 Jahre scheint es eine <i>Korrelation zwischen dem Exklusionsgrad
einer Person und der Präferenz für hierarchische Gesellschaftsentwürfe</i> zu
geben. Dies legt die Vermutung nahe, dass, solange sich Personen auch nur
exkludiert fühlen und für sich keine Beteiligungsmöglichkeiten mehr nach den
Regeln der Funktionssysteme für sich sehen, solange wird es auch die Hoffnung
auf ein besseres Schicksal in einer hierarchisch strukturierten Gesellschaftsform,
welche ein unveränderliches Merkmal zur Basis der Gemeinschaftsbildung erhebt,
geben.<o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Aus diesen
Überlegungen leite ich die These ab, dass <i>sich
der Terrorismus rechter, linker und islamistischer Prägung im Rahmen dieses
Konflikts zwischen Vormoderne und Moderne verstehen lässt.</i> Vormoderne
Lebensentwürfe, die sich auf unveränderliche Merkmale gründen, sehen sich unter
modernen Kommunikationsbedingungen gravierenden Anschlussproblemen ausgesetzt
und entsprechend aggressiv reagieren die Betroffenen auf die
Ausschlusstendenzen. Bei den Attentätern, die sich auf eine islamistische
Ideologie berufen, fällt auf, dass sie nicht von Anfang an streng gläubige
Muslime waren, sondern sie durchlaufen einen Radikalisierungsprozess,
in dessen Verlauf sie erst eine politische Semantik kennenlernen, mit deren
Hilfe sie <i>ihre persönlichen
Anschlussprobleme zu einem Kollektivschicksal umdeuten können</i>. Die Schuld
wird dann bei den Menschen gesucht, die sie der westlichen, modernen
Gesellschaft zurechnen. Die gehegte Erwartung lautet, die müssen sich ändern, man selbst nicht. Und wenn die
sich nicht ändern, dann muss man sie mit Gewalt dazu zwingen oder vernichten.
Die Ironie dabei ist – und das trifft wieder auf alle Bewegungen zu, die sich
über unveränderliche Merkmale definieren –, dass <i>die moderne Gesellschaft und die Menschen dahingehend verändert werden
sollen, sich nicht mehr zu verändern</i>. Da der moderne Gegner so übermächtig
erscheint, muss man ihm zeigen, dass man bereit ist für die eigene Unveränderlichkeit
zu sterben. Obwohl jeder einzelne Selbstmordattentäter nicht mehr in der Lage
sein wird, die Vorteile eines Sieges auszukosten, geht man zumindest als
Märtyrer in die Geschichte ein. Man ist also nicht umsonst gestorben. Die
Ideologie liefert die Rechtfertigung dafür im eigenen Tod einen Sinn zu sehen.
Für die Täter stellt ihr Selbstmord eine Kriegshandlung dar. Sie opfern sich,
damit zumindest andere Angehörige der Gemeinschaft ungehindert nach ihren
Vorstellungen leben können. Zum Terror werden solche Selbstmordanschläge durch
ihre Willkürlichkeit und Rücksichtlosigkeit gegenüber möglichen Opfern. Es kann
jeden treffen. Auf diese Weise wird versucht die bedrohte Gesellschaft zu einer
kollektiv bindenden Entscheidung zu motivieren. <i>Terrorismus stellt daher einen
Versuch dar, mit physischer Gewalt die Konditionalprogrammierungen der modernen
Funktionssysteme zu suspendieren, um so die Inklusion ganzer Gruppen zu
erreichen.</i> Deswegen muss das ideologisch gerechtfertigte Selbstmordattentat
unabhängig von der persönlichen Geschichte des Täters als politische Mitteilung
verstanden werden, auf die auch die Politik reagieren muss.<o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">In diesem Punkt
sehe ich den wichtigsten Unterschied zwischen Selbstmordattentätern und
Amokläufern. Amokläufer beziehen sich nicht auf eine politische Ideologie. Ihre
Motivation für den Amoklauf ziehen sie allein aus ihrer persönlichen Geschichte
erfolgloser Beteiligungsversuche. <a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/01/voruberlegungen-zu-einer.html">An
anderer Stelle</a> habe ich ausführlich den Entfremdungsprozess beschrieben,
der durch die erfolglosen Beteiligungsversuche und der dadurch angestoßenen
Exklusionsdynamik verstärkt wird. Ich gehe davon aus, dass die psychologischen
Prozesse, die Amokläufer und Selbstmordattentäter bis zu der eigentlichen Tat
durchlaufen, ähnlich sind. Während jedoch Amokläufer am Ende dieses Prozesses
weitestgehend isoliert sind, finden Personen, die durch eine politische
Ideologie oder Religion aufgefangen werden, wieder Anschlussmöglichkeiten.
Amokläufer rebellieren mit ihrer Tat nicht gegen die Gesellschaft, sondern nur
gegen das soziale Umfeld, das ihnen aus ihrer Sicht keine Chance gibt. Die
negativen Erfahrungen haben ihre Ablehnung soweit verstärkt, dass sie nicht
mehr in der Lage sind alternative Beteiligungsmöglichkeiten für sich zu finden.
Als einzige Alternative bleibt die radikale Negation der sozialen Umwelt. Und mit
der Aussicht auf ein sinnloses Leben, das keine sinnvollen Tätigkeiten und
damit auch keine Chancen positiv aufzufallen bereithält, macht der eigene Tod
plötzlich einen Sinn. Zugleich setzen sie sich mit der Tat ein Denkmal und
erreichen auf diese Weise, dass sie im Tod mehr Beachtung erhalten als es ihnen
zu Lebzeiten jemals vergönnt war. Sie können sicher sein, dass man sich nun an
sie erinnern wird. Deswegen kann der Amoklauf trotz der Gewalt nicht als eine
politische Mitteilung verstanden werden. Ebenso wenig versuchen Amokläufer die
Beteiligungsregeln der gesellschaftlichen Funktionssysteme zu unterlaufen.
Indem sie sich am Schluss zumeist selbst richten, bestätigen sie nochmals die
Beteiligungsregeln ihres sozialen Umfeldes. Mit ihrem Selbstmord kapitulieren
sie lediglich vor ihnen, weil sie ihnen nicht genügen können. Der Amoklauf ist
deswegen auch kein Versuch für eine andere Gesellschaft zu kämpfen. Es ist der
letzte Versuch des Täters sein Gesicht zu wahren, das er zumindest aus seiner
Sicht bereits verloren hat.<o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Festzuhalten
bleibt zunächst Folgendes. Nicht die Anschlussfähigkeit von Personen an sich
ist das Problem, sondern <i>wie</i> diese
Anschlussfähigkeit einer Person hergestellt wird. Dafür spielt die
Selbstdarstellung und die dadurch beobachtbaren veränderlichen und
unveränderlichen Merkmale eine entscheidende Rolle. Unter Veränderbarkeit verstehe
ich <i>Lern- und Entwicklungsfähigkeit</i>.
Gerade das kompromisslose Bestehen auf unveränderlichen Merkmalen kann zu einer
Lern- und Entwicklungsblockade führen, wenn es nicht sogar zu einer regressiven
Entwicklung – zunächst psychisch, aber möglicherweise auch sozial – kommt. In
der modernen Gesellschaft stören solche vormodernen Selbstdarstellungsformen
massiv die zwischenmenschlichen Beziehungen. Boten unveränderliche Merkmale in
vormodernen Gesellschaften noch ein hohes Maß an sozialer Sicherheit, kann
inzwischen das Konflikt- und damit auch das Unsicherheitspotential solcher Merkmale
kaum noch ignoriert werden. Gerade dies hat im Übergang zur Moderne zu einem
veränderten Menschenbild geführt, dass den Menschen durch seine Möglichkeiten,
also das, was er tun kann, begreift und nicht durch das, was er ist. Der
Möglichkeitsraum wird durch die bereits realisierten Möglichkeiten aller
Menschen gebildet und begrenzt. Was jedoch nicht heißt, dass jeder Mensch in der Lage wäre alle diese Möglichkeiten zu realisieren. Gleichwohl können die Grenzen des Möglichen, wie die Geschichte schon oft genug gezeigt hat, verschoben werden.
Veränderbarkeit selbst, und zwar aus sich selbst heraus, wird das einzige
unveränderliche Merkmal der Menschen. Jeder darüber hinausgehende Anspruch auf
unveränderliche Merkmale muss sich daran messen lassen. Und in dieser Hinsicht
sind unveränderliche Merkmale, wie geographische oder biologische Herkunft, ein
religiöser Glaube oder moralische Überzeugungen, durch ihr <i>Konfliktpotential</i> in der Moderne zu
einem sozialen Problem geworden. Sie erlauben den Personen, die an die
Gültigkeit solcher Attribute glauben, keine realistische Deutung des menschlichen Verhaltens - weder ihres eigenem noch das von anderen Personen. Sie erlauben nur eine klischeehafte Wahrnehmung und ein klischeehaftes Verhalten. Mit anderen Worten, <i>wenn diese Attribute das Erleben und Handeln
der Menschen orientieren, bringen sie Personen sozial zum Verschwinden oder
lassen sie gar nicht erst sichtbar werden.</i> Daraus ergibt sich der massive Rechtfertigungsbedarf
für das Beharren auf unveränderlichen Merkmalen. Das bedeutet also nicht, dass jeder Rechtfertigungsversuch zum Scheitern verurteilt ist. Was sich verändert hat, sind die Erfolgschancen für Rechtfertigungsversuche, die sich auf die besagten unveränderlichen Merkmale beziehen. </span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Um der stärkeren
<i>Personalisierung</i> der Menschen durch
funktionale Differenzierung, üblicherweise als Individualisierungsprozess
bezeichnet, Rechnung zu tragen, wurde versucht Subjektivität, also das psychische
Erleben selbst, als neues unverfügbares und unveränderliches Merkmal einzuführen.
Dabei handelte es sich aber lediglich um den Versuch, die Einzigartigkeit einer
Person als unveränderlich festzuschreiben, ohne jedoch zu klären, wie sich
diese Einzigartigkeit bestimmen lässt. Subjektivität lässt sich nicht direkt
beobachten, sondern nur vermittelt über das Verhalten einer Person. Die Einzigartigkeit
einer Person lässt sich daher nur beobachten, wenn Handeln und mitgeteiltes
Erleben einer Person zueinander in Beziehung gesetzt werden. Ohne Bezug zum
Verhalten bleibt Einzigartigkeit eine leere Behauptung, eine Illusion.
Gleichwohl wird erwartet diese Einzigartigkeit als unantastbar, und damit
zugleich unkritisierbar, anzuerkennen. Bekommt eine solche Erwartung einen
normativen Charakter, kann dies die Lernfähigkeit der Personen, die an die
Geltung dieser Erwartung glauben, beträchtlich einschränken. Wenn die
Notwendigkeit und Zwangsläufigkeit des eigenen, subjektiven Erlebens als Rechtfertigung akzeptiert wird, sich nicht ändern zu müssen, dann
wären wiederum alle Menschen in ihrer Lernunfähigkeit gleich und nicht
einzigartig. Doch gerade das Beharren auf der eigenen Unveränderlichkeit führt
in einer sich beständig verändernden Gesellschaft in die Defensive. Diejenigen,
die sich ins soziale Aus gedrängt sehen und weiterhin auf einem
unveränderlichen und für das eigene Selbstverständnis existentiell wichtigen
Merkmal beharren, können darauf häufig nur noch mit Gewalt reagieren, weil das
unveränderliche Merkmal die meisten sozialen Anschlüsse ausschließt.<o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<o:p><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><br /></span></o:p></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<b><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><span style="font-size: large;">Gewalt als Kommunikationsmittel</span><o:p></o:p></span></b></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Ich komme nun
noch einmal auf den Gedanken zurück, dass die Gewalt von Selbstmordattentätern,
wie auch jeglicher anderer Terror, als politische Mitteilung zu verstehen ist,
während die Gewalt von Amokläufern nicht als politische Mitteilung verstanden
werden kann. Nur im Fall von Selbstmordanschlägen ist ein Staat der
unmittelbare Adressat der Mitteilung und gerät unter Zugzwang. Bei Amokläufern
bleibt unklar, an wen sich ihre Botschaft überhaupt richtet. Damit bleibt auch
unklar, wie sie überhaupt zu verstehen ist bzw. wie man sich in Bezug auf diese
Mitteilung verhalten kann. Dies wird nachvollziehbarer, wenn man die Anwendung
von physischer Gewalt als Mittel der Kommunikation betrachtet. <o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Luhmann
beschreibt physische Gewalt als eine <i>Vermeidungsalternative</i>
(vgl. 2003 [1975], S. 60ff.). Üblicherweise geht man davon aus, dass jeder es
vermeiden möchte, dass Opfer von Gewalt zu werden und im schlimmsten Fall durch
Gewalt zu sterben. Nur unter dieser Prämisse kann die glaubwürdige Drohung mit
Gewalt jemanden dazu bringen, etwas zu tun, was er ohne diese Drohung nicht tun
würde. Aus der Perspektive des Adressaten bestehen die Alternativen darin, dass
man entweder Opfer von Gewalt wird oder etwas gegen seinen Willen tut und damit
zugleich die Anwendung von Gewalt vermeidet. Voraussetzung für eine solche
Situation ist, dass sich die Person, die gegen ihren Willen etwas tun soll,
sich dem Einfluss der drohenden Person nicht entziehen kann. Die Drohung ist
nur dann glaubwürdig, wenn die bedrohte Person annehmen muss, dass sie bei
Nichtbefolgung der Anweisung in jedem Fall mit der Anwendung von Gewalt rechnen
muss. Aber <i>nur wenn die drohende Person keine Gewalt einsetzen musste, um die bedrohte
Person zur Ausführung ihrer Anweisung zu motivieren, nur dann hatte die
drohende Person Macht über die bedrohte Person. </i><o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Sollte es jedoch
widererwartend dazu kommen, dass die drohende Person tatsächlich Gewalt
einsetzen muss, dann war die Drohung nicht glaubwürdig und ihre Machtposition
wurde aufgehoben (vgl. Luhmann 2003 [1975], S. 9). Somit ist die tatsächliche <i>Anwendung von Gewalt</i> kein Zeichen von
Macht, sondern von <i>Machtlosigkeit</i>.
Die Macht einer Gewalt- oder Todesdrohung besteht nur solange sie eine
Möglichkeit bleibt. Wenn sie tatsächlich zur Anwendung kommt, wird die
gewünschte Anweisung von der bedrohten Person nicht ausgeführt – speziell wenn
sie tot ist <a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2015/08/uber-amok-und-terror.html#fn004" id="anker004">[4]</a>. Die drohende Person konnte sich dann also nicht durchsetzen.
Das Ziel der Drohung wurde verfehlt. Versteht man die Anwendung von physischer
Gewalt in diesem Sinne teilen sowohl Selbstmordattentäter als auch Amokläufer
durch ihre Taten ihre Machtlosigkeit bzw. Ohnmacht mit. Sie sind beide nicht in
der Lage andere Personen dazu zu motivieren freiwillig etwas für sie zu tun.
Und für eine glaubwürdige Drohung fehlen ihnen die Mittel oder die bedrohten
Personen können sich ihrem Aktionsbereich entziehen.<o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Das Angebot
einer Vermeidungsalternative kommt üblicherweise erst dann zum Einsatz, wenn
die adressierte Person eine von der mitteilenden Person gewünschte Handlung
nicht freiwillig ausführt. Und selbst wenn Vermeidungsalternativen zur
Anwendung kommen, muss es sich dabei noch längst nicht um einen Fall handeln,
bei dem die Politik intervenieren müsste. Je nach dem, was eine Person in Bezug
auf sich selbst gern vermeiden möchte, können von Person zu Person sehr
unterschiedliche Handlungen zu Vermeidungsalternativen werden. Auch
der Sexentzug in einer partnerschaftlichen Beziehung kann eine Form der
Einflussnahme sein. Niemand möchte ernsthaft behaupten, dass sich bei solchen
Konflikten die Politik einmischen sollte. D. h. weder der <i>Einsatz von Vermeidungsalternativen</i> noch <i>Unfreiwilligkeit</i> sind Kriterien, welche die politische Relevanz
eines Kommunikationsereignisses begründen könnte. Das Problem von
Selbstmordattentätern und Amokläufern besteht darin, dass sie nicht in der Lage
sind andere Personen ohne Gewalt dazu zu motivieren an ihre Mitteilungen
anzuschließen. Ihre Erwartung besteht darin, dass ihr unveränderliches Merkmal
attraktiv genug ist, um weitere Anschüsse zu motivieren. Diese Erwartung wird unter
modernen Kommunikationsbedingungen ständig enttäuscht, was jedoch nicht zur
Aufgabe dieser Erwartung bzw. zum Hinterfragen der eigenen Selbstdarstellung
führt. Stattdessen wird die Schuld bei denjenigen gesucht, die nicht an ihre
Mitteilungen anschließen. Doch gerade
eine solche Erwartungshaltung lässt die Betroffenen in die soziale Irrelevanz
abgleiten. Die Freiheitsgrade ihrer Handlungsmöglichkeiten werden aus ihrer
Sicht soweit eingeschränkt, dass es gerechtfertigt erscheint von
Alternativlosigkeit zu sprechen. Sie selbst sind auch nicht in der Lage diese Entwicklung
durch die Suche nach alternativen Betätigungsfeldern abzuwenden. <i>Die einzige Möglichkeit, um dann überhaupt
noch auf sich aufmerksam zu machen, besteht im Einsatz von physischer Gewalt,
weil es ihnen anderweitig nicht mehr gelingt. <o:p></o:p></i></span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Carl Schmitt
belegte die <i>realistische Möglichkeit der physischen Vernichtung</i> eines Feindes mit dem <i>Begriff des Politischen</i> (vgl. 2009 [1932], S. 27f.). Im Kontext des bereits vorgestellten Machtbegriffs umfasst der Begriff sowohl die Drohung mit Gewalt als auch die tatsächliche Anwendung. In dieser Fassung ist der Begriff nicht in der Lage den Unterschied zwischen machtüberlegen, machtunterlegen und machtlos zu markieren. Er konzentriert sich nur auf den Einsatz von Gewalt. Wenn die Bestimmung eines Feindes bereits seine physische Vernichtung impliziert, dann ist die Feindbestimmung bereits ein Hinweis auf gescheiterte Macht. Kriege sind in diesem Verständnis das wechselseitige Eingeständnis der Beteiligten über ihre eigene Machtlosigkeit. Insofern bezeichnet Schmitts Begriff des Politischen zunächst nur ein Problem. Der Begriff ist jedoch nicht dazu geeignet die Operationsweise des Funktionssystems Politik zu beobachten. Die Konzentration auf mögliche und tatsächliche Gewaltanwendung ermöglicht zunächst nur die Beobachtung der machtlosen Außenseite der Politik. Doch in diesem Sinne wird er auch für eine systemtheoretische Machttheorie anschlussfähig, denn die realistische Möglichkeit der physischen Vernichtung beschreibt das <i>Bezugsproblem der Politik.</i> Die gesellschaftliche Funktion der Politik besteht im Kern darin, dass diese Möglichkeit nicht Wirklichkeit wird und auch niemand außer dem Staat legitim mit Gewalt drohen darf. Damit soll nicht bestritten werden, dass noch viele andere Erwartungen an einen Staat gerichtet werden, bei denen es darum geht gesellschaftliche Risiken zu minimieren oder zu kompensieren. Sofern sich Politiker bemühen auch diese Erwartungen zu erfüllen, war damit zumeist ein Wechsel der Methode von negativen Sanktionen in Form von Strafen zu positiven Sanktionen in Form von Geldleistungen verbunden. Wie weit derartige politische Konkurrenzangebote zur wirtschaftlichen Lebenunterhaltssicherung tragen, ist aktuell noch ungewiss. Wenn hier im Folgenden vom Politischen die Rede ist, dann ist damit nur das Problem der potentiellen und tatsächlichen Gewaltanwendung gemeint und nicht mehr. Die Zuschreibung von Freund und Feind ist dem gegenüber sekundär, aber sicherlich nicht irrelevant, wenn Feindbestimmungen bereits auf das Scheitern von Macht hinweist.</span><br />
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><br /></span>
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Als Realisierung der physischen Vernichtung von Menschen zeigt sich das Politische sowohl bei
Terroranschlägen als auch bei Amokläufen. Zugleich wird ein sehr direkter Hinweis geben, wer für den Feind gehalten
wurde. </span><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif; line-height: 150%;">Während man bei Amokläufen erst nachträglich feststellen kann, wen der Täter für seine Feinde hielt, machen Terroristen bereits vorher keinen Hehl daraus, wer ihr Feind ist.</span><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif; line-height: 150%;"> </span><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif; line-height: 150%;">Ob Amokläufer vor der Tat wirklich eine bewusste Feindbestimmung
vollzogen haben, spielt politisch keine Rolle. Als Antrieb wäre auch reine
Zerstörungswut denkbar, die sich an den zufällig gerade Anwesenden auslässt. Doch wie bereits ausgeführt, wird das Funktionssystem Politik mit diesen Ereignissen vor ein unlösbares Problem gestellt, denn das einzige Mittel, mit dem die Politik Einfluss nehmen kann
– nämlich die Drohung mit Gewalt –, versagt in diesen Fällen. Die Vermeidungsalternative der Politik funktioniert bei den Tätern
nicht. Deswegen ist die Politik machtlos gegenüber diesen Tätern.</span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Beide
Tätergruppen sind im Leben als Personen umfassend gescheitert. Ihnen ist es
nicht gelungen, die Herausforderungen oder Prüfungen, die das Leben bereithält,
zu meistern. Sie sind am Ende isoliert und der eigene Tod erscheint als eine
Befreiung aus dieser Isolation. Außer ihrem Leben haben sie nichts mehr zu
verlieren. Im strengen Sinne trifft dies allerdings nur auf Amokläufer zu, die
zumeist <i>Einzeltäter</i> sind. Der finale
Amoklauf lässt sich dann als ein Versuch verstehen, sich Genugtuung durch die
Anwendung von Gewalt zu verschaffen. Die Opfer dieser Gewalt können persönliche
Bekannte sein, müssen es aber nicht. Es können genauso gut Personen sein, die
für eine bestimmte Institution stehen, auf die sich der Hass des Täters
richtet. Die Auswahl der Opfer erfolgte zufällig. Darin besteht eine
Gemeinsamkeit mit Terrorakten. Die Auswahl der Opfer zeigt aber zugleich, dass
die Generalisierung des Hasses nicht über den persönlichen Einflussbereich
hinausging. Die Ablehnung der Umwelt hat sich unter Umständen schon von persönlichen
Bekannten abgelöst und auf eine Institution übertragen. Trotzdem ging sie nicht
soweit, dass die Tat als Ausdruck der Ablehnung der Gesellschaft als Ganze
verstanden werden kann. Sie sehen für sich einfach nur keinen Platz in der
Welt, wie sie sie sehen. <o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Eine kollektiv
bindende Entscheidung, die vielleicht die Situation anderer Betroffener
verbessern könnte, kann und wird durch die Tat nicht erzwungen. Dadurch fehlt der
Tat das Moment, das eine Relevanz für das Funktionssystem Politik begründen
könnte, denn für einen modernen Staat sind Amokläufer zwar ein Problem, aber
keine Feinde im strengen Sinne. Sofern man überhaupt von Feinden sprechen
möchte, werden Amokläufer nur durch ihr gewaltsames Verhalten zu Feinden der
modernen Gesellschaft. Zu einem politischen Problem werden Amokläufer nur durch
das Mittel ihrer Konfliktbewältigung. Die fehlende politische Botschaft der Tat
lässt erkennen, dass der performative Aspekt – systemtheoretisch gesprochen die
Form der Mitteilung – im Vordergrund steht. An die mitgeteilten Informationen
kann man, sofern der Täter nicht überlebt, nicht mehr direkt anschließen. Genauso
wie bei einer rhetorischen Frage wird vom Adressaten keine Antwort erwartet.
Insofern ist nicht zu erkennen, dass durch die Tat ein Staat zu einer kollektiv
bindenden Entscheidung motiviert wird, um diese Gewaltanwendung zukünftig zu
verhindern. Dies lässt die Schlussfolgerung zu, dass es dem Täter lediglich
darum geht seinen Schmerz über die aussichtlose Situation, in der er sich
befindet, der Welt mitzuteilen – mehr noch, den Schmerz spüren zu lassen. Es geht nicht
darum Feinde zu vernichten, sondern um die Mitteilung von Gefühlen. </span><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif; line-height: 150%;">Die Tat kann aufgrund der sehr intimen Informationen, die durch sie mitgeteilt werden, nur als persönliche Botschaft verstanden werden.</span><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif; line-height: 150%;"> </span><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif; line-height: 150%;">Im Hinblick
auf das Leid der Angehörigen von Opfern einer solchen Tat muss festgestellt
werden, dass dies in gewisser Weise auch funktioniert. Unter diesem
Gesichtspunkt handelt es sich bei Amokläufen um eine sogenannte </span><i style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 150%;">Ventilsitte</i><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif; line-height: 150%;"> (vgl. Coser 2009 [1956], S. 47ff.). Auch wenn sie
weder sozial institutionalisiert wurden noch als solche akzeptiert ist, sind sie doch zu einer traurigen Regelmäßigkeit geworden.</span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Bei Selbstmordanschlägen handelt es sich dagegen nicht um persönliche Botschaften der Täter. Auch wenn
die Biographien vieler Islamisten, die in westlichen Gesellschaften
aufgewachsen sind, Ähnlichkeiten mit denen von Amokläufern aufweisen, besteht
doch ein wichtiger Unterschied – sie berufen sich auf eine religiös-politische
Agenda und können daher nicht als Einzeltäter betrachtet werden, sondern als <i>Vertreter einer Protestbewegung</i>. Das
gefährliche an Protestbewegungen, wie dem politischen Islamismus und anderen,
besteht darin, dass sie jedem offensteht, der in irgendeiner Form den modernen,
üblicherweise als »westlich« bezeichneten Lebensstil ablehnen. Sie liefern den
ideologischen Überbau. Dieser ist zumeist so voraussetzungslos, dass sich jeder
darauf berufen kann, der seiner radikalen Ablehnung der modernen Gesellschaft eine
Rechtfertigung zu geben versucht. Die Ideologie liefert hier nochmals einen
Generalisierungsschub der Ablehnung über die Grenzen des persönlichen
Einflussbereichs hinaus. Das unveränderliche Merkmal als Deutungskontext macht
diese Generalisierung besonders leicht, weil sie auf diese Weise viel zu
einfache Deutungen komplexer Zusammenhänge zulässt. Zuschreibungen wie »Ungläubiger« verführen dazu vom Verhalten der so
attributierten Personen abzusehen und damit von den relevanten Informationen,
die dieser Attribution widersprechen können. Während der Amokläufer am Ende
seiner Entwicklung mehr oder weniger isoliert ist und die Konflikte
verinnerlicht wurden, kanalisiert die Ideologie den psychischen Konflikt nach
außen und eröffnet sogar neue Inklusionsmöglichkeiten. Die Attraktivität
politischer Ideologien liegt darin, dass sie die Frustration und die Ablehnung auf etwas
kanalisieren, dadurch in der Perspektivlosigkeit neuen Sinn stiften und die
Quelle für neue Motivation liefern. <o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Die relative
Vereinzelung der Täter lässt jedoch keine größere Organisation zu. Festgeschrieben
sind nur die weltanschaulichen Prämissen und die daraus abgeleiteten Ziele. Dadurch
wird den Sympathisanten bei der konkreten Umsetzung sehr große Freiheit gelassen.
Dies kommt der sozialen Isolation der potentiellen Täter entgegen, die sich nun
bestärkt sehen ihre Aggressionen nach außen zu tragen – egal ob allein oder
gemeinsam mit anderen. Die Organisationsprinzipien der Terrorzellen sind
Dezentralität, Lokalität und Unbeobachtbarkeit, was der persönlichen Situation
sehr entgegen kommt. Durch diese Prinzipien gewinnt die Bewegung eine
unkontrollierbare Eigendynamik und verselbständigt sich. Das Gefährliche
speziell des Islamismus besteht darin, dass sie es den Verlierern der
westlichen Gesellschaft ermöglicht ihren privat gepflegten Ressentiments eine
politische Deutung zu geben, um ihnen eine universelle Qualität und objektive
Berechtigung zu verleihen, die den Todeswunsch aber letztlich nicht aufhebt,
sondern nur rekontexualisiert. Das Gefühl, dass man nicht allein ist, gibt dabei
einen gravierenden Motivationsschub. Der private Groll kann nun in den Dienst
einer vermeintlich höheren Sache gestellt werden. Der Islamismus spricht all
diejenigen an, die selbst gerne einmal Gewalt gegen unliebsame Personen
einsetzen würden, ihre kulturellen Regeln ihnen dies aber verbieten. Das als
unveränderlich angenommene Merkmal liefert dabei die Begründung der eigenen
Überlegenheit und damit zugleich die Rechtfertigung für die Anwendung von
Gewalt, um sich ihre vermeintliche Überlegenheit zu bestätigen.<o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Dadurch kann die
terroristische Gewalt nicht als rein performativer Akt betrachtet werden. Durch
das Töten im Namen einer Ideologie wird eine politische Botschaft kommuniziert.
Obgleich es sich auch um einen deutlichen Ausdruck der eigenen Machtlosigkeit
handelt, hat man es nun mit der Mitteilung einer losen Gemeinschaft zu tun. Aus der in den Selbstmordanschlägen ostentativ zur Schau gestellten Autoaggression
entspringt eine andere Form der Macht – sofern der Begriff Macht dafür
überhaupt angemessen ist. Unter dem Stichwort </span><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif; line-height: 150%;">»</span><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif; line-height: 150%;">Psychoterror</span><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif; line-height: 150%;">«</span><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif; line-height: 150%;"> wird diese Macht im nachfolgenden Abschnitt erneut thematisiert. Die Selbstmordattentäter demonstrieren mit ihrem autoaggressiven Verhalten, dass die Gemeinschaft, in deren Namen sie töten, von der Übermacht ihres Gegners nicht einschüchtern lässt. Durch diese
vorauseilende Bereitschaft, Gewalt gegen
sich selbst anzuwenden, wird dem Gegner jegliche Möglichkeit für eine
glaubhafte Drohung genommen. </span><i style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 150%;">Die
Autoaggression kommt einer Entwaffnung des politischen Gegners gleich</i><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif; line-height: 150%;">. Selbstmordattentate
sollen damit die Überlegenheit der Gemeinschaft demonstrieren. Ist diese Stufe
der Eskalation jedoch erreicht, wird die terroristische Gewalt zur reinen
Selbstbefriedigung von Allmachtsfantasien der Täter. Man genießt die
Vorstellung, dass man durch öffentlichkeitswirksam inszenierte Brutalität Angst und Schrecken
verbreitet und jeglichen Widerstand demotiviert. Dadurch wird die kämpferische
Pose jedoch zu einer leeren Drohung. Die Drohgebärde ist Mittel und Zweck
zugleich. Dass die Gewaltanwendung zur reinen Selbstbefriedigung degeneriert,
zeigt sich auch daran, dass es in den islamistischen Bewegungen keine
ernsthaften Pläne für die Zeit nach dem Sieg über die Ungläubigen gibt </span><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2015/08/uber-amok-und-terror.html#fn005" id="anker005" style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 150%;">[5]</a><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif; line-height: 150%;">.</span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Auch Amokläufer
berauschen sich wahrscheinlich an dieser Vorstellung, dass sie durch ihren
letzten gewaltsamen Auftritt im Gedächtnis bleiben werden. Doch während sie
noch in einem sozialen Kontext handeln, der Gewalt verachtet, und sie nur
daraus die Hoffnung auf einen zweifelhaften Ruf ziehen, halten Terroristen
Gewaltanwendung für akzeptabel und hoffen auf einen Märtyrertod. Vereinfacht
ausgedrückt, der Amokläufer stirbt in dem Bewusstsein als Anti-Held, der
sicherlich auch seine Bewunderer finden wird, in die Geschichte einzugehen, der
Selbstmordattentäter dagegen als Held seiner Bewegung. Letztlich begehen beide
einen <i>egoistischen Selbstmord </i>im
Sinne von Emile Durkheim (vgl. 1983 [1897], S. 232) <a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2015/08/uber-amok-und-terror.html#fn006" id="anker006">[6]</a><i>.</i> Doch erst die ideologische Instrumentalisierung verleiht den
Selbstmordanschlägen ihre politische und damit auch scheinbar altruistische
Dimension. Auch bei terroristischer Gewalt fällt der rein performative Aspekt
sofort ins Auge. Gleichwohl sind die politischen Implikationen andere als bei
Amokläufen.<o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<o:p><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><br /></span></o:p></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<b><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><span style="font-size: large;">Das Dilemma der Moderne</span><o:p></o:p></span></b></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Politische Macht
muss bestimmten <i>Selbstbefriedigungsverboten</i>
unterliegen, damit sie nicht zur grenzenlosen Befriedigung persönlicher
Geltungsbedürfnisse eingesetzt wird (vgl. Luhmann 2003 [1975], S. 63). Mit
anderen Worten, Machtanwendung als Drohung mit Gewalt muss eingeschränkt werden. Durch die Regelung der legitimen Gewaltanwendung wird der Einsatz von
politischer Macht erwartbar und kalkulierbar. Diese Konditionalisierung
politischer Macht gelingt durch das gesellschaftliche Funktionssystem Recht.
Das Recht unterbindet eine willkürliche Anwendung von Macht und Gewalt. Durch willkürliche
Gewaltanwendung kommt es dagegen zu einer <i>Inflation
der Macht</i>. Genauso wie eine unglaubwürdige Drohung Macht entwertet, so
entwertet auch ein willkürlicher und exzessiver Einsatz von Gewalt die Macht
des Täters. Die Willkürlichkeit der Anwendung ist ein Hinweis darauf, dass es
nicht darum geht den Adressaten zu einer unfreiwilligen Handlung zu motivieren.
Die Gewaltanwendung bleibt keine Drohung und das Opfer wird dadurch zu nichts motiviert.
Willkürliche und demonstrative Gewaltanwendung verlangt von den Adressaten –
also den Zeugen der Gräueltaten – reine Unterwerfung <a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2015/08/uber-amok-und-terror.html#fn007" id="anker007">[7]</a>. Das Ziel ist es,
ihren Willen zu brechen. Und selbst das kann nicht verlässlich vor der Gewalt
des Aggressors schützen. Wenn jedoch Unterwerfung bzw. Kapitulation für die
Bedrohten keine Option ist, gestaltet sich die Entscheidung, wie man auf diese
Gewalt angemessen reagieren kann, äußerst schwierig. Eigentlich macht es keinen
Unterschied, wie moderne Staaten darauf antworten. Es wird von den Terrorgruppen
immer gegen sie ausgelegt. Wird versucht zu beschwichtigen oder zu verhandeln,
wird dies als Schwäche ausgelegt und man muss nur so weiter machen bis sich der
Gegner dem Terror beugt. Terroristen können auf Verhandlungsangebote schon
deswegen nicht eingehen, weil sich bei den Verhandlungen vermutlich nochmals
die Machtlosigkeit der Terroristen zeigen würde. Sie haben nichts, worüber sie
verhandeln könnten, außer mit dem wahllosen Töten aufzuhören. Auf das einzige
Druckmittel, was ihnen zu Verfügung steht, werden sie nicht einfach verzichten.
Und so bleibt den Terroristen nichts anderes übrig als immer so weiterzumachen.
Gefährlich wird es, wenn die Bedrohten von der impliziten oder sogar expliziten
Annahme ausgehen, dass die Gewalt der Terroristen legitim und gerechtfertigt
wäre. Wehrt man sich andererseits gegen terroristische Angriffe – und der
Einsatz von Gewalt wird dabei nicht ausbleiben –, wird dies erst Recht als
Legitimation verstanden mit dem Terror weiter zu machen. <o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Hier stößt man,
wenn man so sagen darf, auf den Terror 2.Ordnung, nämlich den <i>Psychoterror</i>. Wenn es egal ist, wie der
Westen auf den Terror reagiert, dann versuchen die Terroristen den Westen in
etwas zu treiben, was aus Tierversuchen als Experimentalneurose bekannt ist.
Bei einer pawlowschen Konditionierung wird ein Tier zuerst darauf trainiert
zwischen einem Kreis und einer Ellipse zu unterscheiden. Sobald diese
Unterscheidung gelernt wurde, werden mit jedem Durchgang die Ellipse immer
runder und der Kreis immer flacher gemacht. Schließlich kommt ein Durchgang bei
dem der Kreis und die Ellipse nicht mehr voneinander zu unterscheiden sind.
Spätestens zu diesem Zeitpunkt zeigt das Tier ernsthafte Verhaltensstörungen
(vgl. Bateson 1981 [1964], S. 383). Das Verhalten der Terroristen beruht auf
demselben Prinzip. Ob dies absichtlich geschieht, darüber soll hier nicht
spekuliert werden. Sobald ein Kommunikationspartner immer auf dieselbe Weise
reagiert, egal was man tut, dann kann genau derselbe Effekt entstehen. <i>Ohne Unterschiede in den Reaktionen des
Kommunikationspartners, egal was man tut, erscheint das eigene Handeln
folgenlos und damit sinnlos.</i> Die wiederholte Erfahrung eines solchen
Ereignisses frustriert die Betroffenen mit der Zeit. Die Frustration und
Verzweiflung wird häufig zu einem aggressiven Verhalten führen. Die Terroristen
hatten wahrscheinlich zu irgendeinem Zeitpunkt dasselbe Problem. Ihr Handeln
machte für sie hinsichtlich der Aufmerksamkeit und Anerkennung durch andere
Personen keinen Unterschied mehr, egal was sie taten. In dieser Situation sahen
sie sich vor die Alternativen Unterwerfung unter sinnlose Regeln oder Widerstand gegen sie gestellt. Die
Terroristen versuchen durch ihr Verhalten möglicherweise bei den Zeugen des
Terrors genau dasselbe verzweifelte Gefühl zu erzeugen, das sie schließlich
dazu bewogen hat gewalttätigen Widerstand zu leisten. Dadurch reproduzieren sie
aber nur diese Situation und stellen andere Menschen vor die Wahl sich entweder
ihrer willkürlichen Verfügungsgewalt auszuliefern oder Widerstand zu leisten. Moderne Staaten
stehen ebenso vor diesem fatalen Dilemma.<o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Wenn jedoch Unterwerfung für beide Seiten keine Option ist, weil man sich damit selbst
verraten und aufgeben würde, ist die <i>Eskalation
der Gewalt</i> vorprogrammiert. Dies ist vermutlich immer der Fall, sobald eine
Seite bereit ist Gewalt gegen sich selbst einzusetzen. Damit erheben sich diese
Personen über jede soziale Ordnung und zeigen, dass sie nicht bereit sind sich irgendwelchen
Regeln zu unterwerfen – nicht mal ihren eigenen. Moderne Staaten stehen nun vor dem Problem, wie man mit Personen umgeht, die sich auf diese Weise über
jegliche politische und rechtliche Ordnung stellen, um das Recht des Stärkeren
– also die willkürliche Anwendung von Gewalt – durchzusetzen. Man kann von den
Methoden der USA im Kampf gegen den Terror halten, was man will. Abu Ghuraib,
Guantanamo oder der Drohnenkrieg lassen sich nur verstehen, wenn man sich
darüber klar wird, dass die Seite die Regeln diktiert, die bereit ist bis zum
Äußersten zu gehen – d. h. sich selbst zu opfern – und das sind in diesem Fall
die islamistischen Terroristen. Spätestens mit dem Anschlag vom 11. September
2001 haben sie den Anschein einer verrechtlichten Weltordnung zerstört und
gezeigt, dass auf der Ebene der Weltpolitik Anarchie herrscht und alles erlaubt
ist. Zu Zeiten des Kalten Krieges ließ sich diese Tatsache durch die Arbeit der
Geheimdienste relativ gut aus der Öffentlichkeit heraus halten. Der weltweit
operierende islamistische Terror hat jedoch kein Interesse daran, dass seine
Aktionen im Verborgenen bleiben. Er setzt auf die Öffentlichkeitswirksamkeit der
terroristischen Gewalt, um weitere Anhänger zu gewinnen. Deswegen verstehen es islamischtische Terrorgruppen so gut die Verbreitungskanäle der Massenmedien für sich zu
nutzen. In den Massenmedien, mit ihrer Vorliebe für Devianz <a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2015/08/uber-amok-und-terror.html#fn008" id="anker008">[8]</a>, finden die
Terroristen willige Abnehmer, die ihre Botschaft verbreiten, auch wenn sie die
Botschaft nicht teilen. Gerade durch ihre eigenen Selektionskriterien werden
die Massenmedien zu heimlichen Verbündeten der Terroristen. <o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Zugleich zeigt dies
nochmals, wie sehr rohe, willkürliche Gewalt als Mittel zur Durchsetzung der
eigenen Interessen von den Terroristen akzeptiert ist, denn sie sind bereit
sich öffentlich dazu zu bekennen. Jede Gesellschaft, die ihre Ordnung auf die
Vermeidung von Gewalt gründet, muss daher auch Gewalt anwenden, wenn diese
Ordnung durch gewalttätiges Verhalten bedroht wird. Ansonsten beugt man sich
dem Recht des Stärkeren und der Ausnahmezustand wird zum Normalfall. Die Terroristen versuchen mit ihren Aktionen den
Ausnahmezustand herbeizuführen. Das durch die terroristische Gewalt produzierte
soziale Chaos wird zur Bedingung der eigenen Macht. Das Recht des Stärkeren muss
deswegen im hier eröffneten theoretischen Kontext als das Recht des Schwächeren
interpretiert werden, seine Interessen mit Gewalt durchzusetzen – mehr noch als
das Recht seine <i>eigene Machtlosigkeit
durch die Anwendung physischer Gewalt zu kompensieren</i>. <o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Im Hinblick auf
die möglichen Reaktionen auf terroristische Gewalt, stellt sich die Frage nach «richtig
oder falsch« oder »legitim oder illegitim« dann nicht mehr. Es stellt sich eher
die Frage, ob man, sobald man mit einem politischen Gegner konfrontiert ist, der
zum bedingungslosen Einsatz von Gewalt – auch gegen sich selbst – bereit ist,
nicht zwangsläufig zum Verrat an allen Werten gezwungen wird, die einem hoch
und heilig sind? Gibt es im Angesicht einer solchen Bedrohung noch eine
Möglichkeit sein eigenes Selbstverständnis zu wahren oder gehen nicht am Ende
alle beschädigt aus dieser Auseinandersetzung hervor? Das sind keine angenehmen
Fragen und bis heute scheut man sich derartige Fragen öffentlich zu
diskutieren. Der inzwischen schon über eine Dekade dauernde Krieg gegen den
Terror lässt erhebliche Zweifel aufkommen, dass man unbeschädigt aus einer solchen
Auseinandersetzung hervorgehen kann. Wenn ein Beteiligter zur bedingungslosen
Anwendung von Gewalt bereit ist und sich auch von der Möglichkeit, selbst Opfer
von Gewalt zu werden, nicht abschrecken lässt, dann werden bei den Bedrohten
auch nur die dunkelsten Seiten ihres Charakters angesprochen. Die Ideologie der
Terroristen bringt eine selektive Wahrnehmung mit sich, die ihnen dabei hilft die
aufgeworfenen Fragen und Probleme auszublenden. Der Zweck heiligt in ihren
Augen jedes Mittel. Doch solche unangenehmen Fragen müssen gestellt und
diskutiert werden. Schon allein um dem weitverbreiteten pazifistischem Missverständnis
entgegen zu treten, in der modernen Gesellschaft könnte man auf die Anwendung
von Gewalt vollständig verzichten. Denn gerade diese unpolitische und unrealistische
Erwartungshaltung, die sogar von vielen Politikern bedient wird, trägt zu einer
gravierenden Delegitimierung des Funktionssystems Politik bei – und damit zu
dessen Entmachtung. Damit wäre wiederum den Gegnern der Moderne am meisten
geholfen. Pazifismus ist letztlich nur das komplementäre Gegenstück zum Recht
des Stärkeren. Er ist die Illusion der Schwachen, dass schon allein ihre
Schwäche entwaffnend wirkt und bei den Tätern Schuldgefühle auslöst. Es zeugt
von einem großen Maß an Naivität zu glauben, dass sich skrupellose Mörder davon
beeindrucken lassen. Das Konzept des Pazifismus ist lediglich der vorauseilende
Gewaltverzicht, um nicht selbst das Opfer von Gewalt zu werden. Es ist der Versuch einen Aggressor zu beschwichtigen. Aber mit dieser Reaktion hat man
sich bereits seiner Macht unterworfen. Die naive, bedingungslose Negation von
Gewalt bestätigt letztlich nur die Wirksamkeit der Gewaltandrohung. Im
Anschluss an Schmitt kann man sogar sagen, Pazifisten überlassen es lieber den
Personen, die bereit sind Gewalt anzuwenden, die Unterscheidung von Freund und
Feind für sie mit zu treffen (vgl. 2009 [1932], S. 47). Sie lehnen Gewalt eigentlich nicht ab, sie wollen nur nicht selbst die Entscheidung über den Einsatz von Gewalt treffen, weil es ihrem moralisch überhöhten Selbstbild nicht entspricht, und überlassen sie denjenigen, die bereit sind sie zu treffen.<o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Sofern jedoch
Unterwerfung für beide Beteiligten keine Option ist, wird Gewalt immer
Gegengewalt erzeugen. <i>Terroristische
Gewalt wirkt daher gesellschaftlich und psychisch regressiv</i>. Denn solange
nicht beiden Seiten daran gelegen ist, Gewalt zu vermeiden, lässt sich die
Spirale der Gewalt nicht stoppen. Das innere psychische Chaos der Täter erzeugt
soziales Chaos, das wiederum das psychische Chaos verstärkt, das wiederum das
soziale Chaos verstärkt usw.. Auch daraus lässt sich ein Lebensstil entwickeln,
der jedoch für die Betroffenen häufig selbstzerstörerisch ist. Ideologisch verbrämt
werden persönliche Konflikte sozial nicht isoliert, sondern breiten sich
unkontrolliert in der Gesellschaft aus. Der islamistische Terror versucht diejenigen, die sich als Verlierer des westlichen Lebensstils sehen, zu instrumentalisieren, um der ganzen Welt israelische
Zustände zu bringen. Es ist der Versuch eine radikal egozentrische, selbstbezogene
Sichtweise zu kultivieren und weltweit zu verbreiten. Sie ist radikal, weil
sich durch eine autoaggressive Wendung die eigene Ohnmacht zu einem
berauschenden Gefühl der Allmacht verkehrt <a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2015/08/uber-amok-und-terror.html#fn009" id="anker009">[9]</a>. Die Betroffenen gefallen sich
darin durch die eigene Selbstverleugnung Angst und Schrecken zu verbreiten. Man
mag nun die westliche Lösung der Entpolitisierung, Verrechtlichung und
Isolierung von zwischenmenschlichen und persönlichen Konflikten für zynisch
halten, doch immerhin besteht auf diesem Wege noch die Chance, dass der
Konflikt konstruktiv gewendet werden kann, denn er bietet den Betroffenen zumindest
die Möglichkeit zum Lernen. Der islamistische Terror macht deutlich, was die
Alternative wäre, wenn es erlaubt ist, dass Frust und Aggression ungezügelt
Ausdruck verschafft werden kann, um persönliche Geltungsbedürfnisse zu
befriedigen. Um zu sehen, was dabei herauskommt, muss man sich die sozialen
Ordnungen anschauen, die in den Einflussgebieten der Taliban oder des
Islamischen Staates entstanden sind.<o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<o:p><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><br /></span></o:p></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<b><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><span style="font-size: large;">Welche Präventionsmöglichkeiten gibt es?</span><o:p></o:p></span></b></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Nur dadurch dass
andere Menschen zu Schaden kommen, können Exklusionsdynamiken von
Einzelpersonen zu einem politischen Problem werden. Da jedoch eine
Früherkennung und Prävention fast unmöglich ist, kann die Politik keine
effektiven Lösungen anbieten. Darüber hinaus sind alle Mittel, die möglich
sind, eine solche Tat zu verhindern bereits im Einsatz. Als erstes ist hier
Erziehung zu nennen, durch die vermittelt wird, wie man mit akzeptablen, also
gewaltlosen Mitteln Aufmerksamkeit auf sich ziehen kann. Darüber hinaus kann
man auch durch die eigenen Erfahrungen lernen, wie man sein Verhalten
attraktiver macht. Ab einem bestimmten Alter, wird dies ohnehin von jedem erwartet. Es steht heute eine unüberschaubare Anzahl an Möglichkeiten
zur Verfügung, die zeigen, dass Alternativlosigkeit lediglich ein subjektiver
Eindruck ist. Wer unter diesen Möglichkeiten nichts für sich findet, an dem man
sich mit Freude beteiligen kann, dem ist möglicherweise wirklich nicht zu
helfen. <o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Man ist versucht
dem Erziehungssystem die Aufgabe zuzuschreiben, dass es die Menschen darauf
vorbereitet ihr Leben selbständig zu führen. Dass dies allein nicht reicht, hatte
am 24. März 2015 der Amokpilot Andreas Lubitz gezeigt. Er war durchaus in der
Lage sein Leben selbständig zu führen. Trotzdem sah er sich offenbar zu mehr
berufen, ohne dass er dieses Mehr realisieren konnte. Dass er sich am Ende auf
diese Weise umbringen musste, zeigt dass er sehr wahrscheinlich auch nicht dazu
in der Lage gewesen wäre seine Ambitionen zu verwirklichen. Für diese
Enttäuschung über sich selbst mussten 149 weitere Menschen mit dem Leben
bezahlen. Insofern muss Erziehung mehr leisten als durch das schlichte <a href="https://de.wikipedia.org/wiki/N%C3%BCrnberger_Trichter">Eintrichtern</a>
von Wissen die Menschen auf das Leben vorzubereiten. Wissen muss jeden Menschen
in der Lage versetzen zu Handeln. Das gilt nicht nur für die Ausführung vorgegebener
Aufgaben, sondern auch von Problemen, deren direkte Lösung nicht beigebracht
wurde. Dazu gehört die Fähigkeit zur Abstraktion bzw. Generalisierung, um den
Bezug zu neuen, unbekannten Problemen herstellen zu können. Doch gerade die
allgemeinere Relevanz von bestimmten Lehrinhalten wird häufig nicht aufgezeigt
oder fehlt sogar völlig. Deswegen sind vermutlich viele Jugendliche heute eher
konformistisch eingestellt. Sie sind nicht mehr in der Lage im Unvertrauten das
Vertraute zu erkennen und klammern sich an das, was sie kennen und Sicherheit
verspricht. Das einfache Lernen von bestimmtem Wissen ist als ausreichende
Vorbereitung auf das Leben zu wenig. </span><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif; line-height: 150%;">Reine Wissensvermittlung greift viel zu kurz.</span><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif; line-height: 150%;"> Vielmehr muss das Lernen selbst gelernt
werden, also wie man sich selbst bestimmtes Wissen aneignet und aufbereitet, um
ein bestimmtes Problem zu lösen. Erst dadurch erlangen Menschen eine Autonomie,
die sie unabhängig von vorgegebenen Erwartungen handeln lässt. Zum Lernen des Lernens gehört unter anderem die Fähigkeit
zur kritischen Selbstreflexion – aber nicht in einem </span><i style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 150%;">destruktiven, anklagenden</i><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif; line-height: 150%;"> Sinne, sondern in einem </span><i style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 150%;">konstruktiven, bestärkenden</i><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif; line-height: 150%;"> Sinne, die
Fehler nicht als persönliches Versagen sondern als Gelegenheit zum Lernen betrachtet.
Fehler informieren zunächst immer über die eigenen unangemessenen Erwartungen.
Es gilt zu lernen diese negativen Erfahrungen auszuhalten. Nur dann kann man
ihren beschränkenden Einfluss auf das eigene Denken überwinden.</span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Unterlassung und
Enthaltsamkeit sind nur Selbstverwirklichungsmöglichkeiten durch Nichts-Tun. Es
handelt sich dabei um eine <i>Selbst-Verdrängung</i>
indem die eigenen Wünsche und Bedürfnisse ignoriert werden. Selbstreflexion
führt dann zu einem negativen, schuldbeladenen und damit destruktiven
Selbstverständnis, da man den sozial geteilten Unterlassungserwartungen nicht
genügen kann. Durch die Unmöglichkeit sich durch Enthaltsamkeit selbst zu
verwirklichen, werden die unerfüllten und verdrängten Wünsche zu ungerichteter Aggression
sublimiert, die irgendwann nach Ausdruck verlangen. Die Aggression richtet sich
dann auf alles, was der eigenen Selbstverwirklichung im Wege steht – und das
ist, wird ein solches Selbstverständnis lange genug durchgehalten, im Prinzip
die ganze Welt. Es dürfte kein Zufall sein, dass die lustfeindlichsten
Kulturen, wie die radikalen Spielarten des Islam, zugleich die blutigsten
Schreckensherrschaften errichtet haben. Im Anschluss an Sigmund Freud könnte
man sagen, der einzige Lustgewinn wird aus der Unlustvermeidung gezogen (vgl.
2007 [1930], S. 42ff.). Da in einer solchen Kultur aber schon die kleinste
Abweichung von den gemeinschaftlichen Erwartungen die anderen Mitglieder in
ihrem Selbstverständnis verletzt und somit Unlust erzeugt, kann das Töten sehr
schnell zur einzigen Selbstvergewisserung werden, die lustfeindlichen Kulturen
bleibt. Da nur Menschen Lust, Freude und Glück empfinden können, handelt es
sich bei dieser Lustfeindlichkeit daher
nicht nur um die Ablehnung eines bestimmten Gesellschaftsmodells, sondern
darüber hinaus um <i>Menschenfeindlichkeit</i>.
Diese wird in Kulturen gefördert, die die menschliche Existenz nur negativ
durch die Versagung von Genuss, Lust und Freude realisiert sehen. Unter solchen
Bedingungen kann jeder Fehler tödlich sein. Diese Voraussetzungen begünstigen
dann die Entwicklung von Schuldgefühlen und Selbsthass, weil man den Ansprüchen
der Gemeinschaft nicht gerecht wird. Weder sozial noch psychisch ist dabei eine
Entwicklung durch Lernen vorgesehen. Diese wird mit roher Gewalt unterdrückt. </span><br />
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><br /></span>
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Die
Verdrängung von Wünschen und Bedürfnissen kann daher in der modernen Gesellschaft,
die Anerkennung nur für das, was man kann, und nicht für das, was man nicht
kann, vergibt, keine Lösung mehr sein. Gerade das macht aus Menschen tickende
Zeitbomben. </span><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif; line-height: 150%;">Und doch besteht
auch in der modernen Gesellschaft die Gefahr, dass ein unbefriedigtes
Geltungsbedürfnis einen Aggressionsstau auslöst, der sich irgendwann
unkontrolliert entlädt. Die moderne Variante der Konfliktbearbeitung kann diese
Möglichkeit nicht völlig ausschließen. Sie setzt zwar auf die Transparenz der
Verfahrensregeln. Zugleich wird der persönliche Konflikt jedoch auf diesem Weg
isoliert und in die soziale Irrelevanz, getrieben, sofern der Unterlegene des
Verfahrens seine Niederlage nicht einsehen will. Dann wuchert der Konflikt
lediglich in der Psyche vor sich hin und kommt als Amoklauf plötzlich und
unerwartet zum Ausdruck. Oder er wuchert sozial in »Exklusionsräumen« (Luhmann
1997, S. 632) wie Ghettos oder Gefängnissen weiter vor sich hin und verschafft
sich schließlich nicht ganz so unerwartet im ideologisch gerechtfertigten
Terror seinen Ausdruck. Letztlich bleibt heute trotzdem nur die Möglichkeit
Konfliktlösungsverfahren zu institutionalisieren, bei denen durch die
Nachvollziehbarkeit der Regeln eine realistische Chance auf einen Erfolg
besteht, aber auch eine Niederlage erträglich ist und nicht als Gesichtsverlust
aufgefasst wird, wenn man weiß warum man dieses Mal unterlegen war.</span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Im konstruktiven
Sinne wird Selbstverwirklichung heute nur durch das Erfüllen der eigenen
Wünsche und Bedürfnisse durch persönliche <i>Kommunikationsbeteiligung</i>
realisiert. Dafür sollten Personen in der Lage sein ihre Fähigkeiten und
Handlungsmöglichkeiten sowie deren Entwicklungspotentiale genauso zu erkennen,
wie die Grenzen ihrer Fähigkeiten und Möglichkeiten. Dies gelingt allerdings
nicht durch die Zuschreibung von unveränderlichen Merkmalen – und sei es nur
die Unfähigkeit zum Lernen selbst, die als unveränderlich betrachtet wird. Nur
wer seine aktuellen Grenzen kennt, lernt mit Enttäuschungen und Misserfolg
umzugehen, ohne sich durch solche Ereignisse vollständig entmutigen zu lassen. Fehler
zu machen darf daher kein gesellschaftliches Tabu sein, nur damit jeder sein
idealisiertes Selbstbild aufrecht erhalten kann. Menschen sind
nun einmal fehlbar. Aber nur dadurch sind sie auch lernfähig. Wenn Fehler
zugelassen sind, sind psychische und soziale Konflikte damit vorprogrammiert. Konflikte
können daher ebenfalls nicht unterdrückt werden, sondern es müssen Verfahren
gefunden werden, diese Konflikte friedlich zu lösen, anstatt sie gewaltsam eskalieren
zu lassen. Das muss aber nicht heißen, dass ein Konflikt in jedem Fall zur Zufriedenheit aller Beteiligten gelöst wird. Die <i>Form der
Konfliktaustragung</i> ist also entscheidend. Konflikten aus dem Weg zu gehen
und sich Ersatzbefriedigungen zu suchen ist keine effektive Lösung, da auf
diese Weise ein Konflikt nicht gelöst wird und damit die Quelle negativer
Emotionen nicht versiegt. Vielmehr werden die negativen Emotionen durch
Ersatzbefriedigungen lediglich abgelenkt und neu ausgerichtet. Sie werden
gleichsam dissoziiert. Auf diese Weise werden Ressentiments herangezüchtet. <o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Eine wichtige Voraussetzung
für eine sozial verträgliche Konfliktlösung ist die <i>Fähigkeit zur Distanzierung von negativen Emotionen</i>. Diese
entstehen bei der Enttäuschung gehegter Erwartungen und können von den
Betroffenen unter Umständen sogar als Verletzung des eigenen Image – häufig als
narzisstische Kränkung bezeichnet – verstanden werden. Im Rahmen von Konflikten
sind solche Verletzungen sehr wahrscheinlich und es gilt zu lernen mit solchen
Verletzungen umzugehen. Dies gelingt durch das Aufzeigen anderer Möglichkeiten bzw. funktionaler Äquivalente,
die ohne eine Verletzung des Kommunikationspartners auskommen und trotzdem die eigenen Erwartungen erfüllen. Auch dabei geht
es letztlich um das Angebot einer Ersatzbefriedigung. In diesem Fall werden die
negativen Emotionen aber nicht dissoziiert, sondern auf die Quelle gelenkt –
die enttäuschten Erwartungen. Die soziale Klärung der enttäuschten Erwartungen
kann schließlich zur Auflösung der negativen Emotionen führen. An ihre Stelle
tritt das positive Gefühl ein Problem erfolgreich gelöst zu haben, ohne das
andere Personen zu Schaden gekommen sind. Insofern braucht es keine
Verliererkultur, wie des Öfteren in Feuilleton-Artikeln gefordert wird. Denn
dabei geht es zumeist nur darum sich mit den Enttäuschungen abzufinden und die damit
verbundenen negativen Gefühle als unveränderlich zu akzeptieren. Es reicht einfach mehr
Sportsgeist und einen Sinn für funktionale Äquivalente zu entwickeln. Genauso wie man im
Fußball wegen einem verlorenen Spiel noch nicht die komplette Saison aufgeben
muss, bedeutet auch im Leben ein Misserfolg noch nicht das Ende des Lebens.
Enttäuschungen lassen sich aushalten, wenn man weiß, wie man es besser machen
kann. Es wird immer wieder neue Gelegenheiten und andere Möglichkeiten geben
seine Fähigkeiten unter Beweis zu stellen, um auf diese Weise auch wieder die
Anerkennung von anderen Personen zu gewinnen.<o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Durch die
Gestaltung der öffentlichen Bildungseinrichtungen kann auch die Politik ihren Beitrag
leisten ein solches Bewusstsein zu fördern – was jedoch nicht heißt, dass diese
Aufgabe ausschließlich die Politik übernehmen muss. Das gesellschaftliche
Funktionssystem Erziehung hat sich politischen Kalkülen durch operative
Schließung entzogen, was jedoch nicht zwingend ausschließt, dass es trotzdem Versuche der politischen Einflussnahme auf die Erziehung gibt. Nichts desto trotz gilt, Erziehung ist keine exklusive Aufgabe der
Politik. Darüber hinaus macht das soziale Leben wesentlich mehr aus als Macht und Geld.
Schon Georg Simmel hatte in der Moderne die Tendenz beobachtet, dass die Mittel,
die eigentlich zum Erreichen bestimmter Zwecke dienen, selbst zu Zwecken
umgedeutet werden (vgl. 1999 [1916], S. 37ff.). Für die Mittel Macht und Geld
kann diese Tendenz kaum bestritten werden. Bis heute sind wirtschaftliche,
politische oder polit-ökonomische Selbstbeschreibungsangebote für die moderne
Gesellschaft vorherrschend, die – egal ob affirmativ oder kritisch – davon
ausgehen, dass Macht und/oder Geld die einzig relevanten Ziele im Leben wären.
Diese verkürzten Sichtweisen werden kaum den vielfältigen Aspekten des
menschlichen Zusammenlebens gerecht. Daher stellt sich die Frage, ob solche
einseitigen Gesellschaftsbeschreibungen, die immer noch davon ausgehen, dass es
ein dominantes Prinzip gibt, dass alle zwischenmenschlichen Beziehungen
bestimmt, nicht noch Produkte vormoderner Beobachtungsgewohnheiten sind? Diese
Frage bezieht sich auch auf Vorschläge, die in der Ersetzung eines dominanten
Prinzips durch ein anderes die einzige Lösung sehen. Inzwischen gehören diese polit-ökonomischen
Gesellschaftsbeschreibungen jedoch schon zum <a href="http://www.welt.de/wirtschaft/article1906992/Schulbuecher-hetzen-gegen-die-Marktwirtschaft.html">tradierten
Bildungskanon</a>. Für die gegenwärtig häufig beklagten Entfremdungserfahrungen
stellen solche verkürzten und damit auch verzerrten Sichtweisen auf die moderne
Gesellschaft eine wichtige Rahmenbedingung dar, die zur Verstärkung solcher
Entfremdungserfahrungen beiträgt. Auch bei diesen verkürzten Betrachtungsweisen
der Gesellschaft handelt es sich um Erkenntnishindernisse. Deswegen ist hier die
Gesellschaft und ihre Funktionssysteme sowie die beteiligten Menschen und ihre
Fähigkeiten zur friedlichen Konfliktlösung gefordert, um die Vielfalt des menschlichen Zusammenlebens
bewusst zu machen. Erst ein Bewusstsein für die Vielfalt zwischenmenschlicher Konflikte – dieses Bewusstsein prägt sich erst aus, wenn
man die jeweiligen Konflikte durchgemacht hat bzw. an ihnen beteiligt war –,
schärft zugleich die Wahrnehmung für exkludierende Kommunikationsmuster. <o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<o:p><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><br /></span></o:p></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<b><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><span style="font-size: large;">Sind Amok und Terror moderne Phänomene?</span><o:p></o:p></span></b></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Bisher wurden
die Phänomene Amok und Terror nur im Kontext der modernen Gesellschaft bzw. der
Gegenwart betrachtet. Im Zuge dessen habe ich beide als Abwehrreaktionen und
Protestformen gegen moderne Inklusionsmodi beschrieben. Man könnte sie daher
durchaus als moderne Phänomene begreifen, denn ohne die Moderne würde es diese
Protestformen gegen sie auch nicht geben. In einer rein
theoretisch-systematischen Sichtweise kann man das so sehen. Aus einer
historischen Perspektive lässt sich diese Auffassung jedoch nicht halten. So
führt der etymologische Ursprung des Wortes »Amok« zu den Stammesvölkern der
Südsee zurück, die damit bereits die gewalttätige Reaktion eines
Stammesmitglieds auf einen Gesichtsverlust bezeichneten, bei dem der Täter sich
am Ende zumeist selbst tötete. In der hier eröffneten theoretischen Perspektive
erscheinen die heutigen Amokläufe ebenfalls als Reaktion auf einen
Gesichtsverlust. Insofern ist die Bezeichnung »Amok« durchaus passend und macht
zugleich auf die historische Kontinuität dieses Phänomens trotz variabler sozialer
Umstände aufmerksam. Speziell die fehlende sozio-kulturelle Verbindung zwischen
den Stammesgesellschaften der Südsee und der modernen Gesellschaft lässt
vermuten, dass es bestimmte konstante psychologische Entwicklungsmuster gibt,
die durch dieselben sozialen Entwicklungen angeregt werden, auch wenn diese
unterschiedliche historische Formen annehmen. <o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Terror, die
willkürliche Anwendung von Gewalt, um den eigenen sozialen Status zu festigen,
ist aus historischer Perspektive ebenso wenig ein neues Phänomen – auch wenn
diese Methode nicht immer als Terror bezeichnet wurde. Früher griffen jedoch
weniger einzelne Personen oder exkludierte Gruppen auf Terror zurück, sondern
die etablierten Herrscher. Öffentlichkeitswirksame Massenhinrichtungen sind
spätestens seit dem Römischen Reich als Abschreckungs- und
Einschüchterungsmethode bekannt. Die Französische Revolution stellt insofern
eine Zäsur dar als nun die vormals Unterdrückten zu denselben Methoden griffen. Mit
Hilfe moderner Technologien wurden diese Methoden effektiviert. Dieses Muster
setzte sich mit den großen Ideologien wie Faschismus und Kommunismus fort. Ihre
Führer waren jedoch bemüht diese Herrschaftstechniken unter Ausschluss der
Öffentlichkeit zu perfektionieren. Sie waren sich vermutlich des Widerspruchs
bewusst, dass die guten Absichten, die sie zumindest aus dem Selbstverständnis
heraus verfolgten, nicht so überzeugend waren, dass alle Menschen sich
freiwillig diesen Bewegungen anschlossen. Denn wenn sie es gewesen wären, hätte
man niemanden mit einer Gewaltandrohung zur Gefolgschaft bewegen müssen. Durch
diesen Widerspruch konnten selbst die faschistischen und kommunistischen
Herrscher nicht ignorieren, dass Gewaltanwendung ein Zeichen von Schwäche und Machtlosigkeit
ist und damit im Widerspruch zur öffentlich verbreiteten Selbstdarstellung steht. Auf denselben performativen Widerspruch wird heute bei der Diskussion über den Zusammenhang von Islam und dem islamistischen Terror hingewiesen. Deswegen delegitimierte sich Gewaltanwendung selbst unter Regimen, die
diese Herrschaftstechniken trotzdem nutzten, und mussten sie daher der öffentlichen
Wahrnehmung der eigenen Anhänger entziehen. </span><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif; line-height: 150%;">Dem gegenüber prahlten entsprechende Terrororganisationen, die dieselben Ideen in westlichen Demokratien vertraten, mit ihren Taten in der Öffentlichkeit. Offenbar ist es unter modernen Kommunikationsbedingungen leichter zu seiner Machtlosigkeit zu stehen, wenn man nicht zu den Herrschenden gehört. </span><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif; line-height: 150%;">Terror als
Herrschaftstechnik hat also eine lange Tradition. Gleichwohl hat sie sich selbst delegitmiert, eben weil sie nur die Machtlosigkeit der Herrscher vorführt. </span><br />
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif; line-height: 150%;"><br /></span>
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif; line-height: 150%;">Was sich in der Moderne
geändert hat, ist die Selbstbeschreibung einer der beteiligten Parteien. Unter
vormodernen Bedingungen standen sich mindestens zwei Parteien gegenüber, die
sich beide über unveränderliche Merkmale definierten. Moderne Beschreibungen
erkennen dagegen die Veränderlichkeit der Menschen und damit auch die
Veränderlichkeit sozialer Strukturen als unveränderliche Prämisse an. Zu den
alten Gegnern, die sich über unveränderliche Merkmale definieren, ist also ein
neuer Gegner hinzu getreten, der sich über Veränderlichkeit als einzigem
unveränderlichen Merkmal definiert. Dadurch ist eine neue Konfliktlinie
entstanden, hinter der die alten Konflikte zurücktreten, aber längst nicht beigelegt
sind. So wird heute gerne übersehen, dass rechte und linke Ideologien, die sich
eigentlich gegenseitig als Gegner betrachten, in ihrer modernisierungskritischen
Haltung sehr ähnlich sind. Die Moderne als neuer Gegner eröffnet ungeahnte
Koalitionsmöglichkeiten, die erst wieder zerbrechen, wenn der gemeinsame Gegner
besiegt wurde. Der Konflikt zwischen beiden dreht sich dann nur noch um die
Lösungen für das Exklusionsproblem, aber nicht um das Ziel – Inklusion durch
unveränderliche Wesensmerkmale. Obwohl man es dabei mit Residuen vormoderner Semantiken
zu tun hat, gibt es immer noch genug Menschen, die solche alten Feindschaften
für attraktiv genug halten, um sich in den entsprechenden Konflikten
aufzureiben, ohne die formale Gleichheit im jeweils präferierten
Gesellschaftsmodell zu erkennen. Für sie zählt nur das unveränderliche Merkmal.
Das beste Beispiel dafür ist der rechts-links-Gegensatz, der sich letztlich nur
um die Entscheidung dreht, welches unterveränderliche Merkmal zur Basis der
Gemeinschaft wird – Rasse oder Klasse (vgl. Plessner 2002 [1924], S. 42ff.).
Sie bestimmen die präferierten Lösungen zur Inklusion.</span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Weder Amok noch
Terror können also als moderne Phänomene betrachtet werden. Das liegt
vermutlich daran, dass es soziale Exklusion und die Angst vor sozialer Exklusion
gibt seit sich Menschen zu Gruppen zusammenschließen. Diese Angst spiegelt sich in wiederkehrenden gewalttätigen Verhaltensmustern wieder. Gemeinschaftsangebote
bieten Lösungen des Inklusionsproblems an, ohne die falschen Erwartungen zu korrigieren. Sie werden stattdessen sozialisiert und verstärkt. Dadurch wird es möglich, dass sich
persönliche und egozentrische Schemata zur Beobachtung zwischenmenschlicher
Beziehungen zu einer Gemeinschaftsperspektive entwickeln. Doch auch die Bildung
von Gemeinschaften ist nur eine Möglichkeit mit dem Problem der ständig
drohenden Exklusion umzugehen. Gemeinschaftszugehörigkeit löst dieses Problem
nur scheinbar dauerhaft. Spätestens wenn es zu unüberwindlichen Differenzen
zwischen den Mitgliedern untereinander kommt, kann sich die Gemeinschaft nur
noch gewaltsam zusammenhalten. In diesem Moment zeigt sich das eigentlich <i>verbindende Element einer Gemeinschaft</i>,
nämlich das <i>Ressentiment gegen
abweichende Lebensstile</i>, das sich nun auch nach innen richtet. Verstöße
gegen gemeinschaftliche Erwartungen sind zugleich persönliche Beleidigungen
ihrer Mitglieder. Entsprechend intensiv ist der Widerstand gegen solche
Enttäuschungen. Somit sind auch die Inklusionsmodi solcher Gemeinschaften <i>exklusiv</i>. Dieser Aspekt zeigt sich erst
bei inneren Konflikten.<o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<o:p><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><br /></span></o:p></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<b><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><span style="font-size: large;">Symbolische Gewalt</span><o:p></o:p></span></b></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Bisher lag der
Fokus auf physischer Gewalt als Lösung für die ständige Exklusionsgefahr. Gleichwohl
sind Amok und Terror nicht die einzigen Lösungen für Anschlussprobleme. Eine
weitere Lösungsmöglichkeit besteht in dem, was als symbolische Gewalt
bezeichnet wird. Nicht jede Protestbewegung, die ihre Identität auf einer
Position oder auf dem Gefühl der Unterlegenheit gründet, greift zum Mittel der
physischen Gewalt. Symbolische Gewalt hat nicht die physische Schädigung oder
Vernichtung des Gegners zum Ziel, sondern nur die soziale Schädigung einer
Person oder Gruppe mit dem Ziel ihrer Exklusion. Dies gelingt über abwertende,
beleidigende oder diffamierende Kommunikationsformen, welche deswegen hier als symbolische
Gewalt bezeichnet werden soll. Es handelt sich, mit anderen Worten, um <i>Angriffe auf das Image einer Person oder
einer Gruppe</i>. Auch hier kommt wieder der Psychoterror zum Tragen. Wenn es
egal ist, was man tut, man z. B. immer als »Ausländer« oder auch als »Rassist«
beschimpft wird, dann wird das Verhalten der Beschimpften in Bezug auf die
Personen, die diese Zuschreibungen vornehmen, ebenfalls sinnlos. Man kann
machen, was man will, man bleibt ein Ausländer oder ein Rassist. Die
Betroffenen werden lediglich in eine Ecke gestellt und lässt sie aus dieser
Ecke, egal wie sie sich verhalten, nicht mehr heraus. Die Betroffenen werden gleichsam
zu Objekten gemacht. </span><br />
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><br /></span>
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Viele Protestbewegungen, die sich für moralisch gute
Anliegen einsetzen, wie gegen Diskriminierung oder Unterdrückung vorzugehen,
haben nicht verstanden, dass sie durch ihre Form des Protests genau die
problematischen Exklusionsmuster reproduzieren, die sie an anderen
kritisieren. Die Kritisierten wird dies nicht zu einer Änderung ihrer Einstellung oder ihres Verhaltens veranlassen. Denn was die Kritiker vorführen ist die Kontingenz bzw. Austauschbarkeit der Inhalte und die scheinbare Notwendigkeit der Form diese mitzuteilen. Die Form der Kritik liefert den Kritisierten daher das beste Argument sich nicht zu ändern, denn die Änderung könnte dann ja nur darin bestehen, den Kritikern Recht zu geben und ihre Position zu übernehmen. Diese Option kommt aber nicht in Betracht, wenn man das genaue Gegenteil vertritt. Mit der diskriminierenden Form ihrer Kritik liefern sich die Gegner also wechselseitig die Gründe auf der eigenen Position zu beharren. Alles andere müssten sie als Gesichtsverlust, wenn nicht sogar als Verrat an sich selbst betrachten, denn egal wer als Sieger aus der Auseinandersetzung hervorgehen würde, es sähe so aus als hätte er den Willen des Verlierers gebrochen. Auf denselben Sachverhalt ist diese Untersuchung bereits bei Auseinandersetzungen mit physischer Gewalt gestoßen.<o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Es stellt sich
die Frage, warum nicht jede Protestbewegung bereit ist, bis zum Äußersten, dem
Einsatz von Gewalt, zu gehen? Hier kommt wieder der bereits angesprochene
Widerspruch zum Tragen, dass eine gute Sache zumindest theoretisch alle
Menschen überzeugen sollte, es aber offensichtlich nicht tut. Neben Gewalt als
Motivationsanreiz gibt es noch die Möglichkeit die gewaltlosen Überzeugungsversuche
zu intensivieren, in dem die gute Absicht umso stärker hervorgehoben wird. Je
weniger Menschen sich aber trotzdem überzeugen lassen, desto größer ist dann
wiederum die Versuchung zu gewaltsamen Mitteln zu greifen, um die
Menschen gleichsam zu ihrem Glück zu zwingen. Vor dem Einsatz physischer Gewalt
kommt zunächst symbolische Gewalt zum Einsatz. Die gute Absicht als
Legitimationsstrategie stellt dabei eine besonders hinterhältige Falle dar.
Denn wer wagt es schon gegen eine gute Absicht zu sein. Wer es trotzdem wagt,
lässt sich dann umso besser öffentlich als moralisch verwerflich darstellen. An
diesem Punkt setzt dann die symbolische Gewalt ein und generalisiert sofort von
einer Handlung auf die ganze Person.<o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Ein Beispiel für
diese Vorgehensweise ist die moralisch aufgeladene <i>Semantik der Menschlichkeit</i>. Von allen trennenden Merkmalen, wie
biologische, geographische oder standesmäßige Herkunft gereinigt, wird das <i>Mensch-Sein</i> selbst zu einem
unveränderlichen gemeinschaftsstiftenden Merkmal. Die ganze Menschheit lässt
sich auf diese Weise als eine Gemeinschaft – wenn man so will als eine
Weltgemeinschaft – imaginieren. Das zugrunde liegende Menschenbild sieht jedoch
vom tatsächlichen Verhalten der Menschen ab und findet das gemeinsame Merkmal in
der reinen physischen Existenz, also in ihrer <i>Körperlichkeit</i>. Doch gerade ein solches Menschbild macht die
Menschen blind für das was sie zu Personen macht, nämlich ihr Erleben und
Handeln. Es konstruiert die Menschen nicht als lebendige Wesen, sondern als <i>passive Objekte </i>oder als<i> triebgesteuerte Maschinen</i>, denen schon aus ihrer
puren physischen Existenz bestimmte Anrechte zustehen würden. Das daran
anschließende Verständnis der Menschenrechte, versteht Rechte nicht mehr als
etwas, was Handlungsfreiheiten definiert, die man selbst aktiv ausfüllen muss,
sondern als etwas, was einem zustehen würde, wofür man gerade nichts weiter tun
muss. Weil die Rede von »dem Menschen« sich nur auf den kleinsten gemeinsamen
Nenner aller Menschen bezieht, liegt darin zugleich das größte Konfliktpotential. Denn sobald
es über die physische Unversehrtheit hinausgeht, ist völlig unklar, was dies
für das Zusammenleben der Menschen eigentlich bedeutet. <o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Zwei Variablen
verdienen bei der Evolution der Menschlichkeitssemantik besondere Beachtung.
Das ist zum einen wie die <i>Beziehung der
einzelnen Menschen zur Bezugsgruppe</i> bestimmt wird und zum anderen die <i>Einstellung zu gesellschaftlichen
Veränderungen</i>. Hinsichtlich der Beziehung der einzelnen Menschen zur
Bezugsgruppe lässt sich eine ideengeschichtliche Kontinuität bis in die Antike
zurückverfolgen. Der sogenannte <i>Eudaimonismus</i>
(vgl. Gehlen 2004 [1969]) begriff die Menschen nur in seiner Stellung zu einer
Gemeinschaft, also nur als <i>Mitglieder</i>
und nicht als <i>Personen</i>. Da die
Gemeinschaft nur in ihrem <i>Zustand</i> und
nicht in ihrer <i>Entwicklung</i> gesehen
wurde, konnten auch die Menschen nur in Bezug auf ihre Funktion zur Erhaltung
dieses Zustands, der universelle Glücksseligkeit versprach, verstanden werden,
d. h. als unveränderlich in Bezug auf diese Gemeinschaft. Veränderungen waren
nur in so weit denkbar, wenn es darum geht den Mitgliedsanforderungen zu
entsprechen. Eng damit zusammen hängt ein <i>Kulturpessimismus</i>,
der jegliche Art der gesellschaftlichen Veränderung nur als Verfall einer
vormals besseren, idealen Ordnung betrachten kann. Häufig wird darüber hinaus
die als ideal imaginierte Vergangenheit im Angesicht einer unerträglichen
Gegenwart gleichsam als eine Art Utopia in die Zukunft projiziert <a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2015/08/uber-amok-und-terror.html#fn010" id="anker010">[10]</a>. Dies
macht verständlich wieso sich konservative und reaktionäre Bewegungen linker
und rechter Couleur trotzdem als fortschrittlich betrachten konnten. Bei den
islamistischen Bewegungen taucht dieses Muster ebenfalls wieder auf. Ihr
Zukunftsprojekt besteht ebenfalls darin eine als ideal gedachte und
verlorengegangene Ordnung wiederherzustellen. <o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Die
Unveränderlichkeit der Menschen leitet sich aus der Unveränderlichkeit der als
ideal gedachten sozialen Ordnung ab. Das Menschenbild und die ablehnende
Einstellung zu gesellschaftlichen Veränderungen macht es schließlich möglich
dass Bewegungen, die sich aus solchen Ideen speisen, sich als Opfer externer
Mächte stilisieren können. Neben der <i>Idee
des Verfalls</i> der idealen Ordnung, der aufgehalten werden muss, wird die <i>Idee der Fremdbestimmung</i> hinsichtlich
der Beziehung zur Umwelt zu einem dominanten Thema, egal ob in Bezug auf die
Gemeinschaft oder ihrer Mitglieder. Dieser Eindruck der Fremdbestimmung lässt sich
durch das Beharren auf der eigenen Unveränderlichkeit nachvollziehen, denn dann
wird man durch die Prozesse der Umwelt unter Veränderungsdruck gesetzt. Zusammengenommen
entsteht daraus eine <i>regressive Narration</i>
bzw. Selbstbeschreibung (vgl. De Shazer 2009 [1991], S. 110f.), die wenn sie
handlungsleitend wird, zu einer selbsterfüllenden Prophezeiung wird.<o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Ein weiteres Beispiel
für Protest durch symbolische Gewalt ist <i>die
postmoderne Bewegung</i>, die Gemeinschaftlichkeit durch das Verzweifeln an
moderner Komplexität herstellt. Das autoaggressive Moment zeigt sich bei ihr in
der Tendenz sich verrückt zu machen. Der Mensch wird nur noch als Opfer von
anonymen und unerreichbaren Kräften in der Welt gesehen, denen er hilflos
ausgeliefert ist. Gegen diese Kräfte kann man sich nicht wehren – was auch
heißt, man kann sie nicht verändern –, sondern man kann sich ihnen nur verweigern.
Auch hierbei handelt es sich um eine regressive Narration. Dies wird u. a.
durch pseudo-wissenschaftliche Thesen, wie der Zerstörung des Wissens, oder
universell anwendbare politische Theorien gestützt <a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2015/08/uber-amok-und-terror.html#fn011" id="anker011">[11]</a>. Verrückt machen dann aber
nicht die realen Zustände, sondern zunächst einmal nur die Vorstellung bzw. der
Glaube, dass die realen Zustände verrückt machen würden.
Pseudo-wissenschaftlich sind diese Legitimationsstrategien – auch wenn sie sich
auf wissenschaftliche Theorien berufen –, weil sie bestimmte, durchaus
realistische Möglichkeiten zu zwangläufig eintretenden Schicksalen umdeuten. Potentiell
mögliche Ereignisse werden dann als gleichsam zwangsläufig eintretende
Ereignisse wahrgenommen. Durch diese selektive Rezeption der Ergebnisse
wissenschaftlicher Forschung können dann entweder Erlösungs- oder
Untergangsszenarien entworfen werden. Die verrückte Wendung der Postmoderne
besteht darin, dass sie im Untergang die Erlösung sieht. In jedem Fall wird die
Offenheit und Ungewissheit der Zukunft durch ein mechanistisches Deutungsschema
zur beunruhigenden Gewissheit <a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2015/08/uber-amok-und-terror.html#fn012" id="anker012">[12]</a>. <o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Die postmoderne
Bewegung ist letztlich nur das Opfer ihrer eigenen zu einfach gestrickten
Deutungsschemata. Das liegt auch daran, dass es sich bei der postmodernen
Bewegung um eine Art <i>Laiendiskurs</i>
handelt. Mit unterkomplexen Deutungsschemata wird versucht zu komplexe
Sachverhalte zu verstehen. Letztlich wird versucht moderne Probleme mit
vormodernen Mitteln zu verstehen. Die häufig beklagte Überforderung ist
letztlich nur ein Ergebnis dieses Komplexitätsgefälles an dem sich der
Unterschied zwischen Laien und Experten auskatalysiert. Exemplarisch sei dafür
auf die postmoderne Rezeption der modernen Epistemologie verwiesen. Relativität
wurde als Relativismus missverstanden. Da der postmoderne Relativismus keinen
Halt mehr in sich selbst finden kann, weil er sich aller Entscheidungskriterien
entledigt hat, wird Subjektivität bzw. Egozentrismus zum letzten epistemologischen
Haltepunkt, der ironischerweise zugleich als gemeinschaftsbegründendes Moment
dient. Auch die Diskussion über soziale Hybridität ist im Fahrwasser postmoderner Epistemologie entstanden. Aus dieser egozentrischen Epistemologie wird verständlich, wieso postmoderne Diskurse sehr emotional und
persönlich geführt werden. Unwissenheit macht gleichgültig und aggressiv. Argumente werden durch
persönliche Befindlichkeiten und Geschmack als Anschlussattraktoren ersetzt,
die sich nicht mit Argumenten rechtfertigen lassen. Sicherheit und Zugehörigkeit
lassen sich dann nur noch über den Ausdruck gefühligen Wohlwollens herstellen.
Kulturgeschichtlich muss man dies wohl schon als eine regressive Entwicklung
betrachten <a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2015/08/uber-amok-und-terror.html#fn013" id="anker013">[13]</a>. <o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Kognitiv und
emotional gegen jegliche Irritationen immunisiert, lassen sich dann mit den
vermeintlichen Gegnern umso besser etwas spielen, was Mara Selvini Palazzoli et
al. als <i>psychotische Spiele</i>
bezeichnen (vgl. 1992 [1988]). Amok und Terror sind aus dieser Perspektive
Spielzüge im Kampf um Beachtung und Anerkennung. Nicht nur Krieg ist die
Fortsetzung der Politik mit anderen, gewaltsamen Mitteln. Dies gilt ebenso für
psychotische Spiele, sobald sie außerhalb der Familie fortgesetzt werden. Auch sie sind die Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln </span><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">–</span><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"> in Friedenszeiten. Das
Mittel ist in diesem Fall symbolische Gewalt. Die postmoderne
Selbstpathologisierung wird als Vorwand benutzt, um eine moralische Anklage
gegen diejenigen Personen vorzubringen, die es geschafft haben ihre Probleme
selbst zu lösen. Aus der eigenen Lernunwilligkeit wird der Vorwurf abgeleitet,
dass die vorhandenen Hilfsangebote nicht funktionieren und sie daher nur eine
Herrschaftstechnik sein können, um die Menschen zu unterdrücken und
auszubeuten. Die wahrgenommene Sinnlosigkeit der Hilfsangebote rechtfertigt
dann jede noch so infantile Provokation und Beleidigung. <o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Die Tragik
solcher Spielzüge besteht darin, dass man sie zwar nicht ignorieren kann, man
kann sie aber als akzeptable Spielzüge ebenso wenig akzeptieren. Auch wenn es so
gut wie unmöglich ist, so etwas vorsätzlich zu planen, sieht es doch so aus,
als würde damit versucht durch den Verzicht auf physische Gewalt, wenn man so
sagen darf, unterhalb des staatlichen Radars zu fliegen. Stattdessen werden die
zwischenmenschlichen Beziehungen vergiftet, indem man alles, auch jede noch so
bedeutungslose persönliche Lebensentscheidung, als politische begreift. Das bedeutet die
Freund-Feind-Unterscheidung wird auf jede zwischenmenschliche Beziehung
angewendet und wer anderer Ansicht ist, wird automatisch zum Feind – wenn auch
eher gefühlt als bewusst zugeschrieben. Abwehr und Protest werden durch das so
geschaffene wechselseitige Misstrauen zu einer Art automatischem Reflex. Als
Kommunikationsereignis wird damit aber nur die Verweigerung zur
Kommunikationsbeteiligung mitgeteilt. Man könnte auch sagen, es handelt sich um
<i>Kommunikationsverweigerungskommunikation</i>.
Darin liegt dann wieder die soziale Funktion aller Protestformen gegen moderne
Inklusionsmodi, egal ob Amok, Terror oder die diversen Formen symbolischer
Gewalt. Die Protestformen, die nicht auf physische Gewalt setzen, sind nur
wesentlich schwerer als mitgeteilte Verweigerung, was zugleich die Ablehnung
des Kommunikationspartners impliziert, zu erkennen, weil sie zugleich eine Form
der Kommunikationsbeteiligung sind. <o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<o:p><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><br /></span></o:p></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<b><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><span style="font-size: large;">Sind psychische Störungen eine mögliche
Erklärung?</span><o:p></o:p></span></b></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Wenn ich Amok
und Terror als psychotische Spiele beschreibe, könnte der Eindruck entstehen,
dass es darum geht Amokläufer und Terroristen lediglich als psychisch gestört
zu beschreiben. Durch die sozialpsychologische Argumentation wird eine solche
Lesart durchaus nahegelegt. Vergleicht man Gemeinschaftsbeschreibungen, die auf
einem unveränderlichen Merkmal gründen, dann ähneln diese in ihrer Struktur –
oder besser in ihrer Konstruktionsweise, also der Verknüpfung bestimmter Vorstellungen und Erwartungen – psychotischen Wahrnehmungen. Rekonstruiert
man den aus der Gemeinschaftsbeschreibung abgeleiteten Mitgliedsstatus der beteiligten
Personen, dann handelt es sich aufgrund des dominanten, unveränderlichen
Merkmals um eine <i>Petrifikation </i>bzw.<i> Depersonalisierung (</i>vgl. Laing 1976
[1960], S. 39f.). Das unveränderliche Merkmal beschränkt die Mitglieder zwar
nicht vollständig in ihrer Handlungsautonomie. Diese stößt aber an Grenzen
sobald Mitglieder als Personen beobachtbar werden. Personen unterscheiden sich
von Mitgliedern und stellen auf diese Weise die Gemeinschaft und alle ihre
Mitglieder infrage. Innerhalb der Gemeinschaft und sogar zwischen
Gemeinschaften, die sich über unveränderliche Merkmale definieren, wird diese
Konsequenz wahrscheinlich nicht weiter auffallen, denn sie kennen nur
Mitglieder. Insofern werden auch die daran anschließenden Exklusionsversuche
nicht als problematisch betrachtet. Verändern sich jedoch die
Umweltbedingungen, z. B. dadurch, dass Veränderlichkeit selbst zum dominanten
Attribut der gesellschaftlichen Selbstbeschreibung wird, muss eine Person, die
ihr Handeln an einem unveränderlichen Merkmal orientiert, als Abweichung
auffallen. Das Problem dabei ist weniger das unveränderliche Merkmal, sondern
das Handeln, das dadurch motiviert wird – speziell wenn es zu physischer und
symbolischer Gewalt gegen andere Personen führt. Nicht die psychische Störung
ist das soziale Problem, sondern das daraus folgende gewalttätige Verhalten. Nicht
jede psychische Störung, sofern man darunter eine verzerrte Wahrnehmung
versteht, führt zwangsläufig zu gewalttätigem Verhalten. Insofern könnte man
zwar sagen, dass Amokläufer und Terroristen psychisch gestört sind. Als
Erklärung reicht das aber nicht aus, da es noch nicht das gewalttätige
Verhalten erklärt. Auch das unveränderliche Attribut in der Selbstbeschreibung
liefert nur den Ansatzpunkt der Analyse, aber noch keine hinreichende Erklärung.
Darüber hinaus muss geklärt werden, wie dieses unveränderliche Merkmal die wahrgenommenen
Handlungsoptionen einschränkt und welche dadurch noch übrig bleiben. Dies gilt
für die Analyse der Selbstbeschreibungen von Personen, Organisationen und
Gesellschaften gleichermaßen. <o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Bei dem <a href="https://en.wikipedia.org/wiki/Charleston_church_shooting">Massenmord in
Charleston am 17.06.2015</a> wurde das Erklärungsmuster psychische Störung herangezogen
und erregte sofort <a href="http://blogs.reuters.com/great-debate/2015/06/25/theres-no-such-thing-as-a-lone-wolf-in-cyberspace/">Einspruch</a>,
da der Täter Dylann Roof sich auf rassistische Motive berief. Besonders dieser
Fall veranschaulicht, wie genau man heute hinschauen muss, um beurteilen zu
können, ob es sich bei dieser Tat um einen Terrorakt oder einen Amoklauf
handelt. Aufgrund der Tatsache, dass der Täter sich nicht selbst umgebracht hat
und freimütig Rassismus als Motiv angibt, scheint es sich relativ klar um einen
Terrorakt zu handeln. Gleichwohl ergeben sich schon aus den spärlichen
Informationen zu dem Täter Zweifel, ob diese Deutung angemessen ist. Sicherlich
sind rassistische Vorurteile weit verbreitet. Nach derzeitigem Kenntnisstand
war der Täter jedoch kein Mitglied einer rassistischen Vereinigung. Er
unterfütterte seine Vorurteile lediglich durch Informationen, die er aus dem
Internet bezog. Er hatte jedoch keine Bezugsgruppe, in der diese Vorurteile
irgendeine Handlungsrelevanz gehabt hätten, um die Anerkennung von anderen
Personen zu gewinnen. Vielmehr war er sozial sehr stark isoliert.
Berücksichtigt man diesen Sachverhalt, müsste man seine rassistische
Einstellung als illusionär oder psychotisch betrachten. Sie diente lediglich
dazu, sich selbst das eigene Versagen zu erklären, in dem anderen Personen
dafür die Schuld gegeben wird. Für sein alltägliches Verhalten, im Sinne von
aggressivem oder gewalttätigem Verhalten, hatte sie aber zunächst keine
Relevanz. Dann wäre Dylann Roof mit seiner Tat als Vertreter einer Gruppe in
Erscheinung getreten, die es faktisch nicht gibt. Eine rassistische Einstellung
allein begründet aber noch nicht die Zugehörigkeit zu irgendeiner Gruppe.
Daher könnte man wohl in diesem Fall mit einiger Berechtigung von
privatistischem Terror sprechen. Darüber hinaus ergibt sich jedoch der
Verdacht, dass es sich bei der Tat um den verzweifelten Versuch handelte
endlich die ersehnte Anerkennung von den Personen oder Gruppen zu gewinnen, in
deren Sinne er glaubte zu handeln. Obgleich es sich bei der Tat offensichtlich
nicht um einen Amoklauf gehandelt hat, ergeben sich nach dieser Überlegung
Zweifel, ob man diese Tat dann noch als Terroranschlag betrachten kann. Auch
wenn sich der Täter auf ein sozial weit verbreitetes Deutungsmuster beruft,
muss dieses Muster bei Berücksichtigung der konkreten Situation des Täters als
hoch illusionär betrachtet werden. Dann hätte eine psychische Störung als Teil
der Erklärung für die Tat doch wieder ihre Berechtigung. Die Unterscheidung von
Amok und Terror wird allerdings gesprengt, denn die Tat war streng genommen keines
von beidem. <o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Der Fall Dylann
Roof stellt die Unterscheidung von Amok und Terror jedoch nicht infrage, sondern
macht nur auf die Grenzen dieser Unterscheidung aufmerksam. Denn die Annahme,
von der aus versucht wurde Amok und Terror zu verstehen, wurde auch durch
diesen Fall bestätigt. Es ging nicht primär um den Ausdruck von rassistischen
Vorurteilen, sondern um die Anschlussfähigkeit der Person. Im Fall von Dylann
Roof ging es aber nicht darum sein Gesicht zu wahren und es ging nur
augenscheinlich um die Mitteilung einer politischen Forderung. Möglicherweise
ging es nur darum mit dieser Tat die Aufmerksamkeit und Anerkennung von
bestimmten Personen zu erlangen – Personen, die für Roof offenbar eine
plausible Erklärung für seine Situation anboten, zu denen er aber bisher keinen
persönlichen Kontakt hatte. Vereinfacht aus gedrückt, er hat versucht auf diese
Weise Aufmerksamkeit zu erregen, um Anschluss zu finden.<o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Die funktionale
Differenzierung der modernen Gesellschaft vermehrt die Inklusionsmöglichkeiten
und wirkt auf diese Weise der Versuchung entgegen, seine Interessen mit Gewalt
durchzusetzen. Je mehr gewaltlose Inklusionsmöglichkeiten es gibt, desto
schwerer wird es Gewalt zu legitimieren. Und desto leichter wird der Einsatz
von Gewalt als persönliche Entscheidung beobachtbar. Dies ändert sich auch
nicht, wenn die persönlichen Motive sozial anschlussfähig werden und sich zu
Gemeinschaftsmotiven verstärken. Insofern ist es müßig darüber zu diskutieren,
ob die Ursache für die Tat von Dylann Roof Rassismus oder eine psychische
Störung war. Der Unterschied zwischen einer menschenverachtenden Ideologie und einer Psychose liegt womöglich nur in der Anzahl der Personen, die sie teilen. </span><br />
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><br /></span>
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Der Schlüssel zum Verständnis dessen, was vorgefallen ist, liegt
in dem Problem persönlicher Anschlussfähigkeit. Davon ausgehend ist zu klären,
wie die Unveränderlichkeit eines Attributs und dessen dominante Rolle das
Erleben und Handeln des Täters beeinflusst. Egal ob sich eine solche
Selbstbeschreibung auf Personen oder Gruppen bezieht, es handelt sich in jedem
Fall um eine <i>Selbst-Petrifikation</i>. Je
nachdem mit welcher Radikalität auf der Unveränderbarkeit bestanden wird, kann
es tödliche Konsequenzen für andere Personen haben, für die diese
Selbstbeschreibung nicht bindend ist. Durch jegliche Gewalt wird letztlich
versucht die Autonomie der Opfer zu negieren und sie dadurch vollständig zu
verdinglichen. Gewalt als Versuch die Opfer zu petrifizieren, ist nur die Folge
dieser Selbstpetrifikation durch ein unveränderliches Merkmal. <o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<o:p><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><br /></span></o:p></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<b><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><span style="font-size: large;">Zusammenfassung</span><o:p></o:p></span></b></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Ich habe mich in
diesem Beitrag nur mit den zwei aufsehenerregendsten Lösungen für das Exklusionsrisiko beschäftigt, die sich durch ihren öffentlichkeitswirksamen
Einsatz von Gewalt auszeichnen. Durch die Berücksichtigung der persönlichen
Beteiligungsgeschichte, die aber primär als Exklusions- bzw. Integrationsgeschichte
erzählt werden kann, wenn man davon ausgeht, dass Exklusionen stärker
integrieren als Inklusionen (vgl. Luhmann 1997, S. 631f.), werden auch die
fließenden Übergänge berücksichtigt ohne jedoch die politische Dimension dieser
Phänomene zu verkennen. Auf diese Weise lässt sich die Unterscheidung sowohl
soziologisch als auch politisch fruchtbar machen. Die Konzentration auf Amok
und Terror ermöglichte es die allgemeinen Muster in den korrespondierenden
sozialen und psychischen Entwicklungen zu beschreiben, die jedoch im Einzelfall
immer noch sehr unterschiedliche Formen annehmen können. Es hat sich gezeigt,
dass die Unterscheidung von Amok und Terror nur sinnvoll getroffen werden kann,
wenn man die Vorgeschichte der Täter berücksichtigt. Durch die Unterscheidung verschiedener
Formen von Gewalteinsatz wird darüber hinaus ein fließendes Kontinuum eröffnet.
Es wurde nicht nur eine Theorie über Amok und Terror vorgestellt, sondern eine
allgemeine Theorie der Gewalt. Zudem gilt es zu berücksichtigen, dass die
Anwendung von physischer Gewalt nur der extremste Versuch ist, das Problem
persönlicher Anschlussfähigkeit zu lösen. Bewegt man sich auf die Mitte dieses
Kontinuums zu, so kommen auch die Formen symbolischer Gewalt in den Blick, wenn
man darunter abwertende Verhaltensweisen, wie persönliche Schuldzuweisungen
oder Beleidigungen, versteht. Die Ablehnung anderer Personen dient der
Aufwertung des Selbst. Ich habe dabei vor allem die gewaltlosen Formen diverser
radikaler Protestbewegungen, egal welcher politischen Richtung, im Blick. Doch
auch diverse Phänomene, bei denen nicht die Politik der Adressat ist, kommen
dabei in den Blick, wie Stalking, Mobbing oder Trollen <a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2015/08/uber-amok-und-terror.html#fn014" id="anker014">[14]</a>. <o:p></o:p></span><br />
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><br /></span>
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Streng systemtheoretisch betrachtet, handelt es sich bei Amok und Terror um Ereignisse im symbolisch generalisierten Kommunikationsmedium Macht. Jedes Ereignis in diesem Kommunikationsmedium reproduziert die Differenz von machtüberlegen und machtunterlegen. Da Amok und Terror das Drohpotential fehlt, reproduzieren sie Formen der Machtunterlegenheit und schließen damit auf der Außenseite der Politik an. Sie informieren nur über die Machtlosigkeit der Täter. Weil die Politik diesen Ereignissen ebenso machtlos gegenübersteht, bleiben sie irrelevant, eine politische Anomalie. Es sind Meldungen aus Exklusionsräumen, in denen Menschen nur noch unter dem Gesichtspunkt der Körperlichkeit relevant werden - im Falle von Gewalt unter dem Gesichtspunkt der physischen Vernichtung. Bei Amok und Terror handelt es sich daher nicht um soziale Systeme, denn sie reproduzieren weder die Differenz von anwesend/abwesend noch die von Mitglied/Nicht-Mitglied, noch die von machtüberlegen/machtunterlegen, sondern allenfalls die von Desintergration/Integration. Amokläufer und Terroristen sind in ihren Handlungsmöglichkeiten so stark eingeschränkt, dass ihnen nur Gewalt als letztes Mittel bleibt. In diesem Sinne sind sie zu stark integriert. Als Protestformen bleiben Amokläufe und Terroranschläge singuläre Ereignisse ohne Systembildungspotential </span><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">–</span><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"> was jedoch nicht bedeutet, dass sie auf einige Personen nicht eine gewisse Faszination ausüben können, die zur Nachahmung einlädt. </span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Mit den Ausführungen
über symbolische Gewalt habe ich versucht zu zeigen, dass der Beobachtungshorizont,
der hier aufgespannt wird, weit über die Phänomene Amok und Terror hinausgeht.
Der Einsatz symbolischer Gewalt kann den Einstieg für einen
Radikalisierungsprozess darstellen. Die Radikalisierung bis zur Akzeptanz
physischer Gewalt ist jedoch keine automatische oder zwangsläufige Entwicklung.
An den Beispielen Amok und Terror lässt sich der <i>Zusammenhang zwischen sozialer Exklusion </i>und der<i> Neigung zu gewalttätigem Verhalten</i> am
deutlichsten herausarbeiten. Die Erweiterung des Beobachtungshorizonts gelingt
jedoch nicht, wenn man sich von der binären Struktur einer Unterscheidung
verwirren lässt, sondern mit der Unterscheidung beobachtet und die verwendeten
Begriffe differenziert, damit präzisiert und in einen allgemeineren
theoretischen Rahmen stellt. Erst dann lassen sich allgemeinere Muster beobachten, die sich dann in Phänomenen wieder finden lassen, die scheinbar nichts miteinander zu tun haben. Mit einer einzigen Unterscheidung kann man solche Muster weder beschreiben noch erklären. <o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<br />
<br />
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif; font-size: large;"><b>Ein offenes Problem: die unkritische Akzeptanz jeglicher Protestformen</b></span><br />
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Bei dem Versuch
zwischen Amok und Terror zu unterscheiden, ist diese Untersuchung auf den
Sachverhalt gestoßen, dass es formale Gemeinsamkeiten in den Konstruktionen von
psychotischen Beobachtungsmodi und den Beobachtungsmodi von Protestbewegungen
gibt. Dass dieser Sachverhalt als methodisches Problem noch nicht stärker in den
sozialwissenschaftlichen Fokus gerückt ist, liegt möglicherweise an der nach
wie vor bestehenden Fächertrennung zwischen Soziologie und Psychologie. Da es
sich bei persönlicher Anschlussfähigkeit aber nicht nur um ein
wissenschaftliches, sondern um ein gesellschaftliches Problem handelt, stellt
sich die Frage, ob es für die Untersuchung solcher Probleme noch berechtigt
ist, auf dieser Trennung zu beharren? Oder handelt es sich bei dem Beharren auf
dieser Trennung vielleicht selbst schon um ein psychotisches Spiel? Es hat den
Anschein als hätte sich der Gegensatz zwischen Kollektiv und Individuum in
dieser Fächertrennung verfestigt. Geht man jedoch von der zwischenmenschlichen
Dyade als theoretischen Bezugspunkt bzw. als Kommunikationsmodell aus <a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2015/08/uber-amok-und-terror.html#fn015" id="anker015">[15]</a>,
wird der Gegensatz zwischen Kollektiv und Individuum selbst als ideologischer
beobachtbar. Damit soll nicht bestritten werden, dass es immer wieder zu
Konflikten kommt, die durch diesen Gegensatz strukturiert werden. Bestritten
wird lediglich die Geltung von Gemeinschaftsentwürfen, bei denen Menschen nur
als Mitglieder exklusiver Kollektive vorstellbar sind und diese Kollektive
gleichsam als existentielle Bedingung für das menschliche Leben gedacht werden.
Zumindest in der Soziologie sind immer noch diverse Theorieangebote verbreitet,
die sich an einem scheinbar wissenschaftlichen Entwurf solcher exklusiven
Gemeinschaftsmodelle versuchen und auch nach politischer Anschlussfähigkeit streben.
Weniger ambitionierte Versuche beschränken sich darauf ihre misanthropischen
Ressentiments in die Form einer wissenschaftlichen Theorie zu bringen. Aufgrund
der dadurch ausgedrückten Ablehnung müssen solche Versuche bereits als
symbolische Gewalt betrachtet werden. Ähnlich wie politische Ideologien leisten sie damit einen nicht
unerheblichen Beitrag zur Verstärkung von Radikalisierungstendenzen. Der Besuch eines sozialwissenschaftlichen Seminars kann in dieser Hinsicht einen ähnlichen Effekt haben, wie ein Gefängnisaufenthalt. Wenn sozial- und geisteswissenschaftliche Seminare als
funktionale Äquivalente zu Gefängnissen beobachtbar werden, wird die Frage nach der gesellschaftlichen Funktion dieser Studiengänge akut.<o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Dieses Problem ist
letztlich aber nur ein Symptom für ein viel grundlegenderes Problem, nämlich
die zumindest in Deutschland bisher unzureichend geklärte Frage nach der
Legitimität von verschiedenen Protestformen. In der Diskussion um politischen
Protest und Konfliktaustragung wird meines Erachtens zu wenig beachtet, dass es
sich bei Protestbewegungen, die für sich in Anspruch nehmen für alle zu
sprechen, um die Entgrenzung der von Selvini Palazzoli et al. beschriebenen
psychotischen Spiele der Familie handelt. Es würde sich vermutlich lohnen, mit
den von Selvini Palazzoli et al. entwickelten Modellen und Begriffen die Formen
radikaler Protestbewegungen zu untersuchen <a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2015/08/uber-amok-und-terror.html#fn016" id="anker016">[16]</a>. Das problematische Verhalten
entzündet sich immer an <i>enttäuschtem
Vertrauen </i>in moderne Inklusionsmodi, an deren Geltung vormals geglaubt
wurde. Es wurden aber immer nur die Ziele und deren Vorteile hervorgehoben,
aber kaum auf die Anstrengungen, die das Erreichen dieser Ziele kostet, hingewiesen. Einen großen Teil dieser Anstrengungen nehmen dabei die Auseinandersetzungen mit anderen Menschen ein, die unvermeidlich auch mit Fehlschlägen und Niederlagen verbunden sind. Der verkürzte Blick auf die Ziele, ohne den beschwerlichen Weg der Zielerreichung zu beachten, hat eine illusionäre Anspruchshaltung gefördert, die zwangsläufig enttäuscht werden muss.</span><br />
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><br /></span>
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Eine
Rekonstruktion gesellschaftlicher Konflikte mit sozialpsychologischen Mitteln
macht die ganze Tragweite dieser Konflikte bewusst. Bis heute ist
es eine relativ erfolgreiche Strategie persönliche Probleme zu
gesellschaftlichen Problemen umzudeuten, um sie politisch anschlussfähig zu machen.
Bis heute beteiligen sich auch diverse als wissenschaftliche Theorien getarnte
politische Unternehmungen an dieser Umdeutung. Sie bezeichnen sich mit Vorliebe
als »kritisch«. Sie beteiligen sich aber nur an der Verbreitung und
Kultivierung egozentrischer Beobachtungsmodi, die erst die Probleme schaffen,
die man bekämpfen will. Umso größer ist dann die Enttäuschung, wenn es nicht
gelingt, sondern die Probleme immer größere Ausmaße annehmen. Mithin handelt es
sich häufig um Probleme, die keiner politischen Regulierung bedürfen. Wenn sich
die Politik tatsächlich solcher Probleme annehmen sollte, geht mit der Entgrenzung
der psychotischen Spiele radikaler Protestler auch eine Entgrenzung des
Politischen selbst einher. Das Politische, also das Drohen mit und die Anwendung von Gewalt, wird am Ende alle
zwischenmenschlichen Beziehungen dominieren. Das dadurch entstandene soziale Chaos kann nur ein
totalitärer Staat mit brutaler Gewalt wieder unter Kontrolle bringen. <o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Dies ist keine
zwangsläufige Entwicklung, aber eine durchaus realistische Möglichkeit – die
1933 in Deutschland auf demokratischem Wege bereits einmal eingetreten ist –,
wenn man leichtfertig <i>Verständnis für</i>
und <i>Akzeptanz von</i> gewalttätigem
Verhalten vermischt. Das Verstehen einer Handlung bedeutet nicht zwangsläufig
sie zu akzeptieren. Ich habe lediglich versucht zu verstehen, warum Menschen zu gewalttätigem Verhalten neigen
können. Deswegen ist es noch lange nicht akzeptabel, selbst
wenn damit noch so gute Absichten verbunden sind. Die Gefahr unkritischer
Akzeptanz von gewalttätigem Verhalten ist aber zumindest dann relativ groß,
wenn ein paternalistisches Politikverständnis, ein fehlender Sinn für das Politische,
ein romantischer Blick auf die vermeintlich Unterlegenen und die daraus
abgeleitete moralische Überlegenheit der Unterlegenen sozial weit verbreitet
sind. Deutschland ist dafür immer noch ein fruchtbares Milieu. Mit der
Akzeptanz von gewalttätigem Verhalten als Mittel, die eigenen Ziele zu
verfolgen, wird auch der Unterschied von Freund und Feind in
zwischenmenschlichen Beziehungen mindestens als gefühlter reproduziert. Speziell Unterlegenen oder sich
unterlegen Fühlenden wird immer wieder gerne zugestanden, sich mit Gewalt zu
wehren, ohne genau danach zu fragen, welche Rolle sie eigentlich in der
konfliktbeladenen Beziehung spielen, in der sie es für notwendig halten zu
Gewalt als Mittel der Konfliktaustragung zu greifen. Wenn man auch nur selektiv
einer bestimmten Gruppe das Recht zugesteht Gewalt anzuwenden, korrumpiert sich
eine gesellschaftliche Ordnung, die den Gewaltverzicht zur Voraussetzung hat,
selbst, denn sie setzt damit eine unkontrollierbare Spirale der Gewalt in Gang.
Symbolische Gewalt bildet dabei nur den Einstieg und endet, sofern die
Eskalation nicht gestoppt werden kann, in physischer Gewalt. <o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Ein naives,
romantisiertes Verständnis von Protest und Kritik, das sich von bloßer Abwehr
und Verweigerung nicht unterscheidet, kann sich eine moderne Gesellschaft daher
nicht mehr leisten. Dieses Verständnis von Kritik geht über bloßes Negieren,
sei es in sachlicher, zeitlicher und sozialer Hinsicht, nicht hinaus. Ihre
Wurzeln sind tief in einem stratifikatorischen Verständnis von Gesellschaft
verankert, das selbst wiederum mit einer egozentrischen Wahrnehmung
korrespondiert. Die Kritik um des Kritisierens willen steht an oberster Stelle
– ausschließlich, ausschließend und unbedingt –, ungeachtet der Form oder des
Inhalts der Kritik. Sie ist defensiv und verteidigt nur das Bestehende – sich
selbst –, ganz egal für wie progressiv sie sich hält. Kritik, die nicht nur
zerstören, sondern etwas verändern soll, hört nicht beim naiven Negieren auf,
sondern fängt nach der Negation erst an ihre Argumente zu entwickeln. Nein zu
etwas zu sagen ist einfach. Etwas begründet zu bejahen ist dagegen schwer. Kritik,
die nicht in der Lage ist, Alternativen zum Kritisierten zu entwickeln,
verstärkt nur den Eindruck der Alternativlosigkeit. Sie ist eine intellektuelle
Sackgasse, da sie das Negieren bzw. sich selbst bereits für die Alternative
hält. Das Mittel wird zu seinem eigenen Zweck. Naive Kritik lehnt jede Form ab,
ist selbst aber nicht in der Lage neue Form zu geben und findet nur darin ihre
eigene Form. <o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Im Sinne von
Michel Serres ist diese Form der Kritik <i>parasitär</i> (vgl. 1987 [1980]). Sie
fordert, aber gibt nichts. Ihre Attraktivität erhält sie nur dadurch, dass sie
die Menschen mit ihren eigenen naiven, egozentrischen und unrealistischen
Wünschen ködert. Wer jedoch die Realität an unrealistischen Maßstäben misst,
kann nur enttäuscht werden. In dieser Form kann Kritik ihr Publikum lediglich
frustrieren, ihm aber keinerlei Hoffnung oder gar Vertrauen geben. Sie raubt wertvolle
Zeit und Energie und verschwendet sie in sinnlosen Kämpfen. Das einzige, was
diese Form der Kritik den Menschen gibt, ist das trügerische Gefühl zu den
Guten zu gehören. Und nicht wenige sind bereit für dieses Gefühl den damit
verbundenen Schmerz zu ertragen. Diese Form der Kritik ist nicht modern,
sondern führt direkt zurück an den Anfang. In der radikalen Ablehnung der Welt
zu Gunsten einer illusionären Utopie wurde nicht bemerkt, dass damit bereits
Gewalt als einziges Mittel der Kommunikation akzeptiert wurde. In aller
Radikalität betrieben, bringt sie lediglich ihre menschlichen Träger dazu sich gegenseitig
zu vernichten. Das Politische als Möglichkeit der physischen Vernichtung ist in
ihr immer schon angelegt. Ob sich diese Möglichkeit realisiert, ist eine Frage,
in welcher Radikalität diese naive Kritik betrieben wird. In sich selbst findet
sie keine Grenzen. Der Feind, den diese Kritik zu bekämpfen versucht, ist nicht der Andere, es ist sie selbst, die ihre eigenen schlechten Seiten
immer nur bei den Anderen erblicken kann, aber niemals im eigenen Verhalten. Naive,
abwehrende Kritik, wenn man sie überhaupt als Kritik bezeichnen kann, ist daher
selbstzerstörerisch – sozial und psychisch. Als Form, die Welt und sich selbst
zu beobachten, liegt sie auch den Denk- und Verhaltensmustern von Amokläufern
und Terroristen zugrunde. Diese Form der Kritik bzw. des Protests zu
kritisieren, ist daher immer auch ein Beitrag zur Gewaltprävention. Dazu muss
man diese Protestformen jedoch zunächst verstanden haben. Dieser Text sollte
ein Beitrag zu beidem sein </span><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">–</span><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"> Verständnis und Kritik.<o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><br /></span>
<br />
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%;">
<br /></div>
</div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<a class="twitter-share-button" count="" data-lang="de" data-url="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2015/08/uber-amok-und-terror.html" data-via="GorgonObserver" href="https://twitter.com/share"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Twittern</span></a>
<script>!function(d,s,id){var js,fjs=d.getElementsByTagName(s)[0],p=/^http:/.test(d.location)?'http':'https';if(!d.getElementById(id)){js=d.createElement(s);js.id=id;js.src=p+'://platform.twitter.com/widgets.js';fjs.parentNode.insertBefore(js,fjs);}}(document, 'script', 'twitter-wjs');</script>
<br />
<br />
<br />
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2015/08/uber-amok-und-terror.html#anker017" id="fn017">*</a>1999 [1918], S.
185<o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2015/08/uber-amok-und-terror.html#anker001" id="fn001">[1]</a> Wer glaubt,
bereits heute würde eine totale Überwachung stattfinden, sollte dringend sein
Verständnis des Wortes »total« überprüfen. Auch wenn ein derartiger Eindruck
immer wieder in den Massenmedien erweckt wird, eine totale Überwachung, wie man
sie vielleicht aus Romanen wie George Orwells »1984« kennt, findet faktisch
nicht statt. Wenn es wirklich eine solche Überwachung geben würde, dürfte es
eigentlich keine Kriminalität und keinerlei politische Opposition mehr geben.
Genauso wie es nach wie vor noch Kriminalität gibt, so können auch alle
möglichen politischen Protestbewegungen immer noch frei ihre Anliegen äußern –
auch die, die gegen die Überwachung der NSA protestieren. Einen besseren Beweis
für die völlige Überschätzung der heutigen technischen Möglichkeiten lässt sich
kaum finden.<o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2015/08/uber-amok-und-terror.html#anker002" id="fn002">[2]</a> Wichtig ist
es den Zusatz »mit Hilfe« zu beachten, denn die Idee, die Anschlussfähigkeit
der Person auf gesellschaftstheoretischer Ebene als Problem zu behandeln,
scheint mir eine Konsequenz aus der Luhmann’schen Theorieanlage zu sein ohne
das Luhmann sie selbst in der Schärfe gezogen hat. Sie ist aber meiner Ansicht
nach in den Texten zur Form Person (vgl. 2005 (1991]) und zu
Inklusion/Exklusion (vgl. 2005 [1994]) angelegt. Zum ersten Mal bin ich bei der
Analyse der Exklusionsmuster von potentiellen Amokläufern von diesem Problem
ausgegangen, um Amokläufe als eine Lösung dieses Problems zu beschreiben. Siehe
<a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/01/voruberlegungen-zu-einer.html">hier</a>.<o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Wichtig ist zu
betonen, dass es mir um den Zusammenhang von sozialen Integrationsprozessen und
psychischen Entwicklungen geht. Kritiken, die mir vorwerfen, ich würde Amok und
Terror lediglich aus der inneren Motivation der Täter erklären, greifen daher
zu kurz. In dem Text »<a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/06/die-beobachtung-der-beobachtung-2.html">Kommunikation
und Image</a>« habe ich die allgemeinen sozialpsychologischen Annahmen dargestellt.
Eine wichtige psychische Bedingung für Kommunikation scheint mir die Angst zu
sein, dass der oder die Kommunikationspartner die eigene Person nicht genauso
sehen, wie man selbst. Daraus kann sich dann ein pathologisches Misstrauen entwickeln.
Diese wahrgenommene Differenz zwischen Selbst- und Fremdbild kann wiederum ein psychischer
Katalysator für soziale Exklusionsprozesse sein, denn sie wird auch das Handeln der Betroffenen beeinflussen. In Deutschland hat diese Angst vor dem Blick der Anderen zu einem
irrationalen Fetisch der Privatheit geführt.<o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2015/08/uber-amok-und-terror.html#anker003" id="fn003">[3]</a> Eine
ausführliche Darstellung der einzelnen Bezugsprobleme der Funktionssysteme habe
ich in </span><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">»</span><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/11/die-beobachtung-der-beobachtung-31.html">Die
Beobachtung der Beobachtung 3.1 – Funktionale Differenzierung</a></span><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">«</span><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"> gegeben.<o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2015/08/uber-amok-und-terror.html#anker004" id="fn004">[4]</a> Sofern die
Gewaltanwendung nicht zum Tode führt, kann die von der Person, die Gewalt
anwendet, geforderte Handlung vom Opfer immer noch nachgeholt werden, um die
weitere Anwendung von Gewalt zu vermeiden. Auf diesem Prinzip beruht Folter.
Doch dies macht zugleich die unter Folter erpressten Geständnisse so
unglaubwürdig. Das Motiv ist nicht die Mitteilung verlässlicher Informationen,
sondern die Vermeidung von Gewalt. Dies kann einige Personen dazu bringen,
alles zu erzählen, was man von ihnen hören will.<o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2015/08/uber-amok-und-terror.html#anker005" id="fn005">[5]</a> Siehe dazu <a href="http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/naher-osten/handbuch-des-dschihadismus-kein-unglaeubiger-soll-sich-mehr-sicher-fuehlen-13546097.html">hier</a>.<o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2015/08/uber-amok-und-terror.html#anker006" id="fn006">[6]</a> Durkheim sah
im exzessiven Individualismus bzw. einem fehlenden Zugehörigkeitsgefühl die
Ursache für egoistische Selbstmorde. Kommunikationstheoretisch interpretiert,
handelt es sich bei diesem exzessiven Individualismus um Ausschlusstendenzen.
Bereits Durkheim betrachtete also den egoistischen Selbstmord als eine Lösung
des Problems der Anschlussfähigkeit einer Person. Obgleich er in seiner Selbstmordstudie
Amok und Selstmordanschläge nicht berücksichtigte, sind viele seiner
Überlegungen zum egoistischen Selbstmord auch für diese Phänomene relevant.<o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2015/08/uber-amok-und-terror.html#anker007" id="fn007">[7]</a> Dies ist
keine Anspielung auf den gleichnamigen Roman von Michel Houellebecq.<o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2015/08/uber-amok-und-terror.html#anker008" id="fn008">[8]</a> Siehe zu dieser
Vorliebe der Massenmedien meinen Text </span><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">»</span><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/10/die-beobachtung-der-beobachtung-exkurs.html">Die
Beobachtung der Beobachtung – Exkurs über Massenmedien</a></span><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">«</span><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">.<b><o:p></o:p></b></span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2015/08/uber-amok-und-terror.html#anker009" id="fn009">[9]</a> Bei der
Verkehrung der Ohnmacht in Allmacht handelt es sich bei genauerer Betrachtung
um eine Pervertierung oder Subversion. Im Text spreche ich jedoch von
Radikalität. Hier ergab sich für mich die Frage, ob Radikalität nicht
zwangsläufig zur Pervertierung oder Subversion dessen führt, was radikalisiert
werden soll?<o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2015/08/uber-amok-und-terror.html#anker010" id="fn010">[10]</a> Den Begriff
»Kulturpessimismus« übernehme ich von Fritz Stern (vgl. 2005 [1961]). Obwohl er
ihn zunächst nur für die Bezeichnung einer intellektuellen Bewegung des 19. und
beginnenden 20. Jahrhunderts in Deutschland verwendete, die schließlich im
Nationalsozialismus ihre politische Form annahm, machte er auch darauf
aufmerksam, dass es sich bei dem Grundmuster nicht um eine ausschließlich
deutsche Bewegung handelt. Die verhasste Gegenwart soll zugunsten einer
idealisierten Vergangenheit zerstört werden. Somit wird in der Vergangenheit
die Zukunft gesehen (vgl. Stern 2005 [1961], S. 7). Das konservative und pessimistische
Element entspringt einem als unveränderlich gedachten Attribut, das
unvermeidlich mit den unaufhaltsamen gesellschaftlichen Entwicklungsprozessen
in Konflikt geraten muss. <o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2015/08/uber-amok-und-terror.html#anker011" id="fn011">[11]</a> Gemeint ist
hier z. B. die politische Theorie Foucaults, der unter Politik nichts anderes
verstand als Entscheidungen zu treffen. Mit anderen Worten, Foucault setzte
Politik mit Organisieren gleich. Da jedoch nicht nur in der Politik
Entscheidungen getroffen werden, sondern überall dort, wo Organisationsbedarf
besteht, hat er einen Politikbegriff gebildet, der sich auf jegliche
zwischenmenschliche Beziehung anwenden lässt. In diesem Sinne ist sein
Politikbegriff universell. Macht lässt sich dann ebenfalls in jeder Situation
entdecken, wenn damit auf ein Moment der Willkürlichkeit bei jeder Entscheidung
hingewiesen werden soll. Doch in der Entscheidung zeigt sich zugleich die geistige
Autonomie und Freiheit der Menschen. In Foucaults Theorieansatz, der sich auch
als kritisch verstand, wurde immer nur die Macht der anderen zum Problem,
niemals die eigene, wenn man darunter eben nicht Willkür sondern Freiheit
versteht. In diesem Sinne muss Foucaults Ansatz als egozentrisch verstanden
werden. Er negiert die Autonomie anderer psychischer Systeme eben weil sie
zum Problem, ja Bedrohung der eigenen Autonomie wird. Die Entscheidungsfreiheit
der Anderen beschränkt die eigene Freiheit. Das fängt nicht erst beim Staat an,
sondern schon in jeder Alltagssituation mit den Kommunikationspartnern. Wird
eine solche Machttheorie von allen Mitgliedern einer Gruppe geteilt, so werden
die Autonomiebedürfnisse der Mitglieder gegeneinander ausgespielt. Da der
egozentrische Beobachterstandpunkt mit dem Gruppenstandpunkt gleichgesetzt
wurde, lässt sich aus der Innenperspektive dieses Problem nicht mehr als solches
beschreiben. Diese Leerstelle wird mit Mythologie oder Verschwörungstheorie
ausgefüllt. An solch geradezu tragischen Begriffsverwirrungen leidet die
Postmoderne bis heute.<o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2015/08/uber-amok-und-terror.html#anker012" id="fn012">[12]</a> De Shazer
modifiziert den Begriff der regressiven Erzählung, den er selbst von anderen
Autoren übernommen hat, und spricht von abschweifender Erzählung, um das
Abschweifen von einem Ziel zu betonen (vgl. 2009 [1991], S. 110f.). Im
therapeutischen Kontext, in dem es um die Erarbeitung und Erreichung bestimmter
Ziele geht, ist diese Modifikation durchaus sinnvoll und zweckmäßig, um den
Therapieerfolg beurteilen zu können. In Bezug auf die postmoderne Narration
erscheint mir dies nicht zweckmäßig, da sie kein Ziel mehr hat bzw. in der
Ziellosigkeit ihr Ziel sieht. Insofern kann in diesem Fall nicht von einem
Abschweifen gesprochen werden. Und die an diese Einstellung anschließenden
regressiven Entwicklungen – sozial und psychisch – wären aus postmoderner Sicht
gar kein Abweichen, sondern sind durchaus gewollt. Deswegen möchte ich durch
die Rede von regressiven Erzählungen auf den Zusammenhang mit den durch diese
Erzählungen angestoßenen Entwicklungen aufmerksam machen bzw. wie eine
bestimmte Semantik das psychische Erleben strukturiert und das Handeln
orientiert.<o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2015/08/uber-amok-und-terror.html#anker013" id="fn013">[13]</a> Interessant
sind in diesem Zusammenhang die Konsequenzen für Sprache. Wenn es nur noch um
den Ausdruck von Emotionen und nicht mehr um das Formulieren von Argument und
Gegenargument geht, tritt der Informationsaspekt einer sprachlichen Mitteilung
immer weiter zurück und der performative Aspekt wird zur primären Funktion der
Sprache. Zur Illustration dieser Entwicklungstendenz sei auf Luhmanns
Kommentare zu Habermas‘ Theorie kommunikativen Handelns in der Vorlesung zur
Gesellschaftstheorie verwiesen (vgl. 2009 [2005], S. 104f.). Obwohl Habermas
kein postmoderner Theoretiker ist, scheint seine Theorie kommunikativen
Handelns eine solche Sprache zu implizieren. Luhmann weist darauf hin, dass
Sprache eigentlich keine Funktion mehr hätte, wenn das Ziel jeder Kommunikation
ein Konsens wäre, wie es Habermas annimmt. Denn dann wäre bereits alles gesagt.
Die einzige Funktion, die Sprache bei einem vollständigen Konsens noch haben
könnte, ist sich gegenseitig sein Wohlwollen auszudrücken. Negativ formuliert,
hätte eine solche Sprache die Funktion Dissens und Konflikte zu unterdrücken. Diejenigen,
die diese Sprache benutzen, wären damit nicht mehr in der Lage Differenzen im
Erleben wahrzunehmen oder anzusprechen. Diese Sprache duldet, wenn man so sagen
darf, keinen Widerspruch. Wenn es nur noch darum geht, sich wechselseitig der
Bestätigung und Anerkennung zu versichern, würde sich die Funktion dieser
Sprache darin erschöpfen die narzisstischen Geltungsbedürfnisse ihrer Nutzer zu
befriedigen. Jedes Thema wäre lediglich eine Projektionsfläche persönlicher
Geltungsbedürfnisse. Ob diese Sprache ein kulturgeschichtlicher Rückschritt ist, kann man sich mit der folgenden Frage beantworten: Wäre es möglich mit einer
solchen Sprache eine Jagd zu koordinieren, um das Überleben einer Gruppe zu
sichern?<o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2015/08/uber-amok-und-terror.html#anker014" id="fn014">[14]</a> Siehe zum
Thema »Trollen« meinen Text </span><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">»</span><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2012/12/kontingenz-kritik-und-das-internet-2.html">Über
die Kommunikation der Internet-Trolle</a></span><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">«</span><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">.<o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2015/08/uber-amok-und-terror.html#anker015" id="fn015">[15]</a> Siehe als
Beispiele für solche Kommunikationsmodelle Ruesch/Bateson 2012 [1951], Goffman
2001 [1981] sowie meine eigenen Texte </span><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">»</span><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.de/2013/03/doppelte-kontingenz-und-die.html">Doppelte
Kontingenz und die Schematismen der Interaktion</a></span><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">«</span><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">, </span><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">»</span><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/06/die-beobachtung-der-beobachtung-2.html">Kommunikation
und Image</a></span><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">«</span><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"> und </span><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">»</span><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/11/die-beobachtung-der-beobachtung-31.html">Die
Beobachtung der Beobachtung 3.1 – Funktionale Differenzierung</a><o:p></o:p></span><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif; line-height: 150%;">«.</span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2015/08/uber-amok-und-terror.html#anker016" id="fn016">[16]</a> Ich beziehe
mich hier ausdrücklich nur auf die Begriffe und Modelle, nicht aber auf die
therapeutischen Methoden. Diese können nicht einfach auf größere Gruppen,
Organisationen oder gar Gesellschaften übertragen werden. </span><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif; line-height: 150%;">Die ersten Erfahrungen mit Konfliktbewältigung werden in der Familie gemacht. Die dabei gelernten Verhaltensmuster werden häufig auf andere Konfliktsituationen außerhalb der Familie übertragen. Die</span><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif; line-height: 150%;"> Fallgeschichten von Selvini Palazzoli et al. drehen sich um die Themen Anerkennung, verdeckte Koalitionen,
enttäuschtes Vertrauen, Gesichtsverlust und die Pathologie als Anschlussattraktor. Dieselben Themen kommen auch in politischen Propagandaschlachten vor, aber nicht nur da. Ein erheblicher Teil jeder Öffentlichkeitsarbeit, egal ob für prominente Personen oder Organisationen mit erheblichen Einfluss, konzentriert sich auf die Abwehr von verleumderischen Angriffen auf das jeweilige Image - was nicht bedeutet, dass die Angegriffenen nicht mit denselben fragwürdigen Methoden zurückschlagen können. </span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<b><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Literatur<o:p></o:p></span></b></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><i>Bateson, Gregory</i> (1981 [1964]): Die
logischen Kategorien von Lernen und Kommunikation. In: ders: Ökologie des
Geistes. Anthropologische, psychologische, biologische und epistemologische
Perspektiven. Suhrkamp Verlag Frankfurt am Main. S. 362 – 399<o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><i>Coser, Lewis A.</i> (2009 [1956]): Theorie
sozialer Konflikte. VS Verlag für Sozialwissenschaften Wiesbaden<o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><i>De Shazer, Steve </i>(2009 [1991]): Das
Spiel mit den Unterschieden. Wie therapeutische Lösungen lösen. 6. Auflage
Carl-Auer-Systeme Verlag Heidelberg<o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><i>Durkheim,
Emile </i>(1983 [1897]): Der
Selbstmord. Suhrkamp Verlag Frankfurt am Main<o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><i>Freud,
Siegmund</i><i> </i>(2007 [1930]): Das
Unbehagen in der Kultur. In: ders.: Das Unbehagen in der Kultur und andere
kulturtheoretische Schriften. 10. unveränderte Auflage S. Fischer Verlag
Frankfurt am Main. S. 29 – 108 <o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><i>Gehlen, Arnold </i>(2004 [1969]): Moral und
Hypermoral. Eine pluralistische Ethik. 6. erweiterte Auflage Klostermann
Frankfurt am Main<o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><i>Goffman, Erving</i> (2001 [1981]): Die
Interaktionsordnung. In: ders: Interaktion und Geschlecht. 2. Auflage Campus
Verlag Frankfurt/New York. S. 50 – 104<o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><i>Kron, Thomas/Heinke, Eva-Maria</i> (2011): <a href="http://www.soziologie.rwth-aachen.de/global/show_document.asp?id=aaaaaaaaaackfrj">Terrorismus
als Bedrohung in einer globalisierten Welt</a>. In: Bohrmann, Thomas/Lather, Karl-Heinz
Lather/Lohmann, Friedrich (Hrsg.): Handbuch Militärische Berufsethik. Band 1:
Grundlagen. Springer VS Wiesbaden. S. 273 - 288<o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><i>Laing, Ronald
D. </i>(1976 [1960]): Das geteilte Selbst. Eine existentielle Studie über
geistige Gesundheit und Wahnsinn. Rowohlt Taschenbuch Verlag Reinbek bei
Hamburg<i> <o:p></o:p></i></span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><i>Luhmann,
Niklas </i>(1992): Die
Wissenschaft der Gesellschaft. Suhrkamp Verlag Frankfurt am Main<o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><i>Luhmann, Niklas</i> (1997): Die Gesellschaft
der Gesellschaft. Suhrkamp Verlag Frankfurt am Main<o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<i style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 150%;">Luhmann, Niklas</i><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif; line-height: 150%;"> (2003 [1975]): Macht. 3.
Auflage Lucius & Lucius Stuttgart</span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><i>Luhmann, Niklas</i> (2005 [1991]): Die Form
„Person“. In: ders.: Soziologische Aufklärung 6. Die Soziologie und der Mensch.
2. Auflage VS Verlag
für Sozialwissenschaften Wiesbaden. S. 137 – 148<o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><i>Luhmann, Niklas</i> (2005 [1994]): Inklusion und Exklusion. In: ders.: Soziologische
Aufklärung 6. Die Soziologie und der Mensch. 2. Auflage VS Verlag für Sozialwissenschaften Wiesbaden. S.
226 – 251<o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><i>Luhmann, Niklas</i> (2009 [2005]): Einführung in der Theorie der Gesellschaft. 2. Auflage
Carl-Auer-Systeme Verlag Heidelberg<o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><i>Plessner, Helmuth</i> (2002 [1924]): Grenzen der Gemeinschaft. Eine Kritik des sozialen
Radikalismus. Suhrkamp Verlag Frankfurt am Main<o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><i>Ruesch, Jürgen/Bateson, Gregory</i> (2012 [1951]): Kommunikation. Die soziale Matrix
der Psychiatrie. 2. korrigierte Auflage Carl-Auer-Systeme Verlag Heidelberg<o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><i>Schmitt, Carl</i> (2009 [1932]): Der Begriff
des Politischen. 8. Auflage Duncker & Humblot Berlin<o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><i>Selvini Palazzoli, Mara/Cirillo, Stefano/Selvini, Matteo/Sorrentino,
Anna Maria </i>(1992
[1988]): Die psychotischen Spiele in der Familie. Klett-Cotta Stuttgart<o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><i>Serres, Michel</i> (1987 [1980]): Der Parasit. Suhrkamp Verlag Frankfurt am Main<o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><i>Simmel, Georg</i> (1999 [1916]): Die Krisis der Kultur. In: ders.: Gesamtausgabe Band
16. Der Krieg und die geistigen Entscheidungen [u. a.]. Suhrkamp Verlag
Frankfurt am Main. S. 37 – 53<o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><i>Simmel, Georg</i> (1999 [1918]): Der
Konflikt der modernen Kultur. In: ders.: Gesamtausgabe Band 16. Der Krieg und
die geistigen Entscheidungen [u. a.]. Suhrkamp Verlag Frankfurt am Main. S. 181
– 208<o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><i><span lang="EN-US">Spencer-Brown, George</span></i><span lang="EN-US"> (1997 [1969]): Laws Of Form. </span>Gesetze der Form. Bohmeier Verlag
Lübeck<o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><i>Stern, Fritz</i> (2005 [1961]):
Kulturpessimismus als politische Gefahr. Eine Analyse nationaler Ideologie in
Deutschland. Klett-Cotta Stuttgart<o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: 150%; text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><i>Weber, Max</i> (1984 [1921]): Soziologische
Grundbegriffe. 6. Auflage J. C. B. Mohr Tübingen</span><o:p></o:p></div>
Beobachter der Modernehttp://www.blogger.com/profile/07362668989286039861noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-6126280343808346420.post-73032716258739540442014-08-23T17:13:00.000+02:002015-01-08T19:51:18.308+01:00Die Beobachtung der Beobachtung 3.3 – Wissen in der modernen Gesellschaft<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 115%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif;"><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/11/die-beobachtung-der-beobachtung-31.html">Im vorletzten Beitrag</a> wurde Niklas Luhmanns Theorie
funktionaler Differenzierung kommunikationstheoretisch rekonstruiert. Diese
Rekonstruktion bildete den theoretischen Hintergrund, vor dem <a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2014/03/die-beobachtung-der-beobachtung-32-die_8.html">im letzten Beitrag</a> die Multifunktionalität der
Kommunikation als Problem soziologischer Theoriebildung behandelt wurde. Diese
Probleme wurden am Beispiel poststrukturalistischer und postmoderner Theorien
im Anschluss an Michel Foucault verdeutlicht. Es muss allerdings betont werden,
dass es nicht nur speziell um die Diskusanalyse von Foucault geht. Wenn von
postmoderner Theorie die Rede ist, wird damit ein Theoriekomplex bezeichnet,
der sich durch die im letzten und diesem Text dargestellte Form der Beobachtung
bzw. Aufmerksamkeitsfokussierung auszeichnet. Es zählt die Form der Beobachtung
und nicht die Selbstbeschreibung. Deswegen wird zum Beispiel auch die
Akteur-Netzwerk-Theorie von Bruno Latour dazu gezählt. Obwohl sich Latour selbst
nicht als postmodern beschreibt, entspricht seine Theorie genau der
Beobachtungsweise, die hier als postmodern beschrieben wird. Mithin betrifft
dies viele Ansätze mit macht- oder wissenskritischen Ansprüchen. Obgleich
sich diese Ansätze nicht durchgängig als Sozialwissenschaften verstehen, werden
damit aber Aussagen über den Phänomenbereich gemacht, für den üblicherweise die
Sozialwissenschaften zuständig sind. <a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2014/03/die-beobachtung-der-beobachtung-32-die_8.html">Der letzte Text</a> konzentrierte sich vor allem auf die
Implikationen des diskursanalytischen Machtbegriffs. Als Ergebnisse der
Untersuchung konnte unter anderem festgehalten werden, dass postmoderne
Theorien keine wissenschaftlichen, sondern politische Zwecke verfolgen, dadurch
systematisch eine wissenschaftliche Arbeit hintertreiben und schließlich, dass
sie lediglich ein Mittel sind die persönliche Inferiorität zu bestätigen und ihr
Ausdruck zu verleihen. Es geht nur darum eine Differenz im Erleben im Vergleich
zu anderen Personen zu betonen. Poststrukturalistische und postmoderne Ansätze
sind außerdem mit so vielen begrifflichen Verwechslungen durchsetzt, dass sie
als schizogene Semantik betrachtet werden müssen. Wer seine Aufmerksamkeitsfokussierung
daran orientiert, wird früher oder später mit erheblichen Störungen des eigenen
Erlebens und Handelns kämpfen müssen. </span><br />
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"><br /></span>
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">Auch dieser Beitrag wird sich mit den
Problemen postmoderner Theorien beschäftigen. Eine grundlegende Annahme postmoderner
Theoriebildung im Anschluss an Foucault besteht in der Prämisse „Wissen ist
Macht“. Um einen Teil dieser Prämisse drehte sich bereits der letzte Beitrag. In
diesem Beitrag wird es nun um die postmoderne Theorie des Wissens im Anschluss
an Jean-François Lyotard gehen. Sie wird einer Art Revision unterzogen, um eine
Theorie des Wissens in der modernen Gesellschaft zu entwickeln. Dafür wird es
notwendig sein von der Theorie funktionaler Differenzierung zur allgemeinen
Theorie sozialer Systeme zu wechseln, denn Wissen ist ein so allgemeines
Erfordernis für die Koordination des menschlichen Erlebens und Handelns, dass
es nicht auf einzelne Funktionssysteme, wie die Wissenschaft, begrenzt ist.</span><br />
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"><br /></span>
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">Schon </span><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2014/03/die-beobachtung-der-beobachtung-32-die_8.html" style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">der letzte Text</a><span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"> verfolgte das allgemeinere Ziel, die
Funktionsweise der Negation für die Sinnkonstitution zu erkunden. Dieses Ziel
wird auch mit diesem Text weiterverfolgt. Die postmoderne Theorie des Wissens bietet
hierfür einen guten Untersuchungsgegenstand, weil sie, das ist die These dieses
Textes, das Problem des Sinnverlustes durch die Art der Theoriebildung erst
selbst erzeugt und keine Lösungen dafür anbieten kann. Der Fokus postmoderner
Beobachtungen liegt auf der Problembetrachtung. Diese Art der Beobachtung wird
auch als Sthenographie bezeichnet. Dadurch wird die postmoderne Theorie Teil
des Problems, das sie beschreibt. Der Grund dafür liegt in der Überbetonung der
Performativität der Kommunikation. Methodisch wird nur noch der Form der
Mitteilung, aber nicht mehr den mitgeteilten Informationen Aufmerksamkeit
geschenkt, um die Frage zu klären, wie erfolgreiche Kommunikation funktioniert.
Dieses Problem wird von Lyotard und anderen als Legitimationsproblem behandelt.
Die Überbetonung der Performanz führt allerdings zu einer Fehleinschätzung der
sozialen Funktion der Kritik, die sich in Lyotards Fassung nur in radikaler
Negation erschöpft. Ziel der Kritik soll eigentlich die Veränderung der
Gesellschaft sein. Postmoderne Kritik führt jedoch in letzter Konsequenz zur
Zerstörung des Wissens und zum Sinnverlust. Eine Veränderung der Gesellschaft
wird in dieser Perspektive zu einer Unmöglichkeit.</span><br />
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"><br /></span>
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">Dem gegenüber soll hier eine Theorie über die
Funktion des Wissens in der modernen Gesellschaft entwickelt werden. Wissen
wird hier nicht nur als beständig mitlaufende, wechselseitige Erwartung der
Kommunikationspartner behandelt (vgl. Luhmann 1990, S. 122), sondern darüber
hinausgehend als ein Ergebnis von Differenzierungsprozessen. Das soll heißen, der
Prozesscharakter der Gesellschaft rückt im Folgenden stärker in den
Mittelpunkt. Gerade im Vergleich zu postmodernen Theorien des Wissens wird sich
zeigen, dass Wissen nicht mit dem Kommunikationsmedium Macht gleichgesetzt
werden kann, sondern dass Wissen in die Lage versetzt Veränderungen anzuregen –
egal ob in Bezug auf soziale Systeme, psychische Systeme oder deren Umwelten.
Nur durch Wissen ergibt sich überhaupt die Möglichkeit etwas verändern zu
können. Solche Möglichkeiten werden durch die Art postmoderner
Aufmerksamkeitsfokussierung systematisch verhindert. Im Zuge der Untersuchung
wird nicht nur ein Gegenentwurf zum postmodernen Wissen entwickelt, sondern
auch einige Beobachtungen des vorherigen Beitrags aus einer anderen Perspektive
nochmals bestätigt.</span><br />
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"></span><br />
<a name='more'></a><br />
<div style="text-align: center;">
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">I</span></div>
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"><br /></span>
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">Menschen streben danach ihr Wissen über die
Welt und sich selbst zu erweitern, um ihre Handlungskoordination effektiver –
d. h. informationsreicher und energieärmer <a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2014/08/die-beobachtung-der-beobachtung-33.html#fn001" id="anker001">[1]</a> – gestalten zu können. Ob es
sich dabei um Wissen handelt, mit dem man die Organisation seines Alltags
erleichtern kann, oder um äußerst ungewöhnliches Wissen, dessen methodische
Überprüfung sehr anspruchsvoll ist, spielt dabei zunächst keine Rolle. Mit Hilfe
von Wissen kann man </span><i style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">Annahmen bzw.
Erwartungen über die Welt</i><span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"> formulieren, welche das Erleben strukturieren und
das Handeln orientieren. Erst durch Handeln können diese Erwartungen dann
bestätigt oder enttäuscht werden, was wiederum Rückwirkungen auf diese
Erwartungen hat. Sie werden bei Bestätigung aufrechterhalten und bei
Enttäuschung müssen sie modifiziert oder aufgegeben werden. Es besteht also ein
</span><i style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">Rückkopplungsverhältnis</i><span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"> zwischen dem
eigenen Erleben und Handeln. Sobald man mit anderen Menschen interagiert, kann
auch deren Handeln das eigene Erleben irritieren und unter Umständen Veränderungen
der Erwartungshaltungen anregen. Umgekehrt gilt genauso, dass das eigene
Handeln das Erleben der Kommunikationspartner irritieren kann. In Abhängigkeit
von bestimmten Erwartungen kann das Handeln das Erleben modifizieren und das
Erleben kann das Handeln modifizieren. </span><i style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">Wissen
steckt damit die Möglichkeiten und Grenzen des Erlebens und Handelns von
Menschen ab. </i><span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">Es bildet den Rahmen bzw. den Sinnhorizont für die Koordination
des gemeinsamen Handelns. Darin besteht die </span><i style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">soziale
Funktion</i><span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"> von Wissen. In diesem Sinn ist Wissen nicht das psychische
Erinnern relevanter Informationen, sondern eine Erwartung, die unhinterfragt
bei jeder Kommunikation mitläuft und allenfalls bei Kommunikationsproblemen,
also Verständnisschwierigkeiten, zum Thema wird. Je nach dem wie groß die
Überschneidungen in den Wissensbeständen der Kommunikationspartner sind, wird
sich die Kommunikation reibungsloser oder konflikthafter gestalten. </span><i style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">Je größer das gemeinsam geteilte Wissen,
desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit für Konflikte</i><span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">.</span><br />
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"><br /></span>
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">Diese Annahme muss sofort wieder eingeschränkt
werden, denn der Reiz der meisten Sportwettkämpfe liegt gerade darin, dass das
Wissen zwischen den Kontrahenten gleich verteilt ist. Egal ob sich zwei
Personen oder Mannschaften in einem sportlichen Wettkampf miteinander messen.
Die Kenntnis der Regeln wird bei allen Teilnehmern vorausgesetzt. Der Reiz für
die Teilnehmer und die Zuschauer ergibt sich dann aus den im Verlauf des Spiels
zu beobachtenden Unterschieden im Spielstand und wie es zu diesen gekommen ist.
Bei sportlichen Wettkämpfen ist also gerade das gemeinsam geteilte Wissen über
die Spielregeln, also eine hypothetische Gleichheit, der Anreiz es auf einen Konflikt ankommen zu
lassen und genau dadurch die Unterschiede zu erzeugen, die zeigen wer zumindest
in dieser Situation der bessere Spieler oder die bessere Mannschaft ist.
Sportwettkämpfe zeigen damit zugleich, dass die obige Annahme über konfliktarme
Kommunikation, wenn alle das gleiche Wissen haben, in dieser Pauschalität
eigentlich nicht haltbar ist, denn Wettkämpfe lassen deutlich werden, dass es
nicht auf das Wissen allein ankommt, sondern wie man es einsetzt, um seine
Handlungen zu orientieren und ein bestimmtes Ziel zu erreichen. Neben dem
Wissen kommt ein weiterer Faktor in den Blick, nämlich die </span><i style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">Erfahrung</i><span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">. Die Kenntnis bestimmter Regeln allein reicht bei Weitem
nicht aus, wenn man nicht weiß, welche im aktuellen Moment angewendet werden
muss. Dies gelingt nur durch praktische Anwendung, also Training, wodurch das
Wissen, wenn man so sagen darf, in Fleisch und Blut übergeht und im Ernstfall
nicht jedes Mal erst erinnert und reflektiert werden muss. Man muss also noch
einschränken, dass gemeinsames Wissen nur die Wahrscheinlichkeit für bestimmte
Konflikte senkt, nämlich für </span><i style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">politische</i><span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">
Konflikte. Gemeinsam geteiltes Wissen hilft dabei zu </span><i style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">verstehen</i><span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">, warum der Kommunikationspartner so handelt, wie er
handelt. Und dieses Verständnis minimiert die Wahrscheinlichkeit, dass man
Misserfolge oder Niederlagen persönlich nimmt und nun danach trachtet sich mit
der Anwendung physischer Gewalt zu revanchieren. Vollständig ausschließen kann
man diese Möglichkeit selbst unter dieser Bedingung nicht. Dann kann man aufgrund
des gemeinsam geteilten Wissens zumindest noch auf die Kalküle des
Kommunikationspartners schließen. </span><br />
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"><br /></span>
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">Negationen haben in Form von Kritik bei der Vermehrung
des Wissens schon immer eine wichtige Rolle gespielt. Im Rahmen der hier
verwendeten Beobachtungstheorie im Anschluss an George Spencer-Brown (vgl. 1997
[1969]), Gregory Bateson (vgl. 1982 [1979]) und Niklas Luhmann (vgl. 1990, S.
68 – 121; 1993) handelt es sich nicht einfach um eine Vermehrung von Wissen,
sondern um </span><i style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">Differenzierungsprozesse</i><span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">.
Wenn Beobachten bedeutet durch Unterscheidungen etwas zu bezeichnen, dann kommt
dem Negationsgebrauch bei diesen Differenzierungsprozessen im Medium Sinn eine
tragende Rolle zu. Sei es dass man versucht störende Einflüsse auf den
Erkenntnisgegenstand auszuschalten; sei es, dass man versucht den Einfluss des
Menschen auszuschalten; sei es, dass man versucht zeitliche bzw. historische
Variationen auszuschalten - es geht immer darum einen gleichsam unverfälschten
Blick auf den Erkenntnisgegenstand werfen zu können. Mehr noch, geht es darum
ein Wissen unabhängig von Menschen, Raum und Zeit behaupten zu können. Also
müssen diese Einflüsse methodisch ausgeschaltet bzw. negiert werden. Diese
Bemühungen haben sich noch verstärkt seit man darauf aufmerksam geworden ist,
dass die Wissensformen selbst in hohem Maße von den kulturellen
Rahmenbedingungen abhängig sind, in denen sie entstehen. Mit anderen Worten,
die Möglichkeiten und Grenzen der weiteren Ausdifferenzierung von Wissen hängen
vom bereits bestehenden Wissen ab und kann bestimmte Entwicklungspfade
wahrscheinlicher machen als andere. Doch je mehr variierende Informationen man
zu unterdrücken versucht, um etwas Invariantes beobachten zu können, desto mehr
Variationen kommen zu Vorschein.</span><br />
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"><br /></span>
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">Ein weiteres Problem der Differenzierung von
Wissensbeständen, ist das im Verhältnis dazu sich vergrößernde Nicht-Wissen.
Wissensproduktion gleicht dem Kampf gegen die Hydra. Schlägt man einen Kopf ab,
wachsen zwei neue nach. Schließt man eine Wissenslücke, kommen mehrere neue zum
Vorschein. Mit jedem Gewinn an neuem Wissen, erweitert sich zugleich das Wissen
darüber, wie groß das Ausmaß an Nicht-Wissen ist. Dieser rasende Zuwachs an
neuen Wissenslücken im Vergleich zum gewonnenen Wissen kann mit jeder neuen
Erkenntnis immer stärker entmutigen. Das Wissen um die noch zu erledigende
Arbeit wird zu einer erdrückenden Last. Allein verfügt man weder über die
nötige Zeit noch die nötige Energie, um sie bewältigen zu können. So wächst mit
jedem Erkenntnisgewinn nicht nur das Bewusstsein über das eigene Nicht-Wissen,
sondern auch die Zweifel am Sinn und Zweck der ganzen Arbeit, denn die Ordnung
dieser Datenflut erfordert immer mehr psychische Energie. Nicht wenige
Wissenschaftler sind daher bereit genau diese resignierte Schlussfolgerung aus
ihrer Arbeit zu ziehen und konzentrieren sich nur darauf mit wissenschaftlichen
Mitteln zu zeigen, dass das Streben nach Wissen sinnlos ist. Sie sehnen sich
nach paradiesischen Zuständen: unwissend, sorglos und glücklich. Außerdem kann
das Wissen der Anderen die eigene fachliche Autorität gefährden. Doch ist der
erste Zweifel erst einmal geweckt, lässt sich das Hinterfragen, die Suche, das
Negieren, nicht mehr stoppen.</span><br />
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"><br /></span>
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">Umgekehrt lässt sich aber auch die Gegenfrage
stellen, welchen Sinn es macht sich nur auf das zu konzentrieren, was das
Erreichte negiert? Sicherlich, das bis jetzt Erreichte kann entmutigen. Es sind
unüberschaubare Wissensbestände entstanden. Kein Mensch allein kann dieses
Wissen überschauen und einen Nutzen daraus ziehen. Außerdem ist das jeweilige
Wissen über ein Erkenntnisobjekt relativ gering im Vergleich zu dem Wissen
darüber, wer was zu welcher Zeit über einen Gegenstand geäußert hat. Es handelt
sich, mit anderen Worten, um Wissen darüber, wie man auf eine bestimmte Weise
seine Aufmerksamkeit auf ein Erkenntnisobjekt richtet. </span><i style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">Je intensiver man sich mit einen Sachverhalt beschäftigt, desto weniger
erfährt man zunächst über diesen Sachverhalt, sondern nur darüber, wie viele
unterschiedliche Perspektiven man auf diesen Sachverhalt richten kann.</i><span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"> Die
Unterschiede in der Sozial-, Sach- und Zeitdimension vermehren sich mit der
Zeit und die Beziehungen zwischen den drei Dimensionen werden immer komplexer.
Doch zugleich erhält man durch die Perspektiven der Anderen eine immer
plastischere Vorstellung über das Beobachtungsobjekt – sowohl im Sinne, was das
Beobachtungsobjekt sein könnte als auch was es nicht sein könnte. Das
Durchkalkulieren dieser informationellen Variationen lässt die Redundanzen zu
einem </span><i style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">imaginären Eigenwert</i><span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">
kondensieren. Dieser imaginäre Eigenwert wird auch häufig als </span><i style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">Gestalt</i><span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"> oder </span><i style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">Form</i><span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"> bezeichnet. Um jedoch einen imaginären Eigenwert beobachten zu
können, muss man sich für eine oder mehrere kompatible Perspektiven entschieden
haben. Die größte Energie benötigen nämlich Beobachtungsformen, die nicht als
die eigenen betrachtet werden. Wobei die psychische Energie vor allem für die
Konzentration der eigenen Aufmerksamkeit verwendet werden muss, um potentielle
Ablenkungen abzuwenden.</span><br />
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"><br /></span>
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">Gelegentlich kommt die Wissensproduktion an
einen Punkt, an dem neue Kriterien notwendig werden, um das bestehende Wissen
bezüglich eines Erkenntnisobjekts neu zu ordnen und um sich nicht mehr mit der
überwältigenden Fülle an Wissen auseinandersetzen zu müssen. Kommt es
schließlich zu einem Wechsel solcher Kriterien spricht man auch von einem </span><i style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">Paradigmenwechsel</i><span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"> (vgl. Kuhn 1976 [1969]).
Mit neuen Theorien oder Modellen gelingt es nun offene Fragen zu beantworten,
die mit älteren Theorien oder Modellen nicht mehr geklärt werden konnten. Damit
hat sich aber nicht nur eine neue Form, seine Aufmerksamkeit auf einen
Erkenntnisgegenstand zu richten, etabliert. Ein Paradigmenwechsel erlaubt es
auch sich nun die Auseinandersetzung mit einer großen Menge an Perspektiven zu
ersparen, die noch zum Kanon des vorangegangenen Paradigmas zählten. Der
Aufwand an psychischer Energie kann merklich gesenkt werden, um den
Informationsreichtum zu bewältigen. Obwohl der Wissenszuwachs dadurch nicht
gestoppt wird, bringen solche Paradigmenwechsel zumindest vorübergehend eine
Entlastung im Vergleich zur vorherigen Organisation des Erlebens und Handelns.</span><br />
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"><br /></span>
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">Die Ironie beim Streben nach Wissen besteht lediglich
darin, dass man sich gerade beim Versuch, alle sachlichen, sozialen und zeitlichen
Variationen in Bezug auf ein Erkenntnisobjekt auszuschalten, auf diese Variationen
einlassen muss und damit auf andere Perspektiven auf dasselbe Erkenntnisobjekt.
Wenn sich durch alle diese Perspektiven bestimmte redundante Sinngehalte in
Bezug auf das Erkenntnisobjekt beobachten lassen, dann handelt es sich sehr
wahrscheinlich um Sachverhalte, die als relativ unabhängig vom jeweiligen
Beobachter angenommen werden können. Es ist am Ende die jeweilige Kombination
dieser Unterschiede in der Sozial-, Sach- und Zeitdimension, die im
Kommunikationsmedium Sinn einen Unterschied machen, der einen Unterschied
macht. Es ist also nicht das Erkenntnisobjekt, das seinen Sinn – einige würden
hier schon von Wahrheit sprechen – garantiert, sondern </span><i style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">es ist die Art und Weise, wie die Aufmerksamkeit auf das
Erkenntnisobjekt gelenkt wird, welche die so beobachteten Informationen als Prämissen
für die weitere Informationsverarbeitung annehmbar, also als sinnvoll,
erscheinen lassen</i><span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">.</span><br />
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"><br /></span>
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"><br /></span>
<br />
<div style="text-align: center;">
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">II</span></div>
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"><br /></span>
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">Je größer die Wissensbestände werden, desto
weniger lässt sich dieser Umstand ignorieren, denn die soziale, sachliche und
zeitliche Kontingenz des Wissens tritt immer stärker hervor. Der artifizielle
Charakter des Wissens, seine Konstruiertheit wird deutlich. Wissen bildet nicht
einfach den Erkenntnisgegenstand ab, sondern er wird auf eine bestimmte Weise </span><i style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">dargestellt</i><span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">, um beobachtbar zu sein.
Diese Darstellungsmittel stehen nicht in einem Korrespondenzverhältnis zum
Erkenntnisgegenstand, so als ob man sich allein an den Darstellungsmitteln
orientieren könnte, um etwas über den Gegenstand zu erfahren. Die heute kaum zu
ignorierende Kontingenz der Darstellungsformen lassen solche Abbildtheorien
obsolet werden. Das forciert umso mehr die Frage nach den Bedingungen der
Möglichkeit unter denen ein bestimmtes Wissen für sinnvoll, annehmbar, ja
möglicherweise auch für wahr gehalten wird.</span><br />
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"><br /></span>
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">Auf diese Frage wurden traditionell zwei
Antworten gegeben: Geist oder Materie. Zum einen hatte man sich seit Descartes
unzählige Male daran versucht den Geist oder das Subjekt in sich selbst zu
begründen ohne zu einem schlüssigen Ergebnis zu kommen. Man versuchte zu
zeigen, dass es nicht die materielle Umwelt ist, die ihre eigene Wahrheit
garantiert, sondern dass die Wahrheit durch den Geist oder das Subjekt, also
einen Beobachter, gesichert wird. Man konzentrierte sich aber nur darauf zu
betonen, </span><i style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">dass</i><span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"> das so ist, aber nicht,
</span><i style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">wie</i><span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"> das gelingt. Dabei stieß man auf
unvereinbare Widersprüche. Doch die angebotenen Synthesen konnten nicht
überzeugen. Ebenso erging es der entgegengesetzten Denkrichtung, die versuchte
unhintergehbare und letztgültige Haltepunkte für die Realität in der Materie zu
finden. Man versuchte zu zeigen, dass das Erkenntnisobjekt seine Wahrheit
garantiert. Dabei kam es jedoch zur Verwechslung des Erkenntnisobjekts mit
seinen sozialen Darstellungsformen. Auf der Suche nach letzten Begründungen für
die Absicherung des Wissens und letztlich auch der Realität stellte man nur
immer wieder fest, dass solche rein selbstbezüglichen oder rein
umweltorientierten Begründungen nicht funktionieren. Während sich idealistische
Ansätze bei diesen Versuchen in sich selbst verloren, verloren sich
materialistische Ansätze in ihrer materiellen Umwelt. Erstere entwickelten
deswegen eine spezifische Art der Selbstbefangenheit, letztere dagegen eine
spezifische Art der Selbstvergessenheit.</span><br />
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"><br /></span>
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">Das änderte sich auch mit dem </span><i style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">linguistic turn</i><span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"> nicht grundlegend. Zwar
wurde man auf ein wichtiges Kommunikationsmedium aufmerksam, nämlich die
Sprache. Doch anstatt sich auf die soziale Funktion der Sprache zu
konzentrieren, also wie die Kommunikationspartner ihre Aufmerksamkeit
wechselseitig mit Hilfe der Sprache auf etwas lenken, versuchte man theoretisch
und methodisch wieder nur Geist oder Materie als letzte Haltepunkte für das
produzierte Wissen zu beschreiben. Trotz eines geänderten Wissenstands wurde
die Problembeschreibung beibehalten, ebenso wie die Lösungsmittel. Der Grund
dafür ist ein zustandsorientiertes Denken, das Sachverhalte nur in ihrer Statik
beschreiben kann – egal ob essentialistisch, substantialistisch, ontologisch,
metaphysisch oder strukturalistisch. Geschichte konnte letztlich nicht als
Prozess, sondern nur als Abfolge von Zuständen gedacht werden. Aus dieser
Perspektive blieb jedoch unklar, wie es eigentlich zu einem Wechsel der
Zustände kommt bzw. wie trotz der Veränderung eines Objekts seine Identität
dieselbe bleibt. Mit anderen Worten, </span><i style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">der
Übergang blieb ein Rätsel</i><span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">. Für solche theoretischen Ansätze muss dann der
Prozesscharakter der Kommunikation selbst zu einem Problem werden.</span><br />
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"><br /></span>
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">Aber trotz des Wissens, dass die bisherigen
Ansätze zur Beantwortung der Frage gescheitert sind, wurden sie nicht an die
neue Problemstellung angepasst. Anstatt dieses strukturfixierte Denken
aufzugeben, wird mit den Mitteln der Theorie der Prozesscharakter der
Kommunikation negiert. Der Poststrukturalismus war letztlich nichts weiter als
eine Klage über das Ende des strukturalistischen Denkens und damit auch eine
Klage über das Ende statischer Gesellschaftsmodelle. Entsprechend gelang es
nicht darüber hinaus zu kommen auf die erkenntnistheoretischen Probleme
hinzuweisen, die sich nach dem damaligen Kenntnisstand ergaben. Durch diese
Problemfixierung entstand der Eindruck einer theoretischen und methodischen
Perspektivlosigkeit, die sich zu einem </span><i style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">erkenntnistheoretischen
Fatalismus</i><span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"> entwickelte, der sich auch als </span><i style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">postmodern</i><span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"> bezeichnet. Man konnte nur noch auf die Legitimationsbedürftigkeit
der Wissensbestände aufmerksam machen (vgl. Lyotard 2012 [1982]). Wie eine
Legitimation hergestellt werden könnte, blieb weitestgehend unklar. Die
materialistischen und idealistischen Pfade waren eigentlich nicht mehr
begehbar. Aber trotz des Wechsels der Aufmerksamkeit in Richtung der
Darstellungsmedien - dazu gehört allerdings nicht nur die Sprache! – gelang es
nicht die Problemstellung unter dieser Bedingung neu zu formulieren, wodurch
der Blick auf neue Lösungsansätze versperrt blieb.</span><br />
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"><br /></span>
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">Gefangen in den Widersprüchen idealistischer und materialistischer
Ansätze, ohne dass ein Ausweg erkennbar wäre, begab man sich wieder auf die ausgetrampelten
Pfade. Die materialistischen Ansätzen fielen wieder hinter den </span><i style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">linguistic turn</i><span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"> zurück und haben bis
heute kein angemessenes Bewusstsein für das Darstellungsproblem entwickelt.
Nach wie vor geht man von einer Wirklichkeit aus, die sich mit den entsprechenden
Methoden frei von jeglichen Verzerrungen der Sprache oder des Bewusstseins
beobachten lässt. Das unkritische Verhältnis zum eigenen Darstellungsmedium
verleitet jedoch immer wieder zu naiv-realistischen Methoden. In der Folge
werden andere Theorien einfach als realitätsverzerrende Ideologien abgelehnt. Man
glaubt nur durch genaues Beschreiben eine wirklichkeitsgetreue Abbildung
produzieren zu können. Sollte die Beschreibung nicht passen, so folgt daraus
nur mehr desselben, also noch mehr Beschreibung. Zugleich fehlen jedoch
Kriterien, mit denen man abschätzen kann, wie man zu einem Ende kommt. Anstatt
sich mit der Vorläufigkeit des produzierten Wissens abzufinden, kommt die
wissenschaftliche Arbeit im Bestreben nach Präzision und Genauigkeit nie zu
einem Ende und produziert am Ende überhaupt kein Wissen – zumindest keines das
die menschliche Handlungskoordination erleichtern würde <a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2014/08/die-beobachtung-der-beobachtung-33.html#fn002" id="anker002">[2]</a>. Derartige
methodische Ansätze können nur von der Vorstellung getragen sein, dass es
möglich ist mit Sprache die Wirklichkeit abzubilden. Trotzdem man auf die
Darstellungsfunktion der Sprache aufmerksam geworden ist, wird weiterhin
versucht sie auf ihre Anzeigefunktion zu reduzieren. Idealistische Ansätze sind
zwar noch in der Lage zu erkennen, dass es auf diese Art nicht funktioniert.
Während materialistische Ansätze noch von einem naiven Vertrauen in die
Abbildungsfunktion der Sprache getragen werden, trägt den Idealismus das
Gegenteil, ein ebenso naives Misstrauen. Weil es mit Sprache nicht gelingt die
Wirklichkeit abzubilden, bestreitet man grundsätzlich die Möglichkeit die
Wirklichkeit zu erkennen. Aber anstatt nach neuen Lösungsansätzen zu suchen,
findet man sich lieber mit dem Missstand ab und spricht von der </span><i style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">Positivierung des Unbestimmten</i><span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"> (vgl.
Gamm 1994). Der eigene blinde Fleck wird gleichsam institutionalisiert und die
Paradoxie unbestimmter Bestimmtheit zur Abschlussformel und Reflexionsblockade
<a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2014/08/die-beobachtung-der-beobachtung-33.html#fn003" id="anker003">[3]</a>. Das Problem selbst wird zur Lösung umgedeutet. Dabei handelt es sich
insofern nicht um eine neue Lösung, weil sich ähnliche Lösungsansätze bereits
bei verschiedenen Religionen finden lassen.</span><br />
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"><br /></span>
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">Wissenschaftlich betrachtet, sind sowohl
Materialismus als auch Idealismus äußerst unbefriedigend, denn beide versuchen
mit scheinbar wissenschaftlichen Mitteln zu zeigen, dass Erkennen, Wissen und
Wissenschaft unmöglich sind. Trotzdem hat man sich inzwischen weitestgehend mit
diesem performativen Widerspruch abgefunden, dass auf diese Weise die
Ergebnisse der eigenen Arbeit die eigene Arbeit negieren. Sofern man mit
absoluten Konzepten von Erkennen, Wissen und Wissenschaft arbeitet, ist dies
aus der Innenperspektive heraus sicherlich auch eine zutreffende Beobachtung. Diesen
erkenntnistheoretischen Absolutheitsanspruch findet man heute allerdings fast
nur noch in der Philosophie und der Religion. Obgleich der Einfluss der
Philosophie auf die Wissenschaft bis heute noch unübersehbar ist, stellt sich
trotzdem die Frage, in wie weit Theorien und Methoden, die sich in der
Botschaft über die Zwecklosigkeit der Wissenschaft erschöpfen, noch als Wissenschaft
betrachtet werden können? Dieser Widerspruch wird heute immer mehr durch die
unterschiedlichen Erwartungshaltungen von Wissenschaft und Philosophie
forciert. Während wissenschaftlich produziertes Wissen immer unter dem
Vorbehalt der Vorläufigkeit steht und jederzeit durch entsprechende neue
Forschungsergebnisse geändert werden kann, werden die philosophischen Theorien
immer noch von der Erwartung auf universell gültiges und unveränderbares Wissen
getragen. Für solche Erwartungen halten heute die verschiedenen Religionen die
entsprechenden Sinnangebote bereit. An beide philosophische Denktraditionen
lässt sich deswegen die Frage stellen, ob sie nicht möglicherweise ihre
Erwartungshaltungen in Bezug auf das erhoffte Wissen ändern müssten. Letztlich
wird von beiden nur die Vorläufigkeit und zwangsläufige Unvollständigkeit des
Wissens als Argument benutzt, um es abzulehnen. Wenn man jedoch mehr an
letztgültigen, unumstößlichen Wahrheiten als an vorläufig gesichertem Wissen
interessiert ist, verfolgt man kein wissenschaftliches, sondern ein religiöses
Erkenntnisinteresse.</span><br />
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"><br /></span>
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">Darüber hinaus fanden die Entwicklungen zur
Überwindung der Probleme des Materialismus und Idealismus nicht in der
Philosophie, sondern in der Biologie, der Kybernetik, den
Kognitionswissenschaften und der Soziologie statt. Mit Konzepten wie
Autopiesis, Selbstreferenz oder Beobachtung 2. Ordnung stehen heute Mittel zur
Verfügung, mit denen sich die erkenntnistheoretischen Probleme der Philosophie
bearbeiten lassen. Die entscheidenden wissenschaftlichen Entwicklungen
vollzogen sich plötzlich außerhalb der Philosophie. Obgleich sich die
Philosophie bis heute als eine Art Reflexionstheorie der Wissenschaft versteht,
wurde ihr auf einmal vorgeführt, dass die Wissenschaft nicht mehr auf sie
angewiesen ist. Und es scheint so, dass sich zumindest Teile der Philosophie
für diese narzisstische Kränkung dadurch revanchieren, dass sie nun die
Botschaft von der Zwecklosigkeit der Wissenschaft bzw. der Unmöglichkeit der
Sinnkonstitution verbreiten. Entsprechend lesen sich dann die Kritiken an der
wissenschaftlichen Konkurrenz der Philosophie häufig wie Abwehrreflexe, die nicht
bereit sind ihre eigenen falschen Erwartungen zu korrigieren. Häufig laufen
diese Kritiken auf die Feststellung hinaus, dass der Konkurrenz auch bloß nicht
gelingt, was einem selbst nicht gelingt. Das führte dazu, dass Lyotards
Geschichte vom Ende der großen Erzählungen (vgl. 2012 [1982]) selbst zur großen
Erzählung wurde. Wissen und Sinnkonstitution werden rhetorisch zu einem mystischen
Rätsel aufgebauscht. Wenn man allerdings nicht bereit ist, die Erwartung oder
besser den Wunsch nach absoluter Gewissheit aufzugeben und auch andere Ansätze
nur an diesem Maßstab misst, dann geht die Kritik natürlich systematisch fehl,
denn die kritisierten Ansätzen werden nicht mehr von einer derartigen Erwartung
getragen. Entsprechend kann man dann nur noch ein allgemeines Scheitern des
Geistes an sich selbst konstatieren, welches den propagierten
erkenntnistheoretischen Fatalismus verständlich macht. Gerechtfertigt ist er
trotzdem nicht.</span><br />
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"><br /></span>
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"><br /></span>
<br />
<div style="text-align: center;">
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">III</span></div>
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"><br /></span>
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">Philosophische Ansätze metaphysischer Prägung
– poststrukturalistische und postmoderne Ansätze werden hier dazugezählt –
haben also ein Problem damit, die Darstellungsfunktion der Kommunikationsmedien
theoretisch zu erfassen. Dabei rächt sich der ostentativ gepflegte
Anti-Funktionalismus. Wie bereits weiter oben dargestellt, hat Wissen die
Funktion das Erleben und Handeln der Kommunikationspartner zu strukturieren und
zu orientieren. Ohne Wissen ist es den Kommunikationspartnern nicht möglich
einem Ereignis, das im gemeinsamen Zentrum der Aufmerksamkeit stattgefunden
hat, einen Sinn zu geben. Ohne Zwecke, Ziele oder Funktionen, an denen sich das
Erleben und Handeln orientiert, gibt es keinen Sinn (vgl. Csikszentmihalyi 2005
[1993], S. 250). Wer es vermeidet die
Frage nach dem Zweck von Wissen zu stellen, behauptet daher von vorn herein die
Funktionslosigkeit des Wissens. Damit sagt man zugleich, dass das gemeinsame menschliche
Streben nach Wissen sinnlos sei. Diese Annahmen sind empirisch so
offensichtlich falsch, dass man sich wundert, wie man eine solche Annahme
ernsthaft äußern kann, denn sie betrifft ja auch das eigene Erleben und Handeln.
Sicherlich steht es jedem frei, den theoretisch/methodischen Ansatz zu wählen,
von dem man sich den meisten Erkenntnisgewinn erhofft. Ohne funktionalistische
Annahmen ist der Sinnverlust allerdings bereits zu Beginn der Arbeit
vorprogrammiert – sowohl in Bezug auf die Aussagen, die man noch über die
Umwelt machen kann, als auch in Bezug auf die eigene Arbeit. Tatsache ist jedoch,
dass derartige Annahmen kurioserweise nicht nur vertreten werden, sondern auch
noch Anspruch darauf erheben die soziale Wirklichkeit zu beschreiben. Es
scheint daher notwendig nicht nur das theoretische Problem dieser Ansätze zu
bestimmen, sondern wie sich der Sinnverlust aus einer solchen Perspektive
darstellt.</span><br />
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"><br /></span>
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">Lyotard kommt in seinem Bericht über das
postmoderne Wissen zu dem Ergebnis, dass die Legitimität allen Wissens nicht
mehr extern, d. h. durch die Umwelt, abgesichert ist (vgl. 2012 [1982]). In
dieser Form drückte er aus, dass es weder ein Abbild- noch ein
Korrespondenzverhältnis zwischen externem Beobachtungsobjekt und systemeigenen
Formen der Aufmerksamkeitsfokussierung gibt. Daraus schloss er, dass die
Legitimität allen Wissens nur systemintern, d. h. diskursiv, gesichert werden
kann. Dies gelingt aber nicht durch die Unterstellung eines Konsenses vorab,
sondern nur durch Widerspruch bzw. Dissens im Rahmen eines systemspezifischen
Sprachspiels. Lyotard benutzte Wittgensteins Begriff des Sprachspiels, um die
Operationsweise der Kommunikation zu beschreiben. Durch den permanenten
Widerspruch sollen die Paradoxien der Systemregeln aufgedeckt werden. Lyotard
bezeichnet diese Methode als Paralogie. Sie ist eng verwandt mit Derridas
Methode der Dekonstruktion. Ein System soll auf diesem Weg in einen permanenten
Konflikt zu sich selbst geraten. Ziel ist die dauerhafte Destabilisierung der
Regeln eines Sprachspiels, um genau dadurch die Regeln ändern zu können.</span><br />
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"><br /></span>
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">Eine wichtige Rolle schreibt Lyotard dabei den
neuen Technologien der Informationsspeicherung und –verbreitung, wie Computern
und Internet, zu. Er hoffte, dass durch den Informationsumschlag in Echtzeit
eine ausgeglichene Verbreitung des Wissens erreicht werde, wodurch alle
Teilnehmer eines systemeigenen Sprachspiels ebenbürtige Kontrahenten werden.
Die gleichberechtigte Partizipation an einem bestimmten Sprachspiel, so die
Hoffnung, müsste dann zu einer stärkeren Legitimität des produzierten Wissens
führen. Lyotard spricht sogar von Spielen „mit vollständiger Information“ (2012
[1982], S. 154). Schon allein gegen diese Erwartung lässt sich einwenden, dass
der Aufwand für das Erreichen vollständiger Informationen alle Zeit und Energie
einer Person binden würde. Man wäre, mit anderen Worten, nur damit beschäftigt
sich über Datenbanken das benötigte Wissen anzueignen, mit dem es dann möglich
sein soll sich an den Sprachspielen zu beteiligen. Ein Zustand vollständiger
Informiertheit ist jedoch nur ein hypothetischer Idealzustand, der praktisch
nicht zu erreichen ist. Wenn vollständige Informiertheit also nicht zu
erreichen ist, stellt sich die Frage, wann die Wissenssucher sich jemals an
Sprachspielen beteiligen sollen. Wie kann man überhaupt wissen, wann man diesen
Zustand vollständiger Information erreicht hat? Knüpft man außerdem die Geltung
von Wissen ausschließlich an seine Performativität, dann kann der Indikator für
vollständige Informationen praktisch nur konformes Verhalten sein. Solange man
nicht für sein Verhalten kritisiert wird, kann man sich in der Sicherheit
wiegen über vollständige Informationen für eine gleichberechtigte Teilnahme zu
verfügen. Diese Art der Sicherheit, die eine ausschließliche Orientierung an
anderen Personen mit sich bringt, hat sich jedoch schon häufig als trügerisch
herausgestellt. Lyotard geht also bereits von unrealistischen Zielvorstellungen
– vollständige Informationen – aus. Entsprechend unrealistisch fallen dann auch
die Lösungsvorschläge aus. Wenn die Legitimität des Wissens durch konformes
Verhalten abgesichert wird, besteht die Lösung, wenn man die Legitimität des
verfügbaren Wissens bestreiten möchte, konsequenterweise in abweichendem
Verhalten. Die Provokation von Dissens dient in Lyotards Szenario dann allerdings
nur dazu die Möglichkeiten für die Ablehnung eines Kommunikationsangebots zu
erweitern.</span><br />
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"><br /></span>
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">Genau diesen Zweck verfolgt die Methode der
Paralogie. Delegitimierung durch Paralogie führt die Paradoxien des Systems vor
Augen. Die offengelegten Paradoxien liefern einen guten Grund für die Ablehnung
der vermeintlichen Zumutungen eines Systems. Sie liefern jedoch keine
konstruktive Kritik, die dazu beitragen könnte eine Erwartungszumutung
anzunehmen oder die Regeln des systemeigenen Sprachspieles zu ändern. Wie
praktische Paralogie aussehen kann, führt Lyotard am Beispiel der Systemtheorie
vor. Maßgeblich angeregt durch die Lektüre von Luhmanns „Legitimation durch
Verfahren“ (1983 [1969]) zieht er die Schlussfolgerung, dass die Legitimität
der Wissensbestände in ihrer Performativität abgesichert ist (vgl. Lyotard 2012
[1982], S. 116). Es zählt weniger der Inhalt der Wissensbestände, sondern nur wie
sie dargestellt werden. Diese Schlussfolgerung bildet die Prämisse mit der
Lyotard das postmoderne Wissen beschreibt. Zugleich wirft Lyotard jedoch der
Systemtheorie vor, dass ihr die wissenschaftliche Grundlage fehle (vgl. 2012
[1982], S. 145) und versucht darüber hinaus gemäß der vorgeschlagenen Methode
der Paralogie die Systemtheorie mit ihren eigenen Mitteln zu schlagen und ihre
immanenten Widersprüche aufzuzeigen. Er versucht also einen Beitrag zum
systemtheoretischen Sprachspiel zu leisten. Mehr noch, versucht er aus dem
Ergebnis wiederum Prognosen für den Umgang mit postmodernem Wissen abzuleiten.
Doch anstatt nun einen Verbesserungsvorschlag für die Änderung der Regeln des
systemtheoretischen Sprachspiels zu liefern, qualifiziert er es einfach als
unwissenschaftlich ab. Das zeigt, dass es Lyotard gar nicht um eine Beteiligung
am systemtheoretischen Sprachspiel geht, sondern nur um dessen Delegitimierung,
damit er sein Sprachspiel an die Stelle der Systemtheorie setzen kann. Konstruktive
Kritik formuliert in Bezug auf das Kritisierte ein „ja, aber…“. Die Paralogie
benutzt dagegen die offengelegte Paradoxie, um eine vollständige Ablehnung rechtfertigen
zu können. Sie drückt also nur ein schlichtes „Nein“ aus ohne das klar wäre,
was die Alternative ist. Paralogie tut also zunächst so als würde sie
konstruktive Kritik üben, nutzt dann aber die aufgezeigten Theorieprobleme
nicht für Veränderungen der Theorie, sondern als Grund ihre Regeln vollständig
ablehnen zu können. An ihre Stelle wird dann das eigene Sprachspiel gesetzt,
dass jedoch ohne die abgelehnte Theorie gar nicht möglich gewesen wäre. Mit
anderen Worten, Lyotard beteiligt sich an einem aus seiner Sicht
unwissenschaftlichen Sprachspiel und nutzt dessen Regeln und Argumente gegen
dieses Sprachspiel. In der Konsequenz müsste das Ergebnis allerdings genauso
unwissenschaftlich sein.</span><br />
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"><br /></span>
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">Dieser performative Widerspruch zeigt, dass es
nicht um konstruktive Kritik und Veränderung geht. In Lyotards Szenario kommt
dem Dissens die </span><i style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">soziale Funktion</i><span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"> zu, </span><i style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">die Bedingungen für legitime Ablehnung zu
testen</i><span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">. Im Anschluss daran wird die Provokation von Dissens in der Form des
Protests zum Selbstzweck. Es zählt nur die blinde Suche nach Widersprüchen am
abzulehnenden Kommunikationsangebot. Der Sinnkontext, in dem die
widersprüchlichen Informationen zu einem konsistenten Bild zusammengefügt
werden könnten, interessiert nicht. Wichtig ist nur noch die Form des Protests,
egal wogegen protestiert wird. Es geht nur noch um das Empören um des Empörens
willen und um den Protest um des Protestierens willen. Die Ironie dieser Lösung
besteht jedoch darin, dass die Performativität des Protests zum
Erkennungszeichen für konformes Verhalten im postmodernen Sinne wird. Obgleich
der Protest die Legitimität gültiger Wissensformen in Frage stellen soll,
liefert er nur neue Formen konformen Verhaltens. Non-Konformität wird zum neuen
Konformismus, der Konformismus als deviant ablehnt. Konflikte um bestehende
Verhaltensregeln werden dann allerdings zu reinen Verdrängungskämpfen, bei
denen nicht die bestehenden Regeln für konformes Verhalten weiterentwickelt
werden, sondern lediglich die bestehenden Regeln durch andere ersetzt werden.
Wenn jedoch Non-Konformismus zur neuen Regel erklärt wird, gibt es nur noch
eine Regel – nämlich die, dass es keine Regeln mehr gibt. Ohne Regeln gibt es
kein gültiges Wissen mehr. Ohne Wissen lassen sich jedoch auch keine
Erwartungen mehr bilden. Und ohne Erwartungen lässt sich auch kein Sinn mehr
zuschreiben. Die postmoderne Kritik der Regeln führt also den Sinnverlust
selbst herbei. Die Unübersichtlichkeit ist damit kein Merkmal der Gesellschaft,
sondern ein Eindruck, der sich aus der Form der postmodernen
Aufmerksamkeitsfokussierung selbst ergibt.</span><br />
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"><br /></span>
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"><br /></span>
<br />
<div style="text-align: center;">
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">IV</span></div>
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"><br /></span>
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">Gegen Lyotard lässt sich einwenden, dass für
die Ablehnung eines Kommunikationsangebots keine Gleichverteilung der
Wissensbestände vorliegen muss. Im Gegenteil, je weniger Wissen man besitzt, um
ein bestimmtes Kommunikationsangebot beurteilen zu können, desto leichter fällt
es, das Angebot abzulehnen. Ebenso wenig muss ein Zustand vollständiger
Information zwischen den Beteiligten vorliegen. Nicht nur, dass vollständige
Information empirisch unmöglich ist, sie ist auch nicht notwendig für Dissens. Stattdessen
wird der Dissens gerade durch die Ungleichverteilung des Wissens erzeugt und
trägt zugleich durch die kommunikative Abarbeitung zur Verbreitung des Wissens
bei. Das führt nicht zu vollständigen Informationen, sondern allenfalls zu
einer tendenziellen Konvergenz der Perspektiven, ohne sie jedoch jemals
vollständig erreichen zu können. Die Konvergenz kann aber soweit gehen, dass
die Beteiligten zumindest wechselseitig verstehen, warum die Beteiligten einen
bestimmten Sachverhalt so erleben, wie sie ihn erleben, und so handeln, wie sie
handeln. Es ist daher gar nicht notwendig künstlich einen Dissens zu erzeugen.
Die ungleiche Verteilung des Wissens sorgt schon dafür, dass es zum Dissens
kommt.</span><br />
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"><br /></span>
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">Und selbst wenn ein solcher Idealzustand vollständiger
Informiertheit erreichbar wäre, garantiert dies noch lange keine ausgeglichenen
Machtverhältnisse. Auch bei gleichen Wissensbeständen wird es Gewinner und
Verlierer geben. Das versuchte Lyotard vermutlich anzudeuten, wenn er die
systemeigenen Sprachspiele unter der Bedingung gleicher Wissensverteilung nicht
nur als Spiele mit vollständigen Informationen, sondern auch als „Nicht-Nullsummenspiele“
(vgl. 2012 [1982], S. 154) bezeichnet. Es stellt sich dann allerdings die
Frage, was unter diesen Bedingungen Gerechtigkeit bedeuten soll? Lyotard hält
es anscheinend für gerecht, dass unter der Bedingung gleicher Wissensverteilung
allen Beteiligten der gleiche unerschöpfliche Möglichkeitsraum des Wissens zu
Verfügung steht, um gegeneinander zu protestieren. Lyotard irrt allerdings,
wenn er annimmt, dass es unter diesen Bedingungen nicht zur Bildung von
Gleichgewichten kommt. Werden sich die Mitspieler ebenbürtiger, wird es immer
schwieriger einen Sieg zu erlangen. Irgendwann, wenn die Spieler tatsächlich
ebenbürtig sind, können sie sich eigentlich nur noch gegenseitig in Schach
halten. Im Prinzip blockieren sie sich dann gegenseitig und niemand kommt mehr
zum Zug. Dieser Zustand scheint Lyotards Vorstellung von Gerechtigkeit zu
entsprechen. Ein sportlicher Wettkampf würde an diesem Punkt mit einem
Unentschieden enden. Außerhalb von eingehegten Wettkämpfen würden die Beteiligten
an diesem Punkt entweder getrennte Wege gehen oder sich gegenseitig ihren
Fähigkeiten Respekt zollen und beginnen miteinander zu kooperieren.</span><br />
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"><br /></span>
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">Hinter der Frage nach der Legitimität der
Wissensbeständige steckt die Frage nach den Bedingungen, unter denen ein
bestimmtes Kommunikationsangebot angenommen oder abgelehnt wird. Die
Formulierung dieses Problems mit Hilfe von normativ/rechtlichen Begriffen, wie
Legitimität und Gerechtigkeit, verstellt die Sicht auf das im Kern
kommunikationstheoretische Problem. Das verleitet dazu ein Problem, dass
zunächst zwischen zwei Personen besteht, vorschnell auf die Gesamtgesellschaft
im Sinne von Weltgesellschaft hochzurechnen. Mit anderen Worten, ein hochgradig
lokales Problem, wird als globales Problem behandelt. Dadurch wird es gleichsam
kollektivistisch gerahmt, was es erst ermöglicht es als politisches Problem zu
formulieren, von dem man glaubt, es ginge alle an. Das Problem an Lyotards
Antwort besteht jedoch darin, dass er sich lediglich auf die Performativität
der Kommunikation konzentriert und dadurch nicht mehr einfordern kann als
konformes Verhalten durch Non-Konformität. Wenn Dissens aber nur für die
Verteilung des Wissens sorgt, dann sagt Dissens noch nichts über die Annahme
einer mitgeteilten Information. Zunächst wissen die beteiligten Personen nur,
wie die Anderen einen bestimmten Sachverhalt sehen. Das bedeutet aber noch
nicht, dass diese Sichtweisen akzeptiert werden. Paralogie als Dissenserzeugung
bietet somit noch keine Antwort auf die Frage nach der Annehmbarkeit bzw.
Legitimität eines Kommunikationsangebots. Sie lotet nur die Bedingungen für die
Ablehnbarkeit bzw. Delegitimierung eines Kommunikationsangebots aus. Doch dazu
ist es nicht notwendig so viel wie möglich zu wissen, sondern so wenig wie
möglich. </span><i style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">In der hohen
Ablehnungswahrscheinlichkeit liegt die Macht der Unwissenheit.</i><br />
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"><br /></span>
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">Aus dieser Perspektive bekommt dann auch die
große Erzählung vom Ende der großen Erzählungen ihre soziale Funktion. Nicht
Veränderung der Regeln von Sprachspielen ist das Ziel dieser Erzählung. Wenn
Wissen nur über Sprachspiele erzeugt und verteilt wird, dann kann die ausschließliche
Delegitimierung durch Paralogie die Sprachspiele und damit auch bestehendes Wissen
nur negieren, aber nicht verändern. Das Offenlegen von Paradoxien durch
Paralogie stört nur die Strukturierung des Erlebens und die Orientierung des
Handelns der beteiligten Kommunikationspartner. Dieses kommunikative Rauschen
durch wiederholtes und unkonditioniertes Negieren führt zum schleichenden
Sinnverlust und damit zur Paralyse der Beteiligten. Geht man jedoch davon aus,
dass Wissen in Bezug auf einen gemeinsamen Fokus der Aufmerksamkeit das Erleben
der Kommunikationspartner strukturiert und ihr Handeln orientiert, dann stellt Paralogie
sicherlich eine konsequente, aber auch ziemlich perfide Möglichkeit dar, um die
Widerständigkeit der menschlichen Umwelt gegenüber den Zumutungen sozialer
Systeme zu fördern. Man sollte aber nicht vergessen, dass soziale Systeme die
Aufmerksamkeit der beteiligten Menschen fokussieren und lenken. Der Protest
gegen soziale Systeme ist damit immer auch ein Protest gegen das Erleben und
Handeln anderer Menschen. Das durch Paralogie in guter Absicht erzeugte soziale
Chaos wird nicht ohne Folgen auf die psychische Ordnung der beteiligten
Personen bleiben. Die psychische Umwelt wird durch die Aufforderung zu
unkonditionierten Negationen, wenn man so sagen darf, toxisch. Es scheint so,
als hätte Lyotard die Unwissenheit als letzten Fluchtpunkt für politischen Protest
auserkoren, um die Widerständigkeit der Menschen gegen die Zumutungen sozialer
Systeme zu fördern. Die blinde Zerstörung aller Formen der
Aufmerksamkeitsfokussierung bildet dann den gemeinsamen Fokus postmoderner
Aufmerksamkeitsfokussierung. Darüber hoffen postmoderne Theorien die verloren
gegangene gesellschaftliche Einheit wieder herstellen zu können. Man ist vereint
im Nein-Sagen und in der daraus resultierenden Unwissenheit, Ignoranz, Angst
und Misstrauen gegenüber seinen Mitmenschen. Das wirkt allerdings nur
desintegrierend und schafft so erst die Probleme, die man vorgibt lösen zu
wollen. Lyotards Bericht ist also nur ein Plädoyer für unbedingten Protest,
also ein Ja zum Nein. Wozu man allerdings darüber hinaus noch Ja sagen sollte,
bleibt unklar.</span><br />
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"><br /></span>
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">Sinnverlust erzeugt Angst. Psychologisch
betrachtet, ist das postmoderne Sprachspiel daher nichts weiter als ein </span><i style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">Spiel mit der Angst</i><span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"> des Publikums. Damit
hat Lyotard eigentlich nur auf das soziale Grundproblem hingewiesen, dass darin
besteht, dass Menschen für ihre psychischen Operationen wechselseitig
intransparent sind und dadurch die ständige Gefahr einer Divergenz des Erlebens
besteht. Welche Mittel die Gesellschaft bereits zu Lösung dieses Problems
entwickelt hat, dafür interessieren sich postmoderne Theorien bis heute nicht
sonderlich. Der Protest dient nur zur systematischen Ablenkung der
Aufmerksamkeit von den verfügbaren Formen der Aufmerksamkeitsfokussierung. Sie versuchen ihr Publikum durch die </span><i style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">Fokussierung auf das soziale Grundproblem</i><span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">
der ständig drohenden Divergenz des psychischen Erlebens zu petrifizieren und
es in der Unwissenheit zu belassen oder sie erst herbei zu führen. Aufklärung
sieht anders aus.</span><br />
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"><br /></span>
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">Aufgrund dieser offensichtlichen
Selbstbezüglichkeit des postmodernen Protests verwandelt sich die heroische
Pose des postmodernen Rebellen in eine leere Geste. Das schmücken mit höheren
Werten und Zielen wird zu einer Strategie unter vielen, um sich interessant zu
machen bzw. auf die eigene Probleme aufmerksam zu machen. Es handelt sich dabei
um Verständnisprobleme. Die Radikalität, in der dies geschieht, macht sie aber
allenfalls noch massenmedial interessant. Absolute Werte benötigen vollständige
Aufmerksamkeit. Die bekommt man nicht mit konventionellen Mitteln. Diese Art
von Aufmerksamkeit erregt man nur indem man durch bemüht deviantes Verhalten Grenzen
überschreitet. Die daraus resultierenden Selbstdarstellungsformen wirken jedoch
außerhalb massenmedialer Kontexte bestenfalls exzentrisch, meistens eher
unpassend und schlimmstenfalls grotesk oder lächerlich <a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2014/08/die-beobachtung-der-beobachtung-33.html#fn004" id="anker004">[4]</a>.</span><br />
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"><br /></span>
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"><br /></span>
<br />
<div style="text-align: center;">
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">V</span></div>
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"><br /></span>
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">Lyotards Lösungsvorschlag entpuppt sich also als
Alternative, die keine Alternative ist. Sie bietet keine Lösung dem Problem
postmoderner Orientierungslosigkeit Herr zu werden, sondern macht das Problem
durch Delegitimierung nur noch schlimmer. Es fördert die soziale
Desintegration. Dass es zu solch einem grandiosen Fehlschluss kommen kann, ist
nur möglich, wenn bereits die Problemdiagnose wichtige Faktoren unberücksichtigt
lässt. Lyotards Analyse stützte sich im Wesentlichen auf die Annahme, dass
Wissensbestände heute maßgeblich durch </span><i style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">Performativität</i><span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">
stabil gehalten werden. Zwar wird mit diesem Begriff der Prozesscharakter von
Kommunikation berücksichtig. Der Begriff der Performativität stellt allerdings
nur auf die </span><i style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">Form der Darstellung</i><span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"> bzw.
die </span><i style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">Form der Mitteilung</i><span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"> ab, ohne die </span><i style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">mitgeteilten Informationen</i><span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"> zu
berücksichtigen. Die immense Heterogenität der gesellschaftlich verfügbaren
Wissensbestände wird einfach ausgeblendet. Die Unterscheidung von Alltagswissen
und wissenschaftlich produziertem Wissen erfasst diese Heterogenität nur sehr
unzureichend. Wissen wird nicht nur im Alltag oder in der Wissenschaft
benötigt. Wissen bildet die Voraussetzung damit Menschen ihr Erleben und
Handeln in jeder Situation organisieren können und muss daher in jeder
Situation als wechselseitige Erwartung mitlaufen. Es bietet die Möglichkeit
zwischen Aktualität und Potentialität unterscheiden zu können. Durch Wissen kann
eine Handlung mit möglichen Alternativen verglichen und dadurch in ihrem Sinn
erschlossen werden. Für die Beteiligung an Kommunikation ist, abhängig vom Thema, immer das dazu passende Wissen erforderlich. Oder wie Luhmann es ausdrückt: „Ohne
unterstellbares Wissen keine Kommunikation.“ (1990, S. 122) Empirisch wird es
interessant bei der Frage, wie mit der Enttäuschung dieser Erwartung umgegangen
wird.</span><br />
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"><br /></span>
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">An diesem Punkt ergibt sich eine merkwürdige
Ambivalenz, denn es scheint so als würden </span><i style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">Sinn</i><span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">
und </span><i style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">Wissen</i><span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"> in ihrer sozialen Funktion
zusammenfallen. Beide strukturieren das Erleben und orientieren das Handeln.
Die Unterscheidung von Sinn und Wissen wäre demnach eine Tautologie – ein
Unterschied, der keinen Unterschied macht. Wenn Sinn und Wissen so ähnlich
erscheinen, muss man berücksichtigen, dass man sich bereits auf der Ebene der
allgemeinen Theorie sozialer Systeme bewegt. Eine Unterscheidung verschiedener
Wissensformen anhand ihrer Zugehörigkeit zu den verschiedenen Funktionssystemen
der Gesellschaft ist zwar möglich, ändert aber nichts an der sozialen Funktion
des Wissens. Diese ist so allgemein, dass sie für alle sozialen Systeme gilt.
Damit wird man auf die drei Sinndimensionen verwiesen. In der </span><i style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">Sozialdimension</i><span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"> kann die Funktion des
Wissens verortet werden, denn es strukturiert das Erleben der beteiligten
Kommunikationspartner und orientiert damit auch ihr Handeln. Auch wenn
unterschiedliches Wissen das Erleben der Kommunikationspartner anders
strukturiert, die Funktion bleibt die Gleiche. Eine zweite Möglichkeit bietet
die </span><i style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">Sachdimension</i><span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">. Sinn ergibt sich
aus dem Unterschied zwischen Aktualität und Potentialität (vgl. Luhmann 1984, S.
100). Das bedeutet, ein Beobachter schreibt einem stattgefundenen Ereignis erst
im Vergleich zu anderen Möglichkeiten, die als funktionale Äquivalente in Frage
gekommen wären, einen Sinn zu. Dies kann natürlich nur geschehen nachdem das
betreffende Ereignis stattgefunden hat. Sinn kann also nur nachträglich
zugeschrieben werden. Das bedeutet zugleich, dass ohne Vergleichsmöglichkeiten
kein Sinn zugeschrieben werden kann. Die Kenntnis solcher
Vergleichsmöglichkeiten wird üblicherweise als Wissen bezeichnet. Berücksichtigt
man bei diesem Abgleich nicht nur das eigene Wissen, sondern auch das Wissen
des Kommunikationspartners, kann man unter anderem erkennen, dass es nicht nur
möglich ist mit gleichem Wissen ähnliche Sinnzuschreibungen vorzunehmen,
sondern auch trotz unterschiedlichen Wissens zu ähnlichen Sinnzuschreibungen zu
gelangen. An diesem Sachverhalt zeigt sich die funktionale Äquivalenz
verschiedener Wissensformen für die Zuschreibung von Sinn. Mit anderen Worten,
trotz unterschiedlicher Formen der Darstellung kann ein ähnlicher imaginärer
Eigenwert konstruiert werden.</span><br />
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"><br /></span>
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">Damit dies möglich wird, muss man bereits
erkannt haben, dass Beobachten bzw. das Fokussieren der Aufmerksamkeit nicht
nur eine Anzeigefunktion hat, sondern darüber hinaus auch eine Darstellungsfunktion.
Erst das Darstellen, und nicht nur das Anzeigen, macht es möglich auf
verschiedenen Wegen zu ähnlichen Sinnzuschreibungen zu kommen. Dies kann man
aber erst durch eine funktionale Analyse erkennen. Für diese Reflexion kann man
nicht nur die eigenen Formen der Sinnzuschreibung berücksichtigen, sondern auch
die der Kommunikationspartner. Mithin wird auf diese Weise der Sinn des Sinns
reflektiert und damit die soziale und psychische Funktion verschiedener Formen
der Aufmerksamkeitsfokussierung. Die wiederholte Reflektion der verschiedenen
Beobachtungsformen macht den Sinn des Sinns beobachtbar und genau dadurch wird eine
Sinnzuschreibung in verbreitungsfähiges Wissen transformiert. Es lässt sich
daher sagen, </span><i style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">Wissen ist reflexiv
gewordener Sinn</i><span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">. Der damit markierte Unterschied zwischen Sinn und Wissen
ist dann aber kein sachlicher mehr, sondern ein </span><i style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">zeitlicher</i><span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">.</span><br />
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"><br /></span>
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">Erst die Berücksichtigung der Zeit macht es
verständlich, warum verschiedene Personen so beobachten, wie sie beobachten. Damit
ist zum einen die Entwicklung bzw. Differenzierung des Wissens gemeint und zum
anderen die Verbreitung des Wissens zwischen den Menschen. Das Wissen darüber,
wie Sinn zugeschrieben wird, macht es möglich auf das
Unterscheidungsarrangement bzw. das Wissen des Kommunikationspartners zurückzuschließen,
das zu einem bestimmten Beobachtungsergebnis geführt hat. Diese
Unterscheidungsarrangements können differieren zwischen den
Kommunikationspartnern. </span><i style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">Erst Wissen als
reflexiver Sinn macht es möglich die Differenzen in der Sozialdimension bzw. im
Erleben der Beteiligten nicht nur zu registrieren, sondern auch zu verstehen</i><span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">.
Wissen kommt damit eine entscheidende Rolle beim Umgang mit Konflikten zu, denn
mit Wissen lassen sich die sozialen Differenzen aushalten ohne sie mit Gewalt
zu beseitigen. Wenn nötig können sie auch kommunikativ überbrückt werden, indem
man unter Berücksichtigung des Wissens des Kommunikationspartners darstellt,
warum man selbst eine andere Sicht auf den gemeinsamen Fokus der Aufmerksamkeit
hat.</span><br />
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"><br /></span>
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">Auf dieser Grundlage wird im Umkehrschluss
auch noch einmal deutlich, dass die Ablehnung eines Kommunikationsangebots umso
leichter fällt, je weniger man über das Thema weiß. Die Unfähigkeit zum
Verstehen des Kommunikationspartners geht letztlich auf einen Mangel an Reflexion
des eigenen Wissens im Vergleich zu anderen Personen zurück. Eine
Schlussfolgerung daraus ist, dass gewaltfreie Konfliktbewältigung nur durch
Wissenserweiterung bzw. Differenzierung möglich ist. Ohne Reflexion, also ohne
Berücksichtigung des Erlebens der Kommunikationspartner, ist die
Wahrscheinlichkeit relativ hoch, dass es zu gewaltsamen Konflikten kommt. Man
könnte also sagen, </span><i style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">die beste
Gewaltprävention ist die Differenzierung des Wissens durch konsequente Reflexion</i><span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">.
Psychologisch wird auf diese Weise das Unbewusste bewusst gemacht, soziologisch
wird das Unthematisierte thematisiert. Eine postmoderne Theorie des Wissens, die
sich nur darauf konzentriert, wie etwas dargestellt wird, ohne sich dafür zu
interessieren, was dargestellt wird, trägt nur zur Vertiefung der Differenzen
in der Sozialdimension bei ohne sie zu reflektieren. Damit trägt sie zugleich
zur Erhöhung der Wahrscheinlichkeit für gewaltsame Konflikte bei. Durch die
postmoderne Fixierung auf Wissen und Macht ist anscheinend das eigene Verhältnis
zu Gewalt völlig ungeklärt geblieben – auch in Bezug auf die eigenen
politischen Prätentionen.</span><br />
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"><br /></span>
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"><br /></span>
<br />
<div style="text-align: center;">
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">VI</span></div>
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"><br /></span>
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">Die soziologische Systemtheorie Luhmanns versucht die Fragen nach
der Konstitution von Sinn, seiner Verbreitung und seiner Annahme oder Ablehnung
mit Hilfe der Unterscheidung von Information, Mitteilung und Verstehen zu
beantworten (vgl. Luhmann 1984, S. 194ff.). Jede Handlung wird dabei als
Synthese von drei Selektionen aufgefasst: die Wahl des Themas (Information),
die Wahl des Verbreitungsmediums (Mitteilung) und die Wahl, was an einer
vorhergehenden Handlung als Anschluss aufgegriffen wird (Verstehen) - also Mitteilung oder Information. Ausgangspunkt
der folgenden Überlegungen ist zunächst die Unterscheidung von </span><i style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">mitgeteilten Informationen</i><span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"> und </span><i style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">Formen der Mitteilung.</i><span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"> Beides zusammen,
egal ob Information und Mitteilung oder Kommunikationsmedien und
Verbreitungsmedien, wird als </span><i style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">Codierung</i><span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">
bezeichnet. Für die Klärung, warum ein Kommunikationsangebot angenommen oder
abgelehnt wurde, sind beide Aspekte einer Handlung relevant (vgl. Luhmann 1984,
S. 197). Weder die Form der Mitteilung allein, noch die mitgeteilten
Informationen allein, können erklären, warum ein Kommunikationsangebot
angenommen oder abgelehnt wurde.</span><br />
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"><br /></span>
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">Mit Blick auf die Verbreitungsmedien interessiert ihre soziale Funktion,
also warum gerade dieses und kein anderes gewählt wurde. Es kann z. B. einen
gravierenden Unterschied machen, ob man etwas unmittelbar persönlich mitteilt
oder schriftlich über Distanz. Bei letzterem fällt die Wahrnehmung als wichtige
Informationsquelle für die Erlebens- und Handlungskoordination weg. Das
Bewusstsein für die wechselseitige Beobachtbarkeit lässt nach, weil sich die
Kommunikationspartner nicht mehr gegenseitig wahrnehmen. Aber auch bei
Kommunikation unter Abwesenden muss man sich an den Handlungen des
Kommunikationspartners orientieren und seine eigenen Handlungen daran
ausrichten. Fehlende Wahrnehmung macht daher die Ausbildung eines Bewusstseins über
die wechselseitige Beobachtbarkeit zu einer neuen Herausforderung, denn statt
der Wahrnehmung müssen nun andere Informationen die fehlende Wahrnehmung
kompensieren. Bei schriftlicher Kommunikation müssen daher viel mehr
Informationen explizit angegeben werden als bei der Kommunikation unter Anwesenden.
Die Mitteilungen werden mit Blick auf den Adressaten von Absender viel präziser
ausgearbeitet. Das kostet mehr Zeit und psychische Energie. Audiovisuelle
Kommunikationsmedien wie Filme können zwar die Informationslasten reduzieren,
bleiben aber in ihrer Gestaltung genauso beobachterabhängig wie Sprache.
Allgemein gilt, dass Kommunikation unter Abwesenden zur stärkeren Reflexion
führt, da man überlegen muss, welches Wissen man beim Adressaten
voraussetzen kann, damit er einen versteht. Am einfachsten ist dies noch bei
bekannten Personen, am anspruchsvollsten dagegen wenn man sich an ein
unbekanntes Publikum richtet.</span><br />
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"><br /></span>
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">Mit Blick auf die mitgeteilten Informationen interessiert, warum
gerade diese Informationen mitgeteilt wurden und nicht andere. Darüber kann der
subjektiv gemeinte Sinn des Absenders erschlossen werden. Das gilt für den
Adressaten ebenso, wie für einen soziologischen Beobachter. Da man die Gedanken
des Absenders nicht lesen kann, muss sich ein Beobachter auf das verlassen, was
der Absender wie äußert. Anders ausgedrückt, </span><i style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">muss man darauf vertrauen, dass der Absender weiß, was er wie mitteilen
kann</i><span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">. Wenn das nicht möglich sein sollte, wäre es nicht möglich Erwartungen
bezüglich des Absenders zu bilden. Im letzten Beitrag wurde daher folgendes
Axiom aufgestellt: Verhalten ist codiertes Erleben. Es gilt also auf das
Erleben des Absender auf der Grundlage seines beobachtbaren Verhaltens
zurückzuschließen. Der Adressat und ein soziologischer Beobachter stehen hier
vor derselben Herausforderung. Lediglich ihre Relevanzkriterien unterscheiden
sich.</span><br />
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"><br /></span>
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">Der Verhaltensbegriff ist dabei nicht identisch mit dem
Handlungsbegriff. Der Handlungsbegriff bezeichnet hier die von einem Beobachter
gemachten Zuschreibungen, die er aus dem Verhaltensfluss heraushebt und als
relevant für die Beurteilung der Situation erachtet. Was jedoch in einer
Situation als relevant betrachtet wird, kann zwischen Absendern und Adressaten
differieren. Der Begriff Verhalten bezeichnet dagegen alle beobachtbaren Ereignisse,
die einer Person zugeschrieben werden können und für die Beurteilung einer
Situation relevant sein könnten. Dies ist eine andere Form den
Mitteilungscharakter allen Verhaltens zu betonen, der Watzlawick/Beavin/Jackson
schließlich zu der berühmten Formulierung geführt hat, dass man nicht nicht
kommunizieren kann (vgl. 2011 [1967], S. 58ff.). Handlungen bezeichnen also die
Ausschnitte der Situation, die die Beobachter tatsächlich für relevant halten
im Unterschied zu anderen Zuschreibungsalternativen, die durch das Verhalten
der Kommunikationspartner noch möglich wären. Hier ergeben sich zwangsläufig
Differenzen in den Zuschreibungen zwischen Absendern, Adressaten und
soziologischen Beobachtern. Diese Differenzen im Erleben der beteiligten
Kommunikationspartner machen es möglich, dass man in den Verhaltensbegriff das
Nicht-Erleben der Beteiligten mit inkludieren kann. Wenn das Verhalten eines
Absenders sein Erleben der Situation ausdrückt, dann schließt es das
Nicht-Erleben des Absenders bzw. seinen blinden Fleck mit ein. Denn im Verhalten zeigt sich genauso, was man
nicht erlebt bzw. für relevant hält. Dies kann dem Adressaten auffallen und er
kann es gegebenenfalls thematisieren. Mit
anderen Worten, der vom Absender gemeinte Sinn einer Handlung kann vom
verstandenen Sinn des Adressaten abweichen. Mit der Unterscheidung von </span><i style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">Verhalten</i><span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"> als beobachtbar und potentiell
relevant und </span><i style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">Handlung</i><span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"> als beobachtet
und aus der Perspektive eines der Beteiligten tatsächlich relevant wird dieser
Perspektivendifferenz Rechnung getragen. Wenn man davon ausgehen muss, dass
gemeinsam geteilte Sinnhorizonte heute ein extrem unwahrscheinlicher Fall ist,
sind solche Differenzen erwartbar und sie sind zugleich auch der Anlass, warum
die Kommunikation weitergeht. Trotzdem bleibt die empirische Frage, </span><i style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">wie die beteiligten Kommunikationspartner
mit diesen Differenzen umgehen</i><span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">.</span><br />
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"><br /></span>
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">Die Funktion von Handlungen im Rahmen des Kommunikationsprozesses
ist es, die Aufmerksamkeit des Adressaten auf das gemeinsame Zentrum der
Aufmerksamkeit zu lenken. Um zu klären, wie das geschieht und was der subjektiv
gemeinte Sinn des Absenders sein könnte, wird an einer Handlung, wie bereits
gesagt, mit der Unterscheidung von Mitteilung und Information angesetzt. Eine
Analyse der Codierung eines Kommunikationsangebots wäre demnach unvollständig,
würde man sich nur auf die Form der Mitteilung oder nur auf die mitgeteilten
Informationen konzentrieren. Postmoderne Theorien haben sich zu sehr auf die
Verbreitungsmedien konzentriert und dabei die Frage nach den mitgeteilten
Informationen vernachlässigt. Dieser </span><i style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">performative
Bias</i><span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"> postmoderner Beobachtungen lenkt die Aufmerksamkeit eines Beobachters
zwangsläufig auf die beteiligten Personen und nicht auf die überindividuellen
Regeln, an denen die Personen ihr Handeln orientieren. Das Problem postmoderner
Theorien liegt in der </span><i style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">fehlenden
Differenzierung zwischen Sach- und Sozialdimension</i><span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">. Die Zeitdimension bzw.
Verstehen als dritte Selektion kann dann erst gar nicht in den Blick kommen.</span><br />
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"><br /></span>
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">Kommunikationstheoretisch rücken also </span><i style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">Konflikte</i><span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"> und deren Bewältigungsstrategien in den Mittelpunkt der
Aufmerksamkeit. Konflikte entstehen, sobald mitgeteilte Informationen durch den
Adressaten nicht als Prämissen für die weitere Kommunikation angenommen werden.
Die Annahme eines Kommunikationsangebots zu motivieren, ist die Funktion der
verschiedenen Kommunikationsmedien, wie Wahrheit, Geld, Macht, Intimität,
Transzendenz, Aufmerksamkeit etc.. Um sie voneinander unterscheiden zu können,
werden die einzelnen Kommunikationsmedien jeweils als Lösungen eines
spezifischen sozialen Problems betrachtet. Also muss danach gefragt werden, </span><i style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">für welches soziale Problem ein
Kommunikationsmedium eine Lösung ist</i><span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">. Den Einstieg dafür bietet die
Unterscheidung von vier Konstellationen im Rahmen einer Interaktionssituation,
je nachdem ob die beteiligten Kommunikationspartner Beobachter (Ego) oder Beobachteter (Alter) sind und als erlebend
oder handelnd beobachtet werden <a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2014/08/die-beobachtung-der-beobachtung-33.html#fn005" id="anker005">[5]</a>. Bei diesen vier Konstellationen können
Annahme- bzw. Anschlussprobleme in der Kommunikation auftreten. Damit ist ein
soziales Problem zunächst aber nur formal, aber noch nicht inhaltlich bestimmt.
Denn es kommt vor, dass mehrere Kommunikationsmedien an einer
Problemkonstellation ansetzen. So kann sowohl Transzendenz, gegenwärtig das
Kommunikationsmedium der Religion, als auch Wahrheit, gegenwärtig das
Kommunikationsmedium der Wissenschaft, das Problem lösen, dass Alter sein
Erleben mitteilt und Egos Annahme des Kommunikationsangebots davon abhängt, ob
Ego aufgrund von Alters mitgeteilten Informationen, den Eindruck hat, ähnlich zu erleben wie
Alter. Inhaltlich wird hier eine Unterscheidung nach der Gültigkeit des
kommunizierten Wissens vorgenommen. Während mit dem Kommunikationsmedium
Transzendenz unveränderbare, letztgültige Wahrheiten behauptet werden, wird mit
dem Kommunikationsmedium wissenschaftlicher Wahrheit vorläufiges, methodisch
gesichertes Wissen behauptet. Dieses Wissen steht immer unter dem Vorbehalt der
Änderbarkeit. Dieser Unterschied leitet sich nicht aus der formalen Problemkonstellation
ab, sondern er muss induktiv aus der Beobachtung der Kommunikation erschlossen
werden. Dies gilt auch für die Beobachtung bzw. Unterscheidung der anderen
Kommunikationsmedien. Mit der Identifikation des jeweiligen Bezugsproblems
eines Funktionssystems hat man zugleich den jeweiligen </span><i style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">Kontext</i><span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"> identifiziert, der den Rahmen für das Geschehen bildet. Diese
Identifizierung gelingt aber nicht, wenn man sich nur an der Form der Mitteilung
orientieren würde. Um diesen Unterschied beobachten zu können, muss man sich
auf die mitgeteilten Informationen einlassen. Auf die Verwechslungsgefahren,
die sich aus der Multifunktionalität der Kommunikation selbst ergibt, wurde
bereits </span><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2014/03/die-beobachtung-der-beobachtung-32-die_8.html" style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">im letzten Beitrag</a><span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"> eingegangen.</span><br />
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"><br /></span>
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"><br /></span>
<br />
<div style="text-align: center;">
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">VII</span></div>
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"><br /></span>
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">Historisch betrachtet, war dieser Unterschied zwischen
Wissenschaft und Religion aber nicht zu jeder Zeit in gleicher Weise von
Bedeutung wie gegenwärtig. Das gilt allgemein für die Unterschiede zwischen
allen Funktionssystemen der Gesellschaft. </span><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2014/03/die-beobachtung-der-beobachtung-32-die_8.html" style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">Im letzten Beitrag</a><span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"> wurde dargestellt, dass Kommunikation
funktional zunächst relativ undifferenziert war. Ein Kommunikationsangebot konnte
mehrere Kommunikationsmedien auf einmal nutzen, um die Annahme zu motivieren.
In segmentär differenzierten Gesellschaften gelang den Stammesmythen eine
solche Leistung. Durch eine ansteigende Bevölkerungszahl stieg jedoch auch der
Koordinationsbedarf, denn </span><i style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">je mehr
Personen sich an der Kommunikation beteiligen, desto größer wird auch das
Risiko der Ablehnung</i><span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">. Ein erster Entwicklungsschritt wurde sicherlich
erreicht als die Integration der Stammesmitglieder nicht mehr über die reine
alltägliche Anwesenheit und wechselseitige Beobachtung geleistet werden konnte.
Die Erfindung der Schrift und danach des Buchdrucks sind die entscheidenden
Innovationen, die es erlaubten eine Handlungskoordination zu realisieren, ohne
dass die Kommunikationspartner anwesend sein müssen. Solange nur wenige
Mitglieder der oberen Schichten Lesen und Schreiben konnten, ließen sich neue
Organisationsstrukturen einrichten, mit denen die Handlungen einer weit
größeren Anzahl an Personen koordiniert werden konnten. Zugleich brachte dies
jedoch eine stärkere hierarchische Rollendifferenzierung mit sich. Die
segmentären Koordinationsformen differenzierten sich zu hierarchischen
Koordinationsformen weiter. Damit einher ging zwar eine stärkere funktionale
Trennung einzelner Kommunikationsmedien. Trotzdem dominierten immer noch die
Kommunikationsmedien Macht und Transzendenz die Kommunikation. Sie begrenzten
die Ablehnungsmöglichkeiten und führten zu einer hierarchischen
Gesellschaftsstruktur, mit entsprechenden politischen und/oder religiösen Rollen
an der Spitze der Gesellschaft.</span><br />
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"><br /></span>
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">Die Erfindung des Buchdrucks und die danach einsetzende langsame
Alphabetisierung der mittleren und unteren Schichten bis ins 20. Jahrhundert
hinein, erhöhten sukzessiv die Ablehnungsmöglichkeiten. Verstärkt wurde dies
noch durch die damit einhergehende immer stärkere arbeitsteilige
Rollendifferenzierung innerhalb der Gesellschaft. Religionen und
Nationenkonzepte wurden plötzlich als kontingente Kommunikationsangebote
beobachtbar, die man annehmen oder ablehnen konnte. Mithin erwiesen sich
religiöse und politische Weltdeutungskonzepte als funktional äquivalent.
Faschismus, Kommunismus und ihre diversen nationalen Einfärbungen entpuppten
sich als adäquate Ersatzreligionen, ohne allerdings ihr Konfliktpotential zu
verlieren. Doch es hat sich inzwischen gezeigt, dass auch wirtschaftliche,
wissenschaftliche, künstlerische oder auch durch Liebe inspirierte
Weltdeutungskonzepte das Potential haben zu einem geschlossenen Weltbild
ausbaufähig zu sein. Solchen geschlossenen Weltbilder, die eine soziale
Funktion bis zur Totalität hypostasieren, liegt implizit immer die Vorstellung
einer stratifizierten bzw. hierarchischen Gesellschaftsstruktur zugrunde.
Deswegen müssen sie im historischen Vergleich als vormodern betrachtet werden.
Nichts desto trotz boten die modernen Kommunikationstechnologien auch solchen vormodernen
Weltbildern die Möglichkeiten ihre Annahme zu motivieren. Trotz des erheblichen
emanzipatorischen Potentials, das neue Verbreitungsmedien mit sich bringen,
bieten sie zugleich auch die Möglichkeit bestehende Ordnungen zu stabilisieren
und alternative Angebote wirksam zu unterdrücken. Mehr Öffentlichkeit durch
neue Verbreitungsmedien wird damit zu einem zweischneidigen Schwert. Sie kann
zu mehr Kontingenz in der Kommunikation führen, aber genauso gut kann es zur
schlichten Präsentation eines Weltbildes genutzt werden, um es gleichsam
alternativlos erscheinen zu lassen.</span><br />
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"><br /></span>
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">Alle Weltbilder, die das Primat einer gesellschaftlichen Funktion
behaupten, wurzeln in der Vorstellung einer hierarchischen
Gesellschaftsstruktur. Doch obwohl sie das Primat einer sozialen Funktion
propagieren, weist die Vielzahl solcher Kommunikationsangebote bereits auf ein
wesentliches Merkmal der modernen Gesellschaft hin. Wenn mehrere Ordnungsvorstellungen
ein solches Primat mit mehr oder weniger guten Gründen behaupten können, dann
ist ihre Konkurrenz möglicherweise ein Hinweis darauf, dass keines davon einen
legitimen Anspruch auf eine hierarchische Organisation der Gesellschaft beanspruchen
kann. Kein einzelnes soziales Funktionssystem allein kann es auf der Ebene der
Weltgesellschaft leisten das Erleben und Handeln aller Menschen zu koordinieren.
Die Vorstellung von der Organisierbarkeit der Weltgesellschaft wird damit
obsolet. Jegliche gleichsam externen Haltepunkte für Kommunikation, wie
biologische, geographische, standesmäßige Herkunft oder Konfession, wurden
zweifelhaft und die einzelnen sozialen Funktionen, wie Wirtschaft, Politik,
Wissenschaft, Kunst, Erziehung, Liebe etc., konzentrierten sich bei der
Handlungskoordination der Kommunikationsteilnehmer nur noch auf sich selbst.
Zugeschriebene Merkmale, wie z. B. die ethnische Herkunft, sollten eigentlich
keine Rolle mehr dabei spielen, wie jemand seine Arbeit ausführt, wie jemand liebt,
was jemand für wahr hält, was jemand für schön hält etc.. Durch die operative
Schließung der einzelnen Funktionssysteme orientieren sie sich nur noch an den
eigenen zweckbezogenen Kriterien, um ihre Leistungen so gut wie möglich für
ihre soziale und menschliche Umwelt zu erfüllen. Dies wurde möglich, weil die
Orientierung an systemfremden Kriterien wegfiel und dadurch Energiereserven
frei wurden, die nun auf die Entwicklung systemeigener Kriterien konzentriert
werden konnten. Im Laufe dieser Entwicklung erkannte man, welche Informationen
für die eigene Leistungsfähigkeit relevant sind und welche nicht und es
entwickelten sich die Konditionalprogrammierungen der Funktionssysteme. Die
Lösung eines sozialen Problems kann nicht bedingungslos erfolgen, sondern ist
immer an situationsspezifische Bedingungen gebunden, die gegebenenfalls erst
ermittelt werden müssen.</span><br />
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"><br /></span>
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">Die einzelnen Funktionssysteme der Weltgesellschaft konsolidierten
sich als gleichberechtigt und nicht durcheinander ersetzbare. Es entsteht eine </span><i style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">Heterarchie der sozialen Funktionen</i><span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">.
Zugleich muss jedes Funktionssystem darauf vertrauen, dass auch jedes andere
Funktionssystem sich nur noch an sich selbst orientiert, denn nur wenn jedes
sich auf die Erfüllung seiner sozialen Funktion konzentriert, kann das auch
jedes andere Funktionssystem. Müssten die einzelnen Funktionssysteme wieder
systemfremde und irrelevante Informationen berücksichtigen, würde der
Energiebedarf erneut steigen und die menschliche Umwelt in einem stärkeren Maße
in Anspruch nehmen. Dies wäre z. B. der Fall, wenn jedes einzelne
Funktionssystem kontrollieren müsste, ob die anderen ihre Funktion erfüllen.
Das hieße systemfremde Kriterien zu berücksichtigen, die für die Erfüllung der
eigenen Funktion aus der Innenperspektive sinnlos sind. Müssten sie trotzdem
berücksichtigt werden, würde dies erheblich viel Zeit und psychische Energie
kosten. Durch die Konzentration auf die eigene Funktion gewinnt ein
Funktionssystem seine operative Autonomie und die beteiligten Menschen haben
nun freie Energiepotentiale. Damit einher geht eine größere Flexibilität der
eigenen Operationen, egal ob soziale oder psychische Systeme, und einer
stärkeren Abhängigkeit von der sozialen Umwelt. Die operative Autonomie der
Funktionssysteme erlaubt den Menschen damit eine energieärmere und
informationsreichere Teilnahme, weil die Relevanzkriterien und damit auch die
Orientierungspunkte präziser bestimmt werden. Mit anderen Worten, dem Geschehen kann ein Sinn zugeschrieben werden.</span><br />
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"><br /></span>
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">Durch die heterarchische Beziehung der Funktionssysteme zueinander kann
die Weltgesellschaft zur Selbstorganisation übergehen und Leistungssteigerungen
in historisch bisher nicht gekanntem Ausmaß realisieren. Eine steuernde Spitze
der Gesellschaft ist dafür nicht notwendig. Es muss allerdings betont werden,
dass der Eindruck einer steuerbaren bzw. organisierbaren Gesellschaft nur ein
Eindruck ist, der aufgrund bestimmter Formen von vormodernen
Selbstbeschreibungen der Gesellschaft entstehen kann. Faktisch vollzog sich die
Autopoiesis der Gesellschaft schon immer als selbstorganisierender Prozess. Das
Erfordernis die einzelnen sozialen Funktionen zu koordinieren und das Primat
einer Funktion zu bestimmen, entsteht erst auf der Ebene der
Organisationssysteme. Integration im Sinne einer wechselseitigen Einschränkung
von Freiheitsgraden findet erst auf dieser Ebene statt. Denn erst auf dieser
Ebene lassen sich Erwartungen an die Leistungen der anderen Funktionssysteme
formulieren, damit die eigenen Leistungen optimal erbracht werden können. Nur
dadurch gelingt eine wechselseitige Kontrolle der Funktionssysteme. Es handelt
sich dabei nicht um eine direkte Handlungsübertragung, sondern um eine
indirekte Einschränkung von Handlungsmöglichkeiten. Weil die einzelnen
Funktionssysteme wechselseitig aufeinander angewiesen sind, gefährdet eine schlechte
Funktionserfüllung nicht nur die anderen Systeme, sondern vor allem den eigenen
Fortbestand. Negative Rückwirkungen der eigenen Operationen diszipliniert die weitere Operationsweise, weil Operationen mit negativen Rückwirkungen zukünftig unterlassen werden, um sich nicht selbst zu gefährden. Vereinfacht ausgedrückt, ermöglichen und beschränken sich die
Funktionssysteme der Gesellschaft durch ihre wechselseitige Abhängigkeit
gegenseitig. Darin liegt der Paradigmenwechsel der gesellschaftlichen
Autopoiesis im Übergang von stratifikatorischer zu funktionaler Differenzierung
der Gesellschaft. Einseitige, gleichsam parasitäre Abhängigkeitsbeziehungen
(vgl. Serres 1987 [1980]) werden durch wechselseitige Abhängigkeitsbeziehungen
abgelöst.</span><br />
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"><br /></span>
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">Mit dem </span><i style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">Internet</i><span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"> hat
sich schließlich ein Verbreitungsmedium entwickelt, dass die schriftlichen und
audiovisuellen Kommunikationsmöglichkeiten in einer technischen Infrastruktur
zusammenfasst und eine Informationsverbreitung in Echtzeit ermöglicht. Dadurch ist
es gelungen die </span><i style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">lokale</i><span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">
Handlungskoordination zu erleichtern, wie eine Bandbreite an Phänomenen von
Flash-Mobs bis zum Arabischen Frühling zeigen. Vergleichbare
Koordinationsleistungen auf weltgesellschaftlicher bzw. </span><i style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">globaler</i><span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"> Ebene bleiben trotzdem unmöglich. Die hiesigen Proteste
gegen die Überwachungsmethoden der National Security Agency, gleichsam zum
weltgesellschaftlichen Problem hochstilisiert, sind ein gutes Beispiel für die
Unmöglichkeit der globalen Handlungskoordination vorbei an den verschiedenen
Funktionssystemen. Das Internet bietet damit zwar die prinzipielle Möglichkeit
für die Etablierung einer weltgesellschaftlichen Öffentlichkeit. Was jedoch
fehlt ist ein gemeinsamer Fokus der Aufmerksamkeit. Die kulturellen
Unterschiede in einzelnen Regionen der Erde haben auch unterschiedliche
Relevanzkriterien für bestimmte Themen etabliert. Die einzige Ausnahme ist
vermutlich eine Bedrohung, die die Existenz der gesamten Menschheit gefährden
würde. Deswegen versuchen vor allem politische Absender immer wieder eine
solche Bedrohung herbei zu reden - bisher mit mäßigem Erfolg. Dem Internet
kommt damit also nicht die einheitsstiftende und integrierende Funktion zu, die
sich viele erhofft haben. Nach den Enthüllungen von Edward Snowden hat sich die
Beurteilung sogar ins Gegenteil verkehrt. Statt Freiheit und Selbstbestimmung
hat das Internet Kontrolle und Abhängigkeit gebracht.</span><br />
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"><br /></span>
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">Hier soll dieser gleichsam dialektischen Denkbewegung nicht
gefolgt werden. Das Internet als relativ leicht zugängliche Informationsquelle
ermöglicht die Beobachtung von einer Unmenge an Alternativen in Bezug auf die
Lösung nahezu jedes Problems von dem Menschen betroffen sein können. Als eine
Form von Öffentlichkeit ermöglicht es außerdem die wechselseitige Beobachtung
von Kommunikationsteilnehmern und erhöht dadurch zugleich die Möglichkeiten für
eine wechselseitige Einschränkung und Öffnung von Freiheitsgraden für den
Fortgang der Kommunikation. Indem das Internet eine unüberschaubare Menge an
Wissen zugänglich macht, erzeugt es auf der einen Seite ein nie gekanntes
Ausmaß an </span><i style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">Kontingenz</i><span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"> <a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2014/08/die-beobachtung-der-beobachtung-33.html#fn006" id="anker006">[6]</a>. Bei einem
Informationsumschlag in Echtzeit löst dies eine </span><i style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">dauerhafte Selbstverunsicherung der Gesellschaft</i><span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"> aus. Auf der
anderen Seite ermöglicht das Internet eine wechselseitige Beobachtung von
Organisationen und Personen. Es liefert also auch Wissen über das Verhalten von
anderen Menschen. Falls ein bestimmtes Verhalten als unerwünscht beobachtet
wird, kann das Internet auch als ein Pranger fungieren. Dadurch kommt es trotz
der großen Freiheiten, die das Internet anbietet, auch zu einer stärkeren
Einschränkung der Handlungsmöglichkeiten, denn die Möglichkeit negativer
Thematisierung kann auch disziplinieren, d. h. zur Unterlassung bestimmter
Handlungen führen.</span><br />
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"><br /></span>
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">Mit dem Internet haben sich die Ablehnungsmöglichkeiten so stark
erweitert, dass sie in der Summe einer Negation der Gesellschaft gleichkommen. Aus
dieser Vorstellung speisten sich vermutlich die utopischen Hoffnungen in Bezug
auf das Internet. Mithin hat das Internet aber nur die Möglichkeiten zum
Kommunizieren mit Abwesenden erhöht. Dadurch müssen Protestbewegungen im
Internet, die eine Änderung der Gesellschaft oder eines ihrer Funktionssysteme
zum Ziel haben, relativ folgenlos für die Kommunikation ohne Internet bleiben.
Zumindest in demokratisch verfassten politischen Systemen kann via Internet
Kontingenz und Ablehnung ohne weitere Konsequenzen artikuliert werden. Um
tatsächliche Veränderungen anzustoßen, muss sich ein Kommunikationsangebot –
und auch eine kommunizierte Ablehnung oder Kritik ist ein Kommunikationsangebot
– in Situationen ohne Internet bewähren. Im Umkehrschluss bedeutet das
allerdings auch, Zustimmung bzw. Annahme lässt sich via Internet genauso
folgenlos kommunizieren – solange bis die Filter-Blase platzt. Gesellschaftskritik
muss deswegen heute, um gesellschaftliche Wirkungen entfalten zu können, den
Umweg über Interaktionssysteme und Organisationssysteme nehmen. Erst was sich
auf dieser Werbe- bzw. Motivationstour bewährt hat, kann bis auf die Ebene der
Weltgesellschaft wirksam werden und Veränderungen anregen. Obgleich dies das
Ziel jedes Gesellschaftskritikers ist, bleibt es ein extrem unwahrscheinlicher
Fall. Denn es stellt sich die Frage, welches soziale Problem eine solche
weltgesellschaftliche Relevanz besitzen könnte, dass sie die Aufmerksamkeit
aller Menschen erregt.</span><br />
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"><br /></span>
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">Denkbar wäre die fehlende Einheit der Gesellschaft, mithin das
Band, dass die Menschen miteinander verbindet. Augenscheinlich führt die
Evolution der modernen Gesellschaft aber nicht zu mehr Gleichheit, sondern nur
zur Verstärkung bestehender Differenzen zwischen den Menschen. Möglicherweise liegt
aber genau darin</span><i style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"> das einzige gemeinsame
Merkmal zwischen den Menschen - in ihren
Unterschieden bzw. in ihrer Vielfalt oder Diversität</i><span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">. Eine moderne Lösung
kann daher nicht mehr in einer Eliminierung dieser interpersonellen
Unterschiede bestehen, sondern nur darin, </span><i style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">wie
man trotz der fundamentalen Divergenz der Beobachterperspektiven auf eine
Konvergenz der Perspektiven hinarbeiten kann</i><span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">. Während kollektivistische
Gemeinschaften personelle Unterschiede als Negation der anderen Mitglieder des
Kollektivs und damit zugleich als Negation der Gemeinschaft aufgefasst haben,
begreifen individualistische Gesellschaftsvorstellungen personelle Unterschiede
als Möglichkeiten Informationen über den eigenen sozialen Status als Person zu
erhalten. Hier stellt sich die Frage, ob kollektivistische Gemeinschaften
überhaupt modern sein können, wenn sie die Gruppe oder das Kollektiv über ihre
Mitglieder stellen?</span><br />
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"><br /></span>
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">Das Kunststück moderner Kommunikation besteht im Kern darin, wie
man sowohl Zustimmung, Akzeptanz und Anerkennung und zugleich auch partielle
Kritik bzw. Ablehnung kommunizieren kann, ohne den Kommunikationspartner in
Verlegenheit zu bringen. Verlegenheit beeinträchtigt die Fähigkeit zur
Kommunikationsteilnahme, weil sie die psychische Fähigkeit zur Fokussierung der
Aufmerksamkeit auf die aktuelle Situation stört. Sie kann deswegen zur
Exklusion von Personen führen (vgl. Goffman 1971). Solche den
Kommunikationspartner paralysierende Ereignisse gilt es zu vermeiden. Die
Lösung dieses Problems besteht darin, die Kritik auf die Sachdimension bzw. das
Thema zu beschränken und auf persönliche und beleidigende Kritik an Personen zu
verzichten. Auf diese Weise können die beteiligten Personen ihre Aufmerksamkeit
auf den Verlauf der Kommunikationssequenz und damit auf die Funktionsweise der
jeweils gültigen Regeln und Konditionierungen fokussieren bzw. wie diese von
den Beteiligten angewandt oder nicht angewandt werden. Erst durch das Anwenden
und Ausprobieren der Regeln wird mit der Zeit auch die Meta-Regel erkennbar,
mit der die Veränderung der Regeln annehmbar oder unannehmbar kommuniziert
werden kann. Dies gelingt nicht durch ein unkonditioniertes, gleichsam
absolutes Nein, dass die mitgeteilten Informationen und die mitteilende Person komplett
ablehnt und sie damit in große Verlegenheit bringt. Ein solcher
Kommunikationsbeitrag ist selbst unannehmbar und riskiert seinerseits im
weiteren Verlauf der Kommunikation keine weitere Berücksichtigung zu finden.</span><br />
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"><br /></span>
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">Postmoderne Theorien haben jedoch genau diesen Weg der
Kommunikation von undifferenzierter Ablehnung von Erwartungen und Personen
eingeschlagen, deren Ergebnis letztlich die Internalisierung einer radikalen
Verweigerungshaltung ist. Es werden nicht nur bestimmte Sinnofferten
abgelehnt, sondern jeglicher sozial konstituierter Sinn. Auch auf diesem Weg
zeigt sich nochmals, dass die Diagnose des Sinnverlusts ein durch postmoderne
Theorien selbstgeschaffenes Problem ist, das auf eine unzureichende
Differenzierung von Sach-, Sozial- und Zeitdimension zurückgeht. Sicherlich
kann nicht bestritten werden, dass das hohe Maß an sozialer Kontingenz zu einer
radikalen Infragestellung allen sozial konstituierten Sinns geführt hat. </span><i style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">Kontingenz bzw. fehlende Notwendigkeit
forciert aber nur das Problem, welches Kommunikations- bzw. Sinnangebot
annehmbar ist</i><span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">. Dies ist heute zum einen eine Frage persönlicher Präferenzen
und zum anderen eine Frage der Beteiligung im Rahmen von
Kommunikationsverfahren. Es handelt sich also um einen rekursiven Prozess der
gegenseitigen Irritation von psychischen und sozialen Systemen.</span><br />
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"><br /></span>
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">Entscheidend wird dann die Frage, wie die
Annahme eines Kommunikationsangebots motiviert wird. Unter modernen
Kommunikationsbedingungen erfolgt die Motivation im Rahmen von ergebnisoffenen
Verfahren, die zunächst die Katalyse von Informationen aus der Umwelt anregen.
Allen beteiligten Personen wird die Gelegenheit gegeben ihre Sicht auf den
gemeinsamen Fokus der Aufmerksamkeit darzulegen. Es wird also zunächst Kontingenz
erzeugt, um daran anschließend die Notwendigkeit einer bestimmten Lesart der
erhobenen Informationen zu begründen ohne die betroffenen Personen als ganze
abzuwerten oder gar zu negieren. Eine Voraussetzung für das Funktionieren
derartiger Verfahren ist, dass alle beteiligten Personen ihr Erleben des
verhandelten Sachverhalts mitteilen. Wie laienhaft oder professionell das
geschieht, spielt zunächst keine Rolle. Entscheidend ist, dass überhaupt etwas
mitgeteilt wird. Wobei natürlich nicht bestritten werden soll, dass bestimmte
Regeln schon so kompliziert sind, dass sich nur noch professionelle Teilnehmer
beteiligen können oder ein professioneller Vertreter engagiert werden muss, um Beachtung
zu finden. Wer sich dem Verfahren dagegen komplett verweigert, der kann auch
nicht erwarten berücksichtigt zu werden. </span><i style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">Regeln</i><span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">
sind letztlich nichts anderes als </span><i style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">Codier-
bzw. Darstellungsempfehlungen</i><span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">, welche Informationen wie mitgeteilt werden
können. Selbst wenn Kompetenzunterschiede in der Regelanwendung zwischen den
Beteiligten bestehen sollten, können diese Unterschiede nur durch die
Beteiligung verringert werden. Insofern bestehen auch nur dann Chancen darauf
die Regeln ändern zu können, wenn man sich beteiligt. Nur die tatsächliche
Teilnahme sichert die weitere Teilnahmefähigkeit bzw. Inkludierbarkeit. Mit
einer Totalverweigerung exkludiert man sich nur selbst und verspielt jegliche
Möglichkeit auf eine Änderung der Regeln.</span><br />
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"><br /></span>
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"><br /></span>
<br />
<div style="text-align: center;">
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">VIII</span></div>
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"><br /></span>
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">Nicht jedes Wissen ist in jeder Situation
relevant. Deswegen muss situationsspezifisch und das heißt in Abhängigkeit vom
zu lösenden sozialen Problem unterschieden werden, welche Wissensbestände
relevant sein könnten – also politische, rechtliche, künstlerische, intime etc.
Bei einem Flirt können sich z. B. politische Themen als äußerst störend
auswirken. Wenn man sich nur auf die Form der Mitteilung konzentriert, kann
leicht übersehen werden, dass die Anwendung bestimmter Regeln, z. B. von
rechtlichen, davon abhängt, welche Informationen mitgeteilt werden. Das ist die
entscheidende Schlussfolgerung aus Luhmanns Studie „Legitimität durch
Verfahren“ (1983 [1969]). Ein
Gerichtsverfahren als Regelsystem ist zwar in sich geschlossen, denn es ist auf
die Erfüllung einer bestimmten Funktion ausgerichtet. Diese Funktion kann ein
System aber nur erfüllen, wenn es Informationen über seine Umwelt erhebt und
unter dem Gesichtspunkt der Erfüllung dieser Funktion durchkalkuliert. Dies
wird in Gerichtsverfahren dadurch gewährleistet, dass beide Konfliktparteien im
Rahmen des Verfahrens ihre Sicht auf den verhandelten Sachverhalt darlegen
können. Je nach dem welche Informationen von den Beteiligten mitgeteilt werden,
können andere Regeln zur Anwendung kommen. Dieses Prinzip gilt auch für andere
Funktionssysteme. Damit ein Verkäufer einem Kunden ein passendes Produkt
anbieten kann, muss er die Erwartungen des Kunden kennen. Um zu beurteilen, ob
eine Frau oder ein Mann der passende Beziehungspartner ist, muss man ihn
kennenlernen. Weder dem Kunden sieht man an, was er will, noch der potentiellen
Partnerin oder dem potentiellen Partner sieht man an, ob sie jeweils die
Richtigen sind, sondern man muss sich mindestens mit ihnen unterhalten, um an
die jeweils benötigten Informationen zu kommen.</span><br />
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"><br /></span>
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">Darin liegt der wesentliche Unterschied zu
Techniken. </span><i style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">Verfahren</i><span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"> müssen aufgrund
ihrer informationellen Offenheit für ihre Umwelt zwangsläufig offen im Ausgang
des Verfahrens sein. Dieser hängt von den gewonnenen Informationen ab, die im
Laufe des Verfahrens erhoben werden. Bei </span><i style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">Techniken</i><span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">
steht dagegen bereits am Anfang fest, wie das Ergebnis aussehen wird. Es genügt
lediglich ein Auslöseereignis, um die Mechanik in Gang zu setzen. Danach läuft
sie automatisch ab. Weitere Informationen aus der Umwelt, außer dem
Auslöseereignis, sind nicht notwendig. Technik bietet also durch die
Automatisierung der Abläufe nicht nur eine große Zeit- und Energieersparnis,
sondern vor allem eine hohe Erwartungssicherheit bezüglich des Ergebnisses.
Verfahren sind dagegen gerade aufgrund der Fortsetzungsbedingungen, die in den
Regeln festgelegt sind, in Bezug auf das Ergebnis unbestimmt. Sportwettkämpfe
genauso wie Sprachspiele sind in diesem Sinne beides Verfahren und keine
Techniken. Wenn man davon ausgeht, dass in der modernen Gesellschaft das Wissen
extrem ungleich verteilt ist und es genauso unwahrscheinlich ist, dass man zu
einem Konsens kommen kann, dann wird </span><i style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">in
Verfahren der Dissens bzw. Konflikt selbst sowie die Mittel zu seiner Lösung
institutionalisiert</i><span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">. Konflikte können heute nicht mehr einfach unterdrückt
werden, sie müssen gelöst werden. Zugleich werden Konflikte durch Verfahren eingehegt
bzw. isoliert, damit sich der Konflikt nicht auf die soziale Umwelt ausbreitet.
Über die strengsten Formen der Konfliktlösung verfügt das Rechtssystem. Abgeschwächtere
Formen finden sich aber auch in den anderen Funktionssystemen und in der
unspezifizerten Kommunikation des Alltags. Sportliche Wettkämpfe sind
Vorbilder, wie Konflikte gewaltlos ausgetragen werden können.</span><br />
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"><br /></span>
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">Wenn gemeinsam geteilte Wissensbestände heute
sehr unwahrscheinlich sind, dann sind Konflikte sehr wahrscheinlich. Deswegen
kann es heute nicht mehr darum gehen Konflikte zu vermeiden. Vielmehr sind
informelle und formelle Verfahren für eine zivilisierte, gewaltlose
Konfliktbewältigung notwendig, mit denen es gelingt etwas über das Erleben des
Kommunikationspartners herauszufinden. Aufgrund der extremen Ungleichverteilung
des Wissens ist es heute aber auch extrem schwierig überhaupt passende
Kommunikationspartner zu finden. Sie finden sich heute nicht mehr automatisch,
sondern das stellt sich erst im Verlauf der Kommunikation heraus und teilweise
muss an der Passung noch gearbeitet werden. Auch dafür sind entsprechende
Verfahren notwendig – wenn auch zumeist weniger formell. Dieses Problem stellt
sich vermutlich nirgends in so verschärfter Form, wie bei intimer Kommunikation
und der Anbahnung einer Liebesbeziehung. Es ist jedoch ein Problem, das sich
heute in mehr oder weniger ausgeprägter Form bei jeder Kommunikationssituation
stellt. Mithin ist auch nicht zwangsläufig eine Perspektivenkonvergenz das
Ziel. Mindestens genauso häufig, wenn nicht sogar noch viel häufiger steht am
Ende die Erkenntnis, dass man nicht zu einer Konvergenz der Perspektiven kommt,
allenfalls in dem Punkt der unüberbrückbaren Divergenz. Aufgrund der vielen
Ablehnungsmöglichkeiten sind Konflikte heute sehr wahrscheinlich. Wenn sich ein
Konflikt nicht lösen lässt, dann gilt es das eben auszuhalten, ohne dass sich
daraus ein politischer Konflikt entwickelt. Man geht dann einfach getrennte
Wege.</span><br />
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"><br /></span>
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">Für sozialwissenschaftliche Forschung muss
daraus die Schlussfolgerung gezogen werden, dass die ausschließliche
Konzentration auf die Performativität der Kommunikation bzw. auf die Form der
Mitteilung nicht ausreicht, um zu einer angemessenen Diagnose über das moderne
Wissen zu gelangen. Mit Blick auf Lyotards Bericht bedeutet das, er hat bei
seiner Hochrechnung auf die idealen Kommunikationsbedingungen schlicht und
einfach eine Variable vergessen, die jedoch bei einer angemessen
gesellschaftstheoretischen Beurteilung der aktuellen Situation unbedingt
berücksichtigt werden muss. Neben der Form der Mitteilung darf die mitgeteilte
Information nicht unberücksichtigt bleiben. Ansonsten besteht die </span><i style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">Gefahr, dass Verfahren mit Techniken
verwechselt werden</i><span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"> und damit der entscheidende Aspekt, nämlich die
informationelle Offenheit psychischer und sozialer Systeme,
übersehen wird <a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2014/08/die-beobachtung-der-beobachtung-33.html#fn007" id="anker007">[7]</a>. Das Frage, wie es zu dieser informationellen Offenheit kommt, kann dann gar nicht gestellt werden. Informationelle Offenheit lässt sich nur über eine </span><i style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">Ergebnisoffenheit der Kommunikation</i><span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">
erreichen. Die Erwartungssicherheit in Bezug auf die Zukunft wird, mit anderen
Worten, aufgelöst. Diese Ergebnisoffenheit ist allerdings nur möglich, wenn der
Kommunikationsfluss durch Regeln in bestimmte Bahnen gelenkt wird. Dies gelingt
über die </span><i style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">Konditionalisierung des
Fortgangs</i><span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">, indem Negationsmöglichkeiten in das Verfahren eingebaut werden.
Auf diese Weise wird nicht nur eine Ergebnisoffenheit erreicht, sondern auch
die Reflexion und Entscheidbarkeit von Sachverhalten gefördert.</span><br />
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"><br /></span>
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">Die einzige Regelmäßigkeit, die sich dann
durch verschiedene Verfahren beobachten lässt, sind die Regeln, welche die
Informationskatalyse auslösen und die erzeugten Informationen mit dem Ziel
einer Entscheidung ordnen. Diese Konditionalisierungen können aber mit der Zeit
selbst so komplex werden, dass eine vereinfachende Änderung der Regeln
notwendig wird. Werden solche Änderungen häufiger notwendig, dann lassen sich
auch noch Regeln für die Regeländerungen aufstellen. </span><i style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">Je konsequenter diese Dynamisierung durch Verfahren vollzogen wird,
desto mehr verlagert sich die Erwartungssicherheit von substantiellem Wissen
hin zu Modalwissen, also Wissen über den Modus der Differenzierung des Wissens.
</i><span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">Substantielle Annahmen darüber, was etwas ist, finden unter modernen
polykontexturalen Beobachtungsbedingungen sehr schnell Widerspruch. Erst die
Kenntnis der Darstellungs- bzw. Codifizierungsregeln in Bezug auf einen
bestimmten Zweck macht Kontingenz erträglich und lässt zugleich Notwendigkeiten
im Rahmen eines bestimmten Regelsystems erkennen. Die Ergebnisoffenheit der
Kommunikation und die daraus resultierende Anpassung des Wissens an diese
Bedingung sind das spezifisch Moderne der modernen Gesellschaft. Die moderne
Gesellschaft stellt sich nun nicht mehr als ein monolithischer Block dar,
sondern gerät in Fluss.</span><br />
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"><br /></span>
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"><br /></span>
<br />
<div style="text-align: center;">
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">IX</span></div>
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"><br /></span>
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">Begreift man Gesellschaft als die Gesamtheit
der stattfindenden Kommunikation zwischen Menschen und Kommunikation als
Prozess, dann gilt es festzuhalten, dass die Gesellschaft immer ein Prozess war
und immer sein wird. Dem gegenüber stellt dann die Vorstellung einer
Gesellschaftsstruktur, einer feststehenden Ordnung, die beständig durch den
Wandel bedroht ist, das Produkt einer bestimmten Form der Selbstbeobachtung der
Gesellschaft dar. Es handelt sich gleichsam um semantische Artefakte. </span><i style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">Selbstbeschreibungen sind
Orientierungshilfen für das Erleben und Handeln</i><span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">. Sie stellen also eine
bestimmte Form der Strukturierung des Erlebens und Orientierung des Handelns -
also Wissen – bereit. Mit dem Übergang von der stratifizierten zur funktionalen
Differenzierung der Gesellschaft hat zugleich ein Wechsel in den Wissensformen
stattgefunden. Der Unterschied liegt in der Art und Weise, wie mit dem
Prozesscharakter der Gesellschaft umgegangen wird. Vormodernes Wissen war im
weitesten Sinne darauf angelegt eine bestimmte Ordnung aufrecht zu erhalten und
Veränderungen wurden allenfalls in einem sehr begrenzten Rahmen zugelassen - vor
allem Personenveränderungen im Rahmen von Übergangsriten (vgl. van Gennep 2005
[1909], Turner 2005 [1969]). Eine Veränderung der Gesellschaft war nicht
vorgesehen. Dafür reichte in der Regel ein Faktenwissen, dass gleichsam als
substantielles Wissen behandelt wird. Die Kommunikation ist dann durch Rituale
sehr stark technisiert. Die Darstellungsfunktion der Kommunikation ist noch
nicht als solche erkannt worden. Veränderungen in den Wissensformen wurden
daher häufig von gewaltsamen Konflikten begleitet. Dies ändert sich im Laufe der
Entwicklung hin zur operativen Schließung der einzelnen Funktionssysteme. Ein
Sachverhalt ist nun nicht mehr einfach nur, wie er ist, sondern er stellt sich
für verschiedene Beobachter in Abhängigkeit von ihren Formen der
Aufmerksamkeitsfokussierung in einer bestimmten Art und Weise dar. Diese Formen
sind jedoch kontingent. Deshalb sind nun Verfahren notwendig, die eine
informationelle Offenheit für die menschliche Umwelt gewährleisten, so dass es
möglich ist trotz verschiedener Formen der Aufmerksamkeitsfokussierung auf eine
Konvergenz der Perspektiven hinzuarbeiten.</span><br />
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"><br /></span>
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">Daraus ergibt sich ein wichtiger Unterschied
in der Art und Weise, wie Menschen die Beteiligung an Kommunikationsprozessen
ermöglicht wird. Verfahren ermöglichen die </span><i style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">Teilnahme</i><span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">
der beteiligten Personen. Eine Voraussetzung dafür ist es jedoch, dass man
darauf vertrauen kann, dass die Beteiligten wissen, was sie wollen, und wissen,
wie sie es erreichen können. Es wird also ein hohes Maß an Reflexivität und
Selbstorganisationsfähigkeit von den Beteiligten erwartet. Sind sie nicht in
der Lage den Anforderungen der Verfahrensregeln gerecht zu werden, ist das
Risiko einer Exklusion relativ hoch. Rituale werden hier als Techniken im oben
erläuterten Sinne verstanden. Sie ermöglichen nur eine </span><i style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">Teilhabe</i><span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"> an Kommunikationsprozessen <a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2014/08/die-beobachtung-der-beobachtung-33.html#fn008" id="anker008">[8]</a>. Die Beteiligten müssen
zwar auch bei Ritualen wissen, was sie zu tun haben, ansonsten droht ein
Ausschluss. Haben sie allerdings ihre Rolle für das Ritual eingeübt, müssen sie
nichts weiter tun. Es ist keine Reflexion und keine darüberhinausgehende
psychische Selbstorganisation notwendig. Mithin sind die beteiligten Personen
austauschbar, eben weil sie nicht als Personen relevant werden. Für den Ausgang
eines Rituals ist der einzelne Beitrag
einer Person unerheblich, denn der Ausgang steht schon zu Beginn fest.
In vormodernen Zeiten hat diese Form der Beteiligung zum einen ausgereicht, um
die bestehende soziale Ordnung aufrecht zu erhalten. Zum anderen, waren diese
Kommunikationsformen vorübergehend überzeugend genug, um als annehmbar zu
erscheinen. </span><br />
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"><br /></span>
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">Mit einem zunehmenden Angebot an kontingenten
Kommunikationsformen, konnten sie jedoch immer weniger überzeugen. Zum Teil lag
es aber auch daran, dass die beteiligten Menschen durch bestimmte Ritualen
einfach unterfordert wurden. Durch einfaches Wiederholen werden Handlungsabläufe
eingeübt, gleichsam automatisiert und es kostet die Beteiligten mit jeder
Wiederholung immer weniger psychische Energie sie auszuführen. Hatte man bei
den ersten Malen noch das Gefühl man würde teilnehmen, transformierte sich die
Teilnahme mit steigender Routine zur Teilhabe. Aufgrund der dabei freiwerdenden
Energiereserven lässt sich die Aufmerksamkeit immer schlechter binden. Dadurch
steigt die Ablehnungswahrscheinlichkeit für das betreffende Kommunikationsangebot.
Verfahren gelingt es demgegenüber diese freiwerdenden Energien durch eine
wesentlich stärkere Eigenbeteiligung zu binden. Mit anderen Worten, </span><i style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">Techniken setzen psychische Aufmerksamkeit
frei, weil sie Teilnahmemöglichkeiten eliminieren, Verfahren binden psychische
Aufmerksamkeit, weil sie Teilnahmemöglichkeiten anbiete</i><span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">n. Darüber hinaus
steigt die Attraktivität von Verfahren auch dadurch, dass durch die Teilnahme
die Beteiligten nicht nur als Rollenträger für den weiteren Fortgang der Kommunikation
relevant werden, sondern als Personen. Dies zwar immer nur unter einem
funktionsspezifischen Gesichtspunkt, dafür lässt die Ergebnisoffenheit viel
Raum für eine Eigenbeteiligung, die einen Menschen nicht nur als Rollenträger
erscheinen lässt, sondern als einen Charakter.</span><br />
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"><br /></span>
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">Dieses durch Verfahren sich
auskristallisierende Modalwissen, also Wissen über Regeln und Meta-Regeln, erlaubt
nun auch die </span><i style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">Beobachtung von
Veränderungsmöglichkeiten</i><span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"> – zum einen in Bezug auf den Verlauf eines
Verfahrens, zum anderen in Bezug auf die Verfahrensregeln selber. Veränderungschancen
durch eigene Einflussmöglichkeiten ist ein wesentlicher Aspekt bei der
Akzeptanz inhaltlich noch unbestimmter Entscheidungen, die erst durch das
Befolgen bestimmter Regeln herbeigeführt werden. Veränderbares wird aber nur im
Unterschied zu Unveränderbarem beobachtbar. Und auch das Unveränderbare lässt
sich im Rahmen des Verfahrens noch erkennen. Es handelt sich dabei um das
soziale Problem, dass durch das Verfahren gelöst werden soll. Nur in
Abhängigkeit von einem unveränderlichem Wert, dem sozialen Problem bzw. dem
daraus abgeleiteten Zweck, können Variationen der Lösungen kalkuliert werden.
Was jedoch veränderbar bleibt, ist die Beschreibung des sozialen Problems. Und
die Form der Beschreibung kann den Horizont möglicher Lösungen in gravierendem
Maße begrenzen oder erweitern. Voraussetzung für das Erkennen von
Veränderungsmöglichkeiten ist eine aktive Teilnahme und nicht nur eine passive
Teilhabe. Denn nur die Teilnahme ermöglicht die Verteilung des ungleich
verteilten Wissens unter den beteiligten Personen, was auch bedeutet, dass sich
durch die Teilnahme die Personen selbst verändern. Für die Weltgesellschaft als
Ganze bedeutet diese Entwicklung, dass die Ergebnisoffenheit der
Kommunikationsformen und den sich eröffnenden Teilnahmemöglichkeiten immer mehr
Elemente der gesellschaftlichen Semantik der freien Verfügbarkeit und
Veränderbarkeit anheimgestellt werden. Auf diese Weise gelingt es gleichzeitig
das Erleben einzelner Personen kommunikativ stärker zu berücksichtigen.</span><br />
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"><br /></span>
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">Damit werden alle normativen Erwartungen, also
Erwartungen, die trotz Enttäuschung nicht geändert werden, in besonderem Maße begründungsbedürftig
und müssen ihre Berechtigung in immer neuen Verfahren unter Beweis stellen. Ihre
begründete Aufrechterhaltung stellen sie unter Beweis, wenn es ihnen gelingt
bestimmte soziale oder psychische Veränderungen so zu gestalten, dass die damit
zu lösenden Konflikte sich nicht als politische Konflikte auf die gesamte Gesellschaft
ausweiten. Während Systemwechsel in der stratifizierten Gesellschaft häufig von
blutigen Revolutionen begleitet wurden, gestaltet sich die weitere Veränderung
der modernen Gesellschaft als unblutiger Evolutionsprozess, der sich
autologisch vollzieht. Durch Selbstbeschreibungen, die ein entsprechendes
Wissen über die modernen Kommunikationsbedingungen bereitstellt, kann die
moderne Gesellschaft, wenn man das so sagen darf, ihre Evolution in die eigene
Hand nehmen <a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2014/08/die-beobachtung-der-beobachtung-33.html#fn009" id="anker009">[9]</a>. Und ebenso können auch Menschen ihre eigene persönliche
Entwicklung in die eigene Hand nehmen.</span><br />
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"><br /></span>
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"><br /></span>
<br />
<div style="text-align: center;">
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">X</span></div>
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"><br /></span>
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">Für den Zusammenhang von Wissen und Macht
lässt sich nach dem Vorangegangenen folgendes festhalten. Wissen wurde weiter
oben als ein Unterschied in der Zeit beschrieben. Dieser Unterschied beschreibt
eine Entwicklung von Formen der Aufmerksamkeitsfokussierung und damit zugleich
von Formen der Sinnkonstitution. Im Hinblick auf soziale und psychische Systeme
werden dann Entwicklungsunterschiede beobachtbar. Eine strenge Kontrolle der Unveränderbarkeit
von Wissensformen ist aber allenfalls unter den Bedingungen ständiger
Anwesenheit, fehlenden Verbreitungsmöglichkeiten, wie Schrift und Buch, und
fehlenden Außenkontakten möglich. Und nur unter diesen Bedingungen ist es
möglich, dass alle Personen annährend über das gleiche Wissen verfügen und sich
damit auch erschließen können, wie andere Personen einen bestimmten Sachverhalt
beobachten. Veränderungen von sozialen Strukturen im Sinne der gemeinsam
geteilten Semantik sind unter diesen Voraussetzungen so gut wie ausgeschlossen
und die Veränderung von Personen nur im Rahmen dieser Semantik möglich. Diese
Bedingungen kommen empirisch sehr selten vor. Da sich weder Menschen noch Kommunikation
stillstellen lassen, sind gesellschaftliche Veränderungen bzw. Entwicklungen
geradezu erwartbar – ohne dass dadurch allerdings bereits festgelegt wird, wie
sich die Entwicklung vollzieht. Dass bedeutet weiterhin, dass mit der Zeit
immer größere Unterschiede im Erleben der Menschen wahrscheinlich werden, weil
Rollen sich immer weiter ausdifferenzieren und nicht jeder Mensch jede dieser
Rollen in seinem Leben einnehmen muss. Die Lebensstile diversifizieren bzw.
differenzieren sich immer weiter und die Formen die Welt zu beobachten
diversifizieren sich genauso. Wissensformen für die Teilnahme an Kommunikation
müssen diese Bedingungen berücksichtigen und können heute nicht mehr von der
Eindeutigkeit der gemeinsamen Umwelt ausgehen und dass jeder Mensch sie genauso
sieht. Vielmehr sind Beteiligungsformen notwendig, die der Verschiedenheit der
Perspektiven Rechnung trägt und sie vergleichbar macht. Verfahrensregeln, wie
formell oder informell auch immer, sind solche modalen Wissensformen, die auf
die Dynamik sozialer Prozesse ausgerichtet sind, und letztlich auf die Anregung
von Veränderungen. Diese Veränderungen können sowohl die Menschen, den
Verfahrensablauf und die Verfahrensregeln selbst betreffen. Statische
Selbstbeschreibungen, die den Anspruch der Unveränderbarkeit erheben, egal ob
von Personen oder soziale Systemen stellen aufgrund ihres pseudo-normativen
Anspruchs dann einen erheblichen Störfaktor für Kommunikationsprozesse dar,
wenn sie nicht überzeugen können.</span><br />
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"><br /></span>
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">Vor dem Hintergrund einer dynamischen, sich
selbst ändernden Gesellschaft, handelt es sich bei Wissen um die </span><i style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">Fähigkeit Veränderungen anzuregen</i><span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">. Als
solche handelt es sich noch nicht um Macht, denn Veränderungen können in Bezug
auf Menschen freiwillig und unfreiwillig angeregt werden. Üblicherweise wird
diese Fähigkeit, Veränderungen anregen zu können, als Macht bezeichnet. Wobei
stillschweigend angenommen wird, dass Veränderungen immer nur unfreiwillig
stattfinden. Da sich das Wissen sowohl auf soziale Systeme als auch auf
Menschen beziehen kann, und somit Selbständerungen mit eingeschlossen sind,
impliziert Veränderung aber nicht automatisch Unfreiwilligkeit. Doch genau
unter dieser Annahme der Unfreiwilligkeit jeglicher Veränderung ist zumindest
unter dem Einfluss alteuropäischer Denktraditionen, egal ob idealistischer oder
materialistischer Spielart, jede Veränderungsmöglichkeit unter einen
Generalverdacht geraten. Für die Veränderung von Personen haben sich inzwischen
verschiedene Funktionssysteme, wie Erziehung, soziale Hilfe oder
Krankenbehandlung, ausdifferenziert. Und die fachinternen wie auch die
gesamtgesellschaftlichen Diskussionen über die Folgeprobleme dieser
Funktionssysteme drehen sich letztlich immer um die Frage der Freiwilligkeit
der durch diese Sozialsysteme angeregten Veränderungen von Personen.</span><br />
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"><br /></span>
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">Für die Veränderung der Weltgesellschaft kann
es ein vergleichbares Funktionssystem nicht geben - auch wenn Soziologen häufig
annehmen, dass darin ihre eigentliche Aufgabe läge. Gesellschaftsveränderung
gelingt nur über Personenveränderung, denn ohne eine Veränderung der
menschlichen Umwelt der Gesellschaft wird sich auch die Gesellschaft selbst
nicht ändern. Doch auch hier stellt sich wieder die Frage nach der
Freiwilligkeit dieser Veränderungen. Und gerade die von postmodernen Theorien
behauptete Prämisse Wissen sei Macht, bietet eine hervorragende Möglichkeit
dieser Frage aus dem Weg zu gehen, weil die Negation des Wissens zugleich eine
Negation der Ausdrucksformen bedeutet, mit der man sein Erleben anschlussfähig
kommunizieren kann. Nur weil man weiß, was man nicht will, heißt das noch lange
nicht, dass man auch weiß, was man will. Doch unter dem Trugschluss, dass man
durch gemeinsames Ablehnen bereits glaubt zu wissen, was alle wollen, wird es
möglich gewaltsame Gesellschaftsveränderungen mit dem Einverständnis der
Anhänger zu legitimieren. Was jedoch politisch motivierte Sozialwissenschaftler
übersehen, ist der Umstand, dass Zwang und Gewalt noch keine Veränderungen
anregen, sondern sie nur unterdrücken und verdrängen. Die einzigen
Veränderungen, die auf diese Weise angeregt werden, sind soziale und psychische
Regressionsprozesse. Denn nur weil man bestimmte Ausdrucksmöglichkeiten
verbietet, bedeutet das noch nicht, dass das damit Ausgedrückte eliminiert ist.
Die frei gewordenen Energien werden sich andere Ausdrucksmöglichkeiten suchen,
die jedoch zumeist genauso klischeehaft ausfallen werden, wie die politischen
Formen ihrer Unterdrückung selbst.</span><br />
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"><br /></span>
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">Um diese Gefahr für die weitere Entwicklung
der Gesellschaft zu minimieren haben sich die verschiedenen Funktionssysteme
ausdifferenziert. Zum einen bieten alle Funktionssysteme genügend
Ausdrucksmöglichkeiten, sodass es prinzipiell unnötig geworden ist, seine
Bedürfnisse und Interessen mit Gewalt gegen andere Menschen durchzusetzen. Damit werden auch die entsprechenden Wissensformen verbreitet, damit sich Personen selbst
weiter entwickeln können. Zum anderen haben sich die Aufgaben der Veränderung
und der Unterdrückung auf verschiedene Funktionssysteme verteilt. Auf der einen
Seite haben sich die verschiedenen Funktionssysteme der Personenveränderung auf
die freiwillige Veränderung konzentriert, denn Personenveränderung kann nur
erfolgreich sein, wenn bei der betroffenen Person nicht zumindest eine
Veränderungsbereitschaft besteht. Auf der anderen Seite haben sich die
Funktionssysteme Politik und Recht darauf spezialisiert das Unterdrücken und
Zwingen mit Gewalt selbst zu unterdrücken. Die einzigen Fälle, bei denen es nach
wie vor legitim ist Zwang und Gewalt anzuwenden, sind Versuche, bei denen
Veränderungen mit Gewalt angeregt oder verhindert werden.</span><br />
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"><br /></span>
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"><br /></span>
<br />
<div style="text-align: center;">
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">XI</span></div>
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"><br /></span>
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">Stellt man bei der Beschreibung der
Gesellschaft auf ihren fundamentalen Prozesscharakter ab, und kommt in Bezug
auf die soziale Funktion des Wissens zu den vorangegangenen Schlussfolgerungen,
dann stellt sich die Frage, welche soziale Funktion postmoderne Theorien in der
modernen Gesellschaft erfüllen? Postmoderne Theorien interessieren sich genau
wie die soziologische Systemtheorie für das Problem, unter welchen Bedingungen
ein bestimmtes Kommunikationsangebot als annehmbar erscheint, mit dem Ziel
herauszufinden, wie sich diese Bedingungen verändern lassen. Aufgrund einer
mangelnden semantischen Differenzierung, die mit der systemtheoretischen
Unterscheidung von Mitteilung und Information vergleichbar wäre, kam es zu einem
folgenschweren Fehlschluss. Kommunikation wird als bloß performativ betrachtet
und es erscheint im Grunde egal wie man sich an Kommunikation beteiligt. Hier
sehen nun postmoderne Theoretiker die Möglichkeit durch naive und
unreflektierte Negation aller Beobachtungs- und Ausdrucksformen eine radikale
Verweigerungshaltung zu kultivieren, um die Funktionssysteme der Gesellschaft
gleichsam in die Knie zu zwingen. Negationen regen aber noch nicht zwangsläufig
Veränderungen an, speziell wenn nicht klar ist, was die Alternative zum
Negierten sein soll. So bietet die große Erzählung vom Ende der großen
Erzählungen lediglich eine schwache Orientierung für blinden Protest, ohne dass
aus der Innenperspektive klar ist, was eigentlich das Ziel der angestrebten
Veränderungen sein soll. Die durch den Protest aktivierten psychischen Energien
bleiben ungebunden. Und entladen sich bei fehlender Reflexion und damit
unterbleibender Neuausrichtung der psychischen Energien irgendwann in
symbolischer und physischer Gewalt.</span><br />
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"><br /></span>
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">Die Art und Weise, wie Kommunikationsprozesse und
damit auch Wissensproduktion und –verbreitung postmodern beobachtet werden,
provoziert dieses Problem jedoch selbst herauf. Totalverweigerung wehrt äußeren
Anpassungsdruck durch ausbleibende Differenzierung ab. Durch Unwissenheit lässt
sich ein Kommunikationsangebot am Besten ablehnen und dagegen protestieren. Die
mangelnde semantische Differenzierung zwischen Personen und Handlungen führt
zugleich dazu, dass es für die Kritisierten geradezu unmöglich wird die Kritik
anzunehmen. Sollte sich eine solch radikale Ablehnungshaltung bei allen
Menschen durchsetzen und die Kommunikation wird nur noch von einer
wechselseitigen Ablehnung dominiert, dann steuern die
Kommunikationsverhältnisse stark in Richtung auf einen Krieg aller gegen alle
zu. Es wäre nur eine Frage der Zeit bis zum Wechsel von symbolischer Gewalt zu
physischer Gewalt. Die postmoderne Ablehnung aller Wissensformen führt
langfristig zu ihrer Zerstörung. Sie beraubt die Menschen dadurch der Formen,
die notwendig sind, um die Herausforderungen des Lebens zu
meistern. Bei postmodernen Theorien handelt es sich daher um eine Form
selbstverschuldeter Unmündigkeit. Sie unterstützen damit auch ein Menschenbild,
das die Menschen als unreflektiert, emotional unreif und triebgesteuert
betrachtet. Und aus eigener Kraft sind sie nicht in der Lage, diesen Zustand zu
ändern. Postmoderne Theorien leben von der Illusion hier eine Alternative
anbieten zu können. Diese Alternative besteht aber nur in der schlichten
Behauptung dass Widerspruch etwas ändern könnte. Dem entsprechend
gilt es nur noch öffentlich so aufmerksamkeitsträchtig wie möglich zu protestieren,
um Gehör zu finden, egal worum es inhaltlich geht. Dabei handelt es sich zumeist
um stures Beharren, in dem versucht wird jeden anderen performativ zu übertönen, z. B. durch Empörung, Skandalisierungen und Übertreibung. Eine beliebte Methode ist auch die Negation der Adressaten durch einfaches Niederbrüllen. Das Ergebnis solcher
Kommunikationsformen ist eine soziale und psychische Regression. Das auf diese
Weise entstandene soziale Chaos lässt sich dann nur noch durch eine archaische Terror-
und Schreckensherrschaft wieder in Ordnung bringen. Gerade die scheinbare
menschliche Unfähigkeit selbst für Ordnung zu sorgen, liefert die beste
Legitimation für jeden autoritären Machthaber.</span><br />
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"><br /></span>
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">Die menschliche und gesellschaftliche
Entwicklung scheint sich hier aus portmoderner Perspektive in einer Art
Teufelskreis zu bewegen, aus dem es keinen Ausweg gibt. Die menschliche Natur
scheint unveränderbar. Die Menschen sind dumm und bleiben dumm, unfähig ihre
Triebe und Emotionen zu kontrollieren. Entsprechend müssen auch alle Formen der
Handlungskoordination dazu dienen, diese zerstörerischen Triebe zu befriedigen.
Postmoderne Theorien berücksichtigen allerdings nicht, dass sie selbst auch
Formen der Erlebens- und Handlungskoordination sind und das Problem auch auf
sie zutreffen würde. Wenn die Verhältnisse aber so unveränderbar sind, wie es
sich aus postmoderner Perspektive darstellt, entpuppt sich die Hoffnung auf
Veränderung als illusionär. Sie macht vor dem Hintergrund der Beschreibung einer
unveränderlichen Welt keinen Sinn. Sie schürt nur Hoffnungen, die zwangsläufig
enttäuscht werden müssen. Das führt zu Frustration und demotiviert langfristig
jegliche Initiative. Darin liegt schließlich die politische Funktion
postmoderner Theorien. Sie sind </span><i style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">Demotivationsdiskurse</i><span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">,
die jegliche Veränderbarkeit der Welt zugleich behaupten und in der Form ihrer
Weltkonstruktion negieren. Nichts demotiviert stärker als Erwartungen, die nur
enttäuscht werden können. Das aus diesem Weltbild resultierende postmoderne
Spiel mit der Angst lässt nur die Wut, den Hass und die Hoffnungslosigkeit
derjenigen gären, die daran glauben, und führt zu einer zynischen Einstellung
gegenüber der Welt und zur Misanthropie gegenüber den Mitmenschen, weil jeder
glaubt am Besten zu wissen, was für die anderen nicht gut ist. Das
idealtypische Publikum, das sich durch solch eine Weltsicht angesprochen fühlt,
ist zugleich das ideale Objekt autoritärer Herrschaftsformen – unentschieden,
kritizistisch, willensschwach und jeglicher Handlungsmotivation beraubt. Das
Ergebnis ist ein hyperkritischer Untertanengeist, der nur sehr genau weiß, was
er nicht will, und sich deswegen auch von niemanden etwas sagen lässt. Aus
dieser Unbezähmbarkeit entspringt aber zugleich auch die Sehnsucht nach einer
übermächtigen Autorität, die einem vorschreibt, was man zu wollen haben soll <a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2014/08/die-beobachtung-der-beobachtung-33.html#fn010" id="anker010">[10]</a>.</span><br />
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"><br /></span>
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">Die postmoderne Kritik von
Herrschaftsverhältnissen als Kritik von Wissensformen führt demzufolge erst das
herbei, was sie eigentlich verändern will. In ihrer Kritik hypostasieren postmoderne
Theorien Macht zum obersten Ordnungsprinzip der Gesellschaft. Auch wenn sie
Macht kritisieren, gehen sie trotzdem von der Vorstellung einer
stratifikatorischen bzw. hierarchischen Gesellschaftsstruktur aus, mit Macht als
ordnender Kraft an der Spitze, der sich alle Menschen unterwerfen müssen. Die postmoderne
Kritik der Macht stellt sich damit als das komplementäre Gegenstück zu den
Machtverhältnissen dar, die kritisiert werden sollen. Die Kritik wird aus der
Position der Machtunterlegenen heraus formuliert, ohne dass Veränderungen
überhaupt als möglich betrachtet werden. Allenfalls ein Wechsel der Rollen von
Machthaber und Machtunterlegenen ist aus dieser Perspektive denkbar. Damit
bestätigt die postmoderne Machtkritik bloß die bestehenden Verhältnisse und
lässt den Machtunterlegenen nur eine Handlungsmöglichkeit: die Abschaffung der
bestehenden Verhältnisse durch Gewalt. Im historischen Vergleich handelt es
sich dabei noch um eine vormoderne Beobachtungsweise. Die Postmoderne kann
somit nicht als fortschrittliche, gleichsam nachmoderne Theorie betrachtet
werden. Vielmehr handelt es sich um eine regressive Denkrichtung, die versucht
gesellschaftliche Veränderungen abzuwehren, um die mit der Veränderung
einhergehenden mitunter recht unangenehmen emotionalen und kognitiven
Dissonanzen von vornherein zu vermeiden. Diese sind allerdings normale Erfahrung
im Rahmen der Persönlichkeitsentwicklung. Die Zerstörung des Wissens durch
postmoderne Beobachtungsweisen führt zur Dissoziation der Aufmerksamkeit und
dem Freiwerden negativer psychischer Energien aufgrund von fortlaufender
Enttäuschung der Veränderungserwartung. Das Ergebnis ist Verweigerung,
Beharrung und schließlich Fatalismus und Demotivation.</span><br />
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"><br /></span>
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">Wenn Wissen Macht bedeutet, dann kann die
Lösung nicht in der selbst herbeigeführten Unwissenheit liegen, denn sie
impliziert zwangsläufig Ohnmacht. Dass man sich durch die selbstverschuldete
Unmündigkeit der Macht entziehen kann, ist ein Trugschluss. Vielmehr liefert
sie noch die passende Legitimation, um bestimmte Ziele gegen den Willen der
Betroffenen durchzusetzen. Hinzu kommt in Zeiten des Internets als
Verbreitungsmedium, dass man sich heute nicht mehr darauf berufen kann, etwas
nicht gewusst zu haben. Man kann heute zu jedem beliebigen Thema im Internet –
und nicht nur dort – recherchieren und sein Wissen erweitern, um anschlussfähig
kommunizieren zu können. Das einzig verständliche Problem, was sich daraus
ergibt, ist, wenn man etwas nicht verstanden hat. Das lässt sich wiederum durch
weitere Kommunikationsteilnahme lösen.</span><br />
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"><br /></span>
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">Der auf postmoderne Weise kultivierte
Untertanengeist legitimiert nur, wogegen er eigentlich protestiert. Die moderne
Lösung kann daher nur in der Erziehung eines aufgeklärten und selbstbestimmten
Menschen liegen, der sich nicht nur von seinen Trieben und Emotionen leiten
lässt – ohne sie natürlich völlig zu ignorieren – sondern der selbstbewusst
seine soziale Position in Bezug auf andere Personen reflektieren kann und mit
ihnen, und nicht gegen sie, seine Ziele verwirklichen kann. Dazu gehört eine
Menge an Wissen und ein verantwortungsvoller Umgang mit dem
Kommunikationsmedium Macht. Diese Erkenntnis lässt sich allerdings nicht
einfach nur theoretisch begründen. Um wirksame Handlungsorientierung bieten zu
können, muss sie durch Teilnahme erfahren und gelernt werden. Sie lässt sich
nicht erzwingen. Deswegen muss die moderne Gesellschaft auf die
Selbständerungsfähigkeit der Menschen setzen und entsprechende
Kommunikationsformen anbieten, die nicht nur eine passive und unbewusste
Teilhabe, sondern eine aktive und bewusste Teilnahme der Menschen unterstützen,
um sich selbst als veränderbar bzw. lernfähig erfahren zu können. Die wichtigsten
Werte der modernen Gesellschaft, wie Individualität, Autonomie und Selbstbestimmung,
können nur mit Hilfe solcher Kommunikationsformen erlebt werden, die eine
Eigenbeteiligung der Menschen fordern. Die dissoziierte Beobachtungsweise
postmoderner Theorien macht es jedoch unmöglich zu dieser Erkenntnis zu kommen
oder durch Erfahrung zu lernen. Sie appellieren nur an die niedersten Instinkte
der Menschen und können daher trotz der scheinbaren Komplexität nur äußerst
primitive Formen der Erlebens- und Handlungskoordination hervorbringen. Zumeist
handelt es sich dabei um Formen, die eine Teilnahme simulieren, aber nur eine
Teilhabe ermöglichen. Postmoderne Kommunikation ist selbst nur eine Form von
Pseudo-Teilnahme, da sie unfähig ist auf das Erleben anderer Menschen
einzugehen. In der modernen Gesellschaft fördern postmoderne Theorien daher nur
Selbstexklusion durch Regression. Sie stellen evolutionstheoretisch eine
Gegenbewegung dar, die genau dadurch erst die Probleme schaffen, die sie zu
lösen vorgeben.</span><br />
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"><br /></span>
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">Der Begriff postmodern entpuppt sich damit als
Euphemismus, der Progressivität vortäuscht, aber im Kern radikal vormodern, ja
anti-modern, und damit rückwärtsgerichtet ist. Es handelt sich aber nicht um
das wilde Denken, wie es von Claude Levi-Strauss beschrieben wurde und auf das
immer wieder auf romantisch verklärte Weise Bezug genommen wird, um die
Unterschiede zwischen vormodernen und modernen Kommunikationsformen zu negieren
(vgl. Latour 2008 [1991]). Zwar wird auch hier nicht bestritten, dass es eine
Konstante gibt, die sich durch alle gesellschaftlichen Veränderungen hindurchzieht.
Bei dieser Konstante handelt es sich um die Funktionsweise der Beobachtung bzw.
Aufmerksamkeitsfokussierung durch unterscheidendes Bezeichnen. Konzentriert man
sich aber nur auf die Gemeinsamkeiten zwischen den frühesten und den aktuellen
Formen der Kommunikation, kann man leicht die Unterschiede zwischen den
verschiedenen Formen der Kommunikation übersehen. Diese Unterschiede zu
ignorieren, hieße auch die Entwicklungen und Veränderungen der Gesellschaft zu
negieren. Mehr noch, mit einer Theorie, die jegliche Unterschiede zwischen
modernen und vormodernen Kommunikationsformen leugnet, unternimmt man den
Versuch, egal ob gewollt oder nicht, die moderne Gesellschaft mit den
Beobachtungsformen der segmentär differenzierten Gesellschaft zu beobachten. Oder
vereinfacht ausgedrückt, man versucht die moderne Gesellschaft mit den Augen
eines Wilden zu betrachten. Weil damit im Grunde genommen die Geschichte
geleugnet wird, handelt es sich um ein regressives, entdifferenzierendes
Denken. Zugleich kann es dann nicht überraschen, dass die moderne Gesellschaft
unverständlich, ja sinnlos erscheint und dadurch verunsichert und überfordert.
Weiter oben wurde bereits darauf aufmerksam gemacht, dass die Postmoderne als
wissenschaftliches Sprachspiel nur eine Klage über das Ende des Strukturalismus
ist. Aufgrund des performativen Bias und der daraus abgeleiteten Negation
historischer Entwicklungen ist die Postmoderne darüber hinaus auch noch eine
persönliche Klage darüber, dass man die Welt und sich selbst nicht mehr versteht.
Doch anstatt den Grund für diese Unfähigkeit bei sich selbst zu suchen, wird
der Umwelt ihre Unverständlichkeit vorgeworfen und eine Veränderungserwartung
an sie kommuniziert – andere Menschen mit eingeschlossen –, nämlich
verständlicher zu werden. Durch das Beharren auf dieser Forderung ist die Folge
eine Regression der gemeinsam geteilten Formen der Aufmerksamkeitsfokussierung.
Der Hinweis auf die Heterogenität und Vielfalt der Lebensstile dient dann
allerdings nur als kommunikatives Vehikel, um mitzuteilen, dass man selbst die
Welt anders sieht als die Anderen. Diese Kommunikation reiner psychischer
Selbstreferenz rechtfertigt jedoch nicht zwingend die begehrte Aufmerksamkeit. </span><span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">Der Begriff „postmodern“ ist kein Markenzeichen einer wie auch immer gearteten Avantgarde, sondern das Erkennungszeichen derer, die bereits den Anschluss verloren haben. Ironischerweise kann man auch damit noch Aufmerksamkeit erregen. Wie allerdings deutlich geworden sein sollte, anders als es sich die Betroffenen vorstellen.</span><br />
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"><br /></span>
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">Es geht letztlich nur darum eine Differenz im
Erleben im Vergleich zu anderen Personen zu markieren. Damit sind postmoderne
Theorien nichts weiter als ein </span><i style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">Mittel, um
Aufmerksamkeit auf sich als Person zu ziehen</i><span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">. Doch gerade der Ausdruck des
eigenen verzerrten Erlebens in Form einer wissenschaftlichen Theorie, kann
nicht darüber hinweg täuschen, dass es sich um die </span><i style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">Betonung einer Differenz im Erleben</i><span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"> handelt, die gerade durch eine
methodische Vorgehensweise reduziert werden soll. Als Ausdruck reiner
psychischer Selbstreferenz gelingt die Mitteilung des eigenen Erlebens nur um
den Preis der vollständigen Negation aller anderen Menschen. Der radikale Kampf
um Aufmerksamkeit lässt keine anderen Alternativen als sich selbst so
aufmerksamkeitsträchtig wie möglich zu präsentieren. Dies gelingt am besten
durch schrilles, übertriebenes und betont abweichendes Verhalten. Diese Formen
der Mitteilung des eigenen Erlebens macht es aber noch lange nicht zu einem
authentischen oder würdigen Verhalten. Das Bestehen auf der eigenen
Unmündigkeit ist eher das Gegenteil. Außerdem besteht die postmoderne Methode,
Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, im Kern darin, sie durch Kritik auf andere
zu lenken. Einfacher ausgedrückt: man fällt nur dadurch auf, dass man auf
andere zeigt. Das gilt im Prinzip für alle Kontexte, egal ob wissenschaftlich,
politisch oder persönlich. Man braucht wohl nicht viel Fantasie, um zu
erkennen, dass das auf Dauer nicht funktionieren kann. Helmuth Plessner ging
davon aus, dass jeder Ausdruck im Bemühen um Authentizität das Risiko der
Lächerlichkeit in sich trägt (vgl. Plessner 2001 [1924], S. 70). Dieser Annahme
folgend hat es den Anschein als spielt die Postmoderne volles Risiko <a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2014/08/die-beobachtung-der-beobachtung-33.html#fn011" id="anker011">[11]</a>. </span><br />
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"><br /></span>
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">All diese Probleme machen die Postmoderne zu
einem unannehmbaren Kommunikationsangebot. Doch radikale Kritik bedeutet am
Ende nicht nur radikale Negation der Menschen, sondern auch radikale
Selbstverleugnung, um die performativen Widersprüche zu rechtfertigen, in die
man sich durch diese Kommunikationsform selbst gebracht hat. Denn für die
negativen Folgen des eigenen in guter Absicht ausgeführten Handelns will man
erwartungsgemäß nicht verantwortlich sein. Und gerade das zeigt, dass es nicht
darum geht durch sein Verhalten Aufmerksamkeit zu erregen, sondern es geht nur
darum für das eigene chaotische Erleben anerkannt zu werden. Man möchte nicht
nach dem, was man tut, beurteilt werden, sondern für das, was man glaubt zu
sein. Weil das Verhalten des Absenders seinem Selbstbild
widersprechen kann, benötigt man eine Form der Beobachtung, die systematisch
von den mitgeteilten Informationen ablenkt. Deswegen wird die Performativität
der Kommunikation in den Mittelpunkt gerückt. Dadurch wird verhindert, dass es
dem Adressaten, sofern er diesen Beobachtungsmodus teilt, gelingt sich den
Charakter des Absenders zu erschließen. Die Beobachtung von Menschen ohne die
Berücksichtigung der mitgeteilten Informationen führt jedoch nicht zur Konstruktion
von Personen, sondern zur Reduktion von Menschen auf Klischees.</span><br />
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"><br /></span>
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">Entscheidend ist nun, was eine solche
klischeehafte Kommunikation über die zwischenmenschlichen Beziehungen aussagt.
Watzlawick/Beavin/Jackson schreiben dazu: „Im Allgemeinen ist es so, dass die
Definition der Beziehung umso mehr in den Hintergrund rückt, je spontaner und
«gesunder» die Beziehung ist, während «kranke» (d. h. konfliktreiche)
Beziehungen u. a. durch wechselseitiges Ringen um ihre Definition
gekennzeichnet sind, wobei der Inhaltsaspekt fast völlig an Bedeutung
verliert.“ (2011 [1967], S. 63) Die Überbetonung der Performativität der
Kommunikation durch postmoderne Theorien hat den Zweck einer </span><i style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">Störkommunikation, um die Deutungshoheit
über die Mitteilungen zugunsten des Absenders zu verschieben</i><span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">. Es geht, mit
anderen Worten, darum den egozentrischen Beobachtungsmodus gegen negatives
Feedback, z. B. durch Kritik am eigenen Verhalten, zu immunisieren. Man möchte
selbst bestimmen, ja kontrollieren, wie man von anderen Personen beobachtet
wird. Hier macht sich nochmals der alte materialistische Glaube bemerkbar, dass die Wahrheit im Beobachtungsobjekt und nicht um Beobachter liegt. Welche fatalen Folgen dieser Glaube hat, zeigt sich erst bei der Übertragung auf zwischenmenschliche Beziehungen. Auf diese Weise wird der Mitteilungscharakter allen Verhaltens zu negiert.
Es handelt sich damit um einen Versuch nicht zu kommunizieren.
Watzlawick/Beavin/Jackson weisen darauf hin, dass man das Verhalten
schizophrener Personen als Versuch interpretieren kann nicht zu kommunizieren
(vgl 2011 [1967], S. 60). </span><br />
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"><br /></span>
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">In diesem Punkt gleichen sich schizophrene und
postmoderne Kommunikation. Beides sind Reaktionen auf den allgemeinen Mitteilungscharakter jeglichen Verhaltens. Es liegt daher der Verdacht nahe, dass die
Camouflage politischer Kommunikation als wissenschaftliche Kommunikation nur
dazu dient ein persönliches Problem zu bewältigen – nämlich die Angst davor,
dass Selbstbeschreibung und Fremdbeschreibung der Person nicht übereinstimmen
<a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2014/08/die-beobachtung-der-beobachtung-33.html#fn012" id="anker012">[12]</a>. Da dies ein Problem ist, von dem alle Menschen betroffen sind, lässt es
sich leicht als politisches Problem beschreiben, obwohl jeder selbst
Lösungen dafür finden muss. Um dieses Problem zu lösen, versucht die
Postmoderne einfach die Möglichkeit der Fremdbeschreibung zu eliminieren. Das
Ergebnis ist dann ein ständiges Ringen um die Deutungshoheit über die
zwischenmenschlichen Beziehungen. Worüber kommuniziert wird, spielt dabei keine
Rolle mehr. Ziel ist nur das eigene Selbstbild gegen widersprechende
Beobachtungen durchzusetzen, egal wie. Diese Abwehr zielt aber nicht mehr auf
die Fremdbeobachtungen einzelner Personen, sondern auf die prinzipielle Möglichkeit von anderen Menschen anders beobachtet zu werden. Entsprechend
provoziert eine solche Kommunikationsweise mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit
Konflikte, die weit über konkrete zwischenmenschliche Beziehungen hinausgehen.
Mehr als den Konflikt als politisches Problem ständig weiter anzuheizen, ist
allerdings praktisch nicht zu erreichen. Das reicht aber bereits, um eine Entscheidung zu
verhindern. Durch die Fortsetzung des Konflikts erscheint man zwar als
Störenfried. Bei der Präferenz für abweichendes Verhalten, kann man mit dieser
Fremdbeschreibung aus postmoderner Sicht schon zufrieden sein. Mithin zeigt
sich aber an der unterschiedlichen Bewertung der Rolle des Störenfrieds durch
die Beteiligten die tiefe Konfusion auf der Inhalts- und der Beziehungsebene.</span><br />
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"><br /></span>
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">Als Form der Koordination des Erlebens und
Handelns führt radikaler Protest daher zu einer schleichenden Entfremdung
und Verdrängung des psychischen Selbst, weil dem eigenen illusionären, nur
durch das, was man nicht ist, bestimmte Selbstbild der Vorrang vor den
Sichtweisen anderer Personen gegeben wird. Die Betroffenen schneiden sich so
von jedem Feedback aus der Umwelt ab und isolieren sich selbst. Man stößt hier
nochmals auf den bereits </span><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2014/03/die-beobachtung-der-beobachtung-32-die_8.html" style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">im letzten Beitrag</a><span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"> aufgezeigten Sachverhalt, dass es sich bei
postmodernen Theorien um schizogene Semantiken handelt. Das man überhaupt
bereit ist einen derart hohen Preis zu zahlen, liegt an der Annahme, dass es
nur auf Performanz und nicht auf Inhalte ankommt. Kommunikation wird auf
Mitteilungen reduziert und dann komplett negiert. Es handelt sich um einen
Kategorienfehler bei der Beobachtung von Kommunikationsprozessen. Das ist </span><i style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">der blinde Fleck der Postmoderne</i><span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">, um den
sie sich immer wieder dreht, ihn aber nicht bestimmen kann. Aufgrund der
Auswirkungen auf die Beziehungsebene ist es aber inzwischen auch extrem schwer
geworden diesen Fehler einfach zu korrigieren, ohne das Gesicht zu verlieren.
Deswegen wird diese Störkommunikation nicht aufhören, sondern sich immer tiefer
in die eigenen Widersprüche verwickeln bis sie aufgrund von mangelnder
Motivation von alleine aufhört.</span><br />
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"><br /></span>
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">Dass man mit postmodernen Theorien vor allem
seinem egozentrischen Erleben Ausdruck verleiht, liegt an dem unreflektierten
Negationsgebrauch, der dann die beschriebene Radikalität annimmt und im
Sinnverlust endet. Radikale Negation negiert absolut. Eine Differenzierung ist
dann nicht mehr möglich, sondern nur eine Entdifferenzierung, weil Negationen
Unterschiede, die Unterschiede machen, negieren. Diese Prozesse sind bisher nur
von Psychologen als Abwehr- und Verdrängungsprozesse beschrieben worden.
Abwehr- und Verdrängungsprozesse sind ebenso Formen der Aufmerksamkeitsfokussierung,
wenn auch zunächst nur psychischer Art. Sobald derartige Beobachtungsformen
aber von mehreren Menschen geteilt werden, dann lassen sich entsprechende
Prozesse auch an der Kommunikation studieren. Postmoderne Kommunikation ist ein
Paradebespiel dafür. Der Zusammenhang von Abwehr bzw. radikaler Kritik,
Regression und Exklusion scheint nicht nur auf Personen beschränkt zu sein,
sondern auch beim Gebrauch bestimmter Semantiken aufzutreten. Mithin motivieren
erst solche Semantiken die Betroffenen zum uncodierten Ausdruck der eigenen,
zumeist negativen Emotionen. Das weist darauf hin, dass man es mit einer
personenunabhängigen Regelmäßigkeit zu tun hat. Bei dieser Regelmäßigkeit
handelt es sich um die Operationsweise der Aufmerksamkeitsfokussierung im Sinne
des unterscheidenden Bezeichnens. Negationen sind in jede Unterscheidung
eingelassen und jede Bezeichnung kann, muss aber nicht, etwas negieren. Dieser
und </span><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2014/03/die-beobachtung-der-beobachtung-32-die_8.html" style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">der vorherige Beitrag</a><span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"> haben sich der Exploration der
Symptome des Negationsgebrauchs gewidmet. Der kommende Text wird schließlich
die Funktion der Negation für die Sinnkonstitution und –zerstörung genauer untersuchen.</span><br />
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: normal;"><br /></span>
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: normal;"><br /></span>
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: normal;">Kontakt: destination.unkown@gmx.net</span></div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 115%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<div style="line-height: normal;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span lang="de">Der Beobachter der Moderne auf <a href="https://www.facebook.com/Beobachter.der.Moderne">Facebook</a> und auf <a href="https://twitter.com/gorgonobserver">Twitter</a> </span></span></div>
<div style="line-height: normal;">
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"><br /></span></div>
<div style="line-height: normal;">
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"><br /></span></div>
<div style="line-height: normal;">
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2014/08/die-beobachtung-der-beobachtung-33.html#anker001" id="fn001">[1]</a> Hier wird zum einen auf Gregory Batesons
Informationsbegriff (vgl. 1982 [1979]) und zum anderen auf Randall Collins‘
Begriff der emotionalen Energie (vgl. 2004) Bezug genommen.</span></div>
<div style="line-height: normal;">
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"><br /></span></div>
<div style="line-height: normal;">
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2014/08/die-beobachtung-der-beobachtung-33.html#anker002" id="fn002">[2]</a> Siehe für ein Beispiel dieses
naiv-realistischen Vertrauens in die eigenen Beschreibungen bzw. Berichte das
Kapitel über das Verfassen riskanter Berichte in Latour 2007 [2005].</span></div>
<div style="line-height: normal;">
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"><br /></span></div>
<div style="line-height: normal;">
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2014/08/die-beobachtung-der-beobachtung-33.html#anker003" id="fn003">[3]</a> Seitdem hat man sich darauf konzentriert
die Unbestimmtheit weiter auszudeuten, um plausibel zu machen, dass nicht
nichts doch etwas ist (vgl. Gamm 2000) – bisher ohne nennenswerte Ergebnisse. Dass
man mit dem Unbestimmtheitsbegriff versucht einen Zustand sinnhafter Entropie
zu bezeichnen, wurde bis heute nicht registriert. Beim Begriff der
Unbestimmtheit handelt es sich nur um einen Verlegenheitsbegriff und die beschriebene
Flucht aus der Kategorie (vgl. Gamm 1994) ist lediglich eine Ausweichbewegung.
Beides lässt sich darauf zurückführen, dass nicht erkannt wurde, dass man sich
eigentlich mit dem Entropieproblem befasst.</span></div>
<div style="line-height: normal;">
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">Gleichwohl bieten die Beobachtungen der Unbestimmtheit
immer wieder Anlass um Altbekanntes zu wiederholen, d. h. sich mit altbekannte
Namen und Theorien zu beschäftigen. Reine Wiederholung erzeugt aber nur
Redundanz. Die wiederholte Nennung erzeugt keine zusätzlichen Informationen,
sondern verweist bloß auf dasselbe. Man berauscht sich nur noch an purer
Selbstreferentialität, um sich der eigenen Identität zu versichern – und
verliert sie genau auf diesem Wege.</span></div>
<div style="line-height: normal;">
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"><br /></span></div>
<div style="line-height: normal;">
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2014/08/die-beobachtung-der-beobachtung-33.html#anker004" id="fn004">[4]</a> Siehe zur Selektionslogik der
Massenmedien, die abweichendes Verhalten jeglicher Art belohnt, den Text „</span><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/10/die-beobachtung-der-beobachtung-exkurs.html" style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">Die Beobachtung der Beobachtung – Exkurs über Massenmedien</a><span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">“.</span></div>
<div style="line-height: normal;">
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"><br /></span></div>
<div style="line-height: normal;">
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2014/08/die-beobachtung-der-beobachtung-33.html#anker005" id="fn005">[5]</a> Siehe dazu ausführlich den Text „</span><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/11/die-beobachtung-der-beobachtung-31.html" style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">Die Beobachtung der Beobachtung 3.1 – Funktionale Differenzierung</a><span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">“.</span></div>
<div style="line-height: normal;">
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"><br /></span></div>
<div style="line-height: normal;">
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2014/08/die-beobachtung-der-beobachtung-33.html#anker006" id="fn006">[6]</a> Siehe dazu ausführlicher den Text „</span><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2012/10/die-offentlichkeit-der-gesellschaft-das.html" style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">Die Öffentlichkeit der Gesellschaft & das Internet</a><span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">“.</span></div>
<div style="line-height: normal;">
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif;"><br /></span></div>
<div style="line-height: normal;">
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif;"><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2014/08/die-beobachtung-der-beobachtung-33.html#anker007" id="fn007">[7]</a> Die aktuelle Mode der
praxeologischen Theorien begehen genau denselben Fehler. Sie konzentrieren sich
ebenfalls nur auf die Form der Mitteilung und nicht auf die mitgeteilten
Informationen.</span></div>
<div style="line-height: normal;">
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"><br /></span></div>
<div style="line-height: normal;">
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2014/08/die-beobachtung-der-beobachtung-33.html#anker008" id="fn008">[8]</a> Siehe für die Unterscheidung von Teilhabe
und Teilnahme Lorenzer 2000 [1970], S. 226f.. Die dortige psychoanalytische
Unterscheidung von unbewusster Teilhabe und bewusster Teilnahme wird hier
soziologisch gewendet, um zwei Formen der menschlichen
Kommunikationsbeteiligung voneinander zu unterscheiden.</span></div>
<div style="line-height: normal;">
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"><br /></span></div>
<div style="line-height: normal;">
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2014/08/die-beobachtung-der-beobachtung-33.html#anker009" id="fn009">[9]</a> Luhmann spricht zunächst mit Blick auf die
Selbstbeschreibung der Soziologie von reflektierter Autologie (vgl. 1997, S. ),
was nichts anderes bedeutet als dass die Soziologie ihre Selbstbeschreibung und
damit auch sich selbst ändern kann. Csikszentmihalyi entwarf auf der Grundlage
seines Flow-Konzepts bereits vier Jahre vor Luhmann eine Theorie autologischer
Evolution, mit welcher er die Möglichkeit beschrieb, wie Menschen den weiteren
Verlauf der Evolution aktiv mitgestalten können (vgl. 2005 [1993]).</span></div>
<div style="line-height: normal;">
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"><br /></span></div>
<div style="line-height: normal;">
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2014/08/die-beobachtung-der-beobachtung-33.html#anker010" id="fn010">[10]</a> Es dürfte kein Zufall sein, dass
ausgerechnet Alexander Dugin den Eurasismus – eine von ihm maßgeblich mit
entworfene Form eines russischen Faschismus – als das Nonplusultra des Postmodernismus
bezeichnet. Siehe </span><a href="http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/debatten/auf-diesen-mann-hoert-putin-12991924.html" style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">hier</a><span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">. Nur die Schwachen und Hilflosen sehnen
sich nach einem starken Führer, der ihnen das gibt, was sie sich selbst nicht
geben können – eine Kollektividentität, die genau die Macht und überlegene Stärke
verspricht, die sie als Personen niemals erreichen werden. Es geht also
letztlich um eine sozial akzeptable Identität, mit der man als Person seine
Anschlussfähigkeit behält. Da man diese durch das eigene Verhalten nicht
erreichen kann, muss man auf zugeschriebene und unveränderliche Merkmale
zurückgreifen. Das ist nichts Neues und auch in den deutschen
Kommunikationsgewohnheiten tief verwurzelt. Die überhöhte Gruppenidentität
dient nur zur Herabsetzung und Negation derjenigen, gegen die man sich mit
dieser Identität zu schützen versucht. Das man solche herabsetzenden
Kommunikationsgewohnheiten in Deutschland immer noch für relativ normal hält,
erklärt wohl zu einem großen Anteil die weit verbreitete Sympathie für die
russische Ukraine-Politik. Die russische Propaganda appelliert an alte und
tiefsitzende misanthropische Beißreflexe. Behilflich dabei ist immer wieder die
Selbstbeschreibung als Opfer, aus der sich dann sehr leicht eine vermeintliche
moralische Überlegenheit und eine Legitimation für Gewalt ableiten lassen.</span></div>
<div style="line-height: normal;">
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"><br /></span></div>
<div style="line-height: normal;">
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2014/08/die-beobachtung-der-beobachtung-33.html#anker011" id="fn011">[11]</a> Diese Alles-oder-Nichts-Strategie lässt
sich am ehesten mit dem All-In-Spielzug beim Texas Hold Em Poker vergleichen. Beim
All In kann ein Spieler alle seine Chips auf einmal setzen. Man riskiert mit
diesem Spielzug aus dem Spiel auszuscheiden, wenn man verliert. Normalerweise
soll ein solcher Spielzug anzeigen, dass man ein extrem gutes Blatt hat. Doch
je nachdem wie viele Chips der jeweilige Spieler noch hat, muss dieser Spielzug
nicht zwingend auf ein gutes Blatt hindeuten. Wenn ein Spieler über sehr viele
Chips verfügt, kann er so Druck auf seine Gegner ausüben, denn die würden bei
einem Call ausscheiden, wenn sie kein besseres Blatt haben. Mit anderen Worten,
mit vielen Chips kann man Bluffen selbst wenn der Gegner den Bluff durchschaut.
Solange der kein gutes Blatt hat, wird er die Konfrontation nicht riskieren.
Sollte ein Spieler dagegen nur noch sehr wenig Chips haben, dann wird er
irgendwann gezwungen sein die Initiative zu ergreifen. Entsprechend kann er
dann nur noch versuchen seine wenigen Chips durch ein All In zu verdoppeln, um
im Spiel zu bleiben. Dann muss ein All In auch nicht zwangsläufig ein gutes
Blatt bedeuten. Je weniger Chips man hat, desto weniger kann man es sich dann
noch leisten auf ein gutes Blatt zu hoffen. Bei wenigen Chips ist ein All In
also eher ein Zeichen der Verzweiflung. Sollte man nun versuchen ein komplettes
Spiel oder Turnier nur mit diesem einen Spielzug zu bestreiten, so kann man
hundertprozentig sicher sein, dass man nicht gewinnt. Je öfter man All In geht,
desto unglaubwürdiger wird das Image des Spielers und desto wahrscheinlicher
wird ein Call – d. h. der Gegner will das Blatt sehen mit dem man All In geht.
Die abschreckende Wirkung des All In wird immer geringer, je öfter dieser
Spielzug von einem Spieler gewählt wird. Diskursanalytiker würde hier wahrscheinlich
schon von Macht sprechen, was allerdings nur eine sehr ungenaue Beschreibung
wäre. Kommunikationstheoretisch fährt die Postmoderne eine solche Strategie mit
jedem Spielzug All In zugehen, was vor allem unter wissenschaftlichen und
imagepflegetechnischen Gesichtspunkten äußerst riskant ist und den Call
geradezu provoziert.</span></div>
<div style="line-height: normal;">
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"><br /></span></div>
<div style="line-height: normal;">
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2014/08/die-beobachtung-der-beobachtung-33.html#anker012" id="fn012">[12]</a> Siehe zu dieser Angst ausführlich den
Text „</span><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/06/die-beobachtung-der-beobachtung-2.html" style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">Die Beobachtung der Beobachtung 2 – Kommunikation und Image</a><span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">“.</span></div>
<div style="line-height: normal;">
<b style="line-height: 115%;"><span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif;"><br /></span></b></div>
<div style="line-height: normal;">
<b style="line-height: 115%;"><span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif;"><br /></span></b></div>
<div style="line-height: normal;">
<b style="line-height: 115%;"><span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif;">Literatur</span></b></div>
</div>
<div class="MsoListParagraph" style="line-height: 115%; margin-left: 0cm; text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif;"><i>Bateson, Gregory </i>(1982 [1979]): Geist und Natur. Eine notwendige Einheit. Suhrkamp
Verlag Frankfurt am Main</span><br />
<i style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"><span lang="EN-US">Collins, Randall </span></i><span lang="EN-US" style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">(2004): Interaction Ritual Chains. </span><span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">Princeton University Press New Jersey</span><br />
<i style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">Csikszentmihalyi, Mihaly </i><span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">(2005 [1993]): Dem Sinn des Lebens eine Zukunft geben. Eine
Psychologie für das 3. Jahrtausend. 3. Auflage Klett-Cotta Stuttgart</span><br />
<i style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">Gamm, Gerhard</i><span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"> (1994): Flucht aus der Kategorie. Die Positivierung des
Unbestimmten als Ausgang der Moderne. Suhrkamp Verlag Frankfurt am Main</span><br />
<i style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">Gamm, Gerhard</i><span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"> (2000): Nicht nichts. Studien zu einer Semantik des Unbestimmten.
Suhrkamp Verlag Frankfurt am Main</span><br />
<i style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">Goffman, Erving</i><span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"> (1971): Verlegenheit und soziale Organisation. In ders.: Interaktionsrituale. Über Verhalten in direkter Kommunikation.
Suhrkamp Verlag Frankfurt am Main. S. 106 - 123</span><br />
<i style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">Kuhn, Thomas S.</i><span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"> (1976 [1969]) Die Struktur wissenschaftlicher Revolutionen. 2.
revidierte Auflage Suhrkamp Verlag Frankfurt am Main</span><br />
<i style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">Latour, Bruno</i><span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"> (2007 [2005]): Eine neue Soziologie für eine neue Gesellschaft.
Suhrkamp Verlag Frankfurt am Main</span><br />
<i style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">Latour, Bruno</i><span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"> (2008 [1991]): Wir sind nie modern gewesen. Versuch einer
symmetrischen Anthropologie. Suhrkamp Verlag Frankfurt am Main</span><br />
<i style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">Lorenzer, Alfred</i><span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"> (2000 [1970]): Sprachzerstörung und Rekonstruktion. Vorarbeiten
zu einer Metatheorie der Psychoanalyse. 5. Auflage Suhrkamp Verlag Frankfurt am
Main</span><br />
<i style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">Luhmann, Niklas</i><span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"> (1983 [1969]): Legitimation durch Verfahren. Suhrkamp Verlag
Frankfurt am Main</span><br />
<i style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif;">Luhmann, Niklas</i><span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif;"> (1984): Soziale Systeme. Grundriß einer allgemeinen Theorie.
Suhrkamp Verlag Frankfurt am Main</span><i style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif;"> </i><br />
<i style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif;">Luhmann, Niklas </i><span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif;">(1990): Die Wissenschaft der
Gesellschaft. Suhrkamp Verlag Frankfurt am Main</span><br />
<i style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif;">Luhmann, Niklas </i><span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif;">(1993):</span><i style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif;"> </i><span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif;">Die Paradoxie der Form.
In: ders: Aufsätze und Reden. Reclam Stuttgart. S. 243 – 261</span><br />
<i style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">Luhmann, Niklas</i><span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"> (1997): Die Gesellschaft der Gesellschaft. Suhrkamp Verlag
Frankfurt am Main</span><br />
<i style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">Lyotard, Jean-François</i><span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"> (2012 [1982]): Das postmoderne Wissen. Ein Bericht. 7.
überarbeitete Auflage Passagen Verlag Wien</span><br />
<i style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">Plessner, Helmuth</i><span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"> (2001 [1924]): Grenzen der Gemeinschaft. Eine Kritik des sozialen
Radikalismus. Suhrkamp Verlag Frankfurt am Main</span><br />
<i style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">Serres, Michel</i><span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"> (1987 [1980]): Der Parasit. Suhrkamp Verlag Frankfurt am Main</span><br />
<i style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"><span lang="EN-US">Spencer-Brown,
George</span></i><span lang="EN-US" style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"> (1997
[1969]): Laws Of Form. </span><span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">Gesetze der Form. Bohmeier Verlag Lübeck</span><br />
<i style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">Turner, Victor</i><span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"> (2005 [1969]): Das Ritual. Struktur und Anti-Struktur. Neuauflage
Campus Verlag Frankfurt am Main/New York</span><br />
<i style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">van Gennep, Arnold</i><span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"> (2005 [1909]): Übergangsriten (Les rites de passage). 3.
erweiterte Auflage Campus Verlag Frankfurt am Main/New York</span><br />
<i style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;">Watzlawick, Paul/Beavin, Janet
H./Jackson, Don D.</i><span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 115%;"> (2011 [1967]): Menschliche
Kommunikation. Formen, Störungen, Paradoxien. 12. unveränderte Auflage Verlag
Hans Huber Bern</span></div>
Beobachter der Modernehttp://www.blogger.com/profile/07362668989286039861noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-6126280343808346420.post-52658876496323694642014-03-08T09:54:00.000+01:002016-01-10T11:39:05.993+01:00Die Beobachtung der Beobachtung 3.2 – Die Multifunktionalität der Kommunikation als Problem soziologischer Theoriebildung<!--[if gte mso 9]><xml>
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<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span lang="de" style="mso-ansi-language: #0007; mso-bidi-font-family: Calibri;"><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/11/die-beobachtung-der-beobachtung-31.html">Der letzte Text</a> schloß mit der Annahme, dass man für die
Unterscheidung verschiedener Kommunikationsformen seine Aufmerksamkeit auf die
Form der Codierung der Kommunikationsangebote richten muss. Man wird, mit
anderen Worten, auf die <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Sozialdimension
des Sinns</i> verwiesen und damit auf <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Kommunikationstheorie</i>
inklusive der Theorie symbolisch generalisierter Kommunikationsmedien. Es kann,
mit anderen Worten, nicht nur um die Feststellung gehen, <i>dass</i>
kommuniziert wird, sondern um die Frage, <i>wie</i> kommuniziert wird. Systemtheoretische
Arbeiten der letzten Jahre haben sich zu wenig mit der Frage beschäftigt, wie
kommuniziert wird, und sich lediglich mit der Feststellung begnügt, dass
Kommunikation kommuniziert. Die systemtheoretische Aufmerksamkeit hat sich auf
die bloße Verifikation dieser Tautologie fixiert, ohne dass es gelungen ist
diese Tautologie zu paradoxieren und zu entfalten. Die Konzentration lag zu
stark auf der Sachdimension des Sinns. Es ging lediglich darum den
systemtheoretischen Gesellschaftsbegriff über Luhmann hinausgehend präziser zu
bestimmen. Damit wurde allerdings ein Großteil des analytischen Potentials des
durch Luhmann zur Verfügung gestellten Begriffsapparates verschenkt, denn man
hat sich nur mit der Theorie aber kaum mit der Gesellschaft beschäftigt. Diese
Theorieentscheidung führte zur Aufgabe des Theorems funktionaler Differenzierung
(vgl. Karafillidis 2009, Baecker 2013), was aus der hier angelegten Perspektive
weniger als Weiterentwicklung, sondern eher als Rückbau von Luhmanns
Gesellschaftstheorie erscheint. Man hat sich lediglich damit begnügt die paradoxe Konstitution von Kommunikation offenzulegen, was hier im Anschluss an Luhmann als <i><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/04/die-beobachtung-der-beobachtung.html">Sthenographie</a></i> (vgl. 1991) bezeichnet wird, ohne sich dafür zu interessieren, welche Formen der Entparadoxierung die Gesellschaft für die einzelnen sozialen Probleme gefunden hat, die <a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/11/die-beobachtung-der-beobachtung-31.html">im letzten Text</a> rekonstruiert wurden. Mit anderen Worten, die
systemtheoretischen Ansätze nach Luhmann haben sich lediglich darauf kapriziert
die Selbstreferenz der Kommunikation zu beobachten und blieben dadurch selbst
eigentümlich selbstreferentiell in ihrer Beobachtungsweise.</span></span><br />
<a name='more'></a><br />
<br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span lang="de" style="mso-ansi-language: #0007; mso-bidi-font-family: Calibri;">Wie bereits mehrfach betont, wird der Grund hier darin
gesehen, dass die zentrale Bedeutung des mit der sozialen Matrix formulierten Kommunikationsmodells (vgl. Ruesch/Bateson
2012) und der aus ihr abgeleiteten sozialen Probleme für die systemtheoretische
Theoriearchitektur verkannt wurde. Eines der grundlegenden Missverständnisse
bezüglich der funktional-analytischen Vorgehensweise der Systemtheorie liegt in
der Annahme, die Probleme, für die bestimmte kommunikative Phänomene die Lösung
sind, müssten erst noch gefunden, mithin konstruiert werden (vgl. Karafillidis
2010, S. 60ff.). Luhmann kombinierte jedoch die Kommunikationstheorie mit einem
<i style="mso-bidi-font-style: normal;">Äquivalenzfunktionalismus</i>. Danach
lässt sich jedes soziale Problem durch die Asymmetrisierung der
Alter-Ego-Konstellation nach der Zurechnung von erlebend oder handelnd aus der
sozialen Matrix ableiten (vgl Luhmann 1997, S. 335ff.). Das Ausgangsproblem der
<i style="mso-bidi-font-style: normal;">Unsicherheitsabsorption durch Komplexitätsreduktion</i>
transformiert sich dann in die <a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/11/die-beobachtung-der-beobachtung-31.html">im letzten Text</a> dargestellten sozialen Problemkonstellationen. Mit dem
äquivalenz-funktionalistischen Ansatz wird die <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Sachdimension</i> berücksichtig und erlaubt die Beobachtung, wie sich
bestimmte Semantiken an den einzelnen Problemkonstellationen auskatalysieren
und dann mit der Zeit differenzieren. Differenzierung ist ein evolutionärer
Prozess und erfordert daher zwangläufig die Berücksichtigung der <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Zeitdimension</i>. Für die Analyse der Autopoiesis
der Gesellschaft ist jeder Sinndimension ein theoretischer Ansatz zugeordnet:
der Sachdimension die Differenzierungstheorie, der Sozialdimension die
Kommunikationstheorie und der Zeitdimension die Evolutionstheorie </span><span style="mso-bidi-font-family: Calibri;">(vgl. Luhmann 2005b, S. 213)</span><span lang="de" style="mso-ansi-language: #0007; mso-bidi-font-family: Calibri;">. Diese
drei Theorien stehen jedoch nicht unabhängig nebeneinander, sondern beziehen
sich alle auf dasselbe Phänomen. Systemdifferenzierung ist ein evolutionärer
Prozess. Wenn soziale Systeme Kommunikationssysteme sind, dann richtet sich die
soziologische Aufmerksamkeit auf die Evolution von Kommunikationssystemen. Deswegen
besteht die Herausforderung für die empirische Arbeit mit der soziologischen
Systemtheorie gegenwärtig darin, diese drei Theorien zu kombinieren. Bereits
Luhmann stellte fest: „Keine dieser Theorien kann auf die Mitwirkung der
anderen verzichten“ (1997, S. 1138). Hier wird diese Herausforderung
angenommen.</span></span><br />
<br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span lang="de" style="mso-ansi-language: #0007; mso-bidi-font-family: Calibri;">Die Kombination von Differenzierungs-, Kommunikations-
und Evolutionstheorie bietet einen Ansatzpunkt für die Analyse, wie Erlebens-
und Handlungsmöglichkeiten eingeschränkt werden, um jeweils eines der sozialen
Probleme zu lösen und zugleich Erwartungen und Erwartungserwartungen über die
Zeit stabil zu halten. Der Startpunkt der Analyse von sozialen Prozessen ist
das Axiom: <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Verhalten ist eine Funktion
von psychischem Erleben.</i> Erleben zeigt sich im Verhalten jedoch nur
indirekt bzw. vermittelt über die Ausdrucksmittel, welche die soziale Umwelt
den Menschen zur Verfügung stellt. Der Zweck von Ausdrucksmitteln ist es die
Aufmerksamkeit eines Beobachters auf etwas zu fokussieren und zu lenken. <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Aufmerksamkeitsfokussierung</i> wurde im
Anschluss an Luhmann auch als <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Beobachten</i>
beschrieben. Luhmann wiederum beschrieb die Operation der Beobachtung (vgl.
Luhmann 1990, S. 73ff.) im Anschluss an George Spencer Brown (1997) als
Bezeichnen im Rahmen einer Unterscheidung. Wobei mit Bezeichnen zunächst nur Indizieren, Anzeigen oder Hinweisen gemeint ist und eben dadurch die Funktion
erfüllt, die psychische Aufmerksamkeit zu fokussieren und zu lenken. In diesem
Verständnis wird auch soziales Handeln zu einer Form der Beobachtung, weil
dadurch die Aufmerksamkeit eines Adressaten auf etwas fokussiert wird. Aus
Spencer Browns Formkalkül kann dann ein weiteres Axiom abgeleitet werden: <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Bezeichnen bzw. Indizieren ist die Funktion
einer Unterscheidung.</i> Mit diesem Axiom erhält man eine <i style="mso-bidi-font-style: normal;">allgemeine </i></span></span><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span lang="de" style="mso-ansi-language: #0007; mso-bidi-font-family: Calibri;"><i style="mso-bidi-font-style: normal;"><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span lang="de" style="mso-ansi-language: #0007; mso-bidi-font-family: Calibri;">Codierung</span></span>sregel</i> mit der das beobachtbare Verhalten
von Menschen in die Unterscheidungen dekomponiert werden kann, die das
beobachtete Verhalten zur Folge haben. Davon ausgehend kann dann formuliert
werden: <i>Verhalten ist codiertes Erleben</i>. Verhalten - eigenes und fremdes
- hat außerdem Rückwirkungen auf Erleben - eigenes und fremdes. Durch diese
Rückkopplungen des Erlebens im Verhalten und des Verhaltens im Erleben, kommt
es zur wechselseitigen Einschränkung von Handlungsmöglichkeiten. Es wird
sukzessiv eine große Menge an Handlungsmöglichkeiten aussortiert und dadurch
bestimmte Handlungen wahrscheinlicher. So kommt es zur wechselseitigen Bildung
von Erwartungen bezüglich des zukünftigen Verhaltens der Beteiligten und
zugleich zur Selbstkonditionierung des sozialen Systems und der Beteiligten
Personen. Diese Selbstkonditionierungen lassen sich also über die Analyse des
beobachtbaren Verhaltensstroms entschlüsseln, weil er die Organisation des
psychischen Erlebens der beteiligten Kommunikationspartner widerspiegelt. Bei
dieser Vorgehensweise handelt es sich bereits um eine Form die Tautologie »Kommunikation
kommuniziert« sachlich, sozial und zeitlich zu paradoxieren und für
sozialwissenschaftliche Zwecke zu entfalten.</span></span><br />
<br />
<br />
<div style="text-align: center;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span lang="de" style="mso-ansi-language: #0007; mso-bidi-font-family: Calibri;">I</span></span></div>
<br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span lang="de" style="mso-ansi-language: #0007; mso-bidi-font-family: Calibri;">Für diese Form der systemtheoretischen Analyse gilt es
jedoch einen wichtigen Aspekt des Untersuchungsgegenstandes zu beachten. <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Funktionale Differenzierung wird durch
symbolische Generalisierung zu einem selbstkonditionierenden Prozess</i>.
Dieser Prozess wurde auch als <i style="mso-bidi-font-style: normal;">sukzessive
Trennung vormals gegebener Multifunktionalitäten</i> beschrieben. Das soziale
Ausgangsproblem der Handlungskoordination bei divergierendem psychischem
Erleben wird fortlaufend differenziert und der symbolische Bezug auf die
abgeleiteten sozialen Problemstellungen wird durch die Gestaltung der
Kommunikationsangebote präzisiert und verdichtet. Kommunikation reagiert damit auf die Möglichkeit der Ablehnung eines Kommunikationsangebots, die zunächst genauso wahrscheinlich ist, wie die Annahme eines Kommunikationsangebots, und erst mit Hilfe symbolischer Generalisierung unwahrscheinlicher wird. <a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/11/die-beobachtung-der-beobachtung-31.html">Im letzten Text</a> zeigte sich allerdings, dass jede dieser
Problemstellungen der Kristallisationspunkt für mehrere Funktionssysteme der
Gesellschaft ist. Das bedeutet<i style="mso-bidi-font-style: normal;">, die
Identifikation einer sozialen Problemstellung ist nicht gleichbedeutend mit der
Identifikation eines Funktionssystems der Gesellschaft</i>. In der Konsequenz
bedeutet das weiterhin, dass man mit der Identifikation einer sozialen
Problemstellung auch noch kein Kommunikationsmedium identifiziert hat. Für die
Unterscheidung der einzelnen Funktionssysteme der Gesellschaft ist es daher
notwendig die Formen der symbolischen Generalisierung voneinander zu
unterscheiden. Symbolische Generalisierungen sind jedoch das Ergebnis von
historischen Steigerungs- bzw. Konditionierungsprozessen, welche es zu
rekonstruieren gilt. Dafür ist allerdings ein wichtiger Unterschied zu
beachten, nämlich der zwischen <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Kommunikationsmedien</i>
und ihrer <i style="mso-bidi-font-style: normal;">symbolischen Generalisierung</i>.
Die Verbreitung von Erwartungen und Erwartungserwartungen lässt sich also erst
über symbolische Generalisierung so stark ausweiten, dass sich die
Kommunikationspartner nicht mehr aus einer früheren Begegnung bereits kennen
müssen. Mit anderen Worten, symbolisch generalisierte Kommunikationsmedien
ermöglichen durch die Stabilisierung <i style="mso-bidi-font-style: normal;">personenunabhängiger</i>
Verhaltenserwartungen die Kommunikation zwischen füreinander wechselseitig
unbekannten Personen und somit auch die erfolgreiche Annahme eines
Kommunikationsangebots. Damit wird eine beträchtliche Entlastung der
psychischen Erlebnisverarbeitung erreicht. Die Unendlichkeit bzw.
überwältigende Komplexität doppelt kontingenter Erlebens- und
Handlungsmöglichkeiten wird durch symbolische Generalisierungen und der
Kristallisation zu funktionsspezifischen Rollenerwartungen bereits auf einen
endlichen Horizont wechselseitiger Erlebens- und Handlungsmöglichkeiten
reduziert, was es den beteiligten Personen erleichtert ihr Handeln zu
koordinieren ohne dass dadurch bereits bestimmte Ergebnisse der Koordination im
Vorhinein festgelegt wären.</span></span><br />
<br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span lang="de" style="mso-ansi-language: #0007; mso-bidi-font-family: Calibri;">Das soziale Ausgangsproblem und die daraus
abgeleiteten Probleme sind <i style="mso-bidi-font-style: normal;">historisch
invariabel</i>. Menschen waren schon immer mit diesen Problemen konfrontiert
und werden es auch immer sein, solange die Menschheit existiert. Die sozialen
Probleme werden also <i style="mso-bidi-font-style: normal;">niemals endgültig
gelöst</i> werden, sondern immer nur vorübergehend. Und so sind es die
Erfolgserlebnisse, die Menschen dazu motivieren trotzdem weiterzumachen. In
historischer Perspektive wurden und werden lediglich unterschiedliche Lösungen
für dieselben Probleme ausprobiert, bei Erfolg tradiert und irgendwann möglicherweise
wieder aufgegeben, wenn es ihnen nicht mehr gelingt die kognitiven und
emotionalen Bedürfnisse der Menschen zu stillen. Die aktuelle Lösung besteht in
der zunehmenden Ausbreitung der funktionalen Differenzierung und Spezifizierung
von Kommunikation. In der Geschichte wurden bereits andere Lösungen für
dieselben Probleme ausprobiert. So lief die symbolische Generalisierung bei
segementärer Differenzierung über die Mitgliedschaft zu einem Stamm und bei
stratifikatorischer Differenzierung über hierarchisch geordnete Verhältnisse
der Über- und Unterordnung. In beiden Differenzierungsformen werden die
Erwartungen und Erwartungserwartungen durch die Orientierung an Personen
stabilisiert. Erst bei funktionaler Differenzierung wird der Personenbezug
völlig aufgegeben. Dies gilt aber nur für die Ebene der Gesamtgesellschaft, auf
die sich auch die Unterscheidung der verschiedenen Differenzierungsformen
bezieht. Dass Personen für die Kommunikation natürlich nicht vollständig irrelevant
werden, zeigt sich erst auf den Systembildungsebenen Interaktion und Organisationen.
Wobei es auf diesen Ebenen dann um die Frage nach dem Vorrat an
gemeinsam geteilten Symbolen geht. Diese Frage zielt auf die <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Differenz in den Wissensbeständen</i> der Kommunikationspartner. Diese Differenz
stellt aber nicht auf ein Verhältnis von mehr oder weniger Wissen ab, sondern auf
die funktionale Äquivalenz der verschiedenen Lösungen für dieselben Probleme. Die
Unterscheidung von <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Interaktion</i>, <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Organisation</i> und <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Gesellschaft</i> kann daher auch als eine Unterscheidung verschiedener <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Verbreitungsgrade von gemeinsam geteilten
Erwartungen und Erwartungserwartungen</i> verstanden werden.</span></span><br />
<br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span lang="de" style="mso-ansi-language: #0007; mso-bidi-font-family: Calibri;">Wenn die sozialen Probleme über die Zeit dieselben
bleiben und nur die Lösungen variieren, dann impliziert dieser Sachverhalt,
dass jedes Kommunikationsangebot potentiell auf alle Kommunikationsmedien, wie
Macht, Knappheit, Schönheit, Wahrheit, Aufmerksamkeit, Transzendenz oder
Intimität, rekurrieren kann und somit auch auf ihren Sinn im jeweiligen
Medium hin beobachtet werden kann. Dieser Sachverhalt wird auch als <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Polykontexturalität</i> (vgl. Luhmann 1997,
S. 88) bezeichnet. Wenn funktionale Differenzierung zu einer Trennung vormals
gegebener Multifunktionalitäten führt, dann kommt Polykontexturalität als
Kommunikationsbedingung erst langsam mit dem Übergang zur Moderne richtig zum
Tragen. Im Umkehrschluss konnte ein Kommunikationsereignis in früheren Differenzierungsformen
mehrere Probleme auf einmal lösen. Für segmentär differenzierte Gesellschaften,
in denen jedes Ereignis im Kontext des eigenen Mythos ein Sinn verliehen wurde,
könnte man daher auch von <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Monokontexturalität</i>
sprechen. <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Obwohl funktionale Differenzierung
und symbolische Generalisierung versuchen diese Multifunktionalitäten
aufzulösen, bleibt die potentielle Multifunktionalität ein allgemeines Merkmal von
Kommunikation.</i> Ein Rückfall in frühere Problemlösungsvarianten ist also nicht
ausgeschlossen. Es kommt auf die Reichweite der Koordinationserfordernisse an,
ob eine Semantik funktional oder pathologisch auf die Autopoiesis der
Gesellschaft wirkt und somit selbst zu einem Problem wird. Die Weltgesellschaft
lässt sich nur schwerlich mit der Semantik eines tribalen Stammes
zusammenhalten. Es wird daher angenommen, dass <i style="mso-bidi-font-style: normal;">je mehr Menschen ein bestimmtes Koordinationsproblem betrifft, desto
präziser muss der Bezug auf dieses Problem symbolisch generalisiert sein, um
der Lebenswirklichkeit der Menschen gerecht zu werden.</i> </span></span><br />
<br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span lang="de" style="mso-ansi-language: #0007; mso-bidi-font-family: Calibri;">Aus diesem Umstand folgt nicht, dass alle anderen Kommunikationsmedien
bis auf das für die Lösung des Problems relevante funktionslos geworden sind.
Vielmehr werden alle Kommunikationsmedien für die Erhöhung, mithin
Konditionierung der Annahmewahrscheinlichkeit eines Kommunikationsangebots in
Anspruch genommen. Ein politisches Kommunikationsangebot zum Beispiel
unterbreitet nicht nur eine glaubwürdige Drohung mit Gewalt, sondern erhebt
auch Anspruch darauf wahr zu sein, knapp bzw. einzigartig zu sein, eine gewisse
Ästhetik zu besitzen, spricht die unerreichbaren psychischen Systeme an und
geht ohne zu intim zu werden auf das Erleben der Adressaten ein. Trotzdem
entscheidet am Ende das Kriterium der politischen Macht über Annahme oder
Ablehnung des Angebots, weil es um die Lösung des spezifischen Problems, wer
auf der Grundlage einer kollektiv bindenden Entscheidung legitim mit physischer
Gewalt drohen darf, geht. Alle anderen Kommunikationsmedien können die Annahme
oder Ablehnung des Kommunikationsangebots als politisches beeinflussen. Analog
kann man das für ein wirtschaftliches, künstlerisches, wissenschaftliches,
religiöses, intimes oder erziehendes Kommunikationsangebot durchspielen. <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Entscheidend ist, welches soziale Problem
gelöst werden muss und wie die einzelnen Kommunikationsmedien die
Aufmerksamkeit darauf lenken, um eine Handlungskoordination zu ermöglichen. </i>Es
ist allerdings nicht ausgeschlossen, dass die Selbstbeschreibung und die
wissenschaftliche Fremdbeschreibung voneinander abweichen bzw. dass ein
Kommunikationsangebot vorgeblich eine politische Lösung ist, es sich aber
eigentlich um eine religiöse Lösung handelt. Darauf wird im Folgenden noch
genauer eingegangen. Vorerst lautet die praktische Konsequenz, dass jede
Kommunikationssequenz im Hinblick auf die Funktionsweise der einzelnen
Kommunikationsmedien analysiert werden muss, um beobachten zu können, wie die
Aufmerksamkeit der Kommunikationspartner durch symbolische Generalisierung konzentriert
oder abgelenkt wird.</span></span><br />
<br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span lang="de" style="mso-ansi-language: #0007; mso-bidi-font-family: Calibri;">Für dieses Ziel muss ein <i style="mso-bidi-font-style: normal;">rekursives Rückkopplungsverhältnis</i> zwischen den <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Operationen</i> eines sozialen Systems und
seiner <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Semantik</i> zugrunde gelegt
werden. Dann lässt sich der Zusammenhang zwischen der Eröffnung und Verschließung
bestimmter Erlebens- und Handlungsmöglichkeiten durch strukturelle Merkmale
einer Semantik klären. Ausgehend von der Annahme, das Verhalten codiertes
Erleben ist, wird an jedem Kommunikationsangebot zwischen <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Mitteilung</i> und <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Information </i>unterschieden<i style="mso-bidi-font-style: normal;">.</i> Diese Unterscheidung entspricht in
einer groben Annährung der von Form und Inhalt. Aus
systemtheoretischer Perspektive ist jedoch auch der Inhalt eine Form – eine
Form im Medium Sinn. Der Begriff »Form« bezeichnet im Anschluss an Spencer
Brown (1997) die Einheit von Unterscheidung und Bezeichnung. Die durch das
Verhalten eines Kommunikationsteilnehmers mitgeteilten Informationen können
dann als das Ergebnis eines komplexen Unterscheidungsarrangements verstanden
werden, welches das Erleben des Kommunikationsteilnehmers strukturiert. Gelingt
es dieses Unterscheidungsarrangement zu identifizieren und im Hinblick auf
seine Funktionalität für das zu lösende soziale Problem – den Kontext – zu
interpretieren, hat man den Sinn in der <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Sachdimension</i>
entschlüsselt. Die Unterscheidung von Mitteilung und Information ist selbst
wiederum eine Form, die einen Unterschied markiert, nämlich den zwischen dem,
was mitgeteilt wird, und wer es mitteilt. Die Unterscheidung der Mitteilung von
der Information richtet die Aufmerksamkeit auf die mitteilende Person und damit
auf die Form, wie Informationen mitgeteilt werden. Es geht, mit anderen Worten,
um die Unterscheidung verschiedener Stile eine Information mitzuteilen, sei es
durch nonverbales Verhalten, Sprache, Schrift oder die ganze Bandbreite
audio-visueller Gestaltungsformen.<span style="mso-spacerun: yes;"> </span>Immer
geht es um die Form, wie die Aufmerksamkeit auf einen bestimmten Sachverhalt
gelenkt wird. Je stärker die Form der Mitteilung die mitgeteilten Informationen
dominiert, desto stärker treten die mitteilende Person und ihre Form des
Erlebens in den Vordergrund. Durch die Unterscheidung verschiedener Formen, wie
man Informationen mitteilen kann, gelingt es das Erleben einer bestimmten
Person bezüglich des zu lösenden sozialen Problems zu entschlüsseln. Analysiert
man nun den Beitrag dieser Formen für die Lösung eines bestimmten sozialen
Problems, hat man den Sinn in der <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Sozialdimension</i>
entschlüsselt. Vereinfacht ausgedrückt, in der Sachdimension lässt sich das
soziale Problem identifizieren, das durch die Koordination des Verhaltens
gelöst werden soll, und in der Sozialdimension, wie die einzelnen
Kommunikationsteilnehmer dieses Problem erleben. Da sowohl die mitgeteilten
Informationen als auch die Form der Mitteilung im Hinblick auf ihren Beitrag
zur Lösung eines bestimmten sozialen Problems analysiert werden, ist nicht
ausgeschlossen, dass sie sich gegenseitig in ihrer Funktion behindern können
und so unter Umständen das soziale Problem gar nicht lösen, sondern es
verstärken. Die Mitteilung und mitgeteilten Informationen können also nicht
unabhängig voneinander untersucht werden. Zusammen bilden sie die <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Form der Codierung</i> eines
Kommunikationsangebots.</span></span><br />
<br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span lang="de" style="mso-ansi-language: #0007; mso-bidi-font-family: Calibri;">Im Hinblick auf die <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Zeitdimension</i>, d. h. im Hinblick auf die <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Annahme</i> oder <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Ablehnung</i>
eines Kommunikationsangebots, hat die Form der </span></span><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span lang="de" style="mso-ansi-language: #0007; mso-bidi-font-family: Calibri;"><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span lang="de" style="mso-ansi-language: #0007; mso-bidi-font-family: Calibri;">Codierung</span></span> einen maßgeblichen
Einfluss darauf, ob es gelingt die Annahme des Kommunikationsangebots zu
motivieren oder nicht. Die Annahme eines Kommunikationsangebots wird aber nicht
dadurch motiviert, dass die Selektivität des Angebots als solche erkennbar ist,
wie gelegentlich angenommen wird (vgl. </span></span><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span lang="de" style="mso-ansi-language: #0007; mso-bidi-font-family: Calibri;"><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span lang="de" style="mso-ansi-language: #0007; mso-bidi-font-family: Calibri;">Baecker
2005,S. 178ff.; </span></span>Karafillidis 2009, S. 222ff.). Denn das würde nur bedeuten, ein Kommunikationsangebot in
seiner Kontingenz zu beobachten. Da Kontingenz ein allgemeines Merkmal moderner
Kommunikation ist, wird durch die Selektivität als solche noch kein Unterschied
markiert, der zur Annahme motivieren kann. Stattdessen werden dadurch
analytisch jegliche Unterschiede zwischen verschiedenen Kommunikationsangeboten
aufgelöst. Auf diesem Wege findet man nicht heraus, warum ein bestimmtes
Kommunikationsangebot zur Annahme motivieren kann, sondern expliziert nur das
Problem der Unwahrscheinlichkeit eines kommunikativen Anschlusses. Wenn alle
Kommunikationsangebote in ihrer Selektivität gleich sind, bleibt es ein Rätsel,
warum einige doch mit einer größeren Annahmewahrscheinlichkeit rechnen können. Die
soziologische Herausforderung besteht darin herauszufinden, wie ein
Kommunikationsangebot <i style="mso-bidi-font-style: normal;">trotz seiner
Kontingenz als annehmbar erscheint</i>. Das bedeutet herauszufinden, welche
Unterschiede für den Adressaten einen attraktiven Unterschied machen und
dadurch zur Annahme motivieren. Dafür ist die Einheit der Unterscheidung von
Information und Mitteilung relevant und damit die Form der </span></span><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span lang="de" style="mso-ansi-language: #0007; mso-bidi-font-family: Calibri;"><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span lang="de" style="mso-ansi-language: #0007; mso-bidi-font-family: Calibri;">Codierung</span></span> bzw.
Gestaltung eines Kommunikationsangebots. Auch das jeweils gewählte
Verbreitungsmedium spielt eine wichtige Rolle dabei, wie die Aufmerksamkeit auf
etwas fokussiert wird, und trägt somit maßgeblich zum Erfolg eines
Kommunikationsangebots bei. Zu dieser Schlussfolgerung gelangt man auch, wenn
man Aufmerksamkeit, wie <a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/10/die-beobachtung-der-beobachtung-exkurs.html">an anderer Stelle</a> geschehen, selbst als Kommunikationsmedium
betrachtet. Die Annahme- bzw. Erfolgswahrscheinlichkeit eines Kommunikationsangebots
zu erhöhen, bedeutet dann die Verfeinerung und Verdichtung der Form der
Aufmerksamkeitsfokussierung. Bei diesem Prozess handelt es sich um den Prozess <i style="mso-bidi-font-style: normal;">symbolischer Generalisierung</i>, der
zugleich als funktionale Differenzierung bezeichnet wird. Eine wichtige
Konsequenz aus dieser Überlegung ist, dass sich Luhmanns Unterscheidung von
Verbreitungsmedien und Erfolgsmedien nicht mehr aufrechterhalten lässt (vgl.
Luhmann 1997, S. 202ff.). Verbreitungsmedien und Kommunikationsmedien tragen
zusammen zum Erfolg bei, sodass das eigentliche Erfolgsmedium die </span></span><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span lang="de" style="mso-ansi-language: #0007; mso-bidi-font-family: Calibri;"><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span lang="de" style="mso-ansi-language: #0007; mso-bidi-font-family: Calibri;">Codierung</span></span>
selbst ist.</span></span><br />
<br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span lang="de" style="mso-ansi-language: #0007; mso-bidi-font-family: Calibri;">Moderne Lösungen setzen für die Erhöhung der
Erfolgswahrscheinlichkeit beim Erleben des Adressaten an, der dazu motiviert
werden soll das Kommunikationsangebot als Prämisse der weiteren Informationsverarbeitung
anzunehmen, was zugleich bestimmte Erlebens- und Handlungsmöglichkeiten
eröffnet und andere dafür verschließt. So erscheint die Selektivität des
Kommunikationsangebots für den Adressaten gerade deswegen nicht mehr
kontingent, weil an dem Kommunikationsangebot abzulesen ist, dass sein Erleben
trotz anderer Möglichkeiten bei der Auswahl berücksichtigt und eben deswegen
vom Mitteilenden gewählt wurde. Dadurch wird der Adressat dazu motiviert das
Angebot anzunehmen und sich im Rahmen eines bestimmten sozialen Problems für
dessen Lösung durch die Teilnahme an der Kommunikation zu engagieren. Man kann
hier an das von Erving Goffman beschriebene gemeinsame spontane Engagement in
einer Situation denken (vgl. 1971b, S. 124ff.). Für die Adressaten eines
Kommunikationsangebots transformiert sich der Zusammenhang zwischen Motivation
und Selektion in die Frage, warum man sich in einer Situation engagieren
sollte, um damit die gemeinsame symbolische Ordnung, die durch die
Kommunikationsteilnehmer und der Form ihrer Beteiligung konstituiert wird,
aufrecht zu erhalten. Da diese Einschränkung von Erlebens- und
Handlungsmöglichkeiten mit Rücksicht auf den Kommunikationspartner
wechselseitig erfolgt, ergibt sich daraus die Möglichkeit <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Integrations- und Desintegrationsprozesse</i> zu beschreiben.</span></span><br />
<br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span lang="de" style="mso-ansi-language: #0007; mso-bidi-font-family: Calibri;">Die funktionale Differenzierung der Kommunikation
konzentriert sich letztlich bei der Codierung nur darauf die störenden
Einflüsse der anderen Kommunikationsmedien hinsichtlich des jeweils zu lösenden
Problems zu minimieren und die unterstützenden Einflüsse zu konzentrieren und
zu verdichten, um die Wahrscheinlichkeit einer Annahme zu erhöhen. Störend sind
dabei solche Informationen, die in der Perspektive des Adressaten keinen Sinn
ergeben. Unterstützend wirken dagegen solche Informationen, die in der
Perspektive des Adressaten einen Sinn ergeben. Die Konzentration auf das
Erleben des Kommunikationspartners allein reicht allerdings noch nicht aus,
denn es geht darum die Unsicherheiten zu absorbieren, die durch das zu lösende
soziale Problem entstehen. Neben der Gestaltung des Kommunikationsangebots, um
es in der Sozialdimension attraktiv zu machen, muss es auch noch das soziale
Problem lösen, dass unabhängig von den beteiligten Personen immer wieder
auftritt. Die Kunst der Kommunikation besteht deshalb darin sowohl die
beteiligten Personen in ihrem Selbst-Erleben zu berücksichtigen als auch das
soziale Problem zu lösen, von dem die Kommunikationspartner betroffen sind. Der
entscheidende Faktor bei der Evaluierung des Erfolgs ist für die
Kommunikationsteilnehmer das <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Gefühl des
Verstanden-Werdens</i> - sowohl hinsichtlich der Situationsdefinition als auch
der Betroffenheit von einem Problem. Die meisten Konflikte entstehen heute vor
allem deswegen, weil man sich nicht auf eine Beschreibung des gemeinsamen
Problems einigen kann. Dabei geht es im Kern um Unstimmigkeiten in der Codierung eines Kommunikationsangebots. Moderne, funktional spezifizierte
Kommunikation zeichnet sich gerade durch die <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Verfahren</i> aus, solche </span></span><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span lang="de" style="mso-ansi-language: #0007; mso-bidi-font-family: Calibri;"><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span lang="de" style="mso-ansi-language: #0007; mso-bidi-font-family: Calibri;">Codierung</span></span>sprobleme zu überwinden. Verfahren
sind ergebnisoffen und nehmen das Ergebnis des Kommunikationsprozesses nicht
vorweg (vgl. Luhmann 1983). Dadurch unterscheiden sich Verfahren von <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Techniken</i>. Techniken sind Prozesse, bei
denen bereits am Anfang klar ist, wie das Ergebnis ausfallen wird. Und gerade
weil moderne Kommunikationssequenzen ergebnisoffen beginnen, ist die Mitwirkung
der beteiligten Personen erforderlich, damit ein für alle Beteiligten
befriedigendes Ergebnis herauskommt. Erwartungen können sich dann nur noch über
die Regeln des Verfahrens bilden, aber nicht mehr über das Ergebnis eines
Verfahrens.</span></span><br />
<br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span lang="de" style="mso-ansi-language: #0007; mso-bidi-font-family: Calibri;">Die Fokussierung auf das jeweilige soziale Problem
kann die anderen Kommunikationsmedien also nicht vollständig ausschalten. Um
die Annahme eines Kommunikationsangebots zu motivieren konzentriert sich dann die
Organisation des Verfahrens darauf die anderen Kommunikationsmedien für die
jeweilige gesellschaftliche Funktion in Anspruch zu nehmen, indem z. B. die
Wahrheit bestimmter Informationen, die einer bestimmten politischen
Entscheidungsoption zugrunde liegen, durch wissenschaftliche Erkenntnisse
entweder untermauert oder bestritten werden. Es wird, mit anderen Worten, das
jeweilige Angebot bzw. die jeweilige Lösung semantisch verdichtet oder es ist
zu viel Rauschen in der Komposition – was natürlich immer eine Frage der
Beobachtungsformen des Adressaten bzw. Beobachters ist. Dem entsprechend müssen
die </span></span><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span lang="de" style="mso-ansi-language: #0007; mso-bidi-font-family: Calibri;"><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span lang="de" style="mso-ansi-language: #0007; mso-bidi-font-family: Calibri;">Codierung</span></span>sregeln aller Beteiligten rekonstruiert werden, um zu
verstehen, warum ein bestimmtes Kommunikationsangebot angenommen wird oder
nicht. Das Risiko bei solchen Motivations- oder Abwehrstrategien ist jedoch,
dass der Eindruck entstehen kann, dass die Annahme eines politischen
Kommunikationsangebots von wissenschaftlicher Wahrheit abhängen würde. Dann
würde der Wahrheitscode den Machtcode gleichsam überschreiben. Wenn ein
Politiker ein Kommunikationsangebot wissenschaftlich codiert, dann sind die
Adressaten keine Politiker oder Bürger mehr, sondern Personen, die an
wissenschaftlicher Wahrheit interessiert sind. Was kaum eine politische
Relevanz besitzen würde und entsprechend wenig Aussicht auf die Annahme als
politisches Kommunikationsangebot hätte. Die Erfahrungen aus Faschismus und
Kommunismus sollten außerdem gelehrt haben, dass bei der glaubhaften Drohung
mit Gewalt wissenschaftliche Wahrheit keine Rolle mehr spielt. Ähnliches hatte
zuvor bereits die Inquisition bezüglich des richtigen Glaubens vorgeführt.
Genauso spielt wissenschaftliche Wahrheit auch keine Rolle, wenn es um die
Entscheidung geht, wer in der nächsten Legislaturperiode gegebenenfalls mit
Gewalt drohen darf. Hier hat man es also bereits mit einem </span></span><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span lang="de" style="mso-ansi-language: #0007; mso-bidi-font-family: Calibri;"><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span lang="de" style="mso-ansi-language: #0007; mso-bidi-font-family: Calibri;">Codierung</span></span>sproblem
zu tun. Fokussiert man die soziologische Beobachtung auf den jeweiligen Kontext
bzw. das jeweilige Bezugsproblem, kann man also analysieren, wie die
Beteiligten jeweils das Bezugsproblem beobachten und wie die einzelnen
Kommunikationsmedien zur Lösung des jeweiligen Bezugsproblems beitragen oder es
verschlimmern.</span></span><br />
<br />
<br />
<div style="text-align: center;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span lang="de" style="mso-ansi-language: #0007; mso-bidi-font-family: Calibri;">II</span></span></div>
<br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span lang="de" style="mso-ansi-language: #0007; mso-bidi-font-family: Calibri;">Der Sachverhalt, dass jedes Kommunikationsangebot
unter verschiedenen Gesichtspunkten analysiert und begriffen werden kann, hat
gravierende Auswirkungen auf sozialwissenschaftliche Theoriebildung und die
Bewertung der bisherigen Ergebnisse. Wenn der analytische Ausgangspunkt einer
sozialwissenschaftlichen Untersuchung lediglich eines der Kommunikationsmedien
ist, dann lässt sich Gesellschaft entweder als Ökonomie oder als Politik oder
als ästhetisches Projekt oder als Aberglaube oder – je nachdem wieviel
zwischenmenschliche Nähe man bevorzugt – als solidarische Gemeinschaft oder
entsolidarisierte Gesellschaft der Individuen beschreiben. Egal ob Macht,
Knappheit, Schönheit, Wahrheit, Aufmerksamkeit, Transzendenz oder Intimität der
theoretische Referenzpunkt ist, jedes Mal lässt sich ein einigermaßen
konsistentes Bild zeichnen. Da man aber zugleich alle anderen
Kommunikationsmedien außeracht lässt, handelt es sich zugleich um ein sehr
einseitiges und damit <i style="mso-bidi-font-style: normal;">verzerrtes</i> Bild
der Gesellschaft. Im Folgenden wird dieses Problem genauer verdeutlicht. Dabei
wird es zum einen darum gehen, die im vorangegangenen Abschnitt vorgestellten
methodischen Konsequenzen anzuwenden. Diese stellen auch neue Anforderungen an
die schriftliche Darstellung der Analyse. Das Folgende ist nur ein erster
Versuch auf der Suche nach einer gangbaren Darstellung. Zum anderen wird das </span></span><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span lang="de" style="mso-ansi-language: #0007; mso-bidi-font-family: Calibri;"><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span lang="de" style="mso-ansi-language: #0007; mso-bidi-font-family: Calibri;">Codierung</span></span>sproblem an einem wissenschaftlichen Kommunikationsangebot dargestellt. Das
erlaubt es zugleich auf die Multifunktionalität der Kommunikation als Problem
sozialwissenschaftlicher Theoriebildung einzugehen. Ein Paradebeispiel für
beide Probleme sind die Studien von Michel Foucault. Obgleich er die
strukturelle Kopplung der Kommunikationsmedien Macht und Wahrheit untersucht
hatte, war das Ergebnis eine Gesellschaftstheorie, die Kommunikationsprozesse
im Allgemeinen als »Politik« und Organisationsprozesse im Besonderen als
»Regierung« beschreibt. Damit hat er bestimmte, sicherlich nicht zu
bestreitende Aspekte, von Kommunikationsprozessen hervorgehoben, auf der anderen Seite aber die anderen Kommunikationsmedien sträflich vernachlässigt.</span></span><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"> </span><br />
<br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Um
diesen Sachverhalt zu verdeutlichen, wird nun zunächst das Bezugsproblem der Politik als
Kontext angelegt, in dem Foucaults Analysen interpretiert werden. Das
Bezugsproblem der Politik besteht darin, dass ein Mitteilender (Ego) durch sein
Handeln den Adressaten (Alter) zu einer Handlung motivieren will. Um die
Annahme eines Kommunikationsangebots zu motivieren, wird sehr häufig mit dem
Angebot einer Vermeidungsalternative gearbeitet. Dafür werden die Präferenzen
des Adressaten berücksichtig und zwei oder mehr Handlungsalternativen
angeboten, von denen zumindest eine die Präferenzen des Adressaten
berücksichtigt und genau deswegen damit gerechnet werden kann, dass sie vom
Adressaten angenommen wird. Foucault hatte ein feines Gespür dafür, wie auf
diese Weise Personen dazu motiviert werden bestimmten Handlungen auszuführen.
Solange es sich um Handlungen handelt, die man freiwillig ausführt, registriert
man die Macht in der Regel gar nicht als solche oder, wenn doch, betrachtet man
dies eher als unproblematisch. Foucault konzentrierte sich allerdings nur auf
solche Kommunikationsangebote, bei denen alle Alternativen vom Adressaten nicht
präferiert werden. Eine der Alternativen wird aber noch weniger präferiert als
die andere, so dass man erwarten kann, dass sich der Adressat für die Annahme
des kleineren Übels entscheiden wird. Da aber auch in diesen Fällen Wissen über
die Präferenzen des Adressaten notwendig ist, gelang es Foucault mit seinen
Analysen die Paradoxien der Macht und der Wahrheit offenzulegen. Er untersuchte aber nur
Kommunikationstechniken, die den Zweck haben Personen bestimmte
Handlungen gegen ihren Willen ausführen zu lassen. Trotzdem hielt er diese Kommunikationstechniken für ein allgemeines Merkmal von Kommunikation und generalisierte sie bis auf ein gesellschaftstheoretisches Niveau. Auf diese Weise konnte er die Gesellschaft nur als einen riesigen Überwachungsapparat beschreiben, die die Menschen nur durch das Wissen über ihrer eigene Beobachtbarkeit kontrolliert. Diese Sichtweise verwandelte allerdings die Autonomie des Subjekts zu einem
großen Mysterium, da es einer unentrinnbaren, externen Kontrolle unterworfen wurde.</span><br />
<br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Um
Menschen etwas gegen ihren Willen tun zu lassen, muss man glaubwürdige
Vermeidungsalternativen anbieten können. Dafür ist jedoch ein entsprechendes
Wissen über die Präferenzen des Adressaten notwendig. Derartiges Wissen bekommt
man nicht aus den Massenmedien, sondern nur aus der direkten Interaktion. Daran
sieht man, dass Macht auch eine gewisse Intimität zwischen den
Kommunikationspartnern voraussetzt. Macht konstituiert sich also erst, wenn der
Mitteilende (Ego) auf der Grundlage von Erwartungen über das Erleben des
Adressaten (Alter) handelt. Die Anwendung von Macht tangiert also auch die
Problemstellungen von Wissenschaft (Wahrheit), Religion (Transzendenz), Liebe
(Intimität) und Erziehung (Personenveränderung). Die Fokussierung auf das
Angebot von nicht präferierten Vermeidungsalternativen eröffnet allerdings
einen zu engen Analyserahmen und hat damit das Potential jegliche
Kommunikationsprozesse als Politik zu beschreiben – speziell, wenn man sich
nicht nur auf Situationen beschränkt in denen die Anwendung physischer Gewalt
zum Problem wird, sondern auch das, was zumeist als symbolische Gewalt
bezeichnet wird. Das führte zu dem Eindruck, dass Menschen durch Kommunikation
immer zu etwas gezwungen werden, was sie eigentlich nicht wollen. Die damit
ausgelöste Verunsicherung bzw. Angst hat sich zumindest in Teilen der
Sozialwissenschaften inzwischen fest etabliert und tradiert.</span><br />
<br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">D</span><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span lang="de" style="mso-ansi-language: #0007; mso-bidi-font-family: Calibri;">iese Verunsicherung lässt sich reduzieren, wenn man
die Vermeidungsalternativen auf die mögliche Anwendung von physischer Gewalt
reduziert und lediglich Kommunikationsangebote, die mit der Drohung von
physischer Gewalt arbeiten, als <i style="mso-bidi-font-style: normal;">politische</i>
Macht begreift. Denn das ist das Bezugsproblem des gesellschaftlichen
Funktionssystems Politik, welches mit der Durchsetzung der kollektiv bindenden
Entscheidung, dass zur Verfolgung der eigenen Interessen keine Gewalt zum
Einsatz kommt, gelöst wird. Vereinfacht ausgedrückt, ist der Zweck politischer Kommunikation die Vermeidung von
gewaltsamen Konflikten, das aber notfalls auch mit Gewalt. Der Vorteil bei einer Drohung von Gewalt ist, dass man
sich nicht auf das Erleben des Adressaten einlassen muss und gerade dadurch
kann Macht personenunabhängig konditioniert werden. Bei der Drohung mit
physischer Gewalt werden Menschen nicht mehr als autonom Handelnde Personen
behandelt, sondern durch den einfachen Ursache-Wirkungs-Zusammenhang von
Drohung mit Gewalt und Ausführung der befohlenen Handlung auf triviale
Maschinen in Sinne Heinz von Försters (vgl. 1997, S. 34ff.) reduziert. Politik löst zwar ein bestimmtes menschliches Problem. Da man jedoch bei der Anwendung von Gewalt vom Erleben des Betroffenen absehen kann, behandelt man ihn nicht mehr als autonom handelnde Person, sondern wie ein Ding. Das Opfer der Gewalt wird im Sinne Ronald D. Laings depersonalisiert </span></span><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span lang="de" style="mso-ansi-language: #0007; mso-bidi-font-family: Calibri;">(vgl. 1972, S. 18ff.).</span></span><br />
<br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span lang="de" style="mso-ansi-language: #0007; mso-bidi-font-family: Calibri;">Die Lösung von Konflikten, bei denen keine physische
Gewalt im Spiel ist, wird in der modernen Gesellschaft den anderen Funktionssystemen überlassen bzw. den
betroffenen Kommunikationspartnern. Wenn man dagegen jeden Konflikt als
Anwendungsfall von Gewalt begreift, erscheint Kommunikation zwangläufig als
eine Form der Politik. Es ist jedoch eine der Errungenschaften der modernen,
funktional differenzierten Gesellschaft, dass Konflikte durch entsprechende,
funktionssystemeigene Konfliktlösungsverfahren isoliert werden, damit sie sich
nicht ausweiten. Stellt man die Legitimität solcher Verfahren grundsätzlich
infrage, ist der Grundstein für eine ungehinderte Ausbreitung von Konflikten
gelegt. Eine Variante dies zu tun, ist die Gleichsetzung von physischer und
symbolischer Gewalt. Entsprechend missverständlich ist eine Beschreibung von
Kommunikation als Politik, die letztlich nur eine selektive Wahrnehmung
verallgemeinert und dann als richtungsweisend für weitere Beschreibungen
verwendet wird. Die soziale Funktion einer solchen Beschreibung besteht daher
auch nur darin jegliche Kommunikationsprozesse als Anwendung von Gewalt zu
beschreiben. Dieser Analogieschluss vom menschlichen Körper auf das psychische
Erleben, hat den <i style="mso-bidi-font-style: normal;">psychologischen Effekt</i>,
dass die Unterlegenen eines Konflikts nicht mehr bereit sind die Legitimität
einer Lösung anzuerkennen, wenn sie zu ihren Ungunsten ausfällt. Denn nur der
Staat darf legitim mit Gewalt drohen, niemand sonst. Foucault hat durch seinen
Analyseansatz ein unerschöpfliches Protestpotential<span style="mso-spacerun: yes;"> </span>erschlossen und damit die theoretischen
Weichen für eine solche ungehinderte Ausbreitung von Konflikten gestellt.</span></span><br />
<br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span lang="de" style="mso-ansi-language: #0007; mso-bidi-font-family: Calibri;">Mit zunehmendem zeitlichem Abstand zum
Entstehungszeitpunkt kann man sehen, dass die Probleme dieser verzerrten
Sichtweise immer mehr zu Tage treten. Die Freiheit des Einzelnen bleibt bis
heute das größte Problem poststrukturalistischer Ansätze im Anschluss an
Foucault. Dieses Problem ist jedoch, wenn man das so sagen darf, hausgemacht.
Denn bereits der theoretische Ausgangspunkt lässt keine andere Möglichkeit zu,
außer Menschen als unmündige Herrschaftsobjekte zu betrachten, die nur durch
die Anwendung von physischer Gewalt geändert werden können. Letztlich hat sich
Foucault und haben sich seine Nachfolger bis heute lediglich darauf
konzentriert, wie man alles dazu benutzen kann Menschen zu unterwerfen und
gefügig zu machen. Sicherlich senkt eine glaubwürdige Drohung mit Gewalt die
Wahrscheinlichkeit für die Ablehnung einer Anweisung beträchtlich. Doch bereits
Luhmann wies darauf hin, dass die Anwendung von Gewalt als Scheitern von Macht
betrachtet werden muss, denn nur die glaubwürdige Drohung mit Gewalt und nicht
die tatsächliche Anwendung von Gewalt konstituiert ein Machtverhältnis in einem
politischen Sinne (vgl. Luhmann 2000, S. 55f.; 2003, S. 64f.). Wenn man Gewalt
anwenden muss, war die Drohung offenbar nicht abschreckend. Beobachtet man mit
diesem Verständnis von Politik Foucaults Analysen dessen, was er als Politik
beschreibt, dann sieht man, dass es ihm weniger um das soziale Problem der
gewaltsamen Durchsetzung von Interessen, sondern um die Verhaltensänderungen
von Menschen mit Hilfe von physischer Gewalt geht. Damit hat er sich eigentlich
auf Erziehungsmethoden spezialisiert, die mit Gewalt arbeiten, um eine Änderung
einer Person herbeizuführen. Er übernimmt und reproduziert damit zugleich,
allerdings unter negativem Vorzeichen, die autoritäre Sichtweise der
politischen Machthaber, welche die Anwendung von Gewalt mit Macht verwechseln.
Da politische Kommunikation nur mit der Rollenverteilung von Machthaber und
Machtunterlegener funktioniert, handelt es sich um die Perspektive der Opfer
solcher willkürlichen Gewalt, die Foucault einnimmt.</span></span><br />
<br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span lang="de" style="mso-ansi-language: #0007; mso-bidi-font-family: Calibri;">An Studien wie »Überwachen und Strafen« (1976) kann
man die Mischung aus Abscheu gepaart mit einem gehörigen Maß an Voyeurismus an
dem Leid anderer Menschen kaum ignorieren, der sich in der gleichsam
psychotischen Furcht vor der Beherrschung durch eine fremde, anonyme Macht
chronifiziert hat und aus dem poststrukturalistische Beobachter bis heute ihre
Motivation ziehen. Um dieses Bild vom unterworfenen, unmündigen und abhängigen
Subjekt aufrecht zu erhalten, müssen sich die Analysen mit immer neuen
Superlativen überbieten, um noch dieselbe Wirkung zu erzielen. Kommunikation
generell als symbolische Gewalt zu beschreiben, kommt diesem Ziel sehr
entgegen. Doch gerade diese aus dem Analogieschluss vom Körper auf das
psychische Erleben resultierende Übertreibung ist der Versuch einer
Gesellschaftstheorie, die aber immer weniger auf wissenschaftliche
Aufmerksamkeit und immer mehr auf massenmediale Aufmerksamkeit schielt,
und vermittelt darüber auch auf politische <a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2014/03/die-beobachtung-der-beobachtung-32-die_8.html#fn002" id="anker002">[1]</a>. Die Theoriegeschichte des
Poststrukturalismus ist daher nicht nur ein gutes Beispiel für eine verzerrte
Gesellschaftsbeschreibung, die lediglich zwei Kommunikationsmedien
berücksichtigt, sondern auch dafür, wie langsam die Codierung modifiziert wird
und sich dadurch neue massenmediale und politische Anschlüsse öffnen, sich
dafür aber die wissenschaftlichen Anschlüsse immer weiter verschließen. Dies hat sich im Verlauf der NSA-Affäre ziemlich deutlich gezeigt, für deren feuilletonische Aufarbeitung sehr häufig Foucault bemüht wurde.</span></span><br />
<br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span lang="de" style="mso-ansi-language: #0007; mso-bidi-font-family: Calibri;">Dass sich poststrukturalistische Theorien zu derart
schillernden Kommunikationsangeboten entwickeln konnten, liegt daran, dass im
Grunde versucht wird eine gewisse Vorstellung vom Funktionieren sozialer
Prozesse gesellschaftsweit zu verbreiten, das darin besteht, dass Menschen
durch ihre Umwelt zu Verhaltensweisen gezwungen werden, die sie freiwillig
nicht ausführen würden. Und so gelingt es schließlich das geradezu unglaubliche
Skandalon zu entdecken, dass Menschen, obwohl sie glauben etwas freiwillig zu
tun, dies doch gegen ihren Willen tun – so sieht es zumindest in diesem
Theorierahmen aus. Die Menschen erscheinen als vollständig fremdgesteuert. Die
gesellschaftstheoretische Botschaft lautet dann, dass die Gesellschaft Menschen
mit Gewalt zu Handlungen zwingt, die sie nicht wollen. Gesellschaft bzw.
Kommunikation beginnt aber erst, wenn mindestens zwei Menschen
beteiligt sind. Aus dieser kommunikationstheoretischen Perspektive lautet die
Botschaft jedoch, dass Menschen sich gegenseitig gewaltsam zu Handlungen
zwingen, die sie nicht wollen. Obgleich dies von poststrukturalistischer Seite
nie so explizit formuliert wird, ist es die logische Konsequenz. Sie kann in
diesem Theorierahmen aber nicht ausgedrückt werden. Dennoch wird sie vorreflexiv zumindest registriert.
Der <i style="mso-bidi-font-style: normal;">soziale Effekt</i> ist, dass sich die
Menschen gegenseitig nur noch misstrauen können, weil jeder andere Mensch eine potentielle
Gefahr darstellt. Daher müssen Techniken entwickeln werden, um sich gegen diese
Bedrohung durch andere Menschen zu schützen. Die Attraktivität eines solchen
Kommunikationsangebots speist sich aus der Mischung von Abscheu vor der Gewalt,
die man durch andere selbst erleiden kann, und der Faszination an der Gewalt,
die man anderen antun kann. Die Diskursanalyse lebt zu einem beträchtlichem Maße von der Suggestion einer politischen Lösung dieses Problems.</span></span><br />
<br />
<br />
<div style="text-align: center;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span lang="de" style="mso-ansi-language: #0007; mso-bidi-font-family: Calibri;">III</span></span></div>
<br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span lang="de" style="mso-ansi-language: #0007; mso-bidi-font-family: Calibri;">Diese politische Beschreibung von zwischenmenschlichen
Beziehungen, wie sie von Foucault angeboten wurde, ähnelt aus psychologischer
Perspektive der psychotischen Wahrnehmung von Paranoiden. Diese Ähnlichkeit ist
aus der hier angelegten Perspektive das Ergebnis dieser einseitigen
Konzentration auf ein psychisches Problem, nämlich der verständlichen Furcht
vor gewaltsamen Veränderungen des Selbst, dessen Lösung jedoch kommunikativ auf
mehrere Funktionssysteme der Gesellschaft aufgeteilt wurde: auf das politische
System, dass sich auf die Gewaltprävention konzentriert, und das gegebenenfalls
auch durch die Anwendung von Gewalt; auf das Erziehungssystem, das sich auf die
gewaltlose Veränderung von Personen konzentriert; und auf Religion, die durch
ihren Bezug auf Transzendenz zugleich auf die Veränderungsmöglichkeiten in
Bezug auf die Menschen und ihre Umwelt aufmerksam macht <a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2014/03/die-beobachtung-der-beobachtung-32-die_8.html#fn003" id="anker003">[2]</a>. Diese
Einseitigkeit hat zu einer verzerrten Wahrnehmung zwischenmenschlicher
Beziehungen geführt, die lediglich ein gegenseitiges Misstrauen fördert. Der
Begriff »Psychose« bezeichnet letztlich nichts anderes als eine verzerrte
Wahrnehmung. Foucaults Diskursanalyse stellt unter diesem Gesichtspunkt den
Versuch dar, eine psychotische Wahrnehmung als wissenschaftliche Wahrheit zu
rationalisieren. Da es jedoch um die Furcht vor und damit zugleich um den
Protest gegen die Anwendung von physischer Gewalt geht, ist die Botschaft zwar
formal wissenschaftlich codiert. Der Inhalt richtet sich jedoch an die Politik,
denn es geht um ein politisches Problem - eben die Anwendung von Gewalt und im
weiteren, aber das ist eben kein politisches Problem mehr, dann auch um die
Anwendung von symbolischer Gewalt. Zugleich wird damit indirekt die Hoffnung
auf eine übergeordnete, gottgleiche Instanz geschürt, die jeden Konflikt nach
personenunabhängigen, gleichsam objektiven und unveränderlichen Maßstäben lösen
könnte. Eine derartige Hoffnung hegen allerdings nur Personen, die in einem
Konflikt unterlegen sind und zugleich nicht mit den Folgen ihres eigenen
Handelns konfrontiert werden wollen, mithin die Verantwortung für ihr Handeln
lieber einer externen Instanz zurechnen wollen.</span></span><br />
<br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span lang="de" style="mso-ansi-language: #0007; mso-bidi-font-family: Calibri;">Foucault befand sich mit diesem Verständnis von
Kommunikation, die er als Diskurs bezeichnet, in dem Dilemma sich zwischen
Politik oder Wissenschaft entscheiden zu müssen. Er entschied sich für
Wissenschaft, hat aber nicht erkannt, dass das seinen Analysen zugrunde
liegende Problem wissenschaftlich nicht zu lösen ist. Entsprechend empathisch
blieb der Protest, jedoch ohne dass klar wurde, wie dieses Problem gelöst
werden könnte. Man darf gespannt sein, wie dieses Dilemma sich zwischen
Wissenschaft und Politik entscheiden zu müssen, von seinen Nachfolgern
aufgelöst wird. Für wissenschaftliche Anschlussfähigkeit müsste eine stärkere,
wissenschaftliche Selbstreflexion stattfinden. Diese würde jedoch in letzter
Konsequenz zu der Erkenntnis führen, dass der Poststrukturalismus lediglich
einen psychischen Abwehrreflex gegen die Umwelt - damit sind andere Menschen
gemeint - artikuliert. Die eigene, absolute Freiheit des Erlebens und Handels
wird immer durch die Existenz anderer Menschen beschränkt. Somit können andere
Menschen aus dieser Perspektive immer nur als Freiheitsbedrohung und damit als
Feinde der eigenen Selbstentfaltung wahrgenommen werden, was ein entsprechend <i style="mso-bidi-font-style: normal;">generalisiertes Misstrauen</i> gegen andere
Personen nährt. Da dieses <i style="mso-bidi-font-style: normal;">misanthropische
Ressentiment</i> so direkt nicht formuliert werden kann, flüchtet man sich in
die Anklage irgendwelcher anonymen Machtstrukturen. Zugleich wird damit die
Möglichkeit geboten, die Verantwortung für sein eigenes Handeln scheinbar
theoretisch begründet zurückzuweisen. Das macht diesen Ansatz besonders für
Personen attraktiv, die mit ihrer Kommunikationsteilnahme weniger erfolgreich
sind.</span></span><br />
<br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span lang="de" style="mso-ansi-language: #0007; mso-bidi-font-family: Calibri;">Für politische Anschlussfähigkeit müsste sich der
Poststrukturalismus nur zu diesem misanthropischen Ressentiment bekennen. Denn
letztlich geht es eben um die Verbreitung dieses Ressentiments, das schon
allein dadurch politisch wird, weil es implizit in einer
Freund/Feind-Unterscheidung in einem existentiellen Sinne begründet ist. Da
jedoch aus poststrukturalistischer Perspektive jeder Mensch für jeden anderen
eine potentielle Freiheitsgefährdung darstellt, würden damit die psychischen
Voraussetzungen für den Hobbesschen Krieg aller gegen alle gelegt. Die Lösung
würde dann auch nur wieder darin bestehen Gewalt mit Gewalt zu bekämpfen. Dies
würde einen <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Teufelskreis wechselseitigen
Misstrauens</i> in Gang setzen, aus dem es kein Entkommen gibt. Wenn man
allerdings von der Erwartung ausgeht, dass sich Menschen nur gegenseitig Gewalt
antun wollen und diese Neigung sich auch nicht ändern lässt, dann kann auch
Hobbes‘ Staatsvertrag nur eine Lösung sein, die mit Zwang arbeiten muss, weil
sie Menschen zu etwas zwingt, was sie eigentlich nicht wollen. In einem solchen
Szenario wäre kaum ein spontanes Engagement der Beteiligten zu erwarten, um
die etablierte symbolische Ordnung aufrecht zu erhalten. Wäre sie nicht
einseitig durch die Drohung mit Gewalt gestützt, würde sie aufgrund mangelnder
Mitwirkung der Bedrohten einfach zusammenbrechen <a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2014/03/die-beobachtung-der-beobachtung-32-die_8.html#fn004" id="anker004">[3]</a>. Genau dieses Schicksal
ist vielen kommunistischen Regimen widerfahren.</span></span><br />
<br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span lang="de" style="mso-ansi-language: #0007; mso-bidi-font-family: Calibri;">Kommunikationstheoretisch ist der Poststrukturalismus
als Kommunikationsangebot sehr breit aufgestellt. Er spielt auf die
Bezugsprobleme der Politik, der Erziehung, der Religion und der Liebe an. Dies
gelingt, weil der Analogieschluss von physische auf symbolische Gewalt als
Generalisierungspfad genutzt wird, um ein umfassendes Bedrohungsszenario für
psychische Systeme zu beschreiben, in dem jegliche Kommunikation die Autonomie
des Selbst beschneidet. Diese funktionale Streuung der poststrukturalistischen
Botschaften erklärt sich daraus, dass Foucaults Bezugsproblem, dass seine
Analysen leitete, letztlich ein psychisches und kein soziales Problem ist. Das
Selbst-Erleben der beteiligten Kommunikationspartner ist in jeder sozialen
Situation betroffen. Aber nur für die, denen es nicht gelingt attraktive
Kommunikationsangebote zu unterbreiten, wird das Selbst-Erleben zu einem
mitunter schmerzhaften und existentiellen Problem. Es geht also um die
Kontingenz der Erlebensmöglichkeiten, die aber als politisch relevanter
Konflikt beschrieben wird. Kommunikation bzw. Gesellschaft als gleichsam
gewaltsame Veranstaltung zu beschreiben, bietet die Möglichkeit, dass andere
dieses psychische Problem auch nachfühlen können. Würde man diese Beschreibung
ernst nehmen, wäre die Konsequenz aus Rücksicht auf das Selbst-Erleben anderer
Personen jegliche Handlungen zu unterlassen. Kommunikation wäre unterbunden und
das Problem gelöst. Es ist offensichtlich, dass es sich hierbei um eine Lösung
handelt, die keine ist.</span></span><br />
<br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span lang="de" style="mso-ansi-language: #0007; mso-bidi-font-family: Calibri;">Die soziale Funktion einer derartigen Vorgehensweise
besteht darin, die Annahme eines letztlichen politischen Lösungsangebots
dadurch zu motivieren, dass man sie in einer wissenschaftlichen Form
kommuniziert. Mit anderen Worten, die vorgeblich wissenschaftliche Form
camoufliert den letztlich politischen Inhalt der Botschaft, die allerdings nur
über die eigene Unfähigkeit informiert, Konflikte selbstständig zu lösen. Die
Ironie des poststrukturalistischen Abenteuers besteht darin, dass <i style="mso-bidi-font-style: normal;">das Problem mit der Lösung verwechselt</i>
wird. Was ist schon damit gewonnen, wenn man auf die Kontingenz menschlichen
Erlebens und Handelns hinweist, außer dass auf das soziale Grundproblem der
Divergenz psychischen Erlebens aufmerksam gemacht wird? Zugleich wird auch <i style="mso-bidi-font-style: normal;">die Lösung für das Problem gehalten</i>,
denn was problematisiert wird, sind die Lösungen, wie Kommunikation das Problem
der Handlungskoordination bei divergentem psychischem Erleben löst. Wenn das
angestrebte Ideal jedoch ein von Kommunikation gleichsam unberührtes und
unberührbares Subjekt ist, so kann die Lösung nur in der Nichtteilnahme an
Kommunikation bestehen. Dieses Abschneiden von jeglichem Feedback aus der Umwelt
hat den Zweck die Kontingenz der eigenen Existenz zu invisibilisieren. Es handelt sich, mit anderen Worten, um einen Versuch der Sinngebung. Da sich
ein autonomes und bewusstes Selbst aber nur durch den Kontakt mit anderen
Personen bilden kann, weil man nur durch die Interaktion mit anderen eine
Vorstellung von sich selbst und der Welt entwickeln kann, wird auf diese Weise
die Divergenz des psychischen Erlebens nur noch weiter vorangetrieben. Diese
Flucht in die eigene Subjektivität macht eine Lösung des sozialen Grundproblems
unmöglich. Die Botschaft, dass Menschen sich gegenseitig in ihren Erlebens- und
Handlungsmöglichkeiten einschränken, perpetuiert also nur das soziale
Grundproblem und macht es genau dadurch zu einem politischen Problem. Dadurch
wird verständlich, wieso sich sowohl der Zorn als auch alle Hoffnungen poststrukturalistischer
Beobachter auf die Politik richten.</span></span><br />
<br />
<br />
<div style="text-align: center;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span lang="de" style="mso-ansi-language: #0007; mso-bidi-font-family: Calibri;">IV</span></span></div>
<br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span lang="de" style="mso-ansi-language: #0007; mso-bidi-font-family: Calibri;">Jeder Theorieansatz der seinen begrifflichen Rahmen zu
eng und damit seine analytische Perspektive zu weit absteckt, geht also das
Risiko ein, eine verzerrte Beschreibung zu produzieren. Egal für welchen
Begriff man sich entscheidet, die Umwelt lässt sich immer unter diesem einen
Begriff in eine Form bringen. Jede dieser Beschreibungen besitzt eine gewisse
Plausibilität. Egal ob man Gesellschaft nun als Überwachungs-, Kontroll-,
Risiko-, Netzwerk-, Wissens-, Informations- oder Spaßgesellschaft beschreibt. Es
gelingt immer einen gewissen sozialwissenschaftlich relevanten Aspekt
herauszuarbeiten. Weil es aber eben nur eine Unterscheidung ist, mit der das
Phänomen Gesellschaft als Ganzes analytisch angeschnitten wird, können die
daraus resultierenden Beschreibungen keinen Anspruch auf Allgemeingültigkeit
beanspruchen (vgl. Luhmann 1997, S. 1132). Da man jedes beliebige Phänomen mit
jedem beliebigen Begriff beobachten kann, können derartige Beschreibungen nur
eine <i>partielle Plausibilität</i> für sich in Anspruch nehmen. Mit anderen Worten,
die Komplexitätsreduktion ist zu stark und vereinfacht das zu beschreibende
Phänomen zu sehr. In diesem Sinne ist es zu verstehen, wenn das Treffen einer
Unterscheidung mit einem gewaltsamen Akt verglichen wird. Das Ergebnis dieser
Beobachtung kann der Komplexität des beobachteten Phänomens nicht gerecht
werden, weil es weder einer Beobachtung noch einer Beschreibung gelingen kann,
die Komplexität eines Phänomens voll zu erfassen. Es wird dem zugrunde
liegendem Problem aber nicht gerecht die Lösung als symbolische Gewalt zu
beschreiben. Desweiteren ist auch die Vorstellung völlig verfehlt, ein Zeichen,
eine Bezeichnung oder eine Beschreibung würde das, worauf sie die Aufmerksamkeit
lenken, abbilden oder repräsentieren. Diese Vorstellung würde der Annahme
entsprechen, dass man die Komplexität der Umwelt Eins zu Eins in das System spiegeln
könnte, was zu der Schlussfolgerung führt, dass gar keine Reduktion der
Komplexität notwendig wäre bzw. das zugrunde liegende Problem gar nicht erst in
den Blick kommt. Da allerdings Beobachtung bzw. Fokussierung der Aufmerksamkeit
auf etwas Bestimmtes anderes notwendigerweise unberücksichtigt lassen muss,
kann eine Abbild-Theorie keinen adäquaten Zugang zum Verständnis sozialer
Probleme liefern. Außerdem sind derartige Vorstellungen bereits empirisch
widerlegt (vgl. Varela 1997, Maturana/Varela 2005).</span></span><br />
<br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span lang="de" style="mso-ansi-language: #0007; mso-bidi-font-family: Calibri;">An diesem Problem wird weiterhin deutlich, wie sich
die Eigenschaften des Untersuchungsgegenstandes auf die Mittel seiner
Untersuchung auswirken. Wenn dasselbe Phänomen in verschiedenen Begriffen
beschrieben werden kann und verschiedene Phänomene mit denselben Begriffen,
dann stellt sich das Problem der Multifunktionalität nicht nur in der Kommunikation,
sondern auch in einem der wichtigsten Kommunikationsmedien - der Sprache
selbst. Darüber hinaus kann Sprache auch auf sich selbst angewendet werden. D.
h. man kann Sprache mit Hilfe der Sprache beobachten bzw. Sprache kann sich
selbst beobachten (vgl. von Foerster 1997, S. 50; Maturana/Varela 2005, S.
227f.). Damit entsteht eine selbsterzeugte Unsicherheit in Form eines
unendlichen Raums an Ausdrucksmöglichkeiten des eigenen Erlebens und
Koordinationsmöglichkeiten des gemeinsamen Handelns. Aufgrund der funktionalen
Äquivalenz verschiedener Ausdrucks- und verschiedener
Koordinationsmöglichkeiten kann man auch von der Multifunktionalität der Sprache
sprechen. Immer geht es um die Lösung eines bestimmten sozialen Problems. Mit
nonverbalen Gesten ist keine Selbstbeobachtung möglich. Sie können die
Aufmerksamkeit nur auf etwas anderes lenken als sie selbst. Erst mit einer
Sprache, die auch Abwesendes thematisieren kann, ist es möglich, dass die
Aufmerksamkeit auf die Form der Aufmerksamkeitslenkung selbst gerichtet werden
kann. Durch diesen <i style="mso-bidi-font-style: normal;">reflexiven Mechanismus</i>
(vgl. Luhmann 2005a) eröffnen sich völlig neue, unüberschaubare Möglichkeiten
der Beobachtung, die mit gestischem Hindeuten nicht möglich wären.</span></span><br />
<br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span lang="de" style="mso-ansi-language: #0007; mso-bidi-font-family: Calibri;">Dieses Merkmal ist es, das <i style="mso-bidi-font-style: normal;">menschliche</i> von <i style="mso-bidi-font-style: normal;">tierischer</i>
Kommunikation unterscheidet. Sprachen, die Abwesendes thematisieren können, bieten
die <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Möglichkeit zur Selbstreflexion</i>. Die
Sprachen, die Tiere entwickelt haben, sind dagegen nicht auf sich selbst anwendbar
und bieten daher auch keine Möglichkeit der Selbstreflexion. Dementsprechend
ist mit tierischer Kommunikation keine Selbstbeobachtung möglich. Ebenso können
sich aber auch die beteiligten Tiere nicht selbst beobachten. Haben menschliche
Sprachen eine gewisse sachliche, zeitliche und soziale Differenzierung
erreicht, ist es nicht nur möglich dass eine Sprache sich selbst beobachten
kann, sondern dass Menschen sich mit Hilfe der Sprache selbst und andere beobachten
können. Entsprechend kann man tierische Sprachen auch als <i style="mso-bidi-font-style: normal;">egozentrische</i> Sprachen bezeichnen und menschliche Sprachen als <i style="mso-bidi-font-style: normal;">allozentrische</i> Sprachen (vgl. Spitz
1978, S. 15). Hier wird die Unterscheidung von allozentrischen und
egozentrischen Sprachen im Folgenden als das psychologische Gegenstück zur
gesellschaftstheoretischen Unterscheidung von polykontexturalen und
monokontexturalen Beobachtungsverhältnissen verwendet. Eine egozentrische
Perspektive kann sich auch in einer menschlichen Sprache ausdrücken. Die
Unterscheidung von allozentrischen und egozentischen Sprachen zielt also auf
bestimmte Formen ab, sich als Person zu seiner Umwelt in Beziehung zu setzen.
Menschliche Sprachen bieten ab einem gewissen Differenzierungsgrad zumindest die Möglichkeit sich durch reflexive
Mechanismen von einer egozentrischen Perspektive zu emanzipieren, um die
Perspektiven anderer Menschen sprachlich nachvollziehen zu können. Erst dadurch
wird <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Interpenetration</i> – die
Berücksichtigung des Erlebens des Kommunikationspartners für die Wahl der
eigenen Anschlusshandlungen <a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2014/03/die-beobachtung-der-beobachtung-32-die_8.html#fn005" id="anker005">[4]</a> – überhaupt möglich, die über Empathie als eine
vorwiegend vorreflexive, wahrnehmungsgesteuerte und mimetische Verhaltenskoordination
weit hinausgeht. Mit fortschreitender funktionaler Differenzierung wird diese
Fähigkeit, sich in die Lage seiner Kommunikationspartner zu versetzen, immer
stärker erwartet, denn ohne bleiben eine Unmenge an Kommunikationsmöglichkeiten
verschlossen. Reflektierte Autologie (vgl. Luhmann 1997, S. 1141f.). in Form von selbstbewusstem Handeln wird
damit von jeder Person erwartet. Wer sich nicht darüber bewusst ist, wie sein
Verhalten in einem bestimmten Kontext von anderen Personen verstanden wird,
wird Probleme damit haben erfolgreich an Kommunikation teilzunehmen.</span></span><br />
<br />
<br />
<div style="text-align: center;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span lang="de" style="mso-ansi-language: #0007; mso-bidi-font-family: Calibri;">V</span></span></div>
<br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span lang="de" style="mso-ansi-language: #0007; mso-bidi-font-family: Calibri;">Das Funktionssystem Wissenschaft löst dieses Problem
der Multifunktionalität der Sprache durch Theoriebildung und methodische
Überprüfung. Theoriebildung bedeutet dann die weitere Differenzierung der verwendeten
Begriffe in Anhängigkeit von den Ergebnissen der methodischen Überprüfung. Doch
gerade im Anbetracht der totalisierenden und damit verzerrten Perspektive, die
eine Reduktion auf einen Begriff wie Überwachungsgesellschaft mit sich bringt,
müsste das <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Kontingenzbewusstsein</i>
gestärkt werden, in dem man z. B. fragt, was spricht gegen eine solche
Beschreibung. Darüber lässt sich zumeist bereits die theoretische Reichweite
und damit die Verallgemeinerbarkeit bzw. Generalisierbarkeit von Begriffen
abschätzen. <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Je umfassender der
theoretische Anspruch ist, desto differenzierter bzw. komplexer muss das
Theoriegebäude sein.</i> Dies macht verständlich, wieso unter diesen
Voraussetzungen Metaphern keine adäquate Theoriebildung mehr erlauben. Metaphern
und Analogien mögen heute vielleicht noch unter künstlerischen Gesichtspunkten
faszinieren, unter wissenschaftlichen jedoch nicht mehr. Sie können allenfalls
noch als Ausgangspunkte für Theoriebildung und empirischer Forschung dienen.
Was vom kommunizierten Inhalt auch unter wissenschaftlichen Gesichtspunkten
noch haltbar ist, erweist sich erst, wenn sie durch die Mühlen aus
Theoriebildung und methodischer Überprüfung abgeschliffen wurden. Das ist dann
zumeist nicht allzu viel. Geschieht dies nicht, ist die Gefahr relativ hoch,
dass man die Eigenschaften des metaphorischen Vergleichsgegenstandes für die
substantiellen Eigenschaften des Untersuchungsgegenstandes hält. Spätestens
wenn man den Vergleich wörtlich versteht und nicht mehr metaphorisch, dann ist
es bereits zu einer Verwechslung von Untersuchungs- und Vergleichsgegenstand
gekommen <a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2014/03/die-beobachtung-der-beobachtung-32-die_8.html#fn006" id="anker006">[5]</a>.</span></span><br />
<br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span lang="de" style="mso-ansi-language: #0007; mso-bidi-font-family: Calibri;">Um diesem Risiko vorzubeugen, sind eine methodische
Überprüfung und eine theoretische Reflexion notwendig. Da eine Theorie selbst
zum Objekt wissenschaftlicher Beobachtung werden kann, ist zumindest in den
Sozialwissenschaften eines der entscheidenden Prüfungskriterien die Frage, <i style="mso-bidi-font-style: normal;">wie eine Theorie selbst in das von ihr
gezeichnete Bild ihrer Umwelt passt</i>. Mit anderen Worten, wie stellt sich
die Theorie im eigenen Analyserahmen dar? Dabei zeigt sich, ob eine Theorie
sich selbst bzw. ihre Form der Beobachtung bei der Beobachtung mit
berücksichtigt. Ist dies nicht der Fall, weil sie ihren Gegenstand so behandelt
als hätte sie nichts damit zu tun, dann ist Vorsicht geboten. Wird die
Bedingung, dass die Beobachtung der Gesellschaft nur in der Gesellschaft
möglich ist, ernstgenommen, dann dürfte dieser Eindruck eigentlich nicht
entstehen. Begriffe können die Umwelt aber niemals vollständig beschreiben und
erklären. Deswegen muss das in der Wissenschaft produzierte Wissen immer unter
Vorbehalt stehen. Selbst bei konsequenter methodischer Prüfung und
theoretischer Reflexion besitzt das gewonnene Wissen nur eine vorläufige
Plausibilität und kann nicht als endgültige Wahrheit behandelt werden. Denn die
methodische Überprüfung führt, wenn nicht zur Falsifizierung, so doch zumindest
zu einer Differenzierung der theoretischen Begriffe und auch der verwendeten
Methode selbst, was immer präzisere Beschreibungen und Erklärungen ermöglicht. Zugleich
wird durch diese Differenzierung der Theorie auch ihre Irritationsfähigkeit
erhöht. Hier macht sich funktionale Differenzierung direkt in der
wissenschaftlichen Arbeit bemerkbar.</span></span><br />
<br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span lang="de" style="mso-ansi-language: #0007; mso-bidi-font-family: Calibri;">Das Problem, dass sich dasselbe Phänomen mit
verschiedenen Begriffen bzw. mit verschiedenen Unterscheidungen beobachten
lässt, kann durch die Annahme gelöst werden, dass dieses Phänomen tatsächlich
in der Umwelt des Beobachters existiert, auf das sich die Beobachtung bezieht.
Das bedeutet nichts anderes als dass es <i style="mso-bidi-font-style: normal;">ohne
eine Umwelt auch kein System geben könnte, dass sich von ihr unterscheiden kann</i>.
Verschiedene Systeme bzw. Beobachter können ein Phänomen unterschiedlich
beobachten. Und so legt gerade das Vorhandensein kontingenter
Beschreibungsangebote desselben Phänomens die Vermutung über die
nicht-kontingente Existenz dieses Phänomens nahe. Je mehr Beobachter dasselbe
Phänomen <i>anders</i> - nicht gleich! - beschreiben, desto höher ist die
Wahrscheinlichkeit, dass dieses Phänomen einen Wirklichkeitsstatus unabhängig
von den Operationen des Beobachters hat. Man stößt hier auf einen imaginären <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Eigen-Wert</i> (vgl. von Foerster 1997, S.
45) unabhängig von der semantischen Form, in der das Phänomen beschrieben wird.
Da jedes System nur durch Beobachten im Sinne des unterscheidenden Bezeichnens
Informationen über seine Umwelt gewinnen kann, gibt es immer eine Möglichkeit
durch den Abgleich von Gemeinsamkeiten und Unterschieden in den verschiedenen
Beschreibungen nicht nur das beobachtete Phänomen als imaginären Eigen-Wert
auszukatalysieren, sondern man findet auch Anknüpfungspunkte und
Übersetzungsmöglichkeiten für die verschiedenen Semantiken. Zwar lässt sich
keine Perspektive vollständig in eine andere Perspektive übersetzen. Anhand der
Gemeinsamkeiten lassen sich aber die Unterschiede verstehen. Das eine
vollständige Kongruenz der Perspektiven nicht möglich ist, liegt letztlich an
der vom jeweiligen System verwendeten Ausgangsunterscheidung. Solange man aber
von der Annahme ausgeht, dass verschiedene Systeme ihre Aufmerksamkeit auf
dasselbe Phänomen in ihrer gemeinsamen Umwelt richten, gibt es auch eine
Verständigungsmöglichkeit.</span></span><br />
<br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span lang="de" style="mso-ansi-language: #0007; mso-bidi-font-family: Calibri;">Wenn man diese Annahme aufgeben würde, gäbe es
zwischen verschiedenen Systemen keine Verständigungsmöglichkeiten mehr. Der <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Konstruktivismus</i> hat in dieser Hinsicht
für einige gravierende Missverständnisse hinsichtlich des Wirklichkeitsstatus
der Objekte wissenschaftlicher Aufmerksamkeit gesorgt. Der radikale
Konstruktivismus hat im Prinzip die Annahme aufgegeben, dass es eine Umwelt und
damit die Objekte, die im Fokus der wissenschaftlichen Aufmerksamkeit stehen,
gibt. Daraus ergab sich ein <i style="mso-bidi-font-style: normal;">radikalisierter
Allozentrismus</i>, der üblicherweise als Relativismus bezeichnet wird. Dieser
Relativismus zeichnet sich dadurch aus, dass er jede Form der Beobachtung
kontextlos – d. h. ohne Rekurs auf ein spezifisches Bezugsproblem - kontingent
setzt. Ihm fehlten darüber hinaus Kriterien, mit denen ein Angebot attraktiver
erscheinen konnte als andere. Und gerade darin fand der Relativismus die
Begründung für die eigene Notwendigkeit. Der besondere Clou besteht darin, mit
der Anerkennung der Kontingenz konkurrierender Theorieangebote, diese damit
zugleich als beliebig abzulehnen. Postmoderne Theorien auf der anderen Seite haben
zwar nicht die Vorstellung aufgegeben, dass es erforschbare Phänomene gibt.
Stattdessen wird einfach die Tatsache ignoriert, dass man dasselbe Phänomen aus
verschiedenen Perspektiven beobachten kann. Daraus ergab sich wiederum ein <i style="mso-bidi-font-style: normal;">radikalisierter Egozentrismus</i>, der
einfach ignoriert, dass verschiedene Menschen unterschiedlich erleben können,
und gerade aus dieser Divergenz des psychischen Erlebens seine politische Verve
gewinnt. Im Ergebnis können beide Theorieströmungen gleichsam dogmatisch die
Richtigkeit der eigenen Perspektive behaupten. Der Preis dafür ist allerdings die
Negation anderer konkurrierender Perspektiven.</span></span><br />
<br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span lang="de" style="mso-ansi-language: #0007; mso-bidi-font-family: Calibri;">Damit entpuppen sich beide Ansätze als <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Immunisierungsstrategien gegen Widerspruch</i>
<a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2014/03/die-beobachtung-der-beobachtung-32-die_8.html#fn007" id="anker007">[6]</a>. Auf diese Weise lässt sich die Kontingenz des eigenen Standpunkts
ausblenden - »ertragen« wäre wohl die bessere Bezeichnung - und zugleich die
notwendige Richtigkeit des eigenen Standpunkts behaupten. Sie docken dafür aber
am Alltagsverständnis von Menschen an, die nicht mit der wissenschaftlichen
Arbeit vertraut sind, und spielen dann das wissenschaftliche Wissen um die soziale
Konstruiertheit der gesellschaftlichen Wirklichkeit gegen das naiv-realistische
Alltagsverständnis aus. Diese Kommunikationsstrategien erfüllen die Funktion <span style="mso-bidi-font-style: normal;">die Annahmewahrscheinlichkeit des
kommunizierten Wissens bei einem Laienpublikum zu erhöhen</span>. Das ist zwar zu einem gewissen Grad
nachvollziehbar, denn jedes Kommunikationsangebot hat mit dem Problem einer
potentiellen Ablehnung zu kämpfen. Erfolg haben derartige Theorieangebote aber
nur bei Personen, die weniger an wissenschaftlicher Erkenntnis, sondern mehr an
der Selbstbestätigung ihrer egozentrischen Weltsicht interessiert sind.</span></span><br />
<br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span lang="de" style="mso-ansi-language: #0007; mso-bidi-font-family: Calibri;">Zugleich wird mit dieser Strategie, die
Annahmewahrscheinlichkeit des Theorieangebots zu erhöhen, jegliche
Grundlage zerstört, auf der noch eine Verständigung möglich wäre. Das soziale
Grundproblem divergenten psychischen Erlebens wird mit dem Verweis auf
kontingente Beobachtungsmöglichkeiten nur exemplifiziert bzw. offengelegt. Wird
jedoch nur auf der Einzigartigkeit und Nicht-Negierbarkeit des eigenen Erlebens
bestanden, ist eine Lösung dieses Problems unmöglich <a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2014/03/die-beobachtung-der-beobachtung-32-die_8.html#fn008" id="anker008">[7]</a>. Diese Formen der
Komplexitätsreduktion bzw. Unsicherheitsabsorption stellen eine Form der
Sicherheit her, die sich durch die Form ihrer Herstellung selbst gefährden. Das
soziale Grundproblem, die Handlungskoordination bei divergentem psychischem
Erleben, kann auf diese Weise offensichtlich nicht gelöst werden, sondern wird
nur noch weiter verschärft. Die einzige Möglichkeit das soziale Grundproblem,
das letztlich alle Menschen betrifft, zu lösen, besteht in der Handlungskoordination
zur Lösung dieses gemeinsamen Problems, um auf eine Konvergenz der
divergierenden Perspektiven hinzuarbeiten – allerdings ohne diese Konvergenz
jemals vollständig zu erreichen. Es gilt daher auch die Gründe für diese
Unmöglichkeit zu verstehen und mit dieser Restunsicherheit umzugehen. Wird
jedoch die <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Existenz</i> des gemeinsamen
Problems oder eine <i style="mso-bidi-font-style: normal;">andere Beschreibung</i>
des gemeinsamen Problems bestritten, dann kann jeder erleben und handeln wie er
oder sie will. Eine Stabilisierung gemeinsamer Erwartungen ist dann nicht mehr
möglich. Ohne einen <i style="mso-bidi-font-style: normal;">gemeinsamen Fokus der
Aufmerksamkeit</i> – der Forschungsgegenstand – und ohne das <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Bewusstsein über die wechselseitige
Beobachtbarkeit</i> – die beteiligten Personen – kann es daher nur <i style="mso-bidi-font-style: normal;">soziales</i> und <i style="mso-bidi-font-style: normal;">psychisches Chaos</i> geben. Eine Wissenschaft, die diese beiden
Voraussetzungen von Kommunikation - ein gemeinsamer Forschungsgegenstand und
ein Bewusstsein der beteiligten Wissenschaftler über die wechselseitige
Beobachtbarkeit – ignoriert, würde sich die eigene Arbeitsgrundlage entziehen.</span></span><br />
<br />
<br />
<div style="text-align: center;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span lang="de" style="mso-ansi-language: #0007; mso-bidi-font-family: Calibri;">VI</span></span></div>
<br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span lang="de" style="mso-ansi-language: #0007; mso-bidi-font-family: Calibri;">Um diese Probleme zu lösen, geht die soziologische
Systemtheorie in der hier vorgestellten Fassung von der Annahme aus, dass es
die soziale Matrix und die aus ihr ableitbaren Probleme, wirklich gibt und
nicht nur theoretische Konstrukte sind. Beschreibt man den theoretischen
Ausgangspunkt auf diese Weise, dann wird damit zum einen berücksichtigt, dass
es einen gemeinsamen Fokus der Aufmerksamkeit gibt und dass es zum anderen auch
ein Bewusstsein für die wechselseitige Beobachtbarkeit der beteiligten Personen
- also Aufmerksamkeit für die Aufmerksamkeitsfokussierung <i style="mso-bidi-font-style: normal;">anderer</i> Personen - geben muss, damit eine Handlungskoordination
möglich wird. Wenn man die verschiedenen Kommunikationsformen als Formen der
Aufmerksamkeitslenkung begreift, dann findet die Soziologie darin ihre
Untersuchungsgegenstände. Zur Selbstbeobachtung – Aufmerksamkeit für die <i style="mso-bidi-font-style: normal;">eigene</i> Aufmerksamkeitsfokussierung –
kommt es aber erst, wenn es zu Koordinationsproblemen kommt. Dass sich
inzwischen Sozialwissenschaften etabliert haben, deren Aufgabe darin besteht
ihre Aufmerksamkeit auf die Formen der Aufmerksamkeitsfokussierung zu lenken,
weist auf das Ausmaß der Koordinationsprobleme hin, mit denen die moderne
Gesellschaft inzwischen konfrontiert ist. Historisch betrachtet, entstand die
Soziologie in der Übergangsphase von stratifikatorischer zu funktionaler
Differenzierung. Mit den daraus entstandenen Problemen kämpfen die Gesellschaft
und mit ihr die Soziologie bis heute. Insofern wäre das Selbstverständnis der
Soziologie als »Krisenwissenschaft« durchaus berechtigt. Aktuell beschränken
sich die Aktivitäten der Sozialwissenschaften überwiegend darauf, die sozialen
Probleme offenzulegen und damit Paradoxien zu konstruieren - sie beschränken sich also auf Sthenograhpie.</span></span><br />
<br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span lang="de" style="mso-ansi-language: #0007; mso-bidi-font-family: Calibri;">Insofern greift das soziologische Selbstverständnis
als Krisenwissenschaft zu kurz, wenn das lediglich bedeuten sollte ein
Desinteresse für die gesellschaftlichen Lösungen zu pflegen, die ohne die Hilfe
der Soziologie gefunden werden. Und es darf wohl angenommen werden, dass das
die meisten Lösungen betrifft. Häufig geht es sogar soweit, dass die
gesellschaftlichen Lösungen als Symptome des Problems gelesen werden und nicht
als deren Lösung. Daher muss eine soziologische Theorie darauf achten, durch
die Form ihrer Beschreibung von Formen der Aufmerksamkeitsfokussierung die
Koordinationsprobleme nicht noch zu verschlimmern. Eines der häufigsten
Probleme bei aktuellen Theorieangeboten ist, dass die moderne funktional
differenzierte Gesellschaft als stratifikatorisch oder gar segmentär differenziert
und damit vormodern oder nicht modern beschrieben wird (vgl. Latour 2008).
Dabei handelt es sich um Versuche mit vormodernen Beobachtungsformen die
moderne Gesellschaft zu beschreiben. Der Übergang von der Vormoderne zur
Moderne ist also auch in den Sozialwissenschaften bisher nur zum Teil vollzogen
wurden. Daraus erklärt sich auch die weit verbreitete kulturkritische und
konservative Haltung vieler Soziologen – auch solcher, die sich selbst für
progressiv halten. Diese Haltung ist ein Symptom dafür, dass auch Teile der Sozialwissenschaften
bereits den Anschluss an die gesellschaftliche Entwicklung verpasst haben und
nun nur noch die Unübersichtlichkeit, die Möglichkeitsüberschüsse, den
Entscheidungsdruck und die daraus resultierende Überforderung und Erschöpfung
beklagen können. Dahinter verbirgt sich allerdings nur die Klage über die
narzisstische Kränkung, dass die Welt nicht so ist, wie man es erwartet hat.
Aber anstatt sich selbst zu ändern, wird die Forderung, dass sich die Welt den
eigenen Erwartungen anzupassen habe, in die Form einer wissenschaftlichen
Theorie verpackt.</span></span><br />
<br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span lang="de" style="mso-ansi-language: #0007; mso-bidi-font-family: Calibri;">Die obige Dekonstruktion der Foucault’schen
Diskursanalyse sollte zeigen, dass es tatsächlich solche Ansätze gibt, die
durch die Form ihrer Beschreibung von Kommunikation dazu beitragen die
Koordinationsprobleme zu perpetuieren und zu steigern. Da Foucault die
Perspektive der Machtunterlegenen einnimmt, reproduziert er damit auch eine
hierarchische und vormoderne Beobachtungsweise unter modernen
Kommunikationsbedingungen. Da dieser Standpunkt niemals verlassen wird, handelt
sich dabei zugleich um eine egozentrische Perspektive, was auf eine fehlende
Autologie hinweist. Das zeigt sich auch daran, dass die Beobachtung der
Gesellschaft in der Gesellschaft so erfolgt als würde sie gleichsam von außen
erfolgen – was jedoch faktisch unmöglich ist. Es sollte allerdings nicht der
Fehlschluss begangen werden, dass es sich bei diesem Theoriemanöver um einen
notwendigen Distanzierungsschritt im Rahmen wissenschaftlicher Arbeit handelt.
Projiziert man diesen Beobachtungsmodus auf die soziale Matrix zurück, also
eine alltägliche zwischenmenschliche Begegnung, dann handelt es sich dabei um
eine Form sich selbst aus einer Situation herauszurechnen. Die betreffende
Person ist zwar faktisch an der Interaktion beteiligt, handelt zugleich aber so
als hätte sie mit der Situation nichts zu tun. Diese Form des Umgangs mit
Bedrohungen des Selbst-Erlebens gleicht denen von schizoiden Personen, die sich
damit gleichsam von der äußeren und inneren Wirklichkeit abschneiden (vgl.
Laing 1972). Die Beobachtungsweise von Theorieansätzen ohne eine reflektierte
Autologie kann man daher nicht nur als egozentrisch verzerrt, sondern auch als <i style="mso-bidi-font-style: normal;">entfremdet</i> bezeichnen. Hinsichtlich der
Folgen für das psychische Selbst-Erleben muss man eine solche Semantik als <i style="mso-bidi-font-style: normal;">schizogen</i> (vgl. Laing 1973, S. 77f.)
bezeichnen, denn sie ermöglicht nur eine egozentrische Pseudo-Bestätigung und
ein langsames Abdriften in ein falsches Selbst-System. Darüber hinaus mündet
sie in einen <i style="mso-bidi-font-style: normal;">unendlichen Regress</i>,
denn die Distanzierung von und Kritik der gebräuchlichen Kommunikationsformen
führt nicht zu neuen Lösungsvorschlägen, die das Problem beheben, sondern nur
zur erneuten Distanzierung von der eigenen Form der Distanzierung, wenn
registriert wird, dass man der Lösung des Problems nicht näher kommt. Da der
Fehler jedoch im Beobachtungssystem liegt und nicht in der Umwelt, kann die
Distanzierung von der vorherigen Distanzierungsform immer nur wiederholt
werden, ohne jemals einen inneren Halt zu finden. Dieser reflexive Mechanismus
der <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Distanzierung von der Distanzierung</i>
zwingt zum fortlaufenden Widersprechen der eigenen Aussagen und damit zur
fortlaufenden Selbstverleugnung.</span></span><br />
<br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span lang="de" style="mso-ansi-language: #0007; mso-bidi-font-family: Calibri;">Obgleich es also faktisch unmöglich ist die
Gesellschaft außerhalb der Gesellschaft zu beobachten, ist es nicht
ausgeschlossen, dass durch bestimmte Formen der Beobachtung der Eindruck
entstehen kann, dass es trotzdem möglich sei. Solche Beobachtungsangebote
finden dann gerade bei Personen Resonanz, die ebenfalls das Gefühl haben
ausgeschlossen zu sein. Damit wird <i style="mso-bidi-font-style: normal;">unter
der semantischen Oberfläche einer wissenschaftlichen Theorie nur das Gefühl der
eigenen Inferiorität reproduziert</i>. Dieses Gefühl besitzt ohne Zweifel seine
eigene Wahrheit und Wirklichkeit. Es stellt sich allerdings die Frage, ob es
die Aufgabe einer wissenschaftlichen Theorie sein kann lediglich dieses Gefühl
zu bestätigen. Denn <i style="mso-bidi-font-style: normal;">dieses Gefühl lässt
Personen das Bewusstsein über die eigene Beobachtbarkeit vergessen</i>. </span><span style="mso-bidi-font-family: Calibri;">Kontingenzbewusstsein wird durch die
obsessive Fixierung auf das eigene Erleben und dem Beharren auf der
Zwangsläufigkeit dieses Erlebens wirksam ausgeschaltet <a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2014/03/die-beobachtung-der-beobachtung-32-die_8.html#fn009" id="anker009">[8]</a></span><span lang="de" style="mso-ansi-language: #0007; mso-bidi-font-family: Calibri;">. Jede
abweichende Perspektive – und das ist eigentlich jede andere Perspektive – wird
dann nur noch als Verletzung des Selbst oder eben als symbolische Gewalt bzw. Politik
verstanden, da man das Gefühl bekommt gerade durch die andere Perspektive im
Selbst-Sein beschnitten zu werden ohne das man etwas dagegen tun kann. Das
daraus folgende Verhalten ist dann nur noch Protest, Abwehr und Kampf.
Konflikte in der Beobachtung und Beschreibung der gemeinsam geteilten Welt, zu
der man auch selbst gehört, können allerdings immer nur zur wechselseitigen
Negation des psychischen Erlebens führen (vgl. Maturana/Varela 2012, S. 264).
Das Beharren auf der eigenen Subjektivität wäre damit die Abwehr gegen
symbolische Gewalt und zugleich, da dies nur mit der Negation des Erlebens
anderer Menschen einhergehen kann, auch die schärfste Form der Ausübung
symbolischer Gewalt. Diese Formen der Unsicherheitsabsorption intensivieren nur
die Erfahrung des Problems und verstärken damit die Unsicherheit.</span></span><br />
<br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span lang="de" style="mso-ansi-language: #0007; mso-bidi-font-family: Calibri;">Die Situation wird auch nicht besser, wenn man sich
als Wissenschaftler aus Respekt vor dem Erleben anderer Menschen darauf
beschränkt nur dieses Erleben zu bestätigen. Sicherlich wäre das für die eigene
Anschlussfähigkeit sehr zuträglich, aber auch mit einem hohen Risiko verbunden.
Diese Strategie, die Annahmewahrscheinlichkeit der eigenen
Kommunikationsangebote zu erhöhen, läuft darauf hinaus bloß die Perspektive des
Zielpublikums zu übernehmen und in einer Theoriesprache zu reproduzieren. Dies
würde die Adressaten aber nur in ihrer Perspektive bestätigen, aber nichts zur
Lösung des Bezugsproblems der Wissenschaft beitragen. Mit der
wissenschaftlichen Arbeit wird notwendigerweise eine kontingente Perspektive
auf ein Phänomen entwickelt, die über die Perspektive des Publikums hinausgeht.
Und durch diesen eigenen Beobachterstandpunkt unterscheidet sich
wissenschaftliche Kommunikation von anderen Kommunikationsangeboten. Nur
dadurch gelingt es das Publikum zu irritieren, mithin zum Lernen anzuregen.
Wenn man sich allerdings darauf spezialisiert hat, nur das diffuse Gefühl der
Inferiorität, das auch maßgeblich das Selbstbild des Publikums prägt, zu
bestätigen, sind die Rahmenbedingungen für Lernprozesse denkbar schlecht.
Dieser Versuch kommt letztlich nicht über den Ausdruck des Mitgefühls hinaus.
Man würde sich bei dieser Vorgehensweise also auch die Grundlage für die wissenschaftliche
Arbeit entziehen.</span></span><br />
<br />
<br />
<div style="text-align: center;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span lang="de" style="mso-ansi-language: #0007; mso-bidi-font-family: Calibri;">VII</span></span></div>
<br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span lang="de" style="mso-ansi-language: #0007; mso-bidi-font-family: Calibri;">Mit dem Kommunikationsmodell der sozialen Matrix werden bestimmte Annahmen über
die Funktionsbedingungen von Kommunikation gemacht. Diese Annahmen fungieren
zugleich als Erwartungen, die bestätigt oder enttäuscht werden können. Wenn
allerdings bestimmte kommunikative Phänomene diesen Annahmen widersprechen
sollten, dann ist das zunächst noch keine Enttäuschung dieser Erwartungen,
sondern es ist zu fragen, wie der Eindruck entstehen kann, dass es sich anders
verhalten könnte. Soziale und psychische Systeme operieren autonom, was bedeutet,
dass es keine einseitigen Abhängigkeitsverhältnisse und auch keine Kontrolle
eines Systems über ein anderes geben kann. Wenn dennoch dieser Eindruck
entstehen sollte, ist daher zu fragen, wie durch die Formen der wechselseitigen
Beobachtung dieser Eindruck entstehen kann. Ob und wie es zum Auftreten dieses Eindrucks
kommt, ist also eine empirische Frage. Erwartungsenttäuschungen führen
allerdings nicht zur <i style="mso-bidi-font-style: normal;">hermetischen
Abdichtung</i> der Theorieanlage, um ihre Richtigkeit auch kontrafaktisch
behaupten zu können, sondern führen zur <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Differenzierung</i>
der Theorieanlage und damit zur Erhöhung der Irritationsfähigkeit bzw. der
informationellen Offenheit. Die Funktionsweise der Unterscheidung als
Zwei-Seiten-Form wird hier dazu genutzt, das Vorkommen einer anderen
Möglichkeit, eben die jeweils andere Seite einer Unterscheidung, anzuzeigen.
Durch Kombination, Differenzierung und Integration verschiedener
Unterscheidungen zu einem Unterscheidungsnetzwerk konstruiert sich ein hoch
komplexes Erwartungssensorium. Mit anderen Worten, da Kontingenz bereits auf
der beobachtungstheoretischen Ebene in die Theorie implementiert wird, lässt
sich das Irritationspotential zweckbezogen immer weiter erhöhen.</span></span><br />
<br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span lang="de" style="mso-ansi-language: #0007; mso-bidi-font-family: Calibri;">Zugleich wird nicht ausgeschlossen, dass das, was hier
als soziale Matrix bzw. als einfaches soziales System beschrieben wird, anders
beobachtet und beschrieben werden kann. Diese Kontingenz lässt sich aber
aushalten, wenn man sich darüber bewusst ist, dass andere Personen dieselben
Probleme anderes lösen. So bietet jede andere Perspektive die Möglichkeit den
Horizont potentieller Beobachtungsmöglichkeiten zu erweitern. Denn andere
Perspektiven bieten die Möglichkeit einen Sachverhalt unter einem anderen
Gesichtspunkt zu betrachten und sich begreiflich zu machen. Die Anerkennung der
eigenen Kontingenz wird damit zum Ausgangspunkt einer allozentrischen
Beobachtungsweise, die gerade auch für wissenschaftliche Kommunikation
unerlässlich ist. Denn wer Schwierigkeiten hat andere Sichtweisen zu
akzeptieren, kann kaum darauf hoffen selbst auf Akzeptanz zu stoßen – außer bei
Personen, die die gleichen Schwierigkeiten haben. Obgleich mit dem hier
vorgestellten Ansatz anerkannt wird, dass jeder mit denselben Problemen
konfrontiert wird, wird nicht jede Lösung als gleich berechtigt anerkannt. Aus
diesem Grund können die oben geschilderten Lösungen des radikalen
Konstruktivismus und des Poststrukturalismus nicht als geeignete Lösungen für
das Bezugsproblem der Wissenschaft betrachtet werden. Durch den Rückbezug auf
und Ableitung der Folgen aus der sozialen Matrix lassen sich die verschiedenen
Lösungen eines sozialen Problems vergleichen und auf ihre Funktionalität oder
Pathologie hin prüfen. Wie sich gezeigt hat, haben der radikale
Konstruktivismus und der Poststrukturalismus lediglich eine psychische
Funktion, jedoch keine soziale.</span></span><br />
<br />
<span style="font-family: Arial; font-size: small;"><span lang="de" style="mso-ansi-language: #0007; mso-bidi-font-family: Calibri;">Der systemtheoretische Beobachtungsapparat erlaubt es
damit eine Beobachtungsposition einzunehmen, die Luhmann als <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Position dritter Ordnung</i> bezeichnet und
als „Reflexion der Bedingungen der Möglichkeit der Beobachtung zweiter Ordnung
und ihrer Folgen für das, was dann noch gemeinsame Welt oder Beschreibungen
ermöglichende Gesellschaft sein kann“ (1997, S. 1117) beschreibt. Dies wurde im
Vorangegangenen getan. Es ist das Verharren in einer egozentrischen und
übergeordneten Beobachterposition, die systematisch die Möglichkeit der
Beobachtung zweiter Ordnung und damit den Übergang zu einer allozentrischen und
heterarchischen Beobachterposition verhindert. Auf dieser Grundlage kann es
nicht gelingen mit anderen Personen eine gemeinsame Welt zu konstruieren, weil
die egozentrischen und schizogenen Semantiken dieses Ziel ad absurdum führen.
Eine Beobachterposition dritter Ordnung ist aber nicht das alleinige Privileg
eines systemtheoretischen Beobachters. Jedes System, dass sich an die
Polykontexuralität der modernen Gesellschaft anpasst, entwickelt eine derartige
Perspektive, um die sachliche, soziale und zeitliche Komplexität verarbeiten zu
können. Denn erst mit der Beobachterposition dritter Ordnung kommt es zur
rekursiven Schließung der Beziehung zwischen den Operationen und der
semantischen Struktur, die diese Operationen möglich macht. Hinsichtlich der
Selbstbeobachtung von psychischen Systemen bedeutet das die Etablierung einer
Feedbackschleife zwischen Erleben (Struktur) und Handeln (Operation), die nicht
nur das eigene Erleben berücksichtigt, sondern auch das der anderen
Beteiligten. Nur auf dieser Grundlage ist es möglich die sich öffnenden und
schließenden Möglichkeitsräume für das Erleben und Handeln der beteiligten
Kommunikationspartner zu beobachten. Und erst dadurch eröffnet sich dann auch
die <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Möglichkeit konstruktive Kritik zu
üben</i>, die über ein schlichtes Nein hinausgeht und das Erleben der kritisierten
Person berücksichtigt.</span> </span><br />
<br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Der
Schlüssel dafür ist der im Kommunikationsmodell der sozialen Matrix
begründete Äquivalenzfunktionalismus. Die Funktionsweise der Beobachtung
als Operation von Unterscheiden und Bezeichnen liefert eine allgemeine </span><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span lang="de" style="mso-ansi-language: #0007; mso-bidi-font-family: Calibri;">Codierung</span></span>sregel, mit der für jede
soziale Situation das Erleben der beteiligten Personen rekonstruiert und
deren Handlungen vor dem Kontext der sozialen Probleme interpretiert
werden können. Für den Erfolg von Kommunikationsangeboten ist das
Zusammenspiel der einzelnen Kommunikationsmedien
entscheidend. Entsprechend muss dieses Zusammenspiel soziologisch
untersucht werden. Konsequent umgesetzt, würde das bedeuten den Sinn
eines Kommunikationsangebots für jedes Kommunikationsmedium klären und
wie es von den beteiligten Personen verstanden wird.
Dies ist eine extrem umfangreiche Aufgabe, die auch in diesem Text nur
ansatzweise umgesetzt werden konnte. Eine ausführliche Rekonstruktion die alle Kommunikationsmedien berücksichtigt, hätte
an dieser Stelle den Rahmen gesprengt. Es sollte hier zunächst
ausprobiert werden, wie die in Abschnitt I dargelegten Anforderungen
überhaupt umgesetzt werden können. Dies ist sicherlich noch nicht
perfekt gelungen, aber die Entwicklungsrichtung
konnte zumindest angedeutet werden.<span lang="de" style="mso-ansi-language: #0007; mso-bidi-font-family: Calibri;"> </span></span><br />
<br />
<br />
<div style="text-align: center;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span lang="de" style="mso-ansi-language: #0007; mso-bidi-font-family: Calibri;">VIII</span></span></div>
<br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span lang="de" style="mso-ansi-language: #0007; mso-bidi-font-family: Calibri;">Kommunikationsangebote können also mit Hilfe der
Kommunikationsmedien unterschiedlich codiert werden und lenken damit die
Aufmerksamkeit eines Beobachters. Sie lösen auf diese Weise das soziale
Grundproblem der Handlungskoordination bei divergentem psychischem Erleben. Jedes
Kommunikationsangebot kann angenommen oder abgelehnt werden. Die Chancen für
Annahme und Ablehnung sich gleich verteilt. Erst durch symbolische
Generalisierungen kann ein Kommunikationsangebot sinnhaft so verdichtet werden,
dass doch mit einer höheren Annahmewahrscheinlichkeit gerechnet werden kann.
Entscheidend ist der symbolisch generalisierte Problembezug. Um das Risiko
verzerrter Beschreibungen durch eine zu hohe Generalisierung zu reduzieren,
werden hier <span style="mso-bidi-font-style: normal;">Kommunikationstheorie</span>,
<span style="mso-bidi-font-style: normal;">funktionale Analyse und Evolutionstheorie</span> miteinander
kombiniert. Ein weiterer Vorteil dieser Methode ist, dass man nicht ignorieren
kann, dass man <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Sachverhalte</i>
untersucht, <i style="mso-bidi-font-style: normal;">an denen Menschen beteiligt
sind</i>. In der Konsequenz bedeutet das auch, dass man von den Problemen, die
man untersucht, auch selbst betroffen sein kann und auch Lösungen anwendet, die
man wiederum untersuchen kann. Mit anderen Worten, mit dieser Vorgehensweise
kann auch der eigene Einfluss auf den Untersuchungsgegenstand reflektiert
werden. Aufgrund der eigenen Betroffenheit und Beteiligung am
Kommunikationsgeschehen kann es daher nicht mehr darum gehen, den eigenen
Einfluss auf den Untersuchungsgegenstand vollständig auszuschalten. Man kann
ihn aber durch diese methodischen Vorkehrungen minimieren, weil man zum einen
die Auswirkungen der eigenen Beobachtungen und Beschreibungen beobachten kann
und gezwungen wird, die eigene theoretische Position und methodische
Vorgehensweise zu reflektieren und gegebenenfalls zu verändern.</span></span><br />
<br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span lang="de" style="mso-ansi-language: #0007; mso-bidi-font-family: Calibri;">Nichts desto trotz werden immer wieder Theorien angeboten,
die so tun als könnten sie sich aus dem sozialen Geschehen herausnehmen. Neben
den Risiken einer egozentrisch verzerrten und entfremdeten Beschreibung ergibt
sich auch das Risiko der <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Verdinglichung
der Kommunikation</i>, auf das immer wieder von verschiedenen Seiten nach wie
vor hingewiesen wird. Aber bei der Untersuchung des menschlichen Zusammenlebens
kann man den menschlichen Einfluss auf die Untersuchungsmethoden nicht
ignorieren. Auch hierfür ist Foucaults Diskusanalyse wieder ein gutes Beispiel,
denn er beschreibt Macht als entmenschlichten und absoluten Mechanismus. Macht
wird gleichsam als eine Sache beschrieben, mit der Menschen nichts zu tun
haben. Macht löst aber so wie jedes andere Kommunikationsmedium ein
menschliches Problem. Deswegen ist diese Verdinglichung des Untersuchungsgegenstandes
nur um den Preis der <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Depersonalisierung
der Menschen</i> zu haben. Wenn die
Machtmechanismen unentrinnbar und unveränderbar sind, dann müssen es zwangsläufig
auch die Menschen sein, die ihnen unterworfen sind. Damit spricht man Menschen
ihre Reflektions-, Entscheidungs-, Handlungs- und Veränderungsfähigkeit ab. Mit
anderen Worten, die Autonomie des Subjekts wird negiert, was wiederum fatale
Auswirkungen auf Personen hat, die diesem Menschenbild Glauben schenken. Da man
diesem Problem nicht entkommt, weil es ein konstitutives Element der Theorie
ist, beginnt eine endlose Spirale fortlaufender Distanzierung bzw. Entfremdung <a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2014/03/die-beobachtung-der-beobachtung-32-die_8.html#fn010" id="anker010">[9]</a>. Da auch nicht klar ist, wie ein Ausweg aus diesem Dilemma gefunden werden
kann, wird die Lösung in der Teilnahmeverweigerung sowie der Ablehnung und
Zerstörung der unverstandenen Problemlösungsstrategien gesehen.</span></span><br />
<br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span lang="de" style="mso-ansi-language: #0007; mso-bidi-font-family: Calibri;">Auf diese Rückwirkungen des eigenen Handelns wurde man
zuerst in der Psychologie aufmerksam. Mit zunehmender Erfahrung bei der
Therapie von Patienten konnte man nicht ignorieren, dass das eigene Verhalten
als Therapeut die Verhaltensweisen des Patienten beeinflusst. Der Erfolg oder
Misserfolg einer Therapie hängt damit in starkem Maße vom Verhalten des
Therapeuten ab. Ruesch/Bateson untersuchten daher die kulturellen
Rahmenbedingungen unter denen der Therapeut arbeitet, um sich darüber klar zu
werden, wie eine bestimmte Therapie vom Patienten angenommen wird (vgl. 2012).
Trotzdem blieb das Problem, dass man als Therapeut Gefahr läuft eine Pathologie
im Verhalten einer Person durch das eigene Verhalten erst zu erzeugen. Eine
andere Lösung bestand darin, die von der Psychotherapie verwendeten Formen
interpersoneller Wahrnehmung vollständig infrage zu stellen und das Konzept der
Geisteskrankheit als einen Mythos zu beobachten (vgl. Szasz 2013) <a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2014/03/die-beobachtung-der-beobachtung-32-die_8.html#fn011" id="anker011">[10]</a>. Luhmann
machte die Soziologie auf dasselbe Problem mit der Formel aufmerksam, dass eine
Beobachtung und Beschreibung nur in der Gesellschaft mit den Mitteln der
Gesellschaft möglich ist (vgl. Luhmann 1997, S. 1128 – 1141). Daraus folgt,
dass die soziologischen Gesellschaftsbeschreibungen auch einen Einfluss auf die
Gesellschaft haben werden. Und auch hier können die Formen der
Gesellschaftsbeschreibungen bzw. -diagnosen die Veränderung der Gesellschaft in
eine funktionale oder pathologische Richtung beeinflussen.</span></span><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"> </span><br />
<br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Wenn
die Gesellschaft nur mit den gesellschaftlich angebotenen Mitteln beschrieben
werden kann, dann hängen die angebotenen Beschreibungen maßgeblich von den
kulturellen Rahmenbedingungen ab, die sie ermöglichen. Auch heute kann die
psychotherapeutische oder soziologische Beobachtung noch vor dem Hintergrund
einer implizit angenommen Vorstellung einer normativen, Einheit stiftenden
Gemeinschaft erfolgen, die noch eine klare Beobachtung von Mitgliedern und
Abweichlern ermöglichte. Unter modernen, polykontexturalen
Beobachtungsverhältnissen reicht eine derart schlichte Beobachtung von Personen
als konform oder deviant nicht mehr aus, um der Komplexität des Erlebens und Handelns einer Person gerechtzu werden. Die Beobachtung einer Abweichung oder Pathologie
wird unter polykontexturalen Beobachtungsbedingungen zu einer Frage des
Standpunktes. Die kritische Soziologie konnte jedoch ihre eigene Legitimität
nur über die Vorstellung der Dysfunktionalität, Pathologie oder Krankheit der
bestehenden Gesellschaft behaupten. Diese Vorliebe für Kritik statt für Affirmation
ließ sich nur mit dem letztlich politischen Ziel der Gesellschaftsveränderung
begründen, welches wiederum aus der diagnostizierten Pathologie der
Gesellschaft abgeleitet wurde. Dafür ist jedoch eine klare Vorstellung darüber
notwendig, wie die Gesellschaft beschaffen sein sollte. Diese Vorstellung wird in der Regel aber nicht sehr klar formuliert, weil unterstellt
wird, dass er von mehr oder weniger allen Menschen geteilt wird. Doch gerade
diese Unterstellung wird mit dem Übergang zur modernen Gesellschaft immer
enttäuschungsanfälliger, eben weil es diesen gemeinsam geteilten Sinnhorizont
nicht mehr gibt. Entsprechend fallen kritische Beobachter häufig nur durch ihre
ausgedrückte Enttäuschung darüber auf, dass die Gesellschaft nicht so ist, wie
erwartet.</span><br />
<br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Auch
hier stößt man wieder auf das Problem der fehlenden Differenzierung von
wissenschaftlicher, politischer und auch erziehender Codierung, die es
verhindert hat, dass man in den Sozialwissenschaften mit der gleichen
Radikalität die Vorstellung einer kranken Gesellschaft kritisiert hat, wie in
der Psychologie die Vorstellung, dass psychische Probleme biologisch bedingte
Krankheiten sind. In der Konsequenz hätte man nicht nur die Tradition der
Kritik, sondern auch ihren konstituierenden Mythos einer kranken Gesellschaft
als ein ebensolches Herrschaftsinstrument entlarven müssen, wie die
Herrschaftsinstrumente, die man kritisiert. Bis heute gibt es allerdings starke
Bemühungen diese <i style="mso-bidi-font-style: normal;">unhaltbare Position</i>
(vgl. Laing 1973, S. 99 - 121) zwischen den
unvereinbaren Zielen der Analyse und der Veränderung der Gesellschaft aufrecht
zu erhalten. Da jedoch wissenschaftliche Analyse und politische oder
erzieherische Veränderung unterschiedliche soziale Probleme lösen, blockieren
sich Analyse und Veränderung gegenseitig. Dieses Problem kann ohne die
Reflexion der eigenen Beobachtungsbedingungen nur noch über die <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Tradierung von Befindlichkeiten</i> und <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Dogmatisierung </i>derartiger
problemverstärkender theoretischer Standpunkte gelöst werden, was die
Perspektivendivergenz allerdings nur verschärft.</span><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span lang="de" style="mso-ansi-language: #0007; mso-bidi-font-family: Calibri;"> </span></span><br />
<br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span lang="de" style="mso-ansi-language: #0007; mso-bidi-font-family: Calibri;">Sowohl in der Psychologie als auch in der Soziologie war
und ist also, in einem mehr oder weniger stark ausgeprägten Maße ein fehlendes
Bewusstsein über wechselseitige Beobachtbarkeit das Problem. Eigentlich ist es
sogar ein zweifaches Problem, das zum einen aus dem Sachverhalt besteht, dass
der Untersuchungsgegenstand sich der eigenen Beobachtbarkeit durch einen
anderen Beobachter bewusst ist und sein Verhalten entsprechend ändern kann, und
das zum anderen aus dem Sachverhalt besteht, dass man potentiell selbst der
Untersuchungsgegenstand sein könnte. Der zweite Sachverhalt beschreibt auch einen
reflexiven Mechanismus, nämlich die Aufmerksamkeit für
Aufmerksamkeitsfokussierung bzw. der Beobachtung der Beobachtung. Dann besteht das Problem in einer mangelnden Reflexivität hinsichtlich
des eigenen Verhaltens. Mangelnde Reflexivität geht auf einen Mangel an Negationsbereitschaft des eigenen Erlebens zurück, also sich selbst
gleichsam als Teil des Geschehens kontingent zu setzen, um zumindest zu
registrieren, dass es auch andere Lösungsmöglichkeiten für dasselbe Problem
geben kann. Dieser Mangel an Negationsbereitschaft des eigenen Erlebens
geht jedoch mit der Negation des Erlebens anderer Menschen einher. Und gerade
derartige Kommunikationsangebote, die die Ablehnung und Missachtung des
Kommunikationspartners mehr oder weniger direkt gleich mitliefern, haben in der
modernen Gesellschaft immer weniger Chancen auf eine Annahme als Prämisse der
weiteren Informationsverarbeitung.</span></span><br />
<br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span lang="de" style="mso-ansi-language: #0007; mso-bidi-font-family: Calibri;">Hinsichtlich des Problems der Verdinglichung könnte
man nach der bisherigen Analyse auch formulieren, dass gerade der Versuch einer
Verdinglichungsvermeidung das Verdinglichungsrisiko erst heraufbeschwört, denn
eine sicherlich realistische Möglichkeit wird kurzer Hand zur allgemeinen
gesellschaftlichen Wirklichkeit erklärt. Das Problem wird durch diesen
Fehlschluss also geradezu herbei geredet <a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2014/03/die-beobachtung-der-beobachtung-32-die_8.html#fn012" id="anker012">[11]</a>. Alles was dann noch als Lösung
in Frage kommt, macht das Problem nur noch schlimmer, weil man auf eine
Wirklichkeit reagiert, die nur durch den verwendeten Beobachtungsapparat
entsteht und die notwendige Präzision bei der Indikation des Problems vermissen
lässt. Das erspart zwar ein genaueres Hinschauen und bedeutet zunächst eine
Entlastung. Da man aber zumeist nur gegen Windmühlen kämpft, wird der
Problemdruck mit der Zeit trotzdem größer. Mangelnde Reflexivität produziert
damit <i style="mso-bidi-font-style: normal;">paradoxe Effekte</i>. Der Versuch,
eine bestimmte Wirkung zu erzielen, bewirkt das Gegenteil. Je mehr man sich
auch bemüht, ein bestimmtes Ziel zu erreichen, desto mehr rückt das Ziel in
immer weitere Ferne. Man fühlt sich bei diesem Phänomen an die Qualen des <a href="http://de.wikipedia.org/wiki/Tantalus">Tantalos</a> </span></span><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">erinnert. Dabei wird der
gefühlte Handlungsdruck, der in einen blinden politischen Aktionismus mündet,
nur durch die fehlende Reflektion erzeugt, welche wiederum durch die Behauptung
der eigenen egozentrischen Beobachtungsperspektive blockiert wird. Dieser
Beobachtungsstil verhindert, anders ausgedrückt, dass negative Folgen des
eigenen Handelns auf sich selbst zugerechnet werden. Dieser selektive Umgang
mit Feedback unterstützt die Bildung einer verzerrten Wahrnehmung, die nur
Erfolge sich selbst und Misserfolge der Umwelt zurechnet. Der daraus
resultierende Kommunikationsstil kann jedoch mit der Zeit immer weniger Erfolge
verbuchen und erhält daher immer weniger positives Feedback, was schließlich zu
einem völligem Ignorieren des Feedbacks führt, weil man keine geeigneten
Kriterien mehr für die Prüfung des Erfolgs findet. So bleibt am Ende nur noch
die gewaltsame Selbstbehauptung – symbolisch und im schlimmsten Fall physisch.</span><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span lang="de" style="mso-ansi-language: #0007; mso-bidi-font-family: Calibri;"> </span></span><br />
<br />
<br />
<div style="text-align: center;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span lang="de" style="mso-ansi-language: #0007; mso-bidi-font-family: Calibri;">IX</span></span></div>
<br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span lang="de" style="mso-ansi-language: #0007; mso-bidi-font-family: Calibri;">Wie kommt es zu diesen paradoxen Effekten? Reflektion
ist eine von zwei Leistungskomponenten der <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Negation</i>.
Die zweite Leistungskomponente ist Generalisierung (vgl. Luhmann 2005c, S.
43f.). Das legt den Schluss nahe, dass die paradoxen Effekte auf eine bestimmte
Art des Negationsgebrauchs zurückgehen. Dieses Problem stellt sich nicht auf
einer <i style="mso-bidi-font-style: normal;">kommunikationstheoretischen</i>
Ebene, sondern auf einer <i style="mso-bidi-font-style: normal;">informationstheoretischen</i>
<a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2014/03/die-beobachtung-der-beobachtung-32-die_8.html#fn013" id="anker013">[12]</a> bzw. <i style="mso-bidi-font-style: normal;">epistemologischen</i> Ebene. Die
vorangegangenen Ausführungen dienten dem Zweck, das Bewusstsein für dieses
Problem zu schärfen, das aus der Multifunktionalität der Kommunikation
erwächst. Dieses Problem wirkt sich auch auf soziologische Theoriebildung aus
und produziert entsprechend paradoxe Kommunikationsangebote, die im Versuch ein
bestimmtes Ziel zu erreichen genau das Gegenteil bewirken. Ein Beispiel dafür
ist der Versuch das politische Bezugsproblem mit Hilfe von wissenschaftlichen
Mitteln lösen wollen.</span></span><br />
<br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span lang="de" style="mso-ansi-language: #0007; mso-bidi-font-family: Calibri;">Wenn man sich heute in den Sozialwissenschaften über
eine mangelnde gesellschaftliche Relevanz und Aufmerksamkeit beklagt, dann
liegt es daran, dass man sich bis heute nicht über die eigenen inneren
Konflikte bewusst ist, die eine mangelnde funktionale Differenzierung mit sich
bringt. Dieses Problem wird in der außerwissenschaftlichen Umwelt sicherlich
nicht in der Schärfe gesehen, in der es hier dargestellt wurde. Nichts desto
trotz geht der mangelnde Erfolg auf das informationelle Rauschen der paradoxen
Effekte zurück, die beim Publikum zumindest Zweifel daran aufkommen lassen, ob
der Mitteilende sein Publikum verstanden hat. Im Ergebnis produziert man entweder
gar <i style="mso-bidi-font-style: normal;">kein Image</i> oder ein <i style="mso-bidi-font-style: normal;">falsches Image</i> (vgl. Goffman 1971a, S.
13), was bedeutet, dass es entweder gar nicht gelingt Erwartungen beim Publikum
zu wecken oder falsche Erwartungen, die irgendwann zwangsläufig enttäuscht
werden müssen. In beiden Fällen ist die Anschlussfähigkeit – zunächst nur der
betroffenen Person, mit der Zeit dann aber unter Umständen auch einer ganzen
Gruppe, wenn dasselbe Verhaltensmuster nicht nur bei einer Person beobachtet
werden kann – akut gefährdet. Obgleich man bereits aus dem Vorangegangen
bereits Hinweise entnehmen kann, wie man mit dem Problem der
Multifunktionalität der Kommunikation anders umgehen kann, geht es hier um den
tieferliegenden Zusammenhang zwischen Reflexion und Generalisierung durch den
Gebrauch von Negationen. Durch die Analyse der Funktion des Negationsgebrauchs
für Sinnkonstitution lassen sich die Möglichkeiten und Grenzen für Reflexion
und Generalisierung ermitteln. Dieser Aufgabe wird sich der nächste Beitrag
widmen. Erst danach lässt sich ein adäquates Verständnis für die Prozesse
symbolischer Generalisierung entwickeln.</span></span><br />
<br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span lang="de" style="mso-ansi-language: #0007; mso-bidi-font-family: Calibri;">Zusammenfassend lässt sich bis jetzt bereits Folgendes
festhalten. Wie sich gezeigt hat, stellt sich das Problem der
Multifunktionalität von Kommunikation in der Sprache erneut. Entsprechend ist
eine Theorie notwendig, die dieses Problem reflektieren und entsprechende Konsequenzen
für die eigenen Beobachtungsverfahren zieht. Beobachten heißt Komplexität
reduzieren und damit zugleich Unsicherheit absorbieren. Es kann jedoch nicht das
Ziel sein, Komplexität und Unsicherheit zu eliminieren – so verlockend das auch
sein mag. Es kann nur das Ziel sein Beobachtungsverfahren zu entwickeln, um mit
Unsicherheit umgehen zu können bzw. überwältigende Komplexität in zu
bewältigende Komplexität reduzieren zu können. Multifunktionalität bedeutet
auch, dass man ein Kommunikationsangebot aus verschiedenen Perspektiven heraus
verstehen kann, sei es aus wirtschaftlicher, politischer, wissenschaftlicher,
künstlerischer, höchst persönlicher Perspektive usw. Anders ausgedrückt, unter
polykontexturalen Beobachtungsbedingungen ist jedes Kommunikationsangebot
mehrdeutig. Sozialwissenschaftliche Forschung darf jedoch nicht der Illusion
erliegen, dass sie diese Mehrdeutigkeit in Eindeutigkeit verwandeln kann bzw.
diese Unsicherheit in Sicherheit. Dies wäre der direkte Weg, um der Gesellschaft
als Forschungsgegenstand ihre operative Autonomie abzusprechen und sie
gleichsam zu verdinglichen. Da jedoch keine Gesellschaft ohne Menschen denkbar
ist, verdinglicht bzw. depersonalisiert man auf diese Weise die Menschen gleich
mit. Wie inzwischen deutlich geworden sein sollte, handelt es sich bei diesem
Eindruck um ein <i style="mso-bidi-font-style: normal;">semantisches Artefakt</i>
einer egozentrisch verzerrten und entfremdeten Beobachtungsweise und nicht um
eine reale Wahrnehmung. Solche schizogenen Semantiken produzieren sinnhafte
Fata Morganas. Sobald jedoch Menschen daran glauben und ihr Handeln
entsprechend an dieser Vorstellung orientieren, wird es zu einer <i style="mso-bidi-font-style: normal;">self fulfilling prophecy</i>. Diese
gesellschaftliche Gefahr soziologischer Theoriebildung ist bisher von
Soziologen zu wenig beachtet worden, eben weil viele soziologische Ansätze nach
wie vor den Eindruck erwecken als könnte man die Gesellschaft gleichsam von
außen und folgenlos beobachten. Weder kann man die Gesellschaft ohne die Mittel
der Gesellschaft beobachten, noch bleiben die Versuche, dies trotzdem zu tun,
folgenlos.</span></span><br />
<br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span style="mso-bidi-font-family: Calibri;">Es wird Zeit, dass Soziologen endlich aufhören das
politisch Wünschenswerte als wissenschaftliche Theorie zu verkaufen. Der
Politikbegriff der Diskursanalyse stellt letztlich auf die Negation des eigenen
Erlebens durch das Verhalten von anderen Personen ab. Im hier angelegten
Verständnis meint das politisch Wünschenswerte dann den Wunsch, dass andere
Menschen die Welt genauso sehen, wie man selbst. Dieser egoistische und
infantile Wunsch wird unerfüllt bleiben, weil es nicht möglich ist, dass andere
Menschen die Welt genauso sehen, wie man selbst. Kommunikation ist und bleibt
die Lösung für dieses Problem. Diese Lösung bringt es allerdings mit sich, dass
man auf die Kontingenz des eigenen Erlebens aufmerksam wird. In der modernen
Gesellschaft muss man sich etwas einfallen lassen, damit andere trotz dieser
Kontingenz die eigenen Kommunikationsangebote annehmen. Ganz abstrakt
formuliert, lautet die Lösung: Beobachte Beobachter! Wie das für eine konkrete
Situation umgesetzt werden kann, muss jeder selbst herausfinden. Es ist immer
nur möglich Hinweise zu geben, wie man in einer bestimmten Situation verfahren kann, um eine Lösung zu finden. Es wird daher nicht nur Zeit, dass Soziologen
aufhören das politisch Wünschenswerte als wissenschaftliche Theorie zu verkaufen,
sondern auch anfangen ihren Forschungsgegenstand ernst zu nehmen. Ansonsten
machen sie die Probleme, die sie angeblich lösen wollen, nur noch schlimmer
und die Soziologie verliert irgendwann vollends ihre gesellschaftliche
Relevanz und wird Opfer der Geister, die sie selbst gerufen hat. </span></span><br />
<br />
<br />
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<br />
<br />
<br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span lang="de" style="mso-ansi-language: #0007; mso-bidi-font-family: Calibri;"><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2014/03/die-beobachtung-der-beobachtung-32-die_8.html#anker002" id="fn002">[1]</a> Siehe dazu auch „<a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/10/die-beobachtung-der-beobachtung-exkurs.html">Die Beobachtung der Beobachtung - Exkurs über Massenmedien</a><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/10/die-beobachtung-der-beobachtung-exkurs.html"><span style="color: black; mso-bidi-font-family: Calibri; mso-style-textfill-fill-alpha: 100.0%; mso-style-textfill-fill-color: black;"><span style="color: black; mso-style-textfill-fill-alpha: 100.0%; mso-style-textfill-fill-color: black;"></span></span></a>“.</span></span><br />
<br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span lang="de" style="mso-ansi-language: #0007; mso-bidi-font-family: Calibri;"><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2014/03/die-beobachtung-der-beobachtung-32-die_8.html#anker003" id="fn003">[2]</a> Siehe für diese Funktionsbestimmung der Religion <a href="https://www.facebook.com/Beobachter.der.Moderne/posts/178026849061032?stream_ref=10">hier</a><a href="https://www.facebook.com/Beobachter.der.Moderne/posts/178026849061032?stream_ref=10"><span style="color: black; mso-bidi-font-family: Calibri; mso-style-textfill-fill-alpha: 100.0%; mso-style-textfill-fill-color: black;"><span style="color: black; mso-style-textfill-fill-alpha: 100.0%; mso-style-textfill-fill-color: black;"></span></span></a>.</span></span><br />
<br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span lang="de" style="mso-ansi-language: #0007; mso-bidi-font-family: Calibri;"><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2014/03/die-beobachtung-der-beobachtung-32-die_8.html#anker004" id="fn004">[3]</a> Eine Variante mit diesem Problem umzugehen und die
Macht des Herrschers zu brechen, ist den eigenen Tod billigend in Kauf zu nehmen.
Die Drohung mit physischer Gewalt wäre dann keine Vermeidungsalternative mehr
und hätte somit auch kein motivierendes Potential. Islamistische
Selbstmordattentate beruhen auf diesem Kalkül und demonstrieren die
Machtlosigkeit des politischen Machthabers. Da Gewalt aber nur mit Gegengewalt
beantwortet wird, demonstrieren sie zugleich auch die Machtlosigkeit der
Selbstmörder. Gewaltsame Auseinandersetzungen, egal ob zwischen Staaten oder
einzelnen Personen, offenbaren daher nur die wechselseitige Machtlosigkeit übereinander
und kommunizieren die gegenseitige Ablehnung.</span></span><br />
<br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span lang="de" style="mso-ansi-language: #0007; mso-bidi-font-family: Calibri;"><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2014/03/die-beobachtung-der-beobachtung-32-die_8.html#anker005" id="fn005">[4]</a> Siehe ausführlich zum Thema Interpenetration das
entsprechende Kapitel in</span></span><span style="mso-bidi-font-family: Calibri;"><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"> </span><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">„Soziale
Systeme“</span></span> (<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span lang="de" style="mso-ansi-language: #0007; mso-bidi-font-family: Calibri;">Luhmann 1984) und den Text „<a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/06/die-beobachtung-der-beobachtung-2.html">Die Beobachtung der Beobachtung 2 - Kommunikation und Image</a>“, der
die Paradoxie der Form sozial entfaltet und ein anderes Schlaglicht auf
Interpenetrationsprozesse wirft. Es wurde gezeigt, dass auch die Form der
Selbstdarstellung einen großen Einfluss auf die Annahme oder Ablehnung eines
Kommunikationsangebots haben kann, je nachdem, ob die wechselseitige
Beobachtbarkeit als Bedrohung oder als Chance für das eigene Selbst gesehen
wird.</span></span><br />
<br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span lang="de" style="mso-ansi-language: #0007; mso-bidi-font-family: Calibri;"><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2014/03/die-beobachtung-der-beobachtung-32-die_8.html#anker006" id="fn006">[5]</a> Siehe für ein Beispiel der Verwechslung von Liebe
mit Politik <a href="http://beobachterlab.blogspot.com/2014/01/uber-liebe-unfahige-manner-und.html">hier</a><a href="http://beobachterlab.blogspot.com/2014/01/uber-liebe-unfahige-manner-und.html"><span style="color: black; mso-bidi-font-family: Calibri; mso-style-textfill-fill-alpha: 100.0%; mso-style-textfill-fill-color: black;"><span style="color: black; mso-style-textfill-fill-alpha: 100.0%; mso-style-textfill-fill-color: black;"></span></span></a>.</span></span><br />
<br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span lang="de" style="mso-ansi-language: #0007; mso-bidi-font-family: Calibri;"><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2014/03/die-beobachtung-der-beobachtung-32-die_8.html#anker007" id="fn007">[6]</a> Im Anschluss an Francisco J. Varela könnte man den
radikalen Konstruktivismus und den Poststrukturalismus als Methoden
interpretieren mit der <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Cartesianischen
Angst</i> umzugehen (vgl. 1997, S. 56f.). Varela unterscheidet zwei
Formen der Suche nach epistemologischen Haltepunkten - wobei diese Haltepunkte
innen oder außen gefunden werden können. Zum einen beschreibt er das <i style="mso-bidi-font-style: normal;">fundament-orientierte Denken</i>, das nach
einer internen Grundlage für die objektive Erkenntnis der äußeren Welt sucht,
und zum anderen das, was er als <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Nebelbank
der Illusion</i> bezeichnet. Letztere Theorietradition ist dadurch
gekennzeichnet, dass sie die Vorstellung aufgegeben hat, dass es noch einen Haltepunkt
für Erkenntnis gibt und deswegen in völliger Relativität versinkt. Es ist
offensichtlich, dass sich der radikale Konstruktivismus in dieser Nebelbank der
Illusion verlaufen hat. Entsprechend handelt es sich beim Poststrukturalismus
um ein fundament-orientiertes Denken. Obgleich er konstruktivistisch
argumentiert, kann er sich mit der sozialen Konstruiertheit der Dinge nicht
abfinden und hypostasiert dem gegenüber die Notwendigkeit des je individuellen
Erlebens. Um die scheinbare Objektivität der Welt zu retten, flüchtet er sich
in die Subjektivität des Erlebens. Bei diesem Theoriemanöver handelt es sich um
das letzte Gefecht des repräsentationalen Denkens, das davon ausgeht
Wahrnehmung würde die äußere Welt abbilden und die verwendeten Zeichen die
äußere Welt repräsentieren. Dieser Versuch unter konstruktivistischen
Bedingungen ein realistische Epistemologie zu entwerfen, wird hier als <i style="mso-bidi-font-style: normal;">naiver Konstruktivismus</i> bezeichnet. Bruno
Latours Akteur-Netzwerk-Theorie ist ein weiteres Beispiel für naiven
Konstruktivismus. Siehe dazu <a href="https://www.facebook.com/Beobachter.der.Moderne/posts/157287454468305?stream_ref=10">hier</a>.</span></span><br />
<br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span lang="de" style="mso-ansi-language: #0007; mso-bidi-font-family: Calibri;"><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2014/03/die-beobachtung-der-beobachtung-32-die_8.html#anker008" id="fn008">[7]</a> Dieses Problem tritt gerade auch bei
feministischen Theorien verstärkt auf, da für diese die Annahme, dass Frauen qualitativ
anders erleben als Männer, konstitutiv ist. Ansonsten bräuchte man ja auch
keine feministische Theorie. Wenn die zu kritisierende Ungleichheit allerdings
bereits in der Theorie derartig festgeschrieben wird, wie soll dann eigentlich
die angestrebte Gleichheit der Geschlechter erreicht werden? Dann kann man
eigentlich nur darauf beharren, dass Frauen anders erleben als Männer und sich
damit abfinden, dass Männer und Frauen nicht zusammen leben können. Auch hier
ist das Problem hausgemacht und sagt mehr über die egozentrische Sichtweise der
Beobachterinnen als über das beobachtete Phänomen.</span></span><br />
<br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span lang="de" style="mso-ansi-language: #0007; mso-bidi-font-family: Calibri;"><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2014/03/die-beobachtung-der-beobachtung-32-die_8.html#anker009" id="fn009">[8]</a> Gerade weil für die Betroffenen ihr erlebtes
Leiden eine geradezu zwingende Notwendigkeit hat, die sich auch in der Interaktion
in einer sehr expressiven Ausdrucksweise genauso zwingend darstellt, kann mit
diesem Verhalten das eigene Leiden dazu benutzt werden, um andere
Personen scheinbar zu etwas zu zwingen. Deswegen bezeichnet Thomas Szasz ein derartiges Verhalten als zwingende Strategie (vgl. 2013, S. 236). Obgleich die Versuchung
groß ist, auf das Leiden von anderen zu reagieren und Abhilfe zu schaffen, muss
betont werden, dass es sich auch dabei um ein Kommunikationsangebot handelt,
dass man annehmen oder ablehnen kann und nicht zwingend ist. Auf die selektive
Annahme solcher Kommunikationsangebote, die Hilfsbedürftigkeit anzeigen, haben
sich diverse Systeme der Personenveränderung, wie Erziehung, Krankenbehandlung,
Psychotherapie oder soziale Hilfe, spezialisiert. Und gerade in der Medizin ist
man dann auf das Problem aufmerksam geworden, dass Personen Hilfsbedürftigkeit
auch vortäuschen können (vgl. Szasz 2013, S. 65ff.). Auch Soziologen sind nicht
davor gefeit auf die sich selbst als hilfsbedürftig beschreibenden Personen zu
reagieren. Siehe dazu <a href="http://beobachterlab.blogspot.com/2014/02/soziologie-zwischen-wissenschaft-als.html">hier</a>.
Es soll allerdings nicht bestritten werden, dass die Betroffenen hilfsbedürftig
sind. Es erscheint allerdings äußerst fraglich, ob die von den Betroffenen
präferierten Lösungen tatsächlich die gewünschte Abhilfe schaffen.</span></span><br />
<br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span lang="de" style="mso-ansi-language: #0007; mso-bidi-font-family: Calibri;"><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2014/03/die-beobachtung-der-beobachtung-32-die_8.html#anker010" id="fn010">[9]</a> Aus dieser sich beständig wiederholenden
Distanzierung erklären sich auch die immer wieder enthusiastisch gefeierten Mode-Theorien
insbesondere bei linken Soziologen. Der neueste Hype dieser poststrukturalistischen
und postmodernen Theoriebildungstradition ist Latours ANT. Obgleich sie in
ihrer Form durch die theoretische Konsequenz durchaus beeindrucken kann – vor
allem Latour 2010 –, ist der wissenschaftliche Wert dieses Ansatzes gleich
Null, denn das Ziel, was Latour verfolgt, besteht darin die gemeinsame Welt vor
ihren vielfältigen Deutung zu schützen. Das kann man nicht ernsthaft als
wissenschaftlich bezeichnen, weil es auch dabei letztlich nur um das Beharren
auf dem eigenen egozentrischen Standpunkt geht. Doch gerade die Gleichsetzung
von lebenden Menschen und toten Dingen ergibt eine depersonalisierende,
anti-humanistische Sicht auf Menschen, an der sich zeigt, dass die ANT die zur
Theorie geronnene Wahrnehmung eines psychotischen Bewusstseins ist.</span></span><br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span style="mso-bidi-font-family: Calibri;">Bei Foucault lässt sich die depersonalisierende
Sichtweise auch aus seiner Biographie heraus verstehen. Als Sohn eines Arztes
und Pathologen hat er die Arbeitsweise seines Vaters auf die Analyse von
Kommunikationsprozessen übertragen und sie wie eine Leiche seziert – auch eine
Form symbolischer Gewalt. Siehe dazu <a href="http://www.fsw.uzh.ch/foucaultblog/archive/12/sohn-eines-chirurgen">hier</a>.</span></span><br />
<br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span lang="de" style="mso-ansi-language: #0007; mso-bidi-font-family: Calibri;"><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2014/03/die-beobachtung-der-beobachtung-32-die_8.html#anker011" id="fn011">[10]</a>
Ironischerweise kommt Foucault zu einer ähnlichen Problemanalyse wie Szasz
(vgl. Foucault 1968; Foucault 1969). Szasz arbeitete jedoch bereits mit einer
Kombination aus Kommunikationstheorie und funktionaler Analyse und es gelang
ihm zu zeigen, dass die Beobachtung einer Krankheit oder Pathologie eine Frage
des jeweiligen theoretischen Standpunktes ist. Foucault versuchte dagegen
solche theoretischen Standpunkte, die es erlauben eine Pathologie zu
beobachten, als Herrschaftsinstrumente zu entlarven und damit wiederum diese zu
pathologisieren. Während es Szasz gelang das Rollenmuster von Arzt und Patient
zu hinterfragen und damit auch die Perspektive des Arztes auf den Patienten,
versuchte Foucault lediglich dieses Rollenmuster umzukehren. Er tat damit genau
das, was er kritisierte, und reproduzierte zugleich das Problem. Gleichwohl sah
auch Szasz, dass die Vorstellung von Verhaltensstörungen als biologisch
determinierte Krankheiten dazu genutzt wurde bestimmte Interessen
durchzusetzen. Szasz‘ problemorientierter Ansatz erlaubte es ihm eine
differenzierte Analyse, eine Kritik und Lösungsvorschläge zu formulieren –
etwas zu dem poststrukturalistische und postmoderne Ansätze aufgrund ihrer
Ignoranz für andere Ansätze bis heute nicht fähig sind.</span></span><br />
<br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span lang="de" style="mso-ansi-language: #0007; mso-bidi-font-family: Calibri;"><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2014/03/die-beobachtung-der-beobachtung-32-die_8.html#anker012" id="fn012">[11]</a> Die
Psychologie bezeichnet dieses Phänomen als Projektion. Das bedeutet, das eigene
Erleben wird der Umwelt unterstellt – also anderen Menschen. Die realistische
Möglichkeit, die von einem Beobachter als allgemein gültige Tatsache gehalten
wird, ist dann zunächst nur in einem Fall real geworden – bei dem so
Beobachtenden selbst. Deswegen kann Gregory Bateson in Bezug auf die
Mitteilungen schizophrener Patienten davon ausgehen, dass es sich nicht um
Beschreibungen einer äußeren Wirklichkeit handelt, sondern um die
Beschreibungen der eigenen Erfahrung (vgl. Bateson 1981a, S.
262f.). Es darf vermutet werden, dass dies nicht nur auf Personen zutrifft, bei
denen eine Schizophrenie diagnostiziert wurde. Bei Schizophrenen fällt nur die
aufmerksamkeitsträchtige Form der Mitteilung stärker auf. Achtet man dagegen
auch auf die mitgeteilten Informationen, also das semantische Beobachtungsmuster,
sieht man erst, wie leicht es ist sich in einem <i style="mso-bidi-font-style: normal;">double bind</i> bzw. einer unhaltbaren Position zu verfangen. Bateson
war durch seine Forschungsarbeit zu der Annahme gelangt, dass man anhand des
Studiums der extremen Kommunikationsformen von Schizophrenen etwas über die
allgemeine Funktionsweise von Kommunikation lernen kann (vgl. Bateson 1981b).</span></span><br />
<br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span lang="de" style="mso-ansi-language: #0007; mso-bidi-font-family: Calibri;"><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2014/03/die-beobachtung-der-beobachtung-32-die_8.html#anker013" id="fn013">[12]</a> Zum Unterschied zwischen Kommunikations- und
Informationsbegriff, siehe</span></span><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span style="mso-bidi-font-family: Calibri;"> „<a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.de/2013/04/die-beobachtung-der-beobachtung.html">Die Beobachtung der Beobachtung</a>“</span></span><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span lang="de" style="mso-ansi-language: #0007; mso-bidi-font-family: Calibri;">. Darin wurde der
systemtheoretische Kommunikationsbegriff stärker gegen den Beobachtungsbegriff
differenziert. Da der Kommunikationsbegriff den Informationsbegriff beinhaltet,
wurde die damit erzeugte Paradoxie mit dem Begriff der Beobachtung im Anschluss
an Luhmann, Spencer-Brown und Bateson entfaltet. Damit wurde es zumindest innerhalb
des Rahmens der soziologischen Systemtheorie nach Luhmann möglich zwischen
Kommunikationstheorie und Informationstheorie zu unterscheiden.</span><b style="mso-bidi-font-weight: normal;"><span lang="de" style="mso-ansi-language: #0007; mso-bidi-font-family: Calibri;"> </span></b></span><br />
<br />
<br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><b style="mso-bidi-font-weight: normal;"><span lang="de" style="mso-ansi-language: #0007; mso-bidi-font-family: Calibri;">Literatur</span></b><i style="mso-bidi-font-style: normal;"><span lang="de" style="mso-ansi-language: #0007; mso-bidi-font-family: Calibri;"> </span></i></span><br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><i style="mso-bidi-font-style: normal;"><span lang="de" style="mso-ansi-language: #0007; mso-bidi-font-family: Calibri;">Baecker, Dirk</span></i><span lang="de" style="mso-ansi-language: #0007; mso-bidi-font-family: Calibri;"> (2005):
Form und Formen der Kommunikation. 3. Auflage Suhrkamp Verlag Frankfurt am Main</span><i style="mso-bidi-font-style: normal;"><span style="mso-bidi-font-family: Calibri;"> </span></i></span><br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><i style="mso-bidi-font-style: normal;"><span style="mso-bidi-font-family: Calibri;">Baecker, Dirk (2013): </span></i><span style="mso-bidi-font-family: Calibri;">Beobachter unter sich. Eine Kulturtheorie.
Suhrkamp Verlag Berlin</span><i style="mso-bidi-font-style: normal;"><span style="mso-bidi-font-family: Calibri;"> </span></i></span><br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><i style="mso-bidi-font-style: normal;"><span style="mso-bidi-font-family: Calibri;">Bateson, Gregory</span></i><span style="mso-bidi-font-family: Calibri;"> (1981a): Epidemiologie einer
Schizophrenie. In ders: Ökologie des Geistes. Anthropologische, psychologische,
biologische und epistemologische Perspektiven. Suhrkamp Verlag Frankfurt am
Main. S. 262 – 269</span><i style="mso-bidi-font-style: normal;"><span style="mso-bidi-font-family: Calibri;"> </span></i></span><br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><i style="mso-bidi-font-style: normal;"><span style="mso-bidi-font-family: Calibri;">Bateson, Gregory</span></i><span style="mso-bidi-font-family: Calibri;"> (1981b): Vorstudien zu einer Theorie der
Schizophrenie. In ders: Ökologie des Geistes. Anthropologische, psychologische,
biologische und epistemologische Perspektiven. Suhrkamp Verlag Frankfurt am
Main. S. 270 – 301</span><i style="mso-bidi-font-style: normal;"><span style="mso-bidi-font-family: Calibri;"> </span></i></span><br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><i style="mso-bidi-font-style: normal;"><span style="mso-bidi-font-family: Calibri;">Foucault, Michel </span></i><span style="mso-bidi-font-family: Calibri;">(1968): Psychologie und Geisteskrankheit.
15. Auflage Suhrkamp Verlag Frankfurt am Main</span><i style="mso-bidi-font-style: normal;"><span style="mso-bidi-font-family: Calibri;"> </span></i></span><br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><i style="mso-bidi-font-style: normal;"><span style="mso-bidi-font-family: Calibri;">Foucault, Michel</span></i><span style="mso-bidi-font-family: Calibri;"> (1969): Wahnsinn und Gesellschaft.
Suhrkamp Verlag Frankfurt am Main</span><i style="mso-bidi-font-style: normal;"><span style="mso-bidi-font-family: Calibri;"> </span></i></span><br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><i style="mso-bidi-font-style: normal;"><span style="mso-bidi-font-family: Calibri;">Foucault, Michel </span></i><span style="mso-bidi-font-family: Calibri;">(1976): Überwachen und Strafen. Die Geburt
des Gefängnisses. Suhrkamp Verlag Frankfurt am Main</span><i style="mso-bidi-font-style: normal;"><span style="mso-bidi-font-family: Calibri;"> </span></i></span><br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><i style="mso-bidi-font-style: normal;"><span style="mso-bidi-font-family: Calibri;">Goffman, Erving</span></i><span style="mso-bidi-font-family: Calibri;"> (1971a): Techniken der Imagepflege. In
ders.: Interaktionsrituale. Über Verhalten in direkter Kommunikation. Suhrkamp
Verlag Frankfurt am Main. S. 10 - 53</span><i style="mso-bidi-font-style: normal;"><span style="mso-bidi-font-family: Calibri;"> </span></i></span><br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><i style="mso-bidi-font-style: normal;"><span style="mso-bidi-font-family: Calibri;">Goffman, Erving</span></i><span style="mso-bidi-font-family: Calibri;"> (1971b): Entfremdung in der Interaktion.
In ders.: Interaktionsrituale. Über Verhalten in direkter Kommunikation.
Suhrkamp Verlag Frankfurt am Main. S. 124 - 150</span><i style="mso-bidi-font-style: normal;"><span style="mso-bidi-font-family: Calibri;"> </span></i></span><br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><i style="mso-bidi-font-style: normal;"><span style="mso-bidi-font-family: Calibri;">Karafillidis, Athanasios</span></i><span style="mso-bidi-font-family: Calibri;"> (2010): Soziale Formen. Fortführung eines
soziologischen Programms. transcript Verlag Bielefeld</span><i style="mso-bidi-font-style: normal;"><span style="mso-bidi-font-family: Calibri;"> </span></i></span><br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><i style="mso-bidi-font-style: normal;"><span style="mso-bidi-font-family: Calibri;">Laing, Ronald D.</span></i><span style="mso-bidi-font-family: Calibri;"> (1972): Das geteilte Selbst. Eine
existentielle Studie über geistige Gesundheit und Wahnsinn. Rowohlt Taschenbuch
Verlag Reinbek bei Hamburg</span><i><span style="mso-bidi-font-family: Calibri;"> </span></i></span><br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><i><span style="mso-bidi-font-family: Calibri;">Laing,
Ronald D.</span></i><span style="mso-bidi-font-family: Calibri;"> (1973): Das
Selbst und die Anderen. Rowohlt Taschenbuch Verlag Reinbek bei Hamburg</span><i style="mso-bidi-font-style: normal;"><span style="mso-bidi-font-family: Calibri;"> </span></i></span><br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><i style="mso-bidi-font-style: normal;"><span style="mso-bidi-font-family: Calibri;">Latour, Bruno</span></i><span style="mso-bidi-font-family: Calibri;"> (2008): Wir sind nie modern gewesen.
Versuch einer symmetrischen Anthropologie. Suhrkamp Verlag Frankfurt am Main</span><i style="mso-bidi-font-style: normal;"><span style="mso-bidi-font-family: Calibri;"> </span></i></span><br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><i style="mso-bidi-font-style: normal;"><span style="mso-bidi-font-family: Calibri;">Latour, Bruno</span></i><span style="mso-bidi-font-family: Calibri;"> (2010): Eine neue Soziologie für eine
neue Gesellschaft. Suhrkamp Verlag Frankfurt am Main</span><i style="mso-bidi-font-style: normal;"><span style="mso-bidi-font-family: Calibri;"> </span></i></span><br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><i style="mso-bidi-font-style: normal;"><span style="mso-bidi-font-family: Calibri;">Luhmann, Niklas</span></i><span style="mso-bidi-font-family: Calibri;"> (1983): Legitimation durch Verfahren.
Suhrkamp Verlag Frankfurt am Main</span><i><span style="mso-bidi-font-family: Calibri;"> </span></i></span><br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><i><span style="mso-bidi-font-family: Calibri;">Luhmann,
Niklas</span></i><span style="mso-bidi-font-family: Calibri;"> (1984): Soziale
Systeme. Grundriß einer allgemeinen Theorie. Suhrkamp Verlag Frankfurt am Main</span><i><span style="mso-bidi-font-family: Calibri;"> </span></i></span><br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><i><span style="mso-bidi-font-family: Calibri;">Luhmann,
Niklas</span></i><span style="mso-bidi-font-family: Calibri; mso-bidi-font-style: italic;"> (1990): Die Wissenschaft der Gesellschaft. Suhrkamp Verlag Frankfurt
am Main</span><i><span style="mso-bidi-font-family: Calibri;"> </span></i></span><br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><i><span style="mso-bidi-font-family: Calibri;">Luhmann,
Niklas</span></i><span style="mso-bidi-font-family: Calibri; mso-bidi-font-style: italic;"> (1991): Sthenographie und Euryalistik. In: Gumbrecht, Hans
Ulrich/Pfeiffer, K. Ludwig (Hrsg.): Paradoxien, Dissonanzen und
Sinnzusammenbrüche. Suhrkamp Verlag Frankfurt am Main. S. 58 – 82</span><i style="mso-bidi-font-style: normal;"><span style="mso-bidi-font-family: Calibri;"> </span></i></span><br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><i style="mso-bidi-font-style: normal;"><span style="mso-bidi-font-family: Calibri;">Luhmann, Niklas</span></i><span style="mso-bidi-font-family: Calibri;"> (1997): Die Gesellschaft der
Gesellschaft. Suhrkamp Verlag Frankfurt am Main</span><i style="mso-bidi-font-style: normal;"><span style="mso-bidi-font-family: Calibri;"> </span></i></span><br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><i style="mso-bidi-font-style: normal;"><span style="mso-bidi-font-family: Calibri;">Luhmann, Niklas</span></i><span style="mso-bidi-font-family: Calibri;"> (2000): Die Politik der Gesellschaft.
Suhrkamp Verlag Frankfurt am Main</span><i style="mso-bidi-font-style: normal;"><span style="mso-bidi-font-family: Calibri;"> </span></i></span><br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><i style="mso-bidi-font-style: normal;"><span style="mso-bidi-font-family: Calibri;">Luhmann, Niklas</span></i><span style="mso-bidi-font-family: Calibri;"> (2003): Macht. 3. Auflage Lucius &
Lucius Verlagsgesellschaft Hamburg</span></span><br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span style="mso-bidi-font-family: Calibri;"><i>Luhmann,
Niklas</i> (2005a): Reflexive Mechanismen. In ders.: Soziologische Aufklärung 1.
Aufsätze zur Theorie sozialer Systeme. 7. Auflage VS Verlag für
Sozialwissenschaften Wiesbaden. S. 116 – 142</span><i style="mso-bidi-font-style: normal;"><span style="mso-bidi-font-family: Calibri;"> </span></i></span><br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><i style="mso-bidi-font-style: normal;"><span style="mso-bidi-font-family: Calibri;">Luhmann, Niklas</span></i><span style="mso-bidi-font-family: Calibri;"> (2005b): Einführende Bemerkungen zu einer
Theorie symbolisch generalisierter Kommunikationsmedien. In: ders:
Soziologische Aufklärung 2. Aufsätze zur Theorie der Gesellschaft. 5.
Auflage</span></span><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span style="mso-bidi-font-family: Calibri;"><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span style="mso-bidi-font-family: Calibri;"> VS Verlag
für Sozialwissenschaften Wiesbaden</span></span>. S. 212 – 240</span><i><span style="mso-bidi-font-family: Calibri;"> </span></i></span><br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><i><span style="mso-bidi-font-family: Calibri;">Luhmann,
Niklas</span></i><span style="mso-bidi-font-family: Calibri;"> (2005c): Über die
Funktion der Negation in sinnkonstituierenden Systemen. In ders: Soziologische
Aufklärung 3. Soziales System, Gesellschaft, Organisation. 2. Auflage VS Verlag
für Sozialwissenschaften Wiesbaden, S. 41 – 57</span><i style="mso-bidi-font-style: normal;"><span style="mso-bidi-font-family: Calibri;"> </span></i></span><br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><i style="mso-bidi-font-style: normal;"><span style="mso-bidi-font-family: Calibri;">Maturana, Humberto R./Varela, Francisco J.</span></i><span style="mso-bidi-font-family: Calibri;"> (2012): Der Baum der Erkenntnis. Die
biologischen Wurzeln des menschlichen Erkennens. 5. Auflage S. Fischer Verlag
Frankfurt am Main</span><i><span style="mso-bidi-font-family: Calibri;"> </span></i></span><br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><i><span style="mso-bidi-font-family: Calibri;">Ruesch,
Jürgen/Bateson, Gregory</span></i><span style="mso-bidi-font-family: Calibri;">
(2012): Kommunikation. Die soziale Matrix der Psychiatrie. 2. korrigierte
Auflage Carl-Auer-Systeme Verlag Heidelberg</span><i style="mso-bidi-font-style: normal;"><span style="mso-bidi-font-family: Calibri;"> </span></i></span><br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><i style="mso-bidi-font-style: normal;"><span style="mso-bidi-font-family: Calibri;">Spencer Brown, George</span></i><span style="mso-bidi-font-family: Calibri;"> (1997): Laws Of Form. Gesetze der Form.
Bohmeier Verlag Lübeck</span><i style="mso-bidi-font-style: normal;"><span style="mso-bidi-font-family: Calibri;"> </span></i></span><br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><i style="mso-bidi-font-style: normal;"><span style="mso-bidi-font-family: Calibri;">Spitz, René A.</span></i><span style="mso-bidi-font-family: Calibri;"> (1978): Nein und Ja. Die Ursprünge der
menschlichen Kommunikation. Klett-Cotta Stuttgart</span><i style="mso-bidi-font-style: normal;"><span style="mso-bidi-font-family: Calibri;"> </span></i></span><br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><i style="mso-bidi-font-style: normal;"><span style="mso-bidi-font-family: Calibri;">Szasz, Thomas</span></i><span style="mso-bidi-font-family: Calibri;"> (2013): Geisteskrankheit – ein moderner
Mythos. Grundlagen einer Theorie des persönlichen Verhaltens. Aktualisierte und
erweiterte Ausgabe Carl-Auer-Systeme Verlag Heidelberg</span><i style="mso-bidi-font-style: normal;"><span style="mso-bidi-font-family: Calibri;"> </span></i></span><br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><i style="mso-bidi-font-style: normal;"><span style="mso-bidi-font-family: Calibri;">Varela, Francisco J.</span></i><span style="mso-bidi-font-family: Calibri;"> (1997): Erkenntnis und Leben. In: Simon,
Fritz B. (Hrsg.): Lebende Systeme. Wirklichkeitskonstruktionen in der
Systemischen Therapie. Suhrkamp Verlag Frankfurt am Main. S. 52 – 68</span><i style="mso-bidi-font-style: normal;"><span style="mso-bidi-font-family: Calibri;"> </span></i></span><br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><i style="mso-bidi-font-style: normal;"><span style="mso-bidi-font-family: Calibri;">von Foerster, Heinz</span></i><span style="mso-bidi-font-family: Calibri;"> (1997): Abbau und Aufbau. In: Simon,
Fritz B. (Hrsg.): Lebende Systeme. Wirklichkeitskonstruktionen in der
Systemischen Therapie. Suhrkamp Verlag Frankfurt am Main. S. 32 - 51</span></span></div>
Beobachter der Modernehttp://www.blogger.com/profile/07362668989286039861noreply@blogger.com5tag:blogger.com,1999:blog-6126280343808346420.post-35624918783379929672013-11-28T19:07:00.000+01:002016-01-10T11:40:48.018+01:00Die Beobachtung der Beobachtung 3.1 – Funktionale Differenzierung<!--[if gte mso 9]><xml>
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<br />
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">In den ersten beiden Teilen der
Reihe „Die Beobachtung der Beobachtung“ wurde der Beobachtungsbegriff, wie er
von Niklas Luhmann ab seinem ersten Hauptwerk „Soziale Systeme“ (1984)
entwickelt wurde, weiter präzisiert. Ausgangspunkt war die Annahme, dass der
Kommunikationsbegriff und der Beobachtungsbegriff <a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/11/die-beobachtung-der-beobachtung-31.html#fn001" id="anker001">[1]</a> innerhalb von Luhmanns
Systemtheorie stärker gegeneinander differenziert und integriert werden müssen,
denn die theoretische Beziehung der beiden Begriffe zueinander war noch zu
diffus. Diese Unklarheit ist allerdings nur ein Symptom und verweist auf die
grundlegendere, theoretische Beziehung zwischen psychischen und sozialen
Systemen. Frühere Ansätze unterschieden hier noch zwischen intrapersonaler und
interpersonaler Kommunikation (vgl. Ruesch/Bateson 2012). Luhmann reservierte
den Kommunikationsbegriff aber für die Operationen sozialer Systeme, also für interpersonale Kommunikation. Somit
können die Operationen psychischer Systeme nicht als Kommunikation bezeichnet
werden. Um diese Kluft überbrücken zu können, entwickelte Luhmann den Begriff
der <i>Beobachtung</i> <a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/11/die-beobachtung-der-beobachtung-31.html#fn002" id="anker002">[2]</a>. Dieser schloss
an die „Laws Of Form“ (1997) von George Spencer-Brown an. Spencer-Brown
entwickelte die „Laws Of Form“ aus zwei Annahmen, die er als gegeben
voraussetzt: die Idee der <i>Bezeichnung</i>
und der Idee der <i>Unterscheidung</i>. Das,
was Spencer-Brown als <i>Form</i>
bezeichnet, ist die Einheit von Unterscheidung und Bezeichnung. Demnach, kann
man nichts bezeichnen ohne eine Unterscheidung zu treffen. Deswegen beginnt
Spencer-Brown die Entfaltung der „Laws Of Form“ mit der Anweisung: triff eine
Unterscheidung! Jede Unterscheidung besteht allerdings aus zwei Seiten. Eine
Bezeichnung muss sich von etwas unterscheiden. Das ist immer die andere Seite
der Unterscheidung, die auch immer eine Bezeichnung ist. Operativ kann immer
nur eine Seite der Unterscheidung realisiert werden. Trotzdem ist die andere
Seite imaginär mit appräsentiert. Luhmann bezeichnet dann die Aktion eine
Unterscheidung zu treffen, um etwas zu bezeichnen, als Beobachtungsoperation. Da
man aber nicht zwei Bezeichnungen auf einmal realisieren kann, sondern nur
nacheinander, ist Zeit notwendig, um die andere Seite der Unterscheidung zu
bezeichnen. Unterscheidungen sind daher nichts Statisches. Sie können nur
temporalisiert gedacht werden. Beobachten vollzieht sich als Oszillieren
zwischen den beiden Seiten der Unterscheidung.</span></span><br />
<a name='more'></a><br />
<br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Wenn sowohl soziale als auch
psychische Systeme beobachten, aber nur soziale Systeme kommunizieren, ist hier
eine Klärung notwendig, worin sich Beobachtung und Kommunikation unterscheiden.
Als Lösung wurde vorgeschlagen den Beobachtungsbegriff gegenüber dem
Kommunikationsbegriff, wie Luhmann es immer so schön nannte, tiefer zu legen. D.
h. der Beobachtungsbegriff wird gegenüber dem Kommunikationsbegriff stärker
generalisiert, um ihm eine größere theoretische Reichweite als dem
Kommunikationsbegriff zu geben. Dies gelang durch die Beschreibung der
Zwei-Seiten-Form der Unterscheidung mit Hilfe des Informationsbegriffs von
Gregory Bateson. Nach Bateson ist eine <i>Information</i>
„<i>ein Unterschied, der einen Unterschied
macht</i>“ (1982, S. 123). Wenn eine Unterscheidung aus zwei Bezeichnungen
besteht, dann ist eine Information eine Bezeichnung, die einen Unterschied
macht. Der Unterschied in den Operationen zwischen psychischen und sozialen
Systemen liegt dann darin, dass psychische Systeme bei ihrer Selbstbeobachtung
nicht zwischen Mitteilung, Information und Verstehen unterscheiden müssen,
sondern nur zwischen Informationen. Beobachtung als basale Selbstreferenz psychischer
Systeme kann sich ohne die Unterscheidung von mitteilenden
Kommunikationspartnern realisieren.
Beobachtung als basale Selbstreferenz sozialer Systeme kann sich dagegen
nicht realisieren ohne eine Unterscheidung von verschiedenen
Kommunikationspartnern.</span></span><br />
<br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Wenn es also einen Unterschied
zwischen den Operationen psychischer und sozialer Systeme gibt, impliziert dies
auch, dass beide Systemarten füreinander operativ unerreichbar sind. Weder
können psychische Systeme in das Operieren sozialer Systeme eingreifen noch
können soziale Systeme in das Operieren psychischer Systeme eingreifen. Sie
können sich nur wechselseitig beobachten und irritieren. Die Tatsache <i>operativer Geschlossenheit</i> von Systemen
schließt das Problem mit ein, dass auch psychische Systeme füreinander operativ
unerreichbar sind. Psychische Systeme, mithin Menschen, sind damit
wechselseitig füreinander intransparent. Sie können nicht direkt beobachten,
wie der Kommunikationspartner beobachtet. Dadurch sind Menschen gezwungen sich
durch Äußerungen, wie Gesten oder Sprache, ihren Kommunikationspartnern
mitzuteilen. <i>Kommunikation</i> wird damit
zur <i>Lösung eines menschlichen Problems</i>.
Über die Operation der Beobachtung sind Menschen und soziale Systeme <i>strukturell gekoppelt</i>. Durch
Unterscheiden, um etwas zu bezeichnen, wird psychische Aufmerksamkeit von
Moment zu Moment auf etwas fokussiert. <i>Komplexitätsreduktion</i>
als Absorption von Unsicherheit erfolgt demnach durch <i>Aufmerksamkeitsfokussierung</i>. Psychische Systeme kanalisieren auf
diese Weise Kognition und Emotion. Soziale Systeme können zwar nicht ihre
Aufmerksamkeit fokussieren. Dennoch besteht ihre Funktion darin, Angebote
bereit zu stellen, worauf Menschen ihre Aufmerksamkeit wie fokussieren und
lenken lassen können. Sowohl für Menschen als auch für soziale Systeme erfüllt
die Beobachtungsoperation damit dieselbe Funktion, nämlich die Reduktion von
Komplexität, welche aus einem Überangebot an Möglichkeiten für Aufmerksamkeitsfokussierung
besteht.</span></span><br />
<br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">In den ersten beiden Teilen wurde
der Beobachtungsbegriff <i>sachlich</i> und <i>sozial</i> entfaltet. <a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.de/2013/04/die-beobachtung-der-beobachtung.html">Bei
der sachlichen Entfaltung</a> wurde gezeigt, dass die Operation der Beobachtung
paradox konstituiert ist. Auf diese <i>Paradoxie
der Form</i> (vgl. Luhmann 1993) stößt man immer dann, wenn man versucht eine
Unterscheidung mit sich selbst zu beobachten. <i>Paradoxien</i> werden damit zu <i>nicht-eliminierbaren
Identitätsproblemen </i>(vgl. Luhmann 1987, S. 163). Bei der Selbstbeobachtung
stößt man also auf spezifische Informationsprobleme, weil Paradoxien – und
Tautologien als spezieller Form von Paradoxien – das Unterscheiden blockieren.
Man ist entweder mit <i>unendlich vielen
Informationen</i> oder mit gar <i>keinen
Informationen</i> konfrontiert. In beiden Fällen ist es nicht mehr möglich
seine Aufmerksamkeit auf etwas zu konzentrieren. Bei der Paradoxie der Form hat
man es also mit einem <i>erkenntnistheoretischen
Problem</i> bzw. einem <i>Kognitionsproblem</i>
zu tun. Die Operationen sozialer Systeme bilden nur ein Beobachtungsangebot
verbunden mit der Erwartung diesen Operationen zu folgen und die präsentierten
Informationen nachzuvollziehen. Ob in einem Beobachtungsangebot auch Paradoxien
oder Tautologien eingebaut sind, spielt für soziale Systeme keine Rolle, denn
sie lenken nur die Aufmerksamkeit. Solche Paradoxien oder Tautologien stellen
jedoch für psychische Systeme unter Umständen erhebliche Irritationen dar, die
sich in emotionalem Stress bemerkbar machen können. Zu viele Informationen
überfordern psychische Informationsverarbeitung, keine Informationen
unterfordert sie. In beiden Fällen kann die Aufmerksamkeit nicht mehr
fokussiert werden. </span></span><br />
<br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.de/2013/06/die-beobachtung-der-beobachtung-2.html">Bei
der sozialen Entfaltung des Beobachtungsbegriffs</a> wurde gezeigt, dass das <i>Bewusstsein über die wechselseitige
Beobachtbarkeit</i> auch spezifisch psychologische Probleme mit sich bringt. Ein
soziales System konstituiert sich erst, wenn sich die Beteiligten darüber
bewusst sind, dass sie sich gegenseitig beobachten. Erst unter dieser
Voraussetzung entsteht ein gemeinsamer Sinnkontext in dem sich Handlungen
isolieren lassen und auf Personen zugerechnet werden können. Reflexivität wird
damit zwar nicht zur zwingenden Voraussetzung, um an Kommunikation teilnehmen
zu können. Bei einer Kommunikationsteilnahme ohne das Bewusstsein um die eigene
Beobachtbarkeit durch den Kommunikationspartner, handelt es sich dann für den
Kommunikationspartner bloß um Verhalten. Ohne ein Bewusstsein um die eigene
Beobachtbarkeit riskiert man daher entweder ein falsches Image oder gar kein
Image in einer Situation aufzubauen (vgl. Goffman 1986, S. 13). Aufgrund der
operativen Geschlossenheit und wechselseitigen Intransparenz psychischer
Systeme werden Menschen mit der <i>Unsicherheit</i>
konfrontiert, dass sie zunächst <i>nicht
wissen, wie sie vom Kommunikationspartner gesehen bzw. beobachtet werden</i>.</span></span><br />
<br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Dieses Problem kann auch nur
durch Kommunikation gelöst werden, indem bestimmte, situationsrelevante
Informationen über sich selbst preisgegeben bzw. mitgeteilt werden. Auf diese
Weise gelingt es den Kommunikationspartnern mit Hilfe von Kommunikation eine
gemeinsam geteilte Welt zu konstruieren. Die Kommunikationspartner werden
aufgrund der wechselseitigen Beobachtbarkeit als Personen Teil dieser gemeinsam
geteilten Welt. Obwohl jeder Kommunikationspartner bestimmte Informationen über
sich mitteilt, haben sie jeweils <i>keine
Kontrolle</i> darüber, wie der Kommunikationspartner diese Informationen
beobachten wird bzw. wie man in den Augen des anderen als Person erscheint. Es
gibt nun zwei Möglichkeiten mit diesem Problem umzugehen. Man kann die eigene <i>Beobachtbarkeit als Gefahr</i> betrachten,
wenn man die Befürchtung hegt, dass man in den Augen des Anderen nicht so
erscheint, wie man sich gerne selbst sieht. Oder man kann die eigene <i>Beobachtbarkeit als Risiko</i> betrachten,
wenn man in der Preisgabe persönlicher Informationen die Chance sieht so zu
erscheinen, wie man sich selbst gerne sieht. Ob man eher zu der ersten oder
eher zu der zweiten Einstellung neigt, hängt davon ab, über welche Kriterien
man verfügt, um den Erfolg oder Misserfolg der eigenen Selbstdarstellung zu
beobachten. Davon hängt weiterhin die positive oder negative <i>emotionale Rückkopplung</i> in Bezug auf das
eigene Image ab (vgl. Goffman 1986, S. 11). <i>Positive
Selbst-Erfahrung</i> stärkt die Fähigkeit zur Aufmerksamkeitskonzentration,
Gedächtnisbildung und Sinnverarbeitung. <i>Negative
Selbst-Erfahrung</i> beeinträchtigt dagegen die Fähigkeit zur
Aufmerksamkeitskonzentration, Gedächtnisbildung und Sinnverarbeitung. Menschen
werden demzufolge nach Gelegenheiten streben mit Menschen in Kontakt zu treten,
von denen sie erwarten, so gesehen zu werden, wie sie sich selbst sehen.
Entsprechend werden sie Gelegenheiten versuchen zu vermeiden mit Menschen in
Kontakt zu treten, von denen sie erwarten, nicht so gesehen zu werden, wie sie
sich selbst sehen. Die dadurch ausgelöste interpersonale Anziehung oder
Abstoßung im Rahmen von sozialen Beziehungen kann entweder soziale <i>Inklusions- oder Exklusionsprozesse</i> anstoßen
<a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/11/die-beobachtung-der-beobachtung-31.html#fn003" id="anker003">[3]</a>.</span></span><br />
<br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Die soziale Entfaltung des
Beobachtungsbegriffs bewegte sich also auf einer sozialpsychologischen Ebene.
Da sich die Beobachtung, wie man von einer anderen Person beobachtet wird, auch
durch unterscheidendes Bezeichnen bzw. Aufmerksamkeitsfokussierung vollzieht,
stehen die erkenntnistheoretische Ebene und die sozialpsychologische Ebene in
einer unmittelbaren Beziehung zueinander. Die sachliche und soziale Entfaltung
des Beobachtungsbegriffs erfolgte noch unabhängig von einer funktionalen
Spezifizierung von Kommunikationsoperationen. Der eröffnete theoretische
Kontext ist daher noch in der allgemeinen Theorie sozialer Systeme angesiedelt
und bezieht sich daher auf alle Kommunikationsprozesse. Nun gilt es
herauszuarbeiten, wie sich funktionale Differenzierung in diesen theoretischen
Kontext einfügt. Dass bisher nicht auf die <i>zeitliche
Entfaltung</i> des Beobachtungsbegriffs eingegangen wurde, hat den Grund, dass
sich der Umgang mit den beschriebenen Problemen historisch und kulturell
kontingent vollzogen hat. Es gab und gibt also funktional äquivalente
Möglichkeiten das menschliche Problem wechselseitiger Intransparenz zu lösen.
Hinzu kommt, dass Kommunikation als Lösung für die wechselseitige Intransparenz
psychischer Systeme sich selbst vor neue Probleme stellt. An diesem Punkt setzt
<i>soziale Differenzierung</i> in Form der <i>Evolution</i> von Kommunikation bzw.
Gesellschaft ein. Geht man davon aus, dass Gesellschaft die Gesamtheit der
stattfindenden Kommunikationen bezeichnet und Gesellschaft das umfassende
System ist, in dessen Umwelt es kein vergleichbares System gibt, dann bedeutet
Differenzierung <i>Systembildung im System</i>.
Differenzierung bezeichnet damit die zeitliche Entfaltung der Beobachtung.</span></span><br />
<br />
<br />
<div style="text-align: center;">
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">I.</span></span></div>
<br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Eine der Implikationen, die sich
aus der operativen Geschlossenheit beobachtender Systeme ergibt, ist, dass die
Systeme durch ihre Operationen keinen direkten Umweltkontakt haben. Sie
operieren immer nur im eigenen Netzwerk rekursiver Unterscheidungsarrangements.
Die Identität eines Sachverhalts kann daher nur durch die Relationen bestimmter
Unterscheidungen zueinander bestimmt und stabil gehalten werden. Wenn
Beobachten immer ein Prozess ist, dann kann ein Identitätskondensat nur durch
Dynamik stabil gehalten werden. Ein Ereignis in der Umwelt eines beobachtenden
Systems kann das beobachtende System außerdem <i>nur irritieren</i>, aber <i>niemals von
außen determinieren</i>. Wie dieses Ereignis für das beobachtende System seinen
Sinn gewinnt, hängt von den Unterscheidungen ab, mit denen das System seine
Umwelt beobachtet. Auch hier gibt es funktional äquivalente Möglichkeiten mit
unterschiedlichen Unterscheidungsarrangements zu ähnlichen Beobachtungsergebnissen
zu kommen. Da jedoch Menschen ihre Umwelt jeweils vor dem Kontext des eigenen
Selbstverständnisses beobachten, gibt es keine Möglichkeit, dass
unterschiedliche menschliche Beobachter zu identischen Beobachtungsergebnissen
kommen können. <i>Die Beobachterstandpunkte
der beteiligten Menschen sind nicht aufeinander reduzierbar.</i> Ihre
Verschiedenheit wird durch Kommunikation sogar noch verstärkt, präzisiert und
differenziert. Die Differenzen der Sozialdimension als Differenzen im
menschlichen Erleben werden zur Triebkraft für die Fortsetzung der
Kommunikation. Würden die Kommunikationspartner einen Sachverhalt auf die
gleiche Weise beobachten, wäre Kommunikation unnötig. Das psychische Erleben
der Beteiligten muss also durch die Teilnahme an Kommunikation divergieren
damit sie weitergeht.</span></span><br />
<br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Wenn das psychische Erleben der
beteiligten Menschen divergiert, wird die <i>Handlungskoordination</i>
mittels Kommunikation zu einem <i>Problem</i>.
Der Fortgang der Kommunikation allein kann noch nicht als Indikator für erfolgreiche
Kommunikation betrachtet werden. Die Annahme und die Ablehnung eines
Kommunikationsangebots sind gleich wahrscheinlich. So löst Kommunikation zwar
ein Problem in dem kurzzeitig Ordnung geschaffen wird. Diese kann aber genauso
schnell wieder zerfallen, wenn sich nicht bestimmte Regelmäßigkeiten
einspielen. So schafft Kommunikation als Lösung eines Problems <i>neue Probleme</i>, die jeweils in der <i>Annahme oder Ablehnung eines
Kommunikationsangebots</i> liegen. Wahlweise könnte man auch vom Erfolg oder
Misserfolg eines Kommunikationsangebots oder von der Lösung oder Verstärkung
des jeweiligen Problems sprechen. Da die Umwelt der Gesellschaft operativ
unerreichbar bleibt, wird Kommunikation auf sich selbst zurück verwiesen, was
nichts anderes bedeutet als dass sich Kommunikation selbst beobachten muss. <i>Nur über die Beobachtung der eigenen
Erfolgsbedingungen sind Steigerungsleistungen möglich</i>, die soziale
Strukturen entstehen lassen, welche die Annahmewahrscheinlichkeit zugunsten
bestimmter Kommunikationsangebote erhöhen. Gelingt dies, ist Kommunikation nicht
mehr nur auf Anwesenheit und persönliche Bekanntschaft als Erfolgsbedingung
angewiesen, wie dies noch in tribalen Stammesgesellschaften der Fall war.</span></span><br />
<br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Den <i>methodischen Ausgangspunkt</i> für die Beobachtung und Beschreibung von
sozialer Ordnungsbildung bildet die <i>soziale
Matrix</i> (vgl. Ruesch/Bateson 2012). Der Begriff soziale Matrix bezeichnet
eine Konstellation in der <i>mindestens zwei</i>
Menschen <i>physisch anwesend</i> sind, sich
<i>gegenseitig beobachten</i> und sich
dieser wechselseitigen Beobachtung auch <i>bewusst</i>
sind. Er bezeichnet, mit anderen Worten, das kleinste denkbare soziale System –
ein Interaktionssystem. Dass hier von der kleinsten sozialen Einheit, dem
Interaktionssystem, und nicht von der größten sozialen Einheit, dem
Gesellschaftssystem, ausgegangen wird, hat seinen Grund darin, dass sich das <i>Bezugsproblem jedes sozialen Systems</i>,
nämlich die <i>Handlungskoordination bei
divergentem psychischem Erleben</i>, am präzisesten formulieren lässt. Was bei
einer Theoriebildung, die von Interaktionssystemen absieht, nur als
Ordnungsproblem in den Blick kommt, transformiert sich bei der Deduktion auf
die kleinste soziale Einheit zu einem Koordinationsproblem. Als methodischer
Ausgangspunkt bietet die soziale Matrix mehrere Vorteile.</span></span><br />
<br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Als erstes wird auf diese Weise
der <i>empirische Bezug</i> der
soziologischen Systemtheorie deutlich. Soziale Systeme sind dann keine
abstrakten Entitäten mehr, die keinen Bezug zur Realität haben, sondern sie
sind konkrete Kommunikationsprozesse, an denen jeder Mensch durch seine
Teilnahme emotional und kognitiv beteiligt ist. <i>Über die eigene Beteiligung an Kommunikation wird die Wirklichkeit
sozialer Systeme erfahrbar.</i> Kommunikation besteht aus Angeboten seine
Aufmerksamkeit auf eine bestimmte Weise zu fokussieren. Spätestens wenn man ein
solches Angebot angenommen hat, wird die Wirklichkeit sozialer Systeme
erfahrbar, denn jedes Kommunikationsangebot ist eine Aufforderung die
angebotenen Unterscheidungen nachzuvollziehen, um das zu beobachten, was der
Kommunikationspartner beobachtet. Das bedeutet, dass die Wirklichkeit anderer
psychischer Systeme nur mit Hilfe von Kommunikation nachvollziehbar wird. Und
auch die Plausibilität des hier Dargestellten kann nur überprüft werden, wenn
der Leser bereit ist, mit den vorgestellten Unterscheidungen zu beobachten und
seine Aufmerksamkeit auf die vorgeschlagene Weise lenken zu lassen.</span></span><br />
<br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Zweitens bietet die Tatsache,
dass Kommunikation immer ein selektiver Prozess ist, der sich aus einem
Horizont doppelt kontingenter Handlungsmöglichkeiten der Beteiligten
realisiert, den Ansatzpunkt für eine <i>funktionale
Analyse</i>. Dabei steht der Aspekt der funktionalen Äquivalenz im Vordergrund.
Für ein Problem kann es verschiedene Lösungen geben. Wenn verschiedene Mittel
demselben Zweck dienen, dann besteht zwischen den Mitteln ein Verhältnis
funktionaler Äquivalenz. Alle diese Mittel können dieselbe Funktion erfüllen,
indem sie dasselbe Problem lösen. Dadurch wird zugleich ihre <i>Kontingenz</i> sichtbar. Es besteht keine
Notwendigkeit für die Lösung eines Problems zwingend ein bestimmtes Mittel zu
wählen. Es ist auch möglich ein anderes Mittel zur Lösung desselben Problems zu
wählen. Den Erkenntnisgewinn zieht eine funktionale Analyse aus dem Vergleich
der verschiedenen Lösungen unter dem Gesichtspunkt funktionaler Äquivalenz.</span></span><br />
<br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Ein dritter Vorteil von der sozialen
Matrix auszugehen, besteht darin, dass man sukzessiv zu immer größeren sozialen
Systemen voranschreiten kann, an denen immer mehr Menschen beteiligt sind.
Endpunkt ist die Weltgesellschaft als weltumspannendes Kommunikationssystem.
Dass die Verallgemeinerung bis zur Weltgesellschaft gerechtfertigt ist, lässt
sich auch unter einem funktionalen Gesichtspunkt verständlich machen. Schließlich
ist jeder Mensch von dem Problem der operativen Geschlossenheit seines
psychischen und organischen Systems betroffen und muss sich deswegen anderen
Menschen durch Äußerungen mitteilen. Der Weg von Interaktionssystemen über
Organisationssystemen zum umfassenden System der Gesellschaft ermöglicht ein
induktives Vorgehen, das vor allem bei der Untersuchung von Prozessen der
symbolischen Generalisierung von Sinngehalten relevant wird. Auf diesem Weg
wird auch deutlich, dass Anwesenheit keine Bedingung für die Reproduktion
sozialer Systeme ist. Spätestens seit dem Buchdruck ist auch eine Kommunikation
unter Abwesenden möglich. Das Kriterium der Anwesenheit dient daher nur dazu
das Problem zu präzisieren, für das Kommunikation die Lösung ist. Mit dem
Internet haben sich die Möglichkeiten zur Kommunikation unter Abwesenden massiv
vervielfältigt. Doch gerade mit der Kommunikation unter Abwesenden haben sich
Folgeprobleme ergeben, mit denen man bei der Kommunikation unter Anwesenden
nicht konfrontiert wird <a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/11/die-beobachtung-der-beobachtung-31.html#fn004" id="anker004">[4]</a>. Wenn es gelingt Prozesse symbolischer
Generalisierung bis hin zur Gesellschaftsebene nachzuzeichnen, lässt sich anschließend
deduktiv untersuchen, was bestimmte Semantiken als Ergebnisse symbolischer
Generalisierung in konkreten Situationen leisten.</span></span><br />
<br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Vor dem Hintergrund der hier
mehrmals geäußerten <a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.de/2013/02/das-unbehagen-der-systemtheorie.html">Kritik
der Menschenvergessenheit</a> aktueller soziologischer Theorien wird ein
vierter Vorteil dieser Vorgehensweise erkennbar. Die Fokussierung auf die soziale
Matrix als kleinste soziale Einheit ermöglicht es die strukturelle Kopplung
zwischen sozialen und psychischen Systemen stärker in den Blick zu nehmen. <i>Strukturelle Kopplung</i> bezeichnet ein <i>Verhältnis wechselseitiger Irritation und
Interpenetration</i>. Was hier unter einem Irritationsereignis verstanden wird,
wurde bereits weiter oben erläutert. Ob und wie ein System durch ein externes
Ereignis irritiert wird, hängt von der Systemstruktur bzw. dem
Unterscheidungsnetzwerk ab, mit dem beobachtet wird. Daran schließt sich die
Frage an, wie es dem System gelingt durch das eigene Operieren Komplexität so
zu reduzieren, dass zugleich systemeigene Komplexität zur Konstruktion der
relevanten Umwelt aufgebaut wird. Da die Operationen beider Systemtypen
Beobachtungen sind und die Systeme sich wechselseitig beobachten, wird der <i>Prozess der wechselseitigen Konstruktion der
relevanten Systeme</i> in der Umwelt als <i>Interpenetration</i>
bezeichnet. Für die Untersuchung dieser Prozesse wird man allerdings auf die
Beobachtung sozialer Systeme verwiesen, da die Intransparenz psychischer
Systeme keine direkte Beobachtung erlaubt. Somit geht es darum zu untersuchen,
wie Kommunikation durch die Organisation<i> </i>ihrer
Operationen die Differenz von System und Umwelt handhabt und wie sich umgekehrt
die psychische Organisation der Differenz von System und Umwelt in der
Kommunikation ausdrückt. Das Ziel ist es zu untersuchen, <i>wie soziale und psychische Systeme trotz ihrer operativen
Geschlossenheit ihre informationelle Offenheit wechselseitig füreinander durch
die Formen der verwendeten Aufmerksamkeitsfokussierung erhöhen oder verringern.</i> </span></span><br />
<br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Im Rahmen der Theorie
beobachtender Systeme werden auch <i>Menschen
als Beobachter </i>begriffen. Menschen sind aber im Gegensatz zu sozialen
Systemen in der Lage sowohl über die <i>Wahrnehmung
</i>als auch über das <i>bewusste
Unterscheiden und Bezeichnen</i> Informationen über ihre Umwelt zu gewinnen.
Begreift man Beobachten als Aufmerksamkeitsfokussierung, dann kann man auch die
menschliche Wahrnehmung als eine Form von Beobachtung betrachten. Wahrnehmung
reduziert die Komplexität der eingehenden Sinneseindrücke. Die Leistung der
Wahrnehmung besteht deswegen vorwiegend im Unterdrücken von Irritationen <a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/11/die-beobachtung-der-beobachtung-31.html#fn005" id="anker005">[5]</a>.
Wahrnehmung kann nicht als passives Erleiden von Sinneseindrücken verstanden
werden, sondern als <i>aktiver Prozess</i>
der Fokussierung der Aufmerksamkeit. Will man den Prozess der Kommunikation untersuchen,
gilt es deshalb zu beachten, dass die beteiligten Menschen immer beides sind <i>Beobachter und Beobachteter</i>, die ihr
jeweiliges Erleben und Handeln auf ein gemeinsames Zentrum der Aufmerksamkeit
ausrichten. Das gemeinsame Zentrum der Aufmerksamkeit kann im Grunde alles
sein, was die Beteiligung von mindestens zwei Menschen erfordert. Das zwischen
den Anwesenden sich entwickelnde Wechselspiel der Handlungsbeiträge in Bezug
auf dieses gemeinsame Zentrum bildet den kontinuierlichen Fluss dieses sozialen
Systems. Analytisch fungieren die Bezeichnungen „Erleben“ und „Handeln“ als
Formen der Zuschreibung, die sich entweder auf psychische Systeme (Erleben)
oder auf soziale Systeme (Handeln) beziehen (vgl. Luhmann 2005, S. 82). Das
Erleben – wahlweise wird im Folgenden auch von Erfahrung gesprochen – eines
Menschen kann allerdings nur über sein Verhalten erschlossen werden. Verhalten
bezeichnet sowohl die bewusst ausgeführten Handlungen als auch die
unwillkürliche Mimik und Gestik der Kommunikationspartner, also die Gesamtheit des
beobachtbaren Informationsflusses. Die eigene Mimik und Gestik ist zwar für den
Handelnden nicht beobachtbar, dafür aber vom erlebenden Kommunikationspartner.
Auch die auf diese Weise gewonnen Informationen können das kommende Handeln des
noch erlebenden Kommunikationspartners beeinflussen. Doch im Bewusstsein Teil
einer gemeinsam geteilten Welt zu sein, werden beide Kommunikationspartner früher
oder später auch darum bemüht sein ihre Körpersprache zu kontrollieren, um
keine nachteiligen Informationen über sich preiszugeben.</span></span><br />
<br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Wenn die soziale Konstruktion
einer gemeinsamen Welt, die den Fokus des gemeinsamen Erlebens und Handelns
bildet, nur aus dem Verhaltensstrom verstehbar wird, der zwischen den Menschen
abläuft, dann kann das <i>Grundelement
soziologischer Aufmerksamkeit</i> nicht die Handlung eines einzelnen Menschen
sein. Vielmehr gilt es das, was die Beteiligten aus dem Verhaltensstrom als
Handlungen isolieren und für den weiteren Fortgang der Kommunikation als
relevant markieren, unter einem gemeinsamen Sinnkontext zu analysieren. <i>Die kleinstmögliche Handlungssequenz</i>
besteht daher aus <i>mindestens zwei
Handlungen</i> von zwei unterschiedlichen Personen. Da die Lösung des sozialen
Problems die Beteiligung von mindestens zwei Personen erfordert, müssen die
Handlungen der beteiligten Personen sinnhaft aufeinander bezogen sein. Da diese
Handlungen nur nacheinander erfolgen können, werden unter dem Kontext eines
einheitlichen sozialen Sinnzusammenhangs die Unterschiede in der Sach-, Sozial-
und Zeitdimension auskatalysiert. Jede Handlungssequenz, egal ob sie sich nur
aus zwei oder mehreren Handlungen zusammensetzte, kann nun daraufhin analysiert
werden, welche Unterschiede im Erleben des gemeinsamen Fokus der Aufmerksamkeit
zwischen den Beteiligten bestehen und wie sich diese Unterschiede im Verlauf
der Kommunikation vergrößern oder verkleinern.</span></span><br />
<br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Wenn Kommunikation immer der
operative Vollzug der Organisation der Unterscheidung von System und Umwelt ist
und soziale und psychische Systeme wechselseitig für einander die relevanten
Umwelten bilden, dann müssen die jeweiligen System-Umwelt-Unterscheidungen
ineinander verschränkt werden. Als Soziologe beobachtet man deswegen anhand des
beobachtbaren Verhaltensstroms den operativen Vollzug der Unterscheidung Kommunikation/Bewusstsein
und deren Differenzierung auf beiden Seiten der Unterscheidung. Bei dem dann zu
beobachtenden Prozess handelt es sich um Interpenetration. Laing/Phillipson/Lee
bezeichnen diesen Prozess auch als Spirale reziproker Perspektiven (vgl. 1976,
S. 37ff.) <a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/11/die-beobachtung-der-beobachtung-31.html#fn006" id="anker006">[6]</a>. Wählt man die soziale Matrix als Ausgangspunkt und
berücksichtigt die oben beschrieben erkenntnistheoretischen und psychologischen
Probleme, dann lassen sich für eine soziologische Analyse von
Kommunikationsprozessen folgende Axiome aufstellen:</span></span><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"> </span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">1. Jede Bezeichnung ist die
Funktion einer Unterscheidung.</span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">2. Eine Unterscheidung und ihre
Bezeichnungen beziehen sich immer auf etwas anderes als sich selbst.</span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">3. Bezieht sich eine
Unterscheidung auf sich selbst, so muss dasselbe anders bezeichnet werden. Die
Beziehung zur ersten Unterscheidung bleibt imaginär erhalten.</span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">4. Jede Handlung ist die Funktion
von Erleben.</span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">5. Erleben und Handeln beziehen
sich immer auf etwas anderes oder jemand anderes als sich selbst.</span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">6. Bezieht sich das Erleben oder das
Handeln auf sich selbst, handelt es sich um einen Fall von Selbstbeobachtung
und es gilt Punkt 3.</span><span style="font-size: small;"><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"> </span></span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Mit diesen sechs Axiomen <a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/11/die-beobachtung-der-beobachtung-31.html#fn007" id="anker007">[7]</a> wird
dem Reproduktionsprinzip sozialer Systeme Rechnung getragen und beschreibt wie
sie sich organisieren, um die eigene Identität über die Zeit durch das
fortlaufende Unterscheiden zwischen System und Umwelt aufrecht zu erhalten.
Dieses <i>Organisationsprinzip</i> wurde
zuerst von Humberto R. Maturana und Francisco J. Varela im Hinblick auf
biologische Systeme formuliert und als <i>Autopoiese</i>
bezeichnet (vgl. 2012, S. 50f.). Niklas Luhmann nahm an, dass sich auch die
Selbstorganisation sozialer Systeme als Autopoiesis beschreiben lässt. Deswegen
bezeichnete er soziale und psychische Systeme auch als autopoietische Systeme.
Menschen sind für das Überleben von sozialen Systemen unverzichtbar. Sie sind
die relevante Umwelt. Das gilt auch umgekehrt. Ohne soziale Systeme bzw.
Kommunikation sind Menschen nur sehr bedingt überlebensfähig. Beide sind also
auf die wechselseitige Beobachtung angewiesen, also dem Oszillieren zwischen
System und Umwelt. Menschen sind jedoch nicht über den Körper sondern über die
Psyche mit sozialen Systemen strukturell gekoppelt. Als beobachtende Systeme
nehmen beide Zuschreibungen durch unterscheidendes Bezeichnen vor und
konstruieren auf diese Weise ihre relevante Umwelt. In Kommunikationsprozessen
drückt sich daher nicht nur aus, wie soziale Systeme das Verhältnis zur ihrer
Umwelt organisieren, sondern auch wie psychische Systeme ihr Verhältnis zur
Umwelt organisieren.</span></span><br />
<br />
<div style="text-align: justify;">
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Desweiteren wurden die Axiome nur
bis zum Fall der <i>Selbstbeobachtung</i>
formuliert. Wenn es zur Selbstbeobachtung kommt – sei es sozial, sei es
psychisch – kann es entweder zu einem <i>re-entry</i>
(vgl. Spencer-Brown 1992, S.60ff.) kommen oder zu einem <i>double bind </i>(vgl. Bateson 1985, S. 276ff.). Der <i>re-entry</i> bezeichnet den Fall, wenn das
System bei der Selbstbeobachtung die Organisation der eigenen Operationen
blockiert und zur Lösung dieses Problems die System-Umwelt-Differenz auf der
Systemseite platziert <a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/11/die-beobachtung-der-beobachtung-31.html#fn008" id="anker008">[8]</a>. Der <i>double
bind</i> bezeichnet dagegen den Fall, wenn das System für die Fortsetzung
seiner Autopoiesis die System-Umwelt-Differenz auf der Umweltseite platziert.
Während es im ersten Fall zum Lernen, zur Differenzierung, zum Aufbau eines
Gedächtnisses und zur Sozio- bzw. Psychogenese kommt, kommt es im zweiten Fall
zu einer Regression, zum Gedächtnisverlust, zur Identitätskrise und schließlich
zum Zerfall der Selbstorganisation. Ob es aber zu einem <i>re-entry</i> oder zu einem <i>double
bind</i> gekommen ist, ist eine empirische Frage, die sich nur anhand der
Analyse der Selbstorganisation sozialer Systeme klären lässt. Wie bereits erwähnt,
kann auf die psychische Autopoiesis nur anhand der Form ihrer
Kommunikationsteilnahme zurückgeschlossen werden. Möglich ist dies, weil mit
der Annahme, dass keine Bezeichnung ohne eine Unterscheidung getroffen werden
kann, ein so allgemeines Prinzip formuliert wurde, dass es auf biologische,
soziale und psychische Systeme angewendet werden kann. Nichts desto trotz muss
dieses Prinzip für jede Systemart spezifiziert werden, um beschreiben zu
können, wie die verschiedenen Systeme die Unterscheidung von System und Umwelt
organisieren. Hier wird sich auf die Spezifizierung für soziale Systeme
konzentriert. Diese lässt dann auch Rückschlüsse auf die Selbstorganisation der
beteiligten psychischen Systeme zu. So kommt, wenn man seine Aufmerksamkeit auf
den Verhaltensstrom zwischen Menschen richtet, die Organisation der Differenz
soziales System/psychische Systeme in den Blick und damit auch die Komplexität
des relevanten psychischen Erlebens der beteiligten Menschen.</span></span></div>
<div style="text-align: justify;">
<br /></div>
<div style="text-align: justify;">
<br /></div>
<div style="text-align: center;">
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">II.</span></span></div>
<br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Für den weiteren Fortgang der
Darstellung ist die Annahme entscheidend, dass jede Beobachtung die
Aufmerksamkeit auf etwas konzentriert und damit eine Unterscheidung getroffen
wurde. Geht es um die Klärung, was funktionale Differenzierung bedeutet, kann
das nur heißen zu klären, wie mit einem funktional spezifizierten Code
beobachtet wird. Bei einem <i>Code</i>
handelt es sich nicht um irgendeine Unterscheidung, sondern um den <i>unhintergehbaren Letzthorizont der
Informationsgewinnung</i> – die zugrundeliegende System-Umwelt-Differenz. Um
einem Ereignis einen Sinn zu geben, muss es auf diesen Letzthorizont
zurückgerechnet werden. Spencer-Brown bezeichnet diesen Letzthorizont als den <i>tiefsten Raum</i> (vgl. 1997, S. 6). Erving
Goffman hat mit der Rahmen-Analyse versucht, solche die Erfahrung
organisierenden Letzthorizonte zu identifizieren (vgl. 1980, S. 20ff.). Eine weitere
Bezeichnung für diesen Letzthorizont ist der Begriff <i>Kontext</i>. Es geht im Folgenden darum, zu identifizieren, was der
Inhalt des wirtschaftlichen, politischen, rechtlichen, wissenschaftlichen,
intimen oder künstlerischen Codes ist.</span></span><br />
<br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Dies gelingt im Rahmen der
systemtheoretischen Theorieanlage über die Beschreibung der jeweiligen
Problemkonstellationen, die als Katalysatoren fungieren, um die Differenzierung
des Gesellschaftssystems voranzutreiben. Eine Klärung dieses theorieinternen
Zusammenhangs erscheint schon deswegen notwendig, weil man in den neueren
Systemtheorien nach Luhmann sich bereits von der systemtheoretischen
Differenzierungstheorie, speziell das Theorem der funktionalen Differenzierung,
zu verabschieden beginnt (vgl. Karafillidis 2010; Baecker 2013). Der Grund
dafür liegt in einer zu starken Fixierung auf die methodische Anwendung von
Spencer-Browns Formenkalkül. Diese Versuche verkennen jedoch die
interaktionistisch, phänomenologische Fundierung der Luhmannschen Systemtheorie
in der sozialen Matrix. Ohne diesen Rückbezug auf konkrete menschliche
Begegnungen geht auch verloren, welche Bedeutung funktionale Differenzierung in
der Luhmannschen Systemtheorie hat. Das Resultat sind zu hoch generalisierte
Konzepte, die bei der empirischen Anwendung einige notwendige Zwischenschritte
auslassen. Funktionale Differenzierung scheint aus der Perspektive dieser
Ansätze dann überflüssig zu sein <a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/11/die-beobachtung-der-beobachtung-31.html#fn009" id="anker009">[9]</a>. In der Folge kommt es zu voreiligen
Kurzschlüssen bei der Respezifizierung der systemtheoretischen
Gesellschaftstheorie, die sich zu sehr im Klein-Klein der Unterscheidungspraxis
verlieren.</span></span><br />
<br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Für die Beschreibung des Inhalts
der funktional spezifizierten Codes wird der Weg der funktionalen Analyse
genommen. Das bedeutet zu analysieren für welches Problem eine bestimmte
Handlungsweise als Lösung verstanden werden kann. <i>Das soziale Grundproblem</i>, das mit jedem Kommunikationsereignis
gelöst wird, ist die Handlungskoordination unter der Bedingung divergierenden
psychischen Erlebens. Dieses Problem ist <i>historisch
invariabel</i> und wird <i>niemals endgültig
gelöst</i> werden, solange es Menschen gibt. Historisch und kulturell variabel
sind dagegen die möglichen Lösungen dieses Problems. Sozio-kulturelle Evolution
bzw. soziale Differenzierung bezeichnet den Prozesse der Systembildung in
Systemen. D. h. die System-Umwelt-Differenz wird systemintern wiederholt und es
bildet sich ein Subsystem, das in Abhängigkeit vom Ursprungskontext die
Reproduktion seiner eigenen System-Umwelt-Differenz organisiert. Dies gelingt
nur, sofern es zu einem <i>re-entry</i> bei
der Reflexion des Systems kam. Ein System kann sich nur intern differenzieren,
wenn die System-Umwelt-Differenz auf der Systemseite wieder eingeführt wurde.
Der Katalysator für die Emergenz eines weiteren sozialen Systems in einem
sozialen System sind Probleme, die die weitere Autopoiesis des umfassenderen
Systems blockieren, sodass aus der Systemperspektive nur durch die Bildung
eines Subsystems die weitere Autopoiesis des Gesamtsystems fortgesetzt werden
kann. Es gibt jedoch keine idealen Lösungen. Jede Lösung bringt neue Probleme
mit sich. Daraus ergibt sich in der soziokulturellen Evolution des
Gesellschaftssystems eine Tendenz – aber keine Notwendigkeit! - zu immer
höherer Komplexität und mitunter sogar einen Wechsel der Differenzierungsform,
denn der Vorgang der Systembildung in einem System kann sich in dem gebildeten
Subsystem wiederholen. Mithin ist die
Lösung von Folgeproblemen abhängig von den vorangegangenen Lösungen. Zum
Wechsel der Differenzierungsform der Gesamtgesellschaft kommt es erst, wenn es
dem System nicht mehr gelingt sich zu restabilisieren. Das bedeutet, dem System
gelingt es nicht mehr sein Verhältnis zwischen Systemereignissen und
Systemstrukturen so zu integrieren, dass die Autopoiesis weiter gehen kann.<i> </i></span></span><br />
<br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><i>Der Zweck funktionaler Differenzierung</i> besteht darin dysfunktional
gewordene Multifunktionalitäten zu trennen und die Probleme, die vormals
zusammen bearbeitet wurden, nun separat zu bearbeiten. Im Umkehrschluss
bedeutet das, dass in früheren Differenzierungsformen durch ein
Kommunikationsereignis gleich mehrere Probleme auf einmal löst wurden. Dies ist
am deutlichsten bei der frühesten Differenzierungsform, der <i>segmentären Differenzierung</i>, zu
beobachten. Die Segmente der Gesellschaft waren tribale Stämme, die intern mehr
oder weniger dieselbe formale Struktur aufwiesen. Jedes Kommunikationsereignis
wurde im Rahmen des jeweiligen Mythos eines Stammes interpretiert. Egal ob die
Kommunikation auf Macht, Wahrheit, Knappheit, Intimität, Schönheit, Erziehung
oder Transzendenz rekurrierte, der Letzthorizont für die Zuschreibung von
sozialem Sinn war der Gründungsmythos des Stammes. Jedes Kommunikationsereignis
war deswegen symbolisch hoch verdichtet und konnte auf die kognitive und
emotionale Autorität aller dieser Referenzen bauen. Zugleich wurde mit dem
Mythos als Letzthorizont eine Reflektionssperre installiert, die Kontingenz
wirksam ausschaltete. Das Andere, die Anti-Struktur konnte nur im Rahmen von
Übergangsritualen während der liminalen Phase aufscheinen (vgl. Turner 2005).
Aber auch dies geschah noch im Rahmen des Mythos. Die Außenseite des Systems
wurde innerhalb des Systems während der liminalen Phase eines Übergangsrituals
erfahrbar gemacht. Die Reproduktionsbedingungen solche sozialen Systeme waren
die ausschließlich mündliche Überlieferung des Mythos und die tägliche
Begegnung der Stammesangehörigen. Nur durch eine sehr enge wechselseitige
Beobachtung durch Anwesenheit konnte die Autorität des Mythos gewahrt bleiben.</span></span><br />
<br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Dies wurde jedoch mit der Erfindung
der Schrift und der Notwendigkeit soziale Strukturen auch ohne die
gleichzeitige Anwesenheit aller Stammesmitglieder aufrecht zu erhalten immer
schwieriger. Dies gelang mit dem Wechsel der Differenzierung von segmentär zu <i>stratifikatorisch</i>. An die Stelle des
Nebeneinanders von formal gleichen Stämmen trat eine Sozialstruktur, die sich
durch Über-/Unterordnungsverhältnisse zwischen Personen reproduzierte und von
der Spitze her gelenkt wurde. Zunächst noch durch Religion später durch Politik
wurde die Aufrechterhaltung solcher Sozialstrukturen mit Hilfe einer
holistischen Ideologie durchgesetzt – im Konfliktfalle auch mit Gewalt.
Legitimiert wurde die Gewaltanwendung durch die Hypostasierung eines
Funktionsprinzips, wahlweise Transzendenz oder Macht - häufig auch in
Kooperation, also noch multifunktional. Bei der stratifikatorischen
Differenzierung kam es aber langsam zu einer Trennung alter
Multifuktionalitäten. Weiter gesteigert wird die Entwicklung mit dem Übergang
zu <i>funktionaler Differenzierung</i>. Auf
der Ebene des Gesellschaftssystems kann die Autopoiesis nicht mehr durch ein
Funktionsprimat an der Spitze der gesellschaftlichen Hierarchie organisiert
werden. Schritt für Schritt wird die hierarchische Organisation durch eine
heterarchische Selbstorganisation der Gesellschaft ersetzt. Es kommt zu einer
operativen Schließung aller bisher ausdifferenzierten sozialen Funktionen zu
Subsystemen der Gesellschaft. Sie operieren nun gleichberechtigt nebeneinander.</span></span><br />
<br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Jedes Funktionssystem hat sich
auf die Lösung eines bestimmten gesellschaftsweit anfallenden Problems
spezialisiert, von dem jeder Mensch potentiell betroffen sein könnte, und
operiert nur nach der Maßgabe, ihre spezifischen Leistungen zur Lösung eines
bestimmten sozialen Problems auch in Zukunft erbringen zu können.
Funktionssysteme können nun nicht mehr durch einander ersetzt werden, weil
jedes Funktionssystem sich auf die Lösung eines anderen Problems spezialisiert
hat. Zugleich trägt jedes Funktionssystem durch die Konzentration auf die
Erbringung seiner Leistungen für die Umwelt dazu bei, dass alle anderen
Funktionssysteme sich auf die Erfüllung ihrer Funktion konzentrieren können.
Indem sich jedes Funktionssystem auf die eigene Autopoiesis konzentriert, trägt
es zugleich also dazu bei, dass auch jedes andere Funktionssystem sich auf die
eigene Autopoiesis konzentrieren kann. Damit sind alle Funktionssysteme der
Gesellschaft strukturell miteinander gekoppelt. Mit funktionaler
Differenzierung hat sich die Gesellschaft zu einem hoch interdependenten
Sozialsystem entwickelt, dass seine Autopoiesis nur fortsetzen kann, wenn diese
wechselseitige Abhängigkeit der Subsysteme bestehen bleibt. Diese
Interdependenz der einzelnen sozialen Funktionen macht sich erst auf der Ebene
der Organisationssysteme bemerkbar, denn Organisationen müssen alle funktional
spezifizierten Lösungen so organisieren, dass die eigene Autopoiesis
fortgesetzt werden kann. Entscheidend ist dabei, durch was sich die jeweilige
Organisation von der Umwelt unterscheidet und die eigene Identität stabil hält.
Hier ist dann durchaus eine gewisse hierarchische Organisationsstruktur
erwartbar, an deren Spitze auch eine bestimmte soziale Funktion steht. Durch
diese Funktion kann jedes Organisationssystem einem gesellschaftlichen
Funktionssystem zugeordnet werden. Jede Rückkehr zu einer früheren
Differenzierungsform, z. B. durch die erneute Installierung des Primats einer
Funktion auf der Ebene der Gesamtgesellschaft, würde zum Zusammenbruch der
Autopoiesis der modernen Gesellschaft führen. Wechselseitige Abhängigkeit würde
wieder auf einseitige Abhängigkeit reduziert werden. Faschismus, Kommunismus,
Sozialismus und auch die gegenwärtig in Rußland praktizierte autoritäre
Ökonomie können als Beispiele für solche Versuche betrachtet werden, heterarchische
Selbstorganisation durch hierarchische Gesellschaftsorganisation zu ersetzen.
Soweit ein kurzer Abriss der bekannten Teile der Luhmannschen
Differenzierungstheorie.</span></span><br />
<br />
<br />
<div style="text-align: center;">
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">III.</span></span></div>
<br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Im Folgenden wird nun die
interaktionstheoretische Fundierung der Luhmannschen Theorieanlage
rekonstruiert. Ohne eine empirische Anbindung der systemtheoretischen Gesellschaftstheorie
an die für Jeden beobachtbaren, sozialen Phänomene bleiben die systemtheoretischen
Beobachtungsergebnisse leer. Interpenetrationsprozesse kommen nicht in den
Blick. Die für Kommunikation zwingend notwendigen Menschen werden bei der
Beobachtung nicht beachtet. Auf der Abstraktionsebene der Gesellschaftstheorie
können sie dann nur noch als Marionetten gedacht werden, die von anonymen
Systemen gesteuert werden und gleichsam blind für eine gemeinsam geteilte Welt
durch ihr Leben driften. Begreift man Menschen dagegen als zur Selbstreflektion
fähige Wesen – und das implizierte der Kommunikationsbegriff bereits bei
Ruesch/Bateson –, ist eine derartige methodische Vorgehensweise unzureichend.</span></span><br />
<br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Kommunikation beginnt sobald sich
mindestens zwei Menschen wechselseitig beobachten. Sie sind Beobachter als auch
Beobachteter zugleich und sie beobachten sich gegenseitig als erlebend und
handelnd. Sie treten in eine gemeinsam geteilte Welt ein, von der sie selbst
ein Bestandteil sind. Es öffnet sich die Unendlichkeit doppelt kontingenter
Handlungsmöglichkeiten. Die dadurch erzeugte Unsicherheit kann nur durch die
Wahl einer Handlung – wie spontan oder willkürlich auch immer – absorbiert
werden. Das nun angestoßene Geschehen läuft <i>selektiv</i>
ab und die Freiheitsgrade werden sukzessiv eingeschränkt. Die Selektivität ist
allen Teilnehmern wechselseitig zu unterstellen. Es gibt damit keine
zwangsläufig oder deterministisch ablaufenden Prozesse. Die Freiheitsgrade
werden niemals auf Null reduziert. Die Beteiligung von mindesten zwei Menschen
macht es unmöglich, dass einer der Kommunikationspartner die Situation
vollständig kontrollieren kann. Eine Restunsicherheit für unvorhergesehene
Ereignisse bleibt immer bestehen. Durch die fehlende Kontrolle ist es daher
relativ gleich wahrscheinlich, dass ein Kommunikationsangebot angenommen oder
abgelehnt wird. Ablehnung bedeutet zugleich Konflikt. Es entstehen also neue
Probleme, die im Extremfall zum Abbruch der Kommunikation führen. Die Lösung
besteht darin, durch die Form des Kommunikationsangebots die
Annahmewahrscheinlichkeit zu erhöhen.</span></span><br />
<br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Ausgehend von der dyadischen
Konstellation der sozialen Matrix, unterschied Luhmann vier Konstellationen bei
denen sich das Problem einer hohen Ablehnungs- und Konfliktwahrscheinlichkeit
stellt (vgl. Luhmann 1997, S. 335ff.). Dabei spielt die Zurechnung der
Problemursache durch die Beteiligten eine wichtige Rolle. Entweder wird diese
der Umwelt, also dem Erleben des Kommunikationspartners zugerechnet oder dem sozialen
System (Handeln). Da beide Kommunikationspartner Beobachter und Beobachteter
zugleich sind, ist eine Asymmetrisierung notwendig. <i>Die Kommunikation läuft immer vom Beobachteten zum Beobachter.</i> Es
kommt darauf an wie eine Mitteilung von der beobachteten Person vom Adressaten beobachtet
wird. Wie die Mitteilung vom Adressaten verstanden wurde, darauf lässt sich nur
anhand der Anschlusshandlung zurückschließen <a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/11/die-beobachtung-der-beobachtung-31.html#fn010" id="anker010">[10]</a>. Hier zeigt sich noch einmal,
wieso der Kommunikationsbegriff immer notwendig zwei Handlungen, von denen die
Letztere sich auf die Vorangegangene bezieht, einschließen muss. Der Beobachter
wird im Folgenden auch als Ego, der Beobachtete als Alter bezeichnet. Von der
Kausalitätszurechnung und der Asymmetrisierung ist abhängig, wie die
Konditionierungen gesetzt werden, um die Annahme bzw. Selektion eines
bestimmten Kommunikationsangebots zu motivieren. Folgende
Problemkonstellationen hat Luhmann unterschieden:<b> </b></span></span><br />
<br />
<div class="separator" style="clear: both; text-align: center;">
<a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEiWeKqYoTuYjC11J76PO4uRILzt6nIIr3lqp_l435PfOQZW47jjxVnm9wU17uR9X0xhANOZ5AkEJc1G6GDirWWQ1esDf7drBtVFEQCfXG5GjXKEeSUwmuLALIihvRehyphenhyphenzP-sBkuUNQrQSo/s1600/Alter-Ego-Matrix.gif" imageanchor="1" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" height="403" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEiWeKqYoTuYjC11J76PO4uRILzt6nIIr3lqp_l435PfOQZW47jjxVnm9wU17uR9X0xhANOZ5AkEJc1G6GDirWWQ1esDf7drBtVFEQCfXG5GjXKEeSUwmuLALIihvRehyphenhyphenzP-sBkuUNQrQSo/s1600/Alter-Ego-Matrix.gif" width="640" /></a></div>
<div style="text-align: center;">
<br /></div>
<div style="text-align: center;">
<br /></div>
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><b>Alter handelt - Ego handelt</b> </span></span><br />
<br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Eine bestimmte Handlung des
Mitteilenden (Alter) soll den Adressaten (Ego) zu einer bestimmten Handlung
motivieren. Dies wird üblicherweise zum Problem, wenn der Mitteilende möchte,
dass der Adressat eine bestimmte Handlung ausführt und dieser sich weigert
diese Handlung auszuführen. Auf dieses Problem haben sich das politische System
und das Rechtssystem spezialisiert. In der modernen Gesellschaft, mit einer
moralischen Betonung der individuellen Handlungsfreiheit, kann es aber nicht
mehr darum gehen, dass jemand gegen seinen Willen eine bestimmte Handlung
ausführt. In einer Gesellschaft, die der Einzigartigkeit der persönlichen
Lebensgestaltung freien Raum geben möchte, kann der kleinste gemeinsame Nenner
nur darin gefunden werden, welche Mittel für die Erreichung des eigenen Glücks
<a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/11/die-beobachtung-der-beobachtung-31.html#fn011" id="anker011">[11]</a> ausgeschlossen sind. Sollen Entscheidungen kollektiv bindend sein, müssen
sie von mehr oder weniger allen Mitgliedern dieses Kollektivs akzeptiert
werden. Politische und rechtliche Entscheidungen können daher nur den kleinsten
gemeinsamen Nenner betreffen, der sich allenfalls noch negativ, aber nicht mehr
positiv bestimmen lässt. Somit geht es nicht darum, dass die Politik oder das
Recht jemanden dazu motivieren etwas gegen seinen Willen zu tun, sondern darum
etwas gegen seinen Willen zu unterlassen. D. h. Politik und Recht können sich nur
auf die zu unterlassenden Handlungen konzentrieren. Diese zu unterlassenden
Handlungen bestehen in der Anwendung von Gewalt zur Durchsetzung der eigenen
Interessen. In der Konsequenz liegt die primäre Aufgabe von Politik und Recht
in der Unterdrückung von Gewaltanwendung – gegebenenfalls auch mit Gewalt.
Symbolische Generalisierungen, welche die Annahme einer politischen oder
rechtlichen Kommunikation motivieren sollen, können deswegen nur noch
dahingehend konditioniert werden, bestimmte Handlungen zu unterlassen. Dafür
sind Staat und Recht legitimiert.</span></span><br />
<br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Aufgrund dieses repressiven
Charakters politischer und rechtlicher Kommunikation kann weder der Politik
noch dem Recht eine gesellschaftsgestaltende Funktion zugemutet werden. Man
kann nicht dadurch gestalten, dass man jemanden dazu motiviert, etwas zu
unterlassen. Beide Systeme würden früher oder später überfordert werden, wenn
man ihnen eine gestaltende Funktion zumutet und erwartet, dass sie nicht nur
etwas unterdrücken, sondern auch etwas ermöglichen sollen. Um etwas zu
ermöglichen, sind negative Sanktionen ungeeignet und lassen, falls sie trotzdem
dazu eingesetzt werden müssen, zumeist nur die Machtlosigkeit des
vermeintlichen Machthabers offenbar werden. Daher müssen positive Sanktionen,
also Belohnungen, in Aussicht gestellt werden, damit die Machtlosigkeit
unbemerkt bleibt. Üblicherweise bestehen diese positiven Sanktionen aus
monetären Anreizen, die jedoch Begehrlichkeiten nach immer höheren Anreizen wecken
und zwangsläufig irgendwann enttäuscht werden müssen. Politik kann mit Geld
nicht gestalten, sondern kauft sich trotz noch so guter Absichten dadurch nur
Gefolgschaft. Das geht allerdings immer auf Kosten von irgendjemand anderes,
dessen Gefolgschaft man dadurch höchst wahrscheinlich verliert. Die
Gefolgschaft aller Staatsbürger zu kaufen ist unbezahlbar. Mit Geld zu regieren,
bedeutet daher zwangsläufig die Umverteilung von Gefolgschaft und es ist nur
eine Frage der Zeit bis das Geld nicht mehr reicht, um alle Begehrlichkeiten zu
befriedigen. Dieses Problem muss bei der politischen und rechtlichen
Selbstbeobachtung berücksichtigt werden, ansonsten kommt es zu einem Rückfall
in vormoderne Kommunikationsformen durch die Hypostasierung eines
Funktionsprinzips. Die Folge wären wieder einseitige Abhängigkeitsverhältnisse. <b></b></span></span><br />
<br />
<br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><b>Alter handelt - Ego erlebt</b> </span></span><br />
<br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Eine bestimmte Handlung des
Mitteilenden (Alter) soll den Adressaten (Ego) zu einem bestimmten Erleben
motivieren. Dies wird in der Regel dann zum Problem, wenn Ego lediglich
zuschauen soll, dass Alter handelt. Für Ego sind keine
Partizipationsmöglichkeiten vorgesehen. Er verbleibt in einer passiven
Zuschauerrolle. Auf dieses Problem hat sich die Wirtschaft spezialisiert. Wenn
jeder nach seinen Vorstellungen glücklich werden darf, bedarf es dazu die
Freiheit individuell bindende Entscheidungen zu treffen. Diese Entscheidungen
beziehen sich auf die Befriedigung der eigenen Bedürfnisse und betrifft sowohl
die Entscheidung darüber, wofür man Geld ausgibt, also auch die, wofür man
bezahlt wird. Alter kann alle seine Bedürfnisse nach seinen Wünschen
befriedigen. Ego muss dabei zuschauen und hat keine Möglichkeit der
Intervention. Diese Passivität kann Ego nur akzeptieren, wenn er weiß, dass ihm
genau dieselben Freiheiten wie Alter zustehen und Alter umgekehrt genauso
zuschauen muss, wenn Ego seine Bedürfnisse nach seinen Vorstellungen
befriedigt, egal ob Alter das gefällt oder nicht <a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/11/die-beobachtung-der-beobachtung-31.html#fn012" id="anker012">[12]</a>.</span></span><br />
<br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Aus der Konstellation „Alter
handelt und Ego erlebt“ ergibt sich noch ein weiteres Problem. Damit Ego in der
Lage ist auf dieselbe oder ähnliche Art zu handeln wie Alter, muss er zunächst
beobachten wie Alter handelt. In einer groben Annährung könnte man zunächst sagen,
dass es um Nachahmung geht. Das wäre aber eine zu allgemeine Bestimmung, denn
es soll nicht einfach eine formal und inhaltlich bestimmte Handlung von Ego wiederholt
werden. Dies wäre relativ einfach, solange sie als erfolgreich beobachtet wird.
Zu einem unwahrscheinlichen Angebot wird eine Handlung, wenn es nur darum geht,
bestimmte formale Merkmale von Alters Handeln zu übernehmen und die inhaltliche
Bestimmung selbst vorzunehmen. Es geht hier also bereits um eine spezifische
Abstraktionsleistung, die sich nur auf die Form, aber nicht auf den Inhalt,
bezieht. Zu einer Sonderleistung, die einer Konditionierung bedarf, wird eine
solche Kommunikation, wenn es um das Kriterium Schönheit geht. Schönheit liegt
in der modernen Gesellschaft bekanntermaßen im Auge des Betrachters. Woraus
sich eine relativ hohe Ablehnungswahrscheinlichkeit für Kunstwerke als
Kommunikationsangebote ergibt. Um diese Ablehnungswahrscheinlichkeit zu
überwinden, sind daher bestimmte ästhetische Kriterien notwendig, damit sich
Kunst als solche erkennen kann – sowohl bei Kunstschaffenden als auch beim
Publikum. Gerade bei der Kunst kann die Selbstbeobachtung nur über die
Gestaltungsmethoden laufen, da diese inhaltlich nicht festgelegt sind und alles
zum Thema machen können. Wobei sich bestimmte Themen trotzdem besser eignen als
andere. Der aktuelle Trend einfach das Gegenteil von dem zu machen, was man
bisher für Kunst gehalten hat, ist allerdings noch kein ästhetisches Prinzip.
Vermutlich entspringt dieser Trend – üblicherweise mit der Vorsilbe Post-
versehen – purer Einfallslosigkeit oder der Unkenntnis der Kunstgeschichte. Im
Laufe der Zeit sind gewisse Rezeptionsgewohnheiten entstanden, die man gerade
nicht dadurch bedient, dass man einfach verkehrte Welt spielt. Damit stößt man
die Beobachter nur vor den Kopf und senkt damit die Annahmewahrscheinlichkeit.
Außerdem verwischt man dadurch den Unterschied zwischen dem Kunstsystem und
seiner Umwelt, denn die aktuellen Gestaltungsprinzipien nicht zu kennen,
bedeutet die aktuellen Grenzen der Kunst nicht zu kennen. Entsprechend übersteigert
sind dann auch die Gestaltungsformen, mit denen aus lauter Verzweiflung versucht
wird die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen.<b> </b></span></span><br />
<br />
<br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><b>Alter erlebt - Ego erlebt</b> </span></span><br />
<br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Ein bestimmtes Erleben des
Mitteilenden (Alter) soll den Adressaten (Ego) zu einem bestimmten Erleben
motivieren. Damit Ego zum selben oder ähnlichen Erleben motiviert werden kann
wie Alter, muss Alter sein Erleben mitteilen. Es geht also nicht um das tatsächliche,
psychische Erleben Alters, sondern nur um das durch Worte oder Handlungen
mitgeteilte Erleben. Diese können dann bei Ego den Eindruck gleichen oder
ähnlichen Erlebens auslösen. Alter wiederum kann dies nur wissen, wenn Ego ihm
dies bestätigt oder eben nicht. Dass dies sehr leicht zum Problem werden kann,
wird schon an der grundlegenden Problemstellung der Kommunikation deutlich,
dass kein identisches, psychisches Erleben erreicht werden kann. Im Alltag
spielt dies noch keine große Rolle, weil der Eindruck eines gleichgerichteten
Erlebens durch gemeinsam geteilte Wissensbestände hinsichtlich der gemeinsam
geteilten Welt sowie gemeinsam geteilter Zeichen und Symbole erreicht werden
kann. Problematisch wird es allerdings sobald es um die Kommunikation von
ungewöhnlichem Wissen geht, dass nicht sofort überprüft werden kann, wie z. B.
die String-Theorie oder Gott. Das Problem, um dass es geht, ist die
Synchronisierung oder Angleichung des psychischen Erlebens in Bezug auf
ungewöhnliches Wissen.</span></span><br />
<br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Dieses Problem kann auf
unterschiedliche Weise gelöst werden. Eine Lösung wäre der Bezug auf
Transzendenz, die Unerreichbarkeit des Erkenntnisobjekts. Diesen Weg hat die
Religion genommen und rekurriert dabei auf einen unerreichbaren Gott. Doch seit
Durkheim weiß man, dass sich Gesellschaften in Form von Gott eine Vorstellung
von sich selbst machen (vgl. Durkheim 1994). Mit zunehmender Fragwürdigkeit der
Gottesvorstellung schwenkte man daher vor allem in der Politik auf Ideologien
um. Statt den Umweg über Gott zu gehen, boten sie gleich ein Deutungsangebot
der Gesellschaft inklusive entsprechender Erwartungen an deren Mitglieder an.
Sowohl Glaubenssysteme als auch politische Ideologien boten einen holistischen
Entwurf der gemeinsam geteilten Welt an. Der Vorteil eines solchen
Deutungsangebots ist es, wenn ihn alle teilen würden und damit alle die
gemeinsame Welt gleich erleben, dann werden auch alle in Bezug auf diese Welt
gleich handeln. Darin bestand die ursprüngliche Leistung der Religion, später
der politischen Ideologien. Eine abgeschwächte Form davon ist der Glaube an
Moral. Dieser versucht seine Legitimität ebenfalls durch die Berufung auf die
Autorität der unerreichbaren Gesellschaft zu behaupten. Dazu dient die Annahme
einer allen Menschen gemeinsamen Vernunft. Woraus sich dann bestimmte
erwünschte und unerwünschte Handlungen ableiten lassen, welche für alle
Menschen gelten sollen. Dass man sich in der modernen Gesellschaft kollektiv
verbindlich nur noch auf die unerwünschten Handlungen als kleinsten gemeinsamen
Nenner einigen kann, wurde bereits mit Blick auf Politik und Recht angemerkt.
Darin liegt auch der Grund warum Religionen, politische Ideologien und Moral
für andere Funktionssysteme so häufig zu einem Störfaktor werden. Sie
beanspruchen eine Führungsposition für die Gesellschaft, die ein einseitiges
und kein wechselseitiges Abhängigkeitsverhältnis begründet. Während es für
Religion als Lösung für individuelle Sinnsuche durchaus noch eine Nische in der
modernen Gesellschaft gibt <a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/11/die-beobachtung-der-beobachtung-31.html#fn013" id="anker013">[13]</a>, lassen sich politische Ideologien und Moral
nicht zu einem autonomen Funktionssystem konditionieren, das jeweils eine
alleinige Führungsrolle von der Spitze her beanspruchen kann. Beide würden
ständig in Konflikt mit den Systemrationalitäten der anderen Funktionssysteme,
aber auch den Lebensentwürfen der meisten Menschen, geraten, was die
Annahmebereitschaft für politische Ideologie und Moral immer weiter senkt.</span></span><br />
<br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Eine weitere Möglichkeit das
psychische Erleben zu synchronisieren liegt im Bezug auf Wahrheit. Während die
Religion ihren Wahrheitsanspruch durch die Transzendenz des Erkenntnisobjekts
behauptet, konzentriert die Wissenschaft ihre Methoden auf die fortlaufende
Überprüfung des selbst produzierten Wissens. Aus psychischer Sicht bleibt die
materielle und soziale Umwelt, also potentielle Erkenntnisobjekte, trotzdem
operativ unerreichbar. Eine direkte Erkenntnis der Umwelt ist also nicht
möglich. Somit kann es nur darum gehen Methoden zu entwickeln, mit denen
Wissenschaftler nachvollziehen können, wie andere Wissenschaftler auf ihre
Ergebnisse gekommen sind. Die Methoden sind Beobachtungsanweisungen. Beobachtet
man auf dieselbe Weise, kommt man zu denselben Ergebnissen. Diese Methoden sind
jedoch nicht unfehlbar und führen daher nicht zu unumstößlichen Wahrheiten.
Vielmehr ist die Vorläufigkeit des produzierten Wissens der Anlass trotzdem
weiter zu machen. Das bezieht sich aber nicht mehr nur auf das produzierte
Wissen, sondern auch auf die Methoden der Wissensproduktion. Erst mit der
wechselseitigen Beobachtung der Methoden kam es zu operativen Schließung der
Wissenschaft und zur Abgrenzung gegenüber der Religion als härtestem
Konkurrenten. Aber selbst das kann nicht verhindern, dass die Wissenschaft
gelegentlich als Ersatzreligion missverstanden wird.<b> </b></span></span><br />
<br />
<br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><b>Alter erlebt - Ego handelt</b> </span></span><br />
<br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Ein bestimmtes Erleben des
Mitteilenden (Alter) soll den Adressaten (Ego) zu einem bestimmten Handeln
motivieren. Das bedeutet, Ego handelt aufgrund seiner Annahmen über das Erleben
Alters. Diese Annahmen konnte Ego bilden, weil Alter zu einem früheren
Zeitpunkt – das muss nicht die jeweils aktuelle Situation sein – mitgeteilt
hat, wie er oder sie einen bestimmten Sachverhalt erlebt. Auch dies scheint
zunächst relativ selbstverständlich zu sein. Jeder muss für die Beteiligung an
Kommunikation auf das Erleben seines Kommunikationspartners durch das gezeigte
Verhalten zurückschließen können, um seine zukünftigen Handlungen daran
ausrichten zu können. Konditionierungsbedarf entsteht aber auch hier sobald es
um die Annahme hoch individualisierten Erlebens geht, dass als Grundlage für
das eigene Handeln dienen soll. Auf dieses Problem haben sich Liebe und
Erziehung spezialisiert.</span></span><br />
<br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Liebe motiviert die Annahme der
kompletten Weltperspektive des Partners. Das betrifft sowohl seine Sicht auf
die Welt als auch sein Selbstverständnis. Die einzige Chance in der modernen
Gesellschaft als Person annährend vollständige Anerkennung zu finden, liegt
daher in der Codierung von Intimität, also der Preisgabe höchstpersönlicher
Informationen über sich selbst, die man nicht jedem mitteilt. Das Wissen über
die Vorlieben und Abneigungen des Beziehungspartners eröffnet und schließt dann
Egos Handlungsmöglichkeiten in Bezug auf Alter. Der Steigerungszusammenhang
wird dann über die Vorlieben hergestellt, in dem man dem Partner z.B. zeigt,
dass man eine bestimmte Handlung deswegen gewählt hat, weil man weiß, dass es
der Partner mag. Zuvorkommenheit ist eine Methode, wie man zeigen kann, dass
man das Erleben der Partnerin in seine Handlungen miteinrechnet. Häufig wird es
auch mit Geschenken versucht. Mit den richtigen Geschenken kann dies eine
geeignete Variante sein, der Partnerin zu zeigen, dass man auf ihr Erleben
eingeht. Geschenke allein sind aber noch kein Liebesbeweis und können unter
Umständen sogar zeigen, dass man das Erleben der Partnerin gerade nicht
berücksichtigt <a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/11/die-beobachtung-der-beobachtung-31.html#fn014" id="anker014">[14]</a>. Läuft der Steigerungszusammenhang dagegen nicht über die
Vorlieben, sondern über die Abneigungen, dann handelt es sich um die
Kommunikation von Hass. Eine Handlung wird von Ego deswegen gewählt, weil er
weiß, dass es Alter nicht gefällt. Ein auf eine bestimmte Person bezogener Hass
erfordert im Grunde ein genauso großes Maß an Intimität wie Liebe. Dies zeigt
sich häufig, wenn eine gescheiterte Ehe in einem Rosenkrieg endet. Alles
andere, wie z. B. Rassismus, ist eigentlich kein Hass, sondern sture Ignoranz,
die aus dem Beharren auf den eigenen Vorurteilen resultiert. Klischees
verhindern die Beobachtung, wie sich die beobachtete Person gerne selbst sehen
möchte. Man sieht damit nur, wie man selbst die Person gerne sehen möchte und
drängt sie dann in eine Rolle, in die sie nicht gedrängt werden möchte. Es
handelt sich also eher um einen Mangel an Irritationsfähigkeit, dem durch diese
Klischees erst Vorschub geleistet wird.</span></span><br />
<br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Erziehung ist eine weitere
Funktion, die mit ihren Konditionierungen an dieser Problemkonstellation „Alter
erlebt und Ego handelt“ ansetzt. Hier geht es jedoch nicht um die beinahe
vollständige Anerkennung des Zöglings durch den Erzieher. Die besondere
Herausforderung für den Erzieher besteht darin, herauszufinden wie der Zögling
die ihm präsentierten Informationen, von denen erwartet wird, dass er sie
lernt, verarbeitet. Der Zögling ist damit der erlebende Alter und der Erzieher
ist Ego, der aufgrund des Erlebens von Alter handelt. Ein Lehrer beobachtet
seinen Schüler also nicht daraufhin, ob er etwas gelernt hat, sondern wie er es
gelernt hat. Ziel ist die Identifizierung effizienter Lehr- und Lernmethoden.
Dafür ist es von Seiten des Lehrers notwendig entsprechend genau zu beobachtet,
wie der Schüler etwas erlebt, damit der Lehrer erkennt, welche bisher
eingeübten Beobachtungsgewohnheiten auf Seiten des Schülers die Aufnahme eines
bestimmten Wissens unterstützen oder behindern. Der Lehrer muss die blinden
Flecken des Schülers erkennen, die die Verarbeitung der zu lehrenden
Informationen blockieren. Der nächste Schritt liegt darin, dem Schüler
beizubringen, wie er diese blinden Flecke selbst finden und ausfüllen kann.
Dann geht es nicht mehr um das Erlernen eines bestimmten Wissens, sondern um
das Lernen des Lernens. Zur operativen Schließung des Erziehungssystems kommt
es dann über die wechselseitige Beobachtung der Erzieher hinsichtlich
erfolgreicher Lehrmethoden.</span></span><br />
<br />
<br />
<br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Das soziologische Grundproblem
sowie die vier daraus abgeleiteten Probleme bilden die interaktionstheoretische
Fundierung der Luhmannschen Gesellschaftstheorie. Auf diese Weise ist es
möglich bei, für jeden nachvollziehbaren, Alltagsbegegnungen anzusetzen. Da
jeder Mensch potentiell mit diesen Kommunikationsproblemen konfrontiert werden
kann, ist es möglich die Anzahl der beteiligten Menschen schrittweise bis zur
Weltgesellschaft zu erweitern. Auf diese Weise ist es zugleich möglich das
Konkreteste, Kommunikation, und das Abstrakteste, Gesellschaft, gleich
zusetzen. Diese Gleichsetzung darf aber nicht zu dem oben kritisierten theoretischen
Kurzschluss zwischen Kommunikation und Gesellschaft führen. Es ist daher eine
Interdependenzunterbrechung notwendig. Das gilt sowohl theoretisch, wie
empirisch. Die Gesellschaft benötigt Schutzvorkehrungen, damit nicht jedes
Ereignis im Rahmen einer Interaktionssituation unmittelbare Folgen für die
Gesamtgesellschaft zeitigen kann. Diese Interdependenzunterbrechung zwischen
der Interaktions- und der Gesellschaftsebene wird durch <i>Organisation</i> erreicht. Mit
Hilfe von Organisation lassen sich Konditionierungen in Form von
Negationsmöglichkeiten in Kommunikationsprozesse einbauen. Auf diese Weise
werden die Freiheitsgrade für Anschlusskommunikationen eingeschränkt und
Anschlüsse in eine bestimmte Richtung wahrscheinlicher gemacht. Sobald dieses
Konstruktionsprinzip durch Selbstbeobachtung erkannt wurde, lassen sich die
Konditionierungen Schritt für Schritt verfeinern und die
Interdependenzunterbrechung verstärken. Diese Steigerungen der Eigenkomplexität
sind allerdings nur durch eine Beobachtung auf Programmebene möglich, d. h. wie
lösen andere Organisationssysteme dasselbe Problem. Auf
gesellschaftstheoretischer Ebene rückt damit der Begriff der <i>Kontingenzformel</i> in den Blick und muss
empirisch unterfüttert werden.</span></span><br />
<br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Kontingenz als Hinweis auf andere
Lösungsmöglichkeiten für dasselbe Problem ist gleichsam ein Nebenprodukt von
Organisationsprozessen. Entscheidungen können nur im Kontext anderer
Möglichkeiten getroffen werden. Ohne andere Möglichkeiten handelt es sich nicht
um eine Entscheidung, sondern um einen fixierten Determinismus. Auch hier kommt
wieder die Selektivität von Kommunikation zum Tragen. Das Aufscheinen anderer
Möglichkeiten löst alte Gewohnheiten und damit auch Notwendigkeiten auf, was zu
einer erheblichen Verunsicherung führen kann. Auf diese Weise wird ein neues
Problem erzeugt, nämlich wie erlangt man alte Sicherheiten unter veränderten
Voraussetzungen wieder. Dies gelingt nur über die Entwicklung von
Entscheidungskriterien, um eine Entscheidung treffen zu können. Der Prozess der
Entscheidungsfindung gestaltet sich damit als ein Aussortieren von
Möglichkeiten und verwandelt Kontingenz wieder in Notwendigkeit. Da sich diese
Prozesse der Entscheidungsfindung selbst wiederum unterschiedlich, also
kontingent, gestalten, kann die operative Schließung der einzelnen
Funktionssysteme durch Selbstbeobachtung erst durch die Beobachtung der
Programme, genauer der Konditionalprogramme, erfolgen und zu einem
selbstverstärkenden Prozess, der Konditionierung von Konditionierungen, werden.
Wenn Luhmann die Kontingenzformel eines Funktionssystems als „ein Programm für
alle Programme“ (vgl. 1995, S. 217) beschreibt, dann ist das nur eine andere
Beschreibung für denselben Sachverhalt.</span></span><br />
<br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Hinsichtlich einer empirischen
Anwendung muss allerdings mit Luhmann noch einmal betont werden, dass es nicht
das Ziel ist, mit den oben beschriebenen Problemkonstellationen jede soziale
Situation zu klassifizieren (vgl. 1997, S. 337). Es handelt sich um
Kommunikationsprobleme, die für die sozialen Systeme erst relevant werden, wenn
Kommunikationsprozesse nicht in der gewohnten Weise verlaufen. Erst dann fangen
Systeme an sich selbst zu beobachten und ihre bisherigen
Wirklichkeitskonstruktionen zu hinterfragen, was dann unter Umständen zu neuen
und präziseren Problemkonstruktionen führen kann. Ob und wie das geschieht, ist
eine empirische Frage. Desweiteren muss betont werden, dass mit der
Identifikation der Problemkonstellationen noch kein Funktionssystem der
Gesellschaft identifiziert wurde, sondern nur Kristallisationspunkte, an denen
mehrere Funktionssysteme ansetzen, um die Annahme eines unwahrscheinlichen
Kommunikationsangebots zu motivieren. Auch hier trifft man wieder auf das
Prinzip funktionaler Äquivalenz. Ein Problem kann offenbar unterschiedlich
gelöst werden. Entscheidend für die weitere Analyse ist deswegen die Frage, wie
das Problem gelöst wird. Erst über die unterschiedlichen Formen der Lösung
eines Problems lassen sich die Funktionssysteme der Gesellschaft voneinander
unterscheiden. Also gilt es Unterschiede in den Kommunikationsprozessen zu
finden. Diese Unterschiede liegen in der jeweiligen Codierung eines
Kommunikationsangebots. Wenn Handeln eine Funktion von Erleben ist, dann folgt
daraus, dass die Unterscheidungsarrangements identifiziert werden müssen, die
das psychische Erleben der Menschen so konditioniert haben, dass sie auf eine
bestimmte Weise handeln, um ein bestimmtes Kommunikationsproblem zu lösen. Die
Frage nach dem Code der Funktionssysteme und der Codierung von Kommunikation
wird das Thema des zweitens Teils sein.</span> </span><br />
<br />
<br />
<a class="twitter-share-button" count="" data-lang="de" data-url="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/11/die-beobachtung-der-beobachtung-31.html" data-via="GorgonObserver" href="https://twitter.com/share"><span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif;">Twittern</span></a>
<script>!function(d,s,id){var js,fjs=d.getElementsByTagName(s)[0],p=/^http:/.test(d.location)?'http':'https';if(!d.getElementById(id)){js=d.createElement(s);js.id=id;js.src=p+'://platform.twitter.com/widgets.js';fjs.parentNode.insertBefore(js,fjs);}}(document, 'script', 'twitter-wjs');</script>
<br />
<br />
<br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/11/die-beobachtung-der-beobachtung-31.html#anker001" id="fn001">[1]</a> Siehe für eine ausführliche
Darstellung durch Luhmann selbst zum einen das Kapitel „Kommunikation und
Handlung“ in „Soziale Systeme“ (1984) und zum anderen das Kapitel „Beobachten“
in „Die Wissenschaft der Gesellschaft“ (1992).</span></span><br />
<br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/11/die-beobachtung-der-beobachtung-31.html#anker002" id="fn002">[2]</a> Gemeinhin wird angenommen,
dass diese Funktion zur Überbrückung der Trennung zwischen psychischen und
sozialen Systemen der Sinnbegriff übernimmt. Dies wird nicht bestritten.
Während der Sinnbegriff auf die Systemstrukturen abzielt, bezieht sich der
Beobachtungsbegriff auf die Operationen von Systemen. Zur Beziehung zwischen
Sinn und Beobachtung siehe auch den Text „<a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.de/2013/04/die-beobachtung-der-beobachtung.html">Die
Beobachtung der Beobachtung</a>“. Sinn wird darin als das Ergebnis, das
Kondensat von Beobachtungen aufgefasst. Beobachtungen produzieren zunächst nur
Informationen, die sich erst in einem Kontext, als neu und informativ oder als
redundant und sinnhaft darstellen.</span></span><br />
<br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/11/die-beobachtung-der-beobachtung-31.html#anker003" id="fn003">[3]</a> Die Inklusions- und
Exklusionsprozesse müssten eigentlich als Desintegations- und
Integrationsprozesse beschrieben werden. Darauf an dieser Stelle einzugehen,
würde zu weit vom Thema wegführen. Siehe für einen ersten Versuch, sich der
Beschreibung von Integrations-/Desintegrationsprozessen zu nähren den früheren <a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.de/2013/01/voruberlegungen-zu-einer.html">Text
über Amokläufer</a>.</span></span><br />
<br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/11/die-beobachtung-der-beobachtung-31.html#anker004" id="fn004">[4]</a> Mit der Möglichkeit unter
abwesenden Personen zu kommunizieren, ändern sich die Anforderungen für
erfolgreiche Kommunikation. Weil es bei schriftlicher Kommunikation via Buch
oder Brief keine unmittelbaren Feedbackmöglichkeiten gibt, wird Reflexivität zur Bedingung um erfolgreich zu
kommunizieren. Ohne eine Vorstellung darüber, wie ein möglicher Adressat das
Kommunikationsangebot beobachten könnte, ist es nur sehr schwer möglich
erfolgreich mit Abwesenden zu kommunizieren. Bereits das Schreiben eines
Briefes an eine bekannte Person stellt hohe Anforderungen an das
Einfühlungsvermögen des Verfassers. Diese Anforderungen werden beim Verfassen
eines Textes oder eines Buches, die sich an ein unbekanntes Publikum richten,
nochmals immens gesteigert. Wer nicht in der Lage ist mögliche Einwände oder
Kritik beim Verfassen eines Textes mit einzurechnen und vorausschauend darauf
einzugehen, wird nur schwerlich jemanden zur Annahme eines
Kommunikationsangebots motivieren können.</span></span><br />
<br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/11/die-beobachtung-der-beobachtung-31.html#anker005" id="fn005">[5]</a> Dass die Leistung der
Wahrnehmung darin besteht, Irritationen zu unterdrücken, wurde analog zu
Luhmanns Konzeption von Gedächtnis formuliert. Luhmann sah die Leistung des
Gedächtnisses im Vergessen. Beides sind nur negative Formulierungen für die
Leistung der Komplexitätsreduktion. Für eine bestimmte Wahrnehmung müssen viele
andere ignoriert werden. Um sich an etwas Bestimmtes erinnern zu können, muss
vieles andere vergessen werden.</span></span><br />
<br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/11/die-beobachtung-der-beobachtung-31.html#anker006" id="fn006">[6]</a> Interpenetrationsprozesse als
Prozesse der systeminternen Konstruktion der relevanten Umwelten lassen sich
auch mit dem Spencer-Brownschen Begriff der konditionierten Koproduktion (vgl.
1997, S. IXf.) beschreiben. Der Begriff stellt auf das Verhältnis zwischen
Subjekt und Objekt, Beobachter und Beobachtetem bzw. System und Umwelt ab.
Beobachtet man aber die Differenzierung der Unterscheidung von Kommunikation
und Psyche, dann beobachtet man mindestens drei Prozesse konditionierter
Koproduktion: zum einen den von Kommunikation und zum anderen die der
beteiligten Personen.</span></span><br />
<br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/11/die-beobachtung-der-beobachtung-31.html#anker007" id="fn007">[7]</a> Die Axiome 4 und 5 wurden von
Laing/Phillipson/Lee übernommen (vgl. 1976, S. 20).</span></span><br />
<br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/11/die-beobachtung-der-beobachtung-31.html#anker008" id="fn008">[8]</a> Es sei noch angemerkt, dass
in den Axiomen 1 bis 6 bereits ein <i>re-entry</i>
vollzogen wurde. Durch diese 6 Axiome wird die Aufmerksamkeit eines
soziologischen Beobachters auf soziale Systeme gelenkt – zunächst auf
Bezeichnungen in Form von Worten und dann in Form von Handlungen. Worte bzw.
Sprache bekommen dabei den Vorrang, weil Sprechen eine spezielle Form des
Handelns ist. Aber Aufmerksamkeit kann eben nicht nur durch Sprache auf etwas
gelenkt werden, sondern auch durch nicht-sprachliches Handeln. Da jedoch Handeln
und Erleben nachträglich mit Worten beschrieben werden muss, damit beides
thematisiert werden kann, erhält Sprache den theoretischen Vorrang. Mithin
entfaltet sich erst mit Sprache, die Abwesendes thematisieren kann, das volle
Reflexionspotential der Sprache, welches durch andere Formen des Handelns nicht
erreicht werden kann. Dieser Umstand wird dadurch berücksichtigt, dass Axiom 6
auf Axiom 3 verweist. Die Differenz Unterscheidung/Bezeichnung wird im Übergang
von Axiom 3 zu Axiom 4 anders bezeichnet, nämlich als Erleben/Handeln. Der
Vorgang, Dasselbe anders zu bezeichnen, wird hier als Modulation bezeichnet.
Die Differenz System/Umwelt, wobei hier soziale Systeme in Form der beobachtbaren
Verhaltensströme zwischen Menschen gemeint sind, wird also für die Axiome
bereits zweimal moduliert: System/Umwelt -> Bezeichnung/Unterscheidung ->
Handeln/Erleben. Es sei nochmals betont, dass der Zweck dieser Axiome darin
besteht, die Aufmerksamkeit auf das gemeinsame Zentrum der Aufmerksamkeit aller
Beteiligten zu lenken. Die Axiome führen aber auch an sich selbst vor, wie zu
verfahren ist, wenn es zur Selbstbeobachtung kommt. Es gilt dann solche
Vorgänge empirisch zu beobachten, um Prozesse der Systemdifferenzierung zu
beschreiben.</span></span><br />
<br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/11/die-beobachtung-der-beobachtung-31.html#anker009" id="fn009">[9]</a> Das hier andere
Entscheidungen bei der Rekonstruktion der soziologischen Systemtheorie getroffen
werden, liegt an einer kleinen, aber entscheidenden Abweichung von
Spencer-Browns Verständnis seiner „Laws Of Form“. Spencer-Brown sagt über sein
Buch, dass es darin um Nichts geht. Baecker folgt Spencer-Browns Lesart und
sagt ebenfalls, dass es in „Beobachter unter sich“ um nichts geht (vgl. 2013,
S. 9). Dieser Lesart wird hier nicht gefolgt, denn dem Nichts wurde in „<a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/04/die-beobachtung-der-beobachtung.html">Die
Beobachtung der Beobachtung</a>“ ein anderer theoretischer Stellenwert zu
gewiesen. Man kann diese Abweichung im Hinblick auf Spencer-Brown und Baecker
folgendermaßen formulieren. Hier geht es nicht um Nichts, sondern um Etwas.
Mehr noch, geht es nicht nur um ein Etwas, sondern um viele Etwase, welche das
Erleben und Handeln der Menschen strukturieren. Das Nichts ist
informationstheoretisch betrachtet wertlos und kann deswegen nicht das Erleben
und Handeln strukturieren. Siehe dazu auch <a href="https://www.facebook.com/Beobachter.der.Moderne/posts/168705213326529">hier</a>
die Anmerkungen zur BR2-Sendung über Spencer-Brown vom 29.09.2013.</span></span><br />
<br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/11/die-beobachtung-der-beobachtung-31.html#anker010" id="fn010">[10]</a> George Herbert Mead
platzierte seinen Sinnbegriff genau in der Differenz zwischen vorhergehender
und anschließender Handlung: „Sinn leitet sich somit aus der Reaktion ab.“
(1973, S. 116)</span></span><br />
<br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/11/die-beobachtung-der-beobachtung-31.html#anker011" id="fn011">[11]</a> Wenn hier von Glück die Rede
ist, dann ist damit die Erfahrung gemeint, die Mihaly Csikszentmihaly als Flow
beschreibt (vgl. 2010). Darauf wird noch zurückzukommen sein.</span></span><br />
<br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/11/die-beobachtung-der-beobachtung-31.html#anker012" id="fn012">[12]</a> Auch das Funktionssystem der
Massenmedien differenziert sich an der Problemstellung „Alter handelt und Ego
erlebt“ aus. Ähnlich der Wirtschaft muss Ego auch bei massenmedialer
Kommunikation zunächst akzeptieren, dass er nur passiver Zuschauer dabei sein
kann, wie Alter Aufmerksamkeit auf sich lenkt. Ego kann seine eigene Passivität
nur akzeptieren, wenn ihm ebenso die Möglichkeit gegeben wird, Aufmerksamkeit
so auf sich zu lenken, wie er es für richtig hält. Da das Funktionssystem der
Massenmedien bereits <a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.de/2013/10/die-beobachtung-der-beobachtung-exkurs.html">im
letzten Blogbeitrag</a> ausführlicher behandelt wurde, wird an dieser Stelle
auf weitere Ausführungen verzichtet.</span></span><br />
<br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/11/die-beobachtung-der-beobachtung-31.html#anker013" id="fn013">[13]</a> Siehe für die Chancen der
Religion unter modernen Kommunikationsbedingungen einige weiterführende
Gedanken <a href="https://www.facebook.com/Beobachter.der.Moderne/posts/178026849061032">hier</a>.</span></span><br />
<br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/11/die-beobachtung-der-beobachtung-31.html#anker014" id="fn014">[14]</a> Für einige weitere Gedanken
zum Thema Liebe, die direkt an der Problemkonstellation ansetzen, siehe <a href="https://www.facebook.com/Beobachter.der.Moderne/posts/176295012567549">hier</a>.<i> </i></span></span><br />
<br />
<br />
<b><span style="font-size: small;"><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Literatur</span></span></b><br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><i>Baecker, Dirk </i>(2013): Beobachter unter sich. Eine Kulturtheorie.
Suhrkamp Verlag Berlin<i> </i></span></span><br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><i>Bateson, Gregory </i>(1982): Geist und Natur. Eine notwendige Einheit. Suhrkamp
Verlag Frankfurt am Main<i> </i></span></span><br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><i>Bateson, Gregory</i> (1985): Vorstudien zu einer Theorie der
Schizophrenie. In: ders: Ökologie des Geistes. Anthropologische,
psychologische, biologische und epistemologische Perspektiven. Suhrkamp Verlag Frankfurt
am Main. S. 270 – 301<i> </i></span></span><br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><i>Csikszentmihaly, Mihaly</i>
(2010): Flow. Das Geheimnis des Glücks. 15. Auflage Klett-Cotta Stuttgart<i> </i></span></span><br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><i>Durkheim, Emile</i> (1994): Die elementaren Formen des religiösen
Lebens. Suhrkamp Verlag Frankfurt am Main<i> </i></span></span><br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><i>Goffman, Erving</i> (1980): Rahmen-Analyse. Ein Versuch über die
Organisation von Alltagserfahrungen. Suhrkamp Verlag Frankfurt am Main<i> </i></span></span><br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><i>Goffman, Erving</i> (1986): Techniken der Imagepflege. In ders:
Interaktionsrituale. Über Verhalten in direkter Kommunikation. Suhrkamp Verlag Frankfurt
am Main. S. 10 – 53<i> </i></span></span><br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><i>Karafillidis, Athanasios</i> (2010): Soziale Formen. Fortführung eines
soziologischen Programms. transcript Verlag Bielefeld<i> </i></span></span><br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><i>Laing, Ronald D./Phillipson, Herbert/Lee, A. Russel </i>(1976):
Interpersonelle Wahrnehmung. 3. Auflage Suhrkamp Verlag Frankfurt am Main<i> </i></span></span><br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><i>Luhmann, Niklas</i> (1984): Soziale Systeme. Grundriß einer allgemeinen
Theorie. Suhrkamp Verlag Frankfurt am Main<i> </i></span></span><br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><i>Luhmann, Niklas</i> (1987): Tautologie und Paradoxie in den
Selbstbeschreibungen der modernen Gesellschaft. In: Zeitschrift für Soziologie
Jg. 16 Heft 3, S. 161 - 174<i> </i></span></span><br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><i>Luhmann, Niklas</i> (1992): Die Wissenschaft der Gesellschaft. Suhrkamp
Verlag Frankfurt am Main<i> </i></span></span><br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><i>Luhmann, Niklas</i> (1993): Die Paradoxie der Form. In: ders: Aufsätze
und Reden. Reclam Verlag Stuttgart. S. 243 – 261<i> </i></span></span><br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><i>Luhmann, Niklas</i> (1995): Das Recht der Gesellschaft. Suhrkamp Verlag
Frankfurt am Main<i> </i></span></span><br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><i>Luhmann, Niklas</i> (1997): Die Gesellschaft der Gesellschaft. Suhrkamp
Verlag Frankfurt am Main<i> </i></span></span><br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><i>Luhmann, Niklas</i> (2005):
Erleben und Handeln. In: ders: Soziologische Aufklärung 3. Soziales System,
Gesellschaft, Organisation. Wiesbaden 4. Auflage. S. 77 – 92<i> </i></span></span><br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><i>Luhmann, Niklas</i> (2011): Politische Theorie im Wohlfahrtsstaat.
Olzog Verlag München<i> </i></span></span><br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><i>Maturana, Humberto R./Varela, Francisco J.</i> (2012): Der Baum der
Erkenntnis. Die biologischen Wurzeln des menschlichen Erkennens. 5. Auflage S.
Fischer Verlag Frankfurt am Main<i> </i></span></span><br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><i>Mead, George Herbert</i> (1973): Geist, Identität und Gesellschaft.
Suhrkamp Verlag Frankfurt am Main<i> </i></span></span><br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><i>Ruesch, Jürgen/Bateson, Gregory</i> (2012): Kommunikation. Die soziale
Matrix der Psychiatrie. 2. korrigierte Auflage Carl-Auer-Systeme Verlag
Heidelberg<i> </i></span></span><br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><i>Spencer-Brown,
George</i> (1997): Laws Of Form. Gesetze der Form. Bohmeier Verlag Lübeck<i> </i></span></span></div>
<div style="text-align: justify;">
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><i>Turner,
Victor</i> (2005): Das Ritual. Struktur und Anti-Struktur. Neuauflage Campus
Verlag Frankfurt am Main</span></span></div>
Beobachter der Modernehttp://www.blogger.com/profile/07362668989286039861noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-6126280343808346420.post-22163394332200526592013-10-22T20:41:00.000+02:002015-04-15T17:36:38.133+02:00Die Beobachtung der Beobachtung – Exkurs über Massenmedien<!--[if gte mso 9]><xml>
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<br />
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Die Entstehung der Massenmedien
ist möglicherweise nur das Ergebnis einer nachlaufenden technischen Entwicklung
der Verbreitungsmedien, die den Anforderungen der modernen funktional differenzierten
Gesellschaft noch nicht genügte. Das ändert sich nun mit den Möglichkeiten, die
das Internet als technische Infrastruktur für Informationsverbreitung bietet.
Aktuell geht man noch von der Annahme aus, dass die soziale Evolution der technischen
Entwicklung hinterherrennt, so z. B. Dirk Baecker mit seiner next society (vgl.
2007). Das was er als nächste Gesellschaft beschreibt, wird hier als eine
Beschreibung der modernen Gesellschaft interpretiert. Der Vorschlag lautet die
umgekehrte Variante zu testen: <i style="mso-bidi-font-style: normal;">die
technische Entwicklung läuft der sozialen Entwicklung hinterher</i>. Das
Internet ist das Verbreitungsmedium der modernen Gesellschaft und verhilft ihr
erst dazu ihre Möglichkeiten voll zu entfalten. Es bricht die
Gatekeeperfunktion der etablierten Massenmedien und eröffnet den Kampf um die
Deutungshoheit zwischen all jenen, die sich berufen fühlen Experte für ein
bestimmtes Thema zu werden. Mit anderen Worten, <i style="mso-bidi-font-style: normal;">das Internet hat den Kampf um Aufmerksamkeit erst richtig eröffnet</i>.</span><br />
<br />
<a name='more'></a><span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif;">Der Buchdruck und der Rundfunk
machten es möglich viele potentielle Teilnehmer aus diesem Kampf
auszuschließen. Zunächst musste man Lesen und schreiben können, um mitzumachen.
Dann benötigte man noch einen Verlag, der das Buch druckte und jemanden, der
die Bücher vertrieb. Man war also auf die Hilfe vieler anderer Menschen
angewiesen, um diese Eintrittsbarrieren zu errichten und aufrecht zu erhalten. Mit
dem Buchdruck wurden zwar die Weichen für eine stärkere funktionale
Differenzierung der Gesellschaft gestellt. Zugleich bot jedoch der Buchdruck auch die Möglichkeit
die Informationsverbreitung via Bücher sehr stark zu begrenzen. Zum einen
benötigte man ein lesendes Publikum, was aufgrund einer sehr geringen Bildung
weiter Bevölkerungsschichten zum Zeitpunkt der Erfindung und noch lange darüber
hinaus nicht vorhanden war, und zum anderen gab der Buchdruck dem Publikum
keine Möglichkeit dem Autor seine Eindrücke direkt mitzuteilen. Damit bot die
Erfindung des Buchdrucks zugleich auch die Möglichkeit, die bestehende stratifikatorische
Differenzierung der Gesellschaft zu verstärken und abzusichern </span><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/10/die-beobachtung-der-beobachtung-exkurs.html#fn001" id="anker001" style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif;">[1]</a><span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif;">. Das änderte
sich vor allem hinsichtlich der Produktionsbedingungen mit der Erfindung von
Film und Rundfunk noch nicht signifikant. Erst die Inklusion breiter
Bevölkerungsschichten ins Erziehungssystem und die immer billiger werdende,
industrielle Produktion der massenmedialen Verbreitungstechnik machten es
schließlich möglich, dass fast jeder in der Lage ist am massenmedialen Kampf um
Aufmerksamkeit teilzunehmen. Dies deutete sich bereits vor dem Internet an,
doch erst das Internet stellt auch die technischen Verbreitungsmöglichkeiten so
günstig zur Verfügung, dass fast jeder mitmachen kann – und das in Eigenregie.</span><br />
<br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Dieser Umstand setzt jedoch jeden
Teilnehmer unter den Druck ein Alleinstellungsmerkmal zu finden, mit dem man
sich von anderen Mitbewerbern um Aufmerksamkeit absetzen kann. Dafür muss zu
immer schrilleren, übertriebeneren, bis zur Lächerlichkeit überzogenen Formen
gegriffen werden, um die Aufmerksamkeit eines Publikums fesseln zu können. <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Öffentlichkeit, die heute durch die moderne
Verbreitungstechnik hergestellt wird, ist damit kein Spiegel der Gesellschaft,
sondern nur ihre groteske Karikatur.</i> Denn Aufmerksamkeit bekommt nur der,
der sich selbst oder sein Thema am aufmerksamkeitsträchtigsten darstellen kann.
Dieser Selektionsmechanismus funktioniert aber auch nur in einer funktional
differenzierten Gesellschaft, in der sich ein Funktionssystem zur <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Verbreitung von Informationen um der
Information</i> willen ausdifferenziert hat. Der <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Code</i> dieses Funktionssystems ist <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Information</i> (vgl. Luhmann 2004, S. 36f.), das <i style="mso-bidi-font-style: normal;">symbolisch generalisierte Kommunikationsmedium</i> ist <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Aufmerksamkeit</i>. Die technischen
Möglichkeiten des Internets lösen nun die Grenze zwischen professionellen und
nicht-professionellen Gatekeepern und Meinungsführern wieder auf. Das Internet
vernichtet keine Öffentlichkeit, sondern stellt sie, im Sinne einer allgemeinen
Zugänglichkeit zu Informationen, her. Was durch diese technische Entwicklung
bedroht wird, ist die Stellung der etablierten, professionellen Gatekeeper der
Massenmedien. Nichts desto trotz wird die Selektionslogik der Massenmedien
weiter reproduziert. Wenn jedoch die Aufmerksamkeit das symbolisch
generalisierte Kommunikationsmedium der Massenmedien ist und Aufmerksamkeit
durch Neues, Ungewöhnliches, Skandalöses, Empörendes angezogen wird, dann
produzieren die Selektionsmechanismen eine systematische
Aufmerksamkeitsverzerrung der massenmedialen Beobachtungen. Man könnte auch
sagen, die Massenmedien sind auf die Beobachtung von Devianz programmiert, weil
das Bekannte und Normale nicht dazu motiviert, die Aufmerksamkeit darauf zu
richten. Doch diese Aufmerksamkeitsverzerrung wird auch ohne
professionalisierte Themensetzung fortgesetzt.</span><br />
<br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Aufgrund dieser Entwicklung hin zu
immer übertriebeneren Formen die Aufmerksamkeit des Publikums zu binden, besteht
gegenwärtig das Risiko, dass die Selektionslogik der Massenmedien die
Selektionslogiken der anderen Funktionssysteme der Gesellschaft korrumpiert. <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Funktional unspezifizierte Kommunikation
funktioniert multimedial und damit auch multifunktional.</i> Jede funktional
unspezifizierte Kommunikation referiert auf Macht, auf Knappheit, auf
Intimität, auf Schönheit, auf Wahrheit, auf Transzendenz und auch auf
Aufmerksamkeit. Funktionale Differenzierung destilliert im Grunde genommen
jeweils eines dieser Kommunikationsmedien heraus, weil jedes dieser Medien gute
Gründe für die Ablehnung eines Kommunikationsangebots liefern kann. Die
Präzisierung des Problembezugs wird durch symbolische Generalisierungen
konditioniert, damit die anderen Kommunikationsmedien nicht mehr dazwischen funken können. Aufmerksamkeit
ist nicht nur im ausdifferenzierten Funktionssystem Massenmedien knapp, sondern
gesellschaftsweit. Aber lediglich bei den Massenmedien erfolgt die <i style="mso-bidi-font-style: normal;">operative Schließung</i> über den <i style="mso-bidi-font-style: normal;">reflexiven Mechanismus</i> die eigene <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Aufmerksamkeit darauf zu richten, wie man
Aufmerksamkeit bekommen kann</i>. Die Funktion bzw. die <i>Zweckprogrammierung</i> der
Massenmedien besteht in der Informationsverbreitung. Die
<i>Konditionalprogrammierung</i>, also das Selektionskriterium der Massenmedien, ist
Devianz. Denn nur diese sichert zuverlässig die Aufmerksamkeit des Publikums.
Abweichende Informationen vom gewohnten Sinn erzeugen zugleich Kontingenz und
damit eine Dauerirritation der Gesellschaft durch sich selbst <a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/10/die-beobachtung-der-beobachtung-exkurs.html#fn002" id="anker002">[2]</a>. Die
Massenmedien ermöglichen durch Informationsverbreitung damit eine
Selbstbeobachtung der Gesellschaft (vgl. Luhmann 2004, S. 183). Die nach der Selektionslogik
der Massenmedien erzeugten Selbstbeschreibungen der Gesellschaft sind jedoch
das Ergebnis dieser verzerrten Beobachtung, die nur Devianz als Prämisse der
weiteren Informationsverarbeitung akzeptiert. Vertraut man lediglich den
Realitätskonstruktionen der Massenmedien, so birgt dies das Risiko einer
schleichenden Entfremdung der Gesellschaft von sich selbst. Desweiteren wird
durch die Massenmedien ein Veränderungsdruck erzeugt, der aber möglicherweise
faktisch gar nicht besteht, weil massenmediale Darstellungen auf
Dramatisierungen setzen, um genügend Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen.</span><br />
<br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Wenn der Kampf um Aufmerksamkeit
gesellschaftsweit tobt, stellt sich die Frage, wie es gelingen kann außerhalb
des Funktionssystems Massenmedien Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen? Es kann
gerade nicht die Lösung sein, dass sich politische, wissenschaftliche,
religiöse oder künstlerische Kommunikation an das Selektionskriterium der
Massenmedien anpasst, was jedoch aktuell stellenweise zu beobachten ist. Im Theater - also der Kunst -
ist diese Entwicklung schon seit längerem nicht mehr zu ignorieren. Symptomatisch ist hier
der extensive Einsatz von Splatter-Effekten auf der Bühne, die teilweise in
richtige Blutorgien ausarten. Hinzu kommen die immer groteskeren Darstellungen
von politischen und wirtschaftlichen Problemen, die ihre Empörungskraft gerade
daraus ziehen, dass Demokratie als undemokratisch und die Wirtschaft als
System, das nicht die Bedürfnisse der Menschen befriedigen kann, dargestellt
wird. Letzteres trifft auch auf die Politik und die Wissenschaft zu. Auch sie
setzen zum Teil auf empörende Gesellschaftsbeschreibungen, die aber eben nicht
nach den jeweils eigenen Selektionskriterien entstanden sind, sondern mit Blick
auf massenmediale Resonanz deviante Gesellschaftsbeschreibungen abliefern <a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/10/die-beobachtung-der-beobachtung-exkurs.html#fn003" id="anker003">[3]</a>. Mit
diesem <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Umweg über die Massenmedien</i> soll
dann auch die Politik zur Annahme diesen massenmedialen Kommunikationsangebots
motiviert werden, um notwendige Veränderungen umzusetzen. Deswegen verstehen
sich viele Vertreter der Massenmedien als vierte Macht im Staate. Dieses Selbstverständnis
gründet sich jedoch in einer hierarchisch gegliederten bzw. stratifikatorisch
differenzierten Gesellschaftsvorstellung, in der sich die Massenmedien zu
Komplizen der gegenwärtigen Machthaber machen oder, sofern sie kritisch zur
Regierung stehen, mit den Machthabern um die Position an der Spitze
konkurrieren.</span><br />
<br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Die Anpassung der
Selektionslogiken der anderen Funktionssysteme an die Selektionslogik der
Massenmedien kann eine Weile funktionieren, korrumpiert aber auf lange Sicht
die symbolischen Generalisierungen der anderen Funktionssysteme <a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/10/die-beobachtung-der-beobachtung-exkurs.html#fn004" id="anker004">[4]</a>. Soll
Aufmerksamkeit unter Berücksichtigung des jeweiligen Zwecks eines
Funktionssystems angezogen werden, ist Erfolg das einzig relevante
Beobachtungskriterium. Nachgemacht wird das, was funktioniert. Da der Erfolg
aber mit der Zeit immer unwahrscheinlicher wird, weil er durchschaut werden
kann, ist ein immer präziserer Problembezug und eine immer stärkere Konditionierung
durch die Weiterentwicklung der symbolischen Generalisierungen notwendig. Die
Kunst erfolgreicher Kommunikation besteht darin zum einen die jeweilige
Konditionalprogrammierung eines Funktionssystems zu berücksichtigen und zum
anderen darüber hinaus zu gehen. Ein Kommunikationsangebot muss zum einen
zeigen, dass der Mitteilende die Konditionalprogrammierung internalisiert hat
und virtuos anwenden kann und zum anderen trotzdem noch seinen eigenen Stil mit
einbringt. Erst letzteres verleiht einem Kommunikationsangebot ein
Alleinstellungsmerkmal und damit höhere Chancen auf Aufmerksamkeit. Es geht
also nicht nur um das technokratische Durchexerzieren der Konditionierung,
sondern darum als Person in Erscheinung zu treten, obwohl man eigentlich nur
eine Rolle ausführt. Man könnte dieses <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Erfolgskriterium</i>
auch als <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Authentizität</i> bezeichnen. </span><br />
<br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Die
Chancen, dass es in Zukunft noch ein Funktionssystem für professionelle
Informationsverbreitung geben wird, liegen letztlich in authentischer
Berichterstattung. Hinsichtlich der aktuellen Krise der traditionellen
Printmedien stellt sich deswegen die Frage, ob es gelingt neue
Konditionierungen in die bestehenden Programme einzubauen, damit sich
Aufmerksamkeit als symbolisch generalisiertes Kommunikationsmedium der
Massenmedien reproduzieren kann. Unmittelbar damit verbunden ist das Problem, ob
man als Erfolgsmaßstab nur auf Quantität bzw. Reichweite setzen kann oder auch
qualitative Kriterien mit einbeziehen muss. Gelingt es nicht den Problembezug der
massenmedialen Informationsverbreitung soweit zu präzisieren, dass man
Kriterien benennen kann, mit deren Hilfe man professionelle von
nicht-professioneller Informationsverbreitung unterscheiden kann, dann wird
journalistisch aufbereitete Informationsverbreitung langfristig nur geringe
Überlebenschancen haben. Ein Hindernis scheint die oben genannte Selbstbeschreibung
der journalistischen Massenmedien zu sein, die sich vorwiegend über ihre
Funktion für das Funktionieren eines demokratisch organisierten politischen
Systems legitimieren. Ein anderes Hindernis ist der weit verbreitete Glaube,
dass Schreiben eine Form der Arbeit ist, die es zum Nulltarif zu haben gibt.
Gerade das Internet zeigt, wie unwahrscheinlich qualitativ hochwertige Texte
sind. Es zeigt andererseits aber auch, wie viele verborgene Schreibtalente es
unter den Menschen gibt. Die Vertreter der traditionellen Massenmedien <a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/10/die-beobachtung-der-beobachtung-exkurs.html#fn005" id="anker005">[5]</a> haben sich viel zulange auf ihrer Vormachtstellung ausgeruht. Dadurch fehlte die Notwendigkeit sich mit den benannten Problemen auseinander zu setzen. Die rasante technische Entwicklung des Internets hat sie kalt erwischt und es zeigt sich nun, dass sie sich völlig falsche Vorstellungen über ihre soziale Funktion für die Gesellschaft gemacht haben. Ob es gelingen wird diese Vorstellungen zu korrigieren, kann nur die Zukunft zeigen. </span><br />
<br />
<br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Kontakt: destination.unkown@gmx.net</span><br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Der Beobachter der Moderne auf <a href="https://www.facebook.com/Beobachter.der.Moderne">Facebook</a> und auf <a href="https://twitter.com/gorgonobserver">Twitter</a> </span><br />
<br /></div>
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">
</span><br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">
</span><br />
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/10/die-beobachtung-der-beobachtung-exkurs.html#anker001" id="fn001">[1]</a> Eine grobe Zuordnung von
Verbreitungsmedium und Differenzierungsform würde folgendermaßen aussehen:
Schrift ist das Verbreitungsmedium der segmentär differenzierter Gesellschaft,
Buchdruck ist das Verbreitungsmedium der stratifikatorisch differenzierten
Gesellschaft und das Internet ist das Verbreitungsmedium der funktional
differenzierten Gesellschaft. Entscheidend ist die Funktion des
Verbreitungsmediums für die Selbstbeobachtung der Gesellschaft. In der
segmentär differenzierten Gesellschaft leisteten diese Funktion bereits die
Totems, wie sie von Emile Durkheim in „Die elementaren Formen des religiösen
Lebens“ (1984) beschrieben wurden. Schrift ist also nur eine unzureichende
Beschreibung des Verbreitungsmediums der segmentär differenzierten
Gesellschaft. Man müsste wohl eher von Zeichen oder Symbolen sprechen. Die
Selbstbeobachtung von Kommunikation war bereits ohne Schrift möglich. Mithin
trug jedes Verbreitungsmedium einerseits zur Stabilisierung der bestehenden
Differenzierungsform bei, anderseits stellt es aber zugleich auch die Weichen
für die soziokulturelle Evolution zur nächsten Differenzierungsform. Da jedoch
das Internet die durch Schrift und Buchdruck entstandenen Asymmetrien zwischen
Mitteilendem und Publikum wieder auflöst, stellt sich die Frage, ob es eine
darauf aufbauende Differenzierungsform einer nächsten Gesellschaft geben kann.
Da funktionale Differenzierung eine Art segmentäre Differenzierung 2. Ordnung
ist, erscheint dies aus der hier vorgestellten Perspektive äußerst
unwahrscheinlich. Das soll jedoch nicht heißen, dass die Geschichte an ihr Ende
gekommen wäre. </span></div>
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">
</span><br />
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/10/die-beobachtung-der-beobachtung-exkurs.html#anker002" id="fn002">[2]</a> Siehe zur Funktion des
Internets als beständige Irritationsquelle der Gesellschaft den früheren Text <a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.de/2012/10/die-offentlichkeit-der-gesellschaft-das.html">„Die
Öffentlichkeit der Gesellschaft und das Internet“</a>.</span><br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><br /></span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/10/die-beobachtung-der-beobachtung-exkurs.html#anker003" id="fn003">[3]</a> Siehe für die Anpassung der Wissenschaft an die massenmedialen Formen der Aufmerksamkeitbindung eine interessante Beobachtung von Fritz B. Simon auf seinem <a href="http://www.carl-auer.de/blog/simon/wissenschaftlichkeit/">Blog</a>. Gerade die Formen der Produktion vorläufig gesicherten Wissens durch das Wissenschaftssystem sind kaum öffentlichkeitswirksam zu verbreiten und deswegen für die Massenmedien äußerst uninteressant. Umso aufsehenerregender sind dann natürlich Meldungen wonach die meisten wissenschaftlichen "Wahrheiten" falsch sind. Die Vorläufigkeit wissenschaftlich produzierten Wissens wird dann öffentlich einfach dadurch umgangen, dass man eine Studie nicht mehr überprüft, sondern sie einfach unhinterfragt stehen lässt. Ohne Kritik entsteht dann in der öffentlichen Wahrnehmung der Eindruck, dass das präsentierte Wissen wahr sein, obwohl eigentlich schon die Erwartung auf "wahres" Wissen seitens der Wissenschaft abgelehnt werden müsst.</span></div>
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">
</span><br />
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/10/die-beobachtung-der-beobachtung-exkurs.html#anker004" id="fn004">[4]</a> Dass diese Vorgehensweise
nicht mehr funktioniert, hat zuletzt die hysterische Berichterstattung über die
NSA-Überwachung gezeigt. Auch hier hat man versucht Demokratie als
undemokratisch zu diffamieren, um auf diese Weise einen Veränderungsbedarf an
die Politik zu adressieren. In diesem Fall hat möglicherweise die Form der
Aufmerksamkeitsgenerierung das politische Anliegen diskreditiert, denn die
Beschreibungen einer Überwachungsgesellschaft, die durch die NSA-Überwachung
entstanden sei, ähnelten zu stark paranoiden Wahnsystemen als dass man sie noch
hätte ernstnehmen können (siehe <a href="https://www.facebook.com/Beobachter.der.Moderne/posts/165771703619880">hier</a>). An diesem Beispiel wird das Risiko deutlich, dass
auch die Massenmedien Opfer ihrer eigenen Selektionslogik werden können. Wenn
die Massenmedien mit Vorliebe Informationen verbreiten, die von Gewohntem
abweichen und dadurch deviant sind, können Berichte oder Meinungen selbst als
deviant beobachtet werden, wenn sie zu stark übertreiben in der Hoffnung auf
Aufmerksamkeit und Veränderung. Die Ironie besteht darin, dass die Präferenz
für deviante Informationen Berichte selbst deviant erscheinen lassen, wenn die
Form der Mitteilung sich der mitgeteilten Information anzupassen versucht oder
die mitgeteilte Information nicht das Erregungspotential verspricht, was man
sich erhofft. Zu diesem Mittel wird immer dann gerne
gegriffen, wenn die mitzuteilende Information nicht die Attraktivität besitzt,
um die erhoffte Aufmerksamkeit zu bekommen. An diesem Punkt schaltet die
massenmediale Beobachtung auch häufig von Fremdreferenz auf Selbstreferenz um
und beschäftigt sich mit sich selbst. Was dann dazu führt, dass man die
berichtenswerten Ereignisse gleich selber produziert, anstatt darauf zu warten,
bis etwas Berichtenswertes in der Umwelt passiert. Man denke nur an Fernseh-Formate wie
das Dschungelcamp.<b style="mso-bidi-font-weight: normal;"> </b></span><br />
<br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span style="mso-bidi-font-weight: normal;"><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/10/die-beobachtung-der-beobachtung-exkurs.html#anker005" id="fn005">[5]</a> Damit ist vor allem die politische Berichterstattung und Kommentierung gemeint. Dass hier trotzdem Massenmedien</span><span style="mso-bidi-font-weight: normal;"> als </span><span style="mso-bidi-font-weight: normal;">Funktionssystem der modernen Gesellschaft beschrieben werden konnte, verdankt sich vorwiegend der Beobachtung von Unterhaltungsformaten und der Informationsverbreitung via Internet.</span></span><br />
<br />
<br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><b style="mso-bidi-font-weight: normal;">Literatur</b></span></div>
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">
</span><br />
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><i style="mso-bidi-font-style: normal;">Baecker, Dirk</i> (2007): Studien zur nächsten Gesellschaft. Suhrkamp
Verlag Frankfurt am Main</span></div>
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">
</span><br />
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><i style="mso-bidi-font-style: normal;">Durkheim, Emile</i> (1984): Die elementaren Formen des religiösen
Lebens. Suhrkamp Verlag Frankfurt am Main</span></div>
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">
</span><br />
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><i style="mso-bidi-font-style: normal;">Luhmann, Niklas</i> (2004): Die Realität der Massenmedien. 3. Auflage
VS Verlag für Sozialwissenschaften Wiesbaden </span></div>
Beobachter der Modernehttp://www.blogger.com/profile/07362668989286039861noreply@blogger.com2tag:blogger.com,1999:blog-6126280343808346420.post-2100986492752829752013-09-24T19:13:00.000+02:002014-06-10T18:52:08.326+02:00Ein Jahr Beobachter der Moderne<!--[if gte mso 9]><xml>
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<br />
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Liebe Leserinnen & Leser,</span></div>
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">
</span><br />
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<br /></div>
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">
</span><br />
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">heute möchte ich aus meiner
üblichen Rolle fallen und statt in der distanzierten man-Schreibweise in eine
subjektive Schreibweise wechseln. Der Anlass ist der erste Jahrestag dieses
Blogs. Genau vor einem Jahr, am 24.09.2012, habe ich den ersten Text „<a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.de/2012/09/politik-meets-big-bang-theory-oder.html">Politik
meets The Big Bang Theory oder Warum die Piratenpartei nicht politikfähig ist</a>“ veröffentlicht. Was ich damals zum
politischen System im Allgemeinen und zur Piratenpartei im Speziellen
geschrieben habe, hat jetzt so kurz nach der Bundestagswahl nichts an Aktualität
verloren. Hinsichtlich der Piratenpartei darf man gespannt sein, ob die zur
nächsten Bundestagswahl überhaupt nochmal antritt. Doch zu einem freudigen
Anlass, wie einem Jubiläum, ist Politik das falsche Thema, denn es regt nur
unnötig auf. Deswegen gehe ich darauf an dieser Stelle nicht weiter ein.</span><br />
<a name='more'></a><br />
<br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Leser die sich darauf gefreut
haben, endlich den nächsten regulären Text zu lesen, muss ich leider noch etwas
vertrösten. Der kommende Text mit dem Arbeitstitel „Die Beobachtung der
Beobachtung 3 – Funktionale Differenzierung“ ist immer noch nicht fertig
gestellt. Aktuell ist auch noch fraglich, ob ich ihn überhaupt in einem Stück
veröffentlichen werde. Aufgrund des bisher erreichten Umfangs spiele ich mit
dem Gedanken ihn in drei Teilen zu veröffentlichen, da er bereits jetzt die
Länge des letzten Textes erreicht hat und ein Ende noch nicht absehbar ist. Ich
hoffe, dass ich zumindest den ersten Teil innerhalb des nächsten Monats hier
endlich präsentieren kann. Nur weil der nächste Text noch auf sich warten
lässt, heißt das aber nicht, dass ich nicht aktiv bin. Inzwischen habe ich
einen <a href="https://www.facebook.com/Beobachter.der.Moderne?fref=ts">Facebook-Auftritt</a>
und einen <a href="https://twitter.com/gorgonobserver">Twitter-Account</a>
eingerichtet. Wer also auf Neues vom Beobachter der Moderne wartet, muss sich
nicht auf das Blog beschränken. </span></div>
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">
</span><br />
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<br /></div>
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">
</span><br />
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Jahrestage sind ein Anlass zum
Feiern. Zum Feiern braucht man Musik. Wer diesen Anlass ordentlich feiern
möchte, findet <a href="https://soundcloud.com/maceoplex/maceo-plex-live-enter-space">hier</a>
die passende musikalische Untermalung dazu. Es handelt sich um ein Set von
einem meiner Lieblings-Produzenten und -DJs <a href="https://www.facebook.com/MaceoPlex?fref=ts">Maceo Plex</a>, auch bekannt
als <a href="https://www.facebook.com/MaetrikMusic?fref=ts">Maetrik</a>. Er hat
am 29.08.2013 im Space auf Ibiza ein sehr feines Set gespielt, dass genau den
richtigen Soundtrack zu so einem freudigen Anlass liefert [1]. Elektronische Tanzmusik
ist für mich ein idealtypisches Sinnbild für die Reproduktionsweise
autopoietischer Systeme. Die Soundelemente reproduzieren sich aus den
Soundelementen. Egal ob man das jetzt musikhistorisch betrachtet oder nur im
Rahmen eines DJ- oder Live-Sets. Die hypnotische Kombination von redundantem
Takt und variierenden Soundelementen sorgt für höchste
Aufmerksamkeitskonzentration und ekstatische Freiheitsgefühle zugleich. Lassen sich Körper und Geist von der Musik einnehmen, werden Momente geschaffen, in denen das Heilige, das Ekstatische und das Ozeanische aufscheinen. Faszinierend ist
außerdem die prinzipielle Unabschließbarkeit der Sets. Irgendein passender
Anschlusstrack findet sich immer. Es kann unendlich weiter gehen, genau wie
Kommunikation im Allgemeinen. Mit anderen Worten, elektronische Tanzmusik ist
die perfekte Allegorie für Gesellschaft, sofern man sie als operatives
Geschehen betrachtet. Lediglich die sakralen Momente sind nicht so offensichtlich. </span></div>
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">
</span><br />
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<br /></div>
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">
</span><br />
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Schließlich möchte ich mich bei
Euch, den Leserinnen und Lesern, herzlich bedanken. Die Klickzahlen haben mich
wirklich überrascht. Der bisher mit Abstand erfolgreichste Text ist mit über
400 Klicks „<a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/04/die-beobachtung-der-beobachtung.html">Die
Beobachtung der Beobachtung</a>“. <span style="mso-spacerun: yes;"></span>Die
Plätze zwei bis vier mit über 300 Klicks belegen zurzeit die Texte „<a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/01/voruberlegungen-zu-einer.html">Vorüberlegungen
zu einer systemtheoretischen Image-Theorie am Beispiel des Amokläufers</a>“, „<a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/03/doppelte-kontingenz-und-die.html">Doppelte
Kontingenz und die Schematismen der Interaktion</a>“ und „<a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2012/12/kontingenz-kritik-und-das-internet-2.html">Kontingenz,
Kritik und das Internet – 2. Teil</a>“. Mit so viel Resonanz hatte ich nicht gerechnet.
Wenn nur die Hälfte davon für tatsächliche Leseerlebnisse steht, wäre das schon
ein riesen Erfolg. Über Feedback freue ich mich auch weiterhin. Wenn schon
nicht in Form von Kommentaren, dann wenigsten in Form Likes oder Followern. Lasst
mich wissen, dass die Arbeit nicht völlig umsonst ist. Ich hoffe Ihr bleibt mir
gewogen, die Soziologische Aufklärung geht weiter – auch wenn es an dieser
Stelle noch etwas dauert.</span></div>
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">
</span><br />
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<br /></div>
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">
</span><br />
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Euer <a href="https://www.facebook.com/Beobachter.der.Moderne?fref=ts">Beobachter der Moderne</a> </span></div>
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">
</span><br />
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<br /></div>
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">
</span><br />
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<br /></div>
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">
</span><br />
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<br /></div>
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">
</span><br />
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">[1] Maceo Plex spielt übrigens am
02.10.2013 im Elephant Club in Bielefeld. Jeder der sich in der Gegend aufhält,
sollte sich das auf keinen Fall entgehen lassen! Bielefeld ist für mich leider
zu weit weg. Ich hab ihn aber dieses Jahr schon auf der Rummelsburg/Berlin
gesehen.</span></div>
Beobachter der Modernehttp://www.blogger.com/profile/07362668989286039861noreply@blogger.com2tag:blogger.com,1999:blog-6126280343808346420.post-5255972305824823772013-06-21T16:31:00.002+02:002015-12-02T20:59:09.747+01:00Die Beobachtung der Beobachtung 2 - Kommunikation und Image<!--[if gte mso 9]><xml>
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<br />
<div align="right" class="MsoNormal" style="text-align: right;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><span style="font-size: x-small;"> </span><span style="font-size: xx-small;"><span style="font-size: x-small; line-height: 115%;"><i>Das gemeinsame Band zwischen ‚uns‘ kann der andere
sein.</i></span></span></span><br />
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><span style="font-size: xx-small;"><span style="font-size: x-small; line-height: 115%;">Ronald D. Laing*</span></span></span></div>
<br />
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
</div>
<br />
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.de/2013/04/die-beobachtung-der-beobachtung.html">Im
letzten Blog-Beitrag</a> wurde ausgiebig <i>Gorgonenbetrachtung</i>
betrieben. Gorgonenbetrachtung bezeichnet im Anschluss an Niklas Luhmann den
Umgang mit Paradoxien (vgl. 1991). Zuletzt wurde herausgearbeitet, dass
Paradoxien als nicht-eliminierbare Identitätsprobleme jeglicher Informationsgewinnung
und –verarbeitung durch Beobachten zugrunde liegen. Der Grund dafür findet sich in der
paradoxen Konstitution der Beobachtung als basaler Operation von sozialen und psychischen
Systemen. Diese Operation ist das Beobachten im Sinne des Bezeichnens mit Hilfe
einer Unterscheidung. Versucht man nun diese Operation selbst zu beobachten,
also zu unterscheiden und zu bezeichnen, dann wird das weitere Beobachten
blockiert. Genau das wurde im letzten Beitrag getan. Man trifft an diesem Punkt
auf die Selbstreferenz der Unterscheidung als sachliche, soziale und zeitliche
Paradoxie der Form. Einige der dabei auftretenden Probleme für die
Informationsgewinnung und –verarbeitung beobachtender Systeme wurden
aufgezeigt. Bei der Beobachtung der Beobachtung als Anwendung einer
Unterscheidung auf sich selbst trifft man auf eine für die weitere Entwicklung
bzw. Differenzierung eines Systems wichtige Bifurkation. Bei der
Selbstreflektion kommt es entweder zum <i>re-entry</i>,
des Wiedereintritts der Unterscheidung auf ihrer Innenseite. Das System kann
auf diese Weise seinen eigenen blinden Fleck beobachten und Lernen. Durch
Selektion und Restabilisierung gelingt es einem System sich selbst zu ändern.</span></span><br />
<a name='more'></a><br />
<br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Die andere Möglichkeit ist der
Wiedereintritt der Unterscheidung auf der Außenseite des Systems. Bei diesem
Fall kommt es zu einem <i>double bind</i>.
Das System verwechselt sich selbst mit seiner Umwelt. Dann kann es nicht seinen
eigenen blinden Fleck beobachten und somit auch nicht Lernen. Demzufolge kommt
es auch nicht zur Differenzierung bzw. Selbständerung der Systemstruktur. Es
kommt lediglich zur Steigerung der Eigenkomplexität durch Vermehrung der
Systemelemente, ohne dass eine interne Differenzierung und Integration gelingt. Stattdessen entwickelt sich ein regressiver Beobachtungsstil, der auf
dem eigenen blinden Fleck beharrt. Zur Kompensation der dabei auftretenden
Probleme versucht das System seine Umwelt zu verändern, damit es selbst stabil
bleiben kann. Da jedoch in der Umwelt des Systems auch nur beobachtende, sich
selbst ändernde Systeme vorkommen, können die Veränderungsbemühungen sich nur
darauf beziehen, die Systeme in der Umwelt dahin gehend zu verändern, dass sie
sich nicht mehr ändern. Das System versucht also seine Umwelt zum Erstarren zu
bringen. Diese Bemühungen sind allerdings selbst nur ein Hinweis auf die eigene
innere Erstarrung dieses Systems.</span></span><br />
<br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Je nachdem ob es bei der
Selbstreflektion zu einem <i>double bind</i>
oder zu einem <i>re-entry</i> kam, können zwei
verschiedene Beobachtungsstile unterschieden werden: <i>Sthenographie</i> und <i>Euryalastik.
</i>Sthenographie bezeichnet einen Beobachtungsstil der sich darauf beschränkt,
die Paradoxien offen zu legen und sie direkt zu betrachten. Zu einem Problem der
Informationsverarbeitung wird Sthenographie, weil die Beobachtung von
Paradoxien keine Unterschiede mehr zulässt, die Unterschiede machen – also eine
Information. Sthenographie macht die Paradoxie sichtbar und sich selbst damit
blind. Euryalistik bezeichnet dagegen einen Beobachtungsstil, der versucht im
Bewusstsein seiner eigenen paradoxen Konstitution trotzdem
Unterscheidungstechniken zu suchen, welche die Paradoxien invisibilisieren und
dadurch seine Unterscheidungsfähigkeit zurückgewinnt. Da jedes beobachtende
System Beobachter beobachten muss und damit beständig mit der eigenen paradoxen
Operationsbedingung zu kämpfen hat, könnte jedes beobachtende System auch als
Gorgonenbetrachter bezeichnet werden.</span></span><br />
<br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Auch in einigen Teilen der
Soziologie hat sich Stenographie als Beobachtungsstil inzwischen
eingeschlichen. Anstatt die aus der paradoxen Konstitution der
Beobachtungsoperation resultierenden Identitätsprobleme ernst zu nehmen,
versucht man sich immer noch daran Widerspruchsfreiheit herzustellen oder begnügt
sich einfach damit die Paradoxien des Untersuchungsobjekts offen zu legen und
sich an ihrer magischen Wirkung zu berauschen. Da das Problem aber in der
paradoxen Konstitution der eigenen Beobachtungsoperationen liegt, ist man nicht
in der Lage den eigenen blinden Fleck zu beobachten. Als System, das sich
darauf spezialisiert hat die Gesellschaft unter wissenschaftlichen
Gesichtspunkten zu beobachten, wird die Tatsache, dass man nur in der
Gesellschaft die Gesellschaft beobachten kann, immer noch nicht ernst genug
genommen. Stattdessen beobachten viele soziologische Theorien immer noch so als
würden sie die Gesellschaft von außen beobachten. Diese Selbstblindheit führt
zu der logischen Konsequenz, dass sich die Gesellschaft ändern muss und nicht
der eigene Standpunkt.</span></span><br />
<br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Neben den Problemen für
soziologische Theoriebildung ergibt sich daraus noch ein weiteres Problem. Zu
jedem Beschreibungsangebot der Gesamtgesellschaft gehört auch ein
korrespondierendes Menschenbild. Ein weiterer auf diesem Blog bereits <a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/02/das-unbehagen-der-systemtheorie.html">mehrfachgeäußerter Kritikpunkt</a> an vielen zeitgenössischen Theorieangeboten ist, dass die
Menschen in der soziologischen Theoriebildung entweder ganz vergessen wurden
oder nur noch als Marionetten, gleichsam umweltgesteuert, gedacht werden.
Soziologische Gesellschaftsbeschreibungen kommunizieren, wenn nicht direkt so
doch indirekt, auch ein bestimmtes Menschenbild und damit auch ein Erlebens-
und Handlungsmodell. Daraus ergibt sich die Frage, welche Auswirkungen solche menschenvergessenen Gesellschaftsbeschreibungen auf das Erleben und
Handeln der Menschen haben, die ihnen Glauben schenken? Bevor diese Frage behandelt
werden kann, sind jedoch weitere Vorüberlegungen notwendig, welche diesen
Beitrag ausmachen werden.</span></span><br />
<br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Während im letzten Beitrag das
sachliche Problem von Paradoxien als nicht-eliminierbare Identitätsprobleme für
beobachtende Systeme behandelt wurde, geht es in diesem Beitrag um die
spezifischen Konsequenzen der Beobachtung der Beobachtung in der
Sozialdimension. Und auch dieses Mal wird sich die Betrachtung zunächst um
Kommunikation, unabhängig von jeder funktionalen Spezifizierung, drehen. Im Folgenden
wird deswegen als Erstes der Unterschied zwischen der Beobachtung der
Beobachtung als sachlichem und sozialem Problem herausgearbeitet. Es
wird sich zeigen, dass für das Verständnis von Kommunikationsproblemen nicht
nur die Beobachtung der Operation als Beobachtung relevant ist, sondern auch
die Beobachtung der Beobachtung durch eine andere Person. Erst anhand der Art
und Weise wie sich Personen durch ihr Handeln zu anderen Personen in Beziehung
setzen, lassen sich funktionale von pathologischen Kommunikationsformen
unterscheiden. Es wird sich zeigen, dass das Verstehen hierfür nicht auf der operativen
Ebene, sondern auf der strukturellen Ebene eine entscheidende Rolle spielt.
Desweiteren soll gezeigt werden, dass die Techniken der Imagepflege entweder
ein Teil der Lösung aber auch als Teil dieses Problems betrachtet werden
können. Erst auf dieser Grundlage lassen sich Inklusions- und
Exklusionsdynamiken angemessen verstehen und analysieren.</span></span><br />
<br />
<br />
<div style="text-align: center;">
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">I.</span></span></div>
<br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Ausgangspunkt der Überlegungen
ist wieder <i>das soziologische
Bezugsproblem</i> einer gelingenden Handlungskoordination, wenn zugleich das
psychische Erleben der Beteiligten aufgrund von unterschiedlichen
Beobachterperspektiven auf denselben Sachverhalt beständig zu divergieren drohen.
Aufgrund der operativen Geschlossenheit und Intransparenz psychischer Systeme
sind Menschen immer dazu gezwungen sich anderen Personen mitzuteilen, damit
eine Handlungskoordination möglich wird. Mit anderen Worten, man muss
kommunizieren. In den Funktionsbedingungen von Kommunikation selbst sind jedoch
<i>zwei Störungsquellen</i> angelegt, die
wiederum die Form der Kommunikation beeinflussen können. Verschiedene Autoren,
die mit einem ähnlichen Kommunikationsbegriff arbeiten, sind bereits auf diese
Störungsquellen aufmerksam geworden. Zu nennen wären hier unter anderem Jürgen
Ruesch und Gregory Bateson (vgl. (2012), Ronald D. Laing (vgl. 1969), Erving Goffman
(vgl. 1974) und Niklas Luhmann (vgl. 1984). Alle diese Autoren gehen davon aus,
dass an Kommunikation mindestens zwei Menschen teilnehmen, welche sich
wechselseitig wahrnehmen und sich der Wahrnehmung durch die andere Person auch
bewusst sind. Spätestens wenn sich zwei Menschen gegenseitig in die Augen
schauen, kann man nicht mehr ignorieren, dass bereits kommuniziert wird.
Entweder weicht man den Blicken des Gegenübers aus und kommuniziert damit, dass
man Kommunikation lieber vermeiden möchte oder, sofern man den Blickkontakt
hält, ist man mehr oder weniger gezwungen ein Gespräch zu beginnen, bevor die
Situation peinlich wird. Denn mit dieser Situation wird die Unendlichkeit
doppelt kontingenter Handlungsmöglichkeiten eröffnet und mit jeder Millisekunde
des Schweigens steigert sich die selbsterzeugte Unsicherheit des durch die wechselseitige
Wahrnehmung konstituierten sozialen Systems.</span></span><br />
<br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Alle genannten Autoren sehen in
der Kommunikation die Lösung für das Problem der wechselseitigen Intransparenz
psychischer Systeme. Trotzdem konnten sie durch unterschiedliche
Fragestellungen die Aufmerksamkeit auf unterschiedliche Störungsquellen für
Kommunikation legen. Obgleich es also sehr viele Übereinstimmungen bei den
genannten Autoren gibt, lassen sich dennoch anhand der Darstellung der
unterschiedlichen Fragestellungen zwei allgemeine Probleme herausarbeiten, die
bei jeder Kommunikation zum Tragen kommen. Exemplarisch soll dies an den unterschiedlichen
Fragestellungen von Bateson und Laing dargestellt werden. Beide arbeiten mit
einer Kommunikationstheorie, die versucht das Verhalten von Menschen auf der
Grundlage der sozialen Beziehungen zu verstehen, in die Menschen involviert
sind. Statt Menschen als isolierte Einzelwesen zu betrachten, werden sie als
soziale Wesen betrachtet, deren Art und Weise zu Erleben und zu Handeln sich
aus den sozialen Beziehungen ergibt, die sie zu anderen Menschen unterhalten.
Bateson und Laing entwickelten diese Herangehensweise aus der
psychotherapeutischen Praxis heraus. Das Konzept der Kommunikation erhält für
das Verständnis von Wahrnehmungs- und Verhaltensstörungen von Menschen eine
zentrale Bedeutung, denn <i>Kommunikation
strukturiert die Erlebens- und Handlungsmöglichkeiten der Menschen</i>.
Präzisiert man mit Luhmann Kommunikation als Informationsgewinnung durch die
Beobachtung der Beobachtung, lassen sich die zwei Störungsquellen der
Kommunikation anhand eines einheitlichen Gesichtspunkts voneinander
unterscheiden. Es handelt sich dabei um den Unterschied zwischen der <i>sachlichen</i> und <i>sozialen</i> Entfaltung der Tautologie Beobachtungen zu beobachten.</span></span><br />
<br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Pathologien sind aus der
Perspektive der kommunikationstheoretisch fundierten Psychotherapie
Kommunikationsstörungen. Die Entstehung solcher Kommunikationsstörungen ist
wiederum nur aus der Kommunikation verständlich, die sich zwischen den
Kommunikationspartnern abspielt. Die Kommunikationspartner, die damit als
erstes in den Fokus der Aufmerksamkeit rücken, sind die anderen
Familienmitglieder der Patienten. Die Psychotherapie entfaltet somit die
Paradoxie, dass Kommunikation sowohl die Quelle seelischer Gesundheit als auch
Quelle seelischer Störungen sein kann. Um verschiedene funktionale und
pathologische Kommunikationsformen voneinander unterscheiden zu können, wird
daher gefragt, <i>wie</i> sich die
Kommunikation vollzieht. Dass kommuniziert wird, bestimmt nur den
Gegenstandsbereich. Das reicht jedoch nicht aus um innerhalb des
Gegenstandsbereichs verschiedene Kommunikationsformen voneinander unterscheiden
zu können. Sowohl Bateson (vgl. 1985a, S. 271f.) als auch Laing (vgl. 1976)
hatten die Vermutung, dass man am Studium von Krankheitsbildern, wie der
Schizophrenie <a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/06/die-beobachtung-der-beobachtung-2.html#fn001" id="anker001">[1]</a>, Methoden entwickeln kann, wie man erfolgreiche
Kommunikationsformen von pathologischen unterscheiden kann. Nichts desto trotz
gingen beide von verschiedenen Fragestellungen aus.</span></span><br />
<br />
<br />
<div style="text-align: center;">
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">II.<i> </i></span></span></div>
<br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><i>Bateson</i> analysierte das Verhalten schizophrener Patienten unter der
Fragestellung, in welchen Kontexten die nun als dysfunktional beobachteten
Verhaltensweisen der Betroffenen vormals funktional waren. Mit diesem Ansatz
gelang es ihm die <i>double bind</i>-Situation
zu beschreiben (vgl. Bateson 1985a, S. 276ff.). Dabei handelt es sich um eine
Situation an der mindestens zwei Personen beteiligt sind und eine der
beteiligten Personen mit widersprüchlichen Erwartungen konfrontiert wird.
Solche Bedingungen fand Bateson in den Familien der Betroffenen. Die <i>double bind</i>-Situation besteht aus einem
Dilemma, in das die betroffene Person gerät. Sie ist hin und her gerissen
zwischen dem Schutz des eigenen Selbst und dem Schutz eines oder beider
Elternteile. Beide Ziele scheinen unvereinbar, denn beide können gravierende
Konsequenzen haben. Um das Selbst der Eltern aufrecht zu erhalten, ist das Kind
gezwungen sich selbst zu verleugnen. Es entspricht damit den Erwartungen der
Eltern und gibt sein eigenes Selbst auf. Behauptet das Kind dagegen sein
eigenes Bild von sich selbst gegenüber den Eltern besteht die Gefahr, dass das Selbst
der Eltern verletzt wird. In diesem Fall entspricht das Kind zwar seinen
eigenen Erwartungen, aber nicht denen der Eltern. Das Risiko der Schizophrenie
besteht immer dann, wenn sich das Kind in wiederkehrenden Situationen mit
diesem Dilemma konfrontiert sieht und den Eltern zu liebe das eigene Selbst
aufgibt, um den Erwartungen der Eltern zu entsprechen. Da jedoch Kommunikation
innerhalb und außerhalb des Familiensystems stattfindet, muss genauer
spezifiziert werden, wie solchen widersprüchlichen Erwartungen entstehen
können, welche die betroffene Person in das beschriebene Dilemma bringen.</span></span><br />
<br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Dafür stellte Bateson die
Hypothese auf, dass schizophrene Personen Probleme damit haben Mitteilungen zu
kontextieren (vgl. 1985a, S. 275), d. h. den logischen Typ einer Mitteilung zu
erkennen, um sie so einzuordnen, dass angemessene Anschlusshandlungen folgen
können. Die Fähigkeit den logischen Typ einer Mitteilung zu erkennen hat eine viel allgemeinere Bedeutung. Sie
spielt bei der Lösung vieler sozialer Probleme eine wichtige Rolle, so z. B.
für das Verständnis von Humor, das Unterscheiden zwischen Spiel und Nicht-Spiel
oder für Lernprozesse (vgl. Bateson 1985a, S. 272ff.). Deswegen bekommt das
Studium der Schizophrenie eine weit über die psychotherapeutische Praxis
hinausgehende Bedeutung, denn es geht um den Umgang mit Paradoxien. Ausgehend
von der Grundprämisse operativer Geschlossenheit psychischer Systeme kann das
Verhalten der schizophrenen Patienten nur dann erklärt werden, wenn man
herausfindet, welche Informationen für das Erleben der Patienten Unterschiede
machen, die Unterschiede machen. Da jedoch Informationen unterschiedlich
kontextualisiert werden können und damit auch jeweils andere Unterschiede
machen, geht es darum die Kontexte zu identifizieren, in denen die Mitteilungen
von Schizophrenen sinnvoll gedeutet werden können. Erst wenn man den Code der
Schizophrenen entschlüsselt mit dem sie ihre Informationen kodifizieren, lassen
sich geeignete Therapien finden.</span></span><br />
<br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Bateson interessierte sich jedoch
nicht nur für die zwischenmenschliche Kommunikation, sondern auch für die
Kommunikation von anderen Systemtypen. Er war auf der Suche nach einem allgemeineren
Ordnungsprinzip geistiger Prozesse, das nicht nur auf soziale und psychische
Systeme beschränkt ist, sondern auch auf biologische Systeme angewendet werden
kann. Im Formenkalkül von George Spencer-Brown (vgl. 1997) fand Bateson dieses
Ordnungsprinzip formuliert. Er hatte die Vermutung, dass Spencer-Browns
„Gesetze der Form“ seine aufgestellten Kriterien noch einmal grundlegend
modifizieren könnten (vgl. Bateson 1982, S. 113). Und auch Spencer-Brown selbst
sah in den Gesetzen der Form das Potential einer allgemeinen, die Grenze von
Sozial- und Naturwissenschaften übergreifenden, Anwendbarkeit (vgl. 1997, S.
XXXI). Ob der Formenkalkül diese Hoffnungen auch einlösen kann, kann an dieser
Stelle nicht erörtert werden. Hier geht es nur um die soziologische
Fruchtbarkeit des Kalküls, wie es u. a. von Luhmann gesehen wurde. Dieses
allgemeine Ordnungsprinzip ist die <i>Beobachtung</i>
als Operation des <i>Unterscheidens</i> und <i>Bezeichnens</i>. Die Operation der
Beobachtung als Unterscheidung ist immer beides <i>zugleich</i> das Treffen einer Unterscheidung mit dem Zweck etwas zu
bezeichnen. Bei der Reflektion einer Unterscheidung kommt es zum Wiedereintritt
der Unterscheidung in sich selbst, weil sie versucht sich von sich selbst zu
unterscheiden. Statt von einem Ordnungsprinzip könnte man auch von einer
allgemeinen <i>Kodifizierungsregel</i> von sozialen und psychischen Systemen sprechen.</span></span><br />
<br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Der <i>double bind</i> bildet eine Ursache für Kommunikationsstörungen, wie
sie bei Schizophrenen beobachtet werden können. Nimmt man an, dass mit den
Gesetzen der Form eine allgemeine Kodifizierungsregel formuliert wird und interpretiert
den <i>double bind</i> im Kontext von
Spencer-Browns Formenkalkül als Wiedereintritt auf der Außenseite einer
Unterscheidung, so hat man eine Theorie darüber wie Schizophrene beobachten.
Mit anderen Worten, man hat einen theoretischen Kontext in dem sich die
Mitteilungen von schizophrenen Patienten verstehen lassen. Für die
Unterscheidung von funktionalen und dysfunktionalen Kommunikationsformen kommt
es also darauf an zwischen verschiedenen Formen zu unterscheiden, <i>wie beobachtet wird</i>. Da dieser Ansatz
seine Aufmerksamkeit auf die beobachtbaren Mitteilungen der
Kommunikationspartner richtet, wird dieser Ansatz auch für soziologische
Analysen interessant. Für eine soziologische Analyse, wie das soziale Problem von
Menschen gelöst wird, sollte allerdings die Paradoxie der Beobachtungsoperation im Auge behalten werden, sonst verfängt man sich selbst in den unendlichen
Verzweigungsmöglichkeiten des eigenen Unterscheidungsnetzwerks. Dieses Problem allein reicht jedoch für das Verständnis sozialer Prozesse nicht aus.</span></span><br />
<br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Bei der paradoxen Konstitution
der Beobachtungsoperation handelt es sich um das allgemeine Problem jeglicher
psychischen und sozialen Informationsverarbeitung. Dieses Problem wird verdoppelt
sobald Menschen in Kommunikation verwickelt werden. Dann geht es nicht mehr nur
darum, wie Unterscheidungen Unterscheidungen beobachten. Die Paradoxie der
Beobachtung der Beobachtung entfaltet sich nun auch sozial, denn der
Mitteilungsaspekt jedes Kommunikationsereignisses verweist auf die Form der
Mitteilung und damit auch auf die mitteilende Person. Das zweite Problem
besteht dann in der Frage, welche Person mit welchen sozial angebotenen
Unterscheidungen sich selbst, seinen Kommunikationspartner und die Kommunikation
beobachtet. Und auch bei der Beantwortung dieser Frage wird man wieder bei
psychotherapeutischen Ansätzen fündig.</span></span><br />
<br />
<br />
<div style="text-align: center;">
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">III.<i> </i></span></span></div>
<br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><i>Ronald D. Laing</i> ging bei seiner Suche nach möglichen Ursachen von
schizoiden Persönlichkeitsstörungen von einer anderen Annahme als Bateson aus.
Laing vermutete, dass sich das Verhalten von schizoiden Personen anhand des
Problems der eigenen Sichtbarkeit für andere Personen verstehen lässt (vgl.
1976). Der Ausgangspunkt ist wieder die dyadische Interaktionssituation, wenn
sich mindestens zwei Menschen begegnen und sich wechselseitig wahrnehmen und
auch das Wahrgenommen-Werden wahrnehmen. Bei einer psychotherapeutischen
Behandlung muss daher die Tatsache beachtet werden, „daß sich jeder Mensch gleichzeitig
getrennt von seinen Mitmenschen und in Beziehung mit ihnen befindet“ (Laing
1976, S. 22). Dabei handelt es sich um eine andere Beschreibung des
Ausgangsproblems, dessen Lösung Kommunikation ist. Das Getrenntsein beschreibt
die operative Geschlossenheit psychischer Systeme und das In-Beziehung-Sein die
Notwendigkeit sich selbst von den Mitmenschen in der Umwelt zu unterscheiden <a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/06/die-beobachtung-der-beobachtung-2.html#fn002" id="anker002">[2]</a>.
Das Problem ist so allgemein formuliert, dass es wieder alle
Interaktionssituationen erfasst und keine Situation von vorn herein
ausschließt.</span></span><br />
<br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Aus psychischer Perspektive
ergibt sich daraus das Folgeproblem der eigenen Sichtbarkeit für die anderen
Kommunikationspartner. Mit diesem Problem wird jeder Mensch konfrontiert. Es
kann, mit anderen Worten, nicht um die Frage gehen, wer der Andere ist, sondern
wie mich der Andere sieht – welches Bild macht er sich von mir? Unter
Berücksichtigung der operativen Geschlossenheit psychischer Systeme läuft es auf
die Frage hinaus, welches Bild mache ich mir von meinem Gegenüber, um ihm
gegenüber im Rahmen unsere Beziehung so handeln zu können, dass es ihm möglich
ist mich zu verstehen? Darin eingeschlossen ist die Frage, welches Bild mache
ich mir vom Bild, das mein Gegenüber von mir hat. Laing/Phillipson/Lee
bezeichnen dieses Bild einer anderen Person von jemandem als <i>Meta-Identität</i> (vgl. 1976, S. 14f.). Für
die Bildung einer Metaperspektive sind die Beteiligten auf die sichtbaren
Informationen angewiesen, die die anderen von sich preisgeben. Daraus entsteht
im Verlauf der Interaktion eine <i>Transformation</i>
bzw. <i>Modulation der eigenen Identität
durch die Perspektiven der anderen Kommunikationspartner</i>. Laing/Phillipson/Lee
sprechen von „Refraktionen, die einer Person widerfahren, wenn sie aus den
Perspektiven verschiedener Personen betrachtet wird“ (1976, S. 14.).</span></span><br />
<br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Spätestens bei Störungen geht es jedoch
nicht mehr nur darum, dass man von der anderen Person <i>wahrgenommen</i> wird, sondern wie man von der anderen Person <i>beobachtet</i> wird im Sinne des
unterscheidenden Bezeichnens. Genauer ausgedrückt, handelt es sich dabei um die
<i>Beobachtung, dass man von einer anderen
Person beobachtet wird</i>, oder kurz um die Beobachtung der Beobachtung. Mit
dieser Paradoxie hat jeder Mensch zu kämpfen, wenn er in Kontakt mit anderen
Menschen tritt. Und erst durch die Reflektion der eigenen Beobachtbarkeit
erfährt man sich selbst als autonom handelnde Person. Jeder Mensch tritt in
eine Interaktionssituation mit einem bestimmten Bild von sich selbst ein. Wenn
dann im Verlauf der Interaktion die Modulation der personalen Identitäten in
Gang gesetzt wird, geht es darum zu beobachten für wen die andere Person sich
selbst hält und ob die andere Person mich für die Person hält, für die ich mich
halte (vgl. Laing 1976, S. 30). Ob man eine Person nun als gesund oder psychotisch
betrachten kann, hängt von dem Grad der Konvergenz bzw. Divergenz der
Selbstbilder der beteiligten Personen ab, also in wie weit es den
Kommunikationspartnern gelingt die andere Person als die zuerkennen, für die
sie sich hält. Psychotische Personen sind nach Laing solche Personen, die
besondere Schwierigkeiten damit haben Selbstbild und Fremdbild zur Kongruenz zu
bringen (vgl. 1976, S. 31f.). Die Divergenz bzw. der Widerspruch zwischen dem
Selbst und dem Anderen wird stattdessen immer größer, was sich im sonderbaren
Verhalten der betroffenen Personen wiederspiegelt. Am Paradox der Sichtbarkeit des
Unsichtbaren – im Sinne der Sichtbarkeit des unsichtbaren psychischen Erlebens
im eigenen Handeln – entzündet sich der Wunsch gesehen zu werden und sich zu
verbergen. Kommunikation wird damit immer zu einer Gradwanderung auf dieser
Paradoxie. Von der Paradoxie der Beobachtung der Beobachtung muss deswegen die
Paradoxie der <i>Beobachtung der Beobachtung
durch eine andere Person</i> unterschieden werden.</span></span><br />
<br />
<br />
<div style="text-align: center;">
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">IV.</span></span></div>
<br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Sobald zwei Menschen aufeinander
treffen und sich gegenseitig wahrnehmen läuft die Kommunikation. Um die
selbsterzeugte Unsicherheit doppelt kontingenter Handlungsmöglichkeiten zur
reduzieren, muss der Situation ein Ansatzpunkt gegeben werden, am dem sich
Kommunikation entfalten kann. Dafür wird die Aufmerksamkeit der beteiligten
Personen durch einen der Beteiligten auf etwas gerichtet. Es entsteht ein
Unterschied, der einen Unterschied macht. Durch diese Äußerung offenbart sich
aber nicht die volle Komplexität des psychischen Erlebens der mitteilenden
Person. Es wird allenfalls ein kleiner Ausschnitt davon beobachtbar. Für das
Verständnis der Situation besitzt dieser Unterschied jedoch seine Relevanz,
denn für den Fortgang der Kommunikation müssen die mitgeteilten Informationen als
Orientierungspunkte genügen. Alles, was sonst noch in den Köpfen der
Beteiligten vorgeht, bleibt für Kommunikation irrelevant. Doch gerade aus der Vorstellung
über das Verhältnis zwischen dem, was von einem Menschen durch eine Mitteilung
sichtbar wird, und dem, was von ihm unsichtbar bleibt, können sich, zum Teil
sehr schwerwiegende, psychische Probleme entwickeln. Laing hat das
Krankheitsbild der Schizophrenie unter diesem Aspekt analysiert.</span></span><br />
<br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Die eigenen Gedanken bleiben aufgrund
der operativen Geschlossenheit psychischer Systeme letztlich immer
unbeobachtbar. Dies realisiert man spätestens dann, wenn man einmal mit einer
Lüge durchgekommen ist. Man operiert autonom in seinen Gedanken und realisiert dieses
Alleinsein mit seinen eigenen Gedanken. Man findet zu sich selbst. Diese
Erkenntnis ist die Voraussetzung für echte Beziehungen (vgl. Laing 1976, S. 31).
Psychotische Personen haben spezifische Probleme bei dieser Gradwanderung
zwischen Sichtbarkeit und Unsichtbarkeit. Da es ihnen nicht gelungen ist das
Alleinsein mit den eigenen Gedanken zu erkennen, fühlen sie sich aufgrund der
eigenen Sichtbarkeit in besonderer Weise verletzbar. So kann der Glaube
entstehen, dass sie für die Kommunikationspartner vollkommen durchschaubar
sind. Aufgrund des Glaubens an die vollständige Transparenz des eigenen Selbst
werden die betroffenen Personen unfähig zu lügen. Ihr Verhalten lässt sich dann als eine Reaktion auf die Situation wechselseitiger Wahrnehmung verstehen. Präzisiert man das Problem
der Beobachtung der Beobachtung in der Sozialdimension auf diese Weise, lässt
sich das Verhalten der betroffenen Personen als Techniken verstehen das, was
sie für ihr wahres Selbst halten, vor der Beobachtung durch andere Personen zu
schützen. Sie behindern damit die Bildung einer Metaperspektive auf ihr wahres
Selbst durch den Kommunikationspartner.</span></span><br />
<br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Wie geschieht das? Ein erster
Schritt dazu ist die Form der Selbstbeobachtung der betroffenen Person. Sie
beobachtet die eigenen Äußerungen, die für andere sichtbar werden, nicht als
Äußerungen ihres wahren Selbst (vgl. Laing 1976, S. 81 – 90). Das, was für
andere sichtbar wird, kann die betroffene Person nicht in die Vorstellung von
sich selbst integrieren. Diese Äußerungen sind aus der eigenen Perspektive
keine authentischen Äußerungen des wahren Selbst. Wenn sich aus dieser partiellen
Ablehnung eine permanente Verleugnung der eigenen Äußerungen als Äußerungen
ihres wahren Selbst entwickelt, kommt es zu einer Spaltung des Selbst in ein
wahres und ein falsches Selbst. Das wahre Selbst bleibt in dieser Perspektive
vor den Blicken der Umwelt verborgen. Jedes Verhalten wird dann zum Ausdruck
des Gegenteils von dem, was die betroffene Person eigentlich fühlt und denkt,
mit dem Ziel nichts von ihrem wahren Selbst preiszugeben (vgl. Laing 1976, S.
32). So werden in jeder Situation wechselseitiger Wahrnehmung die Blicke der
Anderen zu einer potentiellen Existenzbedrohung für ihr Selbst. Um sich vor
Verletzungen durch die Umwelt zu schützen, versuchen die Betroffenen zu der
Person zu werden, von der sie annehmen, dass sie diese in den Augen der Anderen
sind. Praktisch bedeutet das, dass sie lediglich versuchen den Erwartungen der
Umwelt zu entsprechen ohne als autonome, entscheidungsfähige Personen in
Erscheinung zu treten. Mit dieser Selbstbeobachtungstechnik können sie ihre
Angst beruhigen etwas von sich preisgegeben zu haben, denn das, was sie
preisgegeben haben, hat nichts mit ihrem wahren Selbst zu tun.</span></span><br />
<br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Diese innere Spaltung kann so
weit getrieben werden, dass der eigene Körper von diesen Personen nicht mehr in
die Vorstellung von ihrem wahren Selbst integriert werden kann. Während es den
meisten Menschen gelingt die eigenen Wahrnehmungen, die eigenen Gefühle und das
eigene Handeln in ihre Vorstellung von sich selbst zu integrieren und somit
Körper und Geist als eine Einheit erfahren, gelingt dies mit den angewöhnten
Selbstschutztechniken schizoider Personen nicht mehr. Dem leiblichen Körper fehlt
die Resonanzfähigkeit und damit auch das Gefühl biologisch lebendig und real zu
sein. Laing bezeichnet diese Körperwahrnehmung als <i>unverkörpertes Selbst</i> (vgl. Laing 1976, S. 55 – 65). Der Körper
wird lediglich zu einem Objekt in der Welt der Anderen und zugleich zur Umwelt
für das wahre Selbst. Es handelt sich hierbei um einen Versuch einen externen
Beobachterstandpunkt gegenüber der Interaktion des Körpers mit den Anderen
einzunehmen.</span></span><br />
<br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Es sei daran erinnert, dass
dieser Versuch einen externen Beobachterstandpunkt einzunehmen <a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.de/2013/04/die-beobachtung-der-beobachtung.html">im vorangegangen Beitrag</a> mit Bezug auf die Gorgonenmetapher als ein aussichtloser Versuch
beschrieben wurde Medusa zu köpfen. Während man dies bei sozialen Systemen noch
als Kuriosität betrachten kann, zeigt sich nun welche ernsten, psychischen
Folgen solche Versuche, Widerspruchsfreiheit herzustellen, haben können. Der
Widerspruch, dass das in der Interaktion sichtbare Selbst nicht Ausdruck des
wahren Selbst ist, führt zur Vertiefung dieses Widerspruchs, wenn man versucht
die nicht zum Selbst gehörenden Teile auszuschließen. Fatal wird dies, wenn es
sich dabei eben um alle die für anderen sichtbaren Informationen über das
Selbst handelt. Der Verstand wird vom Körper abgetrennt. Betrachtet man den
Kopf als Sitz des Verstandes so findet im übertragenen Sinne eine
Enthauptung statt. Dies scheint ein Aspekt der Gorgonenmetapher zu sein. Die
Folgen dieser Selbst-Enthauptung sind jedoch für die Betroffenen real und
existentiell.</span></span><br />
<br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Diese psychologische Entwicklung
führt jedoch nicht dazu, dass sich die betroffenen Personen nicht ihrer Selbst
bewusst werden. Die Betroffenen sind sich sehr wohl ihrer bewusst und dass sie
von anderen Menschen gesehen werden. Sie müssen jedoch Wege finden mit der
eigenen Beobachtbarkeit so umzugehen, dass sie für sie erträglich wird und sich
zugleich ihrer eigene Identität und Lebendigkeit versichern können. Eine
Möglichkeit dies zu tun, ist sich als ein Objekt in einer realen Welt zu
fühlen. Das unverkörperte Selbst ist jedoch ein System ohne Feedback. Das
bedeutet die eigene Welt hat keine eigene Realität und ist daher unreal.
Lebendig kann man sich aber nur in einer realen Welt fühlen, die Rückschlüsse
auf die Wirkungen der eigenen Handlungen zulässt. Der Körper befindet sich für
das wahre Selbst der Betroffenen in der Welt mit den Anderen. Und für diese
Anderen scheint der Körper real zu sein. So wird der Körper als Objekt in der
Welt der Anderen zu einem Mittel sich seiner Lebendigkeit zu versichern (vgl.
Laing 1976, S. 93f.).</span></span><br />
<br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Laing beschreibt noch eine
weitere Methode, wie sich schizoide Personen ihrer selbst versichern. Es
handelt sich dabei um eine starke Fixierung auf materielle Objekte in der
Umwelt. Von einer inneren Spaltung Betroffene sind sehr genaue
Selbstbeobachter. Sie sind sich häufig sogar der Gefährdung durch die
Diskontinuität des operierenden, temporalen Selbst bewusst. Daraus resultiert
jedoch die Gefahr durch Unachtsamkeit das operative Selbst bzw. seine Identität
zu verlieren, was von die Betroffenen als eine existentielle Bedrohung angesehen
wird. Dieses Problem wird mit Hilfe der intensiven Orientierung an materiellen
Objekten gelöst. Das Fortdauern von materiellen Gegenständen in der Zeit
kompensiert die temporale Diskontinuität des operativen Selbst. So verhindern
Betroffene z. B. durch ständiges auf die Uhr Schauen, dass sie sich selbst im
Geschehen verlieren (vgl. Laing 1976, S. 94f). Mit anderen Worten, über
materielle Objekte sichern einige schizoide Personen ihre geistige Identität.</span></span><br />
<br />
<br />
<div style="text-align: center;">
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">V.</span></span></div>
<br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Unter dem Gesichtspunkt der
Gorgonenbetrachtung wird Laings Studie über das geteilte Selbst relevant, weil
auch er darauf hinweist, dass der Gorgonenmythos unter dem Aspekt der
Beobachtung der Beobachtung gelesen werden kann. Ihm geht es aber nicht primär
um den Umgang mit Paradoxien als Beobachtungsblockaden, sondern um die
Entfaltung dieser Paradoxie in der Sozialdimension im Sinne des Bewusstseins
Objekt der Beobachtung einer anderen Person zu sein. So weist Laing darauf hin,
dass der versteinernde Blick der Medusa die Furcht davor ausdrückt ein <i>Objekt für jemand anderes</i> sein (vgl.
Laing 1976, S. 95). Unter Berücksichtigung des Getrenntseins von den
Mitmenschen und dem bei jeder Interaktion einsetzenden Modulation der
personalen Identitäten geht es darüber hinaus vermutlich auch um die Furcht vor
dem <i>Verlust der Kontrolle über die eigene
Identität durch den Blick der Anderen</i>. Dieses Bewusstsein über die eigene
Beobachtbarkeit und der Gefahr der Transformation der eigenen personalen
Identität durch die Metaperspektiven der Kommunikationspartner lässt die
Betroffenen in gewisser Weise erstarren.</span></span><br />
<br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Laing präzisiert die Metapher
sogar noch weiter. Wie oben beschrieben ist eine Möglichkeit mit der Gefahr der
eigenen Beobachtbarkeit umzugehen, dass man sich selbst zum Objekt für die
Anderen macht; und das nicht nur im Sinne eines Objekts der Beobachtung,
sondern im Sinne eines toten Gegenstandes im Unterschied zu einem lebenden Organismus.
Die Betroffenen treten den Interaktionspartnern nicht als autonome, zu freien
Wahl ihrer Handlungen fähige Person gegenüber, sondern sie versuchen nur den
externen Erwartungen gerecht zu werden. Auf diese Weise werden sie nicht
Personen mit eigenen Wünschen, Bedürfnissen oder Zielen, sondern lediglich zu
einem Ding, das genauso ist, wie es von der Umwelt erwartet wird. Anstatt zu
agieren reagieren die Betroffenen nur noch auf Umweltreize wie eine Maschine.
Dieses Vorgehen bezeichnet Laing als <i>Depersonalisierung</i>
oder <i>Petrifikation</i> bzw. <i>Erstarrung</i> (vgl. Laing 1976, S. 40f.). Damit
kommen die Betroffenen der Gefahr zuvor durch den Kommunikationspartner
depersonalisiert zu werden. Sie versteinern also zunächst selbst.</span></span><br />
<br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Dies hat jedoch Folgen für ihr
Verhalten. Zugleich tendieren sie nun auch dazu die Personen in ihrer Umwelt zu
depersonalisieren, also wie Dinge zu behandeln. Diese Depersonalisierung der
Personen ihrer Umwelt wird durch die angewöhnten Selbstschutztechniken
unterstützt und verstärkt. Die Techniken das wahre Selbst vor der Beobachtung
durch die Kommunikationspartner zu schützen, macht es den
Kommunikationspartnern unmöglich eine Metaperspektive auf die betroffene Person
zu entwickeln. Aus diesem Umstand resultiert die besondere Herausforderung der
Psychotherapie. Für die betroffene Person wird es damit wiederum unmöglich eine
Vorstellung davon zu bekommen, was die andere Person über sie denkt. Ein
wichtiger Aspekt der Depersonalisierung ist auch, ob man den Gegenüber als
jemanden behandelt der Gefühle hat oder nicht. Dass es sich bei der Rede von
Petrifikation bzw. Erstarrung nicht nur um eine Metapher handelt, sondern um
einen empirischen Sachverhalt macht Laing durch den Hinweis auf Schizophrene
des hebephren-katatonen Typs (vgl. Laing 1976, S. 167 – 177) deutlich. Sie
bilden den Endpunkt dieses Prozesses der Spaltung des inneren Selbst in wahres
und falsches Selbst-System. Die Voraussetzungen für solch eine psychische
Entwicklung liegen jedoch in den Bedingungen einer zwischenmenschlichen
Begegnung – also Kommunikation – selbst.</span></span><br />
<br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Bis zu einem gewissen Grad findet
diese Depersonalisierung im Alltag ständig statt und ist auch sozial erwünscht.
So kann man sich nicht in jeder Situation auf einen Kommunikationspartner als
ganze Person einlassen, sondern lediglich auf die situative Rolle, die er annimmt.
Depersonalisierung ist also eine Form des Selbstschutzes vor sozialen
Bedrohungen der eigenen personalen Identität. Erving Goffman hat diese Formen
des Selbstschutzes anhand der öffentlichen Darstellungsformen des Selbst (vgl.
1974) und den Techniken zur Imagepflege (vgl. 1986a) ausführlich untersucht.
Sie können daher aus systemtheoretischer Perspektive als Formen verstanden
werden mit der Paradoxie der eigenen Beobachtung der Beobachtung durch eine
andere Person umzugehen. Das Verhalten von schizoiden Personen ist demzufolge
eine besondere Form des Selbstschutzes unter der ständigen Gefahr der eigenen
Sichtbarkeit. Man kann in der Interaktion mit anderen Menschen seine eigene
Identität gewinnen, wenn man versucht das Selbstbild und das Bild, das die
anderen von einem haben, zur Kongruenz zu bringen. So wird das eigene Selbst
durch den Blick der anderen reicher bzw. differenzierter. Dann tritt man den
Anderen als ein verkörpertes Selbst gegenüber und gelangt zugleich zum Gefühl
der Lebendigkeit.</span></span><br />
<br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Man kann allerdings seine Identität
in der Interaktion mit anderen auch verlieren, wenn man der Gefahr, ein Objekt
im Auge des Anderen zu sein, vorausschauend begegnet und sein Verhalten
entsprechend anpasst, indem man versucht die Beobachtbarkeit des eigenen Selbst
zu verhindern (vgl. Laing 1976, S. 40f.). Ist die Angst vor der eigenen
Beobachtbarkeit entsprechend groß, kann die schlichte Existenz der Anderen zu
einer Bedrohung für das eigene Selbst werden. Diese Angst beeinträchtigt dann
in hohem Maße die Fähigkeit Selbstbeobachtung und Fremdbeobachtung zur
Kongruenz zu bringen. Da die Betroffenen durch den quasi-externen
Beobachtungsstandpunkt sich von jeglichem Feedback durch die Umwelt
abgeschnitten haben, oszilliert ihre Beobachtung nicht mehr zwischen sich und
ihrer Umwelt, sondern nur noch zwischen wahren und falschen Selbst-System. Die
Divergenz zwischen Selbst- und Fremdbeobachtung wird damit sogar noch
vergrößert. Das wahre Selbst wird immer weiter entleert und die Betroffenen
beschreiben sich auch selbst als tot. Das innere Selbst im schizoiden Zustand
ist nach Laing deswegen zerrissen zwischen der Furcht und der Sehnsucht
lebendig zu sein (vgl. 1976, S. 66 – 81). Informationstheoretisch gewendet, kann
man auch formulieren, dass die Betroffenen hin- und hergerissen sind zwischen der
Furcht und der Sehnsucht nach Unterschieden, die für das eigene Selbst in Bezug
zu Anderen Unterschiede machen.</span></span><br />
<br />
<br />
<div style="text-align: center;">
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">VI.</span></span></div>
<br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Den Untersuchungen von Bateson
und Laing ist es zu verdanken, dass sie zwei Faktoren gefunden haben, die in
jeder Kommunikationssituation zum Tragen kommen. Das ist zum einen die
Paradoxie als universelles Identitätsproblem und zum anderen das Bewusstsein
der eigenen Beobachtbarkeit durch den Kommunikationspartner. Ersteres ist ein
Problem was außerhalb des menschlichen Einflusses liegt, letzteres ist ein
Problem mit dem nur Menschen konfrontiert sind. Kombiniert man beide Faktoren und
wendet sie zusammen auf eine zwischenmenschliche Begegnung an, ergibt sich
daraus die Einheit der Unterscheidung von System und Umwelt. Worauf man dabei
stößt sind die Prozesse der <i>Interpenetration</i>
von psychischen Systemen, also in wie weit es gelingt systemeigene Komplexität
zur Verfügung zu stellen, um die systemexterne Komplexität – womit in diesem
Fall andere psychische Systeme bzw. Menschen gemeint sind – systemintern zu
rekonstruieren. Diese Leistung gelingt nur mit den sozial verfügbaren
Beobachtungsinstrumenten und kann nur anhand der Operationsweise sozialer
Systeme beobachtet werden. Mit anderen Worten, die psychische Irritationsfähigkeit hängt von sozial verfügbaren Unterscheidungen ab, die auch zur psychischen Selbstbeobachtung verwendet werden. Laing spricht in diesem Zusammenhang von der <i>Fähigkeit in eine mit anderen geteilte Welt
einzutreten</i>. Der Kognitionswissenschaftler Francisco J. Varela bezeichnet
diese Fähigkeit als <i>Intelligenz</i> (vgl.
1990, S. 111).</span></span><br />
<br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Entscheidend ist die
Feststellung, dass die Nachahmung bestimmter sozial verfügbarer
Beobachtungsformen die interpersonelle Wahrnehmung in hohem Maße entweder
unterstützen oder behindern kann. Das führt entweder zur Konvergenz oder zur
Divergenz von Selbstbeobachtung und Fremdbeobachtung mit gravierenden Folgen
für die psychischen Systeme und ihrer Fähigkeit erfolgreich an Kommunikation
teilnehmen zu können. Bei der Konvergenz der Perspektiven kommt es zu
sinnhaften, fokussierten und vergangenheitsbewussten Beobachtungen. Bei der
Divergenz kommt es dagegen zu kontext- bzw. sinnfreien (vgl. Bateson 1985a, S.
275), unkonzentrierten (vgl. Csikszentmihaly 2010, S. 294) und gedächtnislosen Beobachtungen (vgl. Laing
1976, S. 170). Die Gefahr von letzterem besteht immer dann, wenn das psychische
Selbst so stark von sich selbst befangen ist, dass sich die Beobachtung
lediglich darauf konzentriert, wie es das eigene, wahre Selbst vor fremden
Beobachtungen schützen kann. Bestehende Ängste vor der Beobachtung durch andere
werden durch die sozial angebotenen Beobachtungsformen abgeschwächt oder
verstärkt.</span></span><br />
<br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Sofern man das Bezugsproblem der
Soziologie in der Problemstellung sieht, dass es bei divergentem psychischen
Erleben unwahrscheinlich ist, dass es zu einer Koordination der Handlungen
unter einem gemeinsamen Sinnzusammenhang kommt, ist die soziologische Relevanz
dieser psychotherapeutischen Ansätze unmittelbar einsichtig. Sie versuchen
zudem nicht Menschen als isolierte Einzelwesen zu verstehen, sondern als
Produkt ihrer sozialen Umwelt bzw. den Beziehungen zu anderen Menschen. Das
soziologische Potential der psychotherapeutischen Ansätze wurde bereits bei
ihrer Entwicklung gesehen (vgl. Laing/Phillipson/Lee 1976, S. 67,
Ruesch/Bateson 2012). Goffman hat diesen Ansatz von der therapeutischen
Situation auf Alltagssituationen übertragen. Luhmann hat ihn zu einer
allgemeinen Theorie sozialer Systeme (vgl. 1984) ausgebaut und
differenzierungstheoretisch gewendet zu einer Gesellschaftstheorie (vgl. 1997)
weiterentwickelt. Obwohl Luhmann immer betont hat, dass Kommunikation bzw.
Gesellschaft nicht ohne Menschen möglich ist, hat er den Fokus zu stark auf
Gesellschaft gelegt. Zusammen mit der Annahme, dass Menschen nicht Teil der
Gesellschaft sind (vgl. Luhmann 1984, S. 346), entstand der Eindruck dass
Gesellschaft gegenüber den Menschen in der Luhmannschen Systemtheorie
hypostasiert wird. Dieser Eindruck wurde in der Rezeption von Luhmann noch
verstärkt und auch durch einige Luhmann-Schüler fortgesetzt. Verbunden mit dem
abstrakten Begriffsdesign wurde schließlich die empirische Relevanz der
soziologischen Systemtheorie kaum noch erkannt. Im Beitrag „<a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.de/2013/03/doppelte-kontingenz-und-die.html">Doppelte
Kontingenz und die Schematismen der Interaktion</a>“ wurde bereits versucht
herauszuarbeiten, dass der empirische Rückbezug der soziologischen
Systemtheorie nur möglich ist, wenn man sie aus einer radikal
mikrosoziologischen Perspektive liest. Geht man außerdem von der Dyade als
methodischen Ausgangspunkt aus, rückt die strukturelle Kopplung von sozialen
und psychischen Systemen stärker in den Fokus der soziologischen
Aufmerksamkeit. Darüber hinaus bietet dieser Ansatz den Vorteil, dass er auf
Triaden oder noch größeren Beziehungsgeflechte erweitert werden kann. Der
Endpunkt ist die Weltgesellschaft, denn mit dem sozialen Problem wird jeder
Mensch konfrontiert.</span></span><br />
<br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Wenn strukturelle Kopplung ein
Verhältnis der Interpenetration und der wechselseitigen Irritation beschreibt,
dann wird eine darauf ausgerichtete Soziologie nicht darum herumkommen sich
stärker zu psychologisieren. Umgekehrt könnte man aber auch sagen, dass die
Psychologie soziologisiert wird. Das ist letztlich eine Frage des disziplinären
Standpunkts. Worum es geht ist eine Konvergenz der Methoden. Die Gleitschiene,
die es ermöglicht von der Dyade bis zur Weltgesellschaft zu gehen, ist die
Kommunikationstheorie. Sie begründet die allgemeine Anwendbarkeit der
soziologischen Systemtheorie auf jeden Sachverhalt zwischenmenschlicher
Beziehungen. Wenn Soziologie noch den Anspruch hat psychologische Entwicklungen
wie Entfremdungsprozesse aus ihren sozialen Bedingungen heraus beschreiben und verstehen zu wollen, wird man
sich früher oder später auf Kommunikationstheorie einlassen müssen. Psychologisieren
bedeutet dann nämlich nur herauszufinden, wie Personen durch ihre soziale
Umwelt geprägt werden. Dafür muss man nicht in die konkreten Menschen hineinschauen,
sondern lediglich beobachten, wie sie sich und ihre Umwelt bzw. die Personen in
ihr beobachten und beschreiben. Vereinfacht ausgedrückt, geht es darum, wie die
an der Kommunikation beteiligten Personen in Bezug aufeinander erleben und
handeln.</span></span><br />
<br />
<br />
<div style="text-align: center;">
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">VII.</span></span></div>
<br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Ausgehend von dieser
Fragestellung entwerfen Laing/Phillipson/Lee einen Analyseapparat, der direkt
an der Begegnung zweier Menschen ansetzt. Die sich gegenseitig beobachtenden
Personen werden als Ego und Alter bezeichnet. Statt von Erleben und Handeln
wird von Erfahrung und Verhalten gesprochen. Laing/Phillipson/Lee stellen nun folgende
axiomatische Beobachtungsregeln auf:</span></span><br />
<br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">„1. Verhalten ist eine Funktion
von Erfahrung. 2. Sowohl Erfahrung als auch Verhalten stehen stets in Beziehung
zu irgend jemand anderem oder zu irgend etwas anderem als einem selbst.</span></span><br />
<br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Das einfachste Schema, um das
Verhalten einer Person zu verstehen, muß mindestens zwei Personen und eine gemeinsame
Situation umfassen.“ (Laing/Phillipson/Lee 1976, S. 20)</span></span><br />
<br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Man erkennt in diesem Axiom
sofort das systemtheoretische Beobachtungssetting. Die an der Kommunikation
beteiligten Menschen sind im Prozess der Kommunikation immer beides, Beobachter
und Beobachteter, und werden als erfahrend bzw. erlebend und verhaltend bzw.
handelnd beobachtet. Erleben und Handeln beziehen sich auf einen gemeinsamen
Fokus der Aufmerksamkeit. Das soziale Handeln in Bezug auf den gemeinsamen
Fokus der Aufmerksamkeit wird durch das psychische Erleben bestimmt. Der Sinn
des Handelns erschließt sich im Kontext der personalen Beziehung zueinander und
diese Beziehung bildet das soziale System. Dieses soziale System – Ich und Du –
ermöglicht die Beobachtung der psychischen Umwelt – Ich oder Du. Für den
Ausdruck ihres psychischen Erlebens sind die beteiligten Personen auf die ihnen
zur Verfügung stehenden Beobachtungsformen angewiesen, welche sie vormals von
ihrer relevanten sozialen Umwelt übernommen haben.</span></span><br />
<br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Legt man nun zusätzlich die
funktionalistische Annahme zugrunde, dass Kommunikation die Lösung für das
Problem der operativen Geschlossenheit psychischer Systeme darstellt, dann wird
man mit der Paradoxie konfrontiert, dass es sowohl funktionale als auch
dysfunktionale Kommunikationsformen gibt. Dysfunktional kann nicht bedeuten,
die Kommunikation bricht einfach ab. Das geschieht aufgrund von Zeitmangel oder
Zeitbegrenzung immer irgendwann, denn Situationen können nicht ins Unendliche
ausgedehnt werden. Der Kommunikationsabbruch kann für Kommunikation durchaus
funktional sein. Es reicht also nicht, sich bloß auf die Kommunikation im
Vollzug zu konzentrieren, weil ein Exklusionsereignis noch kein Hinweis auf
dysfunktionale Kommunikation ist. Vielmehr muss man sich dafür auf die Beziehung
der Kommunikationspartner – also den Kontext – konzentrieren und wie dieser
sich unter den Kommunikationsereignissen entwickelt. Statt von Beziehung wurde
hier an anderer Stelle unter Bezug auf Goffman von der durch die beteiligten
Kommunikationspartner konstituierten symbolischen Ordnung ihrer Images
gesprochen. Man kann sich also nicht damit beruhigen, dass solange
Kommunikation läuft alles in Ordnung sei. Das würde bedeuten vom Kontext zu
abstrahieren und Kommunikation gleichsam sinnfrei zu beobachten als hätte sie
keine andere Funktion als sich um ihrer selbst willen zu vollziehen. Ohne
Rücksicht auf die Funktion von Kommunikation würde sich der Sinn eines
Kommunikationsereignisses also nicht erschließen – sowohl für die Beteiligten
als auch für einen soziologischen Beobachter.</span></span><br />
<br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Viele Kommunikationsprobleme
entstehen eben weil der Kontext gar nicht oder nicht in ausreichendem Maße
berücksichtigt wurde. Man könnte auch sagen, die Metakommunikation – also die
Veränderung des Beziehungsaspekts – wurde nicht richtig verstanden. Aus der
Paartherapie ist bekannt, dass Konflikte lange vor sich hin schwelen bevor es
schließlich zur endgültigen Trennung kommt. Zumeist lag es daran, dass es den
Partnern nicht gelungen ist zu verstehen, wie sie sich gegenseitig sehen. Dies
drückt sich nicht direkt in einer Mitteilung aus, sondern indirekt. Sowohl
soziale als auch psychische Systeme wären völlig überfordert, müssten immer die
Bedingungen des Funktionierens der Kommunikation expliziert werden. Soweit
kommt es nur dann, wenn es zu Problemen kommt. Aber auch dann muss es nicht
immer dazu kommen. Mit anderen Worten, kann es bei Kommunikationsproblemen zur
Selbstreflektion des sozialen Systems und damit auch zur Selbstreflektion der
beteiligten psychischen Systeme kommen. Wenn es nicht dazu kommt, droht früher
oder später der Abbruch der Kommunikation. Das soll allerdings nicht heißen,
dass es nicht auch nach der Selbstreflektion zum Abbruch der Kommunikation
kommen kann. Dann besteht aber zumindest Konsens über den unüberbrückbaren
Dissens. Vorher wurde dieser Dissens in Bezug auf einen bestimmten Sachverhalt
nicht gesehen. Für eine Unterscheidung von funktionalen und dysfunktionalen
Kommunikationsformen muss man also genauer analysieren, <i>wie</i> die Kommunikation abläuft. Es gibt dabei einen unmittelbaren
Zusammenhang zur Art und Weise, wie Kommunikation beobachtet wird.</span></span><br />
<br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Exklusionsdynamiken bzw.
Integrationsprozesse lassen sich demnach nicht verstehen, wenn man nicht darauf
achtet, wie Kommunikation durch die beteiligten Personen mit den aus der
sozialen Umwelt übernommen Beobachtungsschemata beobachtet wird. Versteht man
unter <i>Integration</i> die <i>wechselseitige Einschränkung von
Handlungsmöglichkeiten </i>(vgl. Luhmann 1997, S. 631), dann heißt das, danach
zu fragen, wie es soweit kommen konnte, dass irgendwann für mindesten einen
Kommunikationspartner nur noch die Beendigung einer Beziehung als letzte
Handlungsmöglichkeit übrig bleibt? Zur Untersuchung solcher Prozesse wird von
der Annahme ausgegangen, dass dabei das psychologische Problem der Beobachtung
der Beobachtung durch eine andere Person eine bedeutende Rolle für die Dynamik
von Kommunikationsprozessen spielt. Das Selbstbild moduliert sich durch die
Perspektiven der anderen Kommunikationspartner, und das nicht immer in der von
jemandem selbst gewünschten Art und Weise. Im Verlauf einer
Kommunikationssequenz haben die einzelnen Ereignisse Implikationen auf das
Selbstbild und die Fremdbilder bzw. Meta-Identitäten. Die Refraktion der Person
moduliert also nicht nur in der Sozialdimension, sondern auch in der
Zeitdimension. Desweiteren besteht das Problem, dass diese Modulationsprozesse
von keinem der Kommunikationspartner allein kontrolliert werden können (vgl.
Bateson 1985b, S. 350; Laing/Phillipson/Lee 1976, S. 41f.). Und schließlich
streben Menschen nach Kommunikationspartnern in deren Augen man der ist, der
man gerne sein möchte. Selbstbild und Fremdbild bzw. Meta-Identität können also
mit solchen Kommunikationspartnern zur Konvergenz gebracht werden. Es gelingt
Menschen nicht nur ihr Handeln zu koordinieren, sondern auch ihr Erleben. Das
setzt jedoch gemeinsame Kriterien voraus mit denen man eine Situation auf
reziproke Weise beobachten kann (Laing/Phillipson/Lee 1976, S. 27).</span></span><br />
<br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Doch gerade diese gemeinsamen
Kriterien können in der modernen Gesellschaft immer seltener vorausgesetzt
werden, sondern müssen immer öfter erst nach der ersten Begegnung im Verlauf
der Kommunikation hergestellt werden. Die Chancen für die Konvergenz der
Meta-Identitäten der beteiligten Personen stehen also denkbar schlecht, ebenso
wie für gemeinsames, koordiniertes Handeln. Exklusionen sind die Regel und
Inklusionen die Ausnahme. Doch selbst wenn Kommunikation stattfindet, ist die
Wahrscheinlichkeit für misslungene Kommunikation höher als für erfolgreiche. Es
muss also noch einiges mehr im Verlauf von Kommunikationssequenzen geschehen
als der bloße, sichtbare Anschluss eines weiteren dreifach kontingenten
Ereignisses. Wenn man funktionale von pathologischer bzw. erfolgreiche von
nicht-erfolgreicher Kommunikation unterscheiden will, muss man die unsichtbaren
Modi erschließen durch die sich Kommunikation reproduziert. Diese Modi sind die
Formen, wie sich Personen gegenseitig beobachten. Um diese erschließen zu
können, wird man als soziologischer Beobachter darauf verwiesen zu beobachten, <i>wie sich Personen gegenseitig behandeln</i>.</span></span><br />
<br />
<br />
<div style="text-align: center;">
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">VIII.</span></span></div>
<br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Um anhand des Handelns von
Personen darauf schließen zu können, wie sie sich gegenseitig erleben, reicht
es nicht seine Aufmerksamkeit auf ein Ereignis zu fixieren. Vielmehr müssen
ganze Ereignisketten analysiert werden, um die Selektionskriterien für die
weiteren Anschlüsse erschließen zu können. Für das Verständnis von
Exklusionsprozessen rückt damit der Zeitaspekt jedes Kommunikationsereignisses ins
Zentrum der Aufmerksamkeit – <i>das
Verstehen</i>. Der Kommunikationsbegriff bei Luhmann fasst ein Ereignis als
Einheit einer dreifachen Selektion auf: die Wahl der Mitteilung, die Wahl der
mitgeteilten Informationen und die Wahl des Zeitpunkts der Mitteilung. Jedes
Ereignis bezieht sich auf ein vorangegangenes Ereignis. Verstehen markiert
zunächst nur die zeitliche Differenz zwischen Anschlussereignis und
vorangegangenem Ereignis, auf das sich der Anschluss bezieht. Die mitgeteilten
Informationen werden dafür noch nicht mit berücksichtigt. Nur so kann Verstehen
als die dritte Selektion das Missverstehen mit einschließen (vgl. Luhmann 1984,
S. 196; Luhmann 1986, S. 60f.). Damit besagt aber die bloße Faktizität, dass
angeschlossen wird, nichts über die Qualität bzw. die mitgeteilten
Informationen der Kommunikation. Hier kommt der Unterschied zum Tragen zwischen
der dritten Selektion, dem Verstehen, und das, was Luhmann als vierte Selektion
bezeichnet, die Annahme oder Ablehnung der dritten Selektion als Prämisse für
die eigene Wahl des Anschlusses (vgl. Luhmann 1984, S. 203). So kann gerade die
Nicht-Übernahme eines Kommunikationsereignisses als Prämisse der weiteren
Anschlussselektion einen vortrefflichen Anlass bieten trotzdem weiterzumachen. Man
kann zwar feststellen, dass operativ verstanden wurde, aber im Hinblick auf den
angebotenen Sinn nicht verstanden wurde, weil er nicht als Prämisse für die
Selektion der weiteren Anschlüsse berücksichtigt wird. Mit anderen Worten, man
wird mit der Paradoxie konfrontiert, dass trotz Verstehens nicht verstanden
wurde. Der Unterschied um den es dabei geht, ist der zwischen der operativen
Ebene und der Beziehungsebene. Mit der Unterscheidung zwischen der dritten und
der vierten Selektion hat Luhmann das Problem zwar registriert, aber im Rahmen
seiner Theorie nicht gelöst <a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/06/die-beobachtung-der-beobachtung-2.html#fn003" id="anker003">[3]</a>.</span></span><br />
<br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Der Sachverhalt, um den es dabei
geht, ist der reflexive Mechanismus (vgl. Luhmann 2005a) des Verstehens im Sinne des <i>Verstehens des Verstehens</i>. In der
Problemstellung des Nicht-Verstehens trotz Verstehen wurde dies zunächst
negativ markiert als Fehlen eben jenes Verstehens des Verstehens. Kommunikation
validiert und kontrolliert sich nicht an der jeweiligen Erwartung von einem der
Kommunikationsteilnehmer, sondern an den Erwartungen, die beide Kommunikationsteilnehmer
in Bezug auf die Erwartungen des anderen haben. Für eine Untersuchung, ob es zur
Annahme oder Ablehnung eines Kommunikationsangebots gekommen ist, muss die
Beobachtung dieses Verstehens 2. Ordnung mit berücksichtigt werden. Die <i>Interpersonal Perception Method</i> (IPM)
wie sie von Laing/Phillipson/Lee (vgl. 1976) vorgestellt wurde, stellt einen
Versuch dar genau dies zu leisten. Sie unterscheiden zwischen der <i>direkten Perspektive</i>, die man auf einen
bestimmten Sachverhalt hat, der <i>Metaperspektive</i>,
der eigenen Vorstellung von der Perspektive des Kommunikationspartners auf
denselben Sachverhalt, und der <i>Meta-Metaperspektive</i>,
der eigenen Vorstellung, die man von der Vorstellung des Kommunikationspartners
über die eigene Perspektive auf denselben Sachverhalt hat. Es geht, mit anderen
Worten, um die Beobachtung des Erlebens des Kommunikationspartners, die
Gegenbeobachtung durch den Kommunikationspartner und die wechselseitige
Beobachtung der Gegenbeobachtung durch beide Kommunikationspartner – also das Erleben
des Erlebens bzw. die Beobachtung der Beobachtung. Vereinfacht ausgedrückt, es
geht um die Beobachtung der Gemeinsamkeiten und Unterschiede in der Sozialdimension. Das Selbstbild
der beteiligten Kommunikationspartner ist dabei ein besonderer gleichsam
heiliger Sachverhalt. Analog zu der Unterscheidung der drei Perspektiven wird
deswegen zwischen Identität, Metaidentität und Meta-Metaidentität
unterschieden. Die Unterscheidung von Perspektiven und Identitäten zielt auf
den Unterschied zwischen Sachverhalten und Personen.</span></span><br />
<br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Die IPM wurde im Rahmen der
Paartherapie entwickelt. Laing/Phillipson/Lee nahmen an, dass die
Beziehungsprobleme der therapierten Ehepaare aus den Disjunktionen in den
Sichtweisen auf die gemeinsame Beziehung resultierten. Dafür haben sie die
direkten Perspektiven, die Metaperspektiven und die Meta-Metaperspektiven der
Ehepartner auf die gemeinsame Beziehung, den Ehepartner und auf sich selbst
erfragt. Die Befragung erfolgte mit Hilfe von standardisierten Fragebögen.
Anhand der Übereinstimmungen bzw. der
fehlenden Übereinstimmungen in der direkten, der Meta- und der
Meta-Metaperspektive konnten Laing/Phillipson/Lee die Qualität der Beziehung
einschätzen und die Ergebnisse der Befragung für die Therapie nutzen. Neben der
Nutzung der Untersuchungsergebnisse für die Therapie eines einzelnen Paares
konnten auch Vergleiche zwischen Gruppen von Paaren angestellt werden. Um den
Grad der Übereinstimmung hinsichtlich eines bestimmten Sachverhalts einschätzen
zu können, unterschieden sie zwischen verschiedenen Formen des Verstehens:</span></span><br />
<br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">„a) kann <i>Verstehen</i> als die Konjunktion zwischen der Metaperspektive der
einen und der direkten Perspektive der anderen Person definiert werden;</span></span></div>
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">
</span></span><br />
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">b) ist <i>Verstandenwerden</i> die Konjunktion zwischen der Meta-metaperspektive
der einen und der Metaperspektive der anderen Person;</span></span></div>
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">
</span></span><br />
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">c) ist das <i>Gefühl, verstanden zu werden</i>, die Konjunktion der eigenen direkten
Perspektive einer Person mit ihrer <i>eigenen</i>
Meta-metaperspektive.“ (Laing/Phillipson/Lee 1976, S. 44; Hervorhebungen im
Original)</span></span><br />
<br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Ausgehend von den
Übereinstimmungen in den direkten Perspektiven, der Metaperspektiven und den
Meta-Metaperspektiven der Kommunikationspartner untersuchen
Laing/Phillipson/Lee mit Hilfe der Unterscheidung von Verstehen,
Verstandenwerden und dem Gefühl, verstanden zu werden, ob diese
Übereinstimmungen auch wechselseitig von den Kommunikationspartnern gesehen
werden oder nicht <a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/06/die-beobachtung-der-beobachtung-2.html#fn004" id="anker004">[4]</a>. Sie untersuchten, mit anderen Worten, die
Selbstbeschreibung des Paares. Diese setzt sich aber aus den Beschreibungen der
beiden Ehepartner zusammen. Je größer der Konjunktionen zwischen den
Ehepartnern war, desto besser war die Qualität der Beziehung.</span></span><br />
<br />
<br />
<div style="text-align: center;">
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">IX.</span></span></div>
<br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Für die soziologische
Systemtheorie nach Luhmann wird die IPM interessant, weil sie eine Methode
darstellt, das Verstehen des Verstehens zu untersuchen. Von Vorteil ist dabei,
dass die IPM mit demselben Beobachtungssetting startet, das Luhmann in seine
Systemtheorie übernimmt. Da Laing/Phillipson/Lee bereits von der operativen
Geschlossenheit psychischer Systeme ausgehen, handelt es sich auch um einen
Forschungsansatz der bereits mit konstruktivistischen Prämissen arbeitet. Die
drei Formen des Verstehens können daher als verschiedene Formen betrachtet
werden, wie Personen <i>Feedback über das
Erleben des Kommunikationspartners</i> erhalten können. Beide
Kommunikationspartner müssen sich dafür am gemeinsamen Fokus der Aufmerksamkeit
orientieren auf den sich das Erleben und das Handeln der Beteiligten richten.
Wichtig ist dabei <i>der Unterschied, wie
eine Handlung von der handelnden Person und der erlebenden Person erlebt wird</i>.
Da eine Handlung nicht genügend Informationen mitteilt, um auf das Erleben des
Kommunikationspartners schließen zu können, erlaubt erst die Beobachtung der
selektiven Verkettung der dreifach kontingenten Ereignisse des
Kommunikationsprozesses Rückschlüsse auf das Erleben des
Kommunikationspartners. So ergeben die realisierten Ereignisse erst im Kontext
der potentiell denkbaren, aber nicht realisierten Ereignisse für jeweils einen
der Kommunikationspartner einen Sinn.</span></span><br />
<br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Die potentiell denkbaren
Ereignisse, welche den Hintergrund für das Verstehen liefern, variieren jedoch
zwischen den Kommunikationspartnern, wodurch die einzelnen Ereignisse für die
Beteiligten zunächst nur ihren <i>subjektiven
Sinn</i> gewinnen. Die dreifache Kontingenz der Ereignisse lässt jedoch die
Selektivität der Ereignisse sichtbar werden, was auch bedeutet, dass sie so,
aber auch anders, hätten realisiert werden können. Dadurch werden die
Beteiligten als zur Wahl befähigt und damit erst als Personen im Unterschied zu
Dingen beobachtbar. Personen können wählen, Dinge nicht. Personen erleben und
handeln, Dinge nicht. Und deswegen können sich auch nur Personen an
Kommunikation beteiligen, Dinge jedoch nicht. Dinge können den Kommunikationsprozess
unterstützen, sofern sie dazu beitragen das gemeinsame Erleben und das
gemeinsame Handeln der Kommunikationspartner zu unterstützen. Sie können jedoch
nicht an die Stelle eines Kommunikationspartners einrücken und ihn ersetzen <a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/06/die-beobachtung-der-beobachtung-2.html#fn005" id="anker005">[5]</a>.</span></span><br />
<br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">So weist die dreifache Kontingenz
jedes Kommunikationsereignisses darauf hin, dass anders erlebt und anders
gehandelt werden kann. Diese Beobachtung bildet den Ansatzpunkt, um anhand der
bekannten Informationen auf unbekannte Informationen zu schließen. Unbekannt ist
dabei zunächst das Erleben des Kommunikationspartners. Nichts desto trotz
können anhand des beobachtbaren Verhaltens Erwartungen hinsichtlich einer
möglichen Handlungsstrategie gebildet werden. Über die Bestätigung und
Enttäuschung von Erwartungen werden so viele Informationen auskatalysiert, dass
Rückschlüsse auf das Erleben des Kommunikationspartners möglich sind, was es
wiederum erleichtert das Handeln des Kommunikationspartners zu verstehen. Vom
Handeln des Kommunikationspartners wird auf sein Erleben geschlossen und von
seinem Erleben wiederum auf sein Handeln. Sofern sich das eigene Erleben und
Handeln am Erleben und Handeln des Kommunikationspartners als Prämisse der
eigenen Selektionen orientiert, kann man vom Handeln im System sprechen sowie
von <i>sozialem Sinn</i>. Von besonderer
Bedeutung sind dabei die direkten oder indirekten Implikationen der Ereignisse
auf die Meta-Metaidentitäten der Kommunikationspartner - also der Vorstellung
davon, wie sie in den Augen der anderen erscheinen. Es kommt darauf an, ob die
Kommunikationspartner das Gefühl haben vom anderen verstanden zu werden. <i>Alle
Kommunikationsprobleme und damit auch alle Desintegrations- und
Integrationsprozesse lassen sich darauf zurückführen, ob die
Kommunikationspartner das Gefühl haben vom anderen verstanden worden zu sein
oder nicht.</i> </span></span><br />
<br />
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><span style="font-size: small;">Die konkreten
Beobachtungsschemata zur Beobachtung des Kommunikationspartners variieren von
Person zu Person. Für eine soziologische Untersuchung müssen sie empirisch
bestimmt werden. Daher kann nur der Feedback-Modus angegeben werden, wie Informationen über das Erleben des jeweils anderen gewonnen werden können.
Laing/Phillipson/Lee haben dies mit der Unterscheidung verschiedener Formen des
Verstehens versucht. Sie müssen nur in die hier verwendete Terminologie übersetzt
werden unter Berücksichtigung, dass alle Kommunikationspartner in einer
konkreten Situation Beobachter und Beobachteter sind und als erlebend und
handelnd beobachtet werden. Dann können die verschiedenen Formen des Verstehens
wie folgt reformuliert werden:<i> </i></span></span><br />
<br />
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><span style="font-size: small;"><i>Verstehen</i>: Person 1 erlebt, dass seine Erwartungen und die
Erwartungen von Person 2 übereinstimmen<i> </i></span></span><br />
<br />
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><span style="font-size: small;"><i>Verstanden werden</i>: Person 2 erlebt, dass seine Erwartungen und die
Erwartungen von Person 1 übereinstimmen<i> </i></span></span><br />
<br />
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><span style="font-size: small;"><i>Das Gefühl, verstanden zu haben</i>: Person 1 erlebt, dass seine Erwartungen
und seine Erwartungen über die Erwartungen von Person 2 übereinstimmen<i> </i></span></span><br />
<br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><i>Das Gefühl, verstanden zu werden</i>: Person 2 erlebt, dass seine
Erwartungen und seine Erwartungen über die Erwartungen von Person 1 übereinstimmen</span></span><br />
<br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Für die vollständige Symmetrie
des wechselseitigen Beobachtungsverhältnisses musste neben dem Gefühl,
verstanden zu werden, noch das Gefühl verstanden zu haben auf Seiten von Person
1 ergänzt werden. Was damit formuliert wurde, ist ein rekursives Verhältnis zur
Beobachtung des Erlebens des Kommunikationspartners. Es wird dem Umstand
Rechnung getragen, dass nur das Handeln beobachtbar ist, aber nicht das
Erleben. Nichts desto trotz kann auf diese Weise vom beobachtbaren Handeln auf
das unbeobachtbare Erleben geschlossen werden, sofern sich die Beobachtung nicht
nur auf ein Ereignis konzentriert, sondern die Kommunikationspartner die
Kommunikation fortlaufend auf die oben angegebene Weise beobachten. Kein
Ereignis allein kann ausreichend über das Erleben der mitteilenden Person
informieren. Vielmehr erhält ein aktualisiertes Ereignis seinen
Informationswert durch die Beziehung zu den vorangegangenen Ereignissen. Erst
in der Rückschau erhält man unter Umständen aus dem Handeln der Beteiligten
ausreichende Informationen darüber wie die Beteiligten den gemeinsamen Fokus
der Aufmerksamkeit und die Beziehung der Beteiligten zueinander erleben.
Voraussetzung dafür ist, dass das Geschehen als selektiv und nicht als
vorbestimmt, festgelegt oder determiniert erlebt wird. Ohne ein Bewusstsein für
die Kontingenz der aktualisierten Ereignisse ist kein Blick unter die
Oberfläche möglich.</span></span><br />
<br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Dieses rekursive Beobachtungsverhältnis
stellt zugleich den Validierungs- und Kontrollmechanismus der Kommunikation
dar, denn es hält den Kommunikationsfluss in der Spur der wechselseitigen Perspektiven
und der unendliche Horizont doppelt kontingenter Handlungsmöglichkeiten wird
auf ein zu bewältigendes Maß an Komplexität reduziert. Die Rückkopplung erfolgt
über die beobachtete Konvergenz oder Divergenz zwischen Selbst- und Fremdbild.
Den Veränderungen zwischen Selbst- und Fremdbild der Kommunikationspartner im
Rahmen einer Kommunikationssequenz kommt damit eine wichtige Rolle für die
Dynamik von Desintegrations- und Integrationsprozessen zu. Diese Veränderungen
vollziehen sich zumeist sehr diskret und unter Umständen nicht mal für die
Beteiligten sofort erkennbar. Ob überhaupt und wie diese Veränderungen
beobachtet werden, hängt von den Beobachtungsschemata ab, über die die
Beteiligten verfügen.</span></span><br />
<br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Ob die Rückkopplung über Gefühle
oder eine bewusste Beobachtung erfolgt ist dafür zunächst sekundär. Wichtig ist
die positive Rückkopplung, wie sie bereits von Laing/Phillipson/Lee formuliert
wird: „Es liegt eine besondere Genugtuung in dem Gefühl, daß man eine andere
Person versteht, und in dem Gefühl, daß man von einer anderen Person verstanden
wird.“ (1976, S. 44) Es kann davon ausgegangen werden, dass die Verarbeitung,
der dafür relevanten Informationen, zu einem Großteil intuitiv erfolgt und
nicht über bewusste Reflektion. Letzteres geschieht zumeist erst dann, wenn es
zu Problemen oder Konflikten kommt. Das beschriebene emotionale
Rückkopplungsverhältnis ist sehr gut mit der Annahme von Randall Collins
kompatibel, dass Menschen nach Situationen streben, von denen sie annehmen,
dass sie aus ihnen den größten emotionalen Gewinn ziehen können (vgl. 2005, S.
141 – 182). Man kann mit Hilfe von Laing/Phillipson/Lee noch präzisieren, dass
sie Situationen anstreben mit Personen zu interagieren, von denen die Menschen
annehmen am meisten verstanden zu werden. Für das intuitive oder bewusste
Abwägen zwischen verschiedenen Interaktionsalternativen kommt damit die
Spannung zwischen Selbstbeobachtung und Fremdbeobachtung zum Tragen, also die
Spannung zwischen dem Selbstbild und den Erwartungen, wie man von anderen
gesehen wird.</span></span><br />
<br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Es ist kaum zu erwarten, dass
sich dieses Ideal, dass man nur mit Menschen interagiert, die einen verstehen
und die man selbst versteht, in jeder Situation realisieren lässt.
Realistischer ist die Annahme, dass sich nur in Ausnahmefällen ein Verständnisgrad
der Metakommunikation einstellt, der als annährend vollständige Konjunktion der
Metaperspektiven beschrieben werden kann. Am nächsten kommt man diesem Ideal in
Intimbeziehungen. Aber wie der nicht nachlassende Bedarf an Paarberatungen
zeigt, stellt die Konjunktion der Metaperspektiven selbst in Beziehungen, von
denen man annehmen darf, dass in ihnen noch der höchste Grad an gegenseitigem
Verständnis erreicht werden kann, eine nicht zu unterschätzende Herausforderung
dar. Daher ist die Annahme berechtigt, dass sich die Dynamik von
Kommunikationsprozessen zu einem großen Teil aus dem Eindruck von Erfolg bzw.
Misserfolg der Metakommunikation der beteiligten Kommunikationspartner erklären
lässt.</span></span><br />
<br />
<br />
<div style="text-align: center;">
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">X.</span></span></div>
<br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Damit man sich an Kommunikation erfolgreich
beteiligen kann, müssen psychische Systeme also in der Lage sein zwischen
System (ich) und Umwelt (andere) unterscheiden zu können. Umgekehrt gilt aber
auch, soziale Systeme müssen Beobachtungsschemata bereitstellen, welche
zwischen System (Kommunikation) und Umwelt (Menschen) unterscheiden. Faktisch
besteht aufgrund der operativen Autonomie eine unüberwindliche Trennung
zwischen sozialen Systemen und psychischen Systemen. Selbst wenn keine
adäquaten Beobachtungsschemata für die Beobachtung dieser Trennung bereit
stehen, wird er sich auf die eine oder andere Weise in der Kommunikation als Irritation
bemerkbar machen. Denn wenn Verhalten eine Funktion von Erfahrung ist, dann
werden sich aus Beobachtungsschemata, welche der Differenz zwischen sozialen
und psychischen Systemen nicht genügend berücksichtigen, auch nur entsprechende
Handlungsskripte ableiten lassen, in welchen sich die ungenügende
Differenzierung zwischen System und Umwelt ausdrückt. Wenn Kommunikation sich
über die laufende Unterscheidung zwischen System und Umwelt reproduziert, dann
ist also nicht irgendeine Umwelt gemeint, sondern die menschliche Umwelt.
Kommunikationsstörungen können dann als Folge einer ungenügenden
Differenzierung der Semantik verstanden werden, in der sich diese Trennung
zwischen sozialen und psychischen Systemen nur ungenügend ausdrückt. Der Erfolg
oder Misserfolg eines Kommunikationsangebots hängt mit anderen Worten davon ab,
ob Menschen als Personen für Kommunikation relevant werden oder nicht. Alle
analytischen Schemata wie Selbstreferenz/Fremdreferenz,
Selbstbeobachtung/Fremdbeobachtung und Selbstbeschreibung/Fremdbeschreibung müssen
daher immer ineinander verschränkt werden. Die System/Umwelt-Differenz
oszilliert in der Differenz von sozialen und psychischen Systemen. Die Frage, wie
klar oder unklar diese Trennung zwischen sozialen und psychischen Systemen semantisch
vollzogen wird, enthält ein beträchtliches Konfliktpotential und wird zu einer
treibenden Kraft der Kommunikation.</span></span><br />
<br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Für die soziologische Beobachtung,
wie die Beobachtung der Beobachtung durch eine andere Person die Kommunikation
beeinflusst, bekommt Goffmans Image-Begriff eine maßgebliche Bedeutung. Goffman
widmete sich in seinen Studien ausführlich der Frage, wie Menschen versuchen
ihr Selbstbild unter der Bedingung wechselseitiger Wahrnehmung zu schützen. Mit
<i>Image</i> bezeichnete Goffman die
Verhaltensstrategie einer Person, von der die anderen Kommunikationspartner
annehmen, dass sie die Person verfolge (vgl. 1986a, S. 10). Auf der Grundlage
des beobachteten Verhaltens einer Person bilden die anderen Personen
Erwartungen für das künftige Verhalten dieser Person. Dies ist der <i>soziale</i> Aspekt des Image. Zugleich hat
das Image für den Träger auch noch eine <i>psychische</i>
Komponente. Sofern die beobachtete Verhaltensstrategie der Person durch die
anderen Personen bestätigt wird, erhält der Träger des Image eine positive
emotionale Rückkopplung. Der Träger fühlt sich mit seinem Image wohl und
gewinnt es lieb </span></span><span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">(vgl. Goffman 1986a, S. 11)</span></span>. Entsprechend unwohl wird sich der Träger fühlen, wenn seine
Verhaltensstrategie, die sich aus seinem Selbst-Erleben ableitet, nicht
bestätigt wird.</span></span><br />
<br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Goffman beschreibt damit einen
Feedback-Mechanismus wie Menschen durch ihre soziale Umwelt irritiert werden
können, der nicht nur über bewusste Reflektion, sondern vorwiegend intuitiv
funktioniert. Obwohl sich Goffman hauptsächlich auf erfolgreiche Strategien
konzentriert, handelt es sich beim Image nicht, wie Collins annimmt (vgl. 2005,
S. 345f.), lediglich um die erfolgreiche Behauptung des Selbstbildes. Die
beschriebene Feedbackschleife schließt den Misserfolg mit ein. Systemtheoretisch
ausgedrückt, beschreibt Goffman den Modus, wie psychische Systeme die Differenz
zwischen psychischem Selbstbild und sozialer Fremdbeschreibung erfahren. In
diesem Verständnis wird der Image-Begriff hier verwendet. Bei regelmäßiger
positiver Bestätigung durch die soziale Umwelt kommt es zu einer starken
emotionalen Bindung an das Image und bei häufiger negativer Bestätigung wird
die soziale Fremdbeobachtung emotional immer stärker abgelehnt. Man fühlt sich
nicht verstanden. Entsprechend sucht man Kontakt zu Personen, von denen man
erwartet verstanden zu werden und vermeidet den Kontakt zu Personen, von denen
man erwartet nicht verstanden zu werden. Problematisch wird es, wenn man solche
Personen nicht findet.</span></span><br />
<br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Doch gerade letzteres ist
zunächst erst mal sehr wahrscheinlich. Aus dem sozialen Problem der operativen
Geschlossenheit und wechselseitigen Intransparenz psychischer Systeme leitet
sich eine hohe Wahrscheinlichkeit ab, dass man trotz Kommunikation nicht
verstanden wird. Entsprechend groß dürfte daher zunächst das Bedürfnis sein,
das eigene Selbst vor den Beobachtungen anderer Personen zu schützen. Denn
obwohl Kommunikation das soziale Problem lösen kann, birgt sie zugleich
ungeheure Risiken. Man kann missverstanden werden in dem Sinne, dass der
Kommunikationspartner einen nicht so sieht, wie man sich selbst sieht. Es besteht
also eine große Versuchung Kommunikation zu vermeiden. Andererseits bietet aber
auch nur Kommunikation die Möglichkeit im Kontakt mit anderen Menschen sich so erfahren
zu können, wie man sich selber sehen möchte. Ansonsten bekommt man überhaupt keine
sozial anschlussfähige Vorstellung von sich selbst. Mit der Option sich an
Kommunikation zu beteiligen, wird man also mit zwei Möglichkeiten konfrontiert:
der <i>Gefahr missverstanden zu werden</i>
und der <i>Chance verstanden zu werden</i>.
Jede Selbstschutztechnik ist darauf ausgerichtet, die Gefahren zu meiden und die
Chancen zu nutzen. Wenn Kommunikation mit dem Kontakt zu anderen Menschen
verbunden ist, dann liegt aus Sicht der Beteiligten die Gefahr mitverstanden zu
werden und die Chance verstanden zu werden in den Kommunikationspartnern.</span></span><br />
<br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Bei divergentem psychischen
Erleben ist damit zu rechnen, dass die Gefahren gegenüber den Chancen
überwiegen. Selbst wenn sich Menschen an Kommunikation beteiligen, ist es
deswegen wahrscheinlicher, dass sie ihr eigenes Selbstbild über das der
Kommunikationspartner stellen und entsprechend handeln. Es kommt zu einer
Situation in der jeder zur Bedrohung für den anderen wird. Kommunikation würde
dann zu einer sehr stressigen und frustrierenden Angelegenheit werden. Formuliert
man das Hobbsche Problem des Kampfes aller gegen alle unter
konstruktivistischen Prämissen neu, dann wird Kommunikation zu einem <i>Kampf um die Deutungshoheit des Selbst</i>.
Kommunikationsvermeidung wäre dann die Aufgabe dieses Kampfes. Goffmans Studien
haben aber auch gezeigt, dass Kommunikation nicht in einen Kampf ausarten muss.
Die Techniken der Imagepflege können im eröffneten Problemhorizont als Formen
der <i>Kooperation um die Deutungshoheit des
Selbst</i> verstanden werden. Goffman beschreibt nämlich nicht nur
Selbstschutztechniken, sondern auch Handlungsweisen, deren Zweck es ist das
Selbst einer anderen Person zu schützen oder, sofern es bereits zu Verletzungen
gekommen ist, die Verletzungen durch den Verursacher wieder zu bereinigen.</span></span><br />
<br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Beim Image als
Verhaltensstrategie handelt es sich also um soziale Erwartungsbildung und den
Versuch für das Selbstbild oder zumindest für Teile davon Zustimmung zu
erhalten. Die Frage ist, ob dies mit oder gegen die anderen
Kommunikationspartner geschieht. Aufgrund der emotionalen Bindung an das
Selbstbild ist leicht einzusehen, dass sich daraus ein hohes Konfliktpotential
ergibt. Imagepflege bekommt dadurch eine <i>Doppelfunktion</i>.
Zum einen bieten sie einen <i>Schutz für das
psychische Selbst</i> vor verletzenden Fremdbeobachtungen durch die soziale
Umwelt. Zum anderen unterstützen sie die <i>soziale
Anschlussfähigkeit der Person</i> indem sie Handlungsskripte zur Verfügung
stellen mit denen eine positive Fremdbeobachtung durch die soziale Umwelt
ermöglicht wird. Nimmt man den Selbstschutz ausschließlich in die eigene Hand
und schließt die Kommunikationspartner davon aus, wie man sich selbst sehen
möchte, so wird dies zwangsläufig zu Kommunikationsproblemen führen, denn diese
Verhaltensweisen werden unter anderem negative Auswirkungen auf das
Selbst-Erleben der Kommunikationspartner haben. Wenn Verhalten eine Funktion
von Erfahrung ist, wird sich dies auch im Handeln der betroffenen Person
ausdrücken, indem sie versuchen wird sich vor dieser Art der in der Behandlung sich
ausdrückenden Fremdwahrnehmung zu schützen. Imagepflege wird damit zur Lösung
des Problems der Beobachtung der Beobachtung durch eine andere Person. Mithin
lässt sich jegliche Kommunikation als Reaktion auf die Situation der
Beobachtung der Beobachtung durch eine andere Person verstehen. Die Funktion
des psychischen Selbstschutzes ist damit jeder Kommunikation eingeschrieben. Ob
sie aber mit der sozialen Funktion von Kommunikation das gemeinsame Erleben und
Handeln der Kommunikationspartner zu koordinieren erfüllt, ist eine empirische
Frage.</span></span><br />
<br />
<br />
<div style="text-align: center;">
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">XI.</span></span></div>
<br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Soziale Systeme und psychische
Systeme sind beobachtende Systeme. Beobachten bedeutet die <i>Aufmerksamkeit auf etwas zu richten</i>, um es gegenüber allem anderen für
den weiteren Fortgang der Kommunikation als relevant zu markieren und zum
Zentrum der gemeinsamen Aufmerksamkeit zu machen. Imagepflege bzw. psychischer
Selbstschutz erfolgt durch Kommunikation und demzufolge auch in Form von
Beobachtungen. Sie stellt immer auf die Beziehung der Kommunikationspartner
zueinander ab, also wie die Kommunikationspartner durch ihr Verhalten für sich
und andere als Person beobachtbar werden und welche Auswirkungen dies auf den
personalen Status der anderen Kommunikationspartner hat. Imagepflege wird damit
zu einem ständigen <i>Spiel zwischen Beobachtbarkeit
und Unbeobachtbarkeit</i>, zwischen dem, was anderen Personen vom eigenen
Selbst gezeigt wird, und dem, was nicht gezeigt wird. Was gezeigt wird, hängt
davon ab, ob man annimmt dafür Zustimmung bei den anderen
Kommunikationsteilnehmern zu finden.</span></span><br />
<br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Wenn man an Kommunikation
teilnehmen will, muss man Aufmerksamkeit auf sich ziehen. <i>Man wird als Person für andere beobachtbar.</i> Durch Beobachten werden
Informationen gewonnen. Das gilt auch für das beobachtbare Verhalten von
Personen. Man selbst möchte zwar durch sein Verhalten die Aufmerksamkeit der
anderen in einer Weise auf sich lenken, sodass man für sich selbst und andere in
einem möglichst positiven Licht erscheint. Aufgrund des tendenziell
divergierenden psychischen Erlebens der Kommunikationspartner gibt es jedoch
keine Garantie, dass er die Form, in der man die Aufmerksamkeit auf sich zieht,
versteht und einen so sieht, wie man gesehen werden möchte. Ein weiteres
Problem jeder Beobachtung ist, dass sie nicht erschöpfend informieren kann.
Vollständiges Informiert-Sein bezüglich eines Sachverhalts ist unmöglich und
gilt auch für das Wissen über Personen. Man wird Personen niemals vollständig
kennen können. Man kann sich nicht einmal selbst vollständig kennen. Das Wissen
über sich selbst und andere wird immer unvollständig und lückenhaft sein. Kurz
gesagt, wird es <i>immer blinde Flecken in
Bezug auf das eigene Selbstbild</i> geben. Das gilt für jeden Menschen.</span></span><br />
<br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Sich beobachtbar zu machen indem
man die Aufmerksamkeit anderer auf sich zieht, heißt dann sich der Gefahr
auszusetzen, dass andere Personen einen selbst auf die eigenen blinden Flecke
im Selbstverständnis hin beobachten können. Diese Informationen sind in der
Regel nicht sehr vorteilhaft und werden unter Umständen genau deswegen gegen
die Imageträger eingesetzt. Die Unvollständigkeit des eigenen Image macht jeden
Menschen verletzlich für die Beobachtungen anderer. Möchte man sich jedoch
selbst besser kennen lernen, muss man die eigene Beobachtbarkeit als Risiko in
Kauf nehmen. Denn nur durch die Beobachtung, wie man durch andere beobachtet
wird, kann man sich selbst kennen <i>lernen</i>.
Das bedeutet, man muss sich erst der Beobachtbarkeit durch andere aussetzen, um
wissen zu können, wo die eigenen blinden Flecke liegen. Nur wenn man weiß, wie
man von anderen gesehen wird, kann man die eigenen blinden Flecken schließen. Auf
diese Weise kann man zwar viele Informationslücken im eigenen Image füllen, um
für andere ein geschlosseneres Bild abzugeben. Trotzdem wird man niemals alle Lücken
schließen können, denn es liegt in der Logik der Beobachtung selbst, dass es
immer blinde Flecke geben wird. Daraus sollte man jedoch nicht den Schluss
ziehen von vornherein darauf zu verzichten danach zu streben sich selbst kennen
zu lernen. Lernen, Veränderung, Entwicklung, Differenzierung und Evolution von
beobachtenden Systemen werden durch das Entdecken und Auffüllen solcher blinden
Flecken angestoßen.</span></span><br />
<br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Die Beobachtung der eigenen
blinden Flecke im Selbstbild, egal ob durch jemand anderen oder durch sich
selbst, ist in der Regel keine angenehme Erfahrung. Man wird offensichtlich von
anderen nicht verstanden und möglicherweise versteht man sich sogar selbst
nicht mehr. Stellt jemand in einer bestimmten Situation das eigene Image
infrage, wird man in Verlegenheit gebracht (vgl. Goffman 1986b). Man ist
verwirrt und weiß unter Umständen nicht, was man nun tun soll. Hier vernichtet
Verhalten Erfahrung (vgl. Laing 1969, S. 19). Das Verhalten eines
Kommunikationspartners vernichtet die (Selbst-)Erfahrung des anderen. Man ist
nicht mehr in der Lage an der aktuellen Kommunikation weiterhin teilzunehmen. Imagepflege
ist darauf ausgerichtet solche Situationen zu vermeiden. Sie konzentriert sich
aber nicht nur auf das eigene Selbstbild, sondern auch auf das Selbstbild der Kommunikationspartner.
Das Wissen darüber, wie sich der andere sieht, wird zu einer wichtigen
Voraussetzung, um überhaupt sinnvoll Imagepflege in Bezug auf andere Personen
betreiben zu können. Erfolgreiche Imagepflege, die alle Kommunikationsteilnehmer
schützt, verbindet die Sorge um das eigene Selbst mit der Sorge um das Selbst
der anderen. Um das eigene Bedürfnis, verstanden zu werden, zu befriedigen,
muss man etwas dazu beitragen, dass Bedürfnis der anderen zu befriedigen, dass
auch sie verstanden werden wollen. Man muss sich also schon aus Eigeninteresse
darum bemühen, den Kommunikationspartner zu verstehen.</span></span><br />
<br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Imagepflegetechniken stellen mit
anderen Worten sicher, dass sich eine Person durch andere Personen verstanden
fühlen kann. Dies kann auf <i>zwei Arten</i>
geschehen. <i>Erstens</i> indem
Imagepflegetechniken Handlungsskripte zur Verfügung stellen, die zumindest
vermeiden, dass man den Eindruck bekommt, von anderen Personen so gesehen zu
werden, wie man sich selbst nicht sehen möchte. Dafür ist ein relativ geringes
Maß an metakommunikativem Verstehen notwendig und läuft noch sehr ritualisiert
ab. <i>Zweitens</i> kann die Imagepflege eine
Form annehmen, bei der sich eine Person durch die anderen Personen verstanden
fühlen kann, weil die Handlungsweisen zeigen, dass die Person von ihren
Kommunikationspartnern so gesehen wird, wie sie sich selbst sieht. Dies ist nur
mit einem relativ hohen Maße an metakommunikativem Verstehen möglich, wie es
sich in Intimbeziehungen mit der Zeit einspielt. Diese Kommunikation kann nicht
mehr nach strengen Regeln ablaufen, sondern muss so flexibel sein, dass Fehler
möglich sind. Hier kann es nicht mehr nur darum gehen zu vermeiden, dass andere
die eigenen blinden Flecken nicht sehen, sondern um den verständnisvollen Umgang mit ihnen. Nur
so kann man den Kommunikationspartner und sich selbst kennen lernen.</span></span><br />
<br />
<br />
<div style="text-align: center;">
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">XII.</span></span></div>
<br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Mit der Angst aus der Sicht der
anderen nicht als der gesehen zu werden als den man sich selbst sieht, gehen
Menschen auf unterschiedliche Weise um. Die Intensität der Angst richtet sich
danach, wie stark die Gefährdung des eigenen Selbstbildes durch die
Beobachtungen von anderen Personen empfunden wird. Beobachtbarkeit wird in
Abhängigkeit davon entweder stärker als Gefahr oder als Risiko bzw. Chance
wahrgenommen. Überwiegt die Angst vor der Beobachtung durch andere Personen mit
den potentiell negierenden Implikationen auf das eigene Selbstbild, werden die
Betroffenen eher versuchen, die Gefahr der Beobachtbarkeit zu vermeiden.
Überwiegt dagegen das Bedürfnis von anderen verstanden zu werden, so werden
diese Personen Beobachtbarkeit als Risiko in Kauf nehmen, um die Chancen darauf,
verstanden zu werden, zu nutzen. Bereits Sigmund Freud hatte erkannt, dass die
menschlichen Beziehungen eine Quelle des Leids sein können (vgl. 1994, S. 43). Doch
genauso können sie eine Quelle des Glücks sein. Begreift man Glück als das
Gefühl verstanden zu werden, wird das Streben nach Glück zum Streben nach dem
Gefühl verstanden zu werden. Dieses Glück kann man nur im Rahmen von
menschlichen Beziehungen durch Kommunikation erfahren. Doch um dieses Glück
erfahren zu können, muss man eine beträchtliche Hürde nehmen. Diese Hürde
besteht in der sehr wahrscheinlichen Möglichkeit, dass das eigene Selbstbild
durch fremde Beobachtungen infrage gestellt wird. Dadurch bekommt man das
Gefühl nicht verstanden worden zu sein. Dies ist das Leid, dass durch den
Kontakt zu anderen Menschen erfahren werden kann.</span></span><br />
<br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Freud unterscheidet zwei Formen,
wie sich das Streben nach Glück im Handeln der Menschen realisiert: zum einen
durch Handlungen, die ein intensives Erleben von Lustgefühlen ermöglichen, und zum
anderen durch Handlungen, die auf die Vermeidung von Leid ausgerichtet sind
(vgl. 1994, S. 42.ff). Nur bei der ersten Handlungsstrategie handelt es sich um
Glück durch Lustgewinn im engeren Sinne. Die zweite Handlungsstrategie ist
lediglich eine Form von Unlustvermeidung. In dieser Form besteht das Glück
lediglich darin kein Leid zu erfahren. Für den <i>Lustgewinn </i>aus menschlichen Beziehungen<i> </i>muss Beobachtbarkeit als Risiko in Kauf genommen werden, denn
Beobachtbarkeit ist die Voraussetzung, um von anderen verstanden werden zu
können. Für die <i>Unlustvermeidung </i>muss
Beobachtbarkeit im Rahmen von menschlichen Beziehungen dagegen als Gefahr
betrachtet werden, denn Beobachtbarkeit bietet für andere die Möglichkeit, dass
man selbst in einer Form behandelt wird, die nicht dem eigenen Selbstbild
entspricht. In der Konsequenz wird man vor zwei Alternativen gestellt, wie man
das Selbstbild schützen kann: <i>sich zeigen</i>
oder <i>sich verbergen</i>, sich an
Kommunikation beteiligen oder Kommunikation vermeiden, <i>Inklusion</i> oder <i>Exklusion</i>.</span></span><br />
<br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Die Variante der prinzipiellen
Kommunikationsvermeidung aus Selbstschutz wählen nur die wenigsten Menschen. Doch
es ist auch durch Kommunikation möglich, dass etwas gezeigt wird, um etwas
anderes zu verbergen. Diese Möglichkeit ist in der Funktionsweise der
Beobachtungsoperation selbst angelegt. Beobachtung bedeutet, durch das Treffen
einer Unterscheidung etwas zu bezeichnen. Die Aufmerksamkeit wird durch das Operieren
auf etwas gerichtet. Zugleich wird man dadurch für alles andere blind, weil es
nicht im Fokus der Aufmerksamkeit steht. Ist man sich dieser Konsequenz des Beobachtens
bewusst, so kann durch die selektive Verkettung von Beobachtungen die
Aufmerksamkeit gelenkt werden und zugleich auch von anderem abgelenkt werden.
Jeder professionelle Taschendieb oder Geheimdienstagent nutzt diesen Umstand
aus. Auch jeder Politiker, Anwalt, Verkäufer, Schauspieler, Künstler oder
Verführer ist sich darüber bewusst. Und in schwächeren Formen weiß auch jeder
Mensch diese Funktionsbedingung der Beobachtung für sich zu nutzen.
Ruesch/Bateson gehen sogar soweit anzunehmen, dass erst das Auftreten von
Täuschungen als Beweis betrachtet werden kann, dass es in einer Gruppe zu einem
geteiltem Bewusstsein der wechselseitigen Wahrnehmung – also Kommunikation –
gekommen ist (vgl. 2012, S. 237). Dies hat gravierende Folgen für die
Beobachtung von Personen und in der Konsequenz auch für die Beobachtung der
Kommunikation selbst. <i>Jede Kommunikation
kann entweder darauf hin beobachtet werden, was dadurch gezeigt wird oder
darauf hin, was durch das Zeigen verborgen wird.</i> Da jede Mitteilung auch
auf eine mitteilende Person verweist, transformiert sich die allgemeine
Funktion der Aufmerksamkeitslenkung durch Kommunikation auf die mitteilende
Person. <i>Je nachdem ob man auf
Beobachtbarkeit als Risiko oder Gefahr disponiert ist, wird die Beobachtung der
Kommunikationspartner daran orientiert, was der Kommunikationspartner zeigt
oder was er verbirgt bzw. welche Informationen er über sich zulässt und welche
nicht.</i> </span></span><br />
<br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Sich an Kommunikation zu
beteiligen, heißt immer auch mit Implizitem, Nicht-Gezeigtem zu rechnen. Ohne
<i>Redundanzen</i> kann Kommunikation nicht funktionieren. <i>Je mehr Informationen in einer bestimmten Situation notwendig sind,
damit sich die Kommunikationspartner gegenseitig verstehen, desto unvertrauter
sind die Kommunikationspartner miteinander.</i> Umgekehrt bedeutet das auch, <i>je weniger gesagt werden muss, damit sich
die Kommunikationspartner gegenseitig verstehen, desto vertrauter sind sie
miteinander</i>. Für das gegenseitige Verstehen sind bereits zu viele
Informationen redundant als dass sie jedes Mal mitkommuniziert werden könnten. Es
würde darauf hinaus laufen, die gemeinsame Beziehung zu reflektieren. Dass kann
zu einer schweren Belastungsprobe für die Beziehung werden, denn es können
Informationen entstehen, die zeigen wie berechtigt oder unberechtigt das
bisherige Vertrauen in die Beziehung war. Das Funktionieren von Kommunikation
kann sich also auch gerade an dem zeigen, was nicht explizit mitgeteilt wurde.</span></span><br />
<br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Dieser <i>Zusammenhang zwischen
Informationsfülle und Vertrauen</i> soll an einem Beispiel verdeutlicht werden.
Eine Situation zwischen zwei Ehepartnern könnte folgendermaßen ablaufen:</span></span><br />
<br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Er: „Schatz, ich gehe noch mal
kurz zum Supermarkt.“ </span></span></div>
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">
</span></span><br />
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Sie: „Der Wetterbericht hat Regen
angesagt. Nimm doch einen Schirm mit, damit Du nicht nass wirst, wenn es regnen
sollte.“ </span></span></div>
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">
</span></span><br />
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Er: „OK, dann nehme ich besser
den Schirm mit. Danke, dass du mich daran erinnerst. Bis später.“ </span></span></div>
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">
</span></span><br />
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Er steckt den Schirm ein und
geht.</span></span><br />
<br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Die Situation könnte aber auch
folgendermaßen ablaufen:</span></span><br />
<br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Er: „Schatz, ich gehe nochmal kurz zum
Supermarkt.“ </span></span></div>
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">
</span></span><br />
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Sie: „Der Wetterbericht hat Regen
angesagt.“ </span></span></div>
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">
</span></span><br />
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Er steckt für sie gut sichtbar
den Schirm ein und sagt: „Danke, dass du mich daran erinnerst. Bis später.“ </span></span></div>
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">
</span></span><br />
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Und geht.</span></span><br />
<br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Entscheidend ist im zweiten Fall,
was im Vergleich zum ersten nicht gesagt wurde. Trotzdem versteht der Ehemann,
was seine Frau von ihm erwartet. Die Mitteilung der Frau verbirgt nichts,
sondern stützt sich durch das Weglassen bestimmter Informationen, hier die
konkrete Aufforderung den Schirm mitzunehmen, lediglich darauf, dass er auch
weiß, dass er bei Regen nass werden kann und er sich davor schützen kann. Obwohl
sie ihn nicht explizit zur Mitnahme des Regenschirms auffordert, zeigt er durch
das Einstecken des Regenschirms, dass er verstanden hat und sie sich auch
verstanden fühlen kann. Problematisch wird es, wenn die Kommunikation daraufhin
gegenbeobachtet wird, was nicht gesagt wurde. Die Situation hätte zum Beispiel
auch folgendermaßen ablaufen können:</span></span><br />
<br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Er: „Ich gehe noch mal kurz zum
Supermarkt.“ </span></span></div>
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">
</span></span><br />
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Sie: „Der Wetterbericht hat Regen
angesagt. Nimm doch einen Schirm mit, damit Du nicht nass wirst, wenn es regnen
sollte.“ </span></span></div>
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">
</span></span><br />
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Er: „Du brauchst mich nicht daran
erinnern, ich habe den Wetterbericht selbst gehört. Traust Du mir nicht mal zu
selber so weit zu denken?“. </span></span></div>
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">
</span></span><br />
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Er nimmt den Schirm und geht.</span></span><br />
<br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Diesmal wurde die Mitteilung der
Frau dahingehend beobachtet, welches Bild des Mannes dadurch kommuniziert wird.
Statt die Zuvorkommenheit seiner Frau zu würdigen, versteht der Mann die
Mitteilung als Bevormundung und damit als Angriff auf sein Selbstbild.
Entsprechend defensiv ist sein Kommunikationsstil. Ob die Mitteilung der Frau
tatsächlich zuvorkommend oder bevormundend war, ist in diesem Fall nicht
relevant und ebenso, ob die Reaktion des Mannes berechtigt war. Um das
beurteilen zu können, bräuchte ein externer Beobachter weitere Information über
die bisherige Beziehung der beiden.</span></span><br />
<br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Trotzdem machen die zwei
verschiedenen Reaktionen auf dieselbe Mitteilung zwei unterschiedliche
Beobachtungsstile deutlich. Die erste Reaktion zeugt vom <i>Vertrauen</i> (vgl. Luhmann 2000) des Mannes in das, was die Frau sagt.
Weder in der Sach- noch in der Sozialdimension werden die mitgeteilten
Informationen der Frau als Anlass genommen dies als einen Angriff auf das
Selbstbild des Mannes zu verstehen. Vielmehr werden die Chancen der Mitteilung
gesehen über die Sachebene implizit auch die Beziehungsebene zu bestätigen. Das
Bewusstsein über die wechselseitige Wahrnehmung ist stark ausgeprägt. Und das
alles geschieht mit <i>relativ wenig expliziten
Informationen</i>. Die zweite Reaktion lässt dagegen auf ein <i>Misstrauen</i> auf der Seite des Mannes
gegenüber der Frau schließen. Statt als Hinweis auf den möglichen Wetterwechsel
versteht er die Mitteilung der Frau nun als Zweifel an seinen geistigen
Fähigkeiten, was ihn auch als Person schlecht aussehen lässt und Spannungen auf
der Beziehungsebene nach sich zieht. Hier wird die Gefahr der Mitteilung
gesehen und trotz Übereinstimmung in der Sachebene wird sie als Anlass
genommen, die Beziehungsebene zu hinterfragen. Offenbar gibt es auf dieser
Ebene einen Dissens, der sich nun an einem beliebigen Thema auskatalysiert. Das
Bewusstsein über die wechselseitige Wahrnehmung ist nur schwach ausgeprägt.
Deswegen sind <i>vergleichsweise viele
Informationen</i> nötig, denn die Redundanzen der Kommunikation müssen
expliziert werden. Während die vertrauende Beobachtung mit relativ wenigen
Informationen auskommen kann, steigt bei der misstrauenden Beobachtung mit
jeder weiteren Operation der Informationsbedarf, um sich eines bestimmten
Sachverhalts zu versichern. Anstatt das Gespräch durch den Weggang des Mannes
zu beenden, hätte sich im letzteren Beispiel auch ein längerer Streit entzünden
können, welche die anfänglichen Verletzungen auf beiden Seiten vertieft hätte.
Statt Unsicherheit zu absorbieren, wird die Unsicherheit durch den defensiven
Kommunikationsstil des Mannes gesteigert.</span></span><br />
<br />
<br />
<div style="text-align: center;">
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">XIII.</span></span></div>
<br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Die Frage danach, was gezeigt und
was verborgen wird, verweist auf ein tieferliegendes Problem, nämlich auf das
grundlegende Paradox der Informationsverarbeitung: der Herausforderung <i>mit
bekannten und unbekannten Informationen kalkulieren</i> zu müssen. Wie <a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.de/2013/04/die-beobachtung-der-beobachtung.html">im
letzten Beitrag</a> ausführlich gezeigt wurde, bedeutet das vom Beobachteten
auf das Unbeobachtete zu schließen, vom Gezeigten auf das Nicht-Gezeigte. Dafür
reicht es nicht von einzelnen Ereignissen bzw. Elementen auf das Nicht-Gezeigte
zu schließen, sondern man sollte das Gesamtbild einer Sequenz selektiver
Ereignisverkettungen berücksichtigen - inklusive der eigenen Beiträge dazu, denn
man ist selbst ein Teil der gemeinsam geteilten Welt. Wie in einem Bild, in dem
jeder einzelne Pinselstrich eine bestimmte Funktion in der Gesamtkomposition
erfüllt, so ergeben erst alle Ereignisse zusammen im Rahmen der gemeinsamen
Beziehung ein einigermaßen schlüssiges Bild. Erst die Gesamtschau lässt auch
sinnvolle Rückschlüsse auf das zu, was nicht gezeigt wurde. Selbst heterogene
sich widersprechende Elemente können dann im Zusammenspiel mit den anderen
Elementen ein schlüssiges Bild abgeben. Bei dem, was nicht gezeigt wurde,
handelt es sich aber zunächst nicht um etwas, was vor der Beobachtung durch den
Kommunikationspartner verborgen bleiben sollte, sondern einfach um notwendige
Redundanzen für das Funktionieren von Kommunikation. Alle Redundanzen zu
explizieren, würde jede Situation in eine Reflektionsschleife führen, die kein
Ende findet. Stattdessen würde die Kommunikation nur auf ihre eigenen paradoxen
Funktionsbedingungen stoßen.</span></span><br />
<br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Das kann passieren, wenn sich die
Beobachtung nur partiell auf Einzelereignisse konzentriert und daraus auf
abstraktere Sachverhalte geschlossen wird. Die dabei auftretenden
Inkonsistenzen nähren erste Zweifel an der Gültigkeit des Sachverhalts. Anstatt
jedoch die eigene Beobachtung zu hinterfragen, wird der Sachverhalt
hinterfragt, was den Verdacht nährt, dass noch etwas anderes dahinterstecken könnte als
das, was der Anschein erweckt. Nun wird das Gezeigte auf das hin beobachtet,
was möglicherweise durch das Gezeigte verborgen wird. Die Mitteilung guter
Absichten kann ja nur ein Beleg dafür sein, dass man eigentlich etwas
Schlechtes im Schilde führt. Die beständigen Liebensbeweise können nur belegen,
dass man nicht geliebt wird, denn wäre es so, müsste die Liebe nicht ständig
unter Beweis gestellt werden. Auf diese Art kann alles als Beweis des
Gegenteils beobachtet werden. Es kommt zu einer systematischen Verzerrung der
durch diese Form der Beobachtung gewonnenen Informationen, welche jedoch den
Zweifel weiter unterstützen und die Unsicherheit beständig steigern. Die
Unendlichkeit doppelt kontingenter Handlungsmöglichkeiten bricht bei dieser Beobachtungsform wieder auf. Das Bewusstsein für Alternativen lässt jegliches Vertrauen
in die aktualisierten Ereignisse als Orientierungspunkte für die Wahl der
eigenen Anschlusshandlung erodieren. Hat man sich einen solchen <i>misstrauenden Beobachtungsstil</i>
angewöhnt, sind die Voraussetzungen geschaffen für die Bildung von diversen Wahrnehmungs-
und Verhaltensstörungen. Paranoia wäre ein Beispiel für einen solchen
misstrauenden Beobachtungsstil. Der allerdings nur funktioniert, solange er
nicht auf sich selbst angewendet wird. Denn das hieße dem eigenen Vertrauen in
das eigene Misstrauen gegenüber anderen zu misstrauen. Da sich dieser
Beobachtungsstil auch in der Gegenbeobachtung durch den Kommunikationspartner
spiegelt, kann sich die paranoide Beobachtung auch nicht ernsthaft auf ihre Umwelt
einlassen. Während auf der operativen Ebene kommuniziert wird, findet keine
Kommunikation auf der Beziehungsebene statt. Deswegen benötigt die misstrauende
Beobachtung immer mehr Informationen, denen sie aber auch nur misstrauen kann. Durch
diesen letztlich unstillbaren Informationsbedarf mündet Misstrauen in einem
unendlichen Regress, der jede Kommunikation mit Sicherheitserwartungen
belastet, die letztlich nicht erfüllt werden können.</span></span><br />
<br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Der soziologische Beobachter wird
nun mit der paradoxen Situation konfrontiert, dass trotz Kommunikation nicht
kommuniziert wird, dass etwas Gezeigt wird, obwohl nichts gezeigt wird - Unterschiede, die keine Unterschiede machen. Den
Kommunikationspartnern gelingt es bei misstrauender Beobachtung nicht ein Image
aufzubauen. Die Kommunikation operiert in der Sozialdimension blind. Wenn es
den Kommunikationspartnern nicht gelingt Annahmen über die Verhaltensstrategie
einer bestimmten Person zu machen, dann heißt das sie können keine Erwartungen
über diese Person bilden. Sie hat <i>kein
Image</i>. Daneben gibt es noch den Fall, dass die betroffene Person durch
widersprüchliches Verhalten ein <i>falsches
Image</i> aufbaut (vgl. Goffman 1986a, S. 13). Auch in diesem Fall wissen die
Kommunikationspartner nicht, was sie von der betreffenden Person erwarten
sollen. Die Informationen in der Sozialdimension sind chaotisch und machen auch
in diesem Fall die Beteiligten blind für das Selbstverständnis des
Kommunikationspartners. Erwartungen schaffen Vertrauen und absorbieren
Unsicherheiten in Bezug auf eine ungewisse Zukunft. Erwartungen zu bilden,
bedeutet auch, dass die individuell attributierten Verhaltensmöglichkeiten eines
Kommunikationspartners durch einen Beobachter eingeschränkt werden. Das
Ergebnis dieser Beobachtung bezeichnet Luhmann als <i>Form der Person</i> (vgl. 2005c, S. 142). Sie ist eine Form zur
Beobachtung der menschlichen Umwelt eines sozialen Systems.</span></span><br />
<br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Wenn Image den Unterschied
zwischen psychischer Selbstbeschreibung und sozialer Fremdbeschreibung
bezeichnet, dann ist die Form Person die soziale Fremdbeschreibung. Sowohl
Verhaltensstrategien, die zu keinem Image führen, als auch Verhaltensstrategien,
die zu einem falschem Image führen, sind Selbstdarstellungsformen, die es den
Kommunikationspartnern nicht erlauben Erwartungen zu bilden. Zugleich ist es
den Kommunikationspartnern nicht möglich ihre eigenen Verhaltensmöglichkeiten
in Bezug auf den anderen einzuschränken. Die wechselseitige Einschränkung von
Verhaltensmöglichkeiten wird also durch derartige Formen der Selbstdarstellung
verhindert. Eine Integration der Kommunikationspartner ist also bei derartiger
Kommunikation nicht möglich und somit auch keine Handlungskoordination. Egal,
ob keine Information oder widersprüchliche Informationen bezüglich des
Selbstverständnisses des Kommunikationspartners beobachtet werden können, in
beiden Fällen deuten Kommunikationsformen, die keine klaren Rückschlüsse auf
die psychische Selbstbeschreibung zulassen, auf eine Störung der
Beziehungsebene hin. Es kann davon ausgegangen werden, dass das Risiko der
Exklusion bei unklaren Informationen hinsichtlich der Beziehungsebene beträchtlich
ansteigt, denn die bestehenden Unsicherheiten werden mit der Zeit gesteigert
statt absorbiert. Die Differenz zwischen psychischer Selbstbeschreibung und
Person bzw. den mit beiden verbundenen Horizonten an Verhaltensmöglichkeiten
vergrößert sich immer mehr und es kommt der Zeitpunkt, an dem die Unsicherheit
so groß ist, dass die Fortsetzung der Kommunikation emotional oder bewusst als
so unerträglich erfahren wird, dass ein Abbruch der Fortsetzung vorgezogen
wird.</span></span><br />
<br />
<br />
<div style="text-align: center;">
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">XIV.</span></span></div>
<br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Aus den vorangegangenen
Überlegungen lässt sich nun folgende Hypothese ableiten<i>: Je nachdem ob man die Beobachtbarkeit des eigenen Selbst durch eine
andere Person als eine Chance oder als Gefahr für das eigene Selbst empfindet,
sinkt oder steigt die Exklusionswahrscheinlichkeit dieser Person.</i> Sofern
Beobachtbarkeit als Chance empfunden wird, entwickelt sich daraus eine
offensive Verhaltensstrategie zum Lustgewinn aus menschlichen Beziehungen durch
die Teilnahme an Kommunikation. Entsprechend offen und expressiv wird die
Selbstdarstellung sein. Das Wissen um die eigene Unvollkommenheit lässt die
Person mit Imageverletzungen locker und gelassen umgehen, denn man weiß auch,
dass jeder andere genauso unvollkommen und verletzlich ist wie man selbst. Dies
macht es auch einfacher sich in die Lage des Kommunikationspartners zu
versetzen und die Schutzbedürfnisse des Kommunikationspartners zu respektieren
und auf sie einzugehen. Die unendliche Komplexität doppelt kontingenter
Erlebens- und Handlungsmöglichkeiten, welche durch die wechselseitige
Beobachtung eröffnet wird, wird durch Vertrauen in die eigene Wahrnehmung und
Beobachtung reduziert. Dieses Vertrauen wächst aus der eigenen Verletzlichkeit,
denn sie stellt zugleich die Irritierbarkeit für die Umwelt sicher. Wird
Beobachtbarkeit dagegen als Gefahr für das eigene Selbst empfunden, wird sich
daraus eine defensive Verhaltensstrategie entwickeln, die den Zweck verfolgt
Imageverletzungen, und damit Unlust, zu vermeiden. Das Engagement dieser
Personen, sich an Kommunikation zu beteiligen, ist entsprechend gedämpft. Ihre
Selbstdarstellung wird sich eher vorsichtig und introvertiert gestalten. Das
Wissen um die eigene Verletzlichkeit führt dazu, dass man sich vorwiegend auf
sich selbst konzentriert und den anderen nur unter dem Gesichtspunkt wahrnimmt,
wie man sich vor seinen, das eigene Selbst potentiell negierenden,
Beobachtungen schützen kann. Dass der andere genau dasselbe Problem hat, wird
nicht gesehen. Entsprechend egozentrisch wird das Erleben und Handeln sein. Die
eigene Verletzlichkeit wird lediglich als persönlicher Makel wahrgenommen, den
es vor den anderen zu verbergen gilt. Zugleich wird es als legitim empfunden,
andere diese Verletzlichkeit spüren zu lassen. So trägt nicht nur die
Vermeidung von Verletzungen des eigenen Selbstbildes zum eigenen Glück bei,
sondern unter Umständen auch das Wissen um das Leid der anderen.</span></span><br />
<br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Offensive und defensive
Imagebildung als Reaktion auf die Situation wechselseitiger Beobachtbarkeit
sind zunächst nur idealtypische Unterscheidungen. Das Bild wird sofort
komplexer, wenn man diese Unterscheidung auf einzelne Beziehungen anwendet. So
kann eine Person im Rahmen der Beziehung zu einer Person, z. B. dem Chef, eher
defensiv agieren, in der Beziehung zu einer anderen Person, z. B. einem Freund,
eher offensiv. Erst die Summe der Beziehungen einer Person zu anderen Personen
und wie sie sich in ihnen verhält, lässt einen Schluss auf den Verhaltenstypus
der Person als Ganzes zu <a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/06/die-beobachtung-der-beobachtung-2.html#fn006" id="anker006">[6]</a>. Doch selbst dann lässt sich die
Exklusionswahrscheinlichkeit noch nicht sicher bestimmen, denn ein weiterer
Faktor muss noch berücksichtigt werden: die soziale Umwelt der Person. Sofern
sich eine Person, welche die Beobachtbarkeit durch andere für sich als eine
Gefahr empfindet, in einem sozialen Milieu agiert, dass eher eine offensive
Imagebildung bevorzugt und fördert, dann ist die Exklusionswahrscheinlichkeit
der betreffenden Person folglich relativ hoch. Befindet sich eine Person,
welche die wechselseitige Verletzlichkeit durch Beobachtung erkannt hat, in
einem sozialen Milieu, das eher defensive Formen der Selbstdarstellung
bevorzugt, dann wäre auch die Exklusionswahrscheinlichkeit dieser Person
entsprechend höher als derjenigen, die sich diesem defensiven Kommunikationsstil
angepasst haben.</span></span><br />
<br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Nichts desto trotz bleibt das
Vertrauensproblem bestehen. Offensive Imagebildung fördert das Vertrauen in
sich selbst und in andere. Defensive Imagebildung fördert dagegen Misstrauen in
sich selbst und in andere. Die moderne Gesellschaft macht die Bedingung der
wechselseitigen Beobachtbarkeit durch technische Errungenschaften wie Fernsehen
und Internet in verstärktem Maße bewusst. Damit einher geht auch ein
gesteigertes Bewusstsein für die Kontingenz der eigenen Person. Diese, das
eigene Selbst negierende, Erkenntnis ist zunächst ein schwerer Schlag, der sich
aber aushalten lässt, sobald man sieht, dass es jedem anderen genauso geht und
die einzige Chance zu erfahren, wer man ist, darin besteht mit anderen zu
kommunizieren und zu beobachten, auf welche Weise sich das eigene Selbst in den
eigenen Handlungen ausdrückt und wie dies von anderen beobachtet wird. Die
moderne Gesellschaft fördert daher verstärkt offensive Strategien der
Imagebildung.</span></span><br />
<br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Eine Folge davon ist die
Entwicklung, welche zumeist als <i>Individualisierung</i>
bezeichnet wird. Personen sind heute nicht mehr nur Mitglied einer einzigen
Gruppe oder Gemeinschaft. Vielmehr sind sie heute Teil diverser sozialer
Beziehungen mit und ohne Gruppenbezug. Entsprechend differenziert müssen
psychische Systeme sein, um der Komplexität der sozialen Umwelt gerecht zu
werden. Die Rede von Individualisierung reflektiert also eigentlich nur die
gesellschaftliche Entwicklung in Bezug auf die soziale Konstruktion der
Menschen. Letztlich kennt nur jeder für sich selbst alle sozialen Beziehungen,
in die er involviert ist. Im Gegensatz zu vormodernen Gemeinschaftsformen, kann
die moderne Gesellschaft den Menschen nicht mehr vorgeben, wer sie als Person
zu sein haben. Kommunikation kann jedem nur einzelne Anhaltspunkte dafür
liefern. Das Gesamtbild, das sich daraus ergibt, muss jeder für sich selbst
zusammensetzen und mit seinem Selbstbild abgleichen. Die Kommunikation der
modernen Gesellschaft zeichnet sich deswegen auch durch einen <i>gesteigerten Bedarf an Informationen
hinsichtlich der Sozialdimension</i> aus. Lediglich offensive Imagebildung kann
diesen Informationsbedarf zugleich befriedigen und begrenzen. Defensive
Imagebildung zeichnet sich dagegen dadurch aus, dass sie die Beobachtung von
Informationen in der Sozialdimension verhindert, was den Informationsbedarf
zugleich immer weiter vergrößert. Dieser Kommunikationsstil war möglicherweise
in vormodernen Gemeinschaftsformen mit starker Aversion gegen Individualität
angemessen. Der Informationsbedarf wurde einfach durch die Autorität der Gruppe
oder des Führers begrenzt. Expressive Rollen wurden hier lediglich den Führern
zugestanden. In einer sich immer weiter differenzierenden Gesellschaft ist ein
solcher Kommunikationsstil unangemessen, weil er zum einen die Menschen als
Einzelpersonen sozial zum Verschwinden bringt und zum anderen sich keine
gesellschaftsweit funktionierende Autorität installieren lässt, die den
Informationsbedarf durch wirksame Reflexionsblockaden begrenzen könnte. Je
stärker sich die Kommunikation an die besondere Beziehung, die zwischen
Einzelpersonen besteht, anpassen muss, desto unangepasster wird eine defensive
Strategie der Imagebildung. Denn dafür benötigt sie einen entsprechenden
Informationsreichtum in der Sozialdimension, welchen defensive Imagebildung
verhindert, weil sie eher dazu geeignet ist sich zu verstecken.</span></span><br />
<br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Als Konsequenz muss die moderne
Gesellschaft das menschliche Bedürfnis nach Selbstschutz anerkennen. Sie kann
aber nicht jede Möglichkeit, wie dies mit Hilfe von Kommunikation erfolgen
kann, anerkennen. Wie die vorangegangenen Überlegungen zeigen sollten, besteht
ein Konflikt zwischen der psychischen und sozialen Funktion des Selbstschutzes.
Der Wunsch sozial im bestmöglichen Licht da zu stehen, kann durch offensive
Imagebildung unterstützt werden und durch defensive Imagebildung behindert
werden. Während jedoch offensive Imagebildung die Intelligenz der Menschen
fördert, wird diese Fähigkeit durch defensive Imagebildung beeinträchtigt. Die
Fähigkeit in eine mit anderen geteilte Welt einzutreten, deren Bestandteil man
ist, wird nicht gefördert, wenn man in der Sozialdimension blind operiert. Um
verstanden zu werden, muss man auch verstehen können. Das geht nicht, wenn man
nicht weiß, mit wem man es zu tun hat. Diese Informationen können bei einer
ersten Begegnung aber nicht mehr vorausgesetzt werden, sondern katalysieren
sich erst im Verlauf der Kommunikation aus. Entsprechend sind
Kommunikationstechniken notwendig, die mit solchen Unsicherheiten rechnen und
zugleich die relevanten Informationen hervorbringen. Es kann dann nur
noch erwartet werden, dass die Kommunikationspartner über solche Techniken
verfügen. Imagepflegetechniken, die mit solchen aus der eigenen Beobachtbarkeit
resultierenden Risiken rechnen, können dies leisten. Defensive Techniken nehmen
dagegen eine Form an, die psychisch zunächst zweckmäßig erscheinen, sozial
gesehen jedoch das Gegenteil bewirken und die Exklusion fördern.</span></span><br />
<br />
<br />
<div style="text-align: center;">
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">XV.</span></span></div>
<br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Für den soziologisch ungeübten
Beobachter mag das Vorangegangene zunächst ziemlich verwirrend erscheinen. Die
Beobachtung der Beobachtung durch andere Personen hält so viele Irrwege und
Sackgassen bereit, dass man gar nicht weiß, wie man mit diesen Risiken
umgesehen soll. Wie soll man bei all diesen Ambivalenzen noch wissen, was von
einem erwartet wird? Jede Handlungsalternative könnte die falsche sein. Wenn
man etwas tut, kann es falsch sein. Wenn man nichts tut, kann es auch falsch
sein. Egal, was man tut, es könnte falsch sein. Eine unheimliche Situation in
der man sich fühlt als wäre man gelähmt. Das ausgelöste Unbehagen ist so groß,
dass man den Drang verspürt Kommunikation, und damit den Kontakt zu anderen
Menschen, generell zu vermeiden. Am besten tritt man überhaupt nicht als Person
in Erscheinung.</span></span><br />
<br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Das Unbehagen gründet jedoch in
einem naiven Verständnis von absoluter Wahrheit bzw. absolutem Sein, das sich
spätestens bei der Erkenntnis über die soziale Konstruktion gesellschaftlicher
Wirklichkeit nicht mehr aufrechterhalten lässt. Nur in einer solch naiven
Sichtweise besitzen Unterscheidungen wie richtig/falsch eine Funktion zum
Verbriefen von letztgültigen Wahrheiten. Schein und Sein lassen sich aber nicht
mehr auseinanderhalten. Der Schock darüber, dass es keine externen Halteseile
gibt, die einem einen sicheren Stand im Leben geben, stellt alle erkenntnistheoretischen
Gewissheiten infrage, inklusive der Frage nach dem wahren Selbst. Die
Verunsicherung durch diesen Schock ist so tiefgreifend, dass man sich in die
eigene Innerlichkeit zurückzieht. Die europäischen Sozial- und
Geisteswissenschaften haben sich von diesem Schock bis heute nicht erholt.
Erleben wird über alles gestellt und kann weder durch das eigene noch durch
fremdes Verhalten irritiert werden. Nur die, dem sozialen Zugriff entzogene,
psychische Wirklichkeit besitzt noch ihre eigene Wahrheit. Sofern man eine
derart fatalistische Einstellung zur Realität der Beobachtung gewinnt, ist die
Voraussetzung geschaffen für eine Entwicklung hin zu einer schizoiden
Persönlichkeitsstörung, die in Extremfällen zur Erstarrung – also der
Unfähigkeit sich an Kommunikation zu beteiligen – führen.</span></span><br />
<br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Es sollte jedoch deutlich
geworden sein, dass der Ausgangspunkt zum Verständnis einer solchen psychischen
Entwicklung in den Bedingungen der Kommunikation selbst liegen, nämlich der
wechselseitigen Wahrnehmung und Beobachtung durch die Kommunikationspartner. In
der Kommunikation kann also sowohl das Heil als auch das Verderben für Menschen
liegen. Das führt zurück zur Frage nach dem Unterscheidungskriterium für
funktionale und pathologische Kommunikation. Funktionale, der menschlichen
Umwelt angepasste, Kommunikation zeichnet sich dadurch aus, dass sie die
Menschen ihn ihrer Umwelt <i>als
Einzelpersonen mit autonomer Entscheidungsfähigkeit beobachtbar</i> macht. Die
Freiheit zur eigenen Entscheidung kann jedoch nur eine bedingte, konditionierte
Freiheit sein und keine unbedingte, absolute Freiheit, denn auch die
Alternativen, zwischen denen man sich entscheiden kann, werden durch den
Entscheider konstruiert. Man entscheidet also nur im Rahmen selbst bestimmter
Möglichkeiten. Pathologisch kann Kommunikation werden, wenn Menschen nicht als
autonome Personen wahrgenommen werden. Dies jedoch nicht nur Fallweise in
vereinzelten Situationen, sondern als ein systematisches Beobachtungsschema mit
dazugehörigen Handlungsskripten.</span></span><br />
<br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Desweiteren spielt der <i>Grad der Intimität</i> einer Beziehung eine
wichtige Rolle. Während es zu verschmerzen ist, wenn sich der Bäcker oder der
Anwalt nicht für den eigenen Liebeskummer interessiert, würde man dies Freunden
oder dem Therapeuten ziemlich übel nehmen. Professionelle Distanz, wie sie die
funktionale Differenzierung der modernen Gesellschaft heute erfordert, ist
daher keine pathologische Erscheinung der Verdinglichung, sondern selbst wiederum
eine Selbstschutztechnik, um sich vor der, für einen Einzelnen nicht zu
bewältigenden, Komplexität des psychischen Erlebens aller Menschen zu schützen.
Das Bedürfnis nach dem Gefühl verstanden zu werden und nach
zwischenmenschlicher Intimität ist nachvollziehbar und sozial akzeptiert. Die
Herausforderung der modernen Gesellschaft besteht jedoch darin zu erkennen, von
wem man eine Erwiderung auf dieses Bedürfnis erwarten kann und von wem nicht.
Eine unbedingte Menschenliebe würde jeden überfordern und als Norm den Wunsch
nach Intimität in eine Zumutung pervertieren. Zum Selbstschutz gehört es also
auch dazu sich nicht auf jedes menschliche Erleben bis zum Durchblick auf das
wahre Selbst des Kommunikationspartners einlassen zu müssen. Entsprechend sorgfältig
wählen Menschen heute ihre Freunde aus und noch sorgfältiger ihre
Lebenspartner. Niemand wird ernsthaft behaupten können alle Menschen, die er
jemals getroffen hat, gleich gut zu kennen. Tragischer Weise hat man aber die
Wahrnehmungs- und Verhaltensstörungen, mit denen sich heute vermutlich jeder in
einer mehr oder weniger ausgeprägten Form herumschlagen muss, von Personen
übernommen, von denen man glaubte sie besonders gut zu kennen.</span></span><br />
<br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Wenn also weder die
Depersonalisierung an sich noch der Grad der zwischenmenschlichen Distanz manifeste
Kommunikationsstörungen sind, was dann? Auch diesmal wird man wieder auf die
Funktionsweise der Beobachtungsoperation selbst zurück verwiesen. Mit jeder
Beobachtung wird die Aufmerksamkeit auf etwas gerichtet. Zugleich wird damit
etwas ausschlossen, entweder alles andere oder etwas bestimmtes anderes. Immer
wenn die Aufmerksamkeit auf etwas gerichtet wird, steht etwas anderes nicht im
Zentrum der Aufmerksamkeit. Es stellt sich allerdings die Frage, ob nicht im
Fokus der Aufmerksamkeit zu stehen gleichbedeutend ist mit einer Negation oder
Ablehnung dessen, was nicht im Fokus der Aufmerksamkeit steht? Hier kommt eine
Eigenschaft von Informationseinheiten zum Tragen, die in der
Informationstheorie als <i>multiplikativ</i>
bezeichnet wird (vgl. Ruesch/Bateson 2012, S. 200). Im Rahmen des Formenkalküls
stellt eine Bezeichnung eine solche Informationseinheit dar. Im Fall der
Unterscheidung schwarz/weiß bedeutet ‚schwarz‘ zugleich ‚nicht weiß‘ und
umgekehrt bedeutet ‚weiß‘ zugleich ‚nicht schwarz‘. Man beachte zu dem, dass derselbe Sachverhalt
durch Negation mit doppelt so vielen Informationen dargestellt wird. Während
‚schwarz‘ nur eine Informationseinheit ist, besteht ‚nicht-weiß‘ durch die
Negation plus der Position aus zwei Informationseinheiten. Ein Beobachtungsstil
der konsequent auf Negationen zur Informationskatalyse setzt, hat also doppelt
so viele Informationen zu bewältigen, wie eine Beobachtung, die auf positive
Ausdrücke setzt. Die Informationsverarbeitung wird durch die Negationen mit
einem beständigen Rauschen belastet und erfordert mehr Zeit (vgl. Luhmann 2005b,
S. 43).</span></span><br />
<br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Ein weiterer Nachteil einer
negationsbasierten Beobachtung ist, dass damit noch nicht die andere Seite der
Unterscheidung positiv bestimmt ist. ‚Nicht weiß‘ könnte auch ‚rot‘, ‚blau‘,
‚grün‘, ‚gelb‘ usw. bedeuten. Mit anderen Worten, der Kontext, in dem ein
Unterschied einen Unterschied macht, bleibt unklar. Die Bezeichnung steht nur
für sich selbst und ist eigentlich noch gar keine Information. Es bleibt dem
Beobachter überlassen, wie er die Bezeichnung kontextualisiert, um ihr einen
Sinn zu verleihen. Ein negationsbasierter Beobachtungsstil hat also ein
größeres Informationsaufkommen zu bewältigen. Wen außerdem der Kontext unklar
bleibt, in dem eine Negation einen Unterschied macht, der einen Unterschied
macht, dann ist dem Misstrauen Tür und Tor geöffnet. Misstrauendes Beobachten
assoziiert zweckfrei und ziellos die anderen Seiten einer Unterscheidung. Auch
dabei spielen Negationen eine wichtige Rolle. Der Zweck dieses Operierens besteht
darin keinen Zweck zu haben außer Unsicherheit so zu reduzierten, dass die
Unsicherheit durch die Reduktion noch größer wird. Die Funktion dieser
Beobachtungsform besteht letztlich darin diesen Effekt vorzuführen, um sich
damit selbst zu bestätigen. Problem und Lösung sind identisch. Die Beobachtung
sabotiert sich systematisch selbst und der soziale Sinn erodiert. Übrig bleibt
zunächst nur subjektiver Sinn, der sich aber langfristig auch nicht halten
lässt, eben weil er sozial nicht bestätigt wird.</span></span><br />
<br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Dass die damit verbundenen
Kommunikationsprobleme inzwischen ins Zentrum der öffentlichen Aufmerksamkeit
rücken, zeigt die aktuelle Diskussion um das generische Maskulinum. Die Frage,
ob durch das generische Maskulinum Frauen in der öffentlichen Wahrnehmung
systematisch vergessen werden, zeigt, dass dieses Problem potentiell
negierender Implikationen einer Bezeichnung bereits gesamtgesellschaftlich
relevant geworden ist. Die Bezeichnung ‚Mann‘ kann im Rahmen der Unterscheidung
von Mann/Frau auch als ‚nicht Frau‘ gelesen werden. Die Frage ist allerdings, ob
durch das generische Maskulinum eine solche Bedeutung mit ausgedrückt werden
soll bzw. ob eine solche Lesart gerechtfertigt ist? Im Anbetracht der
offensichtlichen Tatsache, dass heute in fast jedem Beruf auch Frauen tätig
sind, lässt den Verdacht einer männlichen Dominanz schon fast paranoid
erscheinen <a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/06/die-beobachtung-der-beobachtung-2.html#fn007" id="anker007">[7]</a>. Das Misstrauen speist sich vermutlich seinerseits aus einer
sehr selektiven Wahrnehmung und gibt mehr Auskunft über den eigenen,
misstrauischen Beobachtungsstil als den ihrer Umwelt. So muss denn auch die
obige Frage verneint werden, und das aus zwei Gründen. Zum einen liegt es in
der Logik der Beobachtungsoperation selbst, dass sie operativ von Moment zu
Moment lediglich auf etwas Bestimmtes und nichts anderes die Aufmerksamkeit
richten kann. Komplexitätsreduktion bedeutet noch lange nicht, dass die andere
Seite der Unterscheidung vergessen wurde. Zum zweiten kann man auch kaum davon
ausgehen, dass differenzenübergreifende Generalisierungen wie das generische
Maskulinum einen Hinweis darauf sein können, dass jemand systematisch
diskriminiert wird. Immerhin kann sich jeder relativ leicht vom Gegenteil
überzeugen, dass z. B. der Friseurberuf zum überwiegenden Teil nicht von
Männern ausgeübt wird. Wenn der konventionelle Sprachgebrauch den
offensichtlichen Verhältnissen nicht gerecht wird, dann muss das nicht unbedingt
auf eine Diskriminierung hindeuten, sondern dann ist der common sense
möglicherweise schlauer als es die Kritik suggeriert. Lösungen, wie die <a href="http://www.spiegel.de/unispiegel/wunderbar/gleichberechtigung-uni-leipzig-nutzt-weibliche-bezeichnungen-a-903530.html">Ersetzung
des generischen Maskulinums durch das generische Femininum</a>, zeigen auf
welchem theoretischen Niveau – sofern man das überhaupt so nennen kann – die
Diskussion aktuell geführt wird. Hier zeigen sich bereits einige
Charakteristika dessen, was weiter oben als defensive Imagepflege bezeichnet
wurde – nur dass dies hier stellvertretend
für alle Frauen geschieht. Gerade die Konzentration auf einzelne Aspekte und
nicht auf das ganze Bild sorgt für eine schleichende Abweichungsverstärkung der
Metaperspektiven.</span></span><br />
<br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Mit „ganzem Bild“, kann im Rahmen
einer Informationstheorie, die auf der Unterscheidungslogik Spencer-Browns
basiert, nur gemeint sein, die andere Seite der Unterscheidung im Auge zu
behalten. Neben der Sprache gibt es auch noch das, was damit beschrieben wird.
Nur weil das, was beschrieben wird, durch die Sprache nicht adäquat
wiedergegeben wird, muss das noch nicht bedeuten, dass etwas unterdrückt wird.
Diese Schlussfolgerung ist nur unter der Annahme einer Eins-zu-Eins-Relation
von Denken und Sprechen gerechtfertigt. Eine solche Eins-zu-Eins-Relation
zwischen Denken und Sprechen besteht jedoch nicht (vgl. Ruesch/Bateson 2012, S.
258f.). Dabei würde es sich um ein überdeterminiertes System handeln, dass
versucht seine relevante Umwelt Eins-zu-Eins ins System zu spiegeln. Ein
solches System beruht jedoch nicht auf Unterscheidungen und ist daher auch
nicht in der Lage Informationen zu katalysieren. Es kann lediglich indizieren,
aber nicht reflektieren, weil es in diesem System keine andere Seite der
Unterscheidung als Position gibt. Die andere Seite ist immer leer. Kontingenz
als Hinweis auf andere Möglichkeiten kann es in diesem System nicht geben.
Damit wird jegliche Möglichkeit zum Vergleich ausgeschaltet und damit auch die
Möglichkeit von anderen Formen – noch nicht Informationen – ausgeschaltet <a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/06/die-beobachtung-der-beobachtung-2.html#fn008" id="anker008">[8]</a>. Es
empfiehlt sich daher zuerst die Funktion des kritisierten Zeichengebrauchs zu
analysieren, bevor man zu dem Mittel greift, dass man eigentlich kritisiert –
nämlich Unterdrückung durch Zensur.</span></span><br />
<br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Eine der Fragen, die die moderne
Gesellschaft zu klären hat, ist, ob sie auf jede potentiell wahrgenommene
Negation, durch die sich jemand abgelehnt oder diskriminiert fühlt, Rücksicht
nehmen kann. Oder anders, muss sie jedes psychische Erleben bedingungslos
ernstnehmen? Funktionale Differenzierung scheint diese Frage ganz klar mit Nein
zu beantworten. Anhaltspunkte für eine komplexere Antwort lassen sich in diesem
Text finden. Jeder sollte sich darüber bewusst sein, dass letztlich jeder
Mensch mit demselben Problem der Beobachtbarkeit durch andere Personen zu
kämpfen hat. Es gibt jedoch historisch, kulturell und individuell verschiedene
Möglichkeiten mit diesem Problem umzugehen. Nicht jede davon ist gleich gut
geeignet, um von anderen so verstanden zu werden, wie man sich selbst sieht.
Offensive und defensive Imagepflege ist damit noch keine Unterscheidung von
funktionalen und pathologischen Kommunikationsformen. Beide Formen werden sich
zu einem gewissen Grad immer die Waage halten, denn zu viel Distanz ist genauso
unverträglich wie zu viel Intimität. Was von einem Menschen als Verletzung bzw.
Ablehnung empfunden wird, muss ein anderer nicht genauso empfinden. Somit gilt
es heute genauer zu prüfen, ob das Empfinden berechtigt ist oder nicht.
Möglicherweise handelt es sich bei einer empfundenen Verletzung bloß um eine
unberechtigte Erwartung darüber, was man dem Kommunikationspartner zumuten
kann. Was sich an diesen verschiedenen Formen, das Selbst zu schützen, zunächst
zeigt, ist, dass sogar Gefühle kontingent geworden sind und damit veränderbar.</span></span><br />
<br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Erst wenn die defensive Haltung
gegenüber der eigenen Beobachtbarkeit überhandnimmt und sich in der
Depersonalisierung eine allgemeine Ablehnung gegenüber anderen Menschen ausdrückt,
dann wird sich diese psychologische Entwicklung in der modernen Gesellschaft
für den Betroffenen in einer zunehmenden Frustration durch
Kommunikationsbeteiligung bemerkbar machen, welche sich auch im Verhalten
ausdrücken wird. Defensives Verhalten kann berechtigt sein, es kann sich aber
auch als Beharren auf den eigenen Gefühlen ohne Rücksicht auf die
Kommunikationspartner entpuppen. Dadurch wird die Frustration auch für die
Kommunikationspartner zumindest spürbar und das Verlangen erneut mit dieser
Person in Kontakt zu treten nicht gerade gestärkt. Depersonalisierung und die
zwischenmenschliche Distanz können dann nur Irritationen – und damit
Indikatoren – sein, welche die <i>Möglichkeit</i>
des Vorliegens einer Kommunikationsstörung anzeigen. Sie sind jedoch keine
verlässlichen Symptome für eine Kommunikationsstörung. Vielmehr kann man nur
anhand der vorliegenden Indikatoren versuchen ein schlüssiges Bild zu
konstruieren. Erst in der Gesamtschau der vorliegenden und nicht vorliegenden
Symptome und deren Ausprägung kann man beurteilen, ob man es mit einer
systematischen Kommunikationsstörung zu tun hat oder nicht. Auf der Grundlage
der <a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.de/2013/04/die-beobachtung-der-beobachtung.html">im
letzten Beitrag</a> entwickelten Epistemologie handelt es sich bei den
Ergebnissen aber nicht um letztgültige Wahrheiten, sondern lediglich um
vorläufige Arbeitshypothesen, die durch neue Informationen auch irritiert und modifiziert
werden können.</span></span><br />
<br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Ist man bereit sich auf den
vorgestellten Beobachtungsapparat einzulassen, verlieren allerdings Unterscheidungen
wie Gesundheit und Krankheit oder Normalität und Abweichung ihre Funktion.
Gesundheit oder Krankheit werden dann zu Problemen von Beobachtern, die mit
diesem Schema beobachten. Hinweise auf Kommunikationsstörungen bestimmen noch
nicht, bei wem eine inadäquate Anpassung an seine soziale Umwelt vorliegt. Sie
sind eben zunächst nur Irritationen, die für sich allein noch keine Auskunft
darüber geben, was vor sich geht. Sie können lediglich als Hinweise betrachtet
werden, dass ein unvollständiges Bewusstsein über die eigene Beobachtbarkeit
durch andere Personen vorliegt. Alternativ kann man auch von falschen
Erwartungen darüber, von anderen Personen verstanden zu werden, sprechen. Unter
Umständen kann sich das seltsame Verhalten eines Psychotikers als normale und
gesunde Reaktion auf eine erfahrene Depersonalisierung herausstellen. Gesellschaftlich
relevant werden solche falschen Erwartungen auf Verständnis, wenn sie sozial
anschlussfähig werden und sich zu Freund/Feind-Zuschreibungen verfestigen, bei
denen auf der Feind-Seite alle die Menschen eingeordnet werden von denen man
glaubt nicht verstanden worden zu sein.</span></span><br />
<br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Es geht also nicht darum die
Betroffenen zu stigmatisieren. Das Ziel ist es vielmehr die Beobachtung dafür
zu schärfen, wie man selbst durch sein Verhalten auf andere wirkt. Es geht um
das Kunststück trotz der operativen Geschlossenheit psychischer und sozialer Systeme
durch Kommunikation ihre Irritationsfähigkeit anzuregen und Impulse zur
Selbständerung zu geben. Dass dies möglich ist, zeigen empathische Kommunikationsformen,
die in besonderem Maße die Unterschiede in der Sozialdimension berücksichtigen.
Sie zeigen vor allem, wie wichtig es ist ein Vokabular zur Verfügung zu haben,
mit dem man das eigene Erleben sozial anschlussfähig ausdrücken kann. Sie
vollziehen, mit anderen Worten, die schärfere semantische Differenzierung
zwischen sozialen und psychischen Systemen und sorgen für einen entsprechenden
Informationsreichtum in der Sozialdimension. Man kann die verstärkte
Popularisierung psychologischer Terminologien als Pathologisierung kritisieren.
Der Erfolg zeigt jedoch zugleich einen entsprechenden Bedarf danach sein
eigenes bewusstes und emotionales Erleben sozial anschlussfähig auszudrücken,
als Einzelperson in Erscheinung zu treten um Verstanden zu werden (vgl. Illouz
2009). Die funktionale Differenzierung der Gesellschaft hat jedoch auch zu
einem stärkeren Bewusstsein darüber geführt, wem man welche Informationen über
sich selbst mitteilen kann. Der Zweck besteht darin, sowohl sich selbst als
auch andere nicht in Verlegenheit zu bringen und die Teilnahmefähigkeit an
Kommunikation für alle zu bewahren.</span></span><br />
<br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Defensive Imagebildung reagiert
auch auf dieses Risiko des Verlustes der Teilnahmefähigkeit. Die betroffenen
Personen versuchen jedoch ihre menschliche Umwelt nur dahingehend zu verändern,
dass sie sich nicht mehr verändert. Nach der inneren Erstarrung, versuchen sie
ihre Umwelt zum Erstarren zu bringen. Dann muss nicht mehr mit einer Bedrohung
des Selbst gerechnet werden. Sich stärker auf die Sichtweisen seiner
Kommunikationspartner einzulassen, kann dabei helfen die emotionalen und
kognitiven Verkrampfungen zu lösen. Will man das Verhalten eines Menschen
ändern, muss man zuerst seine Wahrnehmung von ihm verändern (vgl.
Laing/Phillipson/Lee 1976, S. 36). Das gilt auch für die Selbstwahrnehmung. Ist
das Selbst im Fluss (vgl. Csikszentmihaly 2010), kann man auch in einer sich
verändernden Umwelt nach außen hin seine Identität bewahren. Eine gefühlte
Verletzung ist dann noch nicht gleich ein Weltuntergang. Ist man dagegen im
Inneren erstarrt, kann jede Information zur potentiellen Existenzbedrohung
werden. Man ist nur noch Spielball anonymer Mächte. Zweifel und Misstrauen sind
wie Stöcke, die einem zwischen die Beine geworfen werden, und den psychischen Informationsfluss
in seinem freien Lauf behindern. Zweifel in Maßen bewahren die Irritations- und
Lernfähigkeit. Beständiger Zweifel bringt den Fluss zum Erliegen und sorgen für
Dauerfrustration. Wie sich diese Frustrationen ausdrücken, kann sehr
verschieden sein. Dahinter verbirgt sich jedoch eine Entwicklung, die immer
demselben Muster folgt. Der beständige Zweifel ist zum Teil sozial induziert,
zum Teil psychisch bedingt. Je nachdem ob man Beobachtbarkeit als Chance oder
als Gefahr empfindet und von seiner sozialen Umwelt darin bestärkt wird, kann
damit eine Entwicklung angestoßen werden, an deren Ende man im Idealfall zu
einem Fels in der Brandung wird oder im schlimmsten Fall zu einem Korken auf
dem Ozean <a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/06/die-beobachtung-der-beobachtung-2.html#fn009" id="anker009">[9]</a>.</span></span></div>
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">
</span></span><br />
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<br />
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Kontakt: <a href="mailto:destination.unknown@gmx.net">destination.unknown@gmx.net</a></span><br />
<a href="http://www.facebook.com/Beobachter.der.Moderne?ref=hl"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Der Beobachter der Moderne auf Facebook</span></a><span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"> </span></span><br />
<br />
<br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">*Laing 1969, S. 84</span></span></div>
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">
</span></span><br />
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/06/die-beobachtung-der-beobachtung-2.html#anker001" id="fn001">[1]</a> Der Begriff Schizophrenie
wird mangels Alternativen hier im Anschluss an Laing lediglich als Etikett für die
Bezeichnung bestimmter Personen verwendet (vgl. 1969, S.108). Es empfiehlt
sich die etymologische Bedeutung des Wortes Schizophrenie im Gedächtnis zu
behalten: Schizo = gebrochen und Phrenos = Seele oder Herz (vgl. Laing 1969, S.
119).</span></span></div>
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">
</span></span><br />
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/06/die-beobachtung-der-beobachtung-2.html#anker002" id="fn002">[2]</a> Auch Erich Fromm wählte als
theoretischen Ausgangspunkt die unüberwindliche Trennung der Menschen
voneinander, um davon ausgehend die Frage zu stellen, wie es ihnen trotzdem
gelingen kann zu einer geistige Übereinstimmung zu gelangen (vgl. 1995, S.
22f.). </span></span></div>
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">
</span></span><br />
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/06/die-beobachtung-der-beobachtung-2.html#anker003" id="fn003">[3]</a> Luhmann hatte zwar bereits
mit Blick auf den Beobachtungsbegriff formuliert: „Verstehen heißt:
selbstreferentiell situiertes Beobachten im Hinblick auf die Selbstreferenz
eines anderen Systems“ (1986, S. 85). Er hat das Problem aber nicht bis auf das
Selbst-Erleben der Kommunikationsteilnehmer zurückgerechnet.</span></span></div>
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">
</span></span><br />
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/06/die-beobachtung-der-beobachtung-2.html#anker004" id="fn004">[4]</a> Im Anschluss an die
Unterscheidung der drei Perspektiven unterscheiden Laing/Phillipson/Lee drei
Formen der Übereinstimmung auf diesen Ebenen. Stimmen die direkten Perspektiven
der Partner bezüglich desselben Sachverhalts überein, wird von <i>Übereinstimmung</i> gesprochen. Stimmen die
Metaperspektiven überein –, beide Partner erkennen, dass sie bezüglich
desselben Sachverhalts übereinstimmen –, wird dieser Fall als <i>Verstehen</i> bezeichnet. Stimmen die
Meta-Metaperspektiven überein – beide Partner erkennen, dass sie erkannt habe,
dass sie bezüglich desselben Sachverhalts übereinstimmen –, wird von <i>Realisation</i> gesprochen (vgl.
Laing/Phillipson/Lee 1976, S. 80 – 84)</span></span></div>
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">
</span></span><br />
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/06/die-beobachtung-der-beobachtung-2.html#anker005" id="fn005">[5]</a> Dies sei auch im Hinblick auf
das mit Latours ANT häufig proklamierte Desiderat einer Soziologie der Dinge
angemerkt. Materielle Dinge sind keine selbstreferentiell operierenden Systeme
und sind daher auch nicht in der Lage aus einem selbst konstruierten Horizont
von Handlungsmöglichkeiten zu wählen. Oder einfacher, Dinge und Objekte beobachten
nicht. Bei Mensch-Objekt-Verhältnissen kann demzufolge auch nicht die für
Kommunikation konstitutive Situation doppelter Kontingenz entstehen und ebenso
wenig das Problem der Handlungskoordination bei divergentem Erleben.
Konstruiert man das Bezugsproblem der Soziologie auf diese Weise stellt sich
die Frage, an welchem Bezugsproblem sich eine Soziologie der Dinge eigentlich
abarbeiten will, denn ein <i>soziales</i> Problem,
bei dem mindesten zwei Menschen involviert sind, entsteht bei einer
Mensch-Ding-Beziehung nicht. Es empfiehlt sich statt von der Mensch-Ding-Beziehung
von der zwischenmenschlichen Begegnung auszugehen. Dann sieht man zum einen,
dass die Handhabung von Dingen durch Kommunikation geprägt ist, und zum
anderen, dass dann das, die Wahrnehmung von Mensch-Ding-Beziehungen
strukturierende, Kausalitätsprinzip auch wieder auf zwischenmenschliche
Beziehungen übertragen und in dieser Beziehung zu einem Problem werden kann. </span></span></div>
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">
</span></span><br />
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/06/die-beobachtung-der-beobachtung-2.html#anker006" id="fn006">[6]</a> Die Unterscheidung von
offensiver und defensiver Imagebildung korrespondiert mit der Unterscheidung
von Lerntypen bei Ruesch/Bateson. Sie unterscheiden zwischen instrumentellen
und pawlowschen Subjekten. Instrumentelle Subjekte streben nach positiven
Gewinnen. Entsprechend richten sie ihre Beobachtungsgewohnheiten so ein, dass
klares Feedback für ihre Erwartungen möglich wird. Das betrifft auch die
Kontexte, in denen positive Gewinne erwartet werden können. Pawlowsche Subjekte
versuchen dagegen eher negative Ereignisse zu vermeiden, weil sie gelernt haben,
dass sie keine Kontrolle über ihre Umwelt haben. Entsprechend fatalistisch wird
die Orientierung zur Welt (vgl. Ruesch/Bateson 2012, S. 244f.). Ebenso ist hier
Fritz Heiders Unterscheidung von charaktervollen eigenbedingten und schwachen
fremdbedingten Menschen einzuordnen (vgl. 2005, S. 93). In allen Fällen geht es
um die Beobachtung, dass aufgrund bestimmter Erfahrungen ein bestimmtes
Verhalten zu erwarten ist, dass durch Wiederholung zur Entwicklung eines
bestimmten Charakters führt.</span></span><br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Mit offensiver und defensiver
Imagebildung sind zunächst die Ausgangsunterscheidungen benannt. Das Bild
differenziert sich noch weiter, wenn man berücksichtigt, dass die Mitteilung
zwar sehr expressiv gehalten ist, die Informationen jedoch nur Misstrauen
kommunizieren. Die Abwehrtechniken schizoider Personen sind mitunter sehr
emotional und expressiv. Auch Protest kann durch einen solchen
Kommunikationsstil gekennzeichnet sein. Hier ist es gerade das Missverhältnis
zwischen sinngemäßem Inhalt und emotionalen Ausdruck, das die Mitteilung für
andere Personen zu einer Zumutung macht. Wobei die Zumutung weniger in der
mitgeteilten Information liegt, sondern im implizit mitgeteilten psychischen
Erleben.</span></span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Diese Implikationen können an
dieser Stelle nur angedeutet werden. Es geht hier zunächst nur darum das
Grundmuster der Kodifikation des Selbst zu skizzieren. Das wird sich weiter
differenzieren, wenn man mit den angebotenen Unterscheidungen tatsächlich
arbeitet und auf die entsprechenden <i>re-entries</i>
der Beobachtungsschemata aufmerksam wird – in diesem Fall, dass defensive
Imagebildung auch sehr offensiv und aufmerksamkeitsträchtig erfolgen kann.</span></span></div>
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">
</span></span><br />
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/06/die-beobachtung-der-beobachtung-2.html#anker007" id="fn007">[7]</a> Damit soll weder das
tatsächliche Vorkommen von Diskriminierung noch eine mit dem Geschlecht
korrelierte Ungleichverteilung von Männern und Frauen auf Berufe und
Führungspositionen bestritten werden. Trotzdem muss der Glaube, dass man mit
einer einfachen Sprachregelung derartige Probleme aus der Welt schafft, als
Teil des Problems statt als Teil der Lösung betrachtet werden. Denn mit der
Änderung der Sprache sind noch längst nicht die Konflikte beseitigt. Vielmehr
gären diese außerhalb der öffentlichen Wahrnehmung weiter vor sich hin. Kommt
es dann mal zu Patzern wie dem von <a href="http://www.spiegel.de/politik/deutschland/vorwuerfe-gegen-bruederle-fdp-mann-kubicki-kritisiert-magazin-stern-a-879280.html">Rainer
Brüderle</a> zeigt sich an den öffentlichen Reaktionen wie sexistisch viele
Menschen trotzdem noch denken. Es verdeutlicht die Gefahr dieses
Sonntagsreden-Syndroms. Durch öffentliche Beteuerungen, wie liberal und
aufgeklärt man sei, wird das schlechte Gewissen beruhigt. Durch
Lippenbekenntnisse ändert sich jedoch noch nichts an der Praxis. Sie zeigen
nur, wie wenig man über die Mechanismen von Diskriminierung weiß.</span></span><br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Ähnliches darf wohl für die
Diskriminierung von Migranten vermutet werden. Man könnte auch so fragen:
glaubt irgendjemand, wenn man das Wort „Neger“ per Gesetz verbieten würde, dass
das irgendeinen Nazi davon abhalten wird, es trotzdem weiter zu denken und
unter seines gleichen auch zu benutzen? Vermutlich nicht. Sprachregelungen sind
ein geeignetes Mittel die Probleme zu verdrängen anstatt sich mit ihnen auseinander
zu setzen, um geeignete Lösungen zu finden. Eines der Nachteile ernsthafter
Problemanalyse besteht nämlich darin zu sehen, welches Ausmaß die Probleme
unter Umständen haben und was man bisher alles versäumt hat. Stattdessen täuschen
offizielle Sprachregelungen unter Umständen ein Verstehen vor, dass es faktisch
nicht gibt, denn die Faktizität alltäglicher Diskriminierung zeigt, dass nicht
verstanden wurden. Und zumindest auf Seiten derer, die Zensur bevorzugen, wird
auch nicht realisiert, dass nicht verstanden wurde. Wenn es hart auf hart
kommt, <a href="http://www.taz.de/Kolumne-Besser/!114947/">hält man sich
einfach die Ohren zu oder geht</a>. Die Unfähigkeit liegt unter anderem daran,
dass die eigene Unterscheidungspraxis ebenso diskriminierend ist, wie die ihrer
Gegner. Würde man die eigene Wahrnehmung und Beobachtung hinterfragen, würde
man ziemlich viele formale Ähnlichkeiten in den Beobachtungsgewohnheiten
finden. Der einzige Unterschied besteht nur darin, dass Freund und Feind
vertauscht sind. Im Vordergrund steht bei beiden Seiten die klare
Unterscheidbarkeit von Freund und Feind. Diskriminierung durch Diskriminierung
bekämpfen zu wollen, wird den bestehenden Konflikt allerdings nur perpetuieren,
aber niemals lösen. In der Differenz Freund/Feind ist Feindschaft die dominante
Seite und Freundschaft die rezessive. Reproduziert wird Feindschaft, nicht
Freundschaft. Sie ist an Misstrauen gebunden und wird im Zweifelsfall auch auf
die Freunde angewendet.</span></span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Nach Rasse und Geschlecht haben
unterschieds-averse Personen inzwischen die nächsten Dimensionen wie Aussehen
und Alter gefunden, in denen man skandalisierbare Unterschiede beobachten kann.
Wo das hinführt kann man <a href="http://www.spiegel.de/politik/deutschland/alltagsdiskriminierung-miss-wahlen-fuer-haessliche-a-904095.html">hier</a>
nachlesen. In letzter Konsequenz müssten Informationen abgeschafft werden, denn
die multiplikative Eigenschaft von Informationen lässt sich nicht unterdrücken.
Letztlich würde das bedeuten Kommunikation als solche abzuschaffen - die beste
Möglichkeit seine Umwelt zum Verschwinden zu bringen.</span></span></div>
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">
</span></span><br />
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/06/die-beobachtung-der-beobachtung-2.html#anker008" id="fn008">[8]</a> Genau das ist die Funktion
des „Neusprech“ in George Orwells „1984“. Neusprech stellt als Zeichensystem
den Versuch dar eine solche Eins-zu-Eins-Relation zwischen Denken und Sprechen
in den Köpfen der Menschen zu installieren. Es gibt jeweils nur einen
Signifikant der einem Signifikat zugeordnet ist. Es handelt sich um ein
überdeterminiertes System, in dem jegliche Möglichkeit von Vergleich und
Erkenntnis eliminiert wird. Aufgrund der multiplikativen Eigenschaft von
Informationsstücken ist ein solches System praktisch jedoch unmöglich.</span></span></div>
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">
</span></span><br />
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/06/die-beobachtung-der-beobachtung-2.html#anker009" id="fn009">[9]</a> Einer von Laings Patienten
beschrieb sein Selbst-Erleben in einer schizoiden Phase als schwimmender Korken
im Ozean (vgl. 1976, S. 41).<b> </b></span></span><br />
<br />
<br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><b>Literatur</b><i> </i></span></span></div>
<div class="MsoNormal">
<div style="text-align: justify;">
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><i>Bateson, Gregory</i>
(1982): Geist und Natur. Eine notwendige Einheit. Frankfurt am Main<i> </i></span></span></div>
<div style="text-align: justify;">
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><i>Bateson, Gregory</i> (1985a): Vorstudien zu einer Theorie der
Schizophrenie. In: ders: Ökologie des Geistes. Anthropologische,
psychologische, biologische und epistemologische Perspektiven. Frankfurt am
Main. S. 270 – 301<i> </i></span></span></div>
<div style="text-align: justify;">
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><i>Bateson, Gregory</i> (1985b): Minimalanforderungen für eine Theorie der
Schizophrenie. In: ders: Ökologie des Geistes. Anthropologische,
psychologische, biologische und epistemologische Perspkeitven. Frankfurt am
Main. S. 321 - 352<i><span lang="EN-US"> </span></i></span></span><br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><i><span lang="EN-US">Collins, Randall</span></i><span lang="EN-US"> (2005): Interaction Ritual Chains. </span>Princeton<i> </i></span></span><br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><i>Csikszentmihaly, Mihaly</i> (2010): Flow. Das Geheimnis des Glücks. <span lang="EN-US">Stuttgart. 15. Auflage</span><i><span lang="EN-US"> </span></i></span></span></div>
<div style="text-align: justify;">
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><i></i></span></span></div>
<div style="text-align: justify;">
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><i>Freud, Sigmund</i> (1994): Das Unbehagen in der Kultur. In: ders.: Das
Unbehagen in der Kultur und andere kulturtheoretische Schriften. Frankfurt am
Main. 10. unveränderte Auflage. S. 29 – 108<i> </i></span></span></div>
<div style="text-align: justify;">
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><i>Fromm, Erich</i> (1995): Die Kunst des Liebens. München. 13. Auflage<i> </i></span></span></div>
<div style="text-align: justify;">
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><i>Goffman, Erving</i> (1974): Das Individuum im öffentlichen Austausch.
Mikrostudien zur öffentlichen Ordnung. Frankfurt am Main<i> </i></span></span></div>
<div style="text-align: justify;">
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><i>Goffman, Erving</i> (1986a): Techniken der Imagepflege. In ders:
Interaktionsrituale. Über Verhalten in direkter Kommunikation. Frankfurt am
Main. S. 10 – 53<i> </i></span></span></div>
<div style="text-align: justify;">
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><i>Goffman, Erving</i> (1986b): Verlegenheit und soziale Orgainsation. In
ders: Interaktionsrituale. Über Verhalten in direkter Kommunikation. Frankfurt
am Main. S. 106 – 123<i> </i></span></span></div>
<div style="text-align: justify;">
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><i>Heider, Fritz</i> (2005): Ding und Medium. Berlin<i> </i></span></span></div>
<div style="text-align: justify;">
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><i>Illouz,
Eva</i> (2009): Die Errettung der modernen Seele. Frankfurt am Main<i> </i></span></span></div>
<div style="text-align: justify;">
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><i>Laing, Ronald D.</i> (1969): Phänomenologie der Erfahrung. Frankfurt am
Main<i> </i></span></span></div>
<div style="text-align: justify;">
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><i>Laing, Ronald D.</i> (1976): Das geteilte Selbst. Eine existentielle
Studie über geistige Gesundheit und Wahnsinn. Reinbek<i> </i></span></span></div>
<div style="text-align: justify;">
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><i>Laing, Ronald D./Phillipson, Herbert/Lee, A. Russel </i>(1976):
Interpersonelle Wahrnehmung. Frankfurt am Main. 3. Auflage<i> </i></span></span></div>
<div style="text-align: justify;">
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><i>Luhmann, Niklas</i> (1984): Soziale Systeme. Grundriß einer allgemeinen
Theorie. Frankfurt am Main<i> </i></span></span></div>
<div style="text-align: justify;">
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><i>Luhmann, Niklas</i> (1986): Systeme verstehen Systeme. In: ders:
Schriften zur Pädagogik. Frankfurt am Main. S. 48 - 90<i> </i></span></span></div>
<div style="text-align: justify;">
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><i>Luhmann, Niklas</i> (1991): Sthenographie und Euryalistik. In:
Gumbrecht, Hans Ulrich/Pfeiffer, K. Ludwig (Hrsg.): Paradoxien, Dissonanzen und
Sinnzusammenbrüche. Frankfurt am Main. S. 58 – 82<i> </i></span></span></div>
<div style="text-align: justify;">
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><i>Luhmann, Niklas</i> (1997): Die Gesellschaft der Gesellschaft. Frankfurt
am Main<i> </i></span></span></div>
<div style="text-align: justify;">
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><i>Luhmann, Niklas</i> (2000): Vertrauen. Ein Mechanismus der Reduktion
sozialer Komplexität. Stuttgart. 4.Auflage</span></span></div>
<div style="text-align: justify;">
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><i>Luhmann, Niklas</i> (2005a):
Reflexive Mechanismen. In: ders. Soziologische Aufklärung 1. Aufsätze zur
Theorie sozialer Systeme. Wiesbaden 7. Auflage. S. 116 - 142<i> </i></span></span></div>
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><i>Luhmann, Niklas</i> (2005b): Über die Funktion der Negation in
sinnkonstituierenden Systemen. In ders: Soziologische Aufklärung 3. Soziales
System, Gesellschaft, Organisation. Wiesbaden 2. Auflage, S. 41 – 57<i> </i></span></span><br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><i>Luhmann, Niklas</i> (2005c): Die Form „Person“. In ders: Soziologische
Aufklärung 6. Die Soziologie und der Mensch, Wiesbaden 2. Auflage, S. 137 – 148<i> </i></span></span><br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><i>Ruesch, Jürgen/Bateson, Gregory</i> (2012): Kommunikation. Die soziale
Matrix der Psychiatrie. Heidelberg. 2. korrigierte Auflage<i> </i></span></span><br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><i>Spencer-Brown,
George</i> (1997): Laws Of Form. Gesetze der Form. Lübeck<i> </i></span></span><br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><i>Varela, Francisco J.</i> (1990): Kognitionswissenschaft -
Kognitionstechnik. Eine Skizze aktueller Perspektiven. Frankfurt am Main</span></span></div>
Beobachter der Modernehttp://www.blogger.com/profile/07362668989286039861noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-6126280343808346420.post-43585984806559587662013-04-09T21:36:00.001+02:002016-06-12T17:52:44.583+02:00Die Beobachtung der Beobachtung<!--[if gte mso 9]><xml>
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<br />
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Die letzten beiden Beiträge
enthielten unter anderem die Beobachtung, dass sowohl <a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/02/das-unbehagen-der-systemtheorie.html">die
neueren soziologischen Systemtheorien</a> als auch <a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.de/2013/03/doppelte-kontingenz-und-die.html">andere
soziologische Theorien</a> gegenwärtig des Öfteren durch einen Beobachtungsstil
gekennzeichnet sind, den Niklas Luhmann als <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Gorgonenbetrachtung</i>
bezeichnete<span style="mso-spacerun: yes;"> </span>(vgl. 1991, S. 58).
Gorgonenbetrachtung bezeichnet den <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Umgang
mit Paradoxien</i>. Luhmann versuchte verschiedene Möglichkeiten mit Paradoxien
umzugehen anhand der mythologischen Figuren der <a href="http://de.wikipedia.org/wiki/Gorgonen">Gorgonen</a> zu unterscheiden. Die
Gorgonen sind die drei schrecklichen Schwestern, deren Häupter mit Haaren aus
Schlangen besetzt sind. Jeder, der sie anblickt, wird zu Stein erstarren. Diese
Erstarrung ist das Risiko, dem man sich aussetzt, wenn man versucht die
Gorgonen zu betrachten. Und dieses Risiko besteht im übertragenen Sinne ebenso,
wenn man versucht Paradoxien zu beobachten. Es gibt jedoch verschiedene
Möglichkeiten mit diesem Risiko umzugehen. Jede der drei Schwestern steht für
eine bestimmte Form mit diesem Risiko umzugehen.</span></div>
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">
</span><br />
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><i style="mso-bidi-font-style: normal;">Medusa</i>, die einzige Sterbliche im Bunde der Drei, konnte durch
Enthauptung getötet werden. Auf Paradoxien bezogen, bedeutet das, Paradoxien
auszuschließen bzw. zu vermeiden. Für diese Form des Umgangs mit Paradoxien stand
die Tradition der Logik, deren Bemühungen sich darauf konzentrierten Systeme
von Aussagen widerspruchsfrei zu halten. Die Zweite im Bunde ist <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Stheno</i>. Ihre Unsterblichkeit zeigt an,
dass das Risiko der Erstarrung nicht zu eliminieren ist. So steht man
lediglich vor der Wahl sich abzuwenden und der Erstarrung zu entgehen oder man
schaut sie an und erstarrt. Für diese Form des Umgangs mit Paradoxien steht die
Tradition der Theologie mit ihren Versuchen Gott zu beobachten. Wobei das
Kunststück darin besteht, das Unbeobachtbare, das Transzendentale – nämlich
Gott – zu beobachten, was allerdings dann doch wieder zu sehr ambitionierten
Formen führte, dies zu tun. Auch die Beobachtungsgewohnheiten postmoderner
Theorien haben sich darauf spezialisiert Paradoxien zu beobachten. Doch im
Gegensatz zur Theologie beschränken sich diese Theorien darauf das Paradox
offen zu legen und sich an ihrer hypnotischen Macht zu berauschen. In den Bann
von Stheno gezogen, lässt man alle Hoffnung fahren. Die Schockstarre kann
jedoch selbst wieder zu ungeheurer, infantiler Geschwätzigkeit führen. Die
undifferenzierte Textproduktion der Postmodernen dient dann nur noch dem
Versuch andere mit den eigenen Ängsten und Unsicherheiten anzustecken. Die
dritte Schwester ist schließlich <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Euryale</i>.
Auch sie kann nicht getötet werden. Euryale steht jedoch für den Versuch trotz
ihrer Existenz nicht zu erstarren. Statt sich auf die Beobachtung der Paradoxie
zu konzentrieren, versucht man kreative Möglichkeiten zu finden die Paradoxie
zu invisibilisieren. Für diese Form des Umgangs mit Paradoxien steht die
Tradition der Rhetorik. Paradoxieentfaltung bedeutet dann Unterscheidungen
anzusetzen um das scheinbar Sinnlose in eine sinnvolle Form zu überführen.</span></div>
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">
</span><br />
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Im Umgang mit Paradoxien hat sich
der Versuch sie auszuschließen als wenig fruchtbar erwiesen. Selbst nach der
Enthauptung behält der Kopf der Medusa seine versteinernde Wirkung. Also muss
man sich wohl oder übel mit der Aussichtlosigkeit der Tötungsversuche abfinden.
Das Erstarrungsrisiko ist universell, denn <i style="mso-bidi-font-style: normal;">das
Problem der Paradoxien ist universell</i>. Man kann sie nicht ausschließen, man
kann lediglich versuchen mit ihnen umzugehen. So bleibt nur die Alternative
zwischen Erstarrung oder Wegschauen, zwischen Paradoxiebetrachtung oder
Paradoxieentfaltung, zwischen <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Sthenographie</i>
oder <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Euryalistik</i>. Die Ursache für
Sthenographie ist aber nicht zuerst in den betroffenen Theorien zu suchen. Mit
diesem Problem ist die Gesellschaft als Beobachtungsobjekt selbst behaftet und
gilt zuerst für Gesellschaft als Prozess. Versteht man unter <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Gesellschaft die Gesamtheit der
stattfindenden Kommunikationen,</i> bezieht sich das auf die einzelnen
Ereignisse durch die sich die Gesellschaft als soziales System reproduziert. <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Kommunikation</i>, und damit auch
Gesellschaft, ist unabhängig von jeglicher funktionalen Spezialisierung <i style="mso-bidi-font-style: normal;">paradox konstituiert</i>, wenn man sie
zugleich als ein sich selbst beobachtendes System begreift. Das Problem liegt
dann bereits in der paradoxen Konstitution ihrer Operationen als Beobachtungen
(vgl. Luhmann 1993).</span></div>
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">
</span><br />
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Mit diesem Problem muss auch eine
wissenschaftliche Disziplin umgehen, die sich der Erforschung sozialer Prozesse
verschrieben hat – und das in doppelter Weise. Zum einen ist der
Beobachtungsgegenstand Gesellschaft mit diesem Problem behaftet. Die
Beobachtung der Gesellschaft kann zum anderen nur in der Gesellschaft
stattfinden. Die Soziologie ist wiederum ein Teilsystem im funktionalen
Subsystem der Wissenschaft der Gesellschaft und operiert damit in der
Gesellschaft. Sie kann keinen archimedischen Punkt außerhalb der Gesellschaft
einnehmen und sich wie ein externer Beobachter verhalten. <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Die soziologische Beobachtung der Gesellschaft ist nur in der
Gesellschaft mit den Mitteln der Gesellschaft möglich </i>(vgl. Luhmann 1997,
S. 1128ff.)<i style="mso-bidi-font-style: normal;">.</i> Die Soziologie ist daher
auch selbst von diesem Problem betroffen,<span style="mso-spacerun: yes;"> </span>auch sie ist paradox konstituiert. Jeder Versuch sich trotzdem wie ein
externer Beobachter zu verhalten, kommt dem Versuch gleich Medusa zu köpfen.</span></div>
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">
</span><br />
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Das universelle Problem der
paradoxen Konstitution der Gesellschaft muss damit also auch bei soziologischer
Theoriebildung beachtet werden. Doch wenn man sich die aktuellen
Theorieangebote anschaut, fällt bei einem Großteil die fehlende Sensibilität
für dieses Problem auf. Statt sich an kreativer Paradoxieentfaltung zu
versuchen, beschränkt man sich bei der Theoriebildung darauf soziale Probleme
auf tautologische oder paradoxe Formulierungen zu zuspitzen ohne jedoch den
Versuch zu unternehmen sich wieder aus der selbstgestellten Falle zu befreien
<a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/04/die-beobachtung-der-beobachtung.html#fn001" id="anker001">[1]</a>. Das Problem ist also weniger Gorgonenbetrachtung an sich, sondern die
Sthenographie, welche es bei der Problemkonstruktion belässt. Die häufig
konstatierte Krisenhaftigkeit der modernen Gesellschaft erscheint unter diesem Aspekt zunächst nur als Krise der Selbstbeschreibungsformen der Gesellschaft.
Die Krise resultiert nicht aus wie immer gearteten widersprüchlichen
Entwicklungsprinzipien der Gesellschaft, sondern ist zunächst ein Symptom, dass
immer dann auftritt, wenn man sich bei der Gesellschaftsbeschreibung für
Sthenographie oder gar das Köpfen der Medusa entscheidet. <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Das Risiko der Erstarrung liegt mit anderen Worten in den
Funktionsbedingungen von Kommunikation selbst, ebenso wie die Chance der
kreativen Paradoxieentfaltung</i>. Konzentriert man sich aber nur auf den
Aspekt der Krise, kann sie auch zu einer selbsterfüllenden Prophezeiung werden.</span><br />
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><br /></span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Einer der Wenigen, der den
Versuch Euryalistik zu betreiben – im vollen Bewusstsein des Problems -,
trotzdem gewagt hat, war Niklas Luhmann. Er entwickelte seine Systemtheorie der
Gesellschaft unter Berücksichtigung des Problems, dass die wissenschaftliche
Beobachtung der Gesellschaft nur in der Gesellschaft stattfinden kann und
niemals außerhalb. Deswegen schlug er
als eine Möglichkeit soziologischer Paradoxieentfaltung eine <i style="mso-bidi-font-style: normal;">reflektierte Autologie</i> vor (vgl. Luhmann
1997, S. 1128 – 1142), die sich dem Problem der Gesellschaftsbeschreibung in
der Gesellschaft stellt. Die Lösung besteht darin einen <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Begriff der Beobachtung</i> zu entwickeln, der nicht bloß als vage
Analogie zur menschlichen Wahrnehmung verstanden werden kann, sondern eine
Beschreibung ermöglicht, wie soziale Systeme mit dem Problem ihrer paradoxen
Konstituierung umgehen und trotzdem Informationen produzieren und weiterverarbeiten
können.</span></div>
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">
</span><br />
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Im Folgenden soll es deswegen
darum gehen die Grundzüge der systemtheoretischen Beobachtungstheorie nach zu
zeichnen. Es wird aber nicht allein bei einer reinen Darstellung von Luhmanns
Beobachtungstheorie bleiben. Die Darstellung ist von der Grundannahme geprägt,
dass es im<span style="mso-spacerun: yes;"> </span>Anbetracht der weiteren Theorieentwicklungen
nach dem Tode Luhmanns noch zu viele Unklarheiten hinsichtlich der einzelnen
Teile der Systemtheorie und ihrer Beziehungen zueinander gibt. Luhmanns
Systemtheorie ist, anders ausgedrückt, in sich selbst noch nicht ausreichend
differenziert, um noch das zu leisten, was sie verspricht. Dies trifft auch auf
die Beziehung zwischen Kommunikationstheorie und Beobachtungstheorie zu. Daraus
leitet sich die Notwendigkeit ab, für den hier verfolgten Zweck die
Kommunikationstheorie stärker gegen die Beobachtungstheorie zu differenzieren.
Dabei wird der von Luhmann vorgegebenen Richtung gefolgt. So wird im Folgenden
der Versuch unternommen Gregory Batesons Informationsbegriff, George
Spencer-Browns Kalkül der Form und Niklas Luhmanns Systemtheorie stärker
ineinander zu integrieren als es Luhmann getan hat. Das Ergebnis wird eine <i style="mso-bidi-font-style: normal;">soziologische Informationstheorie</i> sein,
mit der sich Identitäten, welche durch Unterscheidungsgebrauch konstruiert
wurden, rekonstruieren lassen. Dies war bereits das erklärte Ziel Luhmanns. Was
dabei herausgeschält wird, ist aber nicht nur eine soziologische
Informationstheorie, sondern zugleich der Versuch dem Erfordernis einer
reflektierten Autologie gerecht zu werden, denn es wird der Versuch unternommen
Informationen darüber zu gewinnen, wie Informationen gewonnen werden können.</span><br />
<br />
<a name='more'></a></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: center;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">I.</span></div>
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">
</span><br />
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Die folgenden Ideen und Gedanken
gründen auf Luhmanns formalen Begriff der Beobachtung. Was man heute problemlos
feststellen kann, ist, dass dieses Verständnis über die Operationsweise
sozialer und psychischer Systeme inzwischen einen Abstraktionsgrad angenommen
hat, der sich nur noch sehr schwer auf Alltagserfahrungen zurückbeziehen lässt.
Obgleich diese begriffliche Distanz zum Alltagsverständnis bewusst in Kauf
genommen wird, macht sie es zugleich extrem schwer das gewonnene Wissen zu
kommunizieren. Diese Schwierigkeit besteht aber nicht nur beim Transport dieses
Wissens in die außerwissenschaftliche Umwelt, sondern bereits
soziologie-intern. Selbst in der gegenwärtigen soziologischen Theoriebildung
werden die vollen Konsequenzen des systemtheoretischen Theoriedesigns nur
zögerlich berücksichtigt – speziell die konstruktivistischen Implikationen der
Beobachtungstheorie. Daher muss zunächst der theoretische Status innerhalb der
Systemtheorie Luhmanns als auch in Bezug auf die nach wie vor vorherrschenden
soziologischen Handlungstheorien geklärt werden.</span></div>
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">
</span><br />
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Luhmann selbst hat seine
Systemtheorie in drei Theoriestränge untergliedert (vgl. 1997). Das ist zum
einen die <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Evolutionstheorie</i>, welche auf
die <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Zeitdimension</i> gesellschaftlicher
Selbstbeschreibungen abzielt. Sie ist in der Lage deren historische Veränderungen
zu beschreiben. Der zweite Theorieteil ist die <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Differenzierungstheorie</i>, welche sich auf die <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Sachdimension</i> gesellschaftlicher Selbstbeschreibungen konzentriert.
Mit ihm können Gesellschaftsbeschreibungen darauf hin untersucht werden, wie
die Gesellschaft sich selbst als Gesamtsystem beschreibt oder wie sie von einem
ihrer Teilsysteme beschrieben wird oder wie Teilsysteme sich selbst
beschreiben. Der dritte Theorieteil ist schließlich die <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Kommunikationstheorie</i>, welcher die <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Sozialdimension</i> gesellschaftlicher Selbstbeschreibungen
berücksichtigt. Dieser Teil stellt auf die Unterschiede in den
gesellschaftlichen Selbstbeschreibungen verschiedener Beobachter ab.</span></div>
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">
</span><br />
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Aus der Perspektive der
Systemtheorie wird Gesellschaft zunächst als Kommunikationsprozess verstanden. Dabei
<i style="mso-bidi-font-style: normal;">ist jedes Ereignis des
Kommunikationsprozesses immer eine dreifache Selektion von Mitteilung,
Information und Verstehen</i> (vgl. Luhmann 1984, S. 194ff.). Der
Mitteilungsaspekt eines Ereignisses unterscheidet den Informationsträger von
der mitgeteilten Information. Folglich unterscheidet der Informationsaspekt die
mitgeteilten Informationen von der Form der Mitteilung. An einem Ereignis muss
demnach immer die Form der Mitteilung von den mitgeteilten Informationen
unterschieden werden. Damit kann aber ein Ereignis noch nicht als Kommunikation
beobachtet werden. Zur Kommunikation wird es erst, wenn es sich auf ein
zeitlich vorangegangenes Ereignis bezieht. Somit schließt jedes Kommunikationsereignis
an ein vorangegangenes Ereignis an. Dieser Zeitaspekt des nacheinander
Anschließens wird als Verstehen bezeichnet. <span style="mso-spacerun: yes;"> </span>Jedes Anschlussereignis kann sich dann
entweder auf die mitgeteilten Informationen oder die Form der Mitteilung
beziehen. Bereits aufgrund der Alternative entweder an die Information oder die
Mitteilung anzuschließen zu können, wird Kommunikation zu einem <i style="mso-bidi-font-style: normal;">selektiven</i> Geschehen. Da der
kommunikative Anschluss zeitlich nicht unmittelbar folgen muss, kommt noch ein
drittes Moment der Selektivität dazu. Selektivität impliziert Alternativen: man
hätte andere Mitteilungen wählen können, man hätte andere Informationen
mitteilen können und man hätte zu anderen Zeitpunkten anschließen können. Jedes
Ereignis eines Kommunikationsprozesses hätte somit in dreifacher Hinsicht so,
aber auch anderes realisiert werden können. Damit ist jedem Ereignis sachlich, sozial
und zeitlich seine eigene Kontingenz eingeschrieben (vgl. Luhmann 1984, S. 158).</span></div>
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">
</span><br />
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Jedes Ereignis eines
Kommunikationsprozesses kann also in dreierlei Hinsicht anders beobachtet
werden. Mithin ist schon jedes Ereignis selbst eine Beobachtung. Das trifft
sogar auf die hier angebotene Beschreibung des Basiselements sozialer Prozesse
zu. Andere soziologische Theorien definieren das Basiselement sozialer Prozesse
anders. Hier ist nach wie vor der <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Handlungsbegriff</i>
ein beliebter Kandidat. Luhmann war angetreten mit der Beschreibung von
Kommunikationsereignissen als Synthese von drei Selektionen eine kontingente
Beschreibung im Vergleich zu den etablierten soziologischen Theorien, welche
von Handlungen als Basiselement sozialer Prozesse ausgehen, anzubieten. Dabei
ging es weniger darum das Basiselement sozialer Prozesse neu zu bestimmen,
sondern nur darum Handlungen aus einer neuen Perspektive zu betrachten. Ohne
auf einzelne Handlungstheorien einzugehen, besteht das Problem im Allgemeinen
darin, dass die jeweiligen Handlungsbegriffe nicht in der Lage sind analytisch
der dreifachen Selektivität jeder Handlung als Ereignis im Rahmen einer
Kommunikationssequenz Rechnung zu tragen. Es fehlt damit ein Blick für die
sachliche, soziale oder zeitliche Kontingenz jeder Handlung. Schemata wie z. B.
Konformität/Devianz können die Tragweite des systemtheoretischen
Beobachtungsangebots nicht differenziert genug erfassen. Der Begriff Devianz
operationalisiert Kontingenz über abweichende Handlungen im Unterschied zu
erwünschten Handlungen und sieht Abweichungen dann als normatives Problem der
zu vermeidenden Handlungen. Diese Fassung ist aber schon nicht mehr in der Lage
zu reflektieren, dass Handlungen, die in einer Situation als wünschenswert
betrachtet werden, in einer anderen Situation als unerwünscht betrachtet werden
können. Dieses Problem lässt sich noch über eine Unterscheidung von
verschiedenen Werten, die konformes Handeln verlangen, beheben. Nun wird zwar
der Kontingenz des Handelns Rechnung getragen, nicht jedoch der Kontingenz der
Werte. Letzteres wird als Wertekonflikt registriert ohne jedoch die Kontingenz
der Beharrung auf Werte als theoretischen Bezugsrahmen reflektieren zu können <a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/04/die-beobachtung-der-beobachtung.html#fn002" id="anker002">[2]</a>.</span></div>
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">
</span><br />
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Auf einer handlungstheoretischen Ebene
ist es nicht mehr möglich dieses Problem zu erkennen, denn sie stellt keinen
begrifflichen Rahmen zur Verfügung mit dem das Problem der Kontingenz
handlungstheoretischer Beschreibungsangebote des Basiselements reflektiert
werden könnte. Luhmanns Kommunikationsbegriff bietet dagegen eine Möglichkeit
die Kontingenz verschiedener Beschreibungsangebote mit zu reflektieren. Der
Theorieteil, der dies im Rahmen der Systemtheorie leisten kann, ist die
Beobachtungstheorie. Der <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Kommunikations</i>begriff
ist aber nicht mit dem <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Beobachtungs</i>begriff
identisch. Soziale Systeme sind zwar zugleich Kommunikationssysteme und beobachtende
Systeme. Die Beobachtung als Operation sozialer Systeme muss aber scharf von
Kommunikation abgegrenzt werden. Viele Probleme der Weiterentwicklung und
Anwendung von Luhmanns Systemtheorie lassen sich darauf zurückführen, dass die
Unterschiede zwischen Kommunikation und Beobachtung noch nicht präzise genug
herausgearbeitet wurden.</span></div>
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">
</span><br />
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Deswegen werden die beiden
Begriffe nun stärker gegeneinander differenziert. Kommunikationsereignisse
wurden weiter oben als Synthese einer dreifachen Selektion von Mitteilung,
Information und Verstehen beschrieben. <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Der
Beobachtungsbegriff bezieht sich nur auf die mitgeteilten Informationen.</i> Er
gewinnt seine Funktion im Rahmen der Kommunikationstheorie nur durch diese
Engführung auf den Informationsaspekt eines Kommunikationsereignisses, der klar
von der Form der Mitteilung und des zeitlichen Anschlusses unterschieden werden
muss. Es ist deswegen wichtig festzuhalten, dass die Beobachtungstheorie in den
kommunikationstheoretischen Teil der Systemtheorie eingelassen ist und nur auf
den Informationsaspekt einer Handlung abzielt. Wenn ein Kommunikationsereignis
eine Beobachtungsoperation ist, dann kann mit Hilfe der Beobachtungstheorie
beobachtet werden, wie beobachtet wird. Was diese zunächst tautologische
Formulierung im Rahmen der soziologischen Systemtheorie bedeutet, soll im
Folgenden entfaltet werden. Die aus dieser begrifflichen Präzisierung
resultierende Beobachtungstheorie hat weitreichende theoretische und
methodologische Konsequenzen, die bereits weit unterhalb des
handlungstheoretischen Radars fliegen und eher bei Semiologie, Logik und
Sozialpsychologie andocken.</span><br />
<br /></div>
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">
</span><br />
<div class="MsoNormal" style="text-align: center;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">II.</span></div>
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">
</span><br />
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Die soziologische Systemtheorie
ist eine Theorie beobachtender Systeme <a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/04/die-beobachtung-der-beobachtung.html#fn003" id="anker003">[3]</a>. Beobachtende Systeme sind in der
Lage sowohl ihre Umwelt als auch sich selbst zu beobachten. Das trifft auf
soziale und auf psychische Systeme zu. Beide Formen von Systemen sind
füreinander Umwelt. Wenn die systemtheoretische Beobachtung auf den
Informationsaspekt einer Handlung abzielt, dann ist damit nicht gesagt, dass
die Mitteilung wie ein Behälter objektiv Informationen enthält oder
transportiert. Diese Vorstellungen von der Funktionsweise von Kommunikation
suggeriert letztlich immer noch die Vorstellung von einer Determinierung eines
Systems durch seine Umwelt. Prominent wird ein derartiger Ansatz gegenwärtig
von Bruno Latour mit seiner Akteur-Netzwerk-Theorie (vgl. 2010) vertreten, die
davon ausgeht, dass Dinge oder Objekte durch den ihnen innewohnenden
Informationsgehalt Akteure – und das müssen nicht mal Menschen sein – zum
Handeln bringen. In der ANT heißt das dann Handlungsträgerschaft und reproduziert
damit die Transportmetapher in dem Sinne, dass Objekte Informationsträger sind
und auf diese Weise auf Systeme einwirken.</span></div>
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">
</span><br />
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Von solchen Vorstellungen hat
sich die soziologische Systemtheorie längst verabschiedet. Sowohl durch
biologische als auch durch psychologische Forschung ist die operative
Geschlossenheit derartiger Systeme empirisch belegt und lässt sich auch auf die
Operationsweise sozialer Systeme übertragen. Mithin bildet das Problem der
operativen Geschlossenheit psychischer Systeme den Katalysator für die Emergenz
sozialer Systeme. Geht man von der operativen Geschlossenheit von Systemen aus,
kann die Annahme einer Umweltdeterminierung von Systemen nicht länger
aufrechterhalten werden. Vielmehr können sich Systeme nur noch selbst
determinieren. Kommunikationsereignisse schließen nur an
Kommunikationsereignisse an, Gedanken schließen nur an Gedanken an. Systeme
werden nur noch von ihrer eigenen Operationsgeschichte bestimmt und operieren
damit pfadabhängig. Das ist gemeint, wenn von <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Autopoiesis</i> die Rede ist. Ein System reproduziert sich nur aus
Systemelementen und diese Elemente sind operativ gesehen Ereignisse.</span></div>
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">
</span><br />
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Begreift man Systeme als operativ
geschlossene, sich selbst bestimmende Systeme lässt sich die Transportmetapher
unmöglich aufrechterhalten, weil nichts in das System hinein gelangt und nichts
hinaus. Die Metapher verführt dazu vom beobachteten Gegenstand her zu denken
und unterstützt die Annahme der Gegenstand trägt objektive Informationen in
sich, welche das System anregen zu agieren. Stattdessen wird mit der
Systemtheorie die Beobachtung vom Beobachteten auf den Beobachter umgestellt. Dem
zu folge bringen nicht mehr Objekte in der Umwelt Systeme dazu irgendetwas zu
tun, sondern Systeme bringen sich nur selbst dazu etwas zu tun. Die Frage, was
der beobachtete Gegenstand objektiv sein könnte, wird damit irrelevant. Es
interessiert lediglich, wie der Beobachter den Gegenstand beobachtet. Epistemologisch
ist damit keine unmittelbare Erkenntnis der Umwelt durch ein System möglich,
sondern nur durch die systeminternen Mittel, die zur Verfügung stehen um zu
Beobachten. Für die soziologische Systemtheorie wird damit <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Beobachten</i> zur <i style="mso-bidi-font-style: normal;">empirischen
Faktizität</i> (Luhmann 1992, S. 76f.). Zudem impliziert dieser Sachverhalt,
dass die Realität beobachtender Systeme die einzige beobachtbare Realität ist unabhängig
von der Frage, ob es noch eine jenseits der Beobachtung liegende Realität gibt
(vgl. Luhmann 1992, S. 82). Methodisch kann dann nur noch die Konsequenz
gezogen werden Beobachter zu beobachten. Womit die soziologische Systemtheorie
genau dasselbe tut wie ihr Gegenstandsbereich.</span></div>
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">
</span><br />
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Damit läuft man bereits auf eine
Paradoxie – besser gesagt eine Tautologie – auf: die Welt besteht nur aus
Beobachtungen. Diese Tautologie vereinheitlicht den Gegenstandsbereich und
macht ihn unterschiedslos. Man blickt nun auf die Einheit des Verschiedenen, in
einen unmarkierten, unendlichen Raum und damit den Gorgonen direkt ins Gesicht.
Das Verschiedene ist Eins und damit alles und nichts zugleich. Hier trifft man
auf Chaos, Entropie und Unsicherheit – vielleicht auch auf Gott. Die Frage ist
nun, soll dies ein Dauerstand werden oder nur eine Übergangsphase bleiben <a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/04/die-beobachtung-der-beobachtung.html#fn004" id="anker004">[4]</a>?
Hier wird dafür optiert, diesen Zustand als eine Übergangsphase zu betrachten.
Genug Sthenographie, nun ist Euryalistik gefragt.</span><br />
<br />
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: center;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">III.</span></div>
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">
</span><br />
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Die reine Welt der Beobachtung
ist unterschiedslos. Alles ist Beobachtung. Es ist nichts zu erkennen. Diese Blindheit
ist methodisch gewollt. Aber sie kommt erst bei einem so hohen Abstraktionsgrad
in voller Klarheit zu Geltung und macht zugleich auf die Notwendigkeit
aufmerksam einen Schlüssel zu finden um dieses Chaos zu ordnen. Um das durch
diese radikale Abstraktion aufgeworfene Problem der Unterschiedslosigkeit der
Empirie zu lösen, greift Luhmann auf den Formenkalkül von George Spencer-Brown
(vgl. 1997) zurück. Spencer-Brown <a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/04/die-beobachtung-der-beobachtung.html#fn005" id="anker005">[5]</a> war Mathematiker und hat die Gesetze der
Form in der Auseinandersetzung mit grundlegenden Problemen der Arithmetik und
der Algebra entwickelt. Er beanspruchte allerdings nicht nur einen
mathematischen Kalkül vorzustellen. Die Leistung des Kalküls besteht vielmehr
darin die grundlegenden Prinzipien menschlicher Erfahrung nachvollziehen zu
können um ein Verständnis davon zu entwickeln wie Erkenntnis möglich ist (vgl.
Spencer-Brown 1997, S. XXXIII). In der Gestalt der Form findet man das <i style="mso-bidi-font-style: normal;">universelle Funktionsprinzip</i> wie Systeme
– soziale, psychische oder biologische – Informationen generieren und
weiterverarbeiten. Deswegen sah Spencer-Brown in der Gestalt der Form auch eine
archetypische Struktur (vgl. Spencer-Brown 1997, S. XXX). Unabhängig von der
Darstellungsform die Spencer-Brown gewählt hat, nimmt er für sich in Anspruch
etwas darzustellen, was nicht bloße Ansichtssache oder bloße Meinung ist (vgl.
1997, S. XXXIV). Die Funktionsprinzipien der Form lassen sich selbst im Alltag
entdecken. Man kann sie nicht bestreiten ohne bei dem Versuch dies zu tun doch
wieder die Funktionsweise der Form vorzuführen.</span></div>
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">
</span><br />
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Diesem Umstand ist es auch
geschuldet, dass er für seine Darstellung der Gesetze der Form nicht die Form
einer Beschreibung gewählt hat (vgl. Simon 1999, S. 57). Er gibt vielmehr
Anweisungen, denen man folgen kann oder auch nicht. Folgt man ihnen kann man
sehen, was Spencer-Brown sieht. Ob man ihm aber für soziologische
Theoriebildung durch die vollständigen Gesetze der Form folgen muss, ist nach
wie vor strittig. Luhmann hat es für die Integration des Formenkalküls in seine
Systemtheorie nicht getan. Er hatte vielmehr die Vermutung, dass Spencer-Browns
Darstellung des Formenkalküls vor jeglicher Arithmetik und Algebra ausreichen würde
um mit dem Kalkül zu arbeiten (vgl. 1992, S. 73f.). Die universellen
Funktionsprinzipien der Form sind bereits bis zu dem Punkt dargestellt wo
Spencer-Brown zur Arithmetik übergeht. Von da an wechselt man bereits zur
Mathematik. Während Spencer-Brown darauf besteht, dass der Kalkül nicht nur als
Mathematik verstanden wird, geht Luhmann den umgekehrten Weg und sieht im
Kalkulieren mit der Form eine Form des Rechnens. Auf diese Weise können selbst
Alltagsbeobachter als Mathematiker beschrieben werden (vgl. 1992, S. 74). Ob
die Metapher des Rechnens gelungen ist oder nicht, braucht hier nicht weiter
diskutiert werden. Sie hilft aber für eine Annährung um genauer zu verstehen,
was durch das Kalkulieren mit der Form ermöglicht wird.</span></div>
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">
</span><br />
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Die Gesetze der Form sind aus der
Abstrahierung von Arithmetik und Algebra hervorgegangen und bilden somit die
Einheit von beidem. Ganz allgemein kann man von Arithmetik als Rechnen mit vollständig
<i style="mso-bidi-font-style: normal;">bekannten </i>Zahlen sprechen und von der
Algebra als Rechnen mit teilweise <i style="mso-bidi-font-style: normal;">unbekannten
</i>Zahlen. Wenn in den Gesetzen der Form diese beiden Prinzipien vereinigt
werden, dann handelt es sich beim Kalkulieren mit der Form um das <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Kalkulieren mit unvollständigen
Informationen</i>. Aufgrund der Gestalt bzw. der Funktionsweise der Form kann,
ähnlich wie bei der Algebra von den bekannten Zahlen auf die unbekannten
Variablen geschlossen wird, von den bekannten Informationen auf die unbekannten
Informationen geschlossen werden. Daraus hat Luhmann eine Methode des
Schließens bzw. des Inferenzierens abgeleitet und implizit sowohl auf den
Forschungsgegenstand angewendet als auch beim Design der eigenen Theorie
berücksichtigt ohne die Methode, wie Spencer-Brown, formal darzustellen. Luhmann
hat zwar in vielen seiner Veröffentlichungen Bemerkungen zu seiner Interpretation
der Gesetze der Form gemacht und daraus seinen Begriff der Beobachtung
abgeleitet aber niemals den Versuch einer systematischen Darstellung unternommen.
Da die in den Gesetzen der Form enthaltenen Prinzipien den traditionellen soziologischen
Denkgewohnheiten so sehr entgegenstanden, konzentrierte er sich darauf die
Unterschiede zwischen beiden aufzuzeigen.</span></div>
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">
</span><br />
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Der Hauptunterschied besteht
darin, dass <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Paradoxien bei der
Aufstellung von Theorien nicht mehr ausgeschlossen</i> werden, sondern als
Problem zugelassen sind um ihnen selbst wiederum eine Funktion innerhalb der
Theorie zu geben. <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Paradoxien als Probleme
können nach Luhmann nur durch die Beobachtung von Beobachtern gelöst werden</i>
(Luhmann 1991, S. 62). Dieses Paradox wird als eine Methode des Inferenzierens
entfaltet. Auf der Grundlage der Funktionsprinzipien der Form wird von
bekannten Informationen auf unbekannte Informationen geschlossen. Luhmanns
Beobachtungstheorie wird dann im Wesentlichen zu einer Informationstheorie, die
dazu genutzt werden kann zu beobachten, wie soziale Systeme unter der Bedingung
unvollständiger Informationen operieren. Im Folgenden wird versucht die
Grundzüge dieser Informationstheorie vorzustellen.</span><br />
<br /></div>
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">
</span><br />
<div class="MsoNormal" style="text-align: center;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">IV.</span></div>
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">
</span><br />
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Um die Paradoxie der Beobachtung
der Beobachtung zu entfalten, müssen als Erstes die Begriffe <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Beobachtung</i> und <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Operation</i> voneinander unterschieden werden. Die Beobachtung ist
zwar eine Operation. Zugleich ist der Begriff der Beobachtung selbst auch ein
Ergebnis des Operierens und muss deswegen vom Begriff des Operierens
unterschieden werden. Besteht man auf der Differenz zwischen beiden, muss nun
weiter spezifiziert werden, was unter dem Begriff Operation zu verstehen ist,
damit er vom Begriff der Beobachtung unterschieden werden kann. Dafür wird im
Anschluss an Spencer-Brown die Idee der <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Unterscheidung</i>
und die Idee der <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Bezeichnung</i> als
gegeben angenommen. Weiterhin wird davon ausgegangen, dass keine Bezeichnung erfolgen
kann ohne eine Unterscheidung zu treffen (vgl. Spencer-Brown 1997, S. 1). <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Operieren</i> kann mit diesen beiden Ideen
nun spezifiziert werden als <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Unterscheiden
um etwas zu bezeichnen</i>. Zum Operieren gehört notwendig immer beides, eine
Unterscheidung und eine Bezeichnung. <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Sichtbar</i>,
d. h. in ihrer empirischen Faktizität gegeben, ist immer nur die Bezeichnung.
Die Unterscheidung bleibt im Moment des Bezeichnens unsichtbar. Die Bezeichnung
ist aber nicht nur sichtbar, ihre Funktion ist es, etwas sichtbar zu machen.
Deswegen gibt Spencer-Brown die Anweisung „Triff eine Unterscheidung“ (1997, S.
3). Nur durch eine Unterscheidung ist eine Bezeichnung möglich und nur durch
die Bezeichnung wird etwas markiert, hervorgehoben und sichtbar gemacht. Die
Markierung grenzt das nun Sichtbare von allem anderen ab. Vor der Bezeichnung
war nichts sichtbar. Mit ihr ist etwas sichtbar. Die Aufmerksamkeit wird also
auf dieses etwas konzentriert. Eine Bezeichnung macht demnach nicht nur etwas
sichtbar, sondern es <i style="mso-bidi-font-style: normal;">fokussiert</i> auch <i style="mso-bidi-font-style: normal;">die Aufmerksamkeit</i> auf dieses Etwas
indem dieses Etwas von allem anderen abgegrenzt wird.</span></div>
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">
</span><br />
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Für psychische Systeme bedeutet
das ein Bewusstsein, ein Bild, eine Vorstellung von diesem Etwas zu haben, z.
B. dieser Apfel im Unterschied zu allen anderen Äpfeln. Im Moment der
Bezeichnung fokussiert das Bewusstsein seine Aufmerksamkeit auf diesen einen Apfel.
Für soziale Systeme übernimmt diese Funktion ein Wort bzw. ein Zeichen. Das
Zeichen konzentriert die psychische Aufmerksamkeit auf einen bestimmten,
essbaren Apfel. Dieser Apfel ist weder das Zeichen, das auf ihn verweist, noch
die psychische Vorstellung von dem Apfel, auf die sich die Aufmerksamkeit
konzentriert. Die <i style="mso-bidi-font-style: normal;">soziale Funktion des
Zeichens</i> ist es trotz der unüberwindlichen Verschiedenheit zwischen dem Bezeichnetem
und dem Bezeichnendem die psychische Aufmerksamkeit über den Umweg seiner
selbst auf diesen bestimmten Apfel zu richten und ein Bewusstsein von diesem
Apfel hervorzurufen. Die Bezeichnung lässt ihn Wirklichkeit werden. <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Etwas zu bezeichnen ist dann sozial gesehen,
die Aufforderung diese Operation ebenfalls zu vollziehen und den imaginären
Wert der Bezeichnung für den Moment anzunehmen.</i> Man könnte auch sagen, eine
Bezeichnung ist eine Aufforderung zur Nachahmung einer bestimmten Vorstellung
von etwas <a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/04/die-beobachtung-der-beobachtung.html#fn006" id="anker006">[6]</a>.</span></div>
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">
</span><br />
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Der Vorteil des Zeichens bzw. der
Bezeichnung kann allerdings ein Nachteil werden. Es konzentriert die
Aufmerksamkeit zunächst nur auf etwas im Unterschied zu allem anderen. Es macht
etwas sichtbar, aber nur um den Preis alles andere nicht zu sehen. Blindheit
wird zur notwendigen Voraussetzung, damit man etwas zu sehen bekommt. Und genau
das kann mit der Zeit zum Problem werden, denn die <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Wiederholung</i> der Bezeichnung ist die Bezeichnung. Spencer-Brown
bezeichnet dies als das <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Gesetz des
Nennens</i> (vgl. 1997, S. 2). Mehrmaliges Nennen oder Bezeichnen verweist auf
bereits bekanntes. Es erzeugt lediglich reine Redundanz. Es wird nichts anderes
sichtbar. Die reine <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Markierung</i> von
etwas durch eine Bezeichnung konzentriert zwar die Aufmerksamkeit, stellt sie
bei Wiederholung aber auch still. Dieses Problem stellt sich immer dann, wenn
man versucht, etwas im Unterschied zu allem anderen oder etwas im Unterschied
zu nichts hervorzuheben. Stillstand lässt ein System wieder in einen
entropischen Zustand zurückfallen. Daher muss die Aufmerksamkeit fließen. Sie
muss auf etwas anderes gerichtet werden.</span></div>
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">
</span><br />
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Ein erster Schritt dazu besteht
darin das Alles oder das Nichts, von dem das Etwas unterschieden wurde, zu
spezifizieren und das kann nur heißen es ebenfalls zu bezeichnen. Das kann
allerdings nicht in der Weise geschehen, dass man einen Apfel von einem anderen
Apfel unterscheidet. Man stünde wie <a href="http://de.wikipedia.org/wiki/Buridans_Esel">Buridans Esel</a> vor der
Wahl zwischen Gleichem und kann sich nicht entscheiden bzw. man kann nicht unterscheiden.
Das würde ebenso bloße Redundanz erzeugen. Die Äpfel müssen also von etwas
anderem als sich selbst unterschieden werden, z. B. von Birnen. Damit hat man
einen Übergang <a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/04/die-beobachtung-der-beobachtung.html#fn007" id="anker007">[7]</a> oder Wechsel vollzogen. Spencer-Brown bezeichnet diesen
Schritt als das <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Kreuzen der Grenze</i> (vgl.
1997, S. 2). Und in der Tat musste man eine Grenze überschreiten, denn die
Aufmerksamkeit wurde mit der neuen Bezeichnung auf etwas anderes gerichtet. Der
imaginäre Wert der Bezeichnung ist ein anderer. Man sieht nun etwas anderes,
nämlich Birnen im Unterschied zu Äpfeln.</span></div>
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">
</span><br />
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Wenn man zum ursprünglichen
Zustand zurückkehren will, muss man die Grenze erneut überqueren. Wieder am
Ausgangspunkt angekommen, wird man feststellen, dass sich der Ausgangswert
verändert hat. Der Apfel ist nun nicht mehr einfach nur ein Apfel, sondern er
ist ein Apfel im Unterschied zu Birnen. Durch das <span style="mso-bidi-font-style: normal;">Kreuzen</span> der Grenze sind zwei Seiten entstanden. Die imaginären
Werte beider Seiten gewinnen ihren jeweiligen Wert nur in Bezug aufeinander. Durch
wiederholtes Kreuzen der Grenze ist es nun möglich in der Zwei-Seiten-Form zu
oszillieren, also zwischen den Seiten hin und her zu springen und Äpfel oder
Birnen zu beobachten. Es entsteht eine Welt aus Äpfeln und Birnen. Doch auch
hier kommt wieder das Gesetz des Nennens zum Tragen. Man kann nun abwechselnd Äpfel
oder Birnen beobachten, aber sonst nichts. Durch das Oszillieren in der
Zwei-Seiten-Form wird allerdings noch ein weiterer imaginärer Wert erzeugt,
nämlich der Wert, der durch die beiden Werte zusammen erzeugt wird. Dieser
dritte imaginäre Wert kann aber nicht mit Hilfe von einer der beiden Seiten
bezeichnet werden (vgl. Spencer-Brown 1997, S. 2). Er ist vielmehr ihre
Einheit. Aus der Zwei-Seiten-Form heraus lässt sich dieser Wert deswegen nicht
mehr identifizieren oder allenfalls noch paradox ausdrücken. Im Rahmen der
Zwei-Seiten-Form bekommen dann Aussagen wie „Äpfel sind Birnen“ und „Birnen
sind Äpfel“ ihre eigene Wahrheit. Zugleich kollabiert damit die Grenze und die
zwei Bezeichnungen können ihre Funktion nicht mehr erfüllen. Die zwei Werte
sind doch nur einer – ein dritter Wert.</span></div>
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">
</span><br />
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Die Aufmerksamkeit hat sich nun
auf die Einheit des Verschiedenen fokussiert und steht wieder still. Es scheint
als würde man wieder vom Gesetz des Nennens eingeholt werden. Nur das nun nicht
mal eine Bezeichnung zu Verfügung steht um diesen dritten Wert zu bezeichnen.
Trotzdem wird durch die erzeugte Redundanz die Aufmerksamkeit auf die Einheit
der beiden Werte konzentriert. Mithin nimmt die Einheit der beiden Werte wieder
die Form des Alles oder die Form des Nichts an. Ebenso wie wiederholtes
Bezeichnen nur Redundanz erzeugt, erzeugt auch <i style="mso-bidi-font-style: normal;">wiederholtes Kreuzen</i> nur Redundanz. Der zeitliche Verlauf des
Kreuzens gestaltete sich im Beispiel folgendermaßen: Markierung des Apfels im
Unterschied zu allem/nichts, Unterscheidung der Birne im Unterschied zum Apfel
- 1. Kreuzen -, Unterscheidung des Apfels im Unterschied zur Birne - 2. Kreuzen
-, Unterscheidung der Birne im Unterschied zum Apfel - 3. Kreuzen. Beim letzten
Schritt, dem 3. Kreuzen, wird vollständige Redundanz erzeugt, denn es wird nur
der imaginäre Wert des 1. Kreuzens widerholt. Wieder-Kreuzen heißt also
wiederholt bezeichnen. Somit fällt auch dieser Fall unter das Gesetz des
Nennens. Deswegen ist Wieder-Kreuzen als ob nicht gekreuzt wurde (vgl. Spencer-Brown
1997, S. 2) <a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/04/die-beobachtung-der-beobachtung.html#fn008" id="anker008">[8]</a>. Es gibt aber einen wichtigen Unterschied zwischen dem <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Markieren</i> von etwas im Unterschied zu
nichts oder allem anderen und dem <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Unterscheiden</i>
im Unterschied zu etwas bestimmten. Wann das Gesetz des Nennens beim Kreuzen
zum Tragen kommt, hängt davon ab welche Seite gemäß dem dargestellten Ablauf
als erste markiert wurde. Zum wiederholten Kreuzen kommt es erst, wenn man vom
Ausgangspunkt – der ursprünglichen Markierung – wieder zur anderen Seite
kreuzt.</span></div>
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">
</span><br />
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Die Lösung dieses Redundanzproblems
und der fixierten Aufmerksamkeit ist daher auch dieselbe wie oben, nämlich dem
Nichts einen Namen zu geben, es also zu bezeichnen um sich ein Bild davon
machen zu können und es zugleich von dem zu unterscheiden, was es nicht ist,
nämlich die zwei imaginären Werte, die jeweils durch die eine oder die andere
Bezeichnung aktualisiert wurden. Im Fall der Bezeichnungen Äpfel und Birnen
könnte man z. B. deren Einheit als Frucht bezeichnen und hätte damit einen
Kontext in dem beide Seiten einen Unterschied machen.</span></div>
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">
</span><br />
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Bis hier hin hat sich die
Darstellung auf die <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Beobachtung als
Operation</i> konzentriert. Das heißt seine Aufmerksamkeit auf Bezeichnungen
bzw. Zeichen zu richten. Daraus erhält der Kalkül der Form seine empirische
Relevanz. Sobald Bezeichnungen sichtbar sind, wurden Unterscheidungen getroffen.
Doch mit der Bezeichnung der Einheit des Differenten wurde ein wichtiger
Schritt vollzogen, der zwei Formen von Beobachtungen von einander
unterscheidet. Die Bezeichnung von Äpfeln und Birnen unterscheidet sich von der
Bezeichnung beider als Früchte. Während die Bezeichnung von Äpfeln und Birnen
die Beobachtung einer Operation war, beobachtete man mit der Unterscheidung von
Früchten <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Operationen als Beobachtung</i>.
Diese so bezeichnete Einheit des Verschiedenen entspricht der Idee der
Unterscheidung. Die Beobachtung als Bezeichnung einer Unterscheidung wird daher
streng von einer Beobachtung durch Bezeichnen unterschieden (vgl. Luhmann 1992,
S. 77). Letzteres wird als <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Beobachtung 1.
Ordnung</i> und ersteres als <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Beobachtung
2. Ordnung </i>bezeichnet. Zu beachten ist jedoch, dass auch eine Beobachtung
2. Ordnung eine Beobachtung 1. Ordnung ist, eben weil auch sie Bezeichnungen
realisiert. Der Unterschied besteht darin, was bezeichnet wird. Das sind bei
der Beobachtung 2. Ordnung Unterscheidungen.</span><br />
<br /></div>
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">
</span><br />
<div class="MsoNormal" style="text-align: center;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">V.</span></div>
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">
</span><br />
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Es wurde von der Annahme
ausgegangen, dass Paradoxien durch die Beobachtung der Beobachtung entfaltet
werden müssen. Das wurde im Anschluss daran versucht. Doch man kommt nicht davon
los wieder in paradoxen Formulierungen zu enden. Man könnte das zunächst für
ein Darstellungsproblem halten. Das ist es auch zum Teil. Der eigentliche Grund
liegt aber darin, dass die Beobachtung einer Paradoxie selbst wiederum nur
paradox erfolgen kann. Wenn die Paradoxie der Beobachtung ein universelles
Problem ist, dann ist auch jeder Darstellungsversuch mit diesem Problem
behaftet, denn jede Beobachtung der Beobachtung durch unterscheidendes
Bezeichnen kann selbst wiederum nur durch unterscheidendes Bezeichnen erfolgen.
Man wird, anders ausgedrückt, immer wieder auf die Selbstreferenz der
Unterscheidung zurückgeworfen. Das gilt nicht nur, wenn man die Unterscheidung als
Zwei-Seiten-Form beschreibt sondern auch, wenn man sie, wie oben geschehen als
dreiwertige Form beschreibt und versucht in dieser Form zu kreisen. Eigentlich
sollte Euryalistik betrieben werden, aber bisher scheint es so als würde
weiterhin nur Sthenographie betrieben. Wie man es auch dreht und wendet, man
kommt nicht von paradoxen Formulierungen weg. Und auch dies lässt sich nur
paradox ausdrücken, denn die Dreiwertigkeit der Unterscheidung ist die Einheit
von Zweiwertigkeit (Bezeichnungen) und Einwertigkeit (Unterscheidung). Die Form
der Unterscheidung ist paradox konstituiert und auch die Beobachtung ihrer Form
kann daher immer nur paradox ausfallen. Luhmann bezeichnete das als die
Paradoxie der Form (vgl. 1993).</span></div>
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">
</span><br />
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Bei seinem Versuch die <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Paradoxie der Form</i> zu beobachten, hat er
gezeigt, dass es sich nicht nur um <i style="mso-bidi-font-style: normal;">eine</i>
Paradoxie handelt, sondern um eine <i style="mso-bidi-font-style: normal;">dreifache</i>.
Die erste Paradoxie der Unterscheidung liegt in der <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Sachdimension</i>, denn die Unterscheidung ist die Identität der
Differenz. Zwei Bezeichnungen gehören zu einer Unterscheidung. Das zweite
Paradox der Unterscheidung liegt in der <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Zeitdimension</i>,
denn sie ist die Gleichzeitigkeit des Nacheinander. Man kann immer nur eine
Bezeichnung in einem bestimmten Moment ausführen, niemals beide zugleich. Will
man die andere Bezeichnung ausführen ist Zeit notwendig. Die Operationen können
also nur nacheinander ausgeführt werden. Die Unterscheidung zwingt damit zur
Sequenzierung. Die dritte Paradoxie liegt schließlich in der <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Sozialdimension</i> als Einheit
verschiedener Beobachter. Wenn die Unterscheidung in ihrer Form universell ist
und jegliche soziale und psychische Informationsbildung und –verarbeitung an
sie<span style="mso-spacerun: yes;"> </span>gebunden ist, dann besteht sie
unabhängig von sozialen und psychischen Systemen, wodurch die verschiedenen
sozialen und psychischen Beobachter in der Unterscheidung als identisch
beobachtet werden können.</span></div>
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">
</span><br />
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Wenn hier die <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Form der Unterscheidung als imaginäre,
dreiwertige Struktur</i> beschrieben wird, dann kann man auch sagen, dass diese
Form <i style="mso-bidi-font-style: normal;">basal instabil</i> ist. Man
oszilliert immer zwischen ihrer Zweiwertigkeit und ihrer Einwertigkeit und
damit zwischen Struktur und Strukturzerfall, Negentropie und Entropie. Man
könnte es nun bei dieser Feststellung belassen, denn jede Beschreibung ist mit
demselben Problem behaftet. Möglicherweise ist aber Sthenographie auch nur die
Voraussetzung um Euryalistik betreiben zu können. Auf diese Weise wird man zumindest
mit dem immer nur <i style="mso-bidi-font-style: normal;">zeitweise lösbaren
Problem</i> der dreiwertigen Form vertraut. Da die Beobachtungstheorie im
Rahmen der Kommunikationstheorie angesiedelt ist, wird deswegen nun der Versuch
unternommen die <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Paradoxie der Form
informationstheoretisch</i> zu reformulieren. Dazu ist als erstes ein
Informationsbegriff notwendig, der mit der Idee der Unterscheidung und der Idee
der Bezeichnung kompatibel ist. Er muss sich also mit der Dreiwertigkeit der
Form vereinbaren und zugleich auf zwei oder gar nur einen Wert reduzieren
lassen. Mit anderen Worten, mit ihm muss sich sowohl Strukturbildung und
Rückfall in die Strukturlosigkeit im Rahmen einer dreiwertigen Form beschreiben
lassen. Ein solcher Begriff steht mit Gregory Batesons Definition der
Information zur Verfügung: „<i style="mso-bidi-font-style: normal;">Informationen</i>
bestehen aus Unterschieden, die einen Unterschied machen.“ (1982, S. 123,
Hervorhebung im Original)</span></div>
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">
</span><br />
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Unterschiede sind nach Bateson
„Beziehungen und daher nicht in der Zeit oder im Raum lokalisiert“ (1982, S.
122). Er macht dies am Beispiel eines weißen Punkts auf einer Tafel deutlich.
Weder der Punkt noch die Tafel machen den Unterschied, sondern die Beziehung
zwischen beiden. Hier trifft man wieder auf das Gesetz des Nennens. Wird die
Aufmerksamkeit auf den Punkt fixiert, gibt es nur den Punkt. Wird die
Aufmerksamkeit auf die Tafel fixiert, gibt es nur die Tafel. Beim Oszillieren
zwischen Punkt und Tafel fällt man wieder in die Unbestimmtheit zurück, denn Punkt
und Tafel erweisen sich in der Unterscheidung als Eins. Diese Einheit ist die
Beziehung, die zwischen den beiden Werten besteht, und sie lässt sich weder
zeitlich noch räumlich fixieren. Es handelt sich dabei um ein rein geistiges
Phänomen. Und nur mit Hilfe dieser Beziehung gewinnen beide Seiten ihren
Informationswert. Das hatte bereits William James gesehen und sprach von dieser
Beziehung im Sinne eines Kontextes in den ein bestimmter Inhalt gesetzt werden
muss damit eine Erfahrung als bewusst gelten kann (vgl. 2006b, S. 77) <a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/04/die-beobachtung-der-beobachtung.html#fn009" id="anker009">[9]</a>.
Bewusstseinsinhalte sind demnach niemals kontextfrei gegeben. Reine Erfahrung
als Bewusstsein von etwas ohne etwas anderes (vgl. James 2006a, S. 47) <span style="mso-spacerun: yes;"> </span>ist zwar hypothetisch denkbar, aber praktisch
nur sehr schwer zu realisieren.</span></div>
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">
</span><br />
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Wie immer man sich dann das
psychische Erleben vorstellen muss, entsteht daraus die Notwendigkeit für die
Teilnahme an Kommunikation, die Komplexität des psychischen Erlebens zu
reduzieren und zu sequenzieren. Die geäußerten Bezeichnungen geben der
psychischen Aufmerksamkeit anderer Kommunikationspartner eine aus Sprache oder
Schrift geformte Bahn vor, in der es gleiten kann. So ist Kommunikation
operativ gesehen zwar kontextfrei, was allerdings nicht heißt, dass dieser bei
Kommunikationsproblemen nicht auch kommuniziert werden kann. Hinzu kommt
außerdem, dass psychische Systeme wesentlich mehr Informationen prozessieren
können als soziale Systeme. Das zum Kommunikationsprozess parallel laufende
psychische Geschehen ist also viel komplexer, so dass davon ausgegangen werden
kann, dass psychische Systeme in der Lage sind nebenbei auch zu reflektieren
und zu erinnern, wie die aktuelle Situation zu deuten ist. Kontexte in Form von
Unterscheidungen sind damit zunächst nur dem Bewusstsein gegeben. Nichts desto
trotz kann zur Unterstützung des sozialen und psychischen Gedächtnisses die
materielle Umwelt so gestaltet werden, das eine soziale Situation durch bestimmte
Markierungen gerahmt wird <a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/04/die-beobachtung-der-beobachtung.html#fn010" id="anker010">[10]</a>.</span><br />
<br /></div>
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">
</span><br />
<div class="MsoNormal" style="text-align: center;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">VI.</span></div>
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">
</span><br />
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Wichtig ist an dieser Stelle
festzuhalten, dass zwei Bezeichnungen, wie ideosynkratisch auch immer
kombiniert, eine <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Beziehung</i> bilden,
die nicht auf den imaginären Wert einer der beiden Bezeichnungen reduziert
werden kann. Diese Beziehung kann man auch als <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Kontext</i> oder <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Rahmen</i>
bezeichnen. Diese Beziehung wird hier als <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Unterscheidung</i>
bezeichnet und ist der dritte imaginäre Wert. Diese Beziehung bildet zugleich
die Voraussetzung für Informationsgewinne, denn nur durch eine Unterscheidung
machen Unterschiede einen Unterschied. Wenn nicht klar ist, welche
Unterscheidung mit im Spiel ist, ist kein Informationsgewinn möglich. Damit ist
die Darstellung wieder bei der dreiwertigen Form angekommen. Der Vorteil dieser
Darstellungsform liegt darin, dass sich alle für eine soziologische
Informationstheorie notwendigen Begriffe auf diese dreiwertige Form projizieren
und in ihr darstellen lassen. Dies soll im Folgenden geschehen:</span></div>
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">
</span><br />
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Wenn eine <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Information</i> ein Unterschied ist, der einen Unterscheid macht, dann
ist ein Unterschied, der keinen Unterschied macht, keine Information. Information
ist damit die Einheit der Unterscheidung von Information und Nicht-Information.</span></div>
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">
</span><br />
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Diese Definition lässt sich auf
die Unterscheidung von <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Paradoxie</i> und <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Tautologie</i> übertragen. Definitionen
können paradox oder tautologisch erfolgen. Unter einer Definition wird hier die
begriffliche Spezifizierung eines Begriffs bzw. einer Bezeichnung verstanden.
Eine tautologische Definition hat die Form: etwas ist, was es ist. Eine
paradoxe Definition hat die Form: etwas ist nicht, was es ist. Eine Tautologie
ist damit ein Unterschied, der keinen Unterschied macht; eine Paradoxie ein
Unterschied, der einen Unterschied macht. Eine tautologische Definition liefert
damit <i style="mso-bidi-font-style: normal;">keine</i> Information (vgl. Luhmann
1987, S. 170). Eine paradoxe Definition liefert dagegen <i style="mso-bidi-font-style: normal;">unendlich</i> viele Informationen.</span></div>
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">
</span><br />
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Warum ist das so? <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Alles</i> und <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Nichts</i> bilden ebenfalls zwei Seiten einer Unterscheidung. Aus der Unterscheidung
heraus beobachtet, sind beide Seiten in der Form identisch, denn sie sind
formlos (vgl. Spencer-Brown 1997, S. IX). Diese Erkenntnis wird hier dazu
benutzt, um dieser Unterscheidung eine Funktion im Rahmen der hier zu
entfaltenden Informationstheorie zu geben. Wenn beide Seiten in der Form
identisch sind, bekommen beide die Funktion eines All-Quantors und einer
Negation. Damit werden sie zur <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Markierungen
von Leerstellen</i> verwendet.</span></div>
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">
</span><br />
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Alles und Nichts können auch als eine
Form von <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Komplexität</i> beobachtet
werden. Komplexität bezeichnet den Sachverhalt, wenn in einer endlichen Menge
von Elementen nicht mehr jedes Element mit jedem kombiniert werden kann (vgl.
Luhmann 2005c, S. 60ff.). Das Gegenteil von Komplexität ist daher der Fall,
wenn in einer endlichen Menge von Elementen jedes Element mit jedem anderen
Element kombiniert werden kann. Beide Fälle können bereits in der dreiwertigen
Form abgebildet werden. Komplex ist die Form, wenn die beiden imaginären Werte
der Bezeichnungen getrennt gehalten werden. Dann kann die Unterscheidung ihre
informationsgenerierende Funktion erfüllen. Das funktioniert aber nur solange
nicht versucht wird, die Form aus der Form heraus zu beobachten. Dann bricht
die Unterscheidung zusammen, denn nun können die beiden imaginären Werte der
Bezeichnungen nicht mehr auseinander gehalten werden. Sie sind also eins. Alle
Elemente der Form sind damit eins und bilden einen Fall von Einfachheit. Damit
liefert die Unterscheidung keine Informationen mehr. Alles ist wieder
nichts. Die dreiwertige Form bricht zusammen. Alles und Nichts können also als
Formen von Einfachheit beobachtet werden und sind damit eine Seite einer
Unterscheidung, dessen andere als Komplexität bezeichnet wird.</span></div>
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">
</span><br />
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Komplexität macht auch die
Möglichkeit anderer Kombinationen sichtbar und lassen die Kombinationen
untereinander als kontingent erscheinen. <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Kontingenz</i>
ist ein weiterer Begriff, der im Rahmen der dreiwertigen Form dargestellt
werden kann. Kontingenz bezeichnet den Sachverhalt, wenn etwas nicht notwendig
so realisiert werden musste, wie es realisiert wurde. Damit hätte es auch
anders realisiert werden können. Wenn die Unterscheidung ihre
informationsgenerierende Funktion erfüllen soll, müssen beide Seiten der
Unterscheidung, also die Bezeichnungen, bekannt sein. Damit liefert die
Unterscheidung einen Hinweis darauf, dass auch anders hätte beobachtet werden
könnte. Dasselbe hätte also mit beiden Seiten einer Unterscheidung bezeichnet
werden können. Es bestand keine Notwendigkeit so zu beobachten. Auch damit
bricht die dreiwertige Form wieder zusammen. Die Unterscheidung ist allerdings
notwendig um die Kontingenz ihrer eigenen Bezeichnungsmöglichkeiten zu sehen.</span></div>
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">
</span><br />
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Mit den Unterscheidungen Information/Nicht-Information,
Paradoxie/Tautologie, Alles/Nichts, Komplexität/Einfachheit und Kontingenz/Notwendigkeit
steht nun ein Satz an Reflexionshilfen zur Verfügung um die Paradoxie der Form
zu beobachten. Mit ihnen zeigt sich noch einmal der fundamentale Doppelstatus der
Form der Unterscheidung. Sie kann immer mit beiden Seiten dieser
Unterscheidungen beobachtet werden. Das Problem liegt darin, dass <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Paradoxien und Tautologien als
Identitätsprobleme selbstreferentieller Systeme nicht eliminiert werden können</i>
(vgl. Luhmann 1987, S. 163). Wenn Paradoxien zugleich eine Form reiner
Selbstreferenz darstellen (vgl. Luhmann 1993, S. 247), dann ist die <i style="mso-bidi-font-style: normal;">dreiwertige Form die minimalste Form eines
selbstreferentiellen Systems</i>, wenn sie mit Werten aufgefüllt wird. In
dieser Form ist das System aber konstitutiv instabil. Es ermöglicht als Beobachtung
der Umwelt Strukturaufbau in Form von Informationsgewinnen und als
Selbstbeobachtung Strukturabbau. Ersteres ist der Fall, wenn beide Seiten der
Unterscheidung getrennt gehalten werden. Letzteres ist der Fall, wenn eine
Unterscheidung auf sich selbst angewendet wird. Dann ist es nicht mehr möglich durch
eine Unterscheidung Informationen zu gewinnen. Das System löst sich auf. Die
basale Instabilität der Form ist Voraussetzung für Informationsgewinnung, aber nur
bei einem minimalen Grad an Komplexität und Kontingenz zeitweise möglich.</span><br />
<br /></div>
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">
</span><br />
<div class="MsoNormal" style="text-align: center;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">VII.</span></div>
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">
</span><br />
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Den Fall der Selbstbeobachtung
der Unterscheidung bezeichnet Spencer-Brown als <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Wiedereintritt</i> (<i style="mso-bidi-font-style: normal;">re-entry) der
Form in Form </i>(vgl. 1997, S. 61ff.). Eine Unterscheidung kann mit sich
selbst nur paradox bezeichnet werden. Man wird durch das Gesetz des Nennens
eingeholt. Die Unterscheidung tritt auf einer der beiden Seiten ihrer selbst
wieder ein und blockiert auf diese Weise das weitere Beobachten. Auf die
Unterscheidung von Unterscheidung und Bezeichnung angewendet kann das entweder
paradox ausgedrückt werden: Die Unterscheidung ist die Bezeichnung; oder
tautologisch: Die Unterscheidung ist die Unterscheidung. <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Selbstbeobachtung</i> bzw. <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Reflektion</i>
führt damit zur Selbstblockade. Bedeutet das nun, dass jeder Versuch ein System
in sich selbst zu reflektieren zur Selbstauflösung führt? Das Risiko der
Selbstauflösung ist zwar mit jeder Selbstbeobachtung einer Form mit sich selbst
gegeben. Man steht wieder am <i>Null-Punkt</i>, man sieht entweder Alles oder Nichts.
Und es wurde inzwischen gezeigt, dass beide Alternativen eine Beobachtung
überfordern, weil das System entweder keine Informationen erhält oder
unendliche Informationslasten zu bewältigen hat. Also alles wieder auf Anfang. Vor
dem Problem steht auch die hier zu entwickelnde Informationstheorie. Der
einzige Weg sich von dieser selbsterzeugten Unbestimmtheit zu befreien, besteht
darin wieder Spencer-Browns Anweisung zu folgen: Triff eine Unterscheidung! - wie
ideosynkratisch auch immer das geschehen mag. Für den Fall der Form der
Unterscheidung heißt das, die Tautologie „die Unterscheidung ist die
Unterscheidung“ als erstes in eine Paradoxie zur überführen: „die
Unterscheidung ist nicht die Unterscheidung“. Wenn die beiden Alternativen
Unterscheidung und Bezeichnung als mögliche Lösungen ausfallen, dann muss eine
andere Bezeichnung her. Um trotzdem weiter beobachten zu können, hat Luhmann an
diese Leerstelle die Bezeichnung „Beobachtung“ gesetzt.</span></div>
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">
</span><br />
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Doch <i style="mso-bidi-font-style: normal;">der Weg aus der Form ist der Weg in die Form</i>. Man hat nun für die
Form der Unterscheidung zwei Bezeichnungen, die nichts Unterscheiden – also
wieder eine Tautologie. Es muss also die andere Seite der Bezeichnung „Beobachtung“
gefunden werden. Weiter oben wurde bereits die Unterscheidung von Beobachtung
und Operation vorgestellt. Wenn beobachtbare Operationen eines Systems
Bezeichnungen sind und zwei Bezeichnungen einer Unterscheidung einen
Unterschied machen, der einen Unterschied macht – also eine Information -, dann
lässt sich nun im Rahmen der dreiwertigen Form Informationsgewinnung als
sachliche, zeitliche und soziale Entfaltung der Paradoxie der Form beobachten.</span></div>
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">
</span><br />
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Um dies tun zu können, benötigt
man ein flexiblen Begriffsapparat, der zum einen eine differenzierte
Beobachtung erlaubt, aber zum anderen auch sehr viele Redundanzen zulässt, um
nicht ständig auf die Selbstreferenz einer Unterscheidung auf zu laufen. Anders
ausgedrückt, man benötigt <i>Regeln für das Gleiten in der Form</i>. Diese wurden
implizit bereits eingeführt. <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Der erste Regel</i>
lautet: Triff eine Unterscheidung! Sowohl das Beobachten in der Form als auch
das Beobachten der Form mit der Form kann zur Selbstauflösung der Form führen,
weil die Aufmerksamkeit still gestellt wird. Die Beobachtung wird also an
irgendeinem Zeitpunkt keine Informationen oder unendlich viele Informationen
liefern. Um diese Überforderung oder Selbstverunsicherung - man könnte auch
Stress sagen <a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/04/die-beobachtung-der-beobachtung.html#fn011" id="anker011">[11]</a> - aufzulösen, muss wieder eine Unterscheidung getroffen
werden, um weiter machen zu können. Das heißt, von einer Form in eine andere zu
wechseln. Und das Spiel beginnt von neuem. Für das Gleiten in der Form bekommt
das Schema Alles/Nichts also eine <i>Signalfunktion</i>. Sobald die Beobachtung keine
Informationen oder unendlich viele Informationen liefert, wird eine Leerstelle
markiert. Dies ist zugleich das Signal eine andere Unterscheidung zu treffen. Deswegen
lautet <i style="mso-bidi-font-style: normal;">die zweite Regel</i>: Wird die
Beobachtung durch Fixierung oder Reflektion blockiert, triff eine <i style="mso-bidi-font-style: normal;">andere</i> Unterscheidung!</span></div>
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">
</span><br />
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Um die Beobachtung der Form in
der Form zu halten, bekommt das Schema <span style="mso-bidi-font-style: normal;">Alles/Nichts</span>
die Funktion der <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Negation der Negation</i>.
Mit anderen Worten, es werden keine Leerstellen zugelassen. Alles muss positiv
bestimmt werden. Alles und Nichts bleiben Möglichkeiten, die aber anders
realisiert werden müssen, damit die Beobachtung nicht blockiert wird. Die
Methode über bloße Negationen zu beobachten hat zwar für <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Generalisierungen</i> ihre Berechtigung (vgl. Luhmann 2005a, S. 43f.)
und für die Theologie mag diese Beobachtungsmethode funktional sein, da sie
erlaubt Gott indirekt über den Umweg der Negation zu beobachten ohne sich ein
Bild von ihm machen zu können. Für wissenschaftliche Methoden kann diese Form
der Informationsgewinnung allerdings nicht akzeptiert werde. Die
Generalisierungsleistungen der Negation führen lediglich zu paradoxen oder
tautologischen Abschlussformeln, die jedoch keine Spezifizierung der so
bezeichneten Sachverhalte mehr erlauben. Sie markieren lediglich
Problemstellen, sind aber keine angemessenen Darstellungen der Probleme, denn
dazu müsste man die angesetzte Unterscheidung wechseln und anders neu ansetzen.
Wenn man beim Gleiten in der Form auf Negationen setzt, besteht somit das Risiko
bei entsprechend hoher Generalisierung die Beobachtung auf die Selbstreferenz
der jeweils in Anwendung befindlichen Unterscheidung zu fixieren. Es wird <i style="mso-bidi-font-style: normal;">zu viel Redundanz</i> erzeugt. Die
Beobachtung wird in einem <i style="mso-bidi-font-style: normal;">dead end</i>
gestoppt. Der religiöse Ausweg heißt Mystik.</span></div>
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">
</span><br />
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Wenn hier stattdessen eine
positive Bestimmung durch Bezeichnung vorgeschlagen wird, dann heißt das <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Spezifizierung</i> durch Differenzierung. Das
kommt einer Kehrtwende um 180 Grad gleich. Differenzierung bedeutet
Systembildung in Systemen. Für die Form der Unterscheidung heißt das, die
Bezeichnungen einer Unterscheidung müssen selbst Unterscheidungen werden. Die
Bezeichnungen müssen, mit anderen Worten, in zwei Seiten gespalten werden. Doch
auch in der Spezifizierung liegt ein nicht unbeträchtliches Risiko, was im
Alltag mit der Formulierung „Man sieht den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr“
ausgedrückt wird. Informationstheoretisch bedeutet das, mit der Differenzierung
einer Bezeichnung kann zwar der Informationsgehalt der Bezeichnung erhöht
werden, womit der imaginäre Wert der Bezeichnung spezifiziert wird. Eine
vollständige sinnhafte Bestimmung ist jedoch unmöglich. Man kann versuchen, ein
Element in Elemente zu zerlegen und wiederum diese Elemente in Elemente. Der
Weg eine Einheit in Teile zu zerlegen um auf die Teile diese Methode wieder
anzuwenden, führt in einen unendlichen Regress. In der Quantenphysik ist dieses
Problem als <a href="http://de.wikipedia.org/wiki/Heisenbergsche_Unsch%C3%A4rferelation">Heisenbergsche
Unschärferelation</a> bekannt. Je näher man dem beobachteten Gegenstand kommt,
desto unklarer stellt er sich dar. Michel Serres drückt dieses Problem
folgendermaßen aus: „Der Bericht treibt vor sich her, was er erzählt“ (1987, S.
367). Man produziert immer mehr Komplexität und zugleich <i style="mso-bidi-font-style: normal;">zu viel Varietät</i> ohne jedoch diese Komplexität zu reduzieren bzw.
eine Selektion vorzunehmen. Die Informationslasten sind mit der Zeit kaum noch
zu bewältigen und tendieren in Richtung Alles. Auch an diesem Punkt muss eine
Unterscheidung getroffen werden, was nun heißt mit der Differenzierung zu
stoppen und auf Reflektion umzustellen. Mit anderen Worten, um 180 Grad drehen
und wieder zum Generalisieren ansetzen, was bedeutet die Einheit im Verschiedenen zu finden. Das funktioniert über das Ausschlussprinzip, also durch Negation.</span></div>
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">
</span><br />
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Bei der Reflektion kommt es zum
Wiedereintritt der Form in die Form und man muss die wieder eingetretene
Unterscheidung anders bezeichnen. Die formale dreiwertige Struktur der
Unterscheidung ist immer in Anwendung. Ihrer operativen Selbstreferenz bzw.
ihrer Funktionsweise kann man nicht entkommen, egal ob man naiv oder reflektiert
beobachtet. Allerdings bietet die <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Reflektion</i>
die <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Möglichkeit einer operativen
Schließung</i> der Unterscheidung zu einem autopoietischen, selbstreferentiellen
System. Denn Reflexion ist das Zulassen von Selbstbezüglichkeit und nur diese
Rekursion auf sich selbst bietet die Möglichkeit – aber keine Sicherheit! –
kreativer Paradoxieentfaltungen. Die Tautologie muss paradoxiert werden und die
Paradoxie muss in endliche Informationslasten umgewandelt werden indem die Markierungen
Alles oder Nichts in die Form „etwas Bestimmtes/etwas anderes Bestimmtes“ überführt
werden. Das ständige Auflaufen auf über- oder unterbestimmte Stellen treibt die
Systemdifferenzierung voran und es entsteht Eigenkomplexität in Form eines <i style="mso-bidi-font-style: normal;">rekursiven Netzwerks von Unterscheidungen</i>
<a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/04/die-beobachtung-der-beobachtung.html#fn012" id="anker012">[12]</a>. Das ermöglicht es nicht nur in einer Form zu oszillieren, sondern in einem
rekursiven Netzwerk von Formen. Durch das wiederholte Oszillieren in einzelnen
Unterscheidungen werden variierende und redundante Informationen zugleich
erzeugt. Auf diese Weise entsteht ein immer größeres Informationsvolumen, was
zum Aufbau von systemintern erzeugter Komplexität führt, die selbst wiederum
reduziert werden muss damit stabile Identitäten oder Eigenwerte des Systems
entstehen können. Das kann gemäß den Regeln nur durch eine Unterscheidung und
eine Bezeichnung geschehen. Erst die Reflektion bietet die Möglichkeit
komplexere und damit auch stabilere, wiedererkennbare Eigenwerte zu bilden. Unreflektiert
schwankt eine Form als System immer zwischen <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Allopoesie</i> und <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Autopoesie</i>
(vgl. Luhmann 2005c, S. 63ff.). Erst bei der Umstellung auf Beobachtungen 2.
Ordnung kann es zu einer operativen Schließung kommen und damit zur
Einschränkung der Kombinierbarkeit der Systemelemente. Ohne Reflektion kommt es
demnach nicht zu einer rekursiv geschlossenen,<span style="mso-spacerun: yes;"> </span>autopoietischen Reproduktionsweise.</span></div>
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">
</span><br />
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Durch das Oszillieren in einem
rekursiven Netzwerk von Unterscheidungen zum Erzeugen von Identitäten oder
Eigenwerten des Systems müssen diese Identitäten geprüft werden. Diese Prüfung
erfolgt durch <span style="mso-bidi-font-style: normal;">wiederholtes</span> <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Kondensieren</i> und <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Konfirmieren</i> dieser Eigenwerte (vgl. Spencer-Brown, S. 9ff.,
Luhmann 1992, S. 108). Kondensieren bedeutet in diesem Zusammenhang eine
generalisierende Reduktion und Konfirmieren eine Art spezifizierendes
Operationalisieren. Durch die Fähigkeit zu letzterem erhält ein System seine
informationelle Offenheit für die Umwelt. Jeder Sachverhalt, jede Idee oder
jedes Konzept benötigt bestimmte Indikatoren mit denen einem Sachverhalt auch
eine empirische Entsprechung zugeordnet werden kann. Diese Indikatoren machen
ein System irritierbar und ermöglichen dadurch gegebenenfalls die Änderung des
Konzepts oder einer Theorie über einen Sachverhalt. Mit anderen Worten, ein
System benötigt Sensoren um Feedback erhalten zu können.<span style="mso-spacerun: yes;"> </span>Für beobachtende Systeme bestehen diese
Sensoren aus Unterscheidungen.</span></div>
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">
</span><br />
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Im Rahmen des Gleitens in der
Form gestaltet sich das Konfirmieren dann als Bestätigung bestimmter
Sachverhalte anhand der Indikatoren, was sowohl redundante als auch variierende
Informationen erzeugt. Kondensieren vollzieht sich im Gegensatz dazu als eine Operation, die aus den redundanten
Informationen einen konsistenten, wiedererkennbaren Sachverhalt extrahiert.
Anders ausgedrückt, geht es beim Kondensieren um <i>Mustererkennung</i>. Das Ergebnis
ist schließlich die Formulierung eines Konzepts oder einer Theorie über einen
bestimmten Sachverhalt, der aus den katalysierten Informationen hervorgeht. Ein
Konzept oder eine Theorie kann man dann als generalisierende <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Beschreibung</i> bezeichnen, welche das <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Resultat der Beobachtungsleistung eines
Netzwerks von Unterscheidungen</i> und nicht der Leistung einer Unterscheidung
allein ist. Diese kann aber nochmals durch eine Unterscheidung auf eine <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Bezeichnung</i> reduziert werden. Jeder
Bezeichnung kann damit eine Beschreibung zugeordnet werden. Generalisierungen
und Spezifizierungen werden damit zu einem <i style="mso-bidi-font-style: normal;">mehrstufigen
Verfahren</i>, dass auf jeder Stufe über das Kondensieren und Konfirmieren von
Konzepten über Sachverhalte zu einer Verschachtelung von Bezeichnungen und
Beschreibungen führen. Die Verschachtelung bietet für einen soziologischen
Beobachter den Ansatzpunkt, um sich in ein System von Unterscheidungskombinationen
einzuspiegeln und die systemintern konstruierten Feedbackschleifen
nachvollziehen zu können. Jede Beschreibung kann in ihre Bezeichnungen zerlegt werden.
Bezeichnungen verweisen auf andere Bezeichnung und ergeben damit eine
Unterscheidung. Durch die jeweilige Verknüpfung von Bezeichnungen zu
Unterscheidungen können Beschreibungen daraufhin analysiert werden, welche Unterscheidungen
im Spiel waren, um notwendig zu einer bestimmten Beschreibung zu kommen und zu
keiner anderen.</span></div>
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">
</span><br />
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Grundsätzlich kann das
Kondensieren und Konfirmieren beliebig angesetzt werden. Das Oszillieren
tendiert zunächst nur zur Differenzierung des Systems. Das kann ausreichen um
einen Grad an Eigenkomplexität aufzubauen, der eine relativ reibungslose
Informationsgewinnung ermöglicht. Ohne Reflexion neigen solche Systeme aber zur
Überspezifizierung. Das bedeutet, das System versucht seine interne Komplexität
durch immer genauere Beschreibung seiner Umwelt zu ordnen und dem Grad der
systemexternen Komplexität anzugleichen. Es wird jedoch niemals gelingen die Komplexität
der Umwelt eins zu eins in das System zu spiegeln. Diesem Problem kann man
entgehen, wenn man nicht nur versucht zu Konfirmieren sondern auch zu
Kondensieren. Dazu ist es notwendig, dass sich das System selbst kontingent
setzt. D. h. das System muss zur Selbstreflexion übergehen, den Wiedereintritt
der Form in die Form aushalten und eine Unterscheidung treffen, um sich selbst
von anderen Systemen zu unterscheiden. Erst diese <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Beobachtung 2. Ordnung</i> eröffnet die <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Möglichkeit zum Lernen</i>. Die Unterscheidung einer Unterscheidung von
anderen Unterscheidungen kann man als einen <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Kontextsprung</i>
im Sinne von Bateson betrachten. Unter Kontextsprüngen versteht er das Erkennen
eines übergeordneten allgemeinen Musters (vgl. Bateson 1985, S 360f.). Jedes
kommunikativ erzeugte Muster wird durch eine Unterscheidung hervorgerufen. Sie
ist die Konstante in den verschiedenen Erscheinungen. Je höher die Komplexität
eines Systems ist, desto schwerer ist es dessen Einheit zu identifizieren, weil
man es unter Umständen bereits mit Kontexten in Kontexten in Kontexten usw. zu
tun hat. Deswegen ist Lernen als Kontextsprung nur durch Versuch und Irrtum
möglich und daher psychologisch oft auch mit Enttäuschungen, Frustration und
Stress verbunden.</span><br />
<br /></div>
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">
</span><br />
<div class="MsoNormal" style="text-align: center;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">VIII.</span></div>
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">
</span><br />
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Weiter oben wurde die Bezeichnung
mit dem Zeichen als Einheit der Unterscheidung von <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Bezeichnendem</i> und <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Bezeichnetem</i>
gleichgesetzt. Das Bezeichnete bleibt operativ unerreichbare Umwelt der Form.
Die Funktion der Bezeichnung ist es die psychische Aufmerksamkeit auf etwas
Bestimmtes zu richten und eine Vorstellung des Bezeichneten hervorzurufen. Für
soziale Systeme bleibt auch die psychische Vorstellung des Bezeichneten
operativ unerreichbar. Die Beobachtung wird also wieder auf die Beobachtung
sozialer Systeme gelenkt, denn auch die Vorstellung von Etwas muss durch unterscheidendes Bezeichnen geäußert werden. Im Rahmen der Form kann sowohl das Bezeichnete als auch
die Vorstellung des Bezeichneten also nur durch Beobachtung spezifiziert
werden. Das lenkt die Aufmerksamkeit darauf, wie ein imaginärer Wert durch unterscheidendes Bezeichnen konstruiert wird. Dieser Sachverhalt wird genutzt um die
vorgestellte Informationstheorie selbst operativ zu schließen. Das erfolgt mit
Hilfe der <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Unterscheidung von Bezeichnung
und Beschreibung</i>. Die Paradoxie der Bezeichnung als Einheit von
Bezeichnendem und Bezeichnetem wird als Unterscheidung von Bezeichnung und
Beschreibung entfaltet. Der Wiedereintritt der Form in
die Form bietet damit die Chance zur Bildung eines Systems zur Beobachtung von Beobachtungen. In diesem Fall trat die Unterscheidung von Bezeichnendem und Bezeichnetem auf der Seite des Bezeichnendem wieder ein, denn das Bezeichnete bleibt operativ unerreichbar. Deswegen muss das Bezeichnete als Beschreibung auf der Seite der Bezeichnung operationalisiert werden. </span><br />
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><br /></span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Die soziologische Beobachtung
kann sich zusätzlich noch an den drei Sinndimensionen als Orientierungslinien
halten. Was allerdings nicht heißt, dass man sie nicht auch im Alltag anwenden
darf. Historisch ist dies jedoch nicht immer der Fall gewesen. Deswegen kann
nicht vorausgesetzt werden, dass immer in diesen drei Sinndimensionen
beobachtet wird. Informationstheoretisch lassen sie sich folgendermaßen
operationalisieren. In der <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Zeitdimension</i>
muss danach gefragt werden, <i style="mso-bidi-font-style: normal;">wann</i> mit
welchen Unterscheidungen beobachtet wird. In der <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Sachdimension</i> muss gefragt werden, <i style="mso-bidi-font-style: normal;">was</i> mit welchen Unterscheidungen beobachtet wird. Und in der <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Sozialdimension</i> muss schließlich gefragt
werden, <i style="mso-bidi-font-style: normal;">wer</i> mit welchen
Unterscheidungen beobachtet. Damit sind die Leerstellen bzw. die Unbestimmtheiten
der soziologischen Informationstheorie bezeichnet. Durch diese Unbestimmtheiten
gewinnt sie ihre informationelle Offenheit für die Umwelt, denn hier müssen die
entsprechenden Beobachtungen der beobachteten Systeme eingesetzt werden. Da nur
Bezeichnungen und Beschreibungen beobachtet werden können, müssen die bekannten
Beschreibungen in ihre Bezeichnungen und die bekannten Bezeichnungen in die
noch unbekannten Unterscheidungen zerlegt werden. Auf diese Weise werden, mit
anderen Worten, die Referenzen identifiziert. In der Zeitdimension wird damit
die Aufmerksamkeit auf die Beobachtung der Selbstreferenz sozialer Systeme
gelenkt. In der Sozialdimension wird die Aufmerksamkeit auf die Selbstreferenz
psychischer Systeme konzentriert. In der Sachdimension wird schließlich
beobachtet, wie durch soziale oder psychische Systeme fremdreferenziert wird.
Vereinfacht ausgedrückt, geht es darum zu beobachten, wie soziale oder
psychische Systeme die Grenze zwischen System und Umwelt ziehen und sich selbst
und ihre Umwelt systemintern konstruieren. Den Ausgangspunkt bildet die
Sachdimension und man beginnt mit der Unterscheidung von Bezeichnung und
Beschreibung.</span><br />
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"> </span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Über die Bezeichnungen kann man
sich in verschiedene Beschreibungen einspiegeln. Mithilfe der Unterscheidungen
von Alles/Nichts, </span><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Kondensieren/Konfirmieren und </span>Generalisierung/Spezifizierung lassen sich die sachliche, zeitliche und soziale Entfaltung eines Sachverhalts
nachvollziehen. Am Ende lassen sich die verschiedenen Unterscheidungen
identifizieren, die in Anwendung waren, um eine bestimmte Beschreibung bzw. den
imaginären Wert zu konstruieren. Auf diese Weise lassen sich, anders
ausgedrückt, die Fremdreferenzen (Vorstellung vom Bezeichneten) als die
Selbstreferenzen (bezeichnenden Unterscheidungen) sozialer Systeme im Rahmen einer
soziologischen Informationstheorie rekonstruieren. </span><br />
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><br /></span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Das gilt nicht nur für die
beobachteten Systeme, sondern auch für die beobachtenden Systeme. Mit Hilfe der
Unterscheidung von Bezeichnung und Beschreibung kann die Bildung von systeminternen
Eigenwerten in Form ihrer eigenen Beobachtungsergebnisse reflektiert werden.
Die vorgestellten Unterscheidungen liefern damit ein Instrumentarium um beim
Gleiten in der Form mit unbestimmten Leerstellen umgehen zu können. Sie liefern
aber keine Garantie für richtigen Formgebrauch. Sie ermöglichen nur die
Erkennung von bestimmten Unterscheidungskombinationen, die ein bestimmtes
Muster hervorrufen. Zugleich können auf diese Weise auch pathologische Unterscheidungskombinationen
identifiziert und Lösungen aufgezeigt werden. Da sich letzteres bereits bei
Psychotherapien als äußerst schwierige Angelegenheit erweist, ist kaum zu
erwarten, dass sich dies soziologisch einfacher gestalten wird. Man sollte eher
vom Gegenteil ausgehen.</span><br />
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><br /></span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Ein Ziel der informationstheoretisch
geleiteten Beobachtung ist es also die beobachtungsleitenden
Unterscheidungen zu identifizieren. Im Zuge dessen lassen sich dann mögliche
Probleme bei der Informationsverarbeitung finden, die zu charakteristischen
Kommunikationsmustern führen. Weiter oben wurde beschrieben, dass erst der
Wiedereintritt der Form in die Form, also die Selbstreflektion, zu einer
operativen Schließung und zur selbstrefentiellen Operationsweise führt. Die
Anwendung der Selbstreferenz auf sich selbst wird zur unabdingbaren
Voraussetzung für eine selbstreferentielle, autopoietische Operationsweise. Die Selbstreferenz eines
Systems ist aber nicht frei wählbar. Die Einheit der Unterscheidung ist die
Selbstreferenz der Unterscheidung. Die Selbstreferenz legt damit das Innen und
das Außen, also das beobachtende System, fest. <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Wiedereintrittsfähig ist nur die Selbstreferenz – die Innenseite – des
Systems</i>. Nichts desto trotz ist es möglich im Rahmen der Form einen
scheinbaren Wiedereintritt auf der Außenseite einer Unterscheidung zu
vollführen. Es kommt, mit anderen Worten, zu einer Verwechslung von Innen
und Außen bzw. System und Umwelt. Dieses Problem ist unter dem Begriff <i style="mso-bidi-font-style: normal;">double bind</i> bekannt (vgl. Bateson 1985).
Mit Hilfe einer informationstheoretischen Analyse von Kommunikationssequenzen
lassen sich dann nicht nur die in Anwendung befindlichen Unterscheidungen
identifizieren, sondern auch ob möglicherweise ein <i style="mso-bidi-font-style: normal;">double bind</i> in einer oder mehreren beobachtungsleitenden
Unterscheidungen vorliegt.</span><br />
<br />
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">So machen die vorgestellten Unterscheidungskombinationen
das Gleiten in der Form nur stressfreier. Sie führt aber nicht zu absoluten
Wahrheiten. Vielmehr besitzt jede Form ihre eigene Wahrheit bzw. Realität.
Diesen Ratschlag sollte man unbedingt beherzigen, wenn man sich in das
unendliche Labyrinth der Unterscheidungsnetzwerke begibt.<span style="mso-spacerun: yes;"> </span>Wer nicht in der Lage ist, sich auf die
imaginären Werte der Bezeichnungen einzulassen und in ihrer Realität anzuerkennen,
wird weder sich noch andere verstehen können. Man sollte aber auch genug Distanzierungsfähigkeit besitzen, die beobachteten Beobachtungen nicht einfach unkritisch zu übernehmen. Da man aber nicht die Möglichkeit
hat sich voluntaristisch in das Labyrinth zu begeben oder nicht, sondern man
immer schon darin operiert und auch nicht herauskommt, ist das einzige, was auf
dem Spiel steht, die mehr oder weniger erfolgreiche Teilnahme an Kommunikation
mit entsprechenden emotionalen Gratifikationen. Für soziale Systeme steht auf
der anderen Seite auf dem Spiel, wie effektiv oder ineffektiv sie
Kommunikationserfolge ermöglichen und Anreize für Menschen bieten sich
weiterhin an einer bestimmten Kommunikationsform zu beteiligen. Soziale Systeme
müssen, mit anderen Worten, Menschen für die Teilnahme an Kommunikation
Möglichkeiten bieten in den <i style="mso-bidi-font-style: normal;">flow</i>
(vgl. Csikszentmihaly 2010) zu kommen <a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/04/die-beobachtung-der-beobachtung.html#fn013" id="anker013">[13]</a>.</span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<br /></div>
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">
</span><br />
<div class="MsoNormal" style="text-align: center;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">IX.</span></div>
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">
</span><br />
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Als Letztes muss schließlich die
Frage geklärt werden, wie sich <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Informationen</i>
von <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Sinn</i> unterscheiden? Auffällig
ist, dass die Projektion des Informationsbegriffs in die dreiwertige Form dem
Sinnbegriff (vgl. Luhmann 1984, S. 92 – 147) sehr ähnlich ist. Die basale
Instabilität, Selbstreferentialität, Komplexität und Kontingenz sind alles
Probleme mit denen das Medium Sinn ebenso wie die dreiwertige Form jeder
Unterscheidung als Medium für Informationsgewinnung behaftet ist. Die Lösung
ist in beiden Fällen Formenbildung. Der Informationsbegriff scheint also mit
dem Sinnbegriff zu konvergieren. Der Unterschied ist daher auch nur ein kleiner
aber feiner und wichtiger Unterschied. Der Informationsbegriff wurde im Rahmen
der Informations-/Beobachtungstheorie operativ bestimmt. Informationen sind
Ereignisse. Ereignisse realisieren sich aber nur in Form von Bezeichnungen und
konzentrieren somit die Aufmerksamkeit auf etwas Bestimmtes. Als Information
verweisen sie bereits auf etwas Abwesendes, eben die Unterscheidung in der die
Bezeichnung getroffen wurde. Ein weiterer wichtiger Aspekt von Informationen
ist ihr <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Neuigkeitswert</i>. Eine
Information ist nur eine Information, wenn sie neu ist. Gemäß Spencer-Browns
Gesetz des Nennens ist<span style="mso-spacerun: yes;"> </span>der imaginäre
Wert einer Bezeichnung bei wiederholter Bezeichnung wieder nur der imaginäre
Wert der ersten Bezeichnung. Sie unterscheiden sich nicht voneinander. Sie sind
redundant und haben damit keinen Informationswert mehr (vgl. Luhmann 1984, S.
102). Genau hier liegt der Unterschied zwischen Information und Sinn.
Informationen sind unbekannt und damit neu. Sinn dagegen ist eine <i style="mso-bidi-font-style: normal;">bekannte Information</i> also eine bereits <i style="mso-bidi-font-style: normal;">wiederholte Bezeichnung</i>. Informationen
sind dann nur aus der Differenz zwischen ihrer Aktualität und den potentiell
anderen Unterscheidungsmöglichkeiten als solche erkennbar. Dieser Vergleich
zwischen aktueller Bezeichnung und potentiell möglichen Bezeichnungen ist aber
nur möglich, wenn die anderen, potentiell möglichen Bezeichnungen bekannt sind.
Mithin erweist sich die aktuell realisierte Bezeichnung nur im Lichte
kontingenter Möglichkeiten als neu und damit als Information. Das bedeutet
umgekehrt ohne Bekanntes, <i style="mso-bidi-font-style: normal;">ohne Sinn keine
Information</i>.</span></div>
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">
</span><br />
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Unbekanntes ist nur im Vergleich
zu Bekanntem erkennbar. Sinn ist damit der Kontext in dem sich eine Information
als solche erweist. Informationstheoretisch heißt das, es gibt weder
vollständig unbekannte Formen noch vollständig bekannten Sinn.
Informationsverarbeitung ist nur mit einem gewissen Maß an Redundanz und
Varietät möglich. Bei vollständig bekanntem Sinn würde ein System in einen
entropischen Zustand zurückfallen. Bei vollständig unbekannten Formen könnte
sich aufgrund der Unterschiedlosigkeit kein System bilden. Genau aus diesem
Sachverhalt leitet sich daher die Notwendigkeit eine Unterscheidung zu treffen
ab, wenn es nicht mehr weitergeht. An diesem Sachverhalt wird zugleich die
Aussichtslosigkeit kritischer und dekonstruktivistischer Ansätze deutlich, systeminterne
Widersprüche oder die Widersprüchlichkeit bestimmter gesellschaftlicher
Entwicklungsprinzipen aufzuzeigen, die zum vermeintlichen Niedergang der
Gesellschaft führen. Diese Widersprüche sind vielmehr Gründe trotzdem weiter zu
machen. Aufzuhören und neu anzufangen ist keine Lösung, denn auch diese
Versuche werden irgendwann von ihren immanenten Widersprüchen eingeholt. Der
eigenen Selbstreferenz kann man nicht entkommen, denn Tautologien und
Paradoxien können als Identitätsprobleme nicht eliminiert werden. Man muss also
lernen mit Selbstreferentialität umzugehen. Die Frage nach pathologischen
Kommunikationsformen hat sich damit aber nicht erledigt, denn Systeme können trotzdem
real an ihren inneren Widersprüchen zugrunde gehen. Die Beobachtung treibt die
Paradoxie immer vor sich her und wird zugleich ständig von ihr verfolgt (vgl.
Luhmann 1993, S. 248). Wenn man die treibende Kraft der Paradoxie anerkennt,
stellt sich das Problem der Korruption durch innere Widersprüche als
Unterscheidung von <i style="mso-bidi-font-style: normal;">re-entry</i> und <i style="mso-bidi-font-style: normal;">double bind</i> neu. Der <i>double bind</i> kann tatsächlich zur Systemauflösung führen, denn man kann nicht dauerhaft operieren, wenn man die eigene Selbstreferentialität ignoriert. Der Versuch es trotzdem zu tun, hinterlässt
charakteristische Spuren, welche sich mit der vorgestellten soziologischen
Informationstheorie analysieren lassen.</span></div>
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">
</span><br />
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Für eine soziologische
Beobachtung wäre Sinn aber nur eine mögliche Analysedimension. Bereits Luhmann
hat die Unterscheidung der drei Sinndimensionen – sachlich, sozial und zeitlich
– eingeführt (vgl. 1984, S. 112ff.). Weiter oben wurde gezeigt, dass auch die
Form idealerweise in die drei Sinndimensionen entparadoxiert werden sollte um
ihr volles Informationspotential zu entfalten. Obwohl es empirisch durchaus
möglich ist, dass eine der drei Dimensionen ein blinder Fleck bleibt, kann eine
soziologische Beobachtung keine der drei vernachlässigen, denn sonst könnte sie
eben solche Fälle nicht erkennen. Wichtig ist, zu beachten, dass an dieser
Stelle der zweite Fall eines Wiedereintritts der Form in die Form im Rahmen dieser
Informationstheorie auftritt <a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/04/die-beobachtung-der-beobachtung.html#fn014" id="anker014">[14]</a>. Die drei Sinndimensionen werden auf Sinn
selbst angewendet. Informationen werden damit reflexiv und kontingent gesetzt.
Wenn eines der Ziele ist, die beobachtungsleitenden Unterscheidungen zu finden,
dann wird <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Sinn</i> zum Analysegegenstand
in der <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Sachdimension</i>. Somit bleiben
noch die Zeit- und die Sozialdimension. <span style="mso-spacerun: yes;"> </span></span></div>
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">
</span><br />
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Wenn Beobachten bedeutet die
Aufmerksamkeit zu fokussieren, dann transformiert sich die Frage nach der
Informationsverarbeitung durch unterscheidendes Bezeichnen in der <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Sozialdimension</i> in die Frage, wie <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Aufmerksamkeit</i> gelenkt wird? Aufmerksamkeit
bringen aber nur psychische Systeme auf. Die Funktion sozialer Systeme ist es
die psychische Aufmerksamkeit zu fokussieren und zu lenken. Die Sozialdimension
kann aber nicht unabhängig von der Sachdimension analysiert werden. In der
Sachdimension kann man beobachten, welcher Sachverhalt wie beobachtet wird. In
der Sozialdimension wird nun gefragt, welche Person oder welches soziale
Systeme diesen Sachverhalt so konstruiert. Das lenkt die soziologische
Aufmerksamkeit auf die Beobachtung der strukturell gekoppelten Systeme und
damit auf die <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Interpenetration</i> (vgl.
Luhmann 1984, S. 286 – 345) sozialer und psychischer Systeme. Hier stellt
sich dann die Frage, wie Systeme ihre Umwelt systemintern konstruieren.
Autopoietische Systeme operieren immer geschlossen und selbstreferentiell und
bleiben damit für einander operativ unerreichbare Umwelten. Durch ein
Verhältnis struktureller Kopplung werden beide Systeme aber füreinander irritierbar.
Die strukturelle Kopplung selbst erfolgt über Aufmerksamkeitslenkung. Dieses
Verhältnis wechselseitiger <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Irritierbarkeit</i>
kann nun über den hier entfalteten Informationsbegriff beschrieben werden. Im
Rahmen der Unterscheidung von Sinn und Information wird jedes
Informationsereignis zunächst als eine Irritation begriffen.<span style="mso-spacerun: yes;"> </span>Die Frage lautet dann, wie es dazu kommen kann,
dass nicht mehr jedes Ereignis zu einer Operationsblockade führt und damit zu
einer potentiellen Gefährdung für ein System wird. Diese Frage lässt sich aber
nicht nur durch Beobachtung der Sozial- und der Sachdimension beantworten.</span></div>
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">
</span><br />
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">In der <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Zeitdimension</i> transformiert sich das Sinnproblem schließlich in die
Frage, wie Systeme ein <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Gedächtnis</i>
entwickeln können? An dieser Stelle reicht zunächst die Feststellung, dass
Systeme wiederholbare Formen entwickeln müssen, die hinreichend robuste
Redundanzen im System einrichten, sodass nicht mehr jede neue Form das System
so stark irritiert, dass die Informationsverarbeitung, also die Beobachtungen,
zum Erliegen kommen. Die dreiwertige Form besteht unabhängig von Menschen und
sozialen Systemen. Sie ist ihnen also äußerlich. Beide sind aber in ihren
Operationen an diese Form gebunden und müssen sie entfalten, um Informationen
verarbeiten zu können. Da die drei Leerstellen der Form bereits sozial mit
imaginären Werten aufgefüllt wurden, kann die Form der Unterscheidung hier als
Selbstreferenz sozialer Systeme begriffen werden. Für psychische Systeme
bedeutet Beobachten dann den Bezeichnungen zu folgen und die Aufmerksamkeit von
entsprechenden sozial angebotenen Formen faszinieren zu lassen. <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Gedächtnisbildung</i> bedeutet dann <i style="mso-bidi-font-style: normal;">wiederholbare Formen für
Aufmerksamkeitsfokussierung zu finden</i>.</span></div>
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">
</span><br />
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">In evolutionärer Perspektive
gestaltet sich Gedächtnisbildung dann als Wechselspiel zwischen <i style="mso-bidi-font-style: normal;">variierenden</i> Sinnkontexten zur
Informationsverarbeitung, <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Selektion</i>
bewährter Formen der Informationsverarbeitung und <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Restabilisierung</i> der Sinnkontexte für weitere
Informationsverarbeitung. Dieses Wechselspiel ließe sich auch als <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Integration</i> im Sinne einer
wechselseitigen Einschränkung von Freiheitsgraden beschreiben. Eingeschränkt
werden die möglichen Unterscheidungsmöglichkeiten, die durch bestimmte
Beschreibungen von Sachverhalten vorgegeben werden. Diese werden mit der Zeit
immer komplexer und ermöglichen dadurch die Identität eines imaginären Wertes
immer präziser zu beobachten. Wobei eine optimale Anpassung in einem flexiblen
Grad an Rekombinationsmöglichkeiten erreicht wird, was sich zum einen in einem
hohen Integrationsgrad niederschlägt, anderseits aber auch in einem hohen
Desintegrationsgrad. Wie <i style="mso-bidi-font-style: normal;">robust</i> ein
System mit Irritationen umgeht, damit es nicht früher oder später in einen
entropischen Zustand zurückfällt, ergibt sich aus Integrations- und
Desintegrationsgrad der Unterscheidungskombination. An dieser Stelle liegt dann
auch das Potential psychischen Stress soziologisch erklären zu können. Es
verweist auf die Frage, wie psychische Systeme durch ihre sozial geformten
Beobachtungsgewohnheiten ihre Aufmerksamkeit leiten und leiten lassen, um
Informationen abzugreifen. Redundante Informationen können dann immer noch
emotionale Unterschiede machen, denn die imaginären Werte der Bezeichnungen
konzentrieren nicht nur die Aufmerksamkeit, sondern rufen damit auch mehr oder
weniger starke Emotionen hervor <a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/04/die-beobachtung-der-beobachtung.html#fn015" id="anker015">[15]</a>.</span><br />
<br /></div>
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">
</span><br />
<div class="MsoNormal" style="text-align: center;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">X.</span></div>
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">
</span><br />
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Damit sind die Grundzüge einer
soziologischen Informationstheorie skizziert. Batesons Informationsbegriff
wurde in das Formenkalkül von Spencer-Brown integriert indem er mit der Idee
der Unterscheidung und der Idee der Bezeichnung verknüpft wurde. Die beiden
gegebenen Ideen von Unterscheidung und Bezeichnung wurden wiederum von Luhmann
in seine soziologische Systemtheorie integriert. Der Beitrag, der hier
geleistet wurde, besteht darin, die Beziehungen im Rahmen von Luhmanns
Systemtheorie stärker herausgearbeitet zu haben, was es auch mit sich brachte
die Kommunikationstheorie und die Beobachtungs-/Informationstheorie stärker
gegeneiner zu differenzieren. Das Ergebnis ist nicht nur eine
Informationstheorie sondern auch ein minimaler Formalismus mit dem die Leerstellen
der dreiwertigen Form aufgefüllt und entfaltet werden können.</span></div>
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">
</span><br />
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Grundlage dafür ist lediglich die
einfache Idee, dass man ohne zu unterscheiden nicht bezeichnen kann. Es gibt
immer eine andere Seite der Unterscheidung und damit auch die Unterscheidung
selbst. Informationen werden in diesem Theorierahmen nun als Bezeichnungen, die
Unterschiede machen verstanden. Auf dieser Grundlage wurde die Selbstreferenz der
dreiwertigen (Leer-)Form entfaltet. Das Ergebnis ist eine dreistufige Theorie
darüber, wie Informationen durch beobachtende Systeme gewonnen und verarbeitet
werden. Die erste Stufe ist die Theorie der dreiwertigen Form bevor ihre
Leerstellen durch soziale oder psychische Systeme mit konkreten Werten
aufgefüllt wurden. Doch selbst wenn konkrete Werte im Spiel sind, bleibt die
konstitutive Instabilität ihr wesentliches Charakteristikum. Sie ist die
Voraussetzung dafür, dass Unterscheidungen getroffen werden müssen. Zugleich
ist die Form der Ausgangspunkt für den Aufbau höherer Komplexität, kann sie
aber in sich selbst nicht stabilisieren. Kontingenz und Komplexität
transformieren sich damit zu Minimalanforderungen an ein
informationserzeugendes System. Es muss Vergleichsmöglichkeiten und
Verknüpfungssperren geben, damit nicht mehr jedes Systemelement mit jedem
verbunden werden kann. Sind diese Voraussetzungen nicht erfüllt, stehen keine
oder nur geringe Kapazitäten zur Informationsverarbeitung zur Verfügung und
damit auch keine ausreichenden Toleranzschwellen, um mit Irritationen umgehen zu
können. Die Aufmerksamkeit wird fixiert und Redundanz erzeugt.</span></div>
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">
</span><br />
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Die zweite Stufe ist die
eigentliche Theorie der Information. Hier wurde ein erster Wiedereintritt der
Form in die Form vollzogen. Formen wurden kontingent gesetzt und erst dadurch
als Unterschiede, die im Rahmen einer Unterscheidung Unterschiede machen
beobachtbar. Der Wiedereintritt der Form in die Form ist ein erster Schritt zu
höherer Komplexität und Stabilität. Die in diesem Moment zu treffende
Unterscheidung wird die weitere Operationsweise des Systems bestimmen. Aber
selbst wenn die Unterscheidung einer Unterscheidung gelingt, stellt sich die
Paradoxie der Form erneut, denn der Weg aus der Form führt immer zurück in die
Form. Ihrer basalen Funktionsweise kann man nicht entkommen, man kann nur die Unterscheidung
wechseln. Mit Hilfe der Unterscheidungen Bezeichnung/Beschreibung, Kondensieren/Konfirmieren und Generalisierung/Spezifizierung lässt sich nachvollziehen,
wie der Aufbau von systeminterner Komplexität durch die Verknüpfung von Unterscheidungen gelingt und zugleich die
Irritationsfähigkeit des Systems dadurch beeinflusst wird. Die Unterscheidung
von Differenzierung und Integration (vgl. Csikszentmihaly 2010, S. 63ff.) <span style="mso-spacerun: yes;"> </span>gehört ebenfalls dazu. Sie muss allerdings
evolutionstheoretisch operationalisiert werden über Variation, Selektion und
Restabilisierung.</span></div>
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">
</span><br />
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Die dritte Stufe ist schließlich
die Theorie des Sinns. Diese entsteht durch einen 2. Wiedereintritt der Form in
die Form. Informationen werden kontingent gesetzt und dadurch als wiederholte
Informationen bzw. Sinn erkennbar. Sinn wurde dann sachlich, zeitlich und
sozial entfaltet. Die mit Hilfe der Informationstheorie gewonnenen Beobachtungsergebnisse
müssen anhand der Fragen analysiert werden, wie beobachtende Systeme die
Aufmerksamkeit fokussieren und leiten, welcher Sinn durch die angesetzten
Unterscheidungen entsteht und wie es schließlich gelingt ein Gedächtnis
aufzubauen. Auf diese Weise lässt sich schließlich der Aufbau extrem hoher
Komplexität aus der einfachen dreiwertigen Form beschreiben und sie lässt sich
auch wieder auf die Form zurückführen. Der Schlüssel dafür ist eine einfache
Inferenzmethode mit dessen Hilfe von bekannten Bezeichnungen auf unbekannte Unterscheidungen
geschlossen werden kann. Ziel einer soziologischen Analyse kann es zunächst nur
sein den Letztkontext zu finden in dem Informationen einen Sinn ergeben. Zugleich
kann geprüft werden, ob ein <i style="mso-bidi-font-style: normal;">double bind</i>
– also eine Art Kurzschluss – im Netzwerk vorliegt. Die Eigenschaften und die Funktionsweise
der dreiwertigen Form bleiben aber der theoretische Hintergrund bzw. Kontext in
dem die gewonnen Informationen einen soziologischen Sinn ergeben.</span></div>
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">
</span><br />
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Das Inferenzverfahren ist im
Grunde nichts weiter ist als der Versuch systeminterne Leerstellen auszufüllen.
Es handelt sich damit nicht nur um eine Methode, um Beschreibungen bzw.
Semantiken zu entschlüsseln, sondern zugleich um eine Reflexionsmethode das eigene
Beobachtungssystem durch <i style="mso-bidi-font-style: normal;">autologisches
Lernen</i> zu optimieren. Hier wird der Lern- bzw. Erziehungsbegriff von
Luhmann zugrunde gelegt. Nach Luhmann erfordert Erziehung, „ daß man zunächst
lernt, was man <i style="mso-bidi-font-style: normal;">nicht</i> weiß, und sieht,
was man <i style="mso-bidi-font-style: normal;">nicht</i> sieht, und dann dazu
ansetzt, die Lücke zu füllen“ (2002, S. 53; Hervorhebung im Original). Vereinfacht
ausgedrückt, bedeutet Lernen nichts anderes als die eigenen blinden Flecke zu
finden. Die soziologische Informationstheorie macht daraus eine Methode – möglicherweise
auch ein Spiel – in und mit der Form. Wie sich gezeigt hat, unterliegt auch der
vorgestellte Beobachtungsapparat dem Gesetz der Form, denn auch in ihm tritt
das Problem der Selbstreferenz auf. Was in der Theorie so einfach klingt,
gestaltet sich in der Praxis jedoch immer wieder als äußerst schwierig - spätestens
wenn es um die Selbstreflexion geht.</span></div>
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">
</span><br />
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Warum dieser Übergang so
beunruhigend und schwierig ist, hatte bereits Durkheim am Beispiel der
Unterscheidung von Heiligem und Profanem erkannt. Diese Erkenntnis lässt sich
informationstheoretisch für jeden Fall der Anwendung einer Form auf sich selbst
hinsichtlich der psychischen Wirkungen verallgemeinern: „Wenn […] eine rein
hierarchische Unterscheidung sowohl zu allgemein wie zu ungenau ist, dann bleibt
nur mehr ihre Andersartigkeit übrig, um den Unterschied […] zu definieren. Die
Andersartigkeit genügt aber, um die Klassifizierung der Dinge erschöpfend zu
charakterisieren.“ (Durkheim 1981, S. 64) Die Einsicht in die eigene
Nicht-Notwendigkeit bzw. der eigenen Kontingenz, ist die Voraussetzung um über
sich selbst hinauszugehen und auch wieder zu sich selbst zurück zu finden. Das
gilt dann nicht nur für psychische Systeme, sondern auch für soziale. Erst wenn
man diese Hemmschwelle überwunden hat, bekommt man eine Vorstellung davon, was
Spencer-Brown gemeint haben könnte, wenn er mit dem Formkalkül die Hoffnung
verband, dass das Oszillieren zwischen psychischer Innenwelt und physischer
Außenwelt zu einer immer weiteren Annährung an die gemeinsame Grenze zwischen
beiden führen könnte (vgl. 1997, S. XXXI). Wobei es aber immer bei der
Annährung bleiben wird, ohne diese Grenze jemals zu erreichen oder gar zu
überschreiten.</span></div>
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">
</span><br />
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Systemtheoretisch betrachtet ist
mit dieser Annährung der Prozess der Differenzierung gemeint. Diese Annährung
gelingt aber nur, wenn man die Aufmerksamkeit auf das richtet, was Latour aus
einer theoretischen Verlegenheit heraus das „Reich der Mitte“ (2008, S. 104)
nannte, welches bereits durch Luhmann einer wesentlich präziseren Bestimmung zugeführt
wurde und die Bezeichnung „soziale Systeme“ erhalten hat (vgl. 1984). Das
wiederum heißt den Gorgonen direkt in die Augen zu schauen. Gesellschaft ist
Kommunikation. Kommunikation heißt Beobachten im Informationsmedium der Form –
und sie ist damit paradox konstituiert. Ist man sich dieses Problems bewusst,
kann sich auch eine soziologische Analyse nicht damit begnügen lediglich
Sthenographie zu betreiben. Diese Methode kann nur mehr oder weniger gute
Problembeschreibungen liefern. Davon ausgehend kann man dann zur Euryalistik
übergehen.</span></div>
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">
</span><br />
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">In einem <a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2012/10/die-offentlichkeit-der-gesellschaft-das.html">früheren
Beitrag</a> wurde mit Blick auf das gegenwärtige Verständnis von Öffentlichkeit
mehr <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Aufmerksamkeit für Aufmerksamkeitsfokussierung</i>
angemahnt. Diese Mahnung lässt sich auch an die Soziologie richten.
Inzwischen kann ein gewisser Mangel an Reflexion der eigenen Beobachtungsformen
nicht mehr ignoriert werden. Das gilt vor allem für die Teile der Soziologie,
die einer modischen - aber keinesfalls modernen - Theorie <a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/04/die-beobachtung-der-beobachtung.html#fn016" id="anker016">[16]</a> anheimgefallen sind,
die ernsthaft davon ausgeht, man könnte kontextfrei beobachten (vgl. Latour
2010, S. 289ff.). Mit der hier vorgestellten soziologischen Informationstheorie
lässt sich sowohl das eigene Unterscheidungsarrangement als auch das der Umwelt
reflektieren und damit das Erfordernis einer stärkeren Fokussierung der
Aufmerksamkeit auf die Aufmerksamkeitsfokussierung <span style="mso-spacerun: yes;"></span>methodisch umsetzen. Dazu muss man aber
akzeptieren, dass die eigenen Bezeichnungen nicht mehr oder weniger Wahrheit oder
Realität besitzen als die Bezeichnungen der Umwelt. Beobachten ist ein
empirischer Fakt. Soziale und psychische Systeme tun das. Somit kann es nicht bloß
um die Feststellung gehen, <i style="mso-bidi-font-style: normal;">dass</i>
beobachtet wird. Das kann lediglich der Ausgangspunkt sein, um festzustellen, <i style="mso-bidi-font-style: normal;">wie</i> beobachtet wird. Die Feststellung,
dass beobachtet wird, ebnet alle Unterschiede ein. Erst die Klärung wie beobachtet
wird, macht soziale und damit auch soziologisch relevante Unterschiede sichtbar. </span><br />
<br />
<br />
<br /></div>
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">
<a class="twitter-share-button" count="" data-lang="de" data-url="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/04/die-beobachtung-der-beobachtung.html" data-via="GorgonObserver" href="https://twitter.com/share">Twittern</a>
<script>!function(d,s,id){var js,fjs=d.getElementsByTagName(s)[0],p=/^http:/.test(d.location)?'http':'https';if(!d.getElementById(id)){js=d.createElement(s);js.id=id;js.src=p+'://platform.twitter.com/widgets.js';fjs.parentNode.insertBefore(js,fjs);}}(document, 'script', 'twitter-wjs');</script>
</span><br />
<br />
<br />
<br />
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/04/die-beobachtung-der-beobachtung.html#anker001" id="fn001">[1]</a> Einer der wenigen außerhalb
eines systemtheoretischen Theorierahmens, der auf dieses Problem aufmerksam
geworden ist, ist Hartmut Rosa. Wie gelungen sein Versuch der
Paradoxieentfaltung (vgl. Rosa 2012) ausgefallen ist, kann an dieser Stelle
nicht beurteilt werden. Es sei aber darauf hingewiesen, dass die Vorstudie zur
Beschleunigung (vgl. Rosa 2005) sich ausschließlich in Sthenographie erging und
ihren Abschluss in Tautologien wie „Verzeitlichung der Zeit“ oder
Paradoxien<span style="mso-spacerun: yes;"> </span>wie „rasender Stillstand“
gefunden hat. Für das Thema Entfremdung wird man nicht darum herumkommen sich
in letzter Konsequenz auf die hier zu entfaltende Beobachtungstheorie
einzulassen. Aus einer konstruktivistischen Perspektive, wie sie hier vertreten
wird, stellt sich das Problem der Entfremdung als Frage nach der Form, wie das
Selbst und die Umwelt durch das System beobachtet wird, dar. Die jeweilige Form
der Beobachtung ist die Beziehung zur Welt. Siehe für einen ersten Versuch, das
Thema Entfremdung aus einer systemtheoretischen Perspektive zu behandeln, den
Text <a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/01/voruberlegungen-zu-einer.html">„Vorüberlegungen
zu einer systemtheoretischen Image-Theorie am Beispiel des Amokläufers“</a>.
Der dort angedeutet Zusammenhang zwischen positiver und negativer Rückkopplung
des Image durch Kommunikation und der Aufmerksamkeitsfokussierung und -distraktion
lässt sich erst durch die Beobachtungstheorie näher klären.</span></div>
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">
</span><br />
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/04/die-beobachtung-der-beobachtung.html#anker002" id="fn002">[2]</a> Es sei darauf hingewiesen, dass
mit dem obigen Beispiel kein konkreter Ansatz gemeint ist, sondern lediglich
das Problem der Kontingenzbeobachtung vorgeführt werden sollte. Es besteht
allerdings eine nicht unbeträchtliche Gefahr für jeden Ansatz, der noch auf
einer normativen/kritischen Grundlage aufbaut, die zu
vertretenden Werte absolut zu setzen und ins dogmatische abzugleiten. Zugleich
ist nochmal zu betonen, dass es nicht um einen Gegensatz zwischen System und
Handlung geht, sondern um Handlung im System (vgl. Luhmann 2005b, 58ff.). Es soll
also keine Gegnerschaft reproduziert werden. Vielmehr geht es um eine
gesteigerte Reflexivität für das eigene Theoriedesign. Auch die Systemtheorie
kennt Handlungen. Sie bekommen nur durch die Berücksichtigung der dreifachen
Kontingenz jeder Handlung eine andere theoretische Relevanz als in anderen
Handlungstheorien. Was dann auch andere Beobachtungsergebnisse hervorbringen
kann.</span><br />
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Die neuste Lösung des
Kontingenzproblems besteht darin statt auf Werte auf normativ/ideologisch
unverdächtige Begriffe wie "Netzwerk" zurückzugreifen, wie er z. B. von Bruno
Latour vorgeschlagen wurde (vgl. 2010). Das entlastet zwar davon mit
Wertehierarchien zu arbeiten, die eine Priorisierung – und damit Entscheidungen
– verlangen. Der Preis ist jedoch, dass der Handlungsbegriff von jeglicher
Selektivität gereinigt wird und damit auch von Kontingenz. Der daraus
resultierende Handlungsbegriff lässt sich dann zwar auch auf Objekte anwenden.
Ob die daraus resultierende flache Theoriekonstruktion aber ein Vorteil ist,
darf bezweifelt werden. Die kontextfreie Entfaltung von Kontroversen – also von
Kontingenz – in Form von Berichten bringt lediglich naive und unkritische
Ergebnisse hervor. Die wissenschaftliche Leistung der ANT beschränkt sich
zumeist darauf die Faktizität der Realität festzustellen, ohne auch nur ein <i style="mso-bidi-font-style: normal;">soziales</i> Ordnungsprinzip angeben zu
können, warum die soziale Ordnung so realisiert wurde, wie sie realisiert
wurde. Es wird lediglich das Offensichtliche bestätigt, nämlich dass
verschiedene Beobachter gleiche Sachverhalte verschieden beobachten. Das ist
jedoch nur eine viel elaboriertere Methode der Konstruktion des soziologischen
Bezugsproblems, welches hier unter der Formel der Handlungskoordination bei
divergentem Erleben behandelt wird. Damit ist die Arbeit aber noch längst nicht
getan, sondern sie fängt an dieser Stelle erst richtig an. Deswegen scheint es
fast so, als könnte sich die ANT nicht entscheiden, ob sie Soziologie betreiben
will. Sie steht noch auf der Schwelle und ist sich unsicher, ob sie eintreten
will oder nicht. Stattdessen wird, wenn auch äußerst raffiniert, eine wieder
ins Materialistische gewendete Vorstellung der Umweltdeterminierung eines
Systems eingeführt. Wie das geschieht, siehe Abschnitt II.</span><br />
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">So darf auch von den politischen
Anregungen der ANT nicht mehr als blinder Aktionismus erwartet werden. Gerade
der Versuch Normativität zu vermeiden, führt dazu, dass sie in ihrer
außerwissenschaftlichen Wirkung umso normativer bzw. politischer werden muss.
In diesem Fall wird aber nicht lediglich Normativität vermieden, sondern durch
fehlende Reflektion Kontingenz im Allgemeinen. Dass die Selbstreflektion
vermieden wird, zeigt sich unter anderem an der Karikatur einer Soziologie des
Sozialen, die Latour zeichnen muss, um davon ausgehend die eigenen
Theorieentscheidungen zu begründen. Kennt man die von Latour kritisierten
Theorieentscheidungen, sieht man sofort, dass seine Theorieentscheidungen kaum
auf eine intensive Auseinandersetzung mit den zugrunde liegenden Problemen zurückgehen
können. Deshalb wird ein direkter Vergleich lieber gemieden. Das funktioniert
indem man absurde Zerrbilder seiner Gegner zeichnet, die scheinbar keiner
weiteren Aufmerksamkeit würdig sind.</span></div>
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">
</span><br />
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/04/die-beobachtung-der-beobachtung.html#anker003" id="fn003">[3]</a> Siehe für ausgewählte
Literatur zum Thema beobachtende Beobachter Fußnote 10 in Luhmann 1995, S. 98.</span></div>
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">
</span><br />
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/04/die-beobachtung-der-beobachtung.html#anker004" id="fn004">[4]</a> Wenn Ethnologen beim
Stichwort Übergang aufhorchen, dann zu recht. Neben Chaos, Entropie und
Unsicherheit hätte man hier auch Victor Turners Begriff der Liminalität (vgl.
2005) nennen können. Speziell die Übergangsriten in Stammesgesellschaften mit
einer ausgeprägten liminalen Phase können als frühe Form betrachtet werden das
Paradox der Selbigkeit des Verschiedenen zu entfalten.</span></div>
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">
</span><br />
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/04/die-beobachtung-der-beobachtung.html#anker005" id="fn005">[5]</a> Siehe zur Biographie von
Spencer-Brown und den Gesetzen der Form (1997) auch <a href="http://catjects.wordpress.com/2013/04/02/george-spencer-brown-wird-90/">Dirk
Baeckers Blog-Post anlässlich des 90. Geburtstags von Spencer-Brown</a> am
02.04.2013.</span></div>
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">
</span><br />
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/04/die-beobachtung-der-beobachtung.html#anker006" id="fn006">[6]</a> Auch Latours Aufforderung den
Akteuren zu folgen (vgl. Latour 2010), müsste an dieser Stelle angesiedelt
werden. Wobei die Betonung auf der Aufforderung zum Folgen liegt. Wie sich
Latours Akteur-Netzwerke aus systemtheoretischer Sicht darstellen, folgt an einer
späteren Stelle. </span></div>
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">
</span><br />
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/04/die-beobachtung-der-beobachtung.html#anker007" id="fn007">[7]</a> Bei diesem Übergang handelt
es sich um einen mitbewussten Übergang im Sinne von James (vgl. 2006a, S. 32).</span></div>
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">
</span><br />
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/04/die-beobachtung-der-beobachtung.html#anker008" id="fn008">[8]</a> Spencer-Browns 2. Axiom – das
Gesetz des Kreuzens (vgl. Spencer-Brown 1997, S. 2) – wird damit lediglich als
ein Fall des 1. Axioms – das Gesetz des Nennens – interpretiert. Es ist damit
selbst redundant und kann herausgekürzt werden. (Nachtrag: Es muss betont werden, dass sich diese Aussage nur auf das Beobachten mit Bezeichnungen, Spencer-Brown spricht von einfachen Ausdrücken, bezieht. Sobald es um die Entstehung von zusammengesetzten bzw. komplexen Ausdrücken ist es nicht mehr redundant, sondern dann kommt seine fundamentale Bedeutung für die Evolution der Beobachtung zum Tragen. Siehe dazu</span><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"> </span>„<a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2016/05/die-regeln-der-form.html">Die Regeln der Form</a>“. R. W. 12.06.2016)</span><br />
<div class="MsoNormal">
<o:p></o:p></div>
</div>
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">
</span><br />
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/04/die-beobachtung-der-beobachtung.html#anker009" id="fn009">[9]</a> Das, was James als
verbindende Beziehung beschrieb (vgl. 2006a, S. 30ff.), wird hier als
Unterscheidung interpretiert. </span></div>
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">
</span><br />
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/04/die-beobachtung-der-beobachtung.html#anker010" id="fn010">[10]</a> Latours Kritik, dass es
keinen Rahmen oder Kontext über oder hinter
der Interaktion gibt, welcher die Interaktion wie eine unsichtbare Hand steuert
(vgl. Latour 2010, S. 289ff.), trifft zwar zu, muss aber vor der Notwendigkeit
gelesen werden, dass psychisches Erleben für die Teilnahme an Kommunikation in
eine zeitliche Reihenfolge gebracht, also sequenziert, werden muss. Weil Rahmen
und Kontext nur andere Bezeichnungen für die weder zeitlich noch räumlich
lokalisierbare Beziehung sind, kann man diesen Rahmen nicht in der materiellen
Umwelt von sozialen Systemen und
Menschen finden. Vielmehr handelt es sich dabei um den psychischen Hintergrund
vor dem Kommunikationspartner für sich erschließen können, wie eine bestimmte
Situation zu deuten ist. Dieser kann aber, soviel sollte inzwischen schon klar
geworden sein, unterschieden und bezeichnet werden. Hier geht es also nicht um
ein handlungstheoretisches sondern ein epistemologisches Problem. Insofern geht
Latours Kritik fehl, da sie auf einer handlungstheoretischen Ebene formuliert
ist. Auch der aus der Semiologie entlehnte Aktanten-Begriff ändert an diesem
Umstand nichts. Zudem muss man feststellen das Latour die Rahmen-Metapher im
Sinne eines Bilderrahmens in naiver Weise wörtlich nimmt, wodurch es noch
schwieriger wird, dass zugrunde liegende Problem zu erkennen. Mithin kann auch
das als ein Versuch gelesen werden Medusa zu köpfen. </span></div>
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">
</span><br />
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/04/die-beobachtung-der-beobachtung.html#anker011" id="fn011">[11]</a> Die informationstheoretische
Fassung von Paradoxien und Tautologien als Probleme von zu viel oder zu wenig
Informationen bietet Anknüpfungspunkte um durch den beobachtbaren Gebrauch von
Unterscheidungen psychischen Stress zu operationalisieren. Siehe dazu Simon
1999, S. 136ff.</span></div>
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">
</span><br />
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/04/die-beobachtung-der-beobachtung.html#anker012" id="fn012">[12]</a> Möchte man dem
Netzwerk-Begriff eine präzise systemtheoretische Bestimmung geben, so ist dies
nur im Rahmen der Informationstheorie möglich. Luhmann spricht ebenfalls nur in
diesem theoretischen Zusammenhang von rekursiver Vernetzung oder von rekursiven
Netzwerken (vgl. 1992, S. 83). Zugleich liefert diese Beschreibung eine
Vorstellung vom gemeinsamen Fokus der Aufmerksamkeit zu Konkurrenzunternehmen
wie der ANT, die dasselbe Phänomen mit dem Begriff des Akteur-Netzwerks belegt
(vgl. Latour 2010, S. 228ff.). Die ANT arbeitet sich an der Paradoxie ab, dass
sie nicht davon ausgeht, dass den beobachteten Sachverhalten ein
Netzwerkcharakter innewohnt und die Netzwerk-Metapher deswegen lediglich als
ein Leitkonzept zum Verfassen von Berichten versteht. Entsprechend muss sie ihr
Verständnis von Assoziationen über materielle Gegenstände operationalisieren, um
der Netzwerk-Metapher ihre Plausibilität zu verleihen. Erkennt man aber die
Realität der Unterscheidung an und betrachtet die Unterscheidung als eine weder
räumlich noch zeitlich fixierbare Beziehung, die sich als dreiwertige Form
darstellen lässt, dann ergibt ihre Entfaltung tatsächlich eine Art von
Netzwerk. Dieses lässt sich aber nicht einfach, wie eine Karte flach
ausbreiten. Um ein reibungsloses Gleiten in der Form zu ermöglichen, muss das
rekursive Netzwerk von Unterscheidungen in sich selbst zurückgefaltet werden, um
sowohl genügend Redundanz als auch genügend Varietät zur Verfügung zu stellen –
vereinfacht gesagt, um genügend Bewegungsfreiheit bzw. Informationsfreiheit
beim Gleiten zu haben. Spencer-Browns Notation stellt einen Versuch dar, dieses
Netzwerk darzustellen. Inwieweit die Notation auch für soziologische
Beobachtungen angewendet werden kann, kann an diese Stelle nicht geklärt
werden. Mithin wird aus dieser
informationstheoretischen Perspektive auch sichtbar, wieso es Latour nicht
gelingt diesen Sachverhalt weiter zu präzisieren. Ihm stehen zum einen nicht
die begrifflichen Mittel zur Verfügung, um auf dieser kommunikationstheoretischen
oder semiologischen Ebene anzusetzen. Zum anderen verleitet ihn seine Methode,
über Metaphern Theoriebildung zu betreiben, dazu alle kommunikations- und
sprachwissenschaftlich akzeptierten Allgemeinplätze über Bord zu werfen. Das führt
letztlich dazu, dass er versucht Grenzen zu überschreiten, die nicht
überschritten werden können.</span></div>
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">
</span><br />
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/04/die-beobachtung-der-beobachtung.html#anker013" id="fn013">[13]</a> Durkheim (vgl. 1981) und mit
ihm Collins (vgl. 2005) würden an dieser Stelle von Efferveszenz sprechen.
Ebenso muss Goffmans <i style="mso-bidi-font-style: normal;">action</i> (vgl.
1986) in diesem Kontext gelesen werden.</span></div>
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">
</span><br />
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/04/die-beobachtung-der-beobachtung.html#anker014" id="fn014">[14]</a> Der erste Fall trat beim
Übergang von der Form zur Information auf. Siehe Abschnitt VII. Die Form der
Form wurde auf sich selbst angewendet und als Information entfaltet. Nun wird
die Form der Information auf sich selbst angewendet und als Sinn entfaltet.</span></div>
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">
</span><br />
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/04/die-beobachtung-der-beobachtung.html#anker015" id="fn015">[15]</a> Auch an dieser Problemstelle
macht es sich die ANT zu einfach, wenn sie von Plug-Ins spricht (vgl. Latour
2010, S. 352 – 368). Bei diesen Plug-Ins handelt es sich um das, was hier als
Unterscheidungen beschrieben wurde. Die Plug-In-Metapher suggeriert, dass man
sich einfach mal ein paar Plug-Ins aus der Umwelt runterladen kann und schon
hätte man lokale Handlungskompetenz. Schon der Vorgang des Runterladens stellt
sich praktisch wesentlich schwieriger dar, denn es handelt sich dabei um Lern-
und Anpassungsprozesse von operativ geschlossenen Systemen. Die
Plug-In-Metapher suggeriert dann auch dass eine ebenso schnelle Deinstallation von
nutzlos gewordenen Plug-Ins möglich sei. Bei kurzweiligen Moden mag dies noch
zutreffen. Sobald es sich aber um über Jahre oder Jahrzehnte eingeübte
Beobachtungsgewohnheiten handelt, gestaltet sich der Prozess des Vergessens weitaus
schwieriger als das Lernen. Wäre es so einfach, wie Latour es mit der Plug-In-Metapher
darstellt, wären alle Psychologen, Psychiater und Psychotherapeuten sofort
arbeitslos. So bleibt denn auch völlig unklar, wie sich mit der ANT Lernprozesse konzeptualisieren lassen. Gerade wenn man sich ausmalt,
welche sozialpsychologischen Implikationen die ANT hat, wird die geradezu
bestürzende Naivität deutlich.</span></div>
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">
</span><br />
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/04/die-beobachtung-der-beobachtung.html#anker016" id="fn016">[16]</a> Siehe zur Nicht-Modernität
der ANT Fußnote 7 im Text <a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.de/2013/03/doppelte-kontingenz-und-die.html">„Doppelte
Kontingenz und die Schematismen der Interaktion“</a>.</span></div>
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">
</span><br />
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<br /></div>
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">
</span><br />
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<br /></div>
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">
</span><br />
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><b style="mso-bidi-font-weight: normal;">Literatur</b><i style="mso-bidi-font-style: normal;"> </i></span><br />
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><i style="mso-bidi-font-style: normal;">Bateson, Gregory </i>(1982): Geist und Natur. Eine notwendige Einheit.
Frankfurt am Main<i style="mso-bidi-font-style: normal;"> </i></span><br />
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><i style="mso-bidi-font-style: normal;">Bateson, Gregory</i> (1985): Double bind, 1969. In: ders: Ökologie des
Geistes. Anthropologische, psychologische, biologische und epistemologische
Perspektiven. Frankfurt am Main. S. 353 – 361<i style="mso-bidi-font-style: normal;"><span lang="EN-US" style="mso-ansi-language: EN-US;"> </span></i></span><br />
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><i style="mso-bidi-font-style: normal;"><span lang="EN-US" style="mso-ansi-language: EN-US;">Collins, Randall</span></i><span lang="EN-US" style="mso-ansi-language: EN-US;"> (2005): Interaction Ritual Chains. </span>Princeton<i style="mso-bidi-font-style: normal;"> </i></span><br />
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><i style="mso-bidi-font-style: normal;">Csikszentmihaly, Mihaly</i> (2010): Flow. Das Geheimnis des Glücks.
Stuttgart 15. Auflage<i style="mso-bidi-font-style: normal;"> </i></span><br />
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><i style="mso-bidi-font-style: normal;">Durkheim, Emile</i> (1981): Die elementaren Formen des religiösen
Lebens. Frankfurt am Main<i style="mso-bidi-font-style: normal;"> </i></span><br />
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><i style="mso-bidi-font-style: normal;">Goffman, Erving</i> (1986): Wo was los ist – wo es <i style="mso-bidi-font-style: normal;">action</i> gibt, in ders: Interaktionsrituale. Über Verhalten in
direkter Kommunikation. Frankfurt am Main. S. 164 – 292<i style="mso-bidi-font-style: normal;"> </i></span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><i style="mso-bidi-font-style: normal;">James, William</i> (2006a): Eine Welt der reinen Erfahrung. In: ders:
Pragmatismus und radikaler Empirismus. Frankfurt am Main. S. 28 – 57<i style="mso-bidi-font-style: normal;"> </i></span><br />
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><i style="mso-bidi-font-style: normal;">James, William</i> (2006b): Wie sich zwei Geister eines Dinges bewußt
sein können. In: ders: Pragmatismus und radikaler Empirismus. Frankfurt am
Main. S. 77 – 84<i style="mso-bidi-font-style: normal;"> </i></span><br />
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><i style="mso-bidi-font-style: normal;">Latour, Bruno </i>(2008): Wir sind nie modern gewesen. Versuch einer
symmetrischen Anthropologie. Frankfurt am Main<i style="mso-bidi-font-style: normal;"> </i></span><br />
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><i style="mso-bidi-font-style: normal;">Latour, Bruno</i> (2010): Eine neue Soziologie für eine neue
Gesellschaft. Frankfurt am Main<i style="mso-bidi-font-style: normal;"> </i></span><br />
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><i style="mso-bidi-font-style: normal;">Luhmann, Niklas</i> (1984): Soziale Systeme. Grundriß einer allgemeinen
Theorie. Frankfurt am Main<i style="mso-bidi-font-style: normal;"> </i></span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><i style="mso-bidi-font-style: normal;">Luhmann, Niklas</i> (1987): Tautologie und Paradoxie in den
Selbstbeschreibungen der modernen Gesellschaft. In: Zeitschrift für Soziologie
Jg. 16 Heft 3, S. 161 - 174<i style="mso-bidi-font-style: normal;"> </i></span><br />
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><i style="mso-bidi-font-style: normal;">Luhmann, Niklas</i> (1991): Sthenographie und Euryalistik. In:
Gumbrecht, Hans Ulrich/Pfeiffer, K. Ludwig (Hrsg.): Paradoxien, Dissonanzen und
Sinnzusammenbrüche. Frankfurt am Main. S. 58 – 82<i style="mso-bidi-font-style: normal;"> </i></span><br />
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><i style="mso-bidi-font-style: normal;">Luhmann, Niklas</i> (1992): Die Wissenschaft der Gesellschaft.
Frankfurt am Main<i style="mso-bidi-font-style: normal;"> </i></span><br />
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><i style="mso-bidi-font-style: normal;">Luhmann, Niklas</i> (1993): Die Paradoxie der Form. In: ders: Aufsätze
und Reden. Stuttgart. S. 243 – 261<i style="mso-bidi-font-style: normal;"> </i></span><br />
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><i style="mso-bidi-font-style: normal;">Luhmann, Niklas</i> (1995): Die Kunst der Gesellschaft. Frankfurt am
Main<i style="mso-bidi-font-style: normal;"> </i></span><br />
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><i style="mso-bidi-font-style: normal;">Luhmann, Niklas</i> (1997): Die Gesellschaft der Gesellschaft.
Frankfurt am Main<i style="mso-bidi-font-style: normal;"> </i></span><br />
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><i style="mso-bidi-font-style: normal;">Luhmann, Niklas</i> (2002): Das Erziehungssystem der Gesellschaft.
Frankfurt am Main<i style="mso-bidi-font-style: normal;"> </i></span><br />
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><i style="mso-bidi-font-style: normal;">Luhmann, Niklas</i> (2005a): Über die Funktion von Negation in
sinnkonstituierenden Systemen. In: ders: Soziologische Aufklärung 3. Soziales
System, Gesellschaft, Organisation. Wiesbaden 4. Auflage. S. 41 – 57<i style="mso-bidi-font-style: normal;"> </i></span><br />
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><i style="mso-bidi-font-style: normal;">Luhmann, Niklas</i> (2005b): Handlungstheorie und Systemtheorie. In:
ders: Soziologische Aufklärung 3. Soziales System, Gesellschaft, Organisation.
Wiesbaden 4. Auflage. S. 58 - 76<i style="mso-bidi-font-style: normal;"> </i></span><br />
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><i style="mso-bidi-font-style: normal;">Luhmann, Niklas</i> (2005c): Haltlose Komplexität. In: ders: Soziologische
Aufklärung 5. Konstruktivistische Perspektiven. Wiesbaden 3. Auflage. S. 58 -
74<i style="mso-bidi-font-style: normal;"> </i></span><br />
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><i style="mso-bidi-font-style: normal;">Rosa, Hartmut</i> (2005): Beschleunigung. Die Veränderung der
Zeitstrukturen der Moderne. Frankfurt am Main<i style="mso-bidi-font-style: normal;"> </i></span><br />
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><i style="mso-bidi-font-style: normal;">Rosa, Hartmut</i> (2012): Weltbeziehungen im Zeitalter der Beschleunigung.
Umrisse einer neuen Gesellschaftskritik. Frankfurt am Main<i style="mso-bidi-font-style: normal;"> </i></span><br />
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><i style="mso-bidi-font-style: normal;">Serres, Michel</i> (1987): Der Parasit. Frankfurt am Main<i style="mso-bidi-font-style: normal;"> </i></span><br />
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><i style="mso-bidi-font-style: normal;">Simon, Fritz B.</i> (1999) Unterschiede, die Unterschiede machen.
Klinische Epistemologie: Grundlagen einer systemischen Psychiatrie und
Psychosomatik. Frankfurt am Main. 3. Auflage<i style="mso-bidi-font-style: normal;"><span lang="EN-US" style="font-size: 11pt;"> </span></i></span><br />
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif; font-size: small;"><i style="mso-bidi-font-style: normal;"><span lang="EN-US">Spencer-Brown, George</span></i><span lang="EN-US"> (1997): Laws Of Form. </span>Gesetze
der Form. Lübeck<i style="mso-bidi-font-style: normal;"> </i></span><br />
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif; font-size: small;"><i style="mso-bidi-font-style: normal;">Turner, Victor</i> (2005): Das Ritual. Struktur und Anti-Struktur.
Frankfurt am Main</span></div>
Beobachter der Modernehttp://www.blogger.com/profile/07362668989286039861noreply@blogger.com7tag:blogger.com,1999:blog-6126280343808346420.post-12978630674735550692013-03-10T18:50:00.000+01:002016-01-10T11:54:30.709+01:00Doppelte Kontingenz und die Schematismen der Interaktion<div style="text-align: justify;">
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<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Im <a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/02/das-unbehagen-der-systemtheorie.html">letzten Beitrag</a> wurden einige
Auswüchse der ersten und zweiten Generation neuerer soziologischer
Systemtheorien nach dem Tode Niklas Luhmanns kritisiert. Die aufgezeigten
Probleme beschränken sich aber nicht allein auf die neueren Systemtheorien
sondern scheinen vielmehr Symptome zu sein, von denen die deutsche Soziologie
als Gesamtdisziplin betroffen zu sein scheint. Das damit verbundene Unbehagen
artikuliert sich in letzter Zeit auch vermehrt im <a href="http://soziologie.de/blog/">Blog der Deutschen Gesellschaft für
Soziologie</a>. Trotz unterschiedlicher theoretischer Perspektiven kommen die
verschiedenen Autorinnen und Autoren zu ähnlichen Diagnosen hinsichtlich des Zustands der Disziplin. Ganz allgemein
formuliert, besteht das Problem darin, dass die Komplexität der modernen
Gesellschaft nach wie vor die etablierten Selbstbeschreibungssemantiken der Gesellschaft
vor scheinbar unüberwindbare Herausforderungen stellen. Bisher sticht in der
gesamtgesellschaftlichen als auch der soziologischen Wahrnehmung vorwiegend die
Krisenhaftigkeit der Moderne hervor. Die Frage ist allerdings, handelt es sich
tatsächlich um das Charakteristikum der modernen Gesellschaft oder nur um eine
Krise ihrer Selbstbeschreibungsformate? So wird zwar das Fehlen eines
gesellschaftsweit gültigen Narrativs beklagt, dass noch für alle Menschen eine
Orientierung bieten könnte und einige wissenschaftliche Beobachter haben die
Bemühungen um ein wissenschaftliches Beschreibungsangebot bereits aufgegeben –
Stichwort Postmoderne. Doch betonen nicht gerade die Klagen die Notwendigkeit
einer solchen modernen Beschreibung der modernen Gesellschaft? Der Versuch dies
zu leisten, gestaltet sich allerdings immer mehr wie die Quadratur des Kreises. Doch
möglicherweise besteht genau darin das Kunststück.</span><br />
<a name='more'></a><br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Einer der Wenigen, die es
trotzdem versucht haben, war Niklas Luhmann. Sein Angebot, die moderne
Gesellschaft als funktional differenziert zu beschreiben, wird auch hier
aufgegriffen um aktuelle soziale Probleme zu verstehen. Doch Luhmanns
Beschreibungsangebot birgt eine gravierende Gefahr. Man gerät in die Versuchung
mit der Beobachtung auf der begrifflichen Ebene der Gesellschaftstheorie zu
verbleiben ohne diese Beobachtungen an die Ebenen der Systembildung
Organisation und Interaktion anzubinden. Auf diese Weise kann man zwar noch
All-Aussagen treffen, die eine gesellschaftsweite Gültigkeit für sich beanspruchen
und somit entsprechend bedeutungsschwanger daher kommen. Ohne Anbindung an
Organisations- und Interaktionsphänomene bleiben diese Aussagen aber
bedeutungsleer, da diese Aussagen lediglich auf Paradoxien oder sogar
Tautologien zugespitzt werden können, die in dieser Form alles und nichts
besagen. Das kann entweder die Kreativität anregen oder zum Orientierungsverlust führen. Zur Zeit scheint eher Letzteres der Fall zu sein und so beschränkt man sich darauf auf Probleme zuzuspitzen. Luhmann bezeichnete diese Form des Umgangs mit Paradoxien
Gorgonenbetrachtung <span style="mso-bidi-font-family: Arial;">(vgl. Luhmann
1991, S. 58)</span>. Dabei handelt es sich bereits um eine Form mit moderner
Komplexität umzugehen, die aufgrund ihrer Kurzschlüssigkeit in gleichsam
mystischer Weise über alles und nichts informiert. Diese Formen der
Komplexitätsreduktion beachten jedoch einen wichtigen Umstand nicht, der in der
allgemeinen Systemtheorie bekannt ist und auch schon in den Gründungszeiten der
Soziologie von Gabriel Tarde gesehen wurde (vgl. 2009, S. 75f.),
nämlich dass Teile bzw. Subsysteme eines Systems komplexer sein können als das ganze
System. Will man also ein tieferes Verständnis der modernen Gesellschaft
entwickeln, ist man mehr oder weniger gezwungen aus diesem kurzschlüssigen
gesellschaftstheoretischen Zirkel auszubrechen und die Aufmerksamkeit auf
Organisationssysteme, Interaktionssysteme und die strukturell gekoppelten
Menschen zu lenken.</span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Die vorangegangen Untersuchungen
verfolgten einen top-down-Ansatz. Den Startpunkt bildete jedes Mal die
Gesellschaftsebene indem von der funktionalen Differenzierung der Gesellschaft
ausgegangen wurde um dann die <a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2012/09/politik-meets-big-bang-theory-oder.html">Piratenpartei</a>,
<a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2012/10/die-offentlichkeit-der-gesellschaft-das.html">Öffentlichkeit</a>,
<a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2012/11/kontingenz-kritik-und-das-internet-1.html">das
Internet</a>, <a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2012/12/kontingenz-kritik-und-das-internet-2.html">Trollen</a>
oder <a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/01/voruberlegungen-zu-einer.html">Amokläufe</a>
vor diesem Hintergrund interaktionstheoretisch zu analysieren. Dieses Mal wird
der umgekehrte Weg gegangen. Den Startpunkt bildet das Bezugsproblem von
Kommunikation in Form der Situation doppelter Kontingenz. Da Kommunikation die
Selbstreferenz der Gesellschaft bezeichnet, handelt es sich bei doppelter
Kontingenz zugleich auch um die Beschreibung des Bezugsproblems der
Gesellschaft. Zweck dieses bottom-up-Ansatzes ist es die systemtheorieinterne
Verbindung zwischen Mikroebene (Interaktion) und Makroebene (Gesellschaft) zu beleuchten.
Damit wird dem Problem Rechnung getragen, dass die drei Ebenen der
Systembildung sich zwar analytisch trennen lassen aber empirisch immer
zusammenfallen. Kommunikation differenziert sich in einzelne
Interaktionssysteme, die Interaktionssysteme differenzieren sich in einzelne
Organisationen und die Organisationen differenzieren sich in verschiedene
Funktionssysteme. Dass die Verbindung geklärt werden muss zeigt sich z. B. an
systemtheorieinternen Debatten wie der Frage, ob Organisationen der
Selbstreferenz eines Funktionssystems zugerechnet werden können oder ob sie
mehreren Funktionssystemen zugerechnet werden müssen? Es kann aber nicht darum
gehen die Ansätze top-down und bottom-up gegeneinander auszuspielen. Vielmehr
ist es das Ziel ein besseres Verständnis der zirkulären
Rückkopplungsverhältnisse zwischen den Systemebenen Interaktion, Organisation
und Gesellschaft zu entwickeln. Gleichwohl wird hier dafür plädiert als
methodischen Ausgangspunkt die Systemebene Interaktion zu wählen.</span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Im Folgenden wird es darum gehen
zu zeigen, dass sich dieses Verständnis auch in der soziologischen
Systemtheorie Luhmanns finden lässt. Dazu wird zunächst noch einmal die
Situation der doppelten Kontingenz dargestellt <a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/03/doppelte-kontingenz-und-die.html#kap001" id="anker011">(I.)</a>. Im Anschluss daran, werden
einige methodologische Anmerkungen dazu gemacht <a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/03/doppelte-kontingenz-und-die.html#kap002" id="anker012">(II.)</a>. Danach wird die Funktion
der Schematismen der Interaktion im Rahmen der Systemtheorie dargestellt, zu
denen auch wieder einige methodologische Anmerkungen folgen <a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/03/doppelte-kontingenz-und-die.html#kap003" id="anker013">(III.)</a>. Ziel ist es
zu begründen, warum hier eine radikal mikrosoziologische Lesart der
Systemtheorie Luhmanns verfolgt wird, die gerade auch für das Verständnis
vieler Probleme der modernen Gesellschaft fruchtbar sein könnte <a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/03/doppelte-kontingenz-und-die.html#kap004" id="anker014">(IV.)</a>. Mikro-
und Makrosoziologie sind nicht zwei Ansätze, die sich gegenseitig ausschließen,
sondern zwei Seiten einer Medaille die methodisch zusammen gehören. Dabei
handelt es sich nicht um einen grundsätzlich neuen Ansatz in der Soziologie. Der
Zusammenhang wird aber im Rahmen jedes Theorieangebots anders konstruiert.
Gerade für die Systemtheorie Luhmanns scheint dieser Zusammenhang noch nicht
hinreichend geklärt zu sein.<b style="mso-bidi-font-weight: normal;"> </b></span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: center;">
<div>
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/03/doppelte-kontingenz-und-die.html#anker011" id="kap001">I.</a></span><br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><br /></span></div>
</div>
<div style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">
</span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Doppelte Kontingenz bezeichnet
eine Situation sinnhafter Unbestimmtheit in der zwei Menschen das
erste Mal sich gegenseitig wahrnehmend aufeinander treffen.<span style="mso-spacerun: yes;"> </span>Es handelt sich dabei um den hypothetischen
Ausgangspunkt soziokultureller Evolution, den es historisch vermutlich niemals
gegeben hat. Das Problem in dieser Situation ist zum einen, dass die sich
begegnenden Menschen für ihre psychischen Vorgänge wechselseitig intransparent
sind (vgl. Luhmann 1984, S. 156) und zum Anderen, dass keine sinnhafte
Bestimmung der Situation möglich wäre, wenn die Anwesenden ihr Handeln
wechselseitig vom Handeln ihres Gegenübers abhängig machen (vgl. Luhmann 1984,
S. 149ff.). Mit anderen Worten, wenn beide Anwesende darauf warten, was der
jeweils andere als Erstes tun wird, kommt es zu keiner sinnhaften Bestimmung
der Situation. Um in dieser Situation eine erste sinnhafte Bestimmung vornehmen
zu können <a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/03/doppelte-kontingenz-und-die.html#fn001" id="anker001">[1]</a>, ist kein wie auch immer geartetes Vor-Verständigt-Sein der
Anwesenden notwendig. Vielmehr wirken Zufälle in dieser Situation
autokatalytisch um Ordnungsbildung in Gang zu bringen. So kann im Prinzip jede
beobachtbare Handlung von einem der beiden Anwesenden den Anlass für die
Bildung eines sozialen Systems geben. Warum spricht man aber von doppelter
Kontingenz?</span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Von Kontingenz spricht man immer
dann, wenn funktionale Äquivalente zur Verfügung stehen um ein bestimmtes
Problem zu lösen. Die Tatsache, dass es mehrere Möglichkeiten gibt um das
Problem zu lösen, macht es möglich die gewählte Lösung als kontingent zu
beobachten. Es hat keine Notwendigkeit bestanden die gewählte Lösung zu nehmen.
Man hätte auch eine andere Lösung wählen können (vgl. Luhmann 1984, S. 152).
Betrachtet man die Begegnung von zwei Menschen zunächst aus der Perspektive
einer Person, so besteht ein offener Horizont von Handlungsmöglichkeiten
aus dem im Prinzip jede gewählt werden könnte um für beide Anwesende eine erste
sinnhafte Bestimmung vor zu nehmen. Im Hinblick auf eine Person handelt es sich
aber nur um <i style="mso-bidi-font-style: normal;">einfache</i> Kontingenz. Von <i style="mso-bidi-font-style: normal;">doppelter</i> Kontingenz wird gesprochen,
weil die Möglichkeitshorizonte beider Anwesender berücksichtigt werden (vgl.
Luhmann 1984, S. 154). Auf diese Weise entsteht ein <i style="mso-bidi-font-style: normal;">unüberschaubarer Verweisungsüberschuss an Handlungsmöglichkeiten</i>.
Dieser Verweisungsüberschuss wird als <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Komplexität</i>
bezeichnet. Aus diesem Möglichkeitshorizont können aber nicht mehrere
Alternativen zugleich realisiert werden sondern immer nur eine zu einem
bestimmten Zeitpunkt. Man ist also zur Aktion gezwungen um diesen
Verweisungsüberschuss zu verkleinern bzw. Komplexität zu reduzieren (Vgl.
Luhmann 1984,S. 162). Was immer das erste soziale Ereignis war, es kann zum
Anlass für die Bildung eines sozialen Systems genommen werden. Es bleibt aber
in Bezug auf die Handlungsspielräume beider Anwesender kontingent, denn eine
andere Handlung hätte dieselbe Funktion erfüllt. Durch diese Dopplung der
Möglichkeitshorizonte können also durch die Beteiligten wechselseitig die realisierten
Handlungen als kontingent beobachtet werden. Somit ist bereits der Handlung als
dem Einzelereignis eines Systems die eigene Kontingenz eingeschrieben und eben
deshalb „aktualisierte Kontingenz“ (Luhmann 1984, S. 160). Desweiteren schränkt
dieses erste Ereignis und jedes darauf folgende die Möglichkeitsspielräume für
Anschlusshandeln sukzessiv immer weiter ein. Mithin bietet also erst die <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Auflösung der Situation doppelter Kontingenz</i>
die <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Möglichkeit für Integration</i> (vgl.
Luhmann 1984, S. 161) und Verdichtung der Situation im Medium Sinn.</span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Doch obwohl die Situation
doppelter Kontingenz gleichsam zufällig überwunden werden kann, läuft sie wie
ein dunkler Schatten bei allem Prozessieren von Sinn immer mit. Soziale Systeme
können sich also genau so schnell wieder auflösen wie sie entstanden sind. Das
merkt man z. B. immer dann, wenn in Gesprächen plötzliche Pausen auftreten, die
als peinliches Schweigen erfahren werden. Gerade dieses Operieren unter der
Bedingung eines ständig drohenden Abbruchs der Kommunikation sorgt für die <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Generalisierung der Sozialdimension</i>
allen Sinns indem jedes Ereignis daraufhin befragt werden kann bzw. sogar
befragt werden muss, wie es durch den Kommunikationspartner erlebt wird und wie
er daraufhin handeln wird (vgl. Luhmann 1984, S. 161). Vereinfacht ausgedrückt,
<i style="mso-bidi-font-style: normal;">Kommunikation zwingt dazu sich auf das
Erleben seines Kommunikationspartners einzulassen damit Kommunikation
weiterlaufen kann</i>. <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Sachlich</i>
gelingt dies über den gemeinsamen Fokus der Aufmerksamkeit mit der Frage, wie
dieser durch den Kommunikationspartner erlebt wird. <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Sozial</i> gelingt dies über die entstandene symbolische Ordnung der
Images der beteiligten Anwesenden mit der Frage, wie erlebt sich der
Kommunikationspartner in der aktuellen Situation. Image wurde im <a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/01/voruberlegungen-zu-einer.html">vorletzten
Text</a> im Anschluss an Erving Goffman als Einheit der Unterscheidung von <i style="mso-bidi-font-style: normal;">psychologischer</i> Selbstbeschreibung und <i style="mso-bidi-font-style: normal;">sozialer</i> Fremdbeschreibung reformuliert
und stellt auf die strukturelle Kopplung von Menschen und sozialen Systemen ab
<a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/03/doppelte-kontingenz-und-die.html#fn002" id="anker002">[2]</a>. Hinsichtlich der psychologischen Perspektive erfolgt die Selbstwahrnehmung
nicht nur über das Medium <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Sinn</i> (vgl.
Luhmann 1984, S. 92 – 147) in dem psychische und soziale Systeme operieren
sondern auch im Medium der <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Gefühle</i>.
Die Frage nach dem Erleben der Kommunikationspartner als Person ist damit immer
auch eine Frage nach den Gefühlen des Kommunikationspartners. Erst Gefühle
machen Menschen zu nicht-trivialen Maschinen im Sinne Heinz von Foersters, die
nicht einfach nach einem Reiz-Reaktion-Muster funktionieren sondern aufgrund
der emotionalen Eigenzustände immer mit Erwartungsunsicherheiten behaftet sind
<a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/03/doppelte-kontingenz-und-die.html#fn003" id="anker003">[3]</a>.</span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Entsprechend trägt auch der
Ausdruck des emotionalen Zustands ebenso zur ersten Bestimmung der Situation
doppelter Kontingenz bei. Während die mitgeteilte Information der Situation
eine erste sachliche Bestimmung gibt, wird durch die emotionale Tönung der
Mitteilung eine erste soziale Bestimmung vorgenommen in dem sie über die
Stimmung des Kommunikationspartners informiert. So macht es einen gravierenden
Unterschied, ob man die erste Person, der man am Morgen begegnet, mit einem
muffligen oder einem enthusiastischen „Guten Morgen“ begrüßt. Auf diese Weise
wird die morgendliche Zugänglichkeit bzw. Kommunikationsbereitschaft
signalisiert. Während ersteres lediglich eine geringe
Kommunikationsbereitschaft kommuniziert, signalisiert letzteres die Offenheit
gegenüber dem Kommunikationspartner. So kann gerade die emotionale Tönung der
Mitteilung den Verlauf einer Interaktionssituation maßgeblich bestimmen. Der Ausdruck
des emotionalen Erlebens eines Kommunikationspartners (Alter) durch sein
Handeln kann das emotionale Erleben des anderen Kommunikationspartners (Ego)
beeinflussen, was wiederum sein Handeln beeinflussen wird. Durch diese
zirkuläre Rückkopplung des emotionalen Erlebens in der jeweiligen
Anschlusshandlung der Kommunikationspartner kann sich der Kommunikationsprozess
emotional immer weiter hochschaukeln, einen gewissen Rhythmus entwickeln und
zum Eindruck eines gleichgerichteten Erlebens und gelungener Kommunikation
führen. Auf der anderen Seite kann der Kommunikationsprozess auch zu einer emotionalen
Abwärtsspirale führen. Es stellt sich kein emotionaler Gleichklang her, die
Kommunikationspartner lassen sich nicht gegenseitig ausreden sondern fallen sich
gegenseitig ins Wort und unterbrechen sich fortlaufend. Ein solcher Verlauf
einer Kommunikationssequenz kann zur Erfahrung situativer Entfremdung und dem
Eindruck misslungener Kommunikation führen.</span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Dem entsprechend lassen sich im
Verlauf der Kommunikation Phänomene beobachten, die mit dieser emotionalen
Abstimmung oder eskalierenden Verstimmung korrespondieren. Dafür muss man auf
die jeweilige Anschlusshandlung achten und <i style="mso-bidi-font-style: normal;">ob
die vorangegangenen Ereignisse als Prämisse für die Selektion des jeweiligen,
weiteren Anschlusses gewählt wurde</i>. So kann man während eines Gesprächs nicht einfach plötzlich das Thema
wechseln; man kann den Polizisten nicht mit Zaubertricks verblüffen um zu
verhindern, dass der einem gerade einen Strafzettel für Falschparken ausstellt;
man kann im Supermarkt an der Kasse nicht mit Zigaretten bezahlen; man kann
nach einer Diskussionsrunde über Sexismus nicht im Anschluss die
Diskussionspartnerin mit primitiven Machosprüchen anmachen. Eigentlich kann man
alle diese Dinge schon tun. Aber es sind die sozialen und psychologischen
Effekte dieser Irritationen, die hier interessieren. In Abhängigkeit davon, wie
ein bestimmter Sachverhalt beobachtet wird, ergeben sich Kriterien nach denen
sich prüfen lässt, ob eine bestimmte Anschlusshandlung als Verstehen oder Missverstehen
beobachtet wird. Neben der sachlichen Angemessenheit in Abhängigkeit vom
Beobachterstandpunkt, haben die jeweiligen Anschlüsse auch Konsequenzen für die
Beobachtung der Person, die jeweils in einer bestimmten Art und Weise
anschließt. Die Summe von sachlichen, sozialen und zeitlichen Differenzen
zwischen den Einzelereignissen einer Kommunikationssequenz kondensiert im
Hinblick auf soziale Systeme <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Sachverhalte</i>
– z. B. Themen – und <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Personen</i> an
denen sich die Beteiligten orientieren um Anhaltspunkte zu finden wie ihre
Möglichkeitsspielräume von Handlungsmöglichkeiten eingeschränkt und adäquate
Anschlüsse gefunden werden können <a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/03/doppelte-kontingenz-und-die.html#fn004" id="anker004">[4]</a>. Im Hinblick auf die beteiligten psychischen Systeme
kondensiert die <i style="mso-bidi-font-style: normal;">soziale Beziehung</i> der
Kommunikationspartner. Wie diese Beziehung von den beteiligten
Kommunikationspartnern wahrgenommen wird, hängt von den jeweiligen
Möglichkeitshorizonten ab in dessen Kontext die einzelnen Beteiligten die
beobachteten Ereignisse interpretieren können. Das Ausgangsproblem der
doppelten Kontingenz verlangt dies geradezu um sich weiterhin an Kommunikation
beteiligten zu können.<b style="mso-bidi-font-weight: normal;"> </b></span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: center;">
<div>
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/03/doppelte-kontingenz-und-die.html#anker012" id="kap002">II.</a></span><br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><br /></span></div>
</div>
<div style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">
</span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Der soziologisch-systemtheoretisch geprägte Beobachter richtet nun seine Aufmerksamkeit darauf,
wie die Differenz zwischen System (Sachverhalt) und Umwelt (beteiligte
Personen) durch das soziale System gehandhabt wird. Das bedeutet umgekehrt auch beobachten zu können, wie die beteiligten Personen psychisch die Differenz von System und Umwelt handhaben. Die Problemkonstruktion der
doppelten Kontingenz bekommt dadurch eine grundlegende methodische Funktion für
systemtheoretische Analysen. Das Bezugsproblem der Soziologie wurde im <a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/02/das-unbehagen-der-systemtheorie.html">letzten
Beitrag</a> als <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Problem der
Handlungskoordination bei divergentem Erleben der beteiligten Menschen</i>
beschrieben. Die Rekonstruktion dieses Problems als Situation doppelter
Kontingenz präzisiert dieses Problem noch einmal und schränkt zugleich das
Aufmerksamkeitsfeld für die Beobachtung der Lösung sozialer Probleme ein. So gewinnt
die soziologische Systemtheorie durch das Begriffsinstrumentarium, mit dem die
Situation doppelter Kontingenz konstruiert wird, die notwendige informationelle
Offenheit für ihre Umwelt.</span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Aus der Formlehre George
Spencer-Browns resultiert die Einsicht, dass Informationen nur über
Unterscheidungen gewonnen werden können. <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Ein
Unterschied, der einen Unterschied macht</i> (vgl. Bateson 1982, S. 123) – und
somit eine <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Information</i> – ist nur <i style="mso-bidi-font-style: normal;">im Rahmen einer Zwei-Seiten-Form</i> möglich
(vgl. Sepncer-Brown 1992). Diese modalisierte Beschreibung von <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Unterscheidungen als Formen</i> ermöglicht
es zum einen nach der anderen Seite der Form und zum anderen nach der Einheit der
Zwei-Seiten-Form zu fragen. Es gilt damit zu beobachten im Rahmen welcher
Unterscheidungen bestimmte Ereignisse im Verlauf einer Kommunikationssequenz
für welchen Beteiligten einen Sinn ergeben oder eben nicht. Auf der Grundlage
von Spencer-Browns Formbegriff wird damit nichts weiter an eine laufende
Kommunikationssequenz herangetragen als eine Annahme darüber <i style="mso-bidi-font-style: normal;">wie Informationen durch Unterscheidungen
gewonnen werden können</i>. Im Rahmen der Theorie bedeutet das, dass nichts
mehr ausgeschlossen wird. Im Rahmen der Form wird jedes Ereignis zumindest im
Prinzip denkbar und auch das Nicht-Ereignis unter Umständen als Handlung interpretierbar.
<i style="mso-bidi-font-style: normal;">Kommunikationsprozesse</i> sind jedoch <i style="mso-bidi-font-style: normal;">diskontinuierliche Flüsse von Unterschieden</i>,
die Unterschiede machen <i style="mso-bidi-font-style: normal;">können</i>. Da
der Formbegriff praktisch auf jedes Ereignis anwendbar ist und somit keine
Einschränkung des Aufmerksamkeitsfelds ermöglicht, würde eine Beobachtung im
Hinblick auf die Beobachtung von Unterschieden einen nicht mehr zu
bewältigenden Informationsüberschuss erzeugen und die Komplexität der Umwelt
Eins zu Eins in das System spiegeln. Daraus ergibt sich nochmals aus informationstheoretischer Perspektive die Notwendigkeit der Komplxitätsreduktion für soziale und psychische Systeme.</span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Es sind also weitere
Einschränkungen notwendig damit die Beobachtung nicht überfordert
wird. Für die soziologische Beobachtung stellt diese
Einschränkung die Rekonstruktion des soziologischen Bezugsproblems als
Situation doppelter Kontingenz dar. Doch selbst diese Einschränkung schließt
zumindest noch alle soziologisch denkbaren Lösungen dieses Bezugsproblems ein,
die ebenfalls unüberschaubar sind. Zugleich entsteht aber auf diese Weise eine
extrem hohes Irritationspotential der soziologischen Systemtheorie, welche den
Anspruch universeller Anwendbarkeit auf soziale Sachverhalte begründet – aber
noch nicht zwangsläufig einlöst. Unter Beachtung des Bezugsproblems der
Soziologie hängt es dann vom Interesse eines jeden Forschers ab, was als
Beobachtungsgegenstand gewählt wird und bietet damit die Möglichkeit der internen Differenzierung der Soziologie. </span><br />
<br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Diese universelle Anwendbarkeit verbietet aber
jegliche normativen Vorannahmen über Zwecke oder Ziele von Kommunikation. <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Theoretisch ist alles möglich, praktisch
bzw. empirisch zeigt sich aber immer wieder aufs Neue, dass nicht alles möglich
ist,</i> sondern zu einem bestimmten Zeitpunkt immer nur eine bestimmte Lösung zum
Zuge kommt. Damit stellt das Problem der doppelten Kontingenz den methodischen
Ausgangspunkt dar um zu fragen, wie es kommt, dass genau diese Reduktion von
Komplexität realisiert wurde und keine andere? Wenn theoretisch alles möglich
ist, entfällt auch die Annahme, dass Kommunikation auf ein bestimmtes Ergebnis
wie z. B. einen zu erreichenden Konsens zustrebt. Auch das ist vielmehr eine
empirische Frage. Im Unterschied zu Luhmann wird hier lediglich betont, dass
die kommunizierte Stimmung im Verhältnis zum kommunizierten Sinn eine ebenso
wichtige Rolle für das Ergebnis spielt. Beides steht nicht unverbunden
nebeneinander sondern Information und Ausdruck müssen analytisch miteinander in
Beziehung gesetzt werden.</span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Jede realisierte Operation eines
sozialen Systems fand also im Rahmen eines Ordnungsgesichtspunkts statt und hat
innerhalb dieses Rahmens einen bestimmten Sinn bzw. eine bestimmte Funktion.
Allgemein formuliert, erfüllt jede Operation die Funktion die sozial erzeugte
Unsicherheit zu absorbieren und die Komplexität der möglichen
Handlungsalternativen zu reduzieren. Daraus folgt, dass <i style="mso-bidi-font-style: normal;">jede realisierte Operation eines sozialen Systems eine Funktion erfüllt</i>.
Keine Operation ist sinn- bzw. funktionslos. Die Frage ist dann, welche
Funktion wird erfüllt? Durch das Internet sind inzwischen
Kommunikationsgewohnheiten ins Licht der Öffentlichkeit gerückt, mit denen
früher lediglich Sozialpsychologen konfrontiert wurden. Die Rede ist von einem
Phänomen, dass heute unter dem Begriff „Trollen“ diskutiert wird und auch in
diesem Blog <a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2012/12/kontingenz-kritik-und-das-internet-2.html">an
früherer Stelle</a> eingehend analysiert wurde. Trollen wurde hier als eine
bestimmte Form der Kritik beschrieben, die sich vor allem dadurch auszeichnet,
dass sie die vorangegangenen Ereignisse nicht als Prämisse der weiteren
Anschlussselektion nimmt sondern gleichsam im Blindflug zur Übernahme der
eigenen Sichtweise motivieren will. Die Art und Weise, wie das versucht wird,
zeugt jedoch nur davon, dass der trollende Kommunikationspartner nicht in der
Lage oder nicht willens ist, die Perspektive des Kommunikationspartners zu
übernehmen um davon ausgehend die eigenen Anschlüsse zu wählen. Ob das mit oder
ohne Absicht erfolgt, ist dabei unerheblich <a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/03/doppelte-kontingenz-und-die.html#fn005" id="anker005">[5]</a>. Worauf es ankommt, ist die
Beobachtung, dass mindestens ein Kommunikationspartner nicht in der Lage ist
sich auf das Erleben des Kommunikationspartners einzulassen. Dass dies bereits
bei der Kommunikation unter Anwesenden für die Beteiligten unter Umständen eine
große Herausforderung darstellen kann, darauf wurde bereits in der damaligen
Untersuchung des Troll-Phänomens hingewiesen. Unter den erschwerten Bedingungen
des Internets bei der sich Kommunikationsteilnehmer nur sehr eingeschränkt auf
ihre Wahrnehmung verlassen können, erweist sich eine derartige
Kommunikationsweise als wenig erfolgreich. Durch das Internet ist dies auch für
jeden beobachtbar geworden.</span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Was das Trollen jedoch zeigt,
ist, dass man, obwohl die jeweiligen Beiträge der Kommunikationsteilnehmer
nicht als Prämisse der weiteren Anschlussfindung genommen wurden, sich die
Kommunikation trotzdem weiter fortsetzt ohne dass dies noch eine erkennbare <i style="mso-bidi-font-style: normal;">soziale</i> Funktion hat, denn die sozial
erzeugte Unsicherheit wird durch das Trollen weiter gesteigert statt
absorbiert. Wenn jedoch jede Kommunikation eine Funktion erfüllt, dann wird die
Aufmerksamkeit eines soziologischen Beobachters mehr oder weniger zwangläufig
auf die Beobachtung der psychischen Selbstreferenz gelenkt – also wie die Person
die Unterscheidung von System und Umwelt handhabt um sich zu seiner Umwelt in
Beziehung zu setzen. Die beobachtete Troll-Kommunikation dient dann nicht mehr
der sozialen sondern der psychischen Unsicherheitsabsorption. Da jeder
Kommunikationsteilnehmer durch sein aktuelles Handeln auch über sein situatives
Erleben informiert, kann dies durch eine Analyse entsprechender
Kommunikationssequenzen gezeigt werden. Während Imagepflege ursprünglich auf die
Gefahr des Rückfalls in die Situation doppelter Kontingenz – im Sinne einer
Exklusion – reagierte, indem die Images der beteiligten Menschen vor
Beschädigungen geschützt werden um die eigene Anschlussfähigkeit zu sichern,
verkehrt sich diese Funktion beim Trollen in ihr Gegenteil. Die Images aller
Beteiligten werden beschädigt mit gravierenden Folgen für das soziale System
und die beteiligten psychischen Systeme.</span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Umso überraschender ist es, wenn es trotzdem nicht zum Abbruch der Kommunikation kommt. Dies legt die Schlussfolgerung nahe, dass
beim Trollen keine soziale sondern eine psychische Funktion erfüllt wird. Im
Falle des Trollens hat sich gezeigt, dass die Form der Imagepflege, mit der
sich Trolle an Kommunikation beteiligen, die soziale Funktion der Imagepflege
korrumpieren und lediglich zur emotionalen Selbstbefriedigung ausnutzen. In
anderen Worten, Kommunikation kann auch zur psychischen Unsicherheitsabsorption
genutzt werden und steigert gerade dadurch die soziale Unsicherheit <a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/03/doppelte-kontingenz-und-die.html#fn006" id="anker006">[6]</a>. Daher
kann diese <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Möglichkeit</i> bei einer
Analyse von Kommunikationssequenzen nicht ausgeschlossen werden. Wie aber
bereits an den Beispielen Trollen und Amokläufen gezeigt wurde, sind die
beschriebenen Symptome Formen des Umgangs mit dem sozialen Problem personaler
Anschlussfähigkeit ohne dieses jedoch zu lösen. Deswegen werden keine
Vorannahmen darüber getroffen, welche Funktion Kommunikation in einem
bestimmten Fall erfüllt. Aufgrund der Vorannahme, dass theoretisch keine
Handlungsmöglichkeit ausgeschlossen werden kann, muss die Frage nach der jeweils
aktuell relevanten Funktion empirisch geklärt werden. Unter dem Eindruck
dysfunktionaler Kommunikationsstile kann nicht ausgeschlossen werden, dass
bestimmte Handlungen für den Fortgang von Kommunikationsprozessen pathologisch
werden können.<b style="mso-bidi-font-weight: normal;"> </b></span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: center;">
<div>
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/03/doppelte-kontingenz-und-die.html#anker013" id="kap003">III.</a></span><br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><br /></span></div>
</div>
<div style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">
</span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Die bisherigen Ausführungen
bewegten sich im Rahmen der allgemeinen Theorie sozialer Systeme. Mit der Frage
nach der Funktion bestimmter Handlungen im Rahmen von Kommunikationssequenzen
kommt langsam die Schwelle in den Blick von der man zur Theorie der
Systemdifferenzierung abheben könnte um die funktionale Differenzierung der
modernen Gesellschaft zu beschreiben. Die Situation doppelter Kontingenz ist
aber nur die Problemkonstruktion von der ausgegangen wird und dessen Lösung Kommunikation
ist. Bevor die funktionale Differenzierung der Gesellschaft stärker in den
Blick genommen werden kann, ist zunächst noch erforderlich die Sichtweise der
soziologischen Systemtheorie auf laufende Kommunikationsprozesse darzustellen. Der
Begriffsapparat dafür wird durch die <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Schematismen
der Interaktion</i> (vgl. Luhmann 2005a, 2005b) bereitgestellt. Diese sind zum
einen das Schema <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Alter/Ego</i> und zum
anderen das Schema <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Erleben/Handeln</i>.</span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Obwohl die soziologische
Systemtheorie eine universelle Anwendbarkeit für sich in Anspruch nimmt, was
die Kommunikation unter Abwesenden mit einschließt, bilden<i style="mso-bidi-font-style: normal;"> die Schematismen der Interaktion den analytischen Ausgangspunkt </i>dafür.
Der Begriff Interaktion bezeichnet allerdings nur die Kommunikation unter
Anwesenden. Diese Engführung auf face-to-face-Kontakte wird auch in den
folgenden Ausführungen beachtet. Das bedeutet, sie stellen zunächst nur auf die
Kommunikation unter Anwesenden ab. Kommunikation findet immer dann statt, wenn zwei
Menschen aufeinander treffen, sich gegenseitig wahrnehmen und sich dieser Wahrnehmung
des Wahrgenommen-Werdens auch bewusst sind. Die soziologische Systemtheorie
beschreibt dieses Verhältnis der Anwesenden als ein Verhältnis wechselseitiger
Beobachtung – zum einen als Wahrnehmung, zum anderen als sinnhaftes
Unterscheiden und Bezeichnen. Dabei bezeichnet der Begriff <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Alter </i>die beobachtete Person und der Begriff <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Ego</i> die beobachtende Person. Der soziologischen Systemtheorie geht
es bei der Beobachtung dieses Beobachtungsverhältnisses nicht darum, wer oder
was Alter und Ego sind oder sein könnten, sondern darum wie Alter durch Ego
beobachtet wird und wie seine Beobachtung Alters seine Selektionen bezüglich
weiterer kommunikativer Anschlüsse beeinflusst. Hinsichtlich laufender Kommunikationsprozesse ist es daher wichtig zu
beachten, dass die anwesenden Menschen immer beides zugleich sind: <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Beobachter
und Beobachteter.</i> </span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Das zweite Schema – <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Erleben/Handeln</i> – stellt darauf ab, <i style="mso-bidi-font-style: normal;">wie die</i> <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Selektionsleistungen</i> des sozialen Systems <i style="mso-bidi-font-style: normal;">zugerechnet</i> werden. Kommunikation funktioniert nur, wenn im Verlauf
einer Kommunikationssequenz fortlaufend zwischen Information (Erleben) und
Mitteilung (Handeln) unterschieden wird und eine der beiden Alternativen als
Prämisse für die Selektion des Anschlusses (Verstehen) zugrunde gelegt wird.
Dies gilt für alle Anwesenden und im Prozess der Kommunikation sind Alter und
Ego dann auch wieder beides – <i style="mso-bidi-font-style: normal;">erlebend
und handelnd</i>. In Abhängigkeit davon ob von den Beteiligten die
Anschlusshandlung auf die Situation – das soziale System – oder auf eine Person
– die Umwelt – zugerechnet wird, ist von Handeln oder Erleben die Rede (vgl.
Luhmann 1997, S. 335). <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Handeln</i>
bezeichnet also eine <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Zurechnungsleistung</i>,
die auf <i style="mso-bidi-font-style: normal;">interne</i>, <i style="mso-bidi-font-style: normal;">situationsbezogene</i> Faktoren Bezug nimmt und auf diese Weise die
Selektion dem sozialen <i style="mso-bidi-font-style: normal;">System</i> selbst
zuschreibt. <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Erleben</i> bezeichnet
dagegen eine <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Zurechnungsleistung</i>, die
auf <i style="mso-bidi-font-style: normal;">externe, personenbezogene</i>
Einflüsse Bezug nimmt und auf diese Weise die Selektion der <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Umwelt</i> des sozialen Systems zuschreibt.
Für die soziologische Beobachtung einer Kommunikationssituation wird der
Unterschied zwischen Erleben und Handeln aber nur insoweit relevant, wenn die
internale oder externale Zurechnung bestimmter Selektionen zum Thema bzw.
Problem der Kommunikation wird. Es geht also nicht um eine vollständige
Klassifikation des Verhaltens im Verlauf der Kommunikation (vgl. Luhmann 2005a,
S. 80). Darum kann es gar nicht gehen, weil der Kommunikationsprozess dazu viel
zu komplex ist. Es erfordert also Reduktionen um Orientierungspunkte zu haben
an denen sich die Auswahl der Selektionen orientieren kann.</span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Es kann allerdings nicht
ausgeschlossen werden, dass die Reduktionen durch die beobachteten Systeme
anders vorgenommen werden als im Rahmen dieser Theorie. Es wäre sogar sehr
überraschend, wenn sich ein beobachtetes System mit denselben Formen beobachten
würde, wie der diesen Vorgang beobachtende soziologische Beobachter. Es gilt
also, solange die Zurechnung der Verantwortung für den Kommunikationsverlauf
nicht zum Thema wird, läuft die Kommunikation einfach. Dann bilden die
Differenz von Alter und Ego und die Differenz von Erleben und Handeln die
Informationskatalysatoren für das Kondensieren von Sachverhalten und Personen
im Medium Sinn, die entsprechende Orientierungspunkte für die
Anschlussselektionen liefern. Diese Konstruktionen fungieren dann auch als
Gedächtnis um das soziale System davon zu entlasten von Moment zu Moment immer
wieder klarstellen zu müssen, was gemeint sein könnte <a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/03/doppelte-kontingenz-und-die.html#fn007" id="anker007">[7]</a>. Das bedeutet nicht,
dass die an einer Kommunikationssequenz Beteiligten mit den Schematismen der
Interaktion beobachten. Es lassen sich aber funktional äquivalente
Konstruktionen finden, die jeweils einer der Seiten der Schematismen Alter/Ego
und Erleben/Handeln zuordnen lassen. Allerdings kann auch nicht
ausgeschlossen werden, dass solche Konstruktionen einfach fehlen. Diese
systemintern erzeugten Konstruktionen von Sachverhalten und Personen dienen den
Beteiligten als Kristallisationspunkte für die Bildung von Erwartungen und
Erwartungserwartungen, welche für die Selektion weiterer kommunikativer
Anschlüsse eine ausreichende Orientierung geben. Eine Restunsicherheit bleibt
aber immer bestehen und lässt sich auch nicht eliminieren. Unabhängig davon wie
in einer konkreten Situation beobachtet wird, zeigt sich hier noch einmal, dass
durch das fortlaufende Unterscheiden zwischen Information und Mitteilung für
den weiteren Anschluss geradezu zwangsläufig und unvermeidlich Sachverhalte und
Personen für die Beteiligten entstehen. Ohne diese Konstruktionen wäre jegliche
Koordination von sozialem Handeln bei divergentem psychischem Erleben unmöglich.</span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Die systemintern erzeugten
Konstruktionen von Sachverhalten und Personen bieten den Beteiligten zugleich
auch das notwendige Irritationspotential um im Kontext von
situationsspezifischen Themen, Zielen oder Funktionen unterscheiden zu können,
was ein passender oder unpassender Anschluss sein könnte. Anders ausgedrückt,
liefern Sachverhalte und Personen Kriterien zu wechselseitigen Einschränkung
von Freiheitsgraden. Obwohl der Unterschied zwischen Information und Mitteilung
im Prinzip ausreicht um die Konstitution von gleichsam strukturellen
Kondensaten in Form von Sachverhalten und Personen entlang der Schematismen
Alter/Ego und Erleben/Handeln zu beschreiben und wie dadurch soziale und
psychische Systeme irritiert werden können, sollen gerade im Hinblick auf
Interaktionen im Sinne von Kommunikation unter Anwesenden noch zwei
Präzisierungen vorgenommen werden. Diese Präzisierungen werden dem Model des
Interaktionsrituals von Randall Collins entnommen (vgl. 2005, S. 48). Als einen
Faktor für gelungene Interaktionsrituale nennt Collins die Unterscheidung
zwischen <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Insidern</i> und <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Outsidern</i>. Diese Unterscheidung ist aber
nicht mit der Unterscheidung von Mitgliedern und Nicht-Mitgliedern identisch,
denn sie zielt nicht auf formale Organisationen ab, sondern auf den <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Unterschied zwischen Beteiligten und
Nicht-Beteiligten</i>. Und genau in diesem Sinne wird die Unterscheidung von
Insidern und Outsidern hier interpretiert. Dieser Unterschied wird besonders im
Hinblick auf die Analyse von Inklusions- und Exklusionsprozessen relevant.</span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Als einen weiteren Faktor für
gelungene Interaktionsrituale identifiziert Collins den <i style="mso-bidi-font-style: normal;">gemeinsamen Fokus der Aufmerksamkeit</i>. Bei der
face-to-face-Begegnung muss für das Zustandekommen von Kommunikation nicht nur
die Wahrnehmung reflexiv werden sondern auch der gemeinsame Fokus der
Aufmerksamkeit an dem sich die Handlungen der Beteiligten orientieren. <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Der Fokus kann sich auf Sachverhalte oder
Personen richten</i>. Collins betont, dass es nicht nur darum gehen kann, dass
die Beteiligten einen gemeinsamen Fokus der Aufmerksamkeit haben, sondern dass sie
sich gelegentlich gegenseitig versichern, was der gemeinsame Fokus der
Aufmerksamkeit ist. Das mag mit Blick auf Interaktionen zunächst etwas
pedantisch wirken. In konkreten Situationen wird es eher seltener vorkommen,
dass man sich durch direktes Nachfragen über den gemeinsamen Fokus der
Aufmerksamkeit verständigt sondern zumeist indirekt über das gezeigte
Engagement der Beteiligten validiert.</span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Nichts desto trotz verweist die
Aufmerksamkeitsfokussierung auf <i style="mso-bidi-font-style: normal;">zwei
wichtige Irritations- bzw. Störungsquellen für Kommunikationsprozesse</i>. Das
ist zum einen die Frage der <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Interpenetrationsfähigkeit</i>
sozialer Systeme. Gelingt es der Kommunikation die Komplexität der Umwelt in
ausreichendem Maße systemintern zu konstruieren? Das betrifft sowohl Sachverhalte
als auch Personen und bezieht sich auf die impliziten und expliziten Annahmen
und Erwartungen der Beteiligten zur Definition der Situation um passende
Anschlüsse zu wählen. Von hier aus eröffnet sich das ganze Problemfeld der
Lernfähigkeit/Lernunfähigkeit von sozialen und psychischen Systemen. Zum
anderen gewinnt die Frage, was im Fokus der Aufmerksamkeit steht, auch im
Hinblick auf die Kommunikation unter <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Abwesenden</i>
besondere Bedeutung. Die menschliche Wahrnehmung hat für die Koordination der
kommunikativen Anschlüsse unter Anwesenden eine kaum zu unterschätzende
Funktion und zwar in zweierlei Hinsicht. Zum einen wird der menschliche Körper auf diese Weise zu einer wichtigen Stütze
und Irritationsquelle für Interaktionen, da die Augen, das Gehör, die Nase, der
Tastsinn und der Geschmacksinn weitere Informationsquellen darstellen, die eine
stärkere Kontrolle der Situation gewährleisten als dies bei der Kommunikation
unter Abwesenden der Fall ist. Zum anderen kann der Mensch als emotionaler Resonanzkörper bei Anwesenheit intensiver in Anspruch genommen werden als bei Abwesenheit. Das beeinflußt maßgeblich die psychische Aufmerksamkeitsfokussierung. Das Problem der Aufmerksamkeitsfokusierung ist seit der Erfindung des
Buchdrucks bekannt und die literarischen Darstellungsformen haben versucht
diese besonderen Schwierigkeiten bei Kommunikation unter Abwesenden zu
berücksichtigen. Trotzdem wird die Kommunikation bzw. die Gesellschaft durch
die Entstehung der elektronischen Medien vor neue Herausforderungen gestellt,
die sich besser verstehen lassen, wenn man den Unterschied zwischen der
Kommunikation unter Anwesenden und der Kommunikation unter Abwesenden im
Hinblick auf den gemeinsamen Fokus der Aufmerksamkeit berücksichtigt.<b style="mso-bidi-font-weight: normal;"> </b></span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: center;">
<div>
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/03/doppelte-kontingenz-und-die.html#anker014" id="kap004">IV.</a></span><br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><br /></span></div>
</div>
<div style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">
</span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Durch Schrift bzw. Buchdruck fand
eine räumliche und zeitliche Entkopplung von Kommunikation statt. D. h. an eine
schriftliche Mitteilung musste nicht mehr unmittelbar angeschlossen werden,
sondern man konnte sich nun einen Tag, eine Woche, einen Monat oder auch Jahre
oder Jahrhunderte Zeit lassen um eine Mitteilung wieder aufzugreifen und daran
anzuschließen. Die Kommunikationskomponenten Mitteilung und Verstehen wurde <i style="mso-bidi-font-style: normal;">in der Zeitdimension entkoppelt</i> (vgl. Luhmann
1997, S. 309f.). Mit dem Entstehen der elektronischen Medien, speziell des
Computers und des Internets, findet nun auch eine <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Entkopplung zwischen der Sach- und der Sozialdimension</i> statt. Mit
dem Internet werden Informationen aus den unterschiedlichsten räumlichen und
zeitlichen Entstehungskontexten sichtbar - allerdings ohne dass diese
Entstehungskontexte noch erkennbar sind (vgl. Luhmann 1997, S. 310). Bei der
Kommunikation via Internet kann es also passieren, dass nicht klar ist wer
etwas mitteilt und wie die mitgeteilten Informationen zu verstehen sind. Damit
werden die <i style="mso-bidi-font-style: normal;">elektronischen Medien</i> zu <i style="mso-bidi-font-style: normal;">erheblichen Störquellen für Kommunikation</i>
und erodieren tendenziell die Funktionsbedingungen von Kommunikation. Luhmann
selbst war der Meinung, dass mit den elektronischen Medien eine Grenze erreicht
ist, „an der nichts mehr kommunizierbar ist – mit einer Ausnahme: der
Kommunikation von Aufrichtigkeit“ (Luhmann 1997, S. 311). Aufgrund der
Kommunikationspathologien, die sich via Internet beobachten lassen, muss
allerdings bezweifelt werden, dass die Kommunikation von Aufrichtigkeit via
Internet noch gelingt. Vielmehr scheint die Anonymität des Internets gerade dieser Möglichkeit jegliche Grundlage
zu entziehen.</span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Es ist auch nicht zu sehen, wie
dieses Problem allein durch neue technische Entwicklungen oder geeignete
Kommunikationsformen gelöst werden könnte. Jegliche Lösungsstrategie, die
diesen Weg einschlägt, wird das Problem der sozialen Entkopplung zwischen
Mitteilung und Information nur noch verschärfen. Damit soll allerdings keine
kulturkritische Position gegenüber dem Internet bezogen werden. Ungeachtet der
Kommunikationspathologien des Internets werden nicht die Vorteile für die
Kommunikation unter Abwesenden und deren Koordinationspotentiale übersehen. Die
Kommunikation läuft aber tendenziell besser, wenn sich die
Kommunikationspartner bereits aus einer persönlichen Begegnung kennen, weil
durch persönliche Bekanntschaft leichter verständlich wird, wie eine Mitteilung
gemeint sein könnte. Dieser Umstand verweist auf die große Bedeutung von <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Vertrauen</i> für die Kommunikation – nicht
nur via Internet. Durch die Multiplikation der Kontexte, in denen eine
Mitteilung verstanden werden kann, wird <span style="mso-spacerun: yes;"> </span>das Vertrauen in Kommunikation vor völlig neue
Herausforderungen gestellt mit erheblichen Konsequenzen auf die
Zurechnungsgewohnheiten für internale und externale Selektionsleistungen.
Kommunikation via Internet zeigt, wie leicht Vertrauen missbraucht werden kann.
Entsprechend stellt sich die Frage, <i style="mso-bidi-font-style: normal;">ob
sich bei der Kommunikation via Internet neue Formen der Vertrauensbildung
einspielen können</i>. Hinsichtlich der Kommunikation unter Unbekannten via
Internet müssen die Chancen eher schlecht eingeschätzt werden, denn jede
technische Innovation wird Desintegrationsmöglichkeiten nur noch weiter
steigern ohne dass erkennbar wäre in welcher Weise ohne jeglichen räumlichen
oder zeitlich Durchgriff noch eine Integration möglich wäre <a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/03/doppelte-kontingenz-und-die.html#fn008" id="anker008">[8]</a>. Das betrifft
auch die Integrationschancen über symbolisch generalisierte
Kommunikationsmedien (vgl. Luhmann 1997, S. 314f.). <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Verbreitungsmedien minimieren daher die Erfolgschancen von symbolisch
generalisierten Kommunikationsmedien.</i> Zugleich regen sie aber auch die
stärkere Forcierung auf bestimmte erfolgversprechende Annahmemöglichkeiten an.</span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Mithin ist es eine Leistung von
symbolisch generalisierten Kommunikationsmedien, die Erfolgschancen
hoch unwahrscheinlicher Kommunikationsangebote unabhängig von einer bestimmten
Interaktionssituation und unabhängig von bestimmten Personen zu gewährleisten. <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Die funktionale Differenzierung der Gesellschaft
ist also selbst bereits eine Reaktion auf die gestiegenen Möglichkeiten
räumlicher und zeitlicher Distanzierung zwischen Menschen.</i> Das Internet
führt nun in aller Deutlichkeit vor Augen, dass Abwesenheit die Erfolgschancen
hoch unwahrscheinlicher Kommunikationsangebote extrem reduziert. Dies zeigt sich
unter anderem auch daran, dass die Verfügbarkeit kontingenter Informationen via
Internet die Autorität von Experten massiv in Frage stellt (vgl. Luhmann 1997,
S. 312). Die einzig konsequente Schlussfolgerung angesichts dieser Problemlage
ist es sich wieder stärker auf die <i style="mso-bidi-font-style: normal;">vertrauensbildende
Funktion der Kommunikation unter Anwesenden</i> rück zu besinnen. Im Hinblick
auf die Erfolgschancen konstruktiver Kritik wurde dies bereits in früheren
Beiträgen betont. Diese Einsicht wird nun an dieser Stelle bis auf die Ebene
der Gesellschaftstheorie generalisiert: <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Abwesenheit
reduziert die Erfolgschancen von Kommunikationsangeboten</i>. Diese Einsicht
sollte jedoch nicht als ein Plädoyer für den Verzicht auf elektronische Medien
missverstanden werden. Es wird lediglich auf die unüberwindlichen Grenzen der
elektronischen Medien für Kommunikation bzw. Gesellschaft hingewiesen. Unter
diesem Gesichtspunkt wird schließlich verständlich, warum Luhmann Organisierung
und Individualisierung als Lösungsstrategien für diese durch die elektronischen
Medien erzeugten Selektionsprobleme identifiziert (vgl. Luhmann 1997, S. 311).
Als erfolgversprechend erscheinen diese Lösungsstrategien erst dann, wenn man
den Unterschied der Kommunikation unter Anwesenden und der Kommunikation unter Abwesenden mit berücksichtigt.</span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Und auch für die soziologische
Systemtheorie muss diese Konsequenz gezogen werden. Es kann also nicht darum
gehen auf die Steigerungslogiken der Moderne hereinzufallen und den Jüngern der
Internettechnologie nach dem Mund zu reden. Niklas Luhmann hat eine der
komplexesten Theorien der modernen Gesellschaft vorgelegt, die der Soziologie zu
Verfügung steht. Ihr Potential ist bis jetzt aber nur ansatzweise ausgeschöpft
worden. Was man allerdings heute feststellen kann, ist, dass Luhmann, obwohl er
sich von der alteuropäischen Tradition absetzen wollte, in einer Hinsicht<span style="mso-spacerun: yes;"> </span>nach wie vor in ihr verhaftet blieb. Das
ist die Tradition der aufklärerischen Vernunft, die in der systemtheoretischen
Beschreibung der modernen Gesellschaft in ihrer bisher radikalsten Form
ausgebreitet wurde. Was dabei jedoch auf der Strecke blieb, ist die Rolle des
Menschen und sein Verhältnis zur Gesellschaft. Damit ist nicht der alte
Gegensatz von Gesellschaft und Individuum gemeint sondern das Verhältnis
struktureller Kopplung zwischen Mensch und Gesellschaft. Aufgrund der
Rückbesinnung auf die Funktion der Anwesenheit für Vertrauensbildung wird hier
die Systemtheorie Niklas Luhmanns einer mikrosoziologischen Lesart unterzogen. </span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Dass diese Rückbesinnung auch in anderen gesellschaftlichen Bereichen
stattfindet, zeigt sich aktuell an der <a href="http://www.spiegel.de/karriere/berufsleben/yahoo-ohne-home-office-reaktionen-auf-marissa-mayers-ansage-a-885970.html">Entscheidung der Yahoo-Chefin Marissa Mayer</a> die
Home-Office-Arbeitsplätze in der Firma drastisch zu reduzieren und wieder stärker auf die </span><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Vorteile der direkten Kontakte
zwischen Konzernmitarbeitern zu setzen.</span> Diese
Entscheidung unter Macht- und Kontrollaspekten ideologisch diskutieren zu
wollen, zeigt, dass die zugrundliegende Problemstellung intensiverer
Vertrauensbildung durch Kommunikation unter Anwesenden noch nicht erkannt
wurde <a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/03/doppelte-kontingenz-und-die.html#fn009" id="anker009">[9]</a>. Die Einführung von Home Office führt speziell beratende und helfende
Tätigkeiten ad absurdum, bei denen der direkte Kontakt ein unverzichtbarer
Bestandteil des Tätigkeitsprofils ist. Dies würde zum Beispiel den ganzen
Bereich der sozialen Arbeit betreffen aber auch viele Dienstleistungsberufe mit
direktem Kundenkontakt. Die vertrauensbildene Funktion der Kommunikation unter Anwesenden ist in vielen Tätigkeiten
eine unverzichtbare Erfolgsbedingung - nicht nur im Kontakt mit Kunden sondern auch mit Kollegen. Diese vertauensbildende Funktion der
Kommunikation unter Anwesenden zu politisieren muss heute als eine der schwerwiegendsten Pathologien der modernen Gesellschaft betrachtet werden, denn
dadurch wird das Vertrauen in Vertrauensbildung massiv erschüttert. Hierbei
spielen auch Teile der Sozialwissenschaften eine unrühmliche Rolle. Und das
gerade dadurch, dass lediglich auf einem abstrakten gesellschaftstheoretischem
Niveau argumentiert wird ohne jegliche empirische Anbindung an das
soziologische Bezugsproblem, welches in der Kommunikation unter Anwesenden
begründet wird.<b style="mso-bidi-font-weight: normal;"> </b></span><br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><b style="mso-bidi-font-weight: normal;"> </b></span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
</div>
<div style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">
</span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Mit diesem Beitrag sollte
deutlich geworden sein, dass bei einem genauen Studium von Luhmanns
soziologischer Systemtheorie die hier vertretene interaktionstheoretische
Lesart durch Luhmann selbst nahegelegt wird. Sowohl die Rekonstruktion des
Bezugsproblems der Soziologie als Situation doppelter Kontingenz als auch die
Schematismen der Interaktion zur Analyse von Kommunikationsprozessen, aus denen
Luhmann dann auch die Bezugsprobleme der einzelnen Funktionssysteme der
Gesellschaft rekonstruiert (vgl. Luhmann 1997, S. 334ff.), lassen den Schluss
zu, dass die soziologische Systemtheorie <i style="mso-bidi-font-style: normal;">mikrosoziologisch
fundiert</i> ist (vgl. Walkow 2008, S. 44). Dieser Verbindung zwischen der
Mikro- und der Makroebene innerhalb der Systemtheorie Luhmanns ist bisher zu
wenig Beachtung geschenkt worden. Der methodische Akzent wird in diesem Blog auf die
stärkere Anbindung der gesellschaftstheoretischen Aussagen auf
Interaktionssituationen gelegt. Daraus ergeben sich zum einen neue Perspektiven
auf den Unterschied zwischen der Kommunikation unter Anwesenden und der
Kommunikation unter Abwesenden. Zum anderen rücken damit die Bedeutung der
menschlichen Emotionen und ihre Irritationspotentiale für soziale Systeme in
den Fokus der Aufmerksamkeit. Auf diese Weise gelingt es zum einen eine
differenzierte Sicht auf die Funktion des Internets für die moderne
Gesellschaft zu entwickeln, welche die Potentiale der elektronischen Medien
nicht unterschätzt und die Grenzen der Kommunikation via Internet nicht überschätzt.
Zum anderen gelingt es auf diese Weise Probleme wie Depression und Entfremdung
in den Blick zu bekommen. Entscheidend dafür wird eine präzisere Beschreibung
der strukturellen Kopplung von Gesellschaft und Menschen sein, die sich in
Bezug auf den Kommunikationsprozess als Frage reformuliert, wie soziale
Informationen durch Menschen sinnhaft <i style="mso-bidi-font-style: normal;">und</i>
emotional abgegriffen werden.</span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Dieser Rückbezug der
Gesellschaftstheorie auf den Menschen scheint dringend notwendig zu sein, denn in den gesellschaftlichen Selbstbeschreibungen setzen sich immer mehr Kommunikationsmodelle durch, die unter dem Eindruck des Internets die Kommunikation unter Abwesenden als neues Ideal progagieren und einer weiteren Technisierung von Kommunikationsprozessen Vorschub leisten, welche die Entfremdung von Kommunikation unter Anwesenden befördert. Dabei wird aber das Problem mit der Lösung verwechselt, denn die technischen Möglichkeiten elektonischer Kommunikationsmöglichkeiten treiben die räumliche Distanzierung der Menschen weiter voran und verschärfen auf diese Weise das Problem der Handlungskoodination bei divergentem Erleben. Desweiteren bedeutet Technisierung von Kommunikationsprozessen nicht nur Zeitgewinn sondern kann auch zur Versuchen führen die menschliche Umwelt zu trivialisieren. Und diese Vorstellung einer asymmetrischen gleichsam parasitären Beziehung <a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/03/doppelte-kontingenz-und-die.html#fn010" id="anker010">[10]</a> zwischen Mensch und Technik wird dann wieder an die Beziehungen zwischen Menschen herangetragen.</span><br />
<br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Aber auch diese Rückbesinnung wird die Komplexität der soziologischen Gesellschaftsbeschreibung
weiter steigern. Es wird damit aber zumindest die Hoffnung verbunden kommunikative Rationalität und menschliche Emotionalität wieder miteinander versöhnen zu können. Zugleich wird auch deutlich, warum soziologische Theoriebildung ständig der Gefahr ausgesetzt ist in der Gorgonenbetrachtung stecken zu bleiben. Die Beobachtung der Situation doppelter Kontingenz und laufender Interaktionssequenzen gleicht einem ungeschützem Blick in die Sonne. Von beidem kann man erblinden. Das Prisma der Soziologie ist eine komplexe Theorie, die in der Lage ist den Kommunikationsfluss in seine einzelnen Spektralfarben aufzusplitten. Ob die Resultate auch durch die nicht-wissenschaftliche Umwelt angenommen werden,
erscheint relativ unwahrscheinlich. </span><br />
<br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Gleichwohl lassen sich mit Hilfe der soziologischen
Systemtheorie Problemlösungsstrategien beobachten, welche der modernen Bedingung
funktionaler Differenzierung angemessen sind und welche nicht. Auf diese Weise
kann der Eindruck gebrochen werden, dass die moderne Gesellschaft nur noch
psychisch kranke Menschen produziert. Es lässt sich aber besser verstehen,
warum es heute so schwierig ist funktionale bzw. kooperative von pathologischen
bzw. kämpferischen Kommunikationsstilen zu unterscheiden. Beides sind
Anpassungsleistungen an die Kommunikationsbedingungen funktionaler Differenzierung. Damit
sich das Zusammenleben der Menschen qualitativ verbessern kann, müssten sich die
kooperativen Kommunikationsstile evolutionär durchsetzen. Die Tragik der
Gesellschaft liegt aber darin, dass die Wahrscheinlichkeit, dass sich
kooperative Kommunikationsstile durchsetzen werden, wesentlich geringer ist als
die Wahrscheinlichkeit für die Durchsetzung kämpferischer Kommunikationsstile.
Denn für Kooperationen ist Empathie, Intelligenz, Geduld, Ausdauer und Energie
notwendig, für den Kampf dagegen nicht – es sei denn es handelt sich um den
Kampf um und für Kooperation. Vereinfacht ausgedrückt, Kampf ist der einfachere
Weg, Kooperation der Schwierigere; Kampf ist parasitär, Kooperation symmetrisch. </span><br />
<br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Diese Problemstellung verweist die
Aufmerksamkeit soziologischer Beobachter immer wieder auf die strukturelle
Kopplung von Mensch und Gesellschaft. Die Frage, die sich viele Sozial- und Geisteswissenschaftler heute stellen müssen, ist, ob sie lediglich das bestätigen wollen, was sowieso zu erwarten ist, nämlich, dass Gesellschaft bzw. Kommunikation eigentlich nicht funktionieren kann oder ob sie sich auf die Suche nach den erfolgreichen Ausnahmefällen machen, die als sozial und emotional intelligente Lösungen des soziologischen Bezugsproblems betrachtet werden können. Das zu unterscheiden, erfordert einen entsprechend komplexen Begriffsapparat. Für einen soziologisch informierten Kampf
für Kooperation ist es dann aber auch notwendig geeignete Formen zu finden, mit denen
soziologische Beschreibungsangebote der modernen Gesellschaft in die
verschiedenen Bereiche der Gesellschaft übersetzt werden können. Darin besteht die gegenwärtige Herausforderung einer soziologischen Aufklärung.</span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<br />
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
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<script>!function(d,s,id){var js,fjs=d.getElementsByTagName(s)[0],p=/^http:/.test(d.location)?'http':'https';if(!d.getElementById(id)){js=d.createElement(s);js.id=id;js.src=p+'://platform.twitter.com/widgets.js';fjs.parentNode.insertBefore(js,fjs);}}(document, 'script', 'twitter-wjs');</script>
<br />
<br />
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/03/doppelte-kontingenz-und-die.html#anker001" id="fn001">[1]</a> Es sollte klar sein, das hier
nicht von einer vollständigen Bestimmung der Situation die Rede ist. Die
sinnhafte Bestimmung durch ein Ereignis bleibt immer unvollständig und
ambivalent und bietet gerade dadurch einen Anlass zum Weitermachen.</span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/03/doppelte-kontingenz-und-die.html#anker002" id="fn002">[2]</a> Der Imagebegriff stellt
zunächst auf das Beobachtungsverhältnis von Menschen und sozialen Systemen ab.
Nichts desto trotz lässt sich der Imagebegriff auch auf die
Beobachtungsverhältnisse von sozialen Systemen anwenden. Damit verändert sich
aber die ursprüngliche Problemstellung der emotionalen Verbundenheit von
Menschen mit ihrem Image und den daraus entstehenden sozialen Irritationen. Sie
lässt sich nicht Eins zu Eins auf die Beobachtungsverhältnisse von sozialen
Systemen übertragen, weil soziale Systeme keine Gefühle haben. Das damit
aufgespannte Problemfeld symbolischer Generalisierungen wird in einem der
kommenden Beiträge behandelt.</span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/03/doppelte-kontingenz-und-die.html#anker003" id="fn003">[3]</a> Das über Luhmanns Verwendung
von Spencer-Browns Formenkalkül hinausgehende Potential wird zumeist in der
Hoffnung gesehen über das sozialen und psychischen Systemen gemeinsame Medium
Sinn soziale Systeme und Menschen berechenbar zu machen und damit zu trivialisieren.
Bereits das computergestützte Prozessieren von Semantiken stellt dieses
Vorhaben vor unüberwindliche Probleme. Mit den menschlichen Emotionen kommt
eine zweite unüberwindliche Hürde dazu.</span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/03/doppelte-kontingenz-und-die.html#anker004" id="fn004">[4]</a> Ähnlich bereits Emile Durkheim,
der zwischen Personen und Dingen unterschied (vgl. 1984, S. 194f.). Aus systemtheoretischer
Perspektive muss betont werden, dass sich das Erkenntnisinteresse allein auf
die sozialen und psychischen Konstruktionen von Sachverhalten und Personen richtet.
Es werden keine Aussagen über die materielle Umwelt getroffen. Gregory Bateson
unterscheidet in diesem Zusammenhang im Anschluss an C. G. Jung zwischen <i style="mso-bidi-font-style: normal;">creatura</i> und <i style="mso-bidi-font-style: normal;">pleroma </i>(vgl. 1981, S. 617f; 1982, S. 14). Während <i style="mso-bidi-font-style: normal;">pleroma</i> die physikalische Welt der
materiellen Dinge bezeichnet, bezieht sich <i style="mso-bidi-font-style: normal;">creatura</i>
auf die geistige Welt der Ideen – u. a. Ideen von Personen und Dingen. Die soziologische Beobachtung kann ihre Aufmerksamkeit nur auf
die <i style="mso-bidi-font-style: normal;">creatura </i>richten – also auf
Unterschiede, die im Hinblick auf das soziologische Bezugsproblem Unterschiede
machen – und Aussagen über diese treffen. Selbst die Veränderungen der materiellen Welt können nur als Phänomene der <i>creatura</i> begriffen werden, weil Menschen nur im Hinblick auf ihre Vorstellungen von Dingen handeln und nicht aufgrund der wirklichen Eigenschaften von Dingen. <i> </i></span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/03/doppelte-kontingenz-und-die.html#anker005" id="fn005">[5]</a> Soziologisch irrelevant ist
der Unterschied ob mit oder ohne Absicht getrollt wird nicht – allerdings nicht
im Hinblick darauf, was die Absicht sein könnte oder ob Trolle bewusst oder
unbewusst, das tun, was sie tun. Für eine soziologische Analyse ist der
Unterschied nur relevant im Hinblick darauf, welche Erwartungen bzw. welches
Image durch das beobachtete Verhalten bei den Kommunikationspartnern entsteht.
Nimmt man an, dass ein Troll ohne Absicht auf diese Weise kommuniziert, dann
wird die Person, die nicht auf ihre Umwelt achtet, als ein Idiot im
ursprünglichen Sinne des Wortes beobachtet. Nimmt man dagegen an, dass ein
Troll mit Absicht auf diese Weise kommuniziert, dann wird er aufgrund seiner
Doppelmoral, die er zwar auf seine Kommunikationspartner anwendet zugleich aber
so handelt als ob diese nicht für ihn gelten würde, als Heuchler beobachtet.</span><br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Im Rahmen von Goffmans
Unterscheidung von Image, kein Image und falschem Image (Goffman , S. 11ff.)
entspricht der Idiot dem fehlenden Image, weil es dem Idioten nicht gelingt
eine geeignete Verhaltensstrategie zu entwickeln und bei einem Heuchler handelt
es sich um ein falsches Image, da er entgegen den geweckten Erwartungen
handelt. Ob das mit Absicht geschieht oder nicht spielt dann insofern keine
Rolle, weil das Risiko der Exklusion aufgrund dieser Form der Erwartungsbildung
unabhängig von dieser Frage entsteht. Im Anschluss daran stellt sich die Frage,
ob man sich unter den Bedingungen funktionaler Differenzierung, die von den
Menschen eine gesteigerte Reflexivität bezüglich der eigenen sozialen Beobachtbarkeit
verlangt, sich einen derartigen Kommunikationsstil leisten kann?</span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/03/doppelte-kontingenz-und-die.html#anker006" id="fn006">[6]</a> Das macht Trollen unter
funktionalen Gesichtspunkten zu so einem schillernden Phänomen, denn sie
zeichnet sich sozial durch ihre Multifunktionalität aus. Dies wurde als Macht, Doppelmoral
und Erziehung des Trolls beschrieben. Troll-Kommunikation ist alles und nichts
und steigert eben dadurch die Unsicherheit in dem Sinne, dass der Troll als
Zurechnungsinstanz für Handlungen keine Erwartbarkeit sichert bzw. nur die
Erwartung gesteigerter Unsicherheit. Siehe dazu auch Fußnote 3.</span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/03/doppelte-kontingenz-und-die.html#anker007" id="fn007">[7]</a> Bei diesen systemintern
konstruierten Sachverhalten und Personen handelt es sich annährungsweise um
das, was Bruno Latour im Anschluss an Michel Serres als Quasi-Objekte und
Quasi-Subjekte bezeichnet (vgl. Latour 2008, S. 70ff.). Auch Luhmann nimmt im
Zusammenhang von Gedächtnisbildung auf Serres‘ Quasi-Objekte Bezug, weist aber
darauf hin, dass es sich bei Quasi-Objekten um Formen der Gedächtnisbildung
handelt, die vorwiegend in schriftlosen, tribalen Gesellschaften zu finden sind
(vgl. Luhmann 1997, S. 584f.).</span><br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Gerade unter diesem Gesichtspunkt
erscheint es allerdings fraglich ob der von Latour vorgestellte Ansatz
einer symmetrischen Anthropologie geeignet ist um die (nicht-)moderne
Gegenwartsgesellschaft zu beschreiben. Aus Luhmanns Perspektive – die hier
geteilt wird – bezeichnet der Begriff Quasi-Objekt eine bestimmte Weise der
Zuschreibung internaler und externaler Selektionsleistungen und daran
anschließender Gedächtnisbildung, die sich nur in archaischen Stammesgesellschaften
finden lässt. Latours Argument, um die These zu stützen, das wir nie modern
gewesen sind, beruht auf der Annahme, dass es keine Unterschiede in der Art und
Weise der Zurechnung internaler und externaler Selektionsleistungen zwischen archaischen
Stammesgesellschaften und der modernen Gesellschaft gibt (vgl. 2008, S. 104f.).
Aus der Perspektive der soziologischen Systemtheorie kann dieser These nicht
gefolgt werden, denn die systemtheoretische Unterscheidung von segmentär,
stratifikatorisch und funktional differenzierten Gesellschaften enthält auch
die Annahme, dass sich die Zurechnungsformen von internalen und externalen
Selektionsleistungen gravierend geändert haben.</span><br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Wenn Latour dies negiert um die
Unterschiede zwischen der vormodernen und modernen Gesellschaft zu nivellieren,
dann überträgt er im Grunde nur die Zurechnungsformen archaischer
Stammesgesellschaften auf die moderne Gesellschaft. Mit anderen Worten, Latour betrachtet die moderne Gesellschaft mit dem vormodernen Blick eines
Stammesangehörigen. Dann überrascht es nicht mehr, dass Latour seinen
Handlungsbegriff soweit ausdünnt um ihn wieder auf Dinge und Objekte anwenden
zu können. Handeln wird zum Mysterium. Dabei
handelt es sich um eine vormoderne gleichsam magische Zurechnungsweise, die
auch Dingen und Objekten der natürlichen und technischen Umwelt Selbstreferenz
bzw. autonome Handlungsfähigkeit zugesteht. Auch wenn die Akteure ihre
Erlebnisse so beschreiben sollten, zeigt sich an dieser Stelle, wieso es sich
eine Sozialtheorie nicht leisten kann einfach unkritisch den Akteuren zu
folgen. Das hieße ihre Beschreibung der Wirklichkeit als die eigene zu
übernehmen und die eigene Theorie dieser Wirklichkeit der Akeure anzupassen. Die Theorie
ist dann aber nur noch eine Apologie der von den Akteuren beschriebenen Wirklichkeit.</span></div>
<div style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">
</span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: normal; margin-bottom: .0001pt; margin-bottom: 0cm; text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Obwohl Latour auf
sozialwissenschaftliche, naturwissenschaftliche und metaphysische Konzepte
zurückgreift, begründet er eine Art Schamanismus im wissenschaftlichen Gewand. Indem er
Personen und Sachverhalte im Begriff des Quasi-Objektes bzw. im Begriff des
Aktanten gleichsetzt, versucht Latour die Eröffnung und Schließung von
Handlungsmöglichkeiten vom Objekt bzw. vom Beobachteten her zu verstehen (vgl.
Latour 2010, S. 94ff.). Das Ergebnis ist ein naiver Konstruktivismus, der
Dingen – genauer Ideen von Dingen! – Handlungsträgerschaft zuschreibt um die
Integration zwischen den Ideen von Sachverhalten und Personen zu
beschreiben. Durch dieses Denken vom Objekt her (vgl. Latour, S. 203f.) kommt es fortlaufend zur Verwechslung zwischen <i>creatura</i> und <i>pleroma</i>. </span><br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Es ist sehr zweifelhaft, ob dieser Weg eine angemessene Strategie
ist um der Herausforderung einer soziologischen Beschreibung der modernen
Gesellschaft gerecht zu werden. Vielmehr scheint es sich hier um eine Art
regressiver Problemlösungsstrategie zu handeln um mit der Überforderung
moderner Komplexität umzugehen. Die vorgeschlagene Methode der ANT verführt lediglich
dazu die Karte immer weiter dem Gebiet an zu nähren und sich in der Komplexität
der Welt bzw. den unendlichen Verzweigungen der Assoziationen zu verlieren. Dann ist wirklich alles sozial und zugleich ist nichts sozial (vgl. Latour 2010, S. 185f.). Das ist die mystische Art des Schamanen auszudrücken, dass die physikalische Welt nur über die geistige Welt der Ideen von ihr erfahrbar wird und dass die Ideen und Erwartungen bezüglich der physikalischen Welt auch enttäuscht werden können. Mystik ist natürlich keine Wissenschaft. So ist man gezwungen Metaphern wörtlich zu nehmen und die Theoriebildung daran auszurichten (vgl. Latour 2010, S. 179). Dabei geht jedoch diese wichtige Einsicht verloren. Dann ist es schon ein Erfolgerlebnis wenn man Muster erkennt, die Netzen ähneln.</span><br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Aus der Sicht von Kommunikationswissenschaftlern und Systemtheoretikern ist offensichtlich, dass Latour in seiner naiven und unbeholfenen Art versucht die Modulationen von Bedeutungen zwischen Kontexten (Bateson) oder Rahmen (Goffman) zu beschreiben. Wenn allerdings die Funktion solcher Kontexte bestritten wird, dann muss sich Latour die Frage gefallen lassen, zu welchem Tun die Unterschiede, die im Rahmen der ANT Unterschiede machen, eigentlich bewegen sollen? Dass man sich dann plötzlich mitten in der Politik und nicht mehr in der Wissenschaft wiederfindet, kann dann nicht mehr wirklich überraschen. Wer die <i>pleroma</i> vor ihren vielfältigen Deutungen beschützen will (vgl. Latour 2010, S. 203), wird in der Wissenschaft kaum Verbündete finden. Das Ansinnen gute von schlechten Konstruktionen unterscheiden zu wollen (vgl. Latour 2010, S. 154), kann nämlich unter politischen Vorzeichen sehr schnell in Zensur mutieren.</span><br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/03/doppelte-kontingenz-und-die.html#anker008" id="fn008">[8]</a> Eine Ausnahme bildet hier Internettelefonie
á la Skype, die versucht Kommunikation unter Abwesenden stärker an
Kommunikation unter Anwesenden annährt indem wieder die Wahrnehmung des Wahrgenommen-Werden
ermöglicht wird. Nichts desto trotz bleibt das Problem des fehlenden räumlichen und zeitlichen Durchgriffs auf den
Kommunikationspartner bestehen.<b style="mso-bidi-font-weight: normal;"> </b></span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: normal; margin-bottom: .0001pt; margin-bottom: 0cm; text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/03/doppelte-kontingenz-und-die.html#anker009" id="fn009">[9]</a> Das gilt auch für das Problemfeld der Vereinbarkeit von Berufs- und Familienleben. Selbstverständlich darf das Berufsleben das Privatleben nicht verdrängen. Trotzdem werden die Erfordernisse eines sinnvollen Ausgleichs vom Tätigkeitsprofil der Arbeitsstelle bestimmt. Wenn dazu die Anwesenheit des Angestellten gehört, sind diesem Ausgleich bereits klare Grenzen gesetzt. Vermutlich gilt dieses Erfordernis sogar für die meisten Berufe. Bereits die Berücksichtigung der Differenz zwischen körperlicher und geistiger Arbeit würde einen Differenzierungsgrad in das Themenfeld bringen, dass eine Pauschalisierung weitestgehend verbietet, denn dann würde sich zeigen, dass die Lösungsmöglichkeiten der Vereinbarkeit von Familien- und Berufsleben sehr stark von der jeweiligen Tätigkeit abhängen. Pauschalisierung verführt zu Ideologisierung, denn sie ermöglicht nur eine Zuspitzung auf Gegensätze wie die Geschlechterdifferenz. Deshalb ist es nötig zu fragen, wie die praktischen Lösungen aussehen sollen. Denn dann würde sich zeigen, dass nationalstaatliche Lösungen kaum dem Grad der gegenwärtigen Arbeitsteiligkeit einer Nationalökonomie gerecht werden - ganz zu schweigen von der Weltgesellschaft. Politikern und solche, die eine politische Lösung präferieren, wird das natürlich nicht gefallen, denn damit bricht ein wichtiges Feld der Selbstlegitimation weg. Man sollte sich trotzdem nicht von guten Absichten blenden lassen. </span><br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/03/doppelte-kontingenz-und-die.html#anker010" id="fn010">[10]</a> Parasitär im Sinne von Michel Serres, der mit parasitär eine unumkehrbare, unidirektionale Beziehung bezeichnet (vgl. 1987), wie z. B. die zwischen Subjekt und Objekt.<b style="mso-bidi-font-weight: normal;"><br /></b></span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: normal; margin-bottom: .0001pt; margin-bottom: 0cm; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: normal; margin-bottom: .0001pt; margin-bottom: 0cm; text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: normal; margin-bottom: .0001pt; margin-bottom: 0cm; text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><b style="mso-bidi-font-weight: normal;">Literatur</b><span style="mso-ascii-font-family: Calibri; mso-bidi-font-family: "Times New Roman"; mso-fareast-font-family: Calibri; mso-hansi-font-family: Calibri;"> </span></span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: normal; margin-bottom: .0001pt; margin-bottom: 0cm; text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span style="mso-ascii-font-family: Calibri; mso-bidi-font-family: "Times New Roman"; mso-fareast-font-family: Calibri; mso-hansi-font-family: Calibri;"><i>Bateson, Gregory</i> (1981): Krankheiten der Erkenntnistheorie.
In: ders: Ökologie des Geistes. Anthropologische, psychologische, biologische
und epistemologische Perspektiven. Frankfurt am Main. S. 614 – 626</span> </span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><i>Bateson, Gregory</i> (1982): Geist und Natur. Eine
notwendige Einheit. Frankfurt am Main<span lang="EN-US" style="mso-ansi-language: EN-US;"> </span></span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span lang="EN-US" style="mso-ansi-language: EN-US;"><i>Collins, Randall </i>(2005): Interaction Ritual
Chains. </span>Princeton</span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><i>Durkheim, Emile</i> (1984): Die
Regeln der soziologischen Methode. Frankfurt am Main</span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><i>Goffman, Erving</i> (1986): Techniken
der Imagepflege, in ders: Interaktionsrituale. Über Verhalten in direkter
Kommunikation, Frankfurt am Main, S. 10 – 53</span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><i>Latour, Bruno</i> (2008): Wi<span style="font-size: small;">r</span> sind
nie modern gewesen. Versuch einer symmetrischen Anthropologie. Frankfurt am
Main</span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><i>Latour, Bruno</i> (2010): Eine neue
Soziologie für eine neue Gesellschaft. Frankfurt am Main</span></div>
<div style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><i>Luhmann, Niklas</i> (1984): Soziale
Systeme. Grundriß einer allgemeinen Theorie. Frankfurt am Main</span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><i>Luhmann, Niklas</i> (1991): Sthenographie und Euryalistik. In: Gumbrecht,
Hans Ulrich/Pfeiffer, K. Ludwig (Hrsg.): Paradoxien, Dissonanzen und Sinnzusammenbrüche.
Frankfurt am Main. S. 58 - 82</span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><i>Luhmann, Niklas</i> (1997): Die
Gesellschaft der Gesellschaft. Frankfurt am Main</span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><i>Luhmann, Niklas</i> (2005a): Erleben
und Handeln. In: ders: Soziologische Aufklärung 3. Soziales System,
Gesellschaft, Organisation. Wiesbaden 4. Auflage. S. 77 - 92</span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><i>Luhmann, Niklas</i> (2005b):
Schematismen der Interaktion. In: ders: Soziologische Aufklärung 3. Soziales
System, Gesellschaft, Organisation. Wiesbaden 4. Auflage. <span lang="EN-US" style="mso-ansi-language: EN-US;">S. 93 – 114</span></span><br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span lang="EN-US" style="mso-ansi-language: EN-US;"><i>Serres, Michel</i> (1987): Der Parasit. Frankfurt am Main </span></span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span lang="EN-US" style="mso-ansi-language: EN-US;"><i>Spencer-Brown, George</i> (1997): Laws Of Form. </span>Gesetze
der Form, Lübeck</span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><i>Tarde, Gabriel</i> (2009):
Monadologie und Soziologie. Frankfurt am Main</span><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span style="font-size: 11pt; line-height: 115%;"> </span></span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-size: small;"><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span style="line-height: 115%;"><i>Walkow, Roland</i> (2008): Über Form und Funktionswandel
von Ritualen. Rituale im Spiegel ausgewählter Theorien. Saarbrücken</span></span></span></div>
Beobachter der Modernehttp://www.blogger.com/profile/07362668989286039861noreply@blogger.com4tag:blogger.com,1999:blog-6126280343808346420.post-41394110283447040052013-02-13T19:20:00.000+01:002016-09-15T06:49:46.155+02:00Das Unbehagen an der Systemtheorie<!--[if gte mso 9]><xml>
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<br />
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Diesem Blog dient unter anderem
die soziologische Systemtheorie Niklas Luhmanns als Grundlage für die hier
vorgestellten Gedanken. Bereits mit dem Namen „Beobachter der Moderne“ wird
Niklas Luhmann die Reverenz erwiesen. Seine Theorie der Gesellschaft erregt bis
heute vor allem dadurch Aufsehen, dass sie Menschen nicht mehr als Teile der
Gesellschaft betrachtet wie dies klassische soziologische Theorien getan haben
und viele soziologische Ansätze bis heute tun. Der Grund für diese
Theorieentscheidung ist die Annahme, dass soziale Systeme operativ geschlossen
sind. Das bedeutet die jeweiligen Operationen eines sozialen Systems schließen
rekursiv an die eigenen Operationen an. Dass dies nicht nur eine theoretische Annahme
ist, sondern auch eine empirische Tatsache lässt sich schon allein dadurch
einsichtig machen, dass auch psychische Systeme operativ geschlossen sind.
Gedanken schließen immer nur an Gedanken an. Sie schließen operativ immer an
die eigenen Gedanken an und niemals an fremde Gedanken. Und genauso wie
Operationen eines psychischen Systems niemals in die Operationen eines anderen
psychischen Systems eingreifen können, so können auch die Operationen eines
sozialen Systems niemals in die Operationen eines psychischen Systems
eingreifen. Wenn man die Gesellschaft als ein soziales System beschreibt,
dessen Operationen sich von denen psychischer Systeme unterscheiden, dann
können mit Psychen ausgestattete Menschen nicht Teile der Gesellschaft sein,
sondern sie müssen zur Umwelt der Gesellschaft gehören.</span><br />
<a name='more'></a><br />
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Ob es einem gefällt oder nicht,
hinter diesen Befund kommt man nicht mehr zurück. Die Anschlussfähigkeit
soziologischen Wissens wird sich unter anderem auch daran erweisen, ob diese
Problemstellung ernst genommen wird oder nicht. So vermag denn auch der
<i>moralische</i> Vorwurf der Inhumanität nicht wirklich überzeugen. Dieser gründet
auf dem Eindruck Systemtheoretiker wollten die Menschen aus der Gesellschaft
ausschließen. Sofern es nur um die Theorieentscheidung geht, ist diese
Beobachtung vollkommen zutreffend. Diese jedoch moralisch zu kritisieren, zeigt
dass diejenigen, die die soziologische Systemtheorie auf diese Weise
beobachten, letztlich die nicht ernst nehmen, um die es eigentlich geht, nämlich
die vermeintlich ausgeschlossenen Menschen. Genauer gesagt, missachten die
moralischen Kritiker der Systemtheorie die operative Autonomie psychischer
Systeme. Der Vorwurf der Inhumanität dient letztlich nur dazu die eigenen
Exklusionsängste zu artikulieren. Diese sind im Anbetracht ihrer grobschlächtigen
Beobachtungsweise durchaus berechtigt. Würde man sich aber genauer mit den
Gründen für die kritisierte Theorieentscheidung auseinander setzen, könnte man
sehen, dass die soziologische Systemtheorie der falsche Adressat für diese Art
von Kritik ist. Mit dem Aufkommen der Akteur-Netzwerk-Theorie können sich
Systemtheoretiker zumindest damit trösten, dass sie nicht mehr die alleinige
Zielscheibe für den Vorwurf der Inhumanität sind.</span><br />
<br />
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Die operative Autonomie
psychischer Systeme zu ignorieren, hieße auch sich den Blick für <i>das
Bezugsproblem der Soziologie</i> zu verstellen. In klassischer Weise wird es als
Frage nach dem Zusammenhalt der Gesellschaft gestellt. Wenn jedoch die
Operationen eines psychischen Systems nicht in die Operationen eines anderen
psychischen Systems eingreifen können, dann verschärft sich sogar noch die
Problemstellung indem man fragen muss, wie Gesellschaft überhaupt möglich ist?
Eine Antwort kommt in den Blick, wenn man nach der spezifisch <i style="mso-bidi-font-style: normal;">sozialen</i> Operation fragt im Unterschied
zu den Operationen psychischer Systeme. Psychische Systeme benötigen nur <i style="mso-bidi-font-style: normal;">ein</i> System, um sich zu reproduzieren –
sich selbst. Soziale Systeme sind dagegen auf <i style="mso-bidi-font-style: normal;">mindestens zwei</i> psychische Systeme in ihrer Umwelt angewiesen, um
sich reproduzieren zu können. Die Frage nach dem Zusammenhalt der Gesellschaft
transformiert sich mit der Annahme der operativen Autonomie von Systemen in die
Frage, wie es zwei für einander operativ unerreichbaren psychischen Systemen möglich
ist ihr Handeln an einem gemeinsamen Ziel auszurichten? Aus dem Koordinationsproblem
von mindestens zwei Menschen erwächst damit die konstituierende Problemstellung
der Soziologie und unterscheidet sich zunächst von der Psychologie als
Wissenschaft von der Funktionsweise psychischer Systeme. Soziale Systeme sind
somit Sequenzen von Handlungsketten. Wobei Handlungen die einzelnen Ereignisse
sind, die erst in Bezug aufeinander zur Kommunikation werden. Folgt auf eine
Handlung keine Anschlusshandlung, kann man auch nicht von Kommunikation
sprechen.</span><br />
<br />
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Die Beteiligung von mindestens
zwei Menschen schließt es aus, dass eine soziale Situation vollständig durch
einen der beteiligten Menschen kontrolliert werden kann. Es kommt hinzu, dass
die beteiligten Menschen die gleiche Situation jeweils aus einer anderen
Perspektive beobachten und trotzdem ihre Handlungen aufeinander abstimmen
müssen, um ein gemeinsames Ziel zu erreichen. Der Begriff „sozial“ stellt damit
auf ein gleichgerichtetes Erleben von mindestens zwei Menschen ab. Wenn die
operative Geschlossenheit psychischer Systeme genau das verhindert, stellt sich die Frage, wie der Eindruck von Intersubjektivität trotzdem zustande
kommen kann <a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/02/das-unbehagen-der-systemtheorie.html#fn001" id="anker001">[1]</a>? Der Begriff „sozial“ bezeichnet damit eine <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Problemstellung</i>. Dieses Problem ändert
sich auch nicht, wenn man die Unterscheidungen von Gesellschaft und Natur und
von Mikro- und Makro-Ebene für irrelevant erklärt. Gesellschaft findet überall
dort statt, wo mindestens zwei Menschen miteinander in Kontakt treten. Mit
diesem Problem der <i>Handlungskoordination bei divergentem Erleben der
Beteiligten</i> werden alle Menschen konfrontiert, egal ob es nur zwei oder sieben
Milliarden Menschen betrifft. Dieses Problem ist der Anlass für die Emergenz
sozialer Systeme (vgl. Luhmann 1984, S. 162). Dies sei im Hinblick auf
theoretische Ansätze bemerkt, die voreilig ein Ende des Sozialen ausrufen
wollen (Latour 2001, S. 1f.). Das würde bedeuten die konstituierende
Problemstellung der Soziologie aufzugeben. Die Antwort, die die soziologische
Systemtheorie auf die Frage, wie der Eindruck gelingender Intersubjektivität
entstehen kann, gibt, lautet: durch <i>Kommunikation</i>.</span><br />
<br />
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Trotz der theoretischen und
empirischen Plausibilität von Luhmanns Theorieentscheidung stellen sich doch
spätestens dann Phantomschmerzen ein, wenn es darum geht über den Menschen aus
systemtheoretischer Perspektive noch etwas Sinnvolles zu sagen. Um dieses
Unbehagen zu kompensieren, wurde in diesem Blog von Anfang an nicht
ausschließlich auf Niklas Luhmanns Systemtheorie gesetzt. Wenn hier vom
Sozialen im Unterschied zum Psychischen gesprochen wird, dann kann das Soziale
zwar nicht auf das Psychische reduziert werden, trotzdem sind soziale Systeme
und psychische Systeme strukturell miteinander gekoppelt. Das heißt nichts
anderes als dass es ohne psychische Systeme keine sozialen Systeme gibt. Für
die Analyse von sozialen Systemen ist es daher unerlässlich auch das psychische
Erleben der Menschen zu berücksichtigen. Eine soziologische Beschreibung, die
sich nur auf soziale Systeme konzentriert, würde nur ein halbes Bild zeichnen.
Systemtheorie-intern wird mit diesem Problem das Theoriestück der
<i>Interpenetration</i> (vgl. Luhmann 1984, S. 148 – 190) tangiert. Interpenetration
beschreibt die wechselseitige Bereitstellung von systemeigener Komplexität, um
die relevante Umwelt systemintern konstruieren zu können. Peter Fuchs – ein
Schüler von Niklas Luhmann – hat das Thema Interpenetration unter dem Stichwort
konditionierte Koproduktion (vgl. Fuchs 2002) behandelt und inzwischen Luhmanns
Systemtheorie zu einer <a href="http://www.institut-ast.de/">Allgemeinen Theorie der Sinnsysteme</a> weiterentwickelt. Aufgrund der Überlegung, dass
sowohl soziale als auch psychische Systeme im Medium Sinn operieren, sieht er
eine Möglichkeit über die Grenze von sozialen Systemen hinaus zu gehen, um die
konditionierte Koproduktion zwischen sozialen und psychischen Systemen zu
beschreiben. Obwohl diesem Lösungsweg auch hier im Prinzip gefolgt wird, blieb
das Unbehagen weiter bestehen.</span><br />
<br />
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Dieses Unbehagen bezieht sich auf die meisten Versuche Luhmanns soziologische Systemtheorie
weiterzuentwickeln. Analysen der neueren Systemtheorien bleiben heute zumeist
in der Beschreibung von Oberflächenphänomenen stecken. Das liegt daran, dass
sich die Annahme der operativen Geschlossenheit sozialer und psychischer
Systeme als eine große Herausforderung entpuppt hat, die bis heute noch nicht
adäquat gemeistert wurde. Dafür lassen sich drei Anzeichen finden:</span><br />
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><i style="mso-bidi-font-style: normal;"><br /></i></span>
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><i style="mso-bidi-font-style: normal;">Zum Ersten</i> hat sich die systemtheoretische Beobachtung zumeist auf
die Analyse der Sachdimension konzentriert, ohne sich für die jeweiligen
Perspektiven der Beteiligten zu interessieren. Es wurde, mit anderen Worten, die
Sozialdimension vergessen, die sich auf das Erleben der Kommunikationspartner
bezieht. Daraus entwickelte sich das Missverständnis, dass eine Versachlichung
zu einer konfliktfreien Kommunikation führen könnte. Aufgrund dessen wird in
radikalen Ausprägungen der Systemtheorie die Beobachtung von Menschen und ihren
Motiven geradezu tabuisiert. Es reicht auch nicht aus die verschiedenen
Möglichkeiten der Beobachtung als kontingent abzuqualifizieren. Das wäre selbst
nur eine Lösungsstrategie, um mit Kontingenz als Problem umzugehen, die das
individuelle Erleben der Menschen missachtet. Diese Hoffnung auf eine
Versachlichung wird jedoch bis heute enttäuscht. Stattdessen zeigt sich immer
wieder, dass es das unterschiedliche bzw. kontingente Erleben und Beobachten
von Sachverhalten ist, welches Konflikte auslöst.<i style="mso-bidi-font-style: normal;"> </i></span><br />
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><i style="mso-bidi-font-style: normal;"><br /></i></span>
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><i style="mso-bidi-font-style: normal;">Zum Zweiten</i> wurde im Anschluss an die Annahme der operativen
Geschlossenheit sozialer Systeme Luhmanns Systemtheorie häufig radikal
konstruktivistisch ausgelegt. Dies zeigte sich am deutlichsten an der
<a href="http://beobachterlab.blogspot.com/2014/11/dass-es-soziale-systeme-gibt-muss-sich.html">Diskussion von Luhmanns Aussage „es gibt Systeme“</a> (1984, S. 16). Dass diese
Aussage auch seitens der Wissenschaft häufiger mit dem solipsistischen Einwand
kritisiert wurde, dass man das ja gar nicht wissen könne, ist schon etwas
absurd. Stellt man die Wirklichkeit der zu erforschenden Gegenstände in Zweifel,
dann erforscht man nicht die Wirklichkeit, sondern nur noch das, was man dafür hält.
Dann bleibt nichts anderes mehr übrig als sich mit sich selbst zu beschäftigen.
Allerdings kann man dann nur noch schwerlich einen Anspruch auf
Wissenschaftlichkeit erheben, denn ohne die Annahme, dass es beobachtbare
Systeme in einer gemeinsam geteilten Umwelt gibt, kann man nicht ernstlich den
Anspruch erheben diese erforschen zu wollen. Man muss die zu erforschenden
Gegenstände nicht Systeme nennen. Es reicht die Annahme von
Untersuchungsgegenständen, die unabhängig von der Frage, wie man sie
beobachtet, existieren.<i style="mso-bidi-font-style: normal;"> </i></span><br />
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><i style="mso-bidi-font-style: normal;"><br /></i></span>
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><i style="mso-bidi-font-style: normal;">Zum Dritten</i> konzentrieren sich systemtheoretische Analysen heute
zumeist auf die Rekonstruktion von sozialen Problemen, ohne sich dafür zu
interessieren, ob und wie diese Probleme durch die Betroffenen gelöst werden.
Diese Probleme werden lediglich als Paradoxien rekonstruiert. Paradoxien
blockieren jedoch die Beobachtung, d. h. es ist kein Unterscheiden und Bezeichnen möglich. Damit handelt es sich um ein
erkenntnistheoretisches Problem. </span><span style="font-family: arial, helvetica, sans-serif;">Statt die selbsterzeugten Probleme zu lösen, berauscht man sich an der Betrachtung der Paradoxie. </span><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Luhmann nannte das <a href="http://beobachterlab.blogspot.com/2015/05/uber-sthenographie-zum-problem-von.html">Sthenographie</a> (vgl.
Luhmann 1991, S. 58). Das erlaubt jedoch nur einen Blick
in die Unendlichkeit bzw. auf die selbsterzeugte Unbestimmtheit. Was das allerdings bei einem
soziologisch interessierten Publikum auslöst, hat sich bisher niemand gefragt.
Das ist allerdings ein Merkmal, dass nicht nur neuere Systemtheorien
kennzeichnet, sondern auch viele andere soziologische, kulturwissenschaftliche
und philosophische Ansätze - vor allem solche, die sich als </span><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">„kritisch“ bezeichnen. Problembewusstsein allein reicht jedoch nicht aus. Wenn
man keine Lösungen anbieten kann, dann spielt man lediglich mit den Ängsten
der Menschen.</span><br />
<br />
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Alle drei Anzeichen hängen
miteinander zusammen. Ihre Beschreibung kann an dieser Stelle notgedrungen nur
idealisiert erfolgen. Die Einzelprobleme treten fallweise in unterschiedlicher
Ausprägung auf. Im Ergebnis hat sich bei der Luhmann-Rezeption aber trotzdem
die Ansicht durchgesetzt, man könnte für die Analyse sozialer Prozesse das
Erleben der beteiligten Menschen als Einflussfaktoren mehr oder weniger
vernachlässigen. Die auf diese Weise entstandenen Gesellschaftsbeschreibungen
haben jedoch gravierende Konsequenzen für das Verhältnis zwischen Mensch und
Gesellschaft. Es entsteht der Eindruck, dass Menschen in neueren Systemtheorien
lediglich als Marionetten sozialer Systeme aufgefasst werden, die jedoch keine
Möglichkeiten haben durch ihr Handeln gesellschaftliche Strukturen verändern zu
können <a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/02/das-unbehagen-der-systemtheorie.html#fn002" id="anker002">[2]</a>. Das ist empirisch schlicht falsch und somit auch methodisch
unbefriedigend. Darüber hinaus haben solche die Menschen vernachlässigenden
Gesellschaftsbeschreibungen fatale Folgen auf die Erlebnisverarbeitung in der
zwischenmenschlichen Begegnung – speziell im Erkennen von Handlungsmöglichkeiten
<a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/02/das-unbehagen-der-systemtheorie.html#fn003" id="anker003">[3]</a>. Mit solch einer die Menschen verachtenden Theorie profiliert man sich höchstens als Ideengeber für kalte Sozialtechnologen.</span><br />
<br />
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Die vergessene Sozialdimension,
die Fixierung auf Paradoxien und der metaphysische Solipsismus sind jedoch nur
Symptome eines viel tieferliegenden Problems, nämlich das <i>Fehlen einer
emotionssoziologischen Perspektive</i> in Luhmanns Systemtheorie. Das menschliche
Erleben ist nicht nur auf das Prozessieren von Gedanken und Wahrnehmungen
beschränkt, sondern schließt auch Gefühle mit ein. Und Gefühle können die Art
und Weise, wie Menschen sich an Kommunikation beteiligen, maßgeblich beeinflussen,
weil sie das Erleben beeinflussen. Das ist eine der Hauptbotschaften von
Randall Collins‘ Analysen von Interaktionsritualen (vgl. 2005) <a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/02/das-unbehagen-der-systemtheorie.html#fn004" id="anker004">[4]</a>. Es gibt unzählige
empirische Beispiele für die Bedeutung der Gefühle für Kommunikationsprozesse,
so dass diese auch durch eine soziologische Systemtheorie nicht ignoriert
werden können. Bisherige Versuche sich diesem Thema zu öffnen, blieben
erfolglos <a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/02/das-unbehagen-der-systemtheorie.html#fn005" id="anker005">[5]</a>. Der Zugang wurde über die systemtheoretische Beobachtungstheorie
gewählt, welche lediglich danach fragt, wie Gefühle beobachtet werden. Zwar sieht
man dann noch die Funktion von Gefühlen als Reflexionssperre, um mit
gesellschaftlich erzeugter Kontingenz umzugehen (Fuchs 2004, S. 106f.). Spannend
wird es aber erst bei der Frage, wie diese Formen der psychischen
Komplexitätsreduktion bzw. Unsicherheitsabsorption Kommunikation beeinflussen –
besonders dann, wenn diese selbst wiederum ein Ergebnis von
Sozialisationsprozessen sind. Es reicht also nicht aus, zu beobachten, wie
Gefühle beobachtet werden, sondern man muss selbst ein Beobachtungsangebot machen, wie das rekursive Rückkopplungsverhältnis zwischen Kommunikation und menschlichem
Erleben beschrieben werden kann.</span><br />
<br />
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Luhmanns soziologische
Systemtheorie steht auf drei Füßen, die sich den drei Sinndimensionen zuordnen
lassen (vgl. Luhmann 2005, S. 213). So deckt die Theorie der
Systemdifferenzierung die Sachdimension ab, die Evolutionstheorie dient der
Beschreibung der Zeitdimension und die Theorie der symbolisch generalisierten
Kommunikationsmedien zielt auf die Sozialdimension. Aufgrund der
Vernachlässigung der Funktion von Gefühlen für das Erleben der
Kommunikationspartner muss festgestellt werden, dass der Anspruch durch die
Theorie symbolisch generalisierter Kommunikationsmedien auch den sozialen
Aspekt abzudecken nur zum Teil eingelöst wurde. Durch die Integration von
George Spencer-Browns Formenkalkül (vgl. 1997) in seine Systemtheorie gelang
Luhmann sicherlich eine Innovation bei der Semantikanalyse und der Bestimmung
der kreativen Funktion von Paradoxien. Da er jedoch die Funktion der Gefühle
für die Unsicherheitsabsorption psychischer Systeme unberücksichtigt ließ, muss
seine Systemtheorie notgedrungen unvollständig bleiben. </span><br />
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><br /></span>
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Ein Ziel, das mit
diesem Blog verfolgt wird, ist es dieses Defizit zu beheben. Die
vorangegangenen Texte über das sogenannte <a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2012/12/kontingenz-kritik-und-das-internet-2.html">Trollen</a>
und über <a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/01/voruberlegungen-zu-einer.html">Amokläufer</a>
haben versucht anzudeuten, wie dieses Defizit behoben werden kann. Dabei sollte
deutlich geworden sein, dass sich Luhmanns Systemtheorie nicht nur für
begriffliche Glasperlenspiele eignet, sondern mit den notwendigen Modifikationen
durchaus einen Beitrag zum Verständnis aktueller sozialer Probleme liefern
kann. Damit wird es möglich die geschlossene Wolkendecke Richtung Erde zu
durchbrechen, um erste Aufklärungsflüge zu wagen. Die kommenden Beiträge werden
sich mit Konsequenzen auseinandersetzen, die die hier vorgeschlagenen
Modifikationen auf einzelne Teile von Luhmanns soziologischer Systemtheorie
haben.</span><br />
<br />
<br />
<a class="twitter-share-button" count="" data-lang="de" data-url="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/02/das-unbehagen-der-systemtheorie.html" data-via="GorgonObserver" href="https://twitter.com/share"><span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Twittern</span></a>
<script>!function(d,s,id){var js,fjs=d.getElementsByTagName(s)[0],p=/^http:/.test(d.location)?'http':'https';if(!d.getElementById(id)){js=d.createElement(s);js.id=id;js.src=p+'://platform.twitter.com/widgets.js';fjs.parentNode.insertBefore(js,fjs);}}(document, 'script', 'twitter-wjs');</script>
<br />
<br />
<br />
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/02/das-unbehagen-der-systemtheorie.html#anker001" id="fn001">[1]</a> Mit Luhmanns
Problemkonstruktion des Sozialen wird auch verständlich, was Garbiel Tarde mit
Interpsychologie meinte. Dieser paradoxe Begriff<span style="mso-spacerun: yes;"> </span>- genauso wie Intersubjektivität – bezieht
sich auf die Problemstellung der Handlungskoordination bei divergentem Erleben.
Gesellschaft ist dann aber nicht bloße Nachahmung sondern Kommunikation und die
Nachahmungsstrahlen könnte man zunächst als Interaktionsritualketten und im
hier vorgeschlagenen Ansatz als Kommunikationssequenzketten beschreiben.
Nachahmung ist dann lediglich <i style="mso-bidi-font-style: normal;">eine</i>
Lösung des sozialen Problems, aber nicht die einzige.</span><br />
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">In diesem Sinne ist Tarde ein
Funktionalist. Es ist bemerkenswert, dass er einen ausgeprägten Sinn für
funktionale Äquivalente besitzt. Nachahmung löst aber immer nur dasselbe
Problem auf verschiedene Weise. Für seine Zwecke reicht es zu sehen, <i style="mso-bidi-font-style: normal;">dass</i> es geschieht, denn es geht Tarde um
den Entwurf einer Evolutionstheorie der Gesellschaft und die Beschreibung der
Variations-, Selektions- und Restabilisierungsmechanismen – Tarde spricht von
drei Phasen (vgl. 2009, S. 323). Für eine funktionale Analyse der sozialen
Problemstellung ist der Nachahmungsbegriff jedoch zu unterkomplex, da er nicht
in den Blick bekommt, <i style="mso-bidi-font-style: normal;">wie</i> das soziale
Problem gelöst wird und dass die soziale Problemstellung selbst
ausdifferenziert wird im Sinne der Systembildung in Systemen. In anderen
Worten, mit den Gesetzen der Nachahmung lässt sich nicht die funktionale
Differenzierung der Gesellschaft beschreiben. Nichts desto trotz sollte man die
Gesetze der Nachahmung nicht vorschnell beiseiteschieben, denn sie enthalten
einen Begriffsapparat zur Analyse evolutionärer Erfolge von
Kommunikationsangeboten.</span><br />
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/02/das-unbehagen-der-systemtheorie.html#anker002" id="fn002">[2]</a> Wobei lediglich Strukturen
auf den Ebenen der Systembildung Interaktion und Organisation veränderbar sind,
nicht jedoch die Funktionsbedingungen von Kommunikation selbst.</span><br />
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/02/das-unbehagen-der-systemtheorie.html#anker003" id="fn003">[3]</a> Dieses Problem wird in
einem der kommenden Beiträgen ausführlicher behandelt.</span><br />
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/02/das-unbehagen-der-systemtheorie.html#anker004" id="fn004">[4]</a> Randall Collins ist natürlich
nicht der einzige Soziologe, der die Bedeutung von Gefühlen für die Soziologie
erkannt hat. Aktuell ist hier auch Eva Illouz hervorzuheben (vgl. 2006; 2009).
Gleichwohl war das Thema seit der Entstehung der Soziologie präsent.
Bereits Gabriel Tarde berücksichtige Gefühle in seinen Gesetzen der Nachahmung unter
den außerlogischen Einflüssen (vgl. 2009, S. 214ff.) und Durkheim wurde in
seiner Religionsstudie auf sie aufmerksam (vgl. 1981).</span><br />
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/02/das-unbehagen-der-systemtheorie.html#anker005" id="fn005">[5]</a> Siehe als Beispiel für das
ratlose Schulterzucken von Systemtheoretikern gegenüber Gefühlen Fuchs (2004).<b style="mso-bidi-font-weight: normal;"><span lang="EN-US" style="mso-ansi-language: EN-US;"> </span></b></span><br />
<br />
<br />
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><b style="mso-bidi-font-weight: normal;"><span lang="EN-US" style="mso-ansi-language: EN-US;">Literatur</span></b><span lang="EN-US" style="mso-ansi-language: EN-US;"> </span></span><br />
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><span lang="EN-US" style="mso-ansi-language: EN-US;">Collins, Randall (2005): Interaction Ritual
Chains. </span>Princeton</span><br />
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Durkheim, Emile (1981): Die
elementaren Formen des religiösen Lebens. Frankfurt am Main</span><br />
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Fuchs, Peter (2002): Die
konditionierte Koproduktion von Kommunikation und Bewußtsein. In: Arbeitsgruppe
»menschen formen« (Hrsg.): Ver-Schiede der Kultur. Aufsätze zur Kippe
kulturanthropologischen Nachdenkens. Marburg. S. 150 - 175</span><br />
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Fuchs, Peter (2004): Wer hat wozu
und wieso überhaupt Gefühle? In: Soziale Systeme 10, S. 89 – 110</span><br />
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Illouz, Eva (2006): Gefühle in
Zeiten des Kapitalismus. Frankfurt am Main</span><br />
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Illouz, Eva <span style="mso-bidi-font-family: Arial;">(2009): Die Errettung der modernen Seele.
Frankfurt am Main</span> </span><br />
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><a href="http://www.bruno-latour.fr/sites/default/files/downloads/82-TARDE-DE.pdf">Latour,
Bruno (2001): Gabriel Tarde und das Ende des Sozialen</a><span class="MsoHyperlink"><span style="mso-spacerun: yes;"> </span></span> </span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Luhmann, Niklas (1984): Soziale
Systeme. Grundriß einer allgemeinen Theorie. Frankfurt am Main</span><br />
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Luhmann, Niklas (1991):
Sthenographie und Euryalistik. In: Gumbrecht, Hans Ulrich/Pfeiffer, K. Ludwig
(Hrsg.): Paradoxien, Dissonanzen und Sinnzusammenbrüche. Frankfurt am Main. S.
58 - 82<span class="MsoHyperlink"><span style="text-decoration: none;"> </span></span></span><br />
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><span class="MsoHyperlink"><span style="text-decoration: none;">Luhmann,
Niklas (2005): Einführende Bemerkungen zu einer Theorie symbolisch
generalisierter Kommunikationsmedien. In: ders: Soziologische Aufklärung 2.
Aufsätze zur Theorie der Gesellschaft. Wiesbaden 5. Auflage. S. 212 – 240</span></span><span lang="EN-US" style="mso-ansi-language: EN-US;"> </span></span><br />
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><span lang="EN-US" style="mso-ansi-language: EN-US;">Spencer-Brown, George (1997): Laws Of Form. </span>Gesetze
der Form. Lübeck</span><br />
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Tarde, Gabriel (2009): Die
Gesetze der Nachahmung. Frankfurt am Main</span></div>
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">
</span>Beobachter der Modernehttp://www.blogger.com/profile/07362668989286039861noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-6126280343808346420.post-34670381359394634182013-01-08T20:55:00.001+01:002016-01-10T11:48:50.304+01:00Vorüberlegungen zu einer systemtheoretischen Image-Theorie am Beispiel des Amokläufers<!--[if gte mso 9]><xml>
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<br />
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2012/12/kontingenz-kritik-und-das-internet-2.html">Der
letzte Blog-Beitrag</a>, der sich der Analyse des sogenannten Trollens widmete,
wurde am 6. Dezember 2012 veröffentlicht. Acht Tage später bekam eine Passage
des Textes „Kontingenz, Kritik und das Internet“ unerwarteterweise eine
traurige Aktualität:<i style="mso-bidi-font-style: normal;"> </i></span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><i style="mso-bidi-font-style: normal;">„Es kann zwar vermutet werden, dass es sich bei den meisten Trollen um
Personen handelt, die sich aufgrund ihrer strengen moralischen, politischen
oder religiösen Ansichten mehr oder weniger selbst isoliert haben. Trotzdem
sollte man sich darüber im Klaren sein, was es bedeutet, wenn eine Person mit
einer derartig hohen Aufladung an negativen Emotionen wieder in die Lebenswelt
anderer Menschen einbricht. Durch das Mobbing via Internet kann man eine vage
Ahnung davon bekommen. Das Spektrum reicht wahrscheinlich von Mobbing über
Stalking bis tätlichen Angriffen, Terror und im schlimmsten Fall Amokläufen.“</i> </span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Die Rede ist vom <a href="http://www.spiegel.de/panorama/justiz/amoklauf-taeter-soll-mutter-in-sandy-hook-grundschule-erschossen-haben-a-873069.html">Amoklauf
des zwanzigjährigen Adam Lanza</a> in der Stadt Newton im US-Bundesstaat
Connecticut am 14. Dezember 2012. Über die Motive von Adam Lanza rätselt man
bis heute.</span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Die im <a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2012/12/kontingenz-kritik-und-das-internet-2.html">Troll-Text</a>
implizit enthaltene These lautete, dass es sich bei Amokläufen ebenso wie beim
Trollen um eine <i>Folgeerscheinung von sozialen Exklusionsprozessen</i> handelt. Ausgehend
von einer interaktionstheoretischen Perspektive wurde versucht das Muster
sozialer Prozesse zu beschreiben, die Menschen dazu treibt Situationen mit
face-to-face-Kontakten zu meiden, welche psychologischen Folgen diese sozialen
Exklusionsprozesse auf die betroffenen Menschen haben und wie sich diese
psychologischen Folgen wieder in Kommunikationsprozessen bemerkbar machen.
Amokläufe sind die extremste Form in der sich soziale Entfremdung ausdrückt. Um
solche tragischen Ereignisse künftig verhindern zu können, gilt es die Ursachen
dafür zu identifizieren. Erklärungsangebote gibt es einige. So wurden wenig
überraschend wieder die Ego-Shooter für solche Taten verantwortlich gemacht.
Ebenso erwartbar wurde auch die laxe Waffengesetzgebung der USA genannt. Aber
es gab auch einen neuen Erklärungsansatz der in der fehlenden
Krankversicherungspflicht die Ursache für Amokläufe sieht, weil auf diese Weise
vielen US-amerikanischen Staatsbürgern die Möglichkeit genommen wird benötigte
psychologische Hilfe in Anspruch zu nehmen.</span><br />
<a name='more'></a><br />
<br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Im Folgenden soll eine
soziologische Deutung von Amokläufen vorgenommen werden. Den theoretischen
Ausgangspunkt dafür bildet eine Kombination aus der soziologischen
Systemtheorie Niklas Luhmanns, der Interaktionstheorie Erving Goffmans und die
an Goffman anschließende Emotionssoziologie von Randall Collins. Die besondere
Schwierigkeit bei einer Analyse von Amokläufen besteht in den spärlichen
Informationen über Amokläufer. Man kann immer nur im Nachhinein darüber
spekulieren, wie es zu diesem Ereignis kam. Schon die Motive des Täters bleiben
im Dunkeln, da dieser sich in den meisten Fällen am Ende der Tat selbst richtet.
Auch die folgenden Überlegungen müssen daher hoch spekulativ bleiben. Trotzdem
lohnt es sich das Phänomen der Amokläufe vor dem Hintergrund der modernen
Gesellschaft zu interpretieren. Auf diese Weise lassen sich Amokläufe durch die
gesellschaftsstrukturellen Bedingungen der Moderne verstehen. Dafür ist es
zunächst notwendig die relevanten Aspekte der modernen Gesellschaft
darzustellen <a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/01/voruberlegungen-zu-einer.html#kap001" id="anker011">(I.)</a>. Es wird sich zeigen, dass Niklas Luhmanns Theorie der Form
„Person“ <span style="mso-spacerun: yes;"> </span>einige weitreichende
Implikationen auf seine Theorie der funktional differenzierten Gesellschaft haben,
die noch nicht hinreichend ausgearbeitet sind. Um dieses Defizit auszugleichen
wird hier versucht die Theorie der Form „Person“ an Erving Goffmans Image-Begriff
anschlussfähig zu machen und mit Randall Collins Emotionssoziologie in Beziehung
zu setzen <a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/01/voruberlegungen-zu-einer.html#kap002" id="anker012">(II.)</a>. Damit ist die Hoffnung verbunden
Inklusions-/Exklusionsprozesse besser beschreiben zu können. Auf der
erarbeiteten theoretischen Grundlage wird schließlich eine Deutung von
Amokläufen im Kontext der modernen Gesellschaft erfolgen <a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/01/voruberlegungen-zu-einer.html#kap003" id="anker013">(III. - V.)</a>.</span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: center;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/01/voruberlegungen-zu-einer.html#anker011" id="kap001">I.</a></span><br />
<div style="text-align: left;">
<br /></div>
</div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Im Anschluss an Niklas Luhmanns
soziologische Systemtheorie liegt den folgenden Überlegungen die Annahme zu
Grunde, dass die moderne Gesellschaft funktional differenziert ist (vgl. 1997).
Der Begriff Gesellschaft bezeichnet die Gesamtheit der stattfindenden
Kommunikation. <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Kommunikation</i> ist
alles das was <i>zwischen</i> Menschen stattfindet. </span><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Beschreibt man Gesellschaft als ein
System, dann gibt es in der Umwelt kein vergleichbares System. Oder einfacher
ausgedrückt, es gibt keine Kommunikation außerhalb der Gesellschaft. </span>Als <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Ereignis</i> ist Kommunikation durch eine <i style="mso-bidi-font-style: normal;">dreifache Selektion</i> gekennzeichnet: die Selektion des
Informationsträgers – der <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Mitteilung</i>
-, die Wahl der <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Information</i>en selbst
aus einem Horizont von Möglichkeiten und - sofern die Differenz zwischen
Mitteilung und Information verstanden wurde und dem anschließenden
Kommunikationsereignis zugrunde gelegt wird – das <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Verstehen </i>(vgl. Luhmann 1984, 194ff.). Jedes Kommunikationsereignis
ist eine Synthese dieser drei Selektionen. Versteht man unter Gesellschaft alle stattfindenen Kommunikationsereignisse
wird Gesellschaft damit zu einem prozesshaften Geschehen. </span><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Wenn jedoch an ein vorangegangenes Ereignis
nicht angeschlossen wird, kann man auch nicht von Kommunikation sprechen. </span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Im Laufe der gesellschaftlichen
Evolution haben sich verschiedene Semantiken gebildet, welche die Spielräume
möglicher kommunikativer Anschlüsse einschränken. Das heißt, dass sich die
gesellschaftliche Komplexität im Laufe der Zeit immer weiter erhöht hat und in
der Form funktionaler Differenzierung gegenwärtig den bisher höchsten bekannten
Grad gesellschaftlicher Komplexität angenommen hat. <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Differenzierung</i> meint in diesem Zusammenhang, dass das umfassende
System Gesellschaft intern Subsysteme gebildet hat. Von <i style="mso-bidi-font-style: normal;">funktionaler</i> Differenzierung wird gesprochen, weil sich die Bildung
dieser Subsysteme jeweils an einem bestimmten sozialen Problem auskatalysiert
hat mit dem potentiell jeder Mensch konfrontiert werden könnte. Bei diesen
Subsystemen handelt es sich um die Wirtschaft, die Politik, das Recht, die
Wissenschaft, Kunst, Liebe, Erziehung und die Massenmedien. Jedes einzelne
dieser Funktionssysteme hat sich jeweils der kontinuierlichen Lösung eines
dieser Probleme gewidmet. Keines dieser Bezugsprobleme kann jemals endgültig
gelöst werden. Und keines dieser Funktionssysteme kann eines der anderen
gesellschaftlichen Bezugsprobleme lösen. </span><br />
<br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Jedes dieser Funktionssysteme ist <i style="mso-bidi-font-style: normal;">operativ geschlossen</i> und operiert <i style="mso-bidi-font-style: normal;">autonom</i>. Das heißt, soziale Systeme
reproduzieren ihre Systemelemente – man muss genauer sagen Ereignisse – aus ihren
Systemelementen. Das ist lediglich eine andere Form auszudrücken, dass Kommunikationsereignisse
an Kommunikationsereignisse anschließen. Unter Berücksichtigung der
gesellschaftlichen Rahmenbedingung funktionaler Differenzierung muss man
genauer sagen wirtschaftliche Kommunikationsereignisse in Form von Zahlungen
schließen nur an wirtschaftliche Kommunikationsereignisse an, politische
Kommunikationsereignisse in Form von kollektiv bindenden Entscheidungen
schließen nur an politische Kommunikationsereignisse an usw.. Nichts desto
trotz sind die einzelnen Funktionssysteme <i style="mso-bidi-font-style: normal;">informationell
offen</i>. D. h. trotz ihrer geschlossenen Operationsweise können sie bei der
Beobachtung ihrer Umwelt irritiert werden und systemintern Informationen über
die Umwelt gewinnen. Aufgrund der Nicht-Substituierbarkeit eines
Funktionssystems durch ein anderes Funktionssystem hat sich eine <i style="mso-bidi-font-style: normal;">heterarchische Ordnung</i> der Gesellschaft gebildet (vgl. Luhmann 1997, S. 312f.). Alle
Funktionssysteme operieren gleichberechtigt nebeneinander mit ihrer jeweils
eigenen Systemperspektive. Sie generieren deswegen auch unterschiedliche
Beschreibungen ihrer Umwelt. Heterarchie impliziert demnach auch, dass nicht
mehr die einzig richtige Beschreibung eines kommunikativen Ereignisses möglich
ist. Vielmehr kann jedes Ereignis unter wirtschaftlichen, rechtlichen,
politischen, künstlerischen oder wissenschaftlichen Perspektive beobachtet
werden. Diese Multiperspektivität wird auch <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Polykontexturalität</i>
genannt (vgl. Luhmann 1997, S. 87f.). Heterarchie und Polykontexturalität sind kennzeichnende Merkmale der
modernen Gesellschaft und zugleich die Bedingungen unter denen alle sozialen
Systeme heute operieren müssen.</span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Auch die Menschen müssen ihr
Kommunikationsverhalten an diese Bedingungen anpassen. Das bedeutet, dass es
heute praktisch unmöglich geworden ist in einer sozialen Situation als ganzer
Mensch oder als ganze Person Anerkennung zu finden. Menschen werden vielmehr
unter jeweils systemrelevanten Attributen der <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Form</i><i> </i></span><i><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">„Person“</span></i> <span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">für einzelne soziale Systeme anschlussfähig. Person als
Form bezeichnet in diesem Zusammenhang ein Beobachtungsschema für die soziale
Konstruktion eines Menschen unter jeweils systemrelevanten Gesichtspunkten. So
werden für wirtschaftliche, rechtliche oder erziehende Anschlussfähigkeit jeweils
verschiedene Aspekte einer Person relevant. Die Leistung der Form</span> <span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">„Person“</span> <span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">für
soziale Systeme liegt in der Einschränkung von Verhaltensmöglichkeiten und
sichert dadurch Erwartbarkeit für andere Kommunikationspartner (vgl. Luhmann
2005a, S. 142). Die kommunikative Relevanz von Menschen hängt demnach von der
Beschaffenheit der Form </span><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">„Person“</span> a<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">b. Sobald kommuniziert wird, läuft die soziale
Konstruktion von Menschen als Personen gleichsam automatisch. <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Teilnahmefähigkeit an Kommunikation wird
dann zu dem Gesichtspunkt unter dem Menschen kommunikative Relevanz gewinnen. </i>Wer
an Kommunikation teilnimmt, kann es nicht vermeiden, dass er als Person
beobachtet wird, denn eine mitgeteilte Information muss einem Mitteilenden
zugerechnet werden. Wenn unter Kommunikation ein Ereignis verstanden wird, dass
die drei Selektionen Mitteilung, Information und Verstehen vereint, dann
verweist die Mitteilung nicht nur auf den Informationsträger sondern auch auf die
Person, die diesen Informationsträger und keinen anderen gewählt hat. Hinter
der Unterscheidung der Mitteilung verbirgt sich damit die Frage danach, <i>wie
Menschen an Kommunikation teilnehmen</i>?</span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Bis hier hin wurden lediglich in
aller Knappheit die bekannten Thesen von Niklas Luhmann über die moderne
Gesellschaft vorgestellt. Die letzten Ausführungen sollten deutlich gemacht
haben, dass die Form Person eine grundlegende <i style="mso-bidi-font-style: normal;">soziale Funktion</i> für die Teilnahmefähigkeit von Menschen an
Kommunikation erfüllt. Luhmann war der Meinung, dass das Schema
Inklusion/Exklusion (vgl. Luhmann, 1997, S. 618 – 633; Luhmann 2005b)
ausreichen würde um die Eröffnung und Verhinderung von Teilnahmemöglichkeiten
von Menschen an Kommunikation zu analysieren. Man müsse lediglich beobachten
welche Attribute einer Person für soziale Systeme eine Relevanz besitzen und
damit anschlussfähig werden. Zudem ging Luhmann davon aus, dass die
unterschiedlichen Inklusionsmodi der einzelnen Funktionssysteme verhindern,
dass das Schema Inklusion/Exklusion zu einer Art Supercode wird, der sich in
jede Kommunikationssequenz einschreibt. Die Präferenzcodes der einzelnen
Funktionssysteme brechen gleichsam das Schema Inklusion/Exklusion und stellen personale
Anschlussfähigkeit jeweils nach eigenen Regeln her.</span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Nichts desto trotz gibt es aber
immer noch genügend Kommunikationsgelegenheiten die nicht im Kontext eines
bestimmten Funktionssystems stattfinden. Konzentriert man die Beobachtung auf
die an Kommunikation teilnehmenden Menschen und darauf wie die jeweilige Person
konstruiert wird, muss man feststellen, dass sich die Form </span><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">„Person“</span> <span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><i style="mso-bidi-font-style: normal;">unabhängig</i> von einer bestimmten
Konstellation von <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Alter</i>
(Beobachteter) und <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Ego</i> (Beobachter)
und unabhängig davon ob die beiden <i style="mso-bidi-font-style: normal;">erleben</i>
oder <i style="mso-bidi-font-style: normal;">handeln</i> konstituiert. Die
Funktion der Form </span><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">„Person“</span> d<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">ie Teilnahme an Kommunikation zu ermöglichen, kommt
damit in <i style="mso-bidi-font-style: normal;">jeder</i> Situation zum Tragen
egal ob ein Bezug zu einem bestimmten Funktionssystem besteht oder nicht. Aus
dieser Überlegung wird hier die Konsequenz gezogen, dass es neben den bekannten
Bezugsproblemen der einzelnen Funktionssysteme der Gesellschaft mindestens noch
ein weiteres <i style="mso-bidi-font-style: normal;">gesellschaftsweit
anfallendes Bezugsproblem</i> gibt, nämlich die <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Anschlussfähigkeit der Person</i>. Das Umweltproblem der Teilnahme von
Menschen an Kommunikation transformiert sich für soziale Systeme in die
Problemstellung der Anschlussfähigkeit der Person. Damit soll allerdings nicht
behauptet werden, dass Inklusion/Exklusion doch als eine Art Supercode
fungiert. Es wird vielmehr nur das gesellschaftsweit anfallende Bezugsproblem ausformuliert,
für das Luhmann bereits eine Lösung beschrieben hat – nämlich „ein
Verbindungsmedium zwischen den voll funktionsfähigen Kommunikationsmedien und
der Gesellschaft im übrigen" (Luhmann 1997, S. 409). Luhmann beschrieb das
Wertmedium als dieses Verbindungsmedium, betonte aber dass es sich bei Werten
nicht um ein voll funktionsfähiges Kommunikationsmedium handelt (vgl. Luhmann
1997, S. 408f.). Die daran anschließende Hypothese lautet, dass es sich bei der
Form </span><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">„Person“</span> <span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">ebenso um ein solches Verbindungsmedium handelt.</span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">An dieser Stelle kommt es jedoch
nicht auf das Moment der Verbindung an. Der Verweis soll lediglich deutlich
machen an welcher Stelle in Luhmanns Theorie der Gesellschaft die hier
angestellten Überlegungen ansetzen. Für das Folgende ist es wichtig
festzuhalten, dass <i style="mso-bidi-font-style: normal;">das Problem der
Anschlussfähigkeit der Person in jeder Kommunikationssituation anfällt und
gelöst werden muss unabhängig davon ob es sich um Kommunikationssituationen
handelt, die eine Referenz auf eines der Funktionssysteme haben oder nicht</i>.
Hinsichtlich der Inklusion in die einzelnen Funktionssysteme ergibt sich daraus
eine wichtige Konsequenz. Kommt es in einer konkreten Situation zur Frage nach
der Inklusion in ein Funktionssystem müssen mit dem Ereignis der Inklusion <i style="mso-bidi-font-style: normal;">immer zwei Probleme zugleich gelöst werden</i>:
das Problem die soziale Adresse anschlussfähig zu halten und das jeweilige
Bezugsproblem des Funktionssystems. Dabei handelt es sich nicht nur um ein theorieinternes Problem. So muss die Inklusion in eine
funktionssystem-spezifische Kommunikationssequenz nicht bedeuten, dass es nicht
doch zu einer Beschädigung der sozialen Adresse gekommen ist. Ein Beispiel
dafür wären Personen, die den Ruf haben für Geld alles zu tun. Die Bemühungen
durch die Legalisierung von Prostitution diese Profession von ihrem Negativ-Image
zu befreien und zu einem achtbaren Berufsstand zu machen, setzen genau an
diesem Problem an. Umgekehrt bedeutet das aber auch, dass bei einer Exklusion
aus einer funktionssystem-spezifischen Kommunikationssequenz nicht automatisch
die Form </span><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">„Person“</span> <span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">als soziale Adresse beschädigt wird. Wenn man einen
Gerichtsprozess verliert, bei einer Auktion unterlegen ist oder nicht für eine
freie Arbeitsstelle eingestellt wird, bedeutet das in keinen dieser Fälle einen
Gesichtsverlust oder dass dieses Ereignis als persönliche Kränkung zu verstehen
ist. <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Jeder Kommunikationssequenz ist
damit ein potentieller Konflikt eingeschrieben in Anhängigkeit davon ob man die
Inklusion unter funktionssystemspezifischen Gesichtspunkten betrachtet oder
unter dem Gesichtspunkt dessen was Erving Goffman als Imagepflege bezeichnet </i><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/01/voruberlegungen-zu-einer.html#fn001" id="anker001">[1]</a>.
Obwohl weiterhin im Rahmen von Luhmanns Theorieanlage argumentiert wird, geht
diese Annahme über Luhmanns Theorie der Form </span><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">„Person“</span> <span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">weit hinaus. Die
Tragweite dieser Theorieentscheidung hat Auswirkungen auf Luhmanns gesamte
Gesellschaftstheorie, stellt sie aber nicht in Frage. Sie betont vielmehr die
Notwendigkeit, die Theorie der Form </span><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">„Person“</span> <span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">weiter auszuarbeiten. An dieser
Stelle kann diese Theorie jedoch noch nicht vollständig dargestellt werden. Hier wird
das Phänomen der Amokläufe dazu genutzt um einige zentrale Annahmen
vorzustellen. Deswegen wird im Folgenden nur das Problem personaler Anschlussfähigkeit weiterverfolgt. Die Beziehung zu den Inklusionsmodi der Funktionssysteme kann an dieser Stelle nicht nachgegangen werden.</span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: center;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/01/voruberlegungen-zu-einer.html#anker012" id="kap002">II.</a> </span><br />
<div style="text-align: left;">
<br /></div>
</div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Wie bereits in den
vorangegangenen Texten dieses Blogs liegt auch diesem die Überzeugung zugrunde,
dass Erving Goffmans Image-Begriff dazu geeignet ist die Theorie der Form
‚Person‘ zu ergänzen. Wenn sich in jeder sozialen Situation das Problem der
Anschlussfähigkeit der Person stellt und im Kontext eines bestimmten
Funktionssystems zusätzlich noch das Bezugsproblem des jeweiligen
Funktionssystems reicht es nicht aus sich nur auf die Inklusionsmodi der
Funktionssysteme zu konzentrieren. Und auch für die Analyse von
Kommunikationssequenzen ohne Referenz auf ein bestimmtes Funktionssystem reicht
die Form </span><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">„Person“</span> <span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">nicht aus, weil sie die Bedeutung der Form </span><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">„Person“</span> <span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">für die beobachteten
Menschen unberücksichtigt lässt. Genau dieser Aspekt spielt jedoch für die
Analyse von Inklusions-/Exklusions-Prozesse eine nicht zu unterschätzende
Rolle. Gerade zu diesem Aspekt kann Goffmans Image-Begriff mehr beitragen als
Luhmanns Form </span><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">„Person“</span><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">. Es lohnt sich deswegen zu testen, wie weit sich der
Image-Begriff in Luhmanns Systemtheorie integrieren lässt <a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/01/voruberlegungen-zu-einer.html#fn002" id="anker002">[2]</a>. Der
Ausgangspunkt dafür ist eine wichtige Gemeinsamkeit beider Konzepte. Ebenso wie
Goffman die Funktion des Images für die Teilnahme an Interaktionen betont (vgl.
1986a, S. 11), so betont Peter Fuchs im Anschluss an Luhmann die Notwendigkeit einer
sozialen Adresse für die Teilnahme an Kommunikation (vgl. 1997). Dies ist eine
wichtige und grundlegende Überschneidung beider Ansätze.</span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Goffman definiert das Image „als
der positive soziale Wert […], den man für sich durch die Verhaltensstrategie
erwirbt, von der die anderen annehmen, man verfolge sie in einer bestimmten
Interaktion“ (1986a, S. 10). Das zentrale Moment liegt in der Formulierung "positiver sozialer Wert“, denn sie stellt direkt auf die kommunikative
Anschlussfähigkeit des Image ab. Goffman nimmt genauso wie die
Interaktionsteilnehmer an, dass <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Menschen
etwas daran gelegen ist ein positives Bild von sich zu erzeugen um weiter an
Kommunikation teilnehmen zu können</i>. Aus systemtheoretischer Perspektive
kann man diese Erwartung als direkte Reaktion auf das Problem personaler Anschlussfähigkeit
betrachten. Deswegen wird diese Annahme hier übernommen. Umso mehr fallen dann
Verhaltensstrategien auf, die anscheinend nicht darauf aus sind mit dem Image einen
positiven sozialen Wert zu erwerben. Unter diesem Aspekt wurde bereits im <a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2012/12/kontingenz-kritik-und-das-internet-2.html">vorangegangenen
Blog-Beitrag</a> das Trollen analysiert. Dabei handelt es sich um eine Form via
Internet zu kommunizieren – zumeist durch Beleidigungen. An dieser
Verhaltensstrategie fällt auf, das ohne Rücksicht auf das eigene Image
kommuniziert wird oder – weil man um die negativen Konsequenzen einer solchen
Kommunikationsweise weiß – nur anonym trollt. Trollen beschädigt das Image des
Kommunikationspartners und auf diese Weise auch das Image des Trolls. Es ist
davon aus zu gehen, dass die wenigsten Trolle, das was sie einer Person via Internet mitteilen dieser Person auch direkt ins Gesicht sagen würden. Um sich
vor dieser Imagebeschädigung zu schützen, die ihr eigenes Verhalten auslöst,
kommunizieren die meisten Trolle via Internet nicht unter ihrem Klarnamen. Unter demselben
Aspekt fällt auf, dass auch Amokläufe keine Verhaltensstrategien sind mit der
man einen positiven <i style="mso-bidi-font-style: normal;">sozialen</i> Wert
aufbaut. Am Ende steht nicht nur der soziale Tod sondern auch der leibliche
Tod. Dass sich ein Amokläufer nach seiner Tat selbst richtet, ist eine direkte
Reaktion auf seine zuvor begangene Bluttat. Diese hat das Image des Täters
soweit ruiniert, dass es ihm unmöglich ist mit diesem Stigma weiter zu leben.
Da sich in den meisten Fällen nach der Tat herausstellt, dass sie von langer
Hand geplant war, ist der finale Selbstmord keine Handlung im Affekt. Der
eigene Tod war von Anfang an Teil des Plans. Die Frage, die sich daraus ergibt,
lautet: was treibt einen Menschen zu diesem Schritt? Oben wurden Amokläufe bereits als
Exklusionsphänomen bezeichnet. Im ersten Schritt dies darzustellen, lässt sich nun die Hypothese formulieren, dass <i style="mso-bidi-font-style: normal;">es sich bei Amokläufen um eine Form handelt
mit dem Problem der Anschlussfähigkeit der Person umzugehen</i>. </span><br />
<br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Die Hoffnung
ist, dass sich durch eine stärkere Integration von Goffmans Image-Begriff in
die soziologische Systemtheorie zumindest formal der Prozess beschreiben lässt,
der Menschen zu solch einer Tat befähigt. Bisher wurde Luhmanns
Beschreibung der Form </span><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">„Person“</span> <span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">und Goffmans Image-Begriff synonym verwendet – ohne jedoch aus dem Auge zu verlieren, dass es auch
gravierende Unterschiede zwischen beiden gibt. Nun wird es Zeit diesen
Unterschieden mehr Aufmerksamkeit zu widmen. Der Ausgangspunkt dafür ist die
zentrale Gemeinsamkeit zwischen der Form ‚Person‘ und dem Image-Begriff. Diese
ist jedoch nicht, wie bisher angenommen, die soziale Konstruktion der an
Kommunikation teilnehmenden Menschen. Luhmann geht davon aus, dass psychische
und soziale Systeme über die Form </span><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">„Person“</span> <span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">strukturell gekoppelt sind (vgl.
Luhmann 2005a, S. 145f.). <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Strukturelle
Kopplung</i> bezeichnet ein Verhältnis wechselseitiger Irritation und
Interpenetration zwischen zwei operativ geschlossenen und autonom operierenden
Systemen, die aber trotz der operativen Geschlossenheit auf einander angewiesen
sind. So sind soziale Systeme auf die Beteiligung psychischer Systeme in ihrer
Umwelt angewiesen. Oder einfacher formuliert, ohne Menschen gibt es keine
Kommunikation. Genau das macht Kommunikation erst zu einer <i style="mso-bidi-font-style: normal;">sozialen</i> Operation, denn für die Bildung eines sozialen Systems
sind mindestens zwei Menschen notwendig (vgl. Luhmann 1997, S. 81ff.).</span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Bereits im <a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2012/12/kontingenz-kritik-und-das-internet-2.html">Troll-Text</a>
wurde auf das Verhältnis struktureller Kopplung zwischen psychischen und
sozialen Systemen mit dem Image-Begriff abgestellt, wenn davon ausgegangen wurde, dass in der modernen Gesellschaft nur über das eigene Image
Interpenetration für die beteiligten psychischen Systeme möglich wird. <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Interpenetration</i> bedeutet, dass die an
Kommunikation beteiligten Menschen wechselseitig psychische Eigenkomplexität
bereitstellen müssen um ihre relevante Umwelt in Form der beteiligten
Kommunikationspartner systemintern konstruieren zu können. Dafür wird in hohem
Maße die Imaginationsfähigkeit psychischer Systeme in Anspruch genommen. Das
Image wird damit zu einer Art Schnittstelle zwischen psychischen und sozialen
Systemen ohne dass es jedoch zu einer realen Überschneidung sozialer und
psychischer Operationen kommt. Vielmehr werden psychische Systeme durch das
Image für ihre soziale Umwelt irritierbar, denn es ermöglicht einen Abgleich
zwischen eigenen und sozialen Erwartungen, was schließlich auch zu
Lernprozessen führen kann. Und umgekehrt werden soziale Systeme über das Image für psychische Systeme auf die gleiche Art irritierbar.</span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Aufgrund der
gesellschaftsstrukturellen Bedingung funktionaler Differenzierung wurde davon
ausgegangen, dass <i style="mso-bidi-font-style: normal;">nur noch über das Image
eine psychische Orientierung für die Teilnahme an Kommunikation möglich ist</i>.
Mit dem Übergang zur funktionalen Differenzierung der modernen Gesellschaft
verloren die traditionellen Deutungs- und Verhaltensformen ihre Funktion.
Während die vormoderne Gesellschaft eine quasi externe Bestimmung der sozialen
Position von Menschen vornahm z. B. über biologische Abstammung, geographische oder
standesgemäße Herkunft, spielen solche Formen personaler Identitätsbestimmung
für die Inklusionsmodi der verschiedenen Funktionssysteme der modernen
Gesellschaft keine Rolle mehr. Die symbolisch generalisierten
Kommunikationsmedien Geld, Macht, Recht, Liebe, Wahrheit oder Schönheit
interessieren sich nicht für a priori zugeschriebene, gleichsam naturgegebene
Merkmale weil sie für die Erfüllung einer bestimmten Aufgabe bzw. sozialen
Erwartung keine Rolle spielen <a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/01/voruberlegungen-zu-einer.html#fn003" id="anker003">[3]</a>. Jeder kann Geld verdienen, jeder kann lieben,
jeder kann Kunst machen, jeder kann Wissenschaft betreiben etc. Die
geschlossene, autonome Operationsweise sozialer Systeme erlaubt es den
einzelnen Funktionssystemen nur nach den eigenen Kriterien ihre Umwelt zu
beobachten. Das heißt aber umgekehrt auch, dass soziale Systeme in stärkerem
Maße auf die jeweils systemrelevante Leistungsfähigkeit der Menschen setzen
müssen. <i>Somit werden die Menschen auf sich selbst zurückgeworfen um soziale
Relevanz zu gewinnen.</i> Und genau damit wird personale Anschlussfähigkeit zu
einem sozialen Problem von gesellschaftstheoretischer Bedeutung.</span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Diese Annahme wird auch durch
zwei jüngere Studien gestützt. So beschreibt Eva Illouz in „Die Errettung der
modernen Seele“ (2009) den Siegeszug der Psychoanalyse in den USA. Der Grund
dafür war ein wachsendes Bewusstsein für die durch psychologische Störungen
ausgelösten Kommunikationsdefizite zum Beginn der Moderne und ein daran
anschließendes Interesse an Hilfsmitteln um diese Defizite zu beheben. Diese
Entwicklung beschränkte sich jedoch nicht nur auf die wissenschaftlichen
Fachrichtungen Psychologie und Psychiatrie sondern strahlte über die
Massenmedien bis weit in die Populärkultur. Damit verbunden war das Aufkommen
von Inszenierungsformaten personaler Identität. Illouz interessiert sich für
diese vermehrt auftretenden Inszenierungsformate unter dem Gesichtspunkt der
Darstellung des Selbst als defizitär und beschreibt dies als
therapeutischen Diskurs. Berücksichtigt man, dass es zunächst darum ging das
Problembewusstsein für Kommunikationsdefizite an der eigenen Person zu schärfen
so benötigt man auch ein entsprechendes Beobachtungs- und Ausdrucksrepertoire,
was der therapeutische Diskurs in Form von dramatisierenden
Selbstbeschreibungsformaten zur Verfügung stellt um die eigene Person in einer
Art Leidensgeschichte als hilfsbedürftig darstellen zu können. Nur auf diese
Weise bietet das eigene Image auch Anschlusspunkte für beratende oder
therapierende Kommunikation. Mit anderen Worten, damit geholfen werden kann, muss
zunächst ein Hilfebedarf vorhanden sein. Der therapeutische Diskurs liefert die
Selbstbeschreibungsformate um sich selbst als hilfsbedürftig beschreiben zu
können. Wenn Kommunikationsdefizite Hilfsbedürftigkeit anzeigen, dann wird
damit Teilnahmefähigkeit von Menschen an Kommunikation problematisiert.</span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Die menschliche Psyche ist aber
bis heute ein äußerst schwieriges Beobachtungsobjekt und es gibt kaum
gesichertes Wissen über sie. Was auch die Beobachtung und Behandlung von
psychischen Störungen zu einer hoch riskanten Angelegenheit werden lässt. Das
zeigt Alain Ehrenberg in seiner Studie „Das erschöpfte Selbst“ (2008), wenn er
die soziale Konstruktion des psychologischen Krankheitsbilds Depression
beschreibt. Ehrenberg sieht die Ursache des vermehrten Auftretens von
Depressionen in der Struktur der modernen Gesellschaft, wenn er darauf
aufmerksam macht, dass der Wegfall von traditionellen Deutungs- und
Verhaltensmustern die Menschen mit einer ungeheuren Optionssteigerung
hinsichtlich der eigenen Lebensführung konfrontiert wurden. Die Notwendigkeit
eine Wahl treffen zu müssen überfordert viele Menschen und führt zu einer Art
von Erschöpfung, die sich als Depression psychisch wie soziale bemerkbar macht
- sozial als Beeinträchtigung der Teilnahmefähigkeit an Kommunikation. Illouz
und Ehrenberg sehen im Übergang zur modernen Gesellschaft den Beginn für das
vermehrte Auftreten von psychologischen Störungen und in den Strukturen der
modernen Gesellschaft die Ursache dafür.</span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Will man diese Beobachtung
systemtheoretisch interpretieren, bedeutet das die funktionale Differenzierung
der modernen Gesellschaft ist die Ursache für psychologisch bedingte
Kommunikationsdefizite. Denn psychologische Störungen können sich für soziale
Systeme nur in Form von Kommunikation bemerkbar machen und damit soziale
Systeme irritieren. Mit Ehrenberg wird hier die Ansicht geteilt, dass die
psychologischen Probleme soziale Ursachen haben und diese Ursachen im Mangel an
sozialen Orientierungsmustern zu suchen sind. Berücksichtigt man weiterhin,
dass die soziologische Systemtheorie mit dem Begriff Gesellschaft ein
Kommunikationssystem bezeichnet, dann wäre Kommunikation die Ursache für
psychologische Störungen. Oder in anderen Worten, <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Gesellschaft gefährdet die Teilnahmefähigkeit von Menschen an
Kommunikation bzw. die personale Anschlussfähigkeit</i>. Es gibt allerdings
auch genügend Menschen, die keine psychologischen Störungen haben. Desweiteren
werden psychische Probleme in der Psychotherapie lediglich mit Kommunikation
behandelt. Damit ist <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Kommunikation nicht
nur das Problem sondern kann auch die Lösung sein</i>. Insofern wird Ehrenberg
nur zur Hälfte zugestimmt.</span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Außerdem wird bestritten, dass es
unmöglich geworden ist sich in der modernen Gesellschaft soziale Orientierung
zu verschaffen. <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Das Image ermöglicht
dadurch, dass es psychische und soziale Systeme miteinander strukturell koppelt,
eine soziale Orientierung</i>. Im Gegensatz zu vormodernen Interaktionsformen
wird nun in der Begegnung nicht mehr die Gesellschaftsstruktur durch die
soziale Position der Interaktionspartner in der Interaktion repräsentiert.
Jetzt treffen nur noch hoch individualisierte Personen aufeinander. <i>Diese
repräsentieren nur noch sich selbst.</i> Von einer Person kann aber nicht mehr zwingend
auf die funktionale Differenzierung der Gesellschaft geschlossen werden. Die
Frage ist nun, wie das Image es leistet soziale und psychische Orientierung zu
geben? Die Images der an Kommunikation beteiligten Menschen konstituieren eine
symbolische Ordnung. Wenn Menschen bestrebt sind sich positiv – also
anschlussfähig – darzustellen, dann können sie das nur mit Rücksicht auf die
Images der anderen Beteiligten. Um aber Rücksicht auf die anderen Beteiligten
nehmen zu können, ist es notwendig eine Vorstellung von sich selbst zu bekommen
und wie diese in die jeweils aktuelle symbolische Ordnung passt um geeignete
Verhaltensweisen auswählen zu können. Goffman nimmt darüber hinaus an, dass der
Träger eines Images eine <i>emotionale</i> Beziehung zu seinem Image aufbaut, je
nachdem ob das Image im Verlauf einer Interaktion bestätigt oder verletzt wird
(vgl. Goffman 1986a, S. 11). Entsprechend entwickelt der Träger des Image
entweder <i style="mso-bidi-font-style: normal;">positive</i> oder <i style="mso-bidi-font-style: normal;">negative</i> Gefühle für sein Image bzw. für
bestimmte Teile davon. Da jeder Anwesende bestrebt ist ein positives Image
aufrecht zu erhalten, besteht daher wechselseitig die Erwartung nicht nur für
die Wahrung des eigenen Images sondern auch für die Aufrechterhaltung der
anderen Images ein <i style="mso-bidi-font-style: normal;">spontanes emotionales
Engagement</i> aufzubringen, was sich ebenfalls im eigenen Verhalten ausdrücken
muss.</span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Hier wird offensichtlich worin
Goffmans Image-Begriff über Luhmanns Form </span><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">„Person“</span> <span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">hinausgeht und warum weiter
oben vom Image als einer Schnittstelle gesprochen wurde. Er beinhaltet Annahmen
über die psychologische Bedeutung des Image und beschreibt ein rekursives
Verhältnis zwischen sozialen und psychischen Erwartungen, wobei <i style="mso-bidi-font-style: normal;">die psychologische Irritierbarkeit</i> <i style="mso-bidi-font-style: normal;">nicht nur über Bewusstsein sondern auch über
Gefühle</i> hergestellt wird. Systemtheoretisch interpretiert, handelt es sich
beim <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Image</i> damit um die Einheit der
Unterscheidung von <i style="mso-bidi-font-style: normal;">psychologischer
Selbstbeschreibung</i> und <i style="mso-bidi-font-style: normal;">sozialer
Fremdbeschreibung</i>. <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Die Unterschiede,
die Unterschiede machen, sind damit keine im Medium Sinn sondern im Medium der
Gefühle und beziehen sich auf die soziale Fremdbeschreibung, die zu einem
gewissen Maße durch die eigenen Beiträge mit konstruiert wird</i>. Und genau in
diesem Sinne wird im Folgenden der Begriff Image verwendet. Gefühle bekommen
damit eine zentrale Bedeutung für die Dynamik und den Verlauf von
Kommunikationsprozessen. Es kann dann nicht mehr nur darum gehen, wie das
Bewusstsein an Kommunikation beteiligt ist sondern wie die Psyche an
Kommunikation beteiligt ist. Mit psychologischer Selbstbeschreibung ist aber
keine vollkommen durchreflektierte und gegebenenfalls abfragbare
Selbstbeschreibung gemeint. <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Wenn ein
Mensch darum bemüht ist sich in einer Interaktion so positiv wie möglich
darzustellen, dann gibt die darauf ausgerichtete Verhaltensstrategie zunächst
nur Auskunft über das situativ relevante psychologische Selbstbild und ist ein
Kommunikationsangebot auf das sich die Kommunikationspartner einlassen können
oder nicht.</i> </span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Damit lässt sich aber nur eine
Kommunikationssequenz analysieren. <i>Gefühle</i> haben in dieser Fassung zunächst nur
situative Bedeutung und werden hier deswegen genauso wie bewusste Gedanken als
<i>Ereignisse psychischer Systeme</i> aufgefasst. Die daran anschließende Frage
lautet, welche Bedeutung haben Gefühle über einzelne Kommunikationssequenzen
hinaus. Für die Beantwortung dieser Frage wird auf Randall Collins‘ Theorie der
Interaktionsritualketten (vgl. 2005) zurückgegriffen, die direkt an Goffmans
Interaktionstheorie anknüpft und sich primär als eine Soziologie der Emotionen
versteht. Collins geht davon aus, dass bei Interaktionsritualen bestimmte
Voraussetzungen gegeben sein müssen. Wenn diese erfüllt sind, werden
bestimmte Ergebnisse erzielt (vgl. 2005, S. 48f.). Die folgenden
Voraussetzungen müssen für ein Interaktionsritual erfüllt sein:<span style="mso-spacerun: yes;"> </span>1. Die Teilnehmer müssen körperlich anwesend
sein, 2. es gibt Grenzen, die den Anwesenden signalisieren wer teilnehmen kann
und wer ausgeschlossen ist, 3. die Anwesenden teilen einen gemeinsamen Fokus
der Aufmerksamkeit und indem sich die Teilnehmer gegenseitig mitteilen, was ihr
gemeinsamer Fokus ist, werden sie sich auch darüber bewusst, ob sie ihre
Aufmerksamkeit auf dasselbe Objekt richten oder nicht und 4. die Anwesenden
teilen eine gemeinsame Stimmung bzw. machen eine gemeinsame emotionale Erfahrung.
Die Ergebnisse eines Interaktionsrituals sind 1. Solidarität bzw. ein Gefühl
der Zugehörigkeit, 2. emotionale Energie bei den Anwesenden, 3. Gruppensymbole
und Gefühle des Respekts und der Verbundenheit für diese Symbole und 4. moralische
Gefühle, ein Sinn für richtig und falsch in Bezug auf die Gruppe. Vereinfacht
ausgedrückt versteht Collins unter Interaktionsritualen aufgrund der
beobachtbaren Effekte emotionaler Ansteckung eine Art Mechanismus zur
Verteilung und Transformation von Gefühlen und Stimmungen auf der Basis von
gemeinsam geteilten Symbolen. Auch diese Sichtweise wird hier übernommen. Es
wird lediglich die Modifikation vorgenommen, dass diese <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Verteilung und Transformation von Gefühlen und Stimmungen über
gemeinsam geteilte Symbole durch Kommunikation</i> erfolgt und nicht nur durch
Interaktionsrituale. Die soziologische Systemtheorie Luhmanns geht davon aus, dass
Kommunikation das Problem wechselseitiger Intransparenz psychischer Systeme
löst. Collins macht im Grunde eine basale Aussage darüber <i>wie</i> Kommunikation
dieses Problem löst – nämlich über die Verteilung und Transformation von
Gefühlen durch emotionale Ansteckung. Damit wird Collins Konzept des
Interaktionsrituals für die Systemtheorie anschlussfähig ohne den
Aussagengehalt von Collins‘ Theorie zu schmälern. Es wird lediglich versucht
sich von dem stark an das Kriterium der Anwesenheit gebundenen
Gesellschaftsbegriff von Collins zu lösen.</span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Aufgrund der großen Bedeutung der
Anwesenheit in Collins‘ Theorie vertritt er einen radikal mikrosoziologisch
angelegten Gesellschaftsbegriff, wonach Gesellschaft nicht mehr ist als die
Gesamtheit der stattfindenden Interaktionsrituale. In zeitlicher Perspektive
betrachtet, stellt sich Gesellschaft dann als eine Kette von aufeinander
folgenden Interaktionsritualen dar. Situationsgebundene, vergängliche Gefühle
können sich über die Zeit zu lang anhaltenden Stimmungen bzw. emotionaler
Energie verdichten, die dann auch wieder in nachfolgenden Interaktionsritualen
einen Einfluss auf die situationsgebundenen Gefühle haben (vgl. Collins 2005,
S. 105ff.). Je nachdem ob jemand überwiegend positive oder negative Gefühle
durch Interaktionsrituale erfährt, können sich diese entweder zu <i style="mso-bidi-font-style: normal;">hoher emotionaler Energie</i> verdichten,
die sich als Vergnügen, Euphorie, Enthusiasmus oder Glück bemerkbar machen,
oder zu <i style="mso-bidi-font-style: normal;">niedriger emotionaler Energie</i>,
welche zu einer enttäuschten Stimmung, Trübseligkeit oder Depression führen.
Darüber hinaus führt positive emotionale Energie zu einer starken Neigung in
einer Interaktion die <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Initiative</i> zu
übernehmen während niedrige emotionale Energie eher die Neigung zu <i style="mso-bidi-font-style: normal;">passivem Verhalten</i> fördert – dies alles
in Abhängigkeit davon ob es gelingt in einzelnen Situationen einen gemeinsamen
Fokus der Aufmerksamkeit und gemeinsam geteilte Symbole zu etablieren. <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Die aktuelle Stimmung eines Menschen ist damit das
Ergebnis seiner Geschichte der Kommunikationsbeteiligung</i>.</span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Es gibt aber heute unzählige
Möglichkeiten durch Kommunikation positive oder negative Gefühle zu erfahren.
Das sieht auch Collins. Er geht deswegen davon aus, dass Menschen nicht - wie
der Rational-Choice-Ansatz annimmt – rationale Nutzen-Maximierer sind sondern
emotionale Nutzen-Maximierer (vgl. Collins 2005, S. 141 – 182). Daraus leitet
er die Prognose ab, dass Menschen immer Interaktionssituationen anstreben
werden, die es ihnen ermöglichen positive Gefühle zu erfahren. Dies muss nicht
immer durch bewusste Reflexion erfolgen sondern kann auch intuitiv geschehen. Damit
beschreibt Collins eine psychologische Methode mit gesellschaftlicher
Kontingenz umzugehen ohne dass sich jede Kommunikationsbeteiligung durch bewusste
Reflexion funktionaler Äquivalente als Entscheidung darstellt <a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/01/voruberlegungen-zu-einer.html#fn004" id="anker004">[4]</a>. Weiter oben
wurde im Anschluss an Goffman angenommen, dass Menschen nur über das Image für
ihre soziale Umwelt irritierbar werden und dass das Image psychologisch in den
Gefühlen verankert ist. Deswegen wird Collins‘ Annahme über die emotionale
Nutzenmaximierung dahingehend eingeschränkt, dass <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Menschen Kommunikationsgelegenheiten anstreben werden, die es ihnen
ermöglichen für ihre psychologische Selbstbeschreibung die größte mögliche
soziale Bestätigung und damit auch den größten möglichen emotionalen Gewinn zu
erlangen</i>. Und umgekehrt werden Menschen versuchen
Kommunikationsgelegenheiten zu meiden von denen sie erwarten, dass sie nicht
die gewünschte soziale Bestätigung und damit keinen emotionalen Gewinn erzielen
werden. Aufgrund der unüberschaubaren Vielzahl an Möglichkeiten soziale
Bestätigung und positive Gefühle zu erlangen, ist der Fall dass es jemandem
nicht gelingt für das psychologische Selbstbild soziale Anerkennung zu finden
ein hoch unwahrscheinlicher Fall.</span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: center;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/01/voruberlegungen-zu-einer.html#anker013" id="kap003">III.</a> </span><br />
<div style="text-align: left;">
<br /></div>
</div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Die theoretischen Grundlagen für
die Deutung von Amokläufen sind damit in ihren Grundlinien skizziert. Der Fall,
dass jemand keine Kommunikationsgelegenheiten findet in denen er mit sozialer
Anerkennung für sein psychologisches Selbstbild rechnen kann sind extrem
unwahrscheinlich aber nicht unmöglich. Denn die Hypothese lautet, dass <i style="mso-bidi-font-style: normal;">der Grund, warum Menschen in einem Amoklauf
für sich die einzige noch mögliche Handlungsalternative sehen, darin liegt,
dass es diesen Personen nicht gelingt im Verlauf von Kommunikationssequenzen
mit den Kommunikationspartnern gemeinsame Symbole zu etablieren, die auch eine
positive Bestätigung des psychologischen Selbstbildes ermöglichen</i>. Die
Frage ist dann, wieso gelingt ihnen das nicht? Bereits im <a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2012/12/kontingenz-kritik-und-das-internet-2.html">Troll-Text</a>
wurde dargestellt, dass Kommunikationssequenzen mit Zeichen durchsetzt sind,
die als Symbole auf die Territorien des Selbst der beteiligten Personen
verweisen. Potentiellen Amokläufern gelingt es jedoch nicht sich auf diese
Symbole einzulassen. <i>Der Grund dafür liegt im Unvermögen das sozial erwartete
spontane Engagement für das eigene Image und das der anderen Beteiligten
aufzubringen.</i> Zwar gibt es Fälle in denen dieses Unvermögen auf physiologische
Ursachen zurückgeht. Aber bereits Goffman weist darauf hin, dass dieses
Engagement für die Aufrechterhaltung der symbolischen Ordnung selbst Ergebnis
eines Sozialisierungsprozesses ist (vgl. Goffman 1986b, S. 126).</span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Mit Collins lässt sich auch
beschreiben wie es dazu kommt bzw. was dazu führt, dass Menschen nicht in der
Lage sind ein derartiges Engagement aufzubringen. Das fehlende Engagement ist
das Ergebnis einer Geschichte der Kommunikationsbeteiligung in dessen Verlauf
die Betroffenen kaum bis gar keine soziale Bestätigung ihres psychologischen
Selbstbildes erfahren haben. Häufige Verlegenheit bei
Kommunikationsgelegenheiten steigert sich zu Unbehagen. Die damit verbundenen
negativen Gefühle werden ausgelöst durch Abweisungen, Demütigungen oder
Erniedrigungen. Die Betroffenen haben es vermutlich niemals erlebt, dass jemand
bereit war das nötige Engagement für das Image der Betroffenen aufzubringen.
Irgendwann war es ihnen schließlich nicht mehr möglich dieses Engagement zu
erleben, weil sich in der Zwischenzeit die einzelnen negativen emotionalen
Erlebnisse zu einer anhaltenden negativen Stimmung verdichtet haben, die
geprägt ist durch eine allgemeine Enttäuschung, Frustration und
Perspektivlosigkeit. Diese negative Stimmung macht es den Betroffenen zum Einen
unmöglich das nötige emotionale Engagement für eine Kommunikationsgelegenheit
aufzubringen und zum Anderen verlieren die Betroffenen mit zunehmender
Intensität dieser negativen Stimmung irgendwann die im Image angelegte Irritationsfähigkeit.
Die negative Stimmung beeinträchtigt ihre Fähigkeit Aufmerksamkeit für den
Kommunikationspartner aufzubringen. Vereinfacht ausgedrückt, sie können die
Symbole für die Territorien des Selbst ihrer Kommunikationspartner nicht mehr
deuten und werden blind für die Stimmungen ihrer Kommunikationspartner.</span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Goffman bezeichnet das fehlende
Engagement für eine Kommunikationssituation als Entfremdung. Davon ausgehend
unterscheidet er vier Arten <i style="mso-bidi-font-style: normal;">situativer</i>
Entfremdung in Abhängigkeit davon was die Ursachen für die fehlende
Aufmerksamkeit und das mangelnde Engagement sind. Die Aufmerksamkeit kann
abgelenkt werden durch eine Störung von Außen, durch den Kommunikationspartner,
durch das eigene Erleben oder durch die Art und Weise wie die Kommunikation
abläuft (vgl. Goffman 1986b). Wenn aber die ersten drei Gründe für eine
Ablenkung der Aufmerksamkeit häufiger auftreten und nicht nur in einem Kontext
sondern in mehreren, kann es schließlich zu einer <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Entfremdung von Kommunikation</i> selbst kommen, die in einer negativen
Stimmung bzw. niedriger emotionaler Energie kulminiert. So verschließen sich
für den Betroffenen immer mehr Kommunikationsgelegenheiten bis er schließlich
für sich keine Möglichkeiten mehr zur Kommunikationsbeteiligung sieht für die
er bereit wäre das notwendige Engagement aufzubringen. Nach Amokläufen kam
häufiger heraus, dass der Amokläufer intensiv Ego-Shooter auf seinem
Computer gespielt hat. Es wurde allerdings nie bekannt, ob die Täter im
Single- oder Multiplayer-Modus gespielt haben. Während man im
Single-Player-Modus alleine spielt, kann man im Multi-Player-Modus im Team
spielen. Für die Koordination können die einzelnen Spieler miteinander via
Internet kommunizieren. Die Vermutung ist, dass die Täter allein gespielt
haben. Das Spielen wäre dann eine Art Kommunikationsersatz. Wenn dem so ist,
wäre das ein Indiz für die Entfremdungsthese, denn den Tätern ist es nicht
gelungen über ihre Hobbies und Interessen Kommunikationspartner zu finden. Sie
hätten auch versuchen können ihre Faszination für Waffen und Gewalt in sozial
akzeptieren beruflichen Positionen einzubringen – z. B. beim Militär. Dass die
Täter solche Gelegenheiten nicht wahrgenommen haben, lässt den Schluss zu, dass
bei ihnen nicht nur eine Entfremdung aus bestimmten Kommunikationsgelegenheiten
stattgefunden hat sondern eine Entfremdung von Kommunikation als solcher.</span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Ein weiteres Indiz für die
Entfremdungsthese ist die Auswahl der Opfer. So richtet sich die Aggression des
Täters nicht nur gegen enge Verwandte sondern auch gegen unbekannte Personen,
die den Täter wenn überhaupt nur vom Sehen kennen – z. B. Schulkameraden und
Lehrer. Auch das ist ein Hinweis darauf, dass der Täter
Kommunikationsbeteiligung als solche ablehnt – zumindest bei den
Kommunikationsgelegenheiten, die ihm bekannt sind. Die Wut des Täters richtet
sich nicht auf konkrete Personen sondern auf sein gesamtes soziales Umfeld bzw.
die ihm bekannte soziale Welt, die ihm nicht die Gelegenheiten bietet sich in
der Art und Weise als Person zu erfahren die sich der Täter wünscht. Darin
liegt möglicherweise auch der Grund warum sich Amokläufe nur in relativ
kleinen, beschaulichen Provinzstädten ereignen und nicht in Großstädten.
Während in Großstädten aufgrund der vielfältigen Lebensstile sich fast
automatisch ein Kontingenzbewusstsein für alternative Kommunikationsgelegenheiten
entwickelt, ist dies in der gemeinschaftlichen Welt einer Kleinstadt nicht so
leicht möglich. In Kleinstädten ist es leicht bei funktionierenden
Gemeinschaftsstrukturen den Eindruck einer heilen Welt zu erzeugen. Und ebenso
leicht ist es die Schattenseiten des Familienlebens wie häusliche Gewalt und
sexuellen Missbrauch vor Fremden geheim zu halten.</span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Ein Amokläufer rebelliert gegen
sein soziales Umfeld, weil dies aus seiner Sicht die einzige
Handlungsmöglichkeit ist sich von ihr zu befreien. Die Misserfolge und
Fehlschläge, die ein Amokläufer im Laufe seines Lebens erfahren hat, sind in
einer derart negativen Stimmung kulminiert, dass der Amoklauf inklusive des
finalen Selbstmords schließlich als einzige Möglichkeit gesehen wird überhaupt
noch einmal positive Gefühle zu erleben und zumindest sein psychologisches
Selbstbild zu bestätigen. Im Nachhinein lässt sich zumeist kein Ereignis in der
Biographie des Täters finden, dass das sprichwörtliche Fass zum Überlaufen
gebracht hat – also die Tat kausal erklären könnte. Vermutlich gab es dieses
Ereignis. Das hat jedoch nicht zu einer Kurzschlussreaktion geführt.
Möglichweise sind die Betroffenen aufgrund der niedrigen emotionalen Energie
nicht mehr zu einer spontanen emotionalen Reaktion in der Lage. Wenn es ein solches Ereignis
gab, dann war es der Auslöser für die Planung der Tat.</span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Die Ablehnung der sozialen
Ordnung, die der Amokläufer für sein Unglück verantwortlich macht, ist allerdings nur ein
oberflächlicher Eindruck der durch das unglaubliche Ausmaß der Bluttat nahegelegt
wird. Wenn der Täter am Ende schließlich Selbstmord begeht, zeigt sich darin,
dass der Täter die Ordnung gegen die er sich auflehnt doch akzeptiert. Der
Täter geht vor der Tat davon aus, dass ihm sein soziales Umfeld nicht die Möglichkeit auf
ein soziales Leben gibt. Er kann sich relativ gewiss sein, dass er nach der Tat
keine Chance auf Kommunikationsgelegenheiten haben wird in denen er soziale
Anerkennung und positive Emotionen erfahren wird. Denn das Image des Täters ist
mit der Tat vollends ruiniert. Doch obwohl sich der Täter von Kommunikation
entfremdet hat, sehnt er sich eigentlich nach sozialer Anerkennung. So rächt er
sich an den Personen, die aus seiner Sicht für die soziale Ordnung
stehen die ihm ein soziales Leben verwehren. Der finale Selbstmord ist jedoch
ein Akt, mit dem diese soziale Ordnung durch den Täter noch ein letztes Mal
bestätigt wird, denn erst die Tatsache, dass er trotz dieser Tat emotional in
der Lage wäre weiter zu leben, würde zeigen, dass er sie in voller Überzeugung
auch in einem politischen Sinne ablehnt. Der Vergleichsfall hierfür ist der
Terroranschlag von Anders Breivik. In der Ausführung besitzt diese Tat sehr viel
Ähnlichkeit mit einem Amoklauf mit der Ausnahme, dass er am Schluss nicht selbst
ums Leben kam – sei es durch eigene Hand oder durch die Intervention der
Polizei oder eines Sondereinsatzkommandos. Er hatte es anscheinend nicht darauf
angelegt als Märtyrer zu sterben. Durch sein Weiterleben zeigt er, dass er
keinerlei Schuld für diese Tat empfindet. Vielmehr ist er stolz darauf. Für ihn
hat die soziale Ordnung gegen die seine Tat gerichtet war tatsächlich keine
Bedeutung mehr. Er stellt sich über sie, verspottet sie und kann ohne Probleme
mit dem Stigma der Tat leben. Für den Amokläufer hat sein soziales Umfeld noch
eine Bedeutung. Er akzeptiert ihre Spielregeln auch wenn er ihnen nicht genügen
kann und deswegen begeht er am Ende Selbstmord.</span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: center;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">IV. </span><br />
<div style="text-align: left;">
<br /></div>
</div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">An anderer Stelle wurde im
Anschluss an eine Überlegung von Peter Fuchs die These aufgestellt, dass sich
das Hobbesche Problem sozialer Ordnung unter der gesellschaftsstrukturellen
Bedingung funktionaler Differenzierung als Problem des <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Kampfes um die Deutungshoheit des Selbst</i> neu stellt. Es wurde
bewusst offengelassen ob es sich um die Selbst(-Referenz) psychischer oder
sozialer Systeme handelt. Sowohl der Text „<a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2012/10/beobachtbarkeit-als-risiko-und-gefahr.html">Beobachtbarkeit
– Gefahr und Risiko</a>“ als auch die Nachfolgenden schlugen eine
sozialpsychologische Richtung ein und interessierten sich für die sozialen
Folgen des menschlichen Umgangs mit den Gefahren und Risiken der sozialen
Beobachtbarkeit. Der Kampf um die Deutungshoheit des Selbst resultiert aus der <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Spannung zwischen psychologischer
Selbstbeschreibung und sozialer Fremdbeschreibung</i>, der sich bei einer
Eskalation als handfester sozialer Konflikt realisieren kann. Zwar wurde im
Anschluss an Goffman darauf hingewiesen, dass dieser Kampf auch kooperative
Formen annehmen kann. Die von Goffman beschriebenen Techniken der Imagepflege
stellen eine Lösung dar, wie das Problem der sozialen Beobachtbarkeit gelöst
und der <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Kampf in eine Kooperation
transformiert werden kann</i>. Aus dieser Perspektive müssen Amokläufer als
Verlierer dieses Kampfes gesehen werden. Ihnen ist es nicht gelungen eine
Verhaltensstrategie zu entwickeln die sozial anschlussfähig war. Ihre
Geschichte der Kommunikationsteilnahme ist wahrscheinlich eine Geschichte von
Missverständnissen, Abweisungen, Enttäuschungen und wahrgenommen oder
tatsächlichen Demütigungen die zu einer schleichenden Veränderung des
Gefühlshaushalts der Betroffenen führten, welche sich in der Folge negativ auf
seine Fähigkeit zur Kommunikationsteilnahme auswirkten. Dieser zirkuläre, sich
selbst verstärkende Prozess wird sozial als eine Mischung aus
Zurückgedrängt-Werden und Zurückdrängen-Lassen auch beobachtbar. Die Herausforderung besteht darin solche exkludierenden Kommunikationsstile präziser zu beschreiben und zu verstehen.</span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Eine Integration der
Theorie-Ansätze von Goffman und Collins in die soziologische Systemtheorie
Luhmanns könnte dazu beitragen, solche Prozesse präziser zu beschreiben und zu
analysieren. Dazu ist es zum einen notwendig die theoretische </span><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Verbindung zwischen den Inklusions-/Exklusions-<i style="mso-bidi-font-style: normal;">Ereignissen</i> und den daraus resultierenden <i style="mso-bidi-font-style: normal;">strukturellen</i> Integrations-/Desintegrations-Effekten zu klären.</span> Hier besteht ein großes theorieinternes Desiderat. Unter <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Integration</i> versteht Luhmann
die <i style="mso-bidi-font-style: normal;">wechselseitige Einschränkung von
Handlungsmöglichen</i> (2005b, S. 227). Man muss ergänzen, dass gerade diese
Einschränkungen dann auch wieder neue Handlungsmöglichkeiten eröffnen können.
Jedes Inklusionsereignis stellt solch eine Schließung und Öffnung von
Handlungsmöglichkeiten dar. Die empirische Frage mit Blick auf einzelne
Personen lautet dann, ob die Geschichte der Kommunikationsbeteiligung in der
Summe zu einem Mehr oder Weniger an Handlungsmöglichkeiten geführt hat? Eine <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Erhöhung der Handlungs- bzw.
Inklusionsmöglichkeiten</i> würde dann zu einer stärkeren <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Desintegration</i> der Person führen. Während eine <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Verringerung der Handlungsmöglichkeiten</i> zu einer stärkeren <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Integration</i> führt. Das ist gemeint, wenn
Luhmann darauf hinweist, dass Exklusion viel stärker integriert als Inklusion
(vgl. Luhmann 1997, S. 631). </span><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Die
Analyse des Amokläufers sollte zumindest andeuten wie eine derartige Beschreibung von Integrations-/Desintegrationsprozessen aussehen könnte.
</span>Der Amokläufer ist in dieser Hinsicht der hoch
unwahrscheinliche aber eben nicht unmögliche Ausnahmefall einer Extremform von
Integration. Seine Möglichkeiten zur Kommunikationsteilnahme haben sich auf
eine einzige reduziert. Diese Möglichkeit ist der Amoklauf als letzter,
verzweifelter Schrei nach Aufmerksamkeit in eine soziale Welt, von der er nicht
erwartet jemals die gewünschte Aufmerksamkeit zu bekommen.</span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Es sollte jedoch auch deutlich
geworden sein, dass eine theoretische Klärung des Verhältnisses
zwischen Inklusions-/Exklusions-Ereignissen und personaler
Integration-/Desintegration nicht ausreicht um personale
Kommunikationsgeschichten als Inklusions-/Exklusions-Prozesse in der
notwendigen Tiefe zu beschreiben und zu verstehen. Erst wenn die soziologische
Systemtheorie um eine emotionssoziologische Perspektive erweitert wird, wird
ihr dies gelingen. Der hier vertretene Ansatz stellt den Versuch einer solchen
Erweiterung dar. Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass Entfremdungsprozesse wie der eines Amokläufers <i>keine zwangsläufige Entwicklung</i> ist. <i>Dieser
Prozess ist umkehrbar.</i> Und selbst eine verhältnismäßig starke Integration muss
nicht bedeuten, dass die Menschen unglücklich sind. Collins' Typologie von
Introvertierten (vgl. 2005, S. 351 – 369) zeigt, dass eine Panik
voreilig wäre wenn man sich nur auf den quantitativen Grad der personalen
Desintegration/Integration konzentrieren würde. Vielmehr kommt es auf die
Qualität bzw. emotionale Intensität von Kommunikationssequenzen an – also ob es
gelingt gemeinsame Symbole zu generieren und wie über diese Symbole Gefühle und
Stimmungen verstärkt oder gedämpft werden. Um die daraus resultierende Spannung zwischen
psychologischer Selbstbeschreibung und sozialer Fremdbeschreibung gerecht zu
werden, wird deswegen der Vorschlag gemacht Goffmans Image-Begriff
systemtheoretisch als Einheit von psychologischer Selbstbeschreibung und
sozialer Fremdbeschreibung zu interpretieren. Dann wird es möglich die in
Kommunikationsprozessen beobachtbaren Verhaltensstrategien als Annahme oder Ablehnung
von Kommunikationsangeboten zu verstehen. Die Annahme oder Ablehnung wird
jedoch in den seltensten Fällen als klares Ja oder Nein kommuniziert. Je
nachdem wie viel Engagement für die Wahrung des eigenen Images und das der
Kommunikationspartner investiert wird, desto ausgefeilter werden die Techniken
der Imagepflege sein. Und die Analyse der Öffnung und Schließung von
Handlungsmöglichkeiten und den daraus resultierenden
Desintegrations-/Integrations-Effekten wird zu einer sehr defizilen
Angelegenheit.</span><br />
<br />
<br />
<div style="text-align: center;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">V. </span></div>
</div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Welche Schlüsse sind aus dem
Vorangegangenen für die Prävention von Amokläufen zu ziehen? Wenn Prävention
möglich sein sollte, wird das zu einer genauso defizilen Angelegenheit wie die
Analyse von Inklusions-/Exklusionsprozessen. Bei potentiellen Amokläufern
stellt sich aber ein gravierendes Problem. Wenn sich der Entfremdungsprozess
von Kommunikation bei diesen Personen sozial als ein Integrationsprozess
darstellt – also schrittweise die Handlungsmöglichkeiten reduziert werden ohne
das neue erschlossen werden -, dann wird es schwierig Anzeichen für Entfremdung
überhaupt zu erkennen. Denn die Verhaltensstrategien eines potentiellen
Amokläufers werden darauf ausgerichtet sein sich der Kommunikation zu entziehen
oder sie zu vermeiden. Das heißt nichts anderes als dass diese Personen
versuchen sich der sozialen Beobachtbarkeit zu entziehen. Das erklärt
möglichweise warum die Täter nach der Tat von Bekannten und Nachbarn als
unauffällig beschrieben werden. Kommunikationsvermeidung heißt auch Vermeidung
von Aufmerksamkeit. Selbst wenn potentielle Amokläufer noch mit anderen
Menschen in Kontakt treten, werden sie nicht versuchen einen bleibenden
Eindruck zu hinterlassen. Sie versuchen sich sozial unsichtbar zu machen, was
eine mögliche Prävention zusätzlich erschwert. Insofern geht die Diskussion um
die fehlende Krankenversicherung vieler US-Amerikaner schlicht am Problem
vorbei. Die Alternative einer ärztlichen Behandlung würde zum einen bedeuten
soziale Aufmerksamkeit zu erregen – der Betroffene muss sich einer anderen
Person anvertrauen -, zum anderen müsste sich der Betroffene eingestehen, dass
er ein Problem hat. Vermutlich sieht er aber die Ursachen für seine Probleme in
seiner sozialen Umwelt. Beides sind Alternativen, die sich nur schwer mit seinem
Selbstverständnis vereinbaren lassen. Die Voraussetzungen, dass sich ein
Betroffener ärztliche Hilfe suchen wird, sind daher denkbar schlecht <a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/01/voruberlegungen-zu-einer.html#fn005" id="anker005">[5]</a>. Vielmehr wird der Amoklauf die einzige Form der Kommunikation mit der er ein letztes Mal Aufmerksamkeit erregen will.</span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Zu der Ego-Shooter-Thematik
wurden bereits weiter oben einige Bemerkungen gemacht. Das Hauptargument gegen
einen kausalen Zusammenhang zwischen Gewaltspielen und Amokläufen kommt aus der
Medienwirkungsforschung. Im Anbetracht der Millionen von Spielern weltweit ist
aus der geringen Zahl von Amokläufern, die solche Spiele gespielt haben <a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/01/voruberlegungen-zu-einer.html#fn006" id="anker006">[6]</a>,
kein statistisch signifikanter Zusammenhang erkennbar. Möglicherweise
unterstützen solche Spiele die Gewaltfantasien der Betroffenen. Es kann jedoch
auch vermutet werden, dass die Betroffenen intensive Rachegefühle erfahren, die
sie dann auch zu gewalttätigen Rachefantasien inspirieren. Das Gewaltpotential würde dann eher in der intensiven negativen Stimmung und nicht im Gebrauch von
Technik liegen. Derselbe Einwand lässt sich im Prinzip auch gegen die Kritik an der
liberalen Waffengesetzgebung der Vereinigten Staaten vorbringen. Schusswaffen sind Mittel mit denen potentiellen Amokläufer ihre Rachefantasien ausleben können. Die faktische Existenz von
Waffen und der potentielle Zugang dazu, determiniert in keiner Weise, ob diese
Waffen benutzt werden. Somit besteht kein kausaler Zusammenhang zwischen dem unkontrollierten Zugang zu Waffen und einem Amoklauf. Nichts desto trotz lassen sich gute Gründe für eine Reglementierung des Zugangs zu <i>Schusswaffen</i> finden um Amokläufe zu verhindern. </span><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Schusswaffen
kommen den Bedürfnissen eines Amokläufers hinsichtlich </span><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">des
angemessenen Nähe-/Distanz-Verhältnisses zu seinen Opfern</span> entgegen. Hieb- und Stichwaffen sind zu
persönlich. Man kommt den Opfern viel zu nahe. Für den Zweck in kürzester
Zeit so
viele Menschen wie möglich zu töten, sind solche Waffen außerdem ungeeignet. Gift
oder Sprengstoff
sind dagegen zu unpersönlich. Man sieht nicht, was man seinen Opfern
antut. Die Dramaturgie von Amokläufen weicht selten von der Reihenfolge
ab, dass zuerst andere Menschen sterben müssen bevor sich der
Amokläufer umbringt <a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/01/voruberlegungen-zu-einer.html#fn007" id="anker007">[7]</a>. Offenbar ist es wichtig vor dem eigenen Tod das Leid und den Tod der Verantwortlichen für sein Unglück zu erleben. Das wäre bei Gift und Sprengstoff nicht möglich. Bei Gift ist man aufgrund der zeitlichen Verzögerung beim Tod der Opfer nicht anwesen. Bei Sprengstoff stirbt man im selben Augenblick wie die Opfer. Insofern könnte ein Schusswaffen-Verbot tatsächlich eine wirksame Prävention darstellen.
Die Frage wäre dann allerdings, was mit Personen passiert, die trotzdem die soziale und emotionale
Entwicklung
durchmachen an dessen Ende der Amoklauf steht? Suchen sie sich andere
funktionale Äquivalente um einen Amoklauf durchzuführen - z. B.
selbstgebaute Schusswaffen -, begehen sie einfach
Selbstmord oder gibt es eine Chance die Betroffen doch wieder für
Kommunikationsbeteiligung zu begeistern? Ein Schusswaffen-Verbot birgt das Risiko, dass sich die Gesellschaft in der falschen Sicherheit wiegen würde das Problem hätte sich erledigt. Den poteniellen Tätern wurde aber nur die Möglichkeit zur Ausführung der Tat genommen, nicht aber ihr Problem.</span><br />
<br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">In der Summe stellen freier
Waffenbesitz, Ego-Shooter und eine fehlende Krankenversicherung soziale Bedingungen
dar im Rahmen derer sich Amokläufe ereignen können. Keine der Rahmenbedingungen
für sich noch das Zusammenwirken dieser Rahmenbedingungen kann als Ursache für
Amokläufe betrachtet werden. Sie stellen deswegen auch keine wirksamen
Stellschrauben dar, um Amokläufe zu verhindern. Abschließend bleibt leider nicht
mehr als zu resümieren, dass sich Amokläufe möglicherweise nicht verhindern
lassen und dass die einzige Möglichkeit wirksamer Prävention nur darin liegen
kann mehr auf seine Mitmenschen zu achten. Dafür müsste vor allem das Bewusstsein
für exkludierende Kommunikationsstile und das Bewusstsein für die Kontingenz
moderner Lebensstile gefördert werden. Doch ebenso schwierig wie die Prävention
ist die Suche nach sozialen Anzeichen für potentielle Amokläufer. Dafür müssen
die Analysetechniken für exkludierende Kommunikationsstile verfeinert werden. Dieser
Text versteht sich als Beitrag zur Verfeinerung dieser Analysetechniken. Es
wurde aber bereits weiter oben darauf hingewiesen, dass man dabei sehr
vorsichtig vorgehen muss um nicht die falschen Personen unter den
Generalverdacht zu stellen ein potentieller Amokläufer zu sein. Spätestens wenn
zur Hexenjagd auf Nerds, Außenseiter oder Einzelgänger gerufen wird, weiß man, dass bereits Grenzen überschritten wurden.</span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<br />
<br />
<div style="line-height: 24px;">
<a class="twitter-share-button" count="" data-lang="de" data-url="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/01/voruberlegungen-zu-einer.html" data-via="GorgonObserver" href="https://twitter.com/share"><span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif;">Twittern</span></a>
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</div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<br />
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/01/voruberlegungen-zu-einer.html#anker001" id="fn001">[1]</a> An anderer Stelle wurde
versucht diesem Problem mit der Unterscheidung von Systempflege und Imagepflege
gerecht zu werden (vgl. Walkow 2007, S. 442f.). </span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/01/voruberlegungen-zu-einer.html#anker002" id="fn002">[2]</a> Integrieren darf durchaus im Sinne
einer wechselseitigen Einschränkung von Freiheitsgraden verstanden werden.</span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/01/voruberlegungen-zu-einer.html#anker003" id="fn003">[3]</a> Das kann auch im Anbetracht
der aktuellen Debatten um die Gleichstellung von Frauen in den Führungsetagen
deutscher Unternehmen nicht deutlich genug betont werden. Die Einführung einer
Frauenquote reagiert auf den Mechanismus der für die systematische
Benachteiligung von Frauen verantwortlich ist mit der Einrichtung desselben
Mechanismus, nur das jetzt Männer benachteiligt werden. Die zugrunde liegende
Annahme ist, dass Männer bei der beruflichen Karriere systematisch bevorzugt
werden weil sie Männer sind. Die Bevorzugung erfolgt aufgrund eines
naturgegebenen Merkmals, das man in der Regel qua Geburt erwirbt. Die
Frauenquote dreht dieses Prinzip lediglich um. Nun werden auch Frauen bevorzugt
weil sie Frauen sind. Dabei handelt es sich aber um eine vormoderne Form
personaler Bestimmung. Damit soll nicht bestritten werden, dass es
Benachteiligungen von Frauen gibt. Es wird lediglich darauf hingewiesen, dass
es möglicherweise der falsche Weg ist ein vormodernes und ungerechtes Prinzip
mit demselben Prinzip zu bekämpfen bzw. nur auszugleichen anstatt
leistungsgerechte und transparente Verfahren einzuführen.<span style="mso-spacerun: yes;"> Dieses Problem wird langfristig die Legitimität solcher Mechanismen untergraben.</span></span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/01/voruberlegungen-zu-einer.html#anker004" id="fn004">[4]</a> Mit Blick auf Dirk Baeckers „Nächste
Gesellschaft“ (2007) sei angemerkt, dass Collins damit Formen der Verarbeitung des
Verweisungsüberschusses von Sinn beschreibt. Seine Studien legen allerdings den
Schluss nahe, dass für den Umgang mit Überschusssinn möglichweise nicht George Spencer-Browns Formenkalkül die nächste Kulturform sein wird </span><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">- trotz Spencer-Browns immenser Bedeutung auch für die in diesem Blog
vorgestellten Überlegungen – </span>sondern Gefühls-
und Befindlichkeitskulturen. Die Studien von Illouz und Collins zeigen
außerdem, dass für diese Kulturformen nicht bis zur nächsten Gesellschaft
gewartet werden muss sondern bereits seit Jahrzehnten fast unbemerkt im
Entstehen sind. Hierbei handelt es sich um die viel beschworenen unentscheidbaren Entscheidungsprämissen. Diese sind - auch das zeigen Illouz und Collins - zwar unentscheidbar aber nicht unveränderbar.</span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/01/voruberlegungen-zu-einer.html#anker005" id="fn005">[5]</a> Diesbezüglich wäre eine
Erhebung interessant, wie viele Psychologen und Psychiater bereits Personen
behandelt haben, die von sich behauptet haben, dass sie ernsthaft einen
Amoklauf geplant haben oder auch nur ernsthaft über diese Option nachgedacht
haben.</span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/01/voruberlegungen-zu-einer.html#anker006" id="fn006">[6]</a> Bisher wurde nicht bekannt,
ob Adam Lanza dazu gehörte.</span><br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2013/01/voruberlegungen-zu-einer.html#anker007" id="fn007">[7]</a> Eine der wenigen Ausnahmen ist der <a href="http://www.welt.de/vermischtes/article112544608/Er-hat-gelaechelt-Immer-wieder-Es-war-furchtbar.html">Amoklauf von James Holmes am 20. Juli 2012 in Aurora, Colorado</a>. </span><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Die überlebenden Opfer berichteten, dass er während der Tat gelächelt hat. </span>Erschreckenderweise wäre dann das Erlebnis der Tat das einzige Ereignis, dass im Täter noch positive Gefühle auslöste. Es wäre auch interessant zu erfahren, wie es zum Überleben von James Holmes kam. Handelte es sich bei der Tat um einen missglückten Amoklauf oder war der Tod tatsächlich nicht eingeplant? </span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span lang="EN-US" style="mso-ansi-language: EN-US;"></span></span><br />
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<b><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Literatur</span></b><br />
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Baecker, Dirk (2007): Studien zur
nächsten Gesellschaft. <span lang="EN-US" style="mso-ansi-language: EN-US;">Frankfurt
am Main</span></span></div>
</div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span lang="EN-US" style="mso-ansi-language: EN-US;">Collins, Randall (2005): Interaction Ritual
Chains. </span>Princeton</span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Ehrenberg, Alain (2008): Das
erschöpfte Selbst. Depression und Gesellschaft in der Gegenwart. Frankfurt am
Main</span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Fuchs, Peter (1997):
Adressabilität als Grundbegriff der soziologischen Systemtheorie, in: Soziale
Systeme 3, S. 57 – 79</span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Goffman, Erving (1986a):
Techniken der Imagepflege, in ders: Interaktionsrituale. Über Verhalten in
direkter Kommunikation, Frankfurt am Main, S. 10 – 53</span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Goffman, Erving (1986b):
Entfremdung in der Interaktion, in ders: Interaktionsrituale. Über Verhalten in
direkter Kommunikation. Frankfurt am Main. S. 124 – 150</span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Illouz, Eva (2009): Die
Errettung der modernen Seele. Frankfurt am Main</span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Luhmann, Niklas (1984): Soziale
Systeme. Grundriß einer allgemeinen Theorie. Frankfurt am Main</span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Luhmann, Niklas (1997): Die
Gesellschaft der Gesellschaft. Frankfurt am Main</span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Luhmann, Niklas (2005a): Die Form
„Person“, in ders: Soziologische Aufklärung 6. Die Soziologie und der Mensch,
Wiesbaden 2. Auflage, S. 137 – 148</span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Luhmann, Niklas (2005b): Inklusion
und Exklusion, in ders: Soziologische Aufklärung 6. Die Soziologie und der
Mensch, Wiesbaden 2. Auflage, S. 226 - 251</span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><a href="http://www.soziale-welt.nomos.de/fileadmin/soziale-welt/doc/Aufsatz_SozWelt_07_04.pdf">Walkow, Roland (2007): Beavis& Butt-Head – systemtheoretisch beobachtet</a>, in: Soziale Welt 58, S. 439 –
452</span></div>
</div>
Beobachter der Modernehttp://www.blogger.com/profile/07362668989286039861noreply@blogger.com1tag:blogger.com,1999:blog-6126280343808346420.post-50595779839034705032012-12-06T19:15:00.000+01:002016-01-10T11:47:44.849+01:00Über die Kommunikation der Internet-Trolle*<!--[if gte mso 9]><xml>
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<br />
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<div style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2012/11/kontingenz-kritik-und-das-internet-1.html">Im
letzten Blog-Beitrag</a> wurde dargelegt, dass Kontingenz als
Effekt der Beobachtung 2. Ordnung ein spezifisch modernes Konzept ist. Für
Kritik gilt dies ebenfalls, da Kritik auch erst durch Beobachtung 2. Ordnung
möglich ist. Bloße Negation um der Negation willen ist noch keine Kritik. Das
Internet als technische Infrastruktur zur Informationsverbreitung erweitert die
Möglichkeiten für Beobachtungen 2. Ordnung und damit auch für Kritik. Damit
erzeugt das Internet ein Überangebot an Kommunikationsofferten und insofern
einen Verweisungsüberschuss an kommunikativen Anschlussmöglichkeiten. Der
Verweisungsüberschuss kann aber nicht allein mit Kommunikation via Internet
bewältigt werden. Aufgrund fehlender Möglichkeiten für eine räumliche
Integration lassen sich im Internet nur sehr schwer stabile Formen der
kommunikativen Selbstorganisation etablieren. Auf diese Weise erfüllt das
Internet in der modernen Gesellschaft die Funktion einer laufenden Irritation
der Gesellschaft. Sobald es jedoch darum geht durch Entscheidungen irreversible
Sachverhalte zu schaffen, spielen Kommunikationsprozesse via Internet nur eine
marginale Rolle. Wer etwas verändern möchte, wird es nicht vermeiden können
direkt mit Menschen in Kontakt zu treten.</span><br />
<a name='more'></a><br />
<br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Während der letzte Beitrag das
Thema Kontingenz, Kritik und Internet gesellschaftstheoretisch beleuchtete,
wird im Folgenden diese Thematik um eine interaktionstheoretische Perspektive
erweitert mit besonderem Fokus auf dem was an anderer Stelle als <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Kampf um die Deutungshoheit des Selbst</i>
bezeichnet wurde. Damit rücken die Formen der <i style="mso-bidi-font-style: normal;">personenbezogenen Kritik</i> in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit.
Insbesondere geht es um das Wie der Kritik und nicht darum, dass kritisiert
wird. Heute kann sich jeder eine Meinung bilden - auch mit Hilfe des Internets
– und gegebenenfalls Kritik via Internet üben. Wenn jeder kritisieren kann,
drängt sich die Frage nach den Erfolgsbedingungen für Kritik auf. Aus einer
evolutionstheoretischen Perspektive betrachtet, erfüllt Kritik im Rahmen der
drei Komponenten des Evolutionsprozesses Variation, Selektion, Restabilisierung
die Funktion Variationen zu erzeugen. Variationen führen jedoch zur
Selbstblockade eines Systems, wenn keine Selektion stattfindet welche wiederum
eine Restabilisierung des Systems ermöglicht. Als eine wichtige Bedingung wurde
bereits die Anwesenheit der Kommunikationspartner benannt. Aber Anwesenheit
allein ist noch kein Erfolgsgarant. Auch bei Kommunikation unter Anwesenden
kann noch einiges schiefgehen. Im Folgenden geht es aber weniger darum
Kommunikationsbedingungen zu identifizieren, die einen Erfolg garantieren
sondern um eine Analyse eines leidlich bekannten Internetphänomens, nämlich das
sogenannte <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Trollen</i>. Es geht um die
Beleidigungen und Sticheleien, die man heute in den Kommentaren zu Blogs und
Artikeln der Online-Medien findet. Unter Trollen wird hier <i style="mso-bidi-font-style: normal;">eine auf Kommunikation via Internet beschränkte Kommunikationsform</i> verstanden.
Es wird lediglich angenommen, dass es sich beim Trollen um eine Form von personenbezogener
Kritik handelt. Zunächst sind jedoch einige Vorüberlegungen notwendig um den
theoretischen Kontext darzustellen in dem dann eine Analyse des Trollens
erfolgen wird. Dabei handelt es sich um eine Kombination der
Interaktionstheorie Erving Goffmans und der soziologischen Systemtheorie Niklas
Luhmanns. Daran anschließend wird untersucht, wie beim Trollen kritisiert wird
und welche Funktion Trollen erfüllt.<span style="mso-bidi-font-weight: normal;"> </span></span></div>
</div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<div style="text-align: center;">
<br /></div>
<div style="text-align: center;">
<br /></div>
<div style="text-align: center;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span style="mso-bidi-font-weight: normal;">I.</span><i style="mso-bidi-font-style: normal;"> </i></span></div>
<br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><i style="mso-bidi-font-style: normal;">Interaktion</i> meint hier <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Kommunikation
unter Anwesenden</i>. Die Besonderheit von Interaktionssituationen liegt darin,
dass die Anwesenden sich gegenseitig Wahrnehmen und sich darüber auch bewusst
sind. Die Interaktion strukturiert sich um ein gemeinsames Zentrum auf das sich
die Aufmerksamkeit der Anwesenden richtet (vgl. Collins 2005, S. 48). Das kann
ein Objekt sein auf das sich die Handlungen der Anwesenden beziehen oder ein
Thema über das sich die Anwesenden unterhalten. Wahrnehmung gewährleistet nicht
nur eine raum-zeitliche Kontinuität der Situation sondern auch eine gewisse
Kontrolle des Verhaltens der Anwesenden. So lässt sich nur unter dem Risiko der
Exklusion bestreiten, dass man eine bestimmte Handlung nicht ausgeführt hat
obwohl es mehrere Zeugen dafür gab, die ebenfalls anwesend waren. Genau wie bei
einem Briefwechsel oder beim Telefonieren wird bei der Kommunikation via
Internet die Wahrnehmung die beteiligten Menschen eingeschränkt. Man kann den
Kommunikationspartner nicht mehr sehen und hören. Bei der Kommunikation unter
Abwesenden fällt also die Wahrnehmung als wichtige Stütze zur Orientierung des
Kommunikationsprozesses weg. Unter diesem Gesichtspunkt behindern die
technischen Mittel zur Kommunikation unter Abwesenden die Wahrnehmung der
beteiligten Menschen. Erving Goffman bezeichnete daher Kommunikationsformen
unter Abwesenden wie z. B. Telefonieren oder Briefwechsel als „blinde
Transaktionen“ (Goffman 1974b, S. 107). Kommunikation via Internet kann man ebenfalls
dazuzählen.</span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Ein weiterer wichtiger Aspekt von
Interaktionssituationen ist die <i style="mso-bidi-font-style: normal;">symbolische
Ordnung</i>, die durch die Images der Anwesenden konstituiert wird. Jeder der
Anwesenden erzeugt im Laufe der Interaktion durch sein Verhalten ein bestimmtes
Bild von sich selbst von dem die anderen Anwesenden annehmen man verfolge es.
Dieses Bild von sich selbst wird auch als Image bezeichnet (vgl. Goffman 1986a, S. 10.). Mit dem <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Image</i> werden vor allem
positive Eigenschaften verbunden, die es den beteiligten Anwesenden ermöglicht
weiterhin ein Bestandteil der entstandenen symbolischen Ordnung zu sein. Ohne
ein Image oder mit einem falschen Image ist es nur sehr schwer möglich an einer
Interaktion teilzunehmen. <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Kein Image</i>
und <i style="mso-bidi-font-style: normal;">falsches Image</i> bezeichnen
Verhaltensstrategien die nur schwer in die symbolische Ordnung integriert
werden können (vgl. Goffman 1986a, S. 10ff.). Ein Image bzw. eine soziale
Adresse entsteht im Laufe von Kommunikationsprozessen automatisch, denn jeder
Kommunikationsprozess benötigt Zurechnungsinstanzen auf die ein bestimmter
Beitrag zugerechnet werden kann (vgl. Fuchs 1997). Diese Zurechnungsinstanzen
sind die anwesenden Menschen. Dass man ohne ein Image bzw. eine soziale Adresse
nicht an einer Interaktion teilnehmen kann, bedeutet jedoch nicht, dass sich
die Beteiligten vor Beginn der Interaktion kennen müssen. Es bedeutet
lediglich, dass Kommunikation ermöglicht wird. Wenn sich Menschen begegnen, die
sich nicht kennen und miteinander in eine Interaktion eintreten, so können sie
das weil ihre sozialen Adressen noch unbeschriebene Blätter sind. Sobald die
Anwesenden sich gegenseitig wahrnehmen und sich dessen auch bewusst sind, beginnt
der Prozess der Imagebildung.</span><br />
<br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Wenn sich zwei für einander
unbekannten Menschen begegnen ist diese Situation weitest gehend unbestimmt.
Niklas Luhmann bezeichnet eine Situation sinnhafter Unbestimmtheit als eine
<i>Situation <span style="mso-bidi-font-style: normal;">doppelter Kontingenz</span></i> (vgl.
Luhmann 1984, S. 148 – 190). Von Kontingenz wird gesprochen, wenn etwas als
nicht notwendig und deswegen anders möglich beobachtet wird (vgl. Luhmann 1984,
S. 152). Anders gesagt, weist Kontingenz auf Alternativen hin. Etwas erweist
sich als kontingent, wenn man weiß, dass es auch anders möglich gewesen wäre.
So kann jeder der füreinander unbekannten Anwesenden aus einem Horizont von
Handlungsmöglichkeiten wählen um eine erste sinnhafte Bestimmung der Situation
vorzunehmen, z. B. durch ein Grußwort. Hinsichtlich der Handlungsmöglichkeiten
von einem der Anwesenden spricht man von einfacher Kontingenz. Da aber eine
Interaktion erst durch mindestens zwei Personen zustande kommt, muss auch der
Horizont der Handlungsmöglichkeiten der zweiten Person berücksichtigt werden.
Deswegen spricht man von einer Situation doppelter Kontingenz. In diesem Sinne
erzeugt eine Interaktionssituation nicht nur gegenseitige Wahrnehmung sondern
auch doppelt kontingente Beobachtungsmöglichkeiten.</span><br />
<br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">An anderer Stelle wurde <a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2012/10/beobachtbarkeit-als-risiko-und-gefahr.html"><i style="mso-bidi-font-style: normal;">Beobachtbarkeit als Risiko und Gefahr</i></a>
für die Images der an einer Interaktion Beteiligten beschrieben. Doppelte
Kontingenz ist eine andere Beschreibung dieses Problems. Die
Handlungsmöglichkeiten des Interaktionspartners können verletzend oder
bestätigend<span style="mso-spacerun: yes;"> </span>sein. Dadurch wird
Beobachtbarkeit zur Gefahr und zur Chance für das eigene Image. Umgekehrt stellen
dann auch die eigenen Handlungsmöglichkeiten für das Image des
Interaktionspartners potentielle Gefahren dar. Die eigenen
Handlungsmöglichkeiten können aber ebenso das eigene Image verletzen oder
bestätigen. Somit wird das eigene Verhalten zum Risiko und zur Chance für das
eigene Image. Das gilt in gleicher Weise für die Handlungsmöglichkeiten und das
Image des Interaktionspartners. Ein <i style="mso-bidi-font-style: normal;">falsches
Image</i> entsteht z. B. dann, wenn Information in die Interaktion eingebracht
werden, die nicht mit der Verhaltensstrategie vereinbar sind von der angenommen
wurde, dass sie vom Träger des falschen Images bisher verfolgt wurde. Diese
Informationen können durch das eigene Verhalten oder durch das des
Interaktionspartners entstehen. <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Kein
Image</i> entsteht, wenn für einige der an einer Interaktion Beteiligten nicht
ersichtlich wird, welche Verhaltensstrategie von einem der Beteiligten verfolgt
wird (vgl. Goffman 1986a, S. 13). In beiden Fällen geht es um die Erwartungen, die aus einer
Verhaltensstrategie entstehen. Spätestens wenn Erwartungen durch
Imageverletzungen enttäuscht werden, erweisen sich die selbstverständlichen
Umgangsformen als kontingent. Denn Erwartungsenttäuschungen weisen darauf hin,
dass es auch anders gehen könnte.<span style="mso-bidi-font-weight: normal;"> </span></span><br />
<br />
<br />
<div style="text-align: center;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span style="mso-bidi-font-weight: normal;">II.</span> </span></div>
<br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Wenn Interaktionssituationen
zustande kommen, ergeben sich automatisch Möglichkeiten für Bestätigungen und
Verletzungen der Images der partizipierenden Anwesenden. Das gilt grundsätzlich
auch für Kontakte via Internet. Um jedoch genauer analysieren zu können, welche
Auswirkungen die Einschränkungen der Wahrnehmung auf die Kommunikation unter
Abwesenden haben, wird ein weiteres Konzept von Erving Goffman herangezogen. Es
handelt sich dabei um die <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Territorien des
Selbst</i> (vgl. Goffmann 1974). Als Territorien bezeichnet Goffman
verschiedene Formen der sozialen Organisation, die sich jeweils an einem
bestimmten Objekt orientieren. Das Objekt verweist auf eine konkrete Person,
welche dieses Objekt für sich in Anspruch nimmt. Solche Territorien des Selbst
können das eigene Grundstück sein, ein ergatterter Sitzplatz in der S-Bahn, der
Platz in einer Schlange, der mit einem Handtuch markierte Platz am Strand, persönliche
Gegenstände wie das Portemonnaie, die Jacke, der Hut, die Zigarettenschachtel,
auch der eigene Körper oder sogar Informationen, die etwas über die eigene
Person verraten. In allen diesen Fällen ergeben sich aus dem jeweiligen Objekt,
das mit einer Person in Verbindung<span style="mso-spacerun: yes;">
</span>steht, bestimmte Interaktionsformen bezüglich dieser Objekte. Goffman
unterscheidet drei Merkmale von Territorien des Selbst, die sich aus dem
raum-zeitlichen Anspruch auf ein bestimmtes Objekt ergeben. Territorien des
Selbst können ortsgebunden, situativ oder egozentrischen sein. <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Ortsgebunden</i> meint einen räumlich
begrenzten Anspruch, der aber für eine unbestimmte Zeit besteht. <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Situative</i> Territorien des Selbst sind
sowohl räumlich als auch zeitlich begrenzt. <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Egozentrische</i>
Territorien des Selbst sind weder räumlich noch zeitlich begrenzt, sondern an
die Person gebunden und bewegen sich deswegen mit ihr mit.</span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Davon ausgehend untersuchte
Goffman wie Menschen in Situationen gegenseitiger Wahrnehmung versuchen ihre
Territorien durch <i style="mso-bidi-font-style: normal;">sichtbare Zeichen</i>
zu markieren. Dabei unterschied er zwischen <i style="mso-bidi-font-style: normal;">zentralen
Markierungen</i>, die auf einen territorialen Anspruch hinweisen, <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Territoriumsmarkierungen</i>, die auf die
Grenzen zwischen zwei Territorien hinweisen, und sogenannte <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Stempel</i>, die auf oder an dem
beanspruchten Objekt angebracht oder eingeprägt werden (vgl. Goffman 1974a, S.
71). Diese sichtbaren Zeichen sind ebenfalls Bestandteil der durch die Images
der anwesenden Beteiligten gebildeten symbolischen Ordnung einer
Interaktionssituation. Aufgrund der Assoziation von Person und Gegenstand wird
erwartet, dass dem Gegenstand derselbe Respekt entgegengebracht wird wie der
Person auf die der Gegenstand verweist. Eine Missachtung der Markierungen kommt
einer Verletzung der Person gleich. Mit der Markierung von Territorien des
Selbst durch sichtbare Zeichen findet eine <i style="mso-bidi-font-style: normal;">sinnhafte
Verschränkung von Person und Objekt</i> statt, die einen persönlichen Anspruch
begründen.</span><br />
<br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Neben einem persönlichen Anspruch
auf bestimmte Objekte können aus sozialen Beziehungen auch <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Ansprüche auf eine bestimmte Person</i> entstehen. Auch und gerade
solche persönlichen Ansprüche auf Verfügbarkeit einer anderen Person erfordern
Zeichen, die einen solchen Anspruch für die beanspruchte Person akzeptabel
machen. Goffman zeigte, dass Gruß- und Abschiedsrituale diese Funktion erfüllen
(vgl. Goffman 1974b, S. 118ff.). Sie markieren den Anfang und das Ende einer
Phase erhöhter persönlicher Zugänglichkeit. Während dieser Phase kann die Zeit
einer anderen Person mit größerer Berechtigung in Anspruch genommen werden als
außerhalb dieser Phase. Gruß- und Abschiedsrituale werden deswegen auch als „Zugänglichkeitsrituale“
(Goffman 1974b, S. 119) bezeichnet. Die Markierung solcher Phasen erhöhter
Zugänglichkeit kann durch <i style="mso-bidi-font-style: normal;">verbale</i> und
<i style="mso-bidi-font-style: normal;">nonverbale Zeichen</i> erfolgen. Zugänglichkeitsrituale
können ebenfalls als Markierungen von Territorien des Selbst betrachtet werden.
Die Territorien sind in diesem Fall situativ und egozentrisch. Wobei die Images
der Beteiligten selbst zu den Objekten werden an denen sich das Verhalten der
Anwesenden orientiert. Während einer Interaktionssequenz kommen sowohl
sichtbare, verbale und nonverbale Zeichen zum Einsatz um persönliche Bezüge
herzustellen. Egal was im Zentrum der gemeinsamen Aufmerksamkeit steht, es wird
mit Markierungen der Territorien des Selbst durchsetzt sein. Weil immer
mindestens zwei Personen an einer Interaktion beteiligt sind und nicht
ausgeschlossen werden kann, dass sich die Territorien des Selbst überschneiden,
hat jede Interaktionssituation ein gewisses Potential Vorfälle auszulösen, die
einen oder mehrere Beteiligte in Verlegenheit bringen können. Die Funktion von
Interaktionsritualen ist es solche Situationen zu vermeiden oder mit diesen
Situationen umzugehen und die Verlegenheit aufzulösen (vgl. Goffman 1986b).<span style="mso-bidi-font-weight: normal;"> </span></span><br />
<br />
<br />
<div style="text-align: center;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span style="mso-bidi-font-weight: normal;">III.</span> </span></div>
<br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Das Wissen um solche
Verhaltensformen, die Menschen in die Lage versetzen mit Vorfällen umzugehen,
scheint in der heutigen Zeit immer stärker abzunehmen. In vormodernen
Gesellschaften wurden die Verhaltensregeln aus der sozialen Herkunft, wie z. B.
dem Stamm oder dem Stand, abgeleitet. Als Mitglied war man mit den angemessenen
Umgangsformen vertraut und wusste, wie man sich gegenüber anderen Personen zu
verhalten hatte. Mit dem Übergang zur Moderne wurden aber diese externen
Bestimmungen der sozialen Adresse durch geographische Herkunft oder
biologischer Abstammung immer fragwürdiger. Einen großen Einfluss hatte dabei
die funktionale Differenzierung der Gesellschaft. Für die Inklusion in die
Wirtschaft, das Recht, die Politik, die Liebe, die Kunst oder die Wissenschaft
spielt die geographische oder biologische Herkunft keine Rolle mehr. Jedes
Funktionssystem der Gesellschaft hat sein eigenes Inklusionsmuster und stellt
jeweils andere Erwartungen an eine Person. Damit gibt die eigene soziale
Position keine Hinweise mehr, wie man sich verhalten muss. Aufgrund der heterarchischen
Struktur der funktional differenzierten Gesellschaft lassen sich auch keine
allgemeinen Verhaltensregeln mehr institutionalisieren, die für alle Menschen
gelten könnten. Aufgrund der geschlossenen Operationsweise sozialer Systeme hat
die Trennung zwischen Sozialsystem bzw. Gesellschaft und Mensch immer
bestanden, semantisch wurde diese Trennung erst in der Moderne vollzogen. Die
Forderung nach einer freien und selbstbestimmten Lebensweise ist das
semantische Komplement zu den Autonomiesemantiken der einzelnen
Funktionssysteme. Dass Menschen reflexions- und entscheidungsfähig sind, wird
zur notwendigen Erwartung seitens der einzelnen Funktionssysteme. Gerade bei
unklaren Erwartungen wird damit ein hohes Maß an sozialer und emotionaler
Intelligenz bei den Menschen vorausgesetzt. Angesichts der hohen Anforderungen,
die eine Interaktionssituation an die Beteiligten stellt, besteht eine hohe
Wahrscheinlichkeit, dass die Interaktionen in den meisten Fällen nicht
reibungslos, d. h. erwartungsgemäß, verlaufen werden.</span><br />
<br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Die von Goffman beschriebenen
Interaktionsrituale sind Lösungen dieses Problems. Diese haben sich jedoch von
starren Verhaltensabfolgen immer mehr zur Verfahren mit offenem Ausgang
entwickelt. Es geht also nicht mehr einfach darum erlerntes Wissen – in diesem
Fall über angemessenes Verhalten – abzurufen sondern um den Einsatz der
Kompetenz mit Unbestimmtheit, Doppeldeutigkeit und Kontingenz umzugehen, also sich
auf neue und unerwartete Situationen einzustellen. Dieses Erfordernis verlangt
von Menschen in hohem Maße eine spontane Lernbereitschaft hinsichtlich der
Interaktionspartner ab. Anders ausgedrückt, geht es um die <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Penetration</i>sfähigkeit psychischer Systeme in dem Sinne, dass sie
systemeigene Komplexität bereitstellen müssen um die relevante Umwelt in Form
der Interaktionspartner systemintern konstruieren zu können. Sozial gesehen
besteht dieses Erfordernis wechselseitig und wird <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Interpenetration</i> genannt (vgl. Luhmann, 1984, S. 290). <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Der einzige Anhaltspunkt der dafür noch
soziale und psychische Orientierung geben kann, ist das eigene Image.</i> Nur
über das eigene Image kann ein Abgleich zwischen eigenen und fremden
Erwartungen erfolgen. Psychisch entstehen dadurch zum einen systemintern
Information über die Umwelt. Zum anderen wird man bei Erwartungsenttäuschungen
unter Umständen auf die eigenen blinden Flecke hingewiesen. Diese Irritationen
können dann auch zu Lernprozessen führen. Voraussetzung dafür ist, dass man
eine Vorstellung von sich selbst hat und wie diese zu der symbolischen Ordnung
einer Interaktionssituation passt.</span><br />
<br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Empirisch gesehen, scheint es gegenwärtig
aber gerade beim Umgang mit Unerwartetem, Kontingentem und Mehrdeutigem einige
Defizite zu geben. Der hohe Beratungs- und Therapiebedarf ist dafür ein
wichtiger Indikator, der zum Aufstieg dessen geführt, was Eva Illouz
als therapeutischen Diskurs beschreibt (vgl. 2009). Der Mangel an allgemein
verbindlichen Verhaltensregeln scheint eine wichtige Ursache dafür zu sein.
Vieles muss heute situativ erarbeitet werden und setzt eine hohe Irritations-
bzw. Lernbereitschaft auf emotionaler und semantischer Ebene voraus. Das
bedeutet man muss die sichtbaren, verbalen und nonverbalen Zeichen für die
Territorien des Selbst verstehen und gegebenenfalls mit den daraus entstehenden
Vorfällen umgehen können. Mit steigendem Individualisierungsgrad erhöhen sich
damit aber die Anforderungen für eine erfolgreiche Teilnahme an Kommunikation.
Es kann dann nicht nur darum gehen, dass kommuniziert wird, sondern wie
kommuniziert wird.</span><br />
<br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Im Zuge dessen nehmen auch die
Risiken und Gefahren für störende Vorfälle zu, die einen oder mehrere
Interaktionspartner in Verlegenheit bringen können. Treten solche Fälle
häufiger auf, kann sich die Verlegenheit in Unbehagen (vgl. Goffman 1986b)
steigern und schließlich zur Entfremdung (vgl. Goffman 1986c) von
wiederkehrenden sozialen Situationen, wenn nicht sogar zur Entfremdung
gegenüber Kommunikation selbst führen. Sozial heißt das Exklusion und soziale
Isolation. Diese Entwicklung minimiert auch die Chancen für Lernprozesse.
Kommunikationsvermeidung wird zur Fehlervermeidung und Fehlervermeidung zur
Lernvermeidung. Und Personen von denen man schon weiß, dass sie peinliche
Situationen provozieren können, geht man lieber aus dem Weg. Häufig sind das
Personen, die wenig Gespür für die Territorien des Selbst ihres
Interaktionspartners haben. Sie halten zum Beispiel beim Gespräch keinen
Abstand, setzen sich auf Plätze trotz Markierung oder können Gesten nicht
deuten, die auf eine baldige Beendigung eines Gesprächs hinweisen. Psychologen
bezeichnen eine derartige Symptomatik als Dyssemie (vgl. Golemann 1995, S. 158f.).
Dabei handelt es sich um eine Unfähigkeit nonverbale Zeichen zu deuten, die auf
die Territorien des Selbst eines Interaktionspartners verweisen. Häufig sind es
Außenseiter, Sonderlinge und Eigenbrötler die Anzeichen von Dyssemie aufweisen.
Sie können die emotionalen Mitteilungen der<span style="mso-spacerun: yes;">
</span>Körpersprache ihres Gegenübers nicht deuten und senden selbst unpassende
Signale aus. Das erzeugt Unsicherheit bei den Interaktionspartnern und Abweisungen
sind die Folge ohne das den Betroffenen bewusst ist warum sie abgewiesen
wurden. Das Beispiel Dyssemie macht darauf aufmerksam, dass bereits die Kommunikation
unter Anwesenden bestimmte Schwierigkeiten bereithält, die gemeistert werden
müssen. In Zeiten hoch individualisierter Personen kann davon ausgegangen
werden, dass die Verständnisschwierigkeiten nicht mehr nur auf nonverbale
Zeichen beschränkt bleiben sondern sich inzwischen auch auf verbale und
sichtbare Zeichen ausgeweitet haben. Damit wäre aber emotionale Intelligenz im
Sinne Golemans nur ein erklärender Faktor für die Kommunikationsschwierigkeiten
vieler Menschen. Ein weiterer ist der Mangel an gemeinsamem Wissen über
passende Techniken der Imagepflege.<span style="mso-bidi-font-weight: normal;"> </span></span><br />
<br />
<br />
<div style="text-align: center;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span style="mso-bidi-font-weight: normal;">IV.</span> </span></div>
<br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Wenn bereits Kommunikation unter
Anwesenden aufgrund hoch individualisierter Wissensbestände und differierender
Empathiefähigkeit bei den Interaktionspartnern die Annahme eines
Kommunikationsangebots immer unwahrscheinlicher werden lässt, kann davon
ausgegangen werden, dass Kommunikation unter Abwesenden aufgrund des Wegfalls
der gegenseitigen Wahrnehmung der Kommunikationspartner noch viel schwieriger
und damit unwahrscheinlicher ist. Zum einen geht das Bewusstsein für die eigene
Beobachtbarkeit verloren. <a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2012/10/die-offentlichkeit-der-gesellschaft-das.html">An
anderer Stelle</a> wurde dieses Problem auch als fehlende Aufmerksamkeit für
Aufmerksamkeitsfokussierung bezeichnet. Das zeigt sich schon allein daran, dass
viele Menschen über die sozialen Netzwerke Informationen über sich Preis geben,
die nicht für jeden zugänglich sein sollten. Zum anderen geht der gemeinsame
Fokus der Aufmerksamkeit verloren. Wahrnehmung gewährleistet in
Interaktionssituationen über den gemeinsamen Fokus der Aufmerksamkeit auch die
Koordination des Verhaltens und Synchronisation der emotionalen Tönung des
Ausdrucks. Durch die entstehenden Erwartungsstrukturen wird der menschliche
Körper der Beteiligten in hohem Maße mit einbezogen – und sei es nur durch
Anwesenheit. Das fällt bei der Kommunikation unter Abwesenden weg. <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Der gemeinsame Fokus der Aufmerksamkeit ist
nur noch imaginär gegeben. </i>Das erfordert ein gutes Vorstellungsvermögen
bzw. eine gesteigerte Penetrationsfähigkeit seitens der Kommunikationspartner
um ein angemessenes Verhalten gegenüber dem gemeinsamen Fokus der
Aufmerksamkeit zu gewährleisten.</span><br />
<br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Die meisten Trollangriffe finden
in schriftlicher Form in Internetforen, Blogs und Kommentarspalten statt. Deswegen
konzentrieren sich die folgenden Überlegungen auf schriftliche Kommunikation
via Internet. Schrift wird zum einzigen Medium, das als Informationskanal
zur Verfügung steht. Kommunikation wird damit, wenn man so sagen darf, <i style="mso-bidi-font-style: normal;">eindimensional</i>. <span style="mso-spacerun: yes;"> </span>Die <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Handlung</i>smöglichkeiten
der Kommunikationspartner – <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Alter</i>
(Beobachteter) und <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Ego</i> (Beobachter) –
reduzieren sich auf Schreiben und ihr <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Erleben</i>
müssen beide durch Schreiben ausdrücken. Im Gegensatz zu den Präferenzcodes der
Funktionssysteme hat Sprache bzw. Schrift jedoch keine Präferenz. Ja oder Nein,
Annahme oder Ablehnung, beide Alternativen sind gleich wahrscheinlich.
Weiterhin muss man berücksichtigen, dass es bei der Kommunikation unter
Abwesenden keine Möglichkeiten für räumliche und zeitliche Integration gibt. Das
gilt zwar nicht erst seit dem Internet. Das Internet ermöglicht aber durch die
schnellen Reaktionsmöglichkeiten eine schriftliche Kommunikation, die sich in
ihrer dialogischen Form immer mehr einem Gespräch annähert.</span><br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Integration meint in diesem
Zusammenhang wechselseitige Einschränkung von Freiheitsgraden (Luhmann 2005b,
S. 227) bzw. wechselseitige Einschränkung von Handlungsmöglichkeiten der
Kommunikationspartner. Das Internet ermöglicht aber keine irreversiblen
Selbstbindungen von Personen bzw. Einschränkungen von Handlungsmöglichkeiten. <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Eine</i> Handlungsmöglichkeit, die im Rahmen
der Schrift möglich ist, kann niemals endgültig ausgeschlossen werden. Das ist
die <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Möglichkeit des Widerspruchs</i>. Das
betrifft sowohl die Möglichkeit den Mitteilungen des Kommunikationspartners zu
widersprechen als auch den eigenen. Darin liegt auch der Grund warum sich bei
ausschließlicher Kommunikation via Schrift keine symbolischen Generalisierungen
bilden lassen. Zudem lässt sich bei Kommunikation unter Abwesenden kein
wirksamer Körperbezug herstellen, der den Unterschied zwischen Annahme und
Ablehnung einer Kommunikation erfahrbar macht. Speziell ein gewaltsamer Zugriff
ist nicht möglich. Aber schon unterhalb funktionssystemrelevanter
Kommunikationen wirkt sich der <i style="mso-bidi-font-style: normal;">fehlende
Körperbezug</i> und die <i style="mso-bidi-font-style: normal;">fehlende
Körperbeteiligung</i> aus. Man kann die Mimik und Gestik der
Kommunikationspartner nicht mehr wahrnehmen um die Mitteilungen in ihrer
emotionalen Tönung und Intensität auf einander abzustimmen. Das ist die
wesentliche Behinderung der Kommunikation, die aus den technischen
Möglichkeiten der Kommunikation unter Abwesenden resultiert. Randall Collins
hat daraus den Schluß gezogen, dass Menschen Kommunikationsmöglichkeiten unter
Anwesenden den Kommunikationsmöglichkeiten unter Abwesenden vorziehen werden (Collins
2005, S. 63).</span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Aus der Reduktion der
Ausdrucksmöglichkeiten bei der Kommunikation unter Abwesenden durch Schrift
ergibt sich ein gravierendes Problem. Sowohl Referenzen auf den gemeinsamen
Fokus der Aufmerksamkeit als auch Referenzen auf die Images der
Kommunikationspartner müssen im selben Medium ausgedrückt werden. Das Image
bzw. die soziale Adresse der Beteiligten wird bei Kommunikation unter
Abwesenden <i style="mso-bidi-font-style: normal;">virtuell</i>. Imaginär war die
soziale Adresse bereits bei der Kommunikation unter Anwesenden, weil die
Penetrationsfähigkeit im Sinne der Vorstellungskraft der Beteiligten schon
immer in Anspruch genommen wurde. Deswegen spricht Goffman vermutlich auch vom
Image. Virtuell wird das Image, weil es keine sichtbaren, physischen Zeichen
mehr gibt, die auf ein Territorium des Selbst hindeuten. Stattdessen wird das
jeweilige Thema als der gemeinsame Fokus der Aufmerksamkeit selbst zu einem
Territorium des Selbst. Es findet also eine Assoziation zwischen Thema und
Person statt. Man denke hier als Beispiel an das Facebook-Profil. Als weltweit
erreichbare soziale Adresse setzt sich das Facebook-Profil aus den jeweiligen
Vorlieben einer Person zusammen, sowie aus den biographischen Angaben, die
jemand öffentlich zugänglich machen will. Speziell die persönlichen Vorlieben
markiert man über den Like-Button. Den Like-Button kann man als funktionales
Äquivalent zur Ja-Seite im Rahmen der Ja/Nein-Codierung der Sprache betrachten.
<a href="http://www.welt.de/wirtschaft/webwelt/article5549617/Warum-Facebook-den-Dislike-Button-nicht-mag.html">Facebook
hat jedoch keinen Dislike-Button eingeführt</a>. Unter anderem mit der
Begründung, dass es ziemlich merkwürdig wäre, wenn bezüglich eines Posts neben
dem Like eines Freundes auf einmal das Dislike eines anderen Freundes
erscheinen würde. Die Betreiber von Facebook sind sich sehr bewusst über die
Irritationen, die eine solche Konstellation auslösen würden. Die aktuelle
Gestaltung der Benutzeroberfläche von Facebook kann als eine Reaktion darauf
betrachtet werden, dass es zu einer sinnhaften und emotionalen Assoziation
zwischen der eigenen sozialen Adresse und dem Objekt der persönlichen Vorliebe
kommt. Immerhin sind die Likes konstitutive Elemente bei der Konstruktion des
Facebook-Profils. Das Territorium des Selbst weitet sich auf die Objekte der
persönlichen Vorliebe aus und diese Objekte werden selbst zu Markierungen der
virtuellen Territorien des Selbst. Sie sind weder situativ noch ortsgebunden
sondern nur noch egozentrisch. Entsprechend besteht die Gefahr, dass ein
Dislike als eine Imageverletzung verstanden werden könnte.<span style="mso-bidi-font-weight: normal;"> </span></span><br />
<br />
<br />
<div style="text-align: center;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span style="mso-bidi-font-weight: normal;">V.</span> </span></div>
<br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Kommunikation unter Abwesenden
via Schrift ist also sehr voraussetzungsreich, da es an die Beteiligten sehr
hohe Anforderungen stellt. Das Wahrnehmungsfeld wird sehr stark eingeschränkt
und die Vorstellungskraft wird in hohem Maße in Anspruch genommen. Dadurch
besteht die Gefahr, dass jedes Objekt oder Thema zu dem eine Person eine
emotionale Beziehung hat als eine Markierung des virtuellen und egozentrischen
Territoriums des Selbst werden kann. Kommunikation via Internet wird dann zu
einer Art Lauf über ein Minenfeld und jede Äußerung über ein bestimmtes Thema
kann als persönliche Beleidigung verstanden werden, die entsprechend vergolten
werden muss. Damit sind die Bedingungen skizziert, denen jede Mitteilung via
Internet unterliegt, und die zum Kampf um die Deutungshoheit des Selbst führen.
Dieser lange theoretische Vorlauf war notwendig um zu verdeutlichen, dass es
sich bei Kommunikationsphänomenen im Internet um hoch komplexe Phänomene
handelt, die leicht missdeutet werden können, wenn man nicht die Unterschiede
zur Kommunikation unter Anwesenden berücksichtigt.</span><br />
<br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Im Anschluss daran kann Trollen als <i>unbeholfene Form der Kritik</i> bestimmt werden.
Der Bezugspunkt der Kritik ist das verhandelte Thema, welches zugleich der
gemeinsame Fokus der Aufmerksamkeit ist. Trollen fällt primär dadurch auf, das
es schnell sehr persönlich wird. Dadurch kann man Trollen auf den ersten Blick
für nichts weiter als Beleidigen halten – also als Verletzung des Images des
Kommunikationspartners. Häufig beschränkt sich das Trollen auch nur darauf.
Aber warum sollte jemand Beleidigen als Selbstzweck betreiben und sich als
Ziele Personen aussuchen, die er nicht mal persönlich kennt? Gerade die
Funktionslosigkeit der reinen Beleidigung lässt Zweifel an dieser Deutung
aufkommen. Vielmehr dient die Beleidigung als Verlegenheitslösung für eine
Kommunikationsstrategie, die im Internet nicht funktioniert – nämlich die
Annahme eines Kommunikationsangebots durch Argumentation. Denn das Internet
behindert nicht nur die Wahrnehmung der Beteiligten sondern auch die
Möglichkeiten raum-zeitlicher Integration – also der wechselseitigen Einschränkung
des Spielraums möglicher Handlungsalternativen.</span><br />
<br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Argumentation dient der
Einschränkung von Freiheitsgraden durch das Aussortieren möglicher
Gegenargumente in Bezug auf das gemeinsame Thema. Während Organisationen und
Interaktionen die Möglichkeit haben Konflikte zu isolieren und im Extremfall
zur Exklusion von einem der Beteiligten führen, um den Konflikt zu beenden,
steht diese Möglichkeit im Internet nicht zur Verfügung. Organisationen und
Interaktionen verfügen für diese Fälle über Verfahren und Techniken, die auch
dem Verlierer klar machen, warum er am Ende der Unterlegene war. Die
Verfahrensweise selbst und nicht das Ergebnis schafft die notwendige
Legitimität des Verfahrens. Zuschauer können darauf vertrauen im Konfliktfall
auch diese Verfahren in Anspruch nehmen zu können und ein Ergebnis nach
transparenten Regeln erwarten können – auch wenn das Ergebnis selbst inhaltlich
noch nicht bestimmt ist <a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2012/12/kontingenz-kritik-und-das-internet-2.html#fn001" id="anker001">[1]</a>. Am Ende kann der Verlierer nicht auf einen
früheren Stand des Verfahrens zurückkehren, sondern hat die getroffene Entscheidung
zu akzeptieren. In Bezug auf Funktionssysteme wird durch Verfahren auf die
Annahme hoch unwahrscheinlicher Kommunikationsangebote hingearbeitet. Bei der
Kommunikation via Internet stehen diese Formen der Konfliktbewältigung nicht
zur Verfügung. Stattdessen riskiert jedes Kommunikationsangebot direkt auf die
Alternative zwischen Annahme und Ablehnung aufzulaufen. Aufgrund der
Schwierigkeiten mit denen Kommunikation via Internet belastet ist, kann davon
ausgegangen werden, dass eine Ablehnung wahrscheinlicher ist als eine Annahme.
Das gilt auch für Argumentation. Sie ist der Versuch eine Art Konditionalprogrammierung
in Anschlag zu bringen und abzuarbeiten, um zu einem Ergebnis zu kommen. Sobald
die Aussichtslosigkeit dieser Verfahrensweise im Laufe der Kommunikation
registriert wird, stellt die Kommunikation auf die Person als Ziel der Kritik
um. Möglicherweise bildet sich der Troll sogar ein, dass er durch die
Beleidigung dem Diskussionsgegner doch noch dazu bringt ihm Recht zugeben. Aber
genauso wie die Anwendung von Gewalt das Scheitern von Macht anzeigt (vgl.
Luhmann 2003,S. 61), weist die persönliche Beleidigung auf das Scheitern der
Überzeugungsversuche auf der Sachebene hin.</span><br />
<br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Das gilt unabhängig davon ob
jemand anonym oder unter seinem Klarnamen trollt. Im Falle des Trollens mit
Klarnamen hat die trollende Person zusätzlich noch wenig Gespür für
Markierungen der Territorien des Selbst - weder für die der anderen noch seine
eigenen. Ein Thema ist für die trollende Person emotional so stark aufgeladen, dass
das Thema selbst zu einem Territorium des Selbst wird. Thema und Person fallen
gleichsam zusammen. Die Sicht des Trolls verengt sich auf das Thema. Die Images
der Beteiligten und das eigene Image werden irrelevant. Der Troll beteiligt
sich in gewisser Weise selbst<i style="mso-bidi-font-style: normal;">los</i> an
Kommunikation. Jede Äußerung, die nicht in die Sicht des Trolls passt, wird als
eine Verletzung des eigenen Territoriums aufgefasst. Entsprechend heftig fallen
die Reaktionen auf Verletzungen aus. Persönliche Beleidigungen werden zum legitimen
Mittel der Auseinandersetzung und die Imageverletzungen der vermeintlichen
Gegner werden als Kollateralschäden in Kauf genommen. Wenn jemand unter seinem
Klarnamen trollt, scheint die Person keine Vorstellung von seiner Rolle in der
symbolischen Ordnung der Images zu haben. Diese unreflektierte
Kommunikationsweise zeugt vom fehlenden Selbstbewusstsein des Trolls und es
liegt die Vermutung nahe, dass die betreffende Person auch bei der
Kommunikation unter Anwesenden für ähnliche Vorfälle sorgt.</span><br />
<br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Die Betroffenen hat ihre
Kommunikationsweise möglichweise schon in die soziale Isolation getrieben und
das Internet ist die einzige Möglichkeit überhaupt noch zu kommunizieren. Die
Häufigkeit der Trollversuche weist darauf hin, dass es mehr Menschen als gedacht
gibt, die sowohl semantisch wie emotional Probleme haben den richtigen Ton zu
treffen <a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2012/12/kontingenz-kritik-und-das-internet-2.html#fn002" id="anker002">[2]</a>. Das Internet macht das nun beobachtbar und weist so darauf hin,
dass Kommunikation relativ leicht zustande kommt, denn auch Ablehnung kann
kommuniziert werden und bietet vortreffliche Anlässe trotzdem weiter zu machen.
Die Annahme eines Kommunikationsangebots ist dagegen nach wie vor ein sehr
unwahrscheinliches Ereignis. Das wird gerade dann besonders deutlich, wenn man
bedenkt, dass auch eine Ablehnung annehmbar kommuniziert werden muss damit sie
nicht in Feindschaft endet. So schlüssig eine Ablehnung formuliert sein kann,
wird sie kaum Akzeptanz finden, wenn es ihr an der nötigen Empathie fehlt.<span style="mso-bidi-font-weight: normal;"> </span></span><br />
<br />
<br />
<div style="text-align: center;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span style="mso-bidi-font-weight: normal;">VI.</span> </span></div>
<br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Trollen mit Klarnamen ist das
deutlichste Signal für mangelndes Selbstbewusstsein der trollenden Person.
Neben dieser unreflektierten Form des Trollens gibt es aber auch eine Menge von
Trollangriffen, die sehr gezielt vorgehen. Diese Trolle sind sich über die
symbolische Ordnung durchaus bewusst. Ein Indiz dafür ist die Verwendung eines
Pseudonyms, das keine Rückschlüsse auf die Person dahinter zulässt <a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2012/12/kontingenz-kritik-und-das-internet-2.html#fn003" id="anker003">[3]</a>. Dadurch
macht sich der Troll im Verhältnis zu seinem Kommunikationspartner unangreifbar
sofern der Partner einen Klarnamen benutzt. Während sich das Image des Trolls
allein aus den Informationen ergibt die im Rahmen der Diskussion preisgegeben
werden, sind über den Klarnamen-Nutzer möglicherweise auch Informationen über
Google, Google+ oder Facebook zugänglich, die in der Diskussion gegen ihn
verwendet werden können. Der Klarnamen-Nutzer bietet somit eine größere
Angriffsfläche als der anonyme Troll und ist dementsprechend verletzlicher. Die
Angriffe des Trolls können deswegen viel persönlicher ausfallen als die
Angriffe gegen den Troll. Die logische Konsequenz daraus ist die Symmetrie
wieder herzustellen und ebenfalls ein Pseudonym zu benutzen.</span><br />
<br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Anonymität weist damit auf einen
wichtigen Unterschied in den Formen des Trollens hin. Es gibt <i style="mso-bidi-font-style: normal;">unreflektiertes</i> und <i style="mso-bidi-font-style: normal;">reflektiertes Trollen</i>. Wenn hier von reflektiertem Trollen die Rede
ist, bezieht sich das auf die Verhaltensweise des Trolls, die Rückschlüsse darüber zulässt, ob der Troll eine Vorstellung von seiner Rolle innerhalb der symbolischen Ordnung hat. Anonymisierung ist der wichtigste Beleg
dafür, das sich die Trolle über ihre Rolle bewusst sind und sich vor dem, was
man anderen antut, zu schützen versucht <a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2012/12/kontingenz-kritik-und-das-internet-2.html#fn004" id="anker004">[4]</a>. Ein weiterer Indikator ist die Art und Weise wie der Troll auf die Markierungen der Territorien des Selbst seiner Kommunikationspartner eingeht. Man kann die unreflektierte und die
reflektierte Variante des Trollens auch in der Unterscheidung von <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Trollen 1. Ordnung</i> und <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Trollen 2. Ordnung</i> beschreiben. Das
Folgende bezieht sich nur auf Trollen 2. Ordnung <a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2012/12/kontingenz-kritik-und-das-internet-2.html#fn005" id="anker005">[5]</a>.</span><br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"> </span><br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Wenn im Rahmen der Diskussion das
Kräfteverhältnis ausgeglichen ist indem die Kommunikationspartner nur noch
anonym miteinander diskutieren, kommt ein weiterer wichtiger Aspekt zutage. Beleidigungen
haben nun nicht mehr dieselbe emotionale Schlagkraft und Schicksalhaftigkeit
wie bei einem Klarnamen-Nutzer. Der Fokus der Aufmerksamkeit kann sich nun
wieder auf das Thema der Diskussion konzentrieren und nicht mehr auf die
Teilnehmer. Die Diskussionen werden dann zu dem was Goffman als <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Charakterwettkämpfe</i> bezeichnet (vgl.
Goffman 1986d, S. 260f.). Unter <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Charakter</i>
versteht Goffman die Fähigkeit unter Druck standhaft zu bleiben. Der Charakter
zeigt sich aber nicht darin dass eine bestimmte Handlung ausgeführt wird
sondern <i style="mso-bidi-font-style: normal;">wie</i> sie von einer bestimmten
Person ausgeführt wird (vgl. Goffman 1986d, S. 236). Bei einer schriftlichen
Diskussion unter Abwesenden via Internet entsteht der Druck durch das Angebot
einer Kommunikationsofferte, z. B. einer bestimmten Meinung, und dem
Standhalten gegenüber der erwartbaren Kritik. Der Charakter zeigt sich in der
Art und Weise, wie der Träger dieser Meinung auf die Annahme seiner
Kommunikationsofferte hinarbeitet. Was dabei auf dem Spiel steht, ist die
Fähigkeit Einfluss auf einen Kommunikationspartner auszuüben. Aufgrund der
fehlenden Möglichkeiten raum-zeitlicher Integration bei der Kommunikation via
Internet ist es aber nicht möglich Einfluss zu generalisieren, d. h.
situationsunabhängig erwartbar zu machen. Die Herausforderung bei einer
Auseinandersetzung via Internet besteht nun darin eben dies trotzdem zu
versuchen. Daraus entwickelt sich ein Wettkampf der etwas produziert, was
Goffman als <i style="mso-bidi-font-style: normal;">action</i> bezeichnet (vgl.
Goffman 1986d, S. 203). <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Action</i>-lastige
Verhaltensweisen zeichnen sich dadurch aus, dass sie <i style="mso-bidi-font-style: normal;">ungewiss</i> und <i style="mso-bidi-font-style: normal;">folgenreich</i>
für die Gegner sind, die sich am Wettkampf beteiligen. Die Ungewissheit bei
einer Auseinandersetzung via Internet entsteht schon allein aus der hohen
Unwahrscheinlichkeit der Annahme eines Kommunikationsangebots. Gerade dann wird
der Versuch es trotzdem zu versuchen zu einem großen Risiko für das eigene
Image und in dieser Hinsicht folgenreich für die Stellung des eigenen Image im
Rahmen der durch die Gegnerschaft konstituierten symbolischen Ordnung.
Recht-Bekommen bzw. Recht-Geben ist das Ergebnis und der Preis des Wettkampfs.
Preis in diesem Fall in einem doppelten Sinne. Für den Sieger ist der Preis die
Bestätigung des eigenen Image und eine Anerkennung seines Einflusses. Für den
Verlierer ist der Preis die Unterordnung unter den Einfluss des Siegers, was
zugleich auch einen Ansehensverlust bedeuten kann. <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Somit begründet das Ergebnis des Wettkampfs ein personales Verhältnis
der Über- und Unterordnung.</i> Der Imagegewinn bzw. –verlust macht den Reiz
der <i style="mso-bidi-font-style: normal;">action</i> aus.</span><br />
<br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Ein gravierendes Problem von
Charakterwettkämpfen über das Internet ist jedoch dass es <i style="mso-bidi-font-style: normal;">keine festgelegten Regeln</i> gibt. Während ein Spiel ein Verfahren ist
dass nach festgelegten Regeln ein Ergebnis produziert, gibt es für Auseinandersetzungen
via Internet keine Anhaltspunkte nach denen sich einer der beiden Kontrahenten
als legitimer Sieger betrachten kann. Eine weitere Schwierigkeit ist, dass es <i style="mso-bidi-font-style: normal;">kein Publikum</i> gibt dass das Ergebnis
bestätigen könnte. Das heißt aber nicht unbedingt, dass es kein Publikum gibt.
Gelegentlich kann sich ein Beobachter des Wettkampfs an der Diskussion
beteiligen oder sogar selbst mit in den Ring steigen. Aber genauso wie das
Publikum im Prinzip virtuell bleibt, so ist auch der Imagegewinn bzw. –verlust
virtuell und bleibt der Deutung der Kontrahenten überlassen. Das
vermeintliche Ergebnis des Charakterwettkampfs kann sogar selbst der Gegenstand
des nächsten Wettkampfs werden.<span style="mso-bidi-font-weight: normal;"> </span></span><br />
<br />
<br />
<div style="text-align: center;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span style="mso-bidi-font-weight: normal;">VII.</span> </span></div>
<br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Charakterwettkämpfe via Internet sind also Spiele
ohne Spielregeln. Oder anders ausgedrückt, die einzige Spielregel von
Charakterwettkämpfen ist, dass es keine Spielregeln gibt. Den einzigen
Orientierungspunkt für die Auswahl eines angemessenen Beitrags ist der
gemeinsame Fokus der Aufmerksamkeit – also das Thema der Diskussion. Wenn es
das Ziel ist <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Einfluss</i> auf den
Kontrahenten auszuüben, dann geht es in anderen Worten darum <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Macht</i> zu demonstrieren. Auf das Handeln
Alters hin, der ein Kommunikationsangebot macht, handelt Ego in dem er das
Kommunikationsangebot annimmt und Alter Recht gibt. Es geht aber um Macht in
einem unpolitischen Sinne. Luhmann unterscheidet drei Dimensionen in denen
Einfluss generalisiert werden kann (vgl. Luhmann 2012, S. 61ff.). <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Sachlich</i> kann Einfluss über <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Autorität</i> generalisiert werden. Die
Übernahme einer Anweisung oder einer Meinung beruht darauf, ob sich diese
bereits in der Vergangenheit bewährt hat und auf Rückfrage auch plausibel
begründet werden kann. Auf diese Weise kann die Wahrscheinlichkeit von
Widerspruch und Kritik gesenkt werden. <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Sozial</i>
kann Einfluss über <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Führung</i>
generalisiert werden. Ob eine Weisung oder Befehl durch den Befehlsempfänger
übernommen wird, richtet sich danach, wie viel Annahmebereitschaft der
Befehlende unabhängig von der konkreten Situation bei anderen Personen erwarten
kann. Anders ausgedrückt, hängt soziale Generalisierung von Einfluss von der
Annahme des Befehlsempfängers ab, wie viele andere Personen bereit sind dem
Führenden zu folgen. Autorität und Führung sind Generalisierungen, die nicht
nur in der Politik zum Tragen kommen sondern auch in Organisationen, die sich
anderen Funktionssystemen zuordnen lassen. Die dritte Möglichkeit ist schließlich die <i style="mso-bidi-font-style: normal;">zeitliche</i>
Generalisierung von Einfluss. Damit Ego aufgrund des Handelns von Alter
handelt, muss Alter Ego eine Vermeidungsalternative anbieten, die von Ego noch
weniger präferiert wird als die Handlung die Alter von Ego erwartet. Alter hat nur in dem Maße über Ego Einfluss als er Ego eine
glaubwürdige Vermeidungsalternative anbieten kann. Die Besonderheit politischer
Macht liegt lediglich darin, dass die Vermeidungsalternative, die Anwendung physischer
Gewalt, auf Dauer gestellt werden kann. Jede Situation in der
Vermeidungsalternativen eröffnet werden, die nicht in der Anwendung physischer
Gewalt bestehen, können deswegen nicht der Politik zugerechnet werden. Gerade
bei der Kommunikation via Internet kann nur schwerlich glaubwürdig mit der
Anwendung von Gewalt gedroht werden. Obwohl es also im Falle der Annahme eines Kommunikationsangebots
via Internet nicht um die Demonstration politischer Macht geht, sondern um
Einfluss, wird aus dieser Nähe zur Macht verständlich warum es Personen gibt, die trotz der
niedrigen Erfolgswahrscheinlichkeit das Risiko des Gesichtsverlusts in Kauf
nehmen. Es ist die erfolgreiche Machtdemonstration, welche dieses hohe Risiko
rechtfertigt. Dabei steht aber weniger der Gewinn sozialer Anerkennung durch
das Publikum im Vordergrund. Da das Publikum zunächst nur virtuell gegeben ist
und im Extremfall stumm bleibt, geht es vielmehr um den emotionalen Gewinn aus
der <i style="mso-bidi-font-style: normal;">action</i> für den vermeintlichen
Sieger. Ob dieser Gewinn sozial gerechtfertigt ist – also auch vom Publikum
honoriert wird –, bleibt sekundär. Durch die Anonymität der Kontrahenten
verbleibt der Wettkampf im Spielerischen und entschärft auf diese Weise die
Schicksalhaftigkeit des Gesichtsverlusts, der eintreten könnte, würden die Beteiligten mit
Klarnamen trollen.</span><br />
<br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Der Troll wird zunächst versuchen
seinen Einfluss über Autorität geltend zu machen, indem er seine überlegene fachliche
bzw. thematische Kompetenz zu Schau stellt. Dazu wird er sich die
Schwachstellen einer Argumentation heraussuchen und darauf besonders eingehen.
Gegebenenfalls wird er sich die Widersprüche herauspicken und den Kontrahenten
damit konfrontieren. Häufig tut er das jedoch in einem sehr angriffslustigen
Ton, der mindestens eine kleine Herabwürdigung seines Kontrahenten beinhaltet.
So berechtigt die vorgetragene Kritik auch sein mag, macht es die
Herabwürdigung für den Kontrahenten schwer auf die Kritik ernsthaft einzugehen.
Denn das würde schon bedeuten, dem Troll Recht zu geben und die von ihm
aufgedrängte Rolle zu spielen. Die erste Möglichkeit mit einem Trollangriff
umzugehen, ist daher diesen mit Ignoranz zu strafen. Man entspricht also nicht
den Erwartungen des Trolls. Der Angriff ist darauf angelegt den Kontrahenten
aufgrund der Verletzung seines Image aus der Fassung zu bringen. Bleibt eine
Reaktion aus, findet auf diese Weise weder eine positive noch negative
Verstärkung des Troll-Verhaltens statt. Ignorieren ist im Prinzip eine
Vermeidung oder ein Abbruch der Kommunikation, denn weder an die Information
noch an die Mitteilung wird angeschlossen. Erst wenn an das Angebot
angeschlossen wird, fand eine Kommunikation statt. Der Troll hat im Grunde schon
gewonnen, wenn man überhaupt reagiert, denn das bedeutet ihn als
Kommunikationspartner zu akzeptieren. Bleibt ein Anschluss aus, wird der Troll
nicht als Kommunikationspartner anerkannt und nimmt ihm damit schon die
Genugtuung, dass man auf sein Kommunikationsangebot eingegangen ist. Das ist
vermutlich gemeint, wenn der Ratschlag gegeben wird „don’t feed the troll“. Der
Ratschlag ist in dieser Formulierung sicher nicht falsch, denn er empfiehlt
eine Möglichkeit mit dem Trollangriff umzugehen. Besser wäre jedoch denselben
Ratschlag in die Form „don’t take the bait“ zu bringen. Die Imageverletzung ist
der Köder, der dazu verleiten soll auf den Trollangriff einzugehen. Und genau darin
liegt die<i style="mso-bidi-font-style: normal;"> Macht </i>des Trolls. Die
Imageverletzung ist die Vermeidungsalternative. Man wird von dem Troll bei der
eigenen Ehre gepackt. Dass die Vermeidungsalternative realisiert wird, ist eine Besonderheit der Trollkommunikation. Die Illusion man könnte durch eigenes Zutun die
Imageverletzung korrigieren, indem man auf den Troll eingeht, ist der Anreiz es
auf eine Konfrontation mit dem Troll ankommen zu lassen. Mit einer Reaktion ist man aber
schon in die Falle des Trolls gegangen. Das Handeln des Trolls hat zum eigenen
Handeln motiviert. Aufgrund der Unannehmbarkeit seines Angebots hat er
gewonnen, wenn man darauf reagiert. Hinsichtlich der Art und Weise, wie dieses
Angebot gemacht wird, lassen sich zwei Formen des Köderns unterscheiden: zum
einen den <i style="mso-bidi-font-style: normal;">aktiven</i> Trollangriff, der
direkt an jemanden adressiert ist; zum anderen das <i style="mso-bidi-font-style: normal;">passive</i> Trollen, bei dem lediglich eine allgemeine Provokation
gepostet wird, die an niemanden direkt adressiert ist und der Troll wartet einfach, wer
darauf reagiert.</span><br />
<br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Die sicherste Methode mit einem
Troll umzugehen, besteht also darin ihn zu Ignorieren. Riskanter ist es dagegen
auf den Troll einzugehen. Wenn es der Troll aber nur darauf angelegt hat, dass
man auf ihn reagiert und ihn als Kommunikationspartner akzeptiert, wie kann man
dann aus der Konfrontation mit dem Troll unbeschadet hervor gehen? Die Chancen
dafür sind nicht sehr groß, denn man muss den Troll mit seinen eigenen Waffen
schlagen, d.h. seine Kommunikationsweise auf ihn anwenden. Mit einer Beleidung
zu reagieren, bedeutet man lässt sich moralisch aber nicht sachlich auf den
Troll ein. Das ist die einfachste Art den Troll zu bestätigen, denn man zeigt,
dass man nicht besser ist als er. Auf der Sachebene auf den Troll einzugehen,
würde wahrscheinlich weitere Spitzen zur Folge haben, denn der Troll verfährt
nach demselben Prinzip wie die Polizei. Alles was geäußert wird, kann und wird
gegen den Herausgeforderten verwendet. Nichts desto trotz liegt die einzige
Möglichkeit auf den Troll angemessen zu reagieren darin ihn in eine Diskussion
zu verwickeln und seine eigenen Methoden auf ihn anzuwenden. Dazu gilt es seine
Schwachstellen auf inhaltlicher Ebene ausfindig zu machen und auf ihn als
Person zu beziehen. Ziel muss es sein die Erwartungen und Ansprüche des Trolls
herauszufinden und auf ihn selbst anzuwenden. Wenn es dem Troll wirklich darauf
ankommt, seine vermeintliche fachliche Autorität unter Beweis zu stellen, dann
kann für den Troll nichts Schlimmeres passieren als dass man ihn ernst nimmt.
Das macht ihn selbst angreifbar. Nun bietet sich die Möglichkeit ihn mit seinen
eigenen Widersprüchen zu konfrontieren. Der Troll schließt von den
vermeintlichen argumentativen oder fachlichen Fehlern auf die moralische
Qualität der angegriffenen Person.<span style="mso-spacerun: yes;"> </span>Hat der Troll genug über sich preisgegeben,
kann man zum Gegenangriff übergehen und den Spieß umdrehen. Dabei wird sich herausstellen,
dass der Troll die hohen fachlichen und moralischen Maßstäbe, die er an andere
anlegt, für sich selbst nicht gelten lassen will. Der Grund dafür wird sich in
der Diskussion ebenso herauskristallisieren. Er selbst kann den eigenen
Ansprüchen nicht genügen. Ist man in der Diskussion bis an diesen Punkt
gekommen, kann man den Troll mit seiner Doppel<i style="mso-bidi-font-style: normal;">moral </i>konfrontieren. Man sollte sich aber nicht in der Illusion
wiegen den Troll auf diese Art zu überzeugen. Bei moralischer Kommunikation
geht es darum, dass Alters Erleben von Ego übernommen wird und genauso erlebt.
Bei der Auseinandersetzung mit einem Troll geht es darum, wie der
Kommunikationspartner jeweils vom anderen gesehen wird. Beide
Kommunikationspartner versuchen sich gegenseitig davon zu überzeugen, dass ihre
Vorstellung vom Gegenüber die richtige ist. Es ist offensichtlich, dass es sich
hierbei um ein aussichtsloses Unterfangen handelt. Daher ist zu erwarten, dass
die Konfrontation wahrscheinlich zur Eskalation führen wird, denn spätestens
jetzt wird auch der Troll merken, dass er selbst getrollt wurde. Er wird die
Diskussion entweder abbrechen oder sich in Selbstverleugnung gepaart mit wüsten
Beschimpfungen flüchten. Nachdem der Troll nicht seine fachliche Überlegenheit
demonstrieren konnte, wird ihm auch die Genugtuung moralischer Überlegenheit genommen.</span><br />
<br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Weiter oben wurde zwischen
Trollen 1. Ordnung und Trollen 2. Ordnung unterschieden im Hinblick auf den
Reflexionsgrad des Trolls. Dies ist zunächst eine analytische Unterscheidung,
die ein Kontinuum zwischen zwei Extremwerten eröffnet. Auf der einen Seite
befindet sich der Troll, der aufgrund der emotionalen Aufladung des Themas kaum
einen Unterschied zwischen sich selbst und dem Thema machen kann. Das Thema
selbst wird zum Territorium seines Selbst und eine Gelegenheit sich selbst als
Person zu profilieren. Jede andere Meinung wird dann zur Beleidigung für den
Troll. Das mangelnde Selbstbewusstsein des Trolls, das es ihm erschwert seine
eigene Position in der symbolischen Ordnung zu bestimmen, dessen Teil er ist,
macht ihn zum Spielball seiner Kontrahenten. Auf der anderen Seite befindet
sich der reflektierte Troll, dem zwar seine Position bewusst ist aber im
Schutze der Anonymität trotzdem versucht seine fachliche und moralische
Autorität zu demonstrieren. Das allerdings mit moralischen Maßstäben, die der
Troll auf seinen Gegner anwendet, aber nicht für sich selbst gelten lassen will. Empirisch wird der Troll meistens in einer Mischung aus reflektiertem und unreflektieren Verhalten auftreten. Weder wird der
Troll überhaupt kein Selbstbewusstsein haben noch wird er ein lückenloses
Selbstbewusstsein haben. Lässt man sich auf eine Auseinandersetzung mit einem
Troll ein, wird es nur darum gehen die Lücke bzw. den blinden Fleck im Selbstverständnis
des Kontrahenten zu finden und ihn damit zu konfrontieren.<span style="mso-spacerun: yes;"> Das unreflektierte Verhalten, das mit seinem verfolgten Image nicht im Einklang steht, bildet diese Lücke und verweist auf den blinden Fleck des Troll. Würden das allerdings beide Beteiligten k</span>onsequent ausführen, würde das allerdings in einen
unendlichen Regress führen.</span><br />
<br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Ohne dass die trollende
Kommunikationsweise einem bestimmten Funktionssystem zugeordnet wurde, konnte
bereits die Macht und die Moral des Trolls beschrieben werden. Nun lässt sich
noch ein weiterer Aspekt erkennen. Bei der Suche nach dem blinden Fleck handelt
es sich um einen Versuch der <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Erziehung </i>durch
den Troll. Der Troll sucht nach dem blinden Fleck im Selbstverständnis des
Kontrahenten. Das kann der Troll nur aus den Äußerungen seines Kontrahenten
erschließen und beobachtet auf diese Weise das Erleben seines Kontrahenten. Auf
der Grundlage des Erlebens seines Kontrahenten (Alter) wird der Troll (Ego)
seine Handlungen auswählen um seinen Kontrahenten mit seinem blinden Fleck zu
konfrontieren. Wenn Erziehung „erfordert, daß man zunächst lernt, was man <i style="mso-bidi-font-style: normal;">nicht</i> weiß, und sieht, was man <i style="mso-bidi-font-style: normal;">nicht</i> sieht, und dann dazu ansetzt, die
Lücke zu füllen“ (Luhmann 2002, S. 51), dann handelt es sich bei
Trollkommunikation um den Versuch zu erziehen. Grundlage für diese Deutung ist
die Kreuztabellierung der Zurechnungskonstellationen von Erleben oder Handeln
von Alter (Beobachteter) und Ego (Beobachter):</span><br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><br /></span>
<br />
<div class="separator" style="clear: both; text-align: center;">
<a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEijOGrSx4EG3VyYuDhQS5VPbOdG-7vTbuOFZOVkwtApnFsIASASt7u7sW0f-zScXrReI09aO5iwz5iZ9pLQarDZ6fXMAK80R46pHluAQ6OJl7hnw7PS7kasddTFI5KYH0gZ2wHyWt0Jh4Q/s1600/Alter-Ego-Matrix.gif" imageanchor="1" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" height="252" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEijOGrSx4EG3VyYuDhQS5VPbOdG-7vTbuOFZOVkwtApnFsIASASt7u7sW0f-zScXrReI09aO5iwz5iZ9pLQarDZ6fXMAK80R46pHluAQ6OJl7hnw7PS7kasddTFI5KYH0gZ2wHyWt0Jh4Q/s1600/Alter-Ego-Matrix.gif" width="400" /></a></div>
<div style="text-align: center;">
<br /></div>
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Diese Konstellationen sind
zugleich die Problemstellungen an denen sich die einzelnen Funktionssysteme
ausdifferenziert haben. Man beachte, dass Erziehung und Liebe dieselbe
Problemstellung als Ausgangspunkt haben. Wenn man die oben beschriebenen Hürden
für erfolgreiche Kommunikation via Internet berücksichtigt, erweist sich
Erziehung via Internet als eine extrem voraussetzungsreiche Kommunikation, denn
sie stellt sehr hohe Anforderungen an die Penetrationsfähigkeit des Trolls. Die
Anforderungen sind so hoch dass Liebe fast zur Voraussetzung für erfolgreiche
Erziehung via Internet wird. Liebe motiviert die Übernahme der hoch
individualisierten Weltsicht der geliebten Person durch die liebende Person. Das
müsste auch dem Troll gelingen, damit er eine geeignete Handlungsalternative
auswählen kann, die seinen Kommunikationspartner dazu bringt seine Lücke zu füllen.
Praktisch scheint dies den Trollen aber nicht zu gelingen. Das liegt allerdings
daran, dass es den Trollen nicht darum geht die Weltsicht des Kontrahenten inklusive seines Selbstbildes zu
bestätigen, sondern zu negieren. Wenn es allerdings nicht um Bestätigung sondern
um Ablehnung des Kontrahenten geht, dann wird mit
Trollkommunikation nicht Liebe sondern das Gegenteil – nämlich Hass –
kommuniziert. Da Trollkommunikation häufig im Negieren stecken bleibt, scheint Trollkommunikation häufig
eine starke Tendenz in diese Richtung zu haben.<span style="mso-bidi-font-weight: normal;"> </span></span><br />
<br />
<br />
<div style="text-align: center;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span style="mso-bidi-font-weight: normal;">VIII.</span> </span></div>
<br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Wenn hier von Liebe und Hass die
Rede ist, dann sind damit bestimmte Erwartungen gemeint, die sich aus der
Kommunikation ergeben. Die Alltagssprache dagegen assoziiert mit Liebe oder
Hass starke romantische oder ablehnende Emotionen. Die Emotionen drücken sich in der Kommunikation ebenfalls aus und es stellt sich die Frage, was diese Kommunikation bei den Kommunikationspartnern auslöst? Für das hier untersuchte Problemfeld kann die Frage
auch folgendermaßen formuliert werden: Welche Wirkungen hat Kritik auf die
Kritisierten? In der Paartherapie und der Unternehmensberatung gibt es dazu
bereits umfangreiche Untersuchungen und Erfahrungen aus der Praxis <a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2012/12/kontingenz-kritik-und-das-internet-2.html#fn006" id="anker006">[6]</a>. Diese
machen in erster Linie deutlich, dass es darauf ankommt <i style="mso-bidi-font-style: normal;">wie</i> kritisiert wird. Ein Unterschied, der dabei eine wichtige Rolle
spielt, ist der zwischen der <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Kritik an
einer Handlung</i> und der <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Kritik an der
Person</i>. Sei es, dass in einer Ehe die Handlung des Partners kritisiert wird
oder dass ein Vorgesetzter das Arbeitsergebnis eines Mitarbeiters kritisiert. Immer
kommt es darauf an, dass die Kritik sich auf die Handlung bezieht und nicht so
formuliert wird, dass sie als eine Kritik an der Person verstanden werden kann.
Wenn weiter oben die persönliche Beleidigung durch einen Troll als
Verlegenheitslösung für die gescheiterte Kritik an einer Handlung beschrieben
wurde, dann könnte man auch vermuten, dass Trolle Probleme damit haben eine
annehmbare Kritik an einer Handlung zu formulieren.</span><br />
<br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Kritik ist eine Form von
Feedback, die einer Person mitteilt, wie ihr Verhalten durch die Umwelt
beobachtet wird. Sie formuliert, was von der kritisierten Person erwartet wird
und ermöglicht ihr Verhalten auf die Umwelt abzustimmen. Ohne Feedback wissen
Personen nicht, wo sie in der symbolischen Ordnung einer Partnerschaft oder
eines Kollegiums stehen. Sie werden über ihre Leistungen und ihre soziale
Position im Unklaren gelassen. Ihnen wird die Möglichkeit genommen ein Image
aufzubauen bzw. zu verändern. Wenn es zu Problemen kommt, wissen sie nicht wie
sie sich verhalten sollen, weil sie nicht wissen, was von ihnen erwartet wird. Anders
ausgedrückt, sie können nicht lernen, um sich in eine Gruppe zu integrieren.
Gerade in Unternehmen wird es daher zu einer wichtigen Kompetenz von
Führungskräften, die Leistungen ihrer Untergebenen so zu kritisieren, dass die
Leistungsbereitschaft nicht demotiviert wird, sondern auf eine Art und Weise, die
es dem Kritisierten ermöglicht an seinem Verhalten konstruktiv zu arbeiten und
seine Leistungen im Sinne des Teams zu verbessern. Der falsche Weg ist es daher
pauschale und undifferenzierte Kritik zu äußern und das Verhalten des Kritisierten
auf unveränderliche persönliche Eigenschaften zurückzuführen. Der Kritisierte wird
als inkompetent, dumm oder unfähig hingestellt. Er wird in eine defensive
Position gedrängt ohne einen Hinweis darauf zu bekommen, wie er seine
Leistungen verbessern kann. Die Form dieser Kritik fördert auch nicht die
Bereitschaft die Kritik anzunehmen, sondern führt zu einer Abwehrhaltung. Die
Folge sind Verärgerung, Hilflosigkeit, Zorn und Protest. Sowohl die Beziehung
zum Vorgesetzen als auch zum Rest des Teams wird bei einer derartigen negativen
emotionalen Aufladung des eigenen Images dauerhaft belastet.</span><br />
<br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Die Kunst richtig zu kritisieren
besteht stattdessen darin die Kritik mit Lob zu verbinden. Wie dies gelingen
kann, dafür werden unter anderem folgende Ratschläge gegeben (vgl. Goleman 1995,
S. 197f.). Die Kritik sollte zu allererst <i style="mso-bidi-font-style: normal;">präzise
sein</i>. D. h. es genügt nicht nur dem Mitarbeiter darüber zu informieren,
dass er etwas falsch gemacht hat, sondern dies an konkreten Beispielen zu
verdeutlichen. An den gewählten Beispielen sollten aber nicht nur die negativen
Aspekte der Leistungen des Mitarbeiters hervorgehoben werden, sondern genauso
die positiven. Dafür sollte eine klare, verständliche Sprache gewählt werden,
damit der Mitarbeiter nachvollziehen kann, was gemeint ist. Als zweites sollte der
Vorgesetzte für das bestehende Problem <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Lösungen
aufzeigen</i>, auf Alternativen aufmerksam machen. Hier geht es in gewisser
Weise darum das Kontingenzbewusstsein des Mitarbeiters zu fördern und den
Auswahlhorizont für funktionale Äquivalente zu erweitern. Drittens sollte die
Kritik dem Mitarbeiter <i style="mso-bidi-font-style: normal;">direkt mitgeteilt</i>
werden. D. h. die Kritik soll dem Mitarbeiter in einem persönlichen Gespräch
mitgeteilt werden. Dies gibt dem Mitarbeiter die Gelegenheit direkt auf die
Kritik zu reagieren. Wird die Kritik indirekt über Memos oder E-Mails
mitgeteilt, bleibt sie unpersönlich und es wird dem Mitarbeiter die Gelegenheit
genommen auf die Kritik zu reagieren. Viertens sollte die Kritik <i style="mso-bidi-font-style: normal;">sensibel bzw. reflektiert vorgetragen</i>
werden. Der Vorgesetzte sollte seine Kritik im Vorfeld darauf prüfen, wie das
was er sagen wird beim Empfänger ankommt. Hier geht es darum verletzende und
herabsetzende Bemerkungen zu vermeiden, die als Kritik an der Person verstanden
werden können. Ansonsten führt dies bei dem Kritisierten zu einer Abwehrhaltung,
zu Groll und zur Distanzierung. Die Kritisierten sollten schließlich die Kritik
als eine Gelegenheit betrachten Informationen über ihr Verhalten zu bekommen
und wie man es besser machen kann. Sie sollte nicht als Angriff auf die eigene
Person verstanden werden und man sollte den entsprechenden negativen
emotionalen Impulsen wiederstehen sofort eine Abwehrhaltung einzunehmen.
Vorgesetzter und Mitarbeiter arbeiten zusammen für ein bestimmtes Team- oder
Unternehmensergebnis. Somit geht es bei Kritik nicht darum eine Feindschaft zu
begründen und zu pflegen sondern gemeinsam an Lösungen für Probleme zu arbeiten, von denen beide betroffen sind.</span><br />
<br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Es ist nicht überraschend dass
derselbe Unterschied zwischen Kritik an einer Handlung und Kritik an der Person
auch bei partnerschaftlichen Beziehungen eine große Rolle spielt. Hier ist die
generalisierende Kritik, die sich auf die Person als Ganzes bezieht, ein
Beziehungskiller. Die Partner lassen sich bei Konflikten immer wieder von ihren
Gefühlen überwältigen und lassen ihrem Frust in einer Art freien Lauf, die dann
den Partner als Ganzes herabwürdigt. Beleidigungen, Drohungen oder
Einschüchterungen fördern beim Partner nicht die Offenheit für die vorgetragene
Kritik. Stattdessen führen die Angriffe, je größer die emotionale Intensität ist, dazu dass der kritisierte Partner sich in Ausreden flüchtet, seine
Verantwortung leugnet, zum Gegenangriff übergeht oder komplett abblockt. Es
wird ein selbstverstärkender Prozess in Gang gesetzt, der mit hoher
Wahrscheinlichkeit in einer Eskalation enden wird, was nichts anderes heißt als
dass die Beziehung ein Ende finden wird. Die Konfliktfähigkeit der Partner wird
zum Prüfstein für die gemeinsame Beziehung. Die Tipps um einem derartigen
Prozess vorzubeugen ähneln daher auch dem für eine bessere Kommunikation in
Unternehmen. Auch hier sollte präzise und nachvollziehbar die störende Handlung kritisiert werden
und nicht die ganze Person. Ebenso sollten klare Erwartungen kommuniziert
werden, wie es anders gemacht werden könnte. Ein wichtiger Unterschied zur
Kommunikation in Unternehmen besteht darin, dass hier die Gefühle der Partner
offen thematisiert werden. Neben der präzisen Kritik an einer konkreten Handlung
ist es genauso wichtig die eigenen Gefühle bezüglich der kritisierten Handlung
des Partners auszudrücken, ohne dass dies als ein Angriff auf die ganze Person
verstanden wird. Hierzu ist es unter Umständen notwendig zunächst einen
gewissen zeitlichen Abstand zur störenden Handlung zu gewinnen, weil die
intensiven Gefühle im Moment des Ereignisses so stark sind dass sie die
Aufnahmebereitschaft bei den Partnern beeinträchtigen. Beide müssen sich
zunächst beruhigen, damit sie die nötige Offenheit für die Gefühle des Partners
aufbringen können. Dann können mit Kommunikationsmethoden wie dem
nichtdefensiven Sprechen oder dem Spiegeln das Verständnis für die Probleme und
Nöte des Partners gefördert werden und zu einer emotionalen Harmonisierung
führen. Konsequent angewendet können diese Kommunikationsmethoden zur
Prävention von verletzender Kritik betragen und verhindern dass die Kritik an
konkreten Handlungen zu einer allgemeinen Kritik an der Person ausartet (vgl.
Goleman 1995, S. 187). Streitigkeiten gehören zu jeder Beziehung dazu. Es kommt
lediglich darauf an, wie man damit umgeht <a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2012/12/kontingenz-kritik-und-das-internet-2.html#fn007" id="anker007">[7]</a>.</span><br />
<br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Für die Kommunikation unter
Anwesenden gibt es also Methoden, wie man Kritik so formulieren kann, dass sie
nicht zu einer Abwehrhaltung beim Kritisierten führen. Dass die Kritik vor
allem direkt also in Anwesenheit vorgetragen werden sollte, gibt bereits einen
wichtigen Hinweis, dass die fehlende Anwesenheit bei Kritik via
Internet die Erfolgschancen senkt. Einen weiteren gibt Goleman, wenn er
darauf aufmerksam macht, dass die Wahrscheinlichkeit für persönliche Angriffe
steigt, wenn der Kritiker das Gefühl hat, dass seine Kritik ignoriert wird (vgl.
Goleman 1995, S. 173f.). Oben wurde dargestellt, dass es bei Kommunikation via
Internet keine Möglichkeiten für raum-zeitliche Integration gibt. Das
impliziert auch, dass man sich nicht auf Kritik via Internet einlassen muss.
Direkte Konsequenzen auf den Kritisierten wird das Ignorieren nicht haben. Die
Leistung der Form „Person“ liegt nach Luhmann aber darin, dass sie
Handlungsmöglichkeiten einschränkt (2005a, S. 142). Überträgt man diesen
Gedanken auf den Prozess der Imagebildung via Internet dann bietet es gerade
für Trolle eine vortreffliche<i style="mso-bidi-font-style: normal;"> Möglichkeit
für die Bildung eines falschen Images</i>. D. h. <span style="mso-spacerun: yes;"> </span>widersprüchliche Informationen werden mit demselben
Image verbunden. Früher oder später wird das Image durch das eigene Verhalten desavouiert. Imagebildung heißt
sozial gesehen Erwartungsbildung. Dafür reicht eine Zurechnungsinstanz mit der
sich bestimmte Erwartungen verbinden lassen. Was zählt ist das Verhalten einer
Person. Dafür ist es unwichtig ob man mit Klarnamen oder anonym trollt, denn
die Erwartungen bezüglich der Verhaltensmuster bleiben gleich.
Selbstdarstellung via Internet birgt dann ein besonderes Risiko für Personen,
die das Internet als eine Art Umgehungslösung zur Selbstdarstellung nutzen, ohne
sich den Konsistenzerwartungen der Kommunikationspartner stellen zu müssen.</span><br />
<br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Die Möglichkeit Kritik via
Internet zu ignorieren, bildet außerdem den Ausgangspunkt für
<i>Ressentimentbildung</i>. Max Scheler benennt in seiner Studie über das
Ressentiment, dass die fehlende Möglichkeit für Rache oder Vergeltung einer
erlittenen Kränkung die Entstehung eines Ressentiments begünstigt (2004, S.
8ff.). Dies gilt zuerst für die durch den Troll erlittene Kränkung. Bei einer
Auseinandersetzung mit einem Troll wird es kaum eine Hoffnung auf Genugtuung
geben. Vielmehr führt die Spirale der Eskalation auch zu einer Verstärkung
negativer Gefühle, denn mit jeder Beleidigung wird negativen Gefühlen Ausdruck
verliehen. Das Risiko bei einer Auseinandersetzung mit einem Troll besteht
darin, dass man sich auf das negative emotionale Niveau des Trolls herunter
ziehen lässt. Ist man selbst auch nicht in der Lage seinen Stolz zu überwinden,
wird es langfristig vermutlich zur Bildung eines Ressentiments gegen das geben,
wofür der Troll im Einzelfall steht.</span><br />
<br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Es bleibt aber die Frage, woher
kommen die starken negativen Gefühle des Trolls? Neben der aktuellen
Frustration über fehlgeschlagene Überzeugungsversuche scheinen viele grobe unmotivierte
Beleidigungen, wie sie häufig in den Kommentarspalten der Massenmedien zu
finden sind, auf ein tief sitzendes Ressentiment zurück zu gehen. Die
Intensität und Heftigkeit vieler Trollangriffe wurde unter anderem damit
begründet, dass die Anonymität des Internets eine emotionale Enthemmung
begünstigt. Die Anonymität des Internet macht es leichter zu Beleidigen. Das liegt aber daran, dass man keine Konsequenzen für sein Verhalten erwarten muss. Die Intensität resultiert vermutlich aus tiefsitzenden Ressentiments, die sich über lange Zeit angestaut haben und - wenn überhaupt - nur anonym kommuniziert werden
können. Gerade was die Kommunikation
über politische, religiöse oder moralische Themen angeht, gebietet der streitstiftende Charakter dieser Themen Zurückhaltung
bei der Kommunikation unter Anwesenden. Nicht ohne Grund wird davon abgeraten
bei geselligen Zusammenkünften solche Themen anzusprechen. Viele Menschen
haben so kaum eine Möglichkeit ihre Ansichten differenziert zu
diskutieren. </span><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Das Internet bietet </span>diesen Personen eine Möglichkeit
ihrem Frust Ausdruck zu verleihen. Man kann seine Ablehnung sogar an eine Person, die für eine bestimmte Position steht, direkt richten. Trotz der großen Unpersönlichkeit und
Distanz im Internet haben Frust, Empörung und Zorn genügend gemeinschaftsbildendes
Potential für virtuelle Frustgemeinschaften gegen etwas. Man denke hier an die
Shitstorms. Und obwohl der Frust dadurch nicht abgebaut sondern verstärkt wird,
gibt er den Betroffenen zumindest eine kleine Befriedigung, so dass immer wieder
Situationen oder Gelegenheiten angestrebt werden diesem Frust Ausdruck zu
verleihen. Da das Internet auch sichtbar macht, dass man nicht alleine mit
seinen Gefühlen ist, werden diese Gefühle bestätigt, verstärkt und ihr Ausdruck
bekommt eine gewisse Normalität. Auf diese Weise kann das Internet die Bildung von Ressentiments unterstützen. Bedenklich wird es, wenn dieser
Kommunikationsstil auch in der Kommunikation unter Anwesenden zur Normalität
wird.</span><br />
<br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Die Kommunikationsbedingungen,
die mit dem Internet geschaffen wurden, begünstigen also zu einem gewissen Grad
die Verstärkung negativer Gefühle und einer pessimistischen Sichtweise, die
dann an allen Dingen auch nur die schlechten Seiten zu erkennen vermag. Hierbei
handelt es sich auch um eine Technik mit Kontingenz umzugehen. In diesem Fall
aber negativ. Die Notwendigkeit der eigenen Gefühle schaltet das Bewusstsein
für alternative Lösungen aus. Unter diesem Gesichtspunkt kann die Vorstellung,
dass das Internet keine Integrationsmöglichkeiten bietet kaum beruhigen. Es
kann zwar vermutet werden, dass es sich bei den meisten Trollen um Personen
handelt, die sich aufgrund ihrer strengen moralischen, politischen oder
religiösen Ansichten mehr oder weniger selbst isoliert haben. Trotzdem sollte
man sich darüber im Klaren sein, was es bedeutet, wenn eine Person mit einer
derartig hohen Aufladung an negativen Emotionen wieder in die Lebenswelt
anderer Menschen einbricht. Durch das Mobbing via Internet kann man eine vage
Ahnung davon bekommen. Das Spektrum reicht wahrscheinlich von Mobbing über
Stalking bis tätlichen Angriffen, Terror und im schlimmsten Fall Amokläufen. </span><br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><br /></span>
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Insofern
kann einer Sichtweise, die Trollen mehr in die Nähe harmloser Streiche rücken
will nur vehement widersprochen werden wie sie z. B. durch Stefan Krappitz
vertreten wird. Er versucht Trollen von den Motiven der Trolle her zu verstehen
und rückt dabei den Spaßfaktor in den Mittelpunkt (vgl. Krappitz 2012, S. 35).
Es gibt zwar gewisse Übereinstimmung in der Rollenverteilung zwischen Streiche
Spielen und Trollen. Trotzdem kann Spaß nicht das Kriterium sein, denn Trollen
ist nicht Spaß mit jemandem sondern – wenn überhaupt – nur Spaß über jemanden.
Die Rollenverteilung des Trollens und des Streiche-Spielens benötigt ein Opfer
auf dessen Kosten der Spaß gemacht wird. Das Ziel ist die Imageverletzung indem
das Opfer der Lächerlichkeit preisgegeben wird. Für die meisten Menschen hört
an diesem Punkt wahrscheinlich der Spaß auf, denn hier wird bereits die Würde
eines Menschen tangiert – entweder durch den Troll selbst oder indem der Troll
zu unwürdigem Verhalten provoziert. Daher reicht es nicht Trolle, die man nicht
mehr witzig findet für verrückt zu erklären wie Kappitz es tut (vgl. 2012, S.
114). Eine derartige Sichtweise unterschätzt die
komplexen sozialpsychologischen Problemlagen, die sich hinter den trolligen
Pseudonymen verbergen. Ziel dieses Textes ist aber weniger die Trolle moralisch
zu verurteilen, sondern auf Kommunikationsdefizite aufmerksam zu machen, die zu
Exklusionen bzw. sozialer Isolation führen.<span style="mso-bidi-font-weight: normal;"> </span></span><br />
<br />
<br />
<div style="text-align: center;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span style="mso-bidi-font-weight: normal;">IX.</span> </span></div>
<br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Unter den Stichworten Kontingenz
und Kritik wurde im Vorangegangen das Internetphänomen des Trollens untersucht.
Zunächst wurde von der Vermutung ausgegangen das Trollen eine Art unbeholfene
Kritik ist. Bei der anschließenden Analyse zeigte sich jedoch, dass Trollen nur
eine Verlegenheitslösung darstellt für Kommunikationstechniken die im Internet
nicht mehr funktionieren. Das Internet erlaubt keine wechselseitigen
Einschränkungen von Freiheitsgraden der Kommunikationspartner. Sobald Trolle
registrieren dass sie ihren Kommunikationspartner sachlich nicht überzeugen
können, wechseln sie auf eine moralische Ebene und fangen an ihre
Kommunikationspartner persönlich anzugreifen. Lässt man sich auf eine
Auseinandersetzung mit einem Troll ein zeigt sich, dass es dem Troll darum geht
seine Autorität zu demonstrieren. Sollte er dabei einen ebenbürtigen Gegner
finden, kann möglicherweise die aus dem Wettkampf entstehende <i style="mso-bidi-font-style: normal;">action</i> Befriedigung genug sein. In der
Regel geht es aber darum seine vermeintliche fachliche oder moralische
Überlegenheit bestätigt zu sehen. In dieser elaborierten Form wird Trollen zu
einem Charakterwettkampf. Die meisten Trolle machen sich jedoch nicht so viel
Mühe. Sie beschränken sich darauf ihre über lange Zeit angestauten Frust und
Ressentiments ungezügelt Ausdruck zu verleihen, weil ihnen sonst keine andere
Möglichkeit dafür geblieben ist. Sofern man Kritik nicht nur als bloße Negation
versteht, kann Trollen dann nur sehr bedingt als Kritik betrachtet werden und beschränkt
sich in der Regel auf den Ausdruck der Ablehnung eines Kommunikationsangebots.
Trollen wird damit zu einer Form des Umgangs mit der durch das Internet
erzeugten gesellschaftlichen Kontingenz, denn sowohl über fachliche Autorität
oder Moral wird versucht Kontingenz in Notwendigkeit zu transformieren. Wobei
es dem Troll darum geht seine eigene Weltsicht als die einzig notwendige
darzustellen. Doch gerade mit dem Versuch die Welt von der Notwendigkeit der
eigenen Weltsicht zu überzeugen, trägt der Troll nur dazu bei die
gesellschaftliche Kontingenz weiter zu steigern.</span><br />
<br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Dadurch wird Trollen auch zu
einem spezifisch modernen Phänomen. Die soziale Position wird in der modernen
Gesellschaft nicht mehr durch biologische Abstammung oder geographische
Herkunft bestimmt. Für die autonom operierenden Inklusionsmechanismen der
Funktionssysteme sind solche Zuschreibungen irrelevant. Stattdessen sind die
Menschen auf sich selbst zurückgeworfen um ein eigenes Image aufzubauen und
dieses für verschiedene soziale Kontexte anschlussfähig zu halten. Trolle
versuchen zunächst nur die Images ihrer Kommunikationspartner zu verletzen. Auf
diese Weise gewinnen sie aber auch ihr eigenes Image. Sofern es den Trollen
tatsächlich darum geht sich über ein bestimmtes Thema zu profilieren und andere
Menschen von ihrem Anliegen zu überzeugen, liegt die Tragik dieser Versuche
darin, dass die Chancen andere Menschen via Internet zu überzeugen relativ
gering sind und man bei diesen Versuchen sehr schnell ein falsches Image
aufbaut. Sofern man sich für eine bestimmte Sache einsetzen möchte, sollte man dafür andere Aktionsmöglichkeiten suchen als das Internet. Die Imagebeschädigungen, die man sich durch eigenes Verhalten zufügt, können auch auf die Sache selbst abfärben.</span><br />
<br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Aufgrund der fehlenden
Möglichkeiten raum-zeitlicher Integration ist es nur schwer möglich stabile
Formen der Selbstorganisation für Kommunikation via Internet zu etablieren und
so gut wie unmöglich dass die symbolisch generalisierten Kommunikationsmedien
der Funktionssysteme im Internet funktionieren. Kommunikation via Internet
forciert stattdessen die Ja/Nein-Codierung der Sprache. Bezieht man diesen
Umstand wieder auf Kommunikation außerhalb des Internets so macht
Trollkommunikation auf <i style="mso-bidi-font-style: normal;">zwei
gesellschaftliche Konfliktlinien</i> aufmerksam. Die eine ist der Konflikt
zwischen <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Experten- und Laienkulturen</i>.
Die einzelnen Funktionssysteme der Gesellschaft stellen heute hoch
konditionierte Erwartungen an die Träger von Leistungsrollen die eine
berufliche Karriere in diesem oder jenem Berufsfeld anstreben. Entsprechend
hoch ist die Ablehnungswahrscheinlichkeit und die Enttäuschung bei den von der
Ablehnung Betroffenen. Das Internet bietet nun die Möglichkeit ihrem Frust
freien Lauf zu lassen und das Ansehen und Reputation der vermeintlich
Verantwortlichen zu beschädigen. In gleicher Weise stellt sich das Problem,
wenn es Personen nicht gelingt den Komplementärrollen zu entsprechen. Das
Resultat ist Exklusion und Isolation. Und auch in diesem Fall kann der
Frust via Internet artikuliert werden. In anderen Worten, das Internet wird
auch und gerade für die Exkludierten zu einem wichtigen technischen Hilfsmittel
für Kommunikationsversuche. In gewissem Maße erleichtert das Internert deswegen Ressentmentbildung. Exklusion bezeichnet aber nur das Ereignis
aktueller, kommunikativer Nicht-Relevanz in einen situativen Kontext. Das heißt weder dass nicht in der Zukunft die Chance auf Inklusion in denselben Kontext
besteht noch dass der Betroffene sofort aus allen anderen sozialen Kontexten
exkludiert wird. Gerade bei den durch Verfahren Isolierten fällt häufig auf,
dass sie nicht mehr in der Lage sind die in die Inklusionsmechanismen
eingelassenen Zeichen und Symbole zu verstehen und folglich auch nicht begreifen,
was von ihnen erwartet wird. Die Chancen für eine zukünftige Inklusion stehen
dann entsprechend schlecht. Ein aktuelles Beispiel für eine Bewegung, die aus
dem Internet wieder in die Kommunikation außerhalb des Internets zurückschwappt,
ist die Piratenpartei. Eine wie auch immer ausgeprägtes Problembewusstsein
begründet aber noch keine Kompetenz hinsichtlich der möglichen Lösungen.
Insofern können sich funktionssystemspezifische Inklusionsmechanismen nicht auf
Emotionen einlassen sondern nur auf Erwartungen. Das gilt selbst für Liebe.</span><br />
<br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Die zweite Konfliktlinie ist die
zwischen <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Redefreiheit und Persönlichkeitsschutz</i>.
Redefreiheit bedeutet heute, dass sich jeder zu jedem Thema äußern kann. Das
Internet als technologische Infrastruktur zur Informationsverbreitung und
Kommunikation unterstützt diesen Zweck. In der Konsequenz bedeutet das mehr
Beobachtbarkeit, mehr Informationen, mehr Kontingenz. Aber auch Personen können
zum Thema werden. Sofern sie (fremd-)beobachtet werden, ergeben sich auch
Gefahren wie Beleidigungen, Diffamierungen, Verleumdungen oder Rufmord. Zum
Teil werden solche Angriffe auf das Image der Betroffenen sogar mit dem Recht
auf Redefreiheit gerechtfertigt. Bei solchen Vorfällen werden die Grenzen der
Redefreiheit tangiert und es stellt sich die Frage, wo legitime
Meinungsäußerung aufhört und Rufschädigung anfängt? Aber genauso wie unter dem
Deckmantel der Meinungsäußerung Imageverletzung betrieben werden kann, kann
umgekehrt unter dem Deckmantel des Persönlichkeitsschutzes die Meinungsfreiheit
eingeschränkt werden. Das Problem wird noch weiter verschärft, wenn man
bedenkt, dass auch Äußerungen, die niemanden direkt verletzen auch als
Verletzung verstanden werden können, weil sie trotzdem jemanden in der
Öffentlichkeit schlecht aussehen lassen und dieser sich beleidigt fühlt. Wo das
hinführt, kann man an den regelmäßigen Protesten der Muslime gegen
vermeintliche Verletzungen ihrer religiösen Gefühle sehen. Am Ende würde eine
Befindlichkeitsdiktatur mit entsprechender Zensur stehen. Man kann sich zu
keinem Thema mehr äußern, weil sich immer irgendjemand angegriffen fühlt. Die
Lösung kann aber auch nicht darin liegen die Meinungsfreiheit so weit zu
fassen, dass Gefühle überhaupt nicht mehr zählen und man sich alles gefallen
lassen muss. Beobachtbarkeit wird dann nur noch erleidet und hingenommen.
Dieses Extrem scheint aktuell die post-privacy-Bewegung zu favorisieren. Unter
dem Stichwort Transparenz wurde ein radikaler Öffentlichkeitsbegriff
eingeführt. Performance-Aktionen, die auf diese neuen Bedingungen hinweisen
wollen, oder öffentliche Sitzungen der Piratenpartei legen jedoch die Vermutung
nahe, dass diese Form der Öffentlichkeit nur unter Preisgabe der eigenen Würde
zu haben ist. Es kann also ebenso wenig darauf hinauslaufen mehr Beleidigungsbereitschaft
einzufordern. Das würde nur bedeuten, dass das eigene Image zur öffentlichen
Verfügungsmasse wird, an dem sich jeder mal abreagieren darf.</span><br />
<br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Trollkommunikation besetzt den
Kreuzungspunkt zwischen den zwei Konfliktlinien Experten vs. Laien und
Redefreiheit vs. Persönlichkeitsschutz. Sie macht auf die damit verbundenen Probleme
aufmerksam. Die Lektion, die Trolle erteilen, liegt letztlich darin, dass sie
auf die <i>Unvollkommenheit der sozialen Adresse</i> und <i>die menschliche Verletzlichkeit</i>
- auch ohne physische Gewalt - hinweisen. Zur Lösung dieses Problems trägt Trollkommunikation aufgrund der Art
und Weise wie das geschieht jedoch nichts bei. Stattdessen verschärft sie das
Problem. Unter diesem Aspekt muss der aktuelle Trend einer positiven Umdeutung
des Trollphänomens eher skeptisch betrachtet werden. Speziell wenn der Begriff
des Trollens auch auf Kommunikationsweisen außerhalb des Internets Anwendung
findet, wird man den Verdacht nicht los, dass es darum geht schlechtes
Benehmen zur Normalität zu erklären. Möglicherweise
ist es sogar die Normalität. Das heißt aber nicht, dass man sich damit abfinden
muss. Der Text sollte zumindest andeuten, dass man auch anders kritisieren
kann. Im Anschluss daran stellt sich die Frage, ob man heute noch auf jeden
blinden Fleck, den man vorgehalten bekommt, beleidigt reagieren sollte? Möglicherweise
handelte es sich bei einer derartige Mitteilung gar nicht um einen Angriff auf
das eigene Image. Vielleicht wäre es intelligenter von Beleidigungsbereitschaft
auf Bereitschaft für Überraschungen umzustellen. Insofern kann es nicht darum
gehen Trollen zur Normalität zu erklären, sondern die Sensibilität für die
sozialpsychologischen Probleme zu erhöhen, die sich hinter Verhaltensweisen
verstecken, die als Trollen bezeichnet werden. In diesem Lichte entpuppt sich der
Begriff des Trollens selbst als eine Verlegenheitslösung für die Bezeichnung
unbeholfenen Negierens und Kritisierens. Trollen zeigt wie es nicht geht und
richtet dadurch die Aufmerksamkeit auf die Frage wie es gehen könnte? Beispiele
für erfolgreiche Kommunikationsversuche gibt es genug. An ihnen wird sich
möglicherweise zeigen, dass das Internet nicht das geeignete Mittel ist um mit
unbekannten Personen erfolgreich zu kommunizieren.</span><br />
<br />
<br />
<div style="line-height: 24px;">
<a class="twitter-share-button" count="" data-lang="de" data-url="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2012/12/kontingenz-kritik-und-das-internet-2.html" data-via="GorgonObserver" href="https://twitter.com/share"><span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif;">Twittern</span></a>
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<br />
<br />
<br />
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif;">*Der Text hatte ursprünglich den Titel „Kontingenz, Kritik
und das Internet – Teil 2“.</span><br />
<div class="MsoNormal">
<o:p></o:p></div>
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2012/12/kontingenz-kritik-und-das-internet-2.html#anker001" id="fn001">[1]</a> Siehe exemplarisch am
Beispiel des Gerichtsverfahrens Luhmann 1983. Verfahren können als die
praktische Anwendung einer Konditionalprogrammierung begriffen werden.</span><br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2012/12/kontingenz-kritik-und-das-internet-2.html#anker002" id="fn002">[2]</a> Hinsichtlich der
Verschmelzung von Person und Sache wäre zu prüfen inwiefern diese Personen in
der Lage sind die Unterscheidung von Mitteilung und Information zu treffen.
Falls nicht, würden sie im genauen Sinne nicht an Kommunikation teilnehmen
sondern nur reflexartig auf einen externen Stimulus reagieren. Die starke
emotionale Besetzung des Themas würde aus den Betroffenen eine Art Trivialmaschine
machen, die auf den gleichen Stimulus in verschiedenen Situationen auf die
gleiche Weise reagiert.</span><br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2012/12/kontingenz-kritik-und-das-internet-2.html#anker003" id="fn003">[3]</a> Die Web-Site Reddit, die
unter anderem dem Troll <a href="http://edition.cnn.com/2012/10/18/us/internet-troll-apology/index.html">Violentacrez</a>
für die Verbreitung von anzüglichen, rassistischen, sexistischen und
pädophilie-nahen Inhalten eine Plattform bot, stellt die Anonymität ihrer
Nutzer – Violentacrez eingeschlossen – über die Anstößigkeit der verbreiteten
Inhalte. Anonymität wird als die Voraussetzung gesehen, damit Personen sich
überhaupt trauen derartige Inhalte via Internet zu veröffentlichen. Siehe <a href="http://gawker.com/5950981/unmasking-reddits-violentacrez-the-biggest-troll-on-the-web">hier</a>.</span><br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2012/12/kontingenz-kritik-und-das-internet-2.html#anker004" id="fn004">[4]</a> Violentacrez hatte es über
Reddit sogar zu einer gewissen Berühmtheit gebracht und seine fragwürdigen
Leistungen wurden durch die Reddit-Macher sogar durch Preise gewürdigt. Aber
trotzdem wollte er nicht geoutet werden. Aus verständlichen Gründen, denn nach
dem Outing wurde er von seinem Arbeitgeber entlassen. Interessanterweise hatte
er keine Angst vor seinen Familienangehörigen geoutet zu werden. Laut eigener
Aussage wussten die von seinen Aktivitäten als Violentacrez und waren zum Teil
sogar selbst aktive Nutzer bei Reddit. Siehe auch dazu den verlinkten Artikel
aus Fußnote 3.</span><br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2012/12/kontingenz-kritik-und-das-internet-2.html#anker005" id="fn005">[5]</a> Da Anonymisierung inzwischen
schon zu einer Art Konvention geworden ist, kann nicht ausgeschlossen werden,
dass einige der anonymen Trolle nicht auch Trollen 1. Ordnung betreiben. Hier müsste
genauer analysiert werden, wie getrollt wird. Dazu weiter unten Näheres.</span><br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2012/12/kontingenz-kritik-und-das-internet-2.html#anker006" id="fn006">[6]</a> Für einen Überblick siehe
Goleman 1995, S. 167 – 209</span><br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2012/12/kontingenz-kritik-und-das-internet-2.html#anker007" id="fn007">[7]</a> Wenn in der Luhmannschen
Systemtheorie der Mensch zur Umwelt sozialer Systeme gehört, dann handelt es
sich bei der Kommunikation von Gefühlen und über Gefühle um ökologische
Kommunikation im eigentlichen Sinne der Theorie.<span lang="EN-US" style="mso-ansi-language: EN-US;"> </span></span><br />
<br />
<br />
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif;"><b>Literatur</b></span><br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span lang="EN-US" style="mso-ansi-language: EN-US;"><i>Collins, Randall</i> (2005): Interaction Ritual
Chains. </span>Princeton</span><br />
<i style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif;">Fuchs, Peter</i><span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif;"> (1997):
Adressabilität als Grundbegriff der soziologischen Systemtheorie, in: Soziale
Systeme 3, S. 57 – 79</span><br />
<i style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif;">Goffman, Erving</i><span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif;"> (1974a): Die
Territorien des Selbst, in ders.: Das Individuum im öffentlichen Austausch.
Mikrostudien zur öffentlichen Ordnung, Frankfurt am Main, S. 54 – 96</span><br />
<i style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif;">Goffman, Erving</i><span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif;"> (1974b): Der
bestätigende Austausch, in ders.: Das Individuum im öffentlichen Austausch.
Mikrostudien zur öffentlichen Ordnung, Frankfurt am Main, S. 97 - 137</span><br />
<i style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif;">Goffman, Erving</i><span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif;"> (1986a):
Techniken der Imagepflege, in ders: Interaktionsrituale. Über Verhalten in
direkter Kommunikation, Frankfurt am Main, S. 10 – 53</span><br />
<i style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif;">Goffman, Erving</i><span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif;"> (1986b):
Verlegenheit und soziale Organisation, in ders: Interaktionsrituale. Über
Verhalten in direkter Kommunikation. Frankfurt am Main. S. 106 – 123</span><br />
<i style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif;">Goffman, Erving</i><span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif;"> (1986c):
Entfremdung in der Interaktion, in ders: Interaktionsrituale. Über Verhalten in
direkter Kommunikation. Frankfurt am Main. S. 124 – 150</span><br />
<i style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif;">Goffman, Erving</i><span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif;"> (1986d): Wo was
los ist – wo es </span><i style="mso-bidi-font-style: normal;">action</i><span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif;"> gibt, in ders:
Interaktionsrituale. Über Verhalten in direkter Kommunikation. Frankfurt am
Main. S. 164 – 292</span><br />
<i style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif;">Goleman, Daniel</i><span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif;"> (1995):
Emotionale Intelligenz, München</span><br />
<i style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif;">Illouz, Eva</i><span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif;"> (2009): Die Errettung
der modernen Seele. Frankfurt am Main</span><br />
<i style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif;">Krappitz, Stefan</i><span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif;"> (2012): </span><a href="http://wwwwwwwww.at/downloads/troll-culture.pdf" style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif;">Troll Culture</a><br />
<i style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif;">Luhmann, Niklas</i><span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif;"> (1983):
Legitimation durch Verfahren. Frankfurt am Main</span><br />
<i style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif;">Luhmann, Niklas</i><span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif;"> (1984): Soziale
Systeme. Grundriß einer allgemeinen Theorie. Frankfurt am Main</span><br />
<i style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif;">Luhmann, Niklas</i><span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif;"> (1997): Die
Gesellschaft der Gesellschaft. Frankfurt am Main</span><br />
<i style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif;">Luhmann, Niklas</i><span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif;"> (2002): Das
Erziehungssystem der Gesellschaft. Frankfurt am Main</span><br />
<i style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif;">Luhmann, Niklas</i><span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif;"> (2003): Macht.
Stuttgart</span><br />
<i style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif;">Luhmann, Niklas</i><span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif;"> (2005a): Die Form
„Person“, in ders: Soziologische Aufklärung 6. Die Soziologie und der Mensch, Wiesbaden
2. Auflage, S. 137 – 148</span><br />
<i style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif;">Luhmann, Niklas</i><span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif;"> (2005b):
Inklusion und Exklusion, in ders: Soziologische Aufklärung 6. Die Soziologie
und der Mensch, Wiesbaden 2. Auflage, S. 226 - 251</span><br />
<i style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif;">Luhmann, Niklas</i><span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif;"> (2012): Macht im
System. Berlin</span><br />
<i style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif;">Scheler, Max</i><span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif;"> (2004): Das
Ressentiment im Aufbau der Moralen. Frankfurt am Main 2. Auflage</span></div>
</div>
Beobachter der Modernehttp://www.blogger.com/profile/07362668989286039861noreply@blogger.com7tag:blogger.com,1999:blog-6126280343808346420.post-21494254615772066642012-11-01T20:44:00.000+01:002015-03-11T20:00:21.085+01:00Kontingenz, Kritik und das Internet<!--[if gte mso 9]><xml>
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<br />
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Auch der folgende Beitrag
konzentriert sich auf das Thema Gesellschaft und Internet. Nach wie vor wird
von der Annahme ausgegangen, dass <i style="mso-bidi-font-style: normal;">das
Internet die technischen Möglichkeiten der Beobachtung von Beobachtern
erweitert hat</i>. Da diese Möglichkeiten von vielen Menschen genutzt werden,
kommt es zu einer bisher nicht gekannten Flutung der Gesellschaft mit
Kontingenz. Dass Kontingenz als solche registriert und als Bedingung für den
Vollzug von Kommunikation berücksichtigt wird, ist ein spezifisch modernes
Phänomen. Theologische Reflexionen bereiteten die semantischen Bedingungen für
eine Beobachtungsweise vor (Luhmann 2006, S. 114), die schließlich zur
operativen Schließung verschiedener Funktionssysteme führte und einen Wechsel
in der Differenzierungsform der Gesellschaft einleitete hin zu funktionaler
Differenzierung. Niklas Luhmann bezeichnete Kontingenz deswegen als einen
Eigenwert der modernen Gesellschaft (2006). Wenn man sich mit der Frage
auseinandersetzt, welchen Einfluss das Internet auf die Gesellschaft hat, dann
kommt man nicht umhin sich mit der Frage auseinander zu setzen, welche Funktion
das Internet für den gesellschaftlichen Umgang mit Kontingenz hat? Dazu ist es als
Erstes notwendig den Begriff Kontingenz näher zu bestimmen.</span><br />
<a name='more'></a><br />
<br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Ausgangspunkt ist Niklas Luhmanns
Bestimmung des Kontingenzbegriffs, wonach etwas <i style="mso-bidi-font-style: normal;">kontingent</i> ist, wenn es <i style="mso-bidi-font-style: normal;">nicht
notwendig</i> ist und dadurch <i style="mso-bidi-font-style: normal;">anders
möglich</i> (1984, S. 152). Damit etwas als kontingent beobachtet werden kann,
muss ein Kontext gegeben sein in dem es als kontingent beobachtet werden kann.
Man kann z. B. einen Haken mit einer Schraube an der Wand befestigen. Statt
sich aber die Arbeit zu machen erst ein Loch in die Wand zu bohren um einen Schraubdübel
in die Wand zu stecken in den man schließlich die Schraube einschraubt, könnte
man einfach einen Nagel in die Wand einschlagen um den Haken zu befestigen. Der
Kontext ist hier der Zweck den Haken an der Wand zu befestigen. Als Mittel um
diesen Zweck zu erfüllen, kann man den Haken anschrauben oder mit einem Nagel
befestigen. Egal welche
Alternative gewählt wird, stellt sie sich im Horizont anderer Möglichkeiten als
kontingent dar eben weil es eine andere Möglichkeit gegeben hätte um den Haken
an der Wand zu befestigen. Kontingente Lösungen lassen sich aber nicht nur bei
mechanisch-technischen Problemen beobachten sondern auch bei sozialen
Problemen. Hinsichtlich letzterem wird Kontingenz im Übergang zur funktional
differenzierten Gesellschaft beobachtbar. Dass dies möglich wurde, kann auf
eine bestimmte Art der Beobachtung zurückgeführt werden – nämlich der
Beobachtung 2. Ordnung (vgl. Luhmann 2006, S. 100), die hier bisher nur als
Beobachtung von Beobachtern bezeichnet wurde. </span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Wie funktioniert Beobachtung 2.
Ordnung? Dazu ist es zunächst notwendig darzustellen, was eine <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Beobachtung 1. Ordnung</i> ist. Mit Beobachtung
ist eine Operation gemeint, bei der <i style="mso-bidi-font-style: normal;">unterschieden</i>
wird um etwas zu <i style="mso-bidi-font-style: normal;">bezeichnen</i>. Eine
Bezeichnung wird dabei im Rahmen einer Unterscheidung getroffen. Die
Unterscheidung selbst ist eine zweiseitige Form. Bei einer
Beobachtungsoperation wird immer nur eine Seite der Unterscheidung bezeichnet
und nicht die andere, z. B. schwarz und nicht weiß, laut und nicht leise, süß
und nicht sauer, Nagel und nicht Schraube etc.. Man kann nicht beide Seiten der
Unterscheidung gleichzeitig bezeichnen. Erst unter Aufwand von Zeit kann in
einer nachfolgenden Operation die andere Seite der Unterscheidung bezeichnet
werden. Bei einer Beobachtung 1. Ordnung erfolgt die Beobachtung nur im Rahmen
der Unterscheidung. Die Unterscheidung ist zwar Voraussetzung für das
Bezeichnen einer der beiden Seiten. Es gibt aber keine Möglichkeit im Rahmen
der Unterscheidung die Unterscheidung selbst zu bezeichnen. Dadurch wird beim
Bezeichnen nicht erkennbar, dass im Rahmen der Unterscheidung anders bezeichnet
werden könnte (vgl. Luhmann 2006, S. 98f). </span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Das ändert sich, wenn auf <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Beobachtung 2. Ordnung</i> umgestellt wird.
Bei einer Beobachtung 2. Ordnung werden Unterscheidungen bezeichnet, z. B.
Farben und nicht Töne, Anbringen und nicht Abmontieren. Je nach dem was
(sachlich) wer (sozial) wann (zeitlich) beobachtet, wird sichtbar, dass anders
beobachtet werden kann. Dasselbe kann anders beobachtet werden (sachlich),
dasselbe kann von verschiedenen Beobachtern jeweils anders beobachtet werden
(sozial) und dasselbe kann zu verschiedenen Zeitpunkten anders beobachtet
werden (zeitlich). Wenn man den Gebrauch von Unterscheidungen auf diese Weise
beobachtet, wird die Kontingenz alles unterscheidenden Bezeichnens beobachtbar
(vgl. Luhmann 2006, S. 98ff.). Weil Unterscheidungen selbst als Beobachter
bezeichnet werden, spricht man deswegen auch von der Beobachtung von
Beobachtern. Und weil soziale Systeme über unterscheidendes Bezeichnen
Informationen produzieren und weiterverarbeiten, werden soziale Systeme auch
beobachtende Systeme genannt. Die Form der Beobachtung ist bei Beobachtungen 1.
und 2. Ordnung gleich, es wird immer unterschieden und bezeichnet. Bei der
Beobachtung 2. Ordnung richtet sich die Aufmerksamkeit jedoch auf die
Unterscheidungen und damit auf die Selbstreferenz sozialer Systeme. Darin liegt
der Unterschied zwischen vormodernen und modernen Formen der Beobachtung. Das
heißt jedoch nicht, dass in der Moderne keine Beobachtungen 1. Ordnung mehr
vollzogen werden. Es ist lediglich eine weitere Form der Beobachtung
dazugekommen und Kontingenz ist der Effekt der eintritt, wenn von der
Beobachtung 1. Ordnung zur Beobachtung 2. Ordnung gewechselt wird. </span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Spätestens mit der Erfindung des
Buchdrucks waren die Möglichkeiten für die Beobachtung von Beobachtern
geschaffen und wurden auch genutzt. Mit dem Buchdruck war jedoch noch keine
sehr schnelle Informationsverbreitung möglich. Mit jeder technischen Innovation
der Informationsverbreitung erhöhte sich die Umschlaggeschwindigkeit. Über die
Zeitung, den Telegraphen, das Telefon, das Radio, das Fernsehen konnte die
Geschwindigkeit der Informationsverbreitung erhöht werden um sich mit dem
Internet schließlich in Echtzeit zu vollziehen.<span style="mso-spacerun: yes;">
</span>Der Zugang zum Internet ermöglicht heute den sofortigen Zugang zu unüberschaubaren
Wissensbeständen, deren Aktualität aufgrund der Umschlaggeschwindigkeit ständig
zur Disposition steht. Wobei es nicht nur um wissenschaftlich geprüftes Wissen
geht. Man kann sich über Kochrezepte, Reparaturanleitungen, Pflanzenpflege,
Flirttipps, Beziehungstipps, Kulturtipps und vieles mehr informieren. Zu jeder
beliebigen Thematik lässt sich etwas im Internet finden. Je nachdem wie tief
man in eine Thematik eindringen will, lassen sich bei guter Recherche völlig
gegensätzliche Positionen zum selben Thema finden mit jeweils plausiblen
Begründungen. Ist man an diesem Punkt angekommen, lässt sich die Kontingenz von
Wissensbeständen nicht mehr ignorieren. Selbstverständliches wird im Lichte
bisher nicht bekannter Informationen plötzlich fragwürdig. Wird das Internet
auf diese Weise genutzt, hat die Kommunikation via Internet sogar eine <i style="mso-bidi-font-style: normal;">erzieherische Funktion</i> denn sie weckt
den Sinn für Kontingenz. Wenn von erziehender Funktion die Rede ist, bezieht
sich das auf Niklas Luhmanns Bestimmung von Erziehung im Unterschied zu
Sozialisation (vgl. Luhmann 2002, S. 53). Bei Sozialisation geht es um die
Vermittlung von Selbstverständlichkeiten durch Nachahmung. Sozialisation ist
damit immer Selbstsozialisation. Erziehung vollzieht sich dagegen durch die
Kommunikation von Unbekanntem, Ungewöhnlichem, Nicht-Selbstverständlichem. Das
geschieht in der Regel in der Schule. Erziehung durch Internetrecherchen ist
aber noch keine Kommunikation, die dem Erziehungssystem zugerechnet werden
kann. Man findet zwar bei einer Internetrecherche die Richtigkeit des eigenen
Wissens bestätigt. Man kann sich im Internet aber auch darüber informieren,
dass es anders geht. Die eigenen Wissenslücken werden sichtbar und man hat die
Möglichkeit diese mit Informationen aus dem Internet zu füllen. Erziehung via
Internet ist damit immer Selbsterziehung.</span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Will man in dieser Situation noch
darüber urteilen wie überzeugend, plausibel, wahr oder richtig bestimmte
Wissensbestände sind, muss man auf Beobachtung 2. Ordnung wechseln um zu
beobachten, wie bestimmte Beobachter zu ihren Beobachtungen kommen – also
welche Unterscheidungen im Spiel sind. Erst im Modus der Beobachtung 2. Ordnung sieht man, was ein Beobachter sieht
und was er nicht sieht. Und erst dann wird ersichtlich warum eine bestimmte
Position aus der Perspektive des Beobachters, der sie vertritt, notwendig
erscheinen kann. <span style="font-size: small;"><span style="line-height: 115%;">Kontingenz
bedeutet a<span style="font-size: small;">l<span style="font-size: small;">so</span></span> nicht Beliebigkeit. </span></span>Und erst dann lassen sich Alternativen formulieren, die auch
aus der Perspektive des Beobachteten als solche erscheinen können. Somit
eröffnet erst Kontingenzproduktion durch Beobachtung 2. Ordnung die Möglichkeit
für Kritik. Aber erst eine Kritik die nicht nur verneint sondern auch
Alternativen vorschlägt, die aus der Perspektive des Kritisierten als solche
erscheinen, hat eine Chance auf Realisation. Sie muss sich also auf die
Perspektive des Kritisierten einlassen um etwas verändern zu können <a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2012/11/kontingenz-kritik-und-das-internet-1.html#fn001" id="anker001">[1]</a>. <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Wenn das Internet die Möglichkeiten der
Beobachtung 2.Ordnung erweitert, erweitert es damit zugleich auch die
Möglichkeiten für Kritik</i>. </span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Kritik bezieht sich immer auf
bestimmte Themen oder Problemlagen. Aufgrund funktionaler Differenzierung der
Gesellschaft in verschiedene Funktionssysteme differenzieren sich auch diverse
Spezialöffentlichkeiten mit aus. Aus dieser Entwicklung entsteht das Problem,
dass mit einer steigenden Anzahl an Spezialöffentlichkeiten das potentielle
Publikum für jede einzelne dieser Öffentlichkeiten kleiner wird. An <a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2012/10/die-offentlichkeit-der-gesellschaft-das.html">anderer
Stelle</a> wurde dieser Prozess auch als Fragmentierung bezeichnet, der zu
einem Weniger an Öffentlichkeit führt. Aufmerksamkeit ist knapp und
entsprechend sinkt die Reichweite der Kritik. Hinzu kommt, dass sich durch die
neuen Kommunikationstechnologien wie SMS, Chatten oder Twitter
Kommunikationsstile eingespielt habe, die zur Überreduktion neigen. Damit ist
ein Trend zur Verkürzung von Mitteilungen gemeint. Die Daten pro Mitteilung
werden immer geringer. Per SMS oder Twitter kann man nicht mehr differenziert Abwägen
und Argumentieren. Stattdessen wird nur noch verlautbart. Analog dazu ist
Wissen im Internet nur noch häppchenweise zugänglich. Systematische
Darstellungen oder umfangreiche Argumentationen für eine bestimmte Position
sind im Internet eher selten zu finden. Dafür muss man nach wie vor auf andere
Verbreitungsmedien wie Bücher, Zeitungen oder Zeitschriften zurückgreifen. Sich
über den Stand einer Diskussion via Internet umfassend zu informieren,
erfordert aufgrund verstreuter Wissensfragmente einen sehr hohen Recherche- und
Zeitaufwand. Im Zuge dessen, tendieren die Darstellungsformen für bestimmte
Wissensbestände im Internet zu mehr Idiosynkrasie, d. h. die Darstellungsformen
werden immer unsystematischer und bruchstückhafter - was wiederrum den
Recherche- und Zeitaufwand weiter erhöht. Sich vollständig über ein Thema zu
informieren ist praktisch unmöglich und die Vorstellung vollständigen
Informiert-Seins wird spätestens mit dem Internet unhaltbar. Auf diese Weise
entstehen allerdings auch neue und überraschende Sinnkombinationen und das
Internet wird zu einer Spielwiese für ungewöhnliche Kommunikationsangebote.</span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Die Fragmentierung in
Spezialöffentlichkeiten und die Zerstückelung der Wissensbestände im Internet
sind beides Störfaktoren, welche die Chancen für erfolgreiche Kritik trotz
Erweiterung der Beobachtungsmöglichkeiten mindern aber sicherlich nicht
verhindern – zumindest solange man sich nicht ausschließlich auf das Internet
als Informationsquelle und Aktionsplattform verlässt <a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2012/11/kontingenz-kritik-und-das-internet-1.html#fn002" id="anker002">[2]</a>. Sofern man mit dem Internet Hoffnungen auf
Emanzipation verbinden möchte, so wären diese nicht in der faktischen Existenz
des Internets als technische Infrastruktur für Kommunikationsprozesse begründet
sondern in der Möglichkeit zur Beobachtung 2. Ordnung, denn nur diese eröffnet
erst die Möglichkeiten für Kritik.</span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Wenn Kontingenz als Effekt der
Beobachtung 2. Ordnung ein Produkt der Moderne ist, dann ist es Kritik also
ebenfalls. Fragmentierung der Öffentlichkeit und des über das Internet
zugänglichen Wissens erschweren Kritik – machen sie aber nicht unmöglich. Es
wurde noch ein weiterer Störfaktor identifiziert, der die Funktion von Kritik
verhindern soll. Dafür spielt der Unterschied zwischen Beobachtung 1. und 2.
Ordnung keine Rolle und die Störung wäre insofern fundamentaler als die anderen beiden. Erweiterung von Beobachtungsmöglichkeiten durch das Internet – egal ob
1. oder 2. Ordnung – bedeutet lediglich Erhöhung der Informationsproduktion.
Das führt zunächst nur zu einer Steigerung der gesellschaftlichen Komplexität die
in einer Art kommunikativen Rauschen aus dem Internet die Gesellschaft laufend
irritiert. Hinsichtlich dieser Steigerung der kommunikativen Komplexität durch
das Internet wurde <a href="http://www.youtube.com/watch?feature=player_embedded&v=mquidr-Nq-4#!">die Vermutung geäußert</a>, dass sich die
Gesellschaft damit selbst überfordern würde (vgl. Baecker 2007, S. 7). Bezieht man diese Aussage auf die
Gesellschaft als Gesamtsystem mag dieses Argument auf den ersten Blick eine
gewisse Plausibilität besitzen, erweist sich jedoch bei genauerer Betrachtung
als unbegründet. Für Gesellschaft als Gesamtsystem lässt sich die
System-Umwelt-Differenz in der Differenz Kommunikation (System) und
Nicht-Kommunikation (Umwelt) reformulieren. Als Selektionskriterium für weitere
Anschlüsse ist Kommunikation aber zu unspezifisch. Es ermöglicht nicht den
Aufbau systeminterner Komplexität, weil jedes Element mit jedem verbunden
werden kann <a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2012/11/kontingenz-kritik-und-das-internet-1.html#fn003" id="anker003">[3]</a>. Der Eindruck von der (Selbst-)Überforderung der Gesellschaft kann
entstehen, wenn man implizit annimmt Kommunikation müsste an jedes
Kommunikationsangebot anschließen. Entsprechend kann die Frage nach einer
möglichen Überforderung der Gesellschaft durch das Internet nicht beantwortet
werden wenn die gegenwärtige Form gesellschaftlicher Differenzierung
unberücksichtigt bleibt. Denn die Form gesellschaftlicher Differenzierung beschreibt den Grad gesellschaftsinterner Komplexität. </span><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Deswegen wird im Folgenden
dargestellt, wie die Funktionssysteme der Gesellschaft beobachten und Kontingenz in Notwendigkeit transformieren. Erst dann kann beurteilt werden, welche Rolle das Internet dabei spielt.</span></div>
</div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Kommunikation ist die Lösung für
das Problem, dass Menschen keine Gedanken lesen können. In Abhängigkeit davon
ob die Kommunikationspartner Beobachteter oder Beobachtender sind und ob ein
Beitrag auf Erleben oder Handeln des Beobachteten oder des Beobachtenden zugerechnet wird, ergeben
sich weitere soziale Probleme mit denen potentiell jeder Mensch konfrontiert
werden könnte (vgl. Luhmann 1997, S. 334ff.). Im Laufe der gesellschaftlichen
Evolution haben sich diverse Subsysteme der Gesellschaft ausdifferenziert, die
sich jeweils auf die Lösung eines dieser gesamtgesellschaftlichen Problemlagen
konzentrieren. So kümmert sich die Wirtschaft um die Verteilung knapper Güter,
die Politik um die Bereitstellung der Kapazität für kollektiv bindende
Entscheidungen, die Wissenschaft um die Durchsetzung von neuem und ungewöhnlichem Wissen, die Liebe um die Akzeptanz hoch individualisierter Weltsichten, die Kunst um die Darstellung der Welt in der Welt usw. Im Übergang zur Moderne kam es zur operativen Schließung
der einzelnen Funktionssysteme, die es den Systemen ermöglichte autonom zu
operieren. Das bedeutet unter anderem, dass ein Funktionssystem nicht in die
Operationen eines anderen Funktionssystems eingreifen kann. Wenn z. B. die
Politik in die Verteilung knapper Güter zu beeinflussen versucht, geschieht dies nicht nach
wirtschaftlichen Kriterien sondern nach politischen. Es bleibt also eine Operation im politischen System, da die Verteilung nach Kritierien von mehr oder weniger Macht erfolgt und nicht nach mehr oder weniger Verfügbarkeit.</span><br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Aus jedem
gesamtgesellschaftlichen Problem lässt sich ein Zweck formulieren und in einen
<i>Code</i> überführen: für Wirtschaft Zahlen/Nicht-Zahlen, für Politik
Macht/Nicht-Macht, für Wissenschaft wahr/unwahr etc. Alle diese Codes
entsprechen der System-Umwelt-Differenz. Die Beobachtung mit diesem Code
funktioniert im Prinzip wie oben beschrieben durch Unterscheiden und Bezeichnen.
Der einzige Unterschied besteht darin, dass die System-Seite der Differenz
zugleich eine Präferenz formuliert (vgl. Luhmann 1997, S. 360). Eine
Information muss sich der Systemseite zuordnen lassen um als Ausgangspunkt für
weitere kommunikative Anschlüsse zu dienen. Ob dies möglich ist, erfolgt über
die Reflexion auf den Negativwert – also der Umwelt-Seite der Differenz. Durch
diese Reflexionsmöglichkeit wird Kontingenz in das System eingeführt, aber nur
zu dem Zweck die Notwendigkeit der jeweiligen Funktion des Systems zu
bestätigen. Würde ein Funktionssystem seine Funktion und damit seinen Zweck in
Frage stellen, hätte es keinen Anhaltspunkt mehr, wie sich das System von
seiner Umwelt unterscheiden kann. In der Konsequenz würde es im Rauschen der
Umwelt aufgehen und verschwinden. Die Notwendigkeit der Funktion kann also
nicht in Frage gestellt werden, denn nur in Bezug auf diese Funktion kann das
System seine Grenzen bestimmen und sich von seiner Umwelt unterscheiden.</span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Die Bestimmung eines Zwecks
konditioniert ein System aber nur relativ schwach (vgl. Luhmann 1997, S. 361f.).
Anhand des Zwecks wird nur festgelegt, was als Lösung des Bezugsproblems in
Frage kommt. Diese sogenannte <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Zweckprogrammierung</i>
schränkt den Selektionsbereich möglicher Lösungen ein. Für diesen
Selektionsbereich stellt sich das Kontingenzproblem aber erneut, denn für die
Erfüllung desselben Zwecks können verschiedene Lösungen in Frage kommen.
Deswegen müssen weitere Konditionierungen in Form von wenn-dann-Formeln
formuliert werden, welche den Selektionsbereich unter Berücksichtigung
situativer Variablen weiter einschränkt. Nach dem ein Initialereignis anhand
der wenn-dann-Formeln geprüft wurde, kann die Ausgangsinformation einem der
beiden Code-Werte zugeordnet werden. <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Konditionalprogrammierungen</i>
<a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2012/11/kontingenz-kritik-und-das-internet-1.html#fn004" id="anker004">[4]</a> werden also mit Bezug auf den Code formuliert. Damit dieser Code-Bezug
nicht verloren geht, bieten sogenannte <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Kontingenzformeln</i>
weitere Orientierung für die Einschränkung der Lösungsmöglichkeiten – sie
transformieren also Kontingenz in Notwendigkeit. Die Wirtschaft reflektiert
seine Konditionalprogrammierung mit der Kontingenzformel Knappheit, die Politik
reflektiert auf Gemeinwohl, die Wissenschaft auf Limitationalität, die Religion
auf die Idee eines einzigen Gottes oder die Erziehung auf Bildung (vgl. Luhmann
1995; 217ff., Luhmann 2000, S. 118ff.). Die Transformation der systemintern
produzierten Kontingenz anhand der Kontingenzformeln in Notwendigkeit erfolgt
jedoch nicht mehr auf der Ebene der Funktionssysteme sondern auf der
Organisationsebene. Das Tagesgeschäft von Unternehmen, Regierungen, Forschungseinrichtungen,
Gemeinden oder Schulen besteht im Abarbeiten von Ausgangsinformationen nach
Maßgabe der Zweck- und Konditionalprogrammierungen.</span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Das führt zu der Frage, wie
systemintern Kontingenz produziert wird? Oben wurde bereits beschrieben, dass
Kontingenz ein Effekt der Beobachtung 2. Ordnung ist. Daher muss die Frage
lauten, wie Funktionssysteme Beobachtungen 2. Ordnung ermöglichen bzw. wie
Funktionssysteme eine <i>systeminterne Öffentlichkeit</i> herstellen? Oder nochmals
anders formuliert, wie können sich die einzelnen Organisationen und Personen
eines Funktionssystems gegenseitig beobachten? Luhmann zeigte, dass jedes
Funktionssystem dafür seine eigene Form gefunden hat (vgl. 2006, S. 119 – 125).
Das Wirtschaftssystem ermöglicht es den verschiedenen Unternehmen über den
<i>Markt</i> die Preise zu beobachten. Auf diese Weise können die Marktteilnehmer
abschätzen zu welchem Preis sich ein Produkt noch verkaufen lässt und zu
welchem nicht mehr. Die Politik orientiert ihre Beobachtung der internen Umwelt
an der <i>Fiktion der öffentlichen Meinung</i>. Im Spiegel der öffentlichen Meinung
können sich die politischen Konkurrenten gegenseitig beobachten und welche
Lösung sie für bestimmte Probleme anbieten. Aber auch das Publikum der Bürger
kann anhand der öffentlichen Meinung die Politiker beobachten und anhand der
angebotenen Lösungen entscheiden, wem sie bei der nächsten Wahl ihre Stimme
geben wollen. Die Wissenschaft schafft eine systeminterne Öffentlichkeit über
<i>Publikationen</i>. Gelegentlich kommt es vor, dass widersprüchliche Forschungsergebnisse produziert werden. Die können eigentlich nicht beide wahr sein. Aufgrund der Kontingenz solcher Forschungsresultate konnte ein
absoluter Wahrheitsbegriff nicht länger aufrechterhalten werden. Dieser Umstand verschob die Aufmerksamkeit von dem was beobachtet wurde auf die Frage wie
beobachtet wurde. Die Funktion von Publikationen besteht demzufolge darin für
andere, die an der Forschungsarbeit nicht selbst teilnehmen konnten,
darzustellen, wie man auf die Ergebnisse kommt. An diesem Zweck richtet sich
dann die Form der wissenschaftlichen Publikation aus. In anderen
Funktionssystemen wie Recht, Kunst oder Erziehung lassen sich
funktional-äquivalente Lösungen finden. </span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Welche Rolle spielt nun das
Internet für die systeminterne Beobachtung einzelner Funktionssysteme? Dies
bezüglich wurde bereits die Antwort gegeben, dass durch das Internet die
Möglichkeiten der Beobachtung 2. Ordnung erheblich erweitert wurden. Das
politische Geschehen kann man im Internet verfolgen <a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2012/11/kontingenz-kritik-und-das-internet-1.html#fn005" id="anker005">[5]</a>, Preise kann man über
das Internet vergleichen, wissenschaftliche Publikationen kann man teilweise
auch über das Internet abrufen, über potentielle Beziehungspartner kann man
sich in Singlebörsen im Internet informieren, ebenso über Gesetze und
Gerichtsentscheidungen, über Erziehungsmethoden, über religiöse Angebote. Dies
erzeugt zweifellos eine riesige Informationsflut. Die Frage, die sich daraus
ergibt, lautet: besitzen alle diese Informationen eine Relevanz für
Entscheidungen von Organisationen der jeweiligen Funktionssysteme? Dafür muss als erstes noch einmal
daran erinnert werden, dass das Internet kein System ist. Es prozessiert nicht
die Unterscheidung von System und Umwelt, sondern bildet lediglich die
technische Infrastruktur für Informationsflüsse. Somit entscheidet das Internet
nichts, denn das Internet ist auch kein Organisationssystem. Sicherlich werden über
das Internet alternative Lösungsvorschläge für bekannte Probleme kommuniziert
und somit die Möglichkeitsspielräume zum Teil bis ins Unüberschaubare
erweitert. Aber in wieweit diese in Entscheidungen einfließen, ist eine Frage
auf die das Internet keinen Einfluss hat. Zum Einen weil es aufgrund der prinzipiellen Zugänglichkeit für jedermann und fehlender räumlicher Exklusionsmöglichkeiten kaum möglich ist stabile Formen von Selbstorganisation zu etablieren. Vereinfacht ausgedrückt, jeder kann mitmachen, niemand kann ausgeschlossen werden. Das überfordert tatsächlich, aber nur die Selbstorganisation von Kommunikation im Internet. Zum Anderen hat das Internet keinen Einfluß auf Entscheidungsfindungsprozesse, weil viele
Entscheidungen noch relativ interaktionsnah getroffen werden. Professionelle
Erziehung wird weiterhin in Schulen stattfinden <a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2012/11/kontingenz-kritik-und-das-internet-1.html#fn006" id="anker006">[6]</a>, rechtliche Entscheidungen
werden in Gerichtsverfahren getroffen, politische Entscheidungen in den
Parlamenten, Lebenspartner muss man von Angesicht zu Angesicht kennenlernen. Es
ist nicht zu erwarten, dass dies in Zukunft nur noch über das Internet
erfolgen wird. </span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Es gibt zudem auch noch andere
Möglichkeiten der Beobachtung 2. Ordnung wie Fachtagungen, Weiterbildungen oder
Workshops auf denen man sich mit Kollegen austauschen kann. Das Internet ist
nicht die einzige Möglichkeit für Beobachtungen 2. Ordnung. Es darf vermutet
werden, dass Face-To-Face-Kontakte ein weiteres wichtiges Kriterium für die Einschränkung von
Kontingenz sind. Empfehlungen bekannter Personen besitzen eine höhere Vertrauenswürdigkeit als Empfehlungen von Unbekannten aus dem Internet. Eine Ausnahme bildet
in dieser Hinsicht die Wirtschaft. Kaufen kann man auch über das Internet. Auf das Problem des Möglichkeitsüberschusses ist
man bereits aufmerksam geworden. Deswegen gibt es inzwischen Internetdienste,
die das Preise-Vergleichen übernehmen - aber nicht die Kaufentscheidung. Die Algorithmen der Verkaufsportale,
welche die Produktrecherche und die Käufe ihrer Kunden analysieren um
Produktempfehlungen geben zu können, erfüllen ebenso die Funktion Kontingenz einzuschränken. Aber auch hier ist nicht zu
erwarten, dass das Internet vollständig die Interaktion von Angesicht zu
Angesicht ersetzen wird. Menschen werden aufgrund der höheren emotionalen
Intensität beim Kontakt zu anderen Menschen diesem immer den Vorzug geben bevor
sie auf technische Möglichkeiten der Kommunikation unter Abwesenden
zurückgreifen (Collins 2005, S. 63).</span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Aufgrund der vorangegangenen
Überlegungen kann davon ausgegangen werden, dass die eingespielten Techniken
zur Informationsverarbeitung der Funktionssysteme nicht durch das Internet
außer Kraft gesetzt werden. Das Informationsaufkommen und der
Informationsumschlag wurden durch das Internet zweifellos erhöht und die Möglichkeiten der Beobachtung 2. Ordnung erweitert. Das</span><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"> zwingt die einzelnen Funktionssysteme
vermutlich zu strengeren Konditionalprogammierungen - was nichts anderes heißt als Ablehnungsmöglichkeiten zu vermehren. Desweiteren muss d</span>ie Abarbeitung verschiedener gesellschaftlicher
Probleme aufgrund der internen funktionalen Differenzierung der Gesellschaft
nicht einem einzigen System übertragen werden sondern kann auf mehrere
Funktionssysteme verteilt werden. Was durch Politik nicht gelöst werden kann,
kann möglicherweise durch Religion oder Erziehung gelöst werden. Was durch
Wirtschaft nicht gelöst werden kann, kann möglicherweise durch Liebe oder Kunst
gelöst werden. In Form funktionaler Differenzierung hat die Gesellschaft als Ganze bereits einen hohen Grad interner Komplexität aufgebaut um mit der durch das Internet entfesselten Informationsflut umgehen zu können. </span><br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Auf Entscheidungen wird aber weiterhin überwiegend durch organisierte Interaktionen
hingearbeitet. Jede theoretische Position die
dem Internet dabei eine dominierende Rolle – und sei sie auch nur negativ durch
Überforderung – zuschreibt, übersieht, dass das Internet <i style="mso-bidi-font-style: normal;">ein weiteres</i> Kommunikationsmittel aber <i style="mso-bidi-font-style: normal;">nicht das einzige</i> Kommunikationsmittel ist. Kommunikation via Internet produziert ein
Überangebot an Kommunikationsofferten und hält die verrücktesten
Handlungsmöglichkeiten abrufbereit. Ihre Relevanz können sie aber nicht im
Internet beweisen, denn für Kommunikation via Internet lassen sich nur schwer
stabile Formen der Selbstorganisation von Kommunikation finden. Da der
technische Zugang zum Internet im Prinzip jedem offensteht, ist Kommunikation
im Internet zu einem hohen Grad chaotisch und wird es auch bleiben. Es gibt
aber keinen Grund dies negativ zu bewerten. Chaosproduktion durch das Internet ist
in gewisser Weise sogar funktional für die Gesellschaft. Es steht eine
beständige Quelle für Irritationen zur Verfügung. Die Bewährungsprobe von
Kommunikationsangeboten findet aber außerhalb des Internets statt. Anders
ausgedrückt, <i style="mso-bidi-font-style: normal;">über das Internet wird Kontingenz
produziert, eingschränkt wird sie in sozialen Kontexten außerhalb des Internets. </i>Daraus
lässt sich die Vermutung ableiten, dass der Unterschied zwischen Kommunikation
unter Anwesenden und Kommunikation unter Abwesenden als eine Art Relevanz-Filter fungiert der Interaktionen davon entlastet sich auf jede noch so ungewöhnliche Sinnzumutung einlassen zu müssen <a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2012/11/kontingenz-kritik-und-das-internet-1.html#fn007" id="anker007">[7]</a>. </span><br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Analog dazu müssen die Wirkungschancen von
Kritik, sofern sie nur über das Internet verbreitet wird, eher gering
eingeschätzt werden. Zwar werden die Möglichkeiten für Kritik durch das
Internet erweitert, denn es sind Informationen über alternative
Lösungsmöglichkeiten für bekannte Probleme im Internet zugänglich. Damit diese
aber in Entscheidungsprozesse einfließen können, ist es notwendig diese auch
außerhalb des Internets zu vertreten. Dann kommt es nicht darauf an <i>dass</i>
kritisiert wird sondern <i>wie</i>.</span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<br />
<br />
<div style="line-height: 24px;">
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif;">Kontakt: destination.unkown@gmx.net</span></div>
<div style="line-height: 24px;">
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif;">Der </span><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.de/" style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif;">Beobachter der Moderne</a><span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif;"> auf </span><a href="https://www.facebook.com/Beobachter.der.Moderne" style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif;">Facebook</a><span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif;"> und auf </span><a href="https://twitter.com/gorgonobserver" style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif;">Twitter</a><b style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif;"> </b></div>
<br />
<br />
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2012/11/kontingenz-kritik-und-das-internet-1.html#anker001" id="fn001">[1]</a> Möchte man <span style="mso-spacerun: yes;"></span>an der Notwendigkeit der eigenen Position im
Horizont anderer Möglichkeiten festhalten, wird Kontingenz gerne als
Beliebigkeit gedeutet. Das entlastet zwar davon die eigene Position ebenfalls
als kontingent betrachten zu müssen und einen entsprechenden
Plausibilisierungsaufwand zu betreiben. Häufig tendiert die Argumentation dann
ins dogmatische um die Gegenposition zu marginalisieren und die eigene als
notwendig erscheinen zu lassen. </span></div>
</div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2012/11/kontingenz-kritik-und-das-internet-1.html#anker002" id="fn002">[2]</a> So kann man Personen, die
sich ausschließlich über das Internet informieren, für ihren Idealismus
bewundern. Wenn man berücksichtigt, wie das Internet Beobachtbarkeit
strukturiert, erscheint dieser Idealismus allerdings reichlich naiv.</span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2012/11/kontingenz-kritik-und-das-internet-1.html#anker003" id="fn003">[3]</a> Siehe weiterführend zum Thema Komplexität Luhmann 2005a, Luhmann 2005b. Vor diesem Hintergrund besagt die These, dass die Gesellschaft mit Kommunikation nur umgehen kann, wenn es Ablehnungsmöglichkeiten für Kommunikation gibt, im Grunde genommen nur, dass das Gesellschaftssystem interne Komplexität aufbauen muss, damit nicht mehr jedes Element mit jedem verbunden werden kann.</span><br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2012/11/kontingenz-kritik-und-das-internet-1.html#anker004" id="fn004">[4]</a> Siehe für die Unterscheidung
von Zweckprogrammierung und Konditionalprogrammierung – auch wenn dort noch von
Routine- und nicht von Konditionalprogrammen gesprochen wird – Luhmann 2007.</span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2012/11/kontingenz-kritik-und-das-internet-1.html#anker005" id="fn005">[5]</a> Autoritäre Regime haben die
Kontingenz produzierende Funktion der öffentlichen Meinung erkannt und werben
weniger für die eigene Position sondern versuchen stattdessen die Beobachtung
der politischen Konkurrenz zu verhindern. Alternativlosigkeit begründet am
besten die eigene Notwendigkeit.<span style="mso-spacerun: yes;"> </span>Internetzensur
ist somit ein Versuch zu verhindern, dass Möglichkeiten für Beobachtung 2.Ordnung
entstehen.</span><br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2012/11/kontingenz-kritik-und-das-internet-1.html#anker006" id="fn006">[6]</a> Hinsichtlich erziehender Kommunikation ist der Konkurrenzkampf zwischen Erziehung durch Lehrer und (Selbst-)Erziehung mit Hilfe der Technik bereits ausgebrochen. Siehe <a href="http://www.welt.de/wall-street-journal/article110441704/Wie-lange-brauchen-wir-ueberhaupt-noch-Lehrer.html">hier</a>. Aber auch in dem Artikel wird deutlich, dass Erziehung nicht ohne interaktionsnahe Formen auskommt.</span><br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2012/11/kontingenz-kritik-und-das-internet-1.html#anker007" id="fn007">[7]</a> Luhmanns These, dass mit der technischen Entwicklung der Verbreitungsmedien die Notwendigkeit für räumliche Integration gesellschaftlicher Operationen sinkt (vgl. Luhmann 1997, S. 314), wird damit widersprochen. Zwar wird für Kommunikation über das Internet diese Notwendigkeit räumlicher Integration tatsächlich eingeschränkt - wenn nicht sogar aufgehoben. Wie im Text deutlich geworden sein sollte, gilt dies dann aber auch nur für gesellschaftliche Operationen - also Kommunikation - über das Internet nicht aber für Interaktions- und Organisationssysteme. </span><br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><br /></span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><b style="mso-bidi-font-weight: normal;"><span lang="EN-US" style="mso-ansi-language: EN-US;">Literatur</span></b></span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span lang="EN-US" style="mso-ansi-language: EN-US;">Baecker, Dirk (2007): Studien zur nächsten Gesellschaft. Frankfurt am Main </span></span><br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span lang="EN-US" style="mso-ansi-language: EN-US;">Collins, Randall (2005): Interaction Ritual
Chains. </span>Princeton</span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Luhmann, Niklas (1984): Soziale
Systeme. Grundriß einer allgemeinen Theorie. Frankfurt am Main</span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Luhmann, Niklas (1995): Das Recht
der Gesellschaft. Frankfurt am Main</span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Luhmann, Niklas (1997): Die
Gesellschaft der Gesellschaft. Frankfurt am Main</span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Luhmann, Niklas (2000): Die
Politik der Gesellschaft. Frankfurt am Main</span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Luhmann, Niklas (2002): Das
Erziehungssystem der Gesellschaft. Frankfurt am Main</span><br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Luhmann, Niklas (2005a): Komplexität, in ders: Soziologische Aufklärung 2. Aufsätze zur Theorie der Gesellschaft. Wiesbaden 5. Auflage, S. 255 - 276</span><br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Luhmann, Niklas (2005b): Haltlose Komplexität, in ders: Soziologische Aufklärung 5. Konstruktivistische Perspektiven. Wiesbaden 3. Auflage, S. 58 - 74</span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Luhmann, Niklas (2006):
Kontingenz als Eigenwert der modernen Gesellschaft, in ders.: Beobachtungen der
Moderne. Wiesbaden 2. Auflage, S. 93 -128</span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Luhmann, Niklas (2007): Lob der
Routine, in ders: Politische Planung. Aufsätze zur Soziologie von Politik und
Verwaltung. Wiesbaden 5. Auflage, S. 113 - 142</span></div>
Beobachter der Modernehttp://www.blogger.com/profile/07362668989286039861noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-6126280343808346420.post-54409713358883521372012-10-16T18:03:00.000+02:002016-01-10T11:52:29.283+01:00Beobachtbarkeit - Risiko und Gefahr<!--[if gte mso 9]><xml>
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<br />
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2012/10/die-offentlichkeit-der-gesellschaft-das.html">Der
letzte Blog-Beitrag</a> endete mit der Beobachtung, dass durch das Internet die
technischen Möglichkeiten der Beobachtung von Beobachtern immens erweitert
wurden und die Gesellschaft sich deswegen mit einem unglaublichen Maß an
selbsterzeugter Kontingenz konfrontiert. Dem gegenüber hat sich aber ein
Bewusstsein für die damit verbundene gewollte oder ungewollte Anziehung der
Aufmerksamkeit noch nicht in ausreichendem Maße gebildet obwohl Beobachtbarkeit
an sich nichts grundsätzlich Neues ist. Dieses Bewusstsein wurde auch als
<i>Aufmerksamkeit für Aufmerksamkeit</i> bezeichnet. Das mag zunächst eine recht
magere Diagnose sein. Berücksichtigt man aber, dass man sich hier auf
gesellschaftstheoretischer Ebene bewegt und von Funktions-, Organisations- und
Interaktionssystemen abgesehen wird, dann lässt sich nicht mehr sagen.
Gesellschaft ist das umfassende System. Außerhalb der Gesellschaft gibt es
keine sozialen Systeme. Die eingenommene Perspektive abstrahierte somit von
jeglichen Beobachtungsverhältnissen, weil es keine Fremdbeschreibungen von
gesellschaftsexternen Beobachtern geben kann. Bevor die innergesellschaftlichen
Beobachtungsverhältnisse in den Blick genommen werden, soll zunächst
verdeutlicht werden was mit Aufmerksamkeit für Aufmerksamkeit <a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2012/10/beobachtbarkeit-als-risiko-und-gefahr.html#fn001" id="anker001">[1]</a> gemeint ist
bzw. wie sich diese im Alltag bemerkbar macht.</span><br />
<a name='more'></a><br />
<br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Fast jeder musste in der Schule
oder an der Universität schon mal einen Vortrag halten. Und die meisten werden
dieses mulmige Gefühl kennen, das einen bei der Vorstellung überkommt sich vor
einer Gruppe von Leuten produzieren zu müssen. Landläufig wird dieses Gefühl
auch Lampenfieber genannt. Das Lampenfieber kann in seiner Intensität
variieren, je nachdem wie viele Personen man im Publikum kennt und wie groß das
versammelte Publikum ist.<span style="mso-spacerun: yes;"> </span>Im schlimmsten
Fall geht es aber so weit, dass es das Bewusstsein blockiert und man nicht in
der Lage ist den Erwartungen des Publikums zu entsprechen. Die Rahmung einer
Vortragssituation durch die Teilung in Vortragenden und Publikum macht dem
Vortragenden bewusst, dass er nun im Zentrum der Aufmerksamkeit steht.
Psychisch gesehen, wird die Aufmerksamkeit des Vortragenden völlig von dieser
Vorstellung eingenommen. Auf diese Art macht sich für jeden, der sich in solch
einer Situation befindet, das bemerkbar, was hier als Aufmerksamkeit für
Aufmerksamkeit bezeichnet wurde. Ursache dieser psychischen Blockade ist die
Angst vor einer Blamage. Blamieren ist jedoch ein sozial induziertes Problem
und resultiert aus den Beobachtungsverhältnissen – genauer aus der Differenz
zwischen Selbstbeschreibung des Vortragenden und Fremdbeschreibung des
Publikums – die vom Vortragenden als eine Beschädigung des eigenen Images
wahrgenommen wird. </span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Erving Goffmann definiert <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Image</i> als den positiven sozialen Wert,
den man sich aufgrund des eigenen Verhaltens erwirbt und von dem andere
annehmen man verfolge ihn (Goffman 1986a). Das Image entsteht in der
Interkation mit anderen und in Abhängigkeit von den Images der anderen
Interaktionspartner. Die Aufrechterhaltung dieses positiven Wertes kann also
nicht vom Träger allein kontrolliert werden, sondern hängt auch vom Verhalten
der anderen Anwesenden ab. Damit ist das Image also nichts a priori Gegebenes
sondern ein Produkt der Interaktion selbst und insofern ein soziales Konstrukt.
In dieser Hinsicht gibt es eine Überschneidung mit dem Begriff der <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Person</i> bei Niklas Luhmann. Person ist
die Form mit der Menschen von sozialen Systemen beobachtet werden. In diesem
Sinne werden auch Personen sozial konstruiert. Personenkonstruktionen sind aber
selbst keine Systeme. Über die Form „Person“ können Menschen thematisiert
werden und sie schränkt Verhaltensmöglichkeiten ein (Luhmann 1991). Menschen
gewinnen nur über die Form „Person“ Relevanz für soziale Systeme. Sie werden in
gewisser Weise für soziale Systeme adressierbar. Deswegen wird die Form
„Person“ auch als <i style="mso-bidi-font-style: normal;">soziale Adresse</i> </span><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">(Fuchs 1997) </span>bezeichnet. Aber auch die Form „Person“ kann von ihrem jeweiligen
Träger nicht kontrolliert werden, sondern ist das Produkt der Selbstbeobachtung
des Trägers und der Fremdbeobachtung der Kommunikationspartner. ebenso wie beim Image ist
man bei der Aufrechterhaltung der sozialen Adresse auf die Kooperation der
beteiligten Kommunikationspartner angewiesen. Deswegen werden die Begriffe Image, Person und soziale Adresse im Folgenden synonym verwendet <a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2012/10/beobachtbarkeit-als-risiko-und-gefahr.html#fn002" id="anker002">[2]</a>. Jeder Mensch benötigt eine soziale
Adresse um an Kommunikation teilnehmen zu können. Damit wird Adressabilität (Fuchs
1997) und Imagepflege (Goffman 1986a) <a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2012/10/beobachtbarkeit-als-risiko-und-gefahr.html#fn003" id="anker003">[3]</a> zu einem sozialen Problem mit
gesamtgesellschaftlicher Reichweite. </span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Um genauer zu beschreiben in
welcher Form Beobachtbarkeit zu einem gesamtgesellschaftlichen Problem werden
kann, soll im Folgenden auf Luhmanns Bestimmung der Begriffe Risiko und Gefahr
zurückgegriffen werden (2005b, S. 140). <span style="mso-spacerun: yes;"></span>Luhmann
bezeichnet mit <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Risiko</i> den Fall in dem
der Verursacher eines Schadens zugleich der Betroffene ist. Für den Betroffenen
stellt der mögliche Schaden ein Risiko dar. <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Gefahr</i>
bezeichnet dagegen den Fall in dem der Verursacher nicht der Betroffene des
Schadens ist. Für den Betroffenen stellt der mögliche Schaden eine Gefahr dar.
Die Unterscheidung von Risiko und Gefahr dient also zur Beobachtung der
Zukunft. Wenn das eigene Image auch von den Kommunikationspartnern abhängig
ist, besteht die Möglichkeit einer Imageverletzung durch die
Kommunikationspartner. Dies kann von grober Beleidigung bis zu subtilen
Taktlosigkeiten reichen. In diesem Fall ist der Verursacher der Imageverletzung
jemand anderes und der Imageträger der Betroffene. Sich an Kommunikation zu
beteiligen und sich damit der Beobachtbarkeit auszusetzen, impliziert damit die
Möglichkeit, dass man Gefahr läuft, dass das eigene Image verletzt wird. Dem
gegenüber gibt es aber auch die Möglichkeit dass man selbst der Verursacher
einer Imageverletzung sein kann. Dazu können Handlungen zählen die dem bisher
verfolgten Image widersprechen und es damit desavouieren. Dazu kann aber auch
die oben beschriebene Vortragsituation zählen, in der ebenfalls das eigene
Verhalten das Image beschädigt. Sich an Kommunikation zu beteiligen und sich
der Beobachtbarkeit auszusetzen, bedeutet also auch, dass man das Risiko einer
Imageverletzung in Kauf nehmen muss. Das Vorangegangene wurde zunächst im
Hinblick auf Interaktionssituationen formuliert und mit Hilfe der Begriffe
Risiko und Gefahr in eine Problembeschreibung gebracht <a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2012/10/beobachtbarkeit-als-risiko-und-gefahr.html#fn004" id="anker004">[4]</a>. </span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Im Anschluss an den <a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2012/10/die-offentlichkeit-der-gesellschaft-das.html">vorherigen
Blog-Beitrag</a>, in dem von der Annahme ausgegangen wurde, dass sich
Kommunikation zwischen Anwesenden und Kommunikation zwischen Abwesenden nur
unter der Bedingung der Beobachtbarkeit vollzieht, stellt Beobachtbarkeit für
die Beteiligten entweder eine Gefahr oder ein Risiko dar. <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Wenn das Internet lediglich die Beobachtungsmöglichkeiten erweitert,
dann erweitert es auch die Gefahren und Risiken für Imageverletzungen.</i> Daran
anschliessend, lässt sich nun die These formulieren, dass <i style="mso-bidi-font-style: normal;">jede technische Innovation des Internets unter dem Gesichtspunkt
diskutiert wird, welche Gefahren und Risiken für die sozialen Adressen von
Menschen bestehen</i> <a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2012/10/beobachtbarkeit-als-risiko-und-gefahr.html#fn005" id="anker005">[5]</a>. Diese These soll an drei Beispielen von bekannten
Internetdiensten plausibilisiert werden: Google Street View, Facebook und
youtube.</span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Das erste Beispiel, das unter
dieser Prämisse betrachtet wird, ist <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Google
Street View</i>. Die Idee von Google Street View besteht darin, dass man die
herkömmlichen Landkarten durch das abfotografierte Gelände ersetzt. Durch die
Kombination der Fotos zu einem einzigen entsteht nicht nur eine Karte, sondern
man bekommt die Möglichkeit am Computer durch das abfotografierte Gelände zu
scrollen. Vereinfacht ausgedrückt, kann man statt vor die Haustür zu gehen nun
auch einen virtuellen Spaziergang unternehmen ohne sich vom Sofa erheben zu
müssen. Das ist praktisch, wenn man sich zum Beispiel vor einer anstehenden
Wohnungsbesichtigung schon mal ein Bild von der Wohngegend machen möchte. </span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Von einem interaktionstheoretisch
orientierten Standpunkt aus, mutete die Diskussion um Google Street View recht
absurd an, da Google Street View nichts Neues möglich machte, sondern nur Altes
in einer technisch neuen Form. Für jeden Passanten ist eine Hausfassade
sichtbar und diese Sichtbarkeit wurde niemals als Problem beobachtet. Dies
geschah erst vor dem Start von Google Street View als über das Fotografieren
von Straßenzügen informiert wurde. Das Abfotografieren wurde als Eingriff in
die Privatsphäre gesehen. Die Skepsis gegenüber Google Street View bezog sich auf die Möglichkeit,
dass durch das Abfotografieren einer Hausfassade und der Zugänglichkeit dieser
Abbildung im Internet Informationen über die Einwohner des abgebildeten Hauses
beobachtbar werden, die das Image der Einwohner beschädigen könnten. Was sich
eigentlich geändert hat, wenn die Hausfassade nicht durch einen Passanten
besichtigt wird sondern fotografiert wird, wurde durch die Protestierenden nie
expliziert. Mit dem Start von Google Street View legte sich die Aufregung
schnell wieder. Ob dies an der Möglichkeit der Verpixelung lag oder sich
einfach der Erkenntnis verdankte, dass mit diesem Onlinedienst nichts
qualitativ Neues eingeführt wurde, kann an dieser Stelle offen gelassen werden.
Bei der Einführung ähnlicher Dienste durch konkurrierende Anbieter blieb
jedenfalls jeglicher Protest aus. </span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Unter der hier angelegten
theoretischen Perspektive ist an der Diskussion um Google Street View
interessant, dass plötzlich etwas als Problem beobachtet wurde, was vorher
selbstverständlich war. Dies konnte vermutlich nur geschehen, weil sofort die
Gefahr der (Fremd-)Beobachtbarkeit gesehen wurde ohne kritisch zu hinterfragen,
dass der Grad an Öffentlichkeit, der hergestellt wurde, sich nicht von dem
unterscheidet, was ohne Google Street View möglich ist. Es scheint sich hierbei
um einen Effekt zu handeln, der eintrat als sich die Aufmerksamkeit auf die
Aufmerksamkeitsfokussierung richtete. Dabei ging es nicht mal um die stattgefundene
Verletzung von konkreten Adressen sondern nur um die Möglichkeit der
Fremdbeobachtung <a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2012/10/beobachtbarkeit-als-risiko-und-gefahr.html#fn006" id="anker006">[6]</a>. </span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Während die Aufregung um Google
Street View aus heutiger Sicht unberechtigt war, kann man dies über das zweite
Beispiel nicht sagen. Die bekannt gewordenen Fälle von Cyber-Mobbing über <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Facebook</i> belegen, dass die Gefahr
durchaus real ist. Im Gegensatz zu Google Street View, dessen Zweck es niemals
war Personen zu beobachten, ist das im Grunde die Idee von Facebook. Schaut man
sich die Geschichte von Facebook an, so ging es aus dem Vorgänger facemash
hervor. Dabei handelte es sich noch nicht um ein soziales Netzwerk, sondern um
eine Plattform zur Bewertung der Attraktivität von Personen. Hier steht schon
klar die Beobachtung im Vordergrund – allerdings die Fremdbeobachtung, die in
diesem Fall sicherlich aufgrund der Imageabwertungen von vielen als Gefahr
gesehen wurde. Mit Facebook wird von Fremdbeobachtung auf Selbstbeobachtung
umgestellt. Nun hat man die Möglichkeit ein Profil anzulegen und selbst zu
gestalten. Man fertigt auf diese Weise eine Beschreibung von sich selbst an.
Zugleich ist dieses Profil eine Art soziale Adresse. Die Besonderheit besteht
darin, dass sie im Gegensatz zu einer Postadresse delokalisert ist und im
Prinzip eine weltweite Erreichbarkeit für registrierte Nutzer von Facebook realisiert.
Das heißt aber auch, dass<span style="mso-spacerun: yes;"> </span>man selbst das
Risiko der Beobachtung eingeht. Dieses Risiko hat auch Facebook erkannt und die
Funktion der Privatsphäre-Einstellungen eingeführt, die es jedem selbst
überlässt in welchem Maße man dieses Risiko eingehen möchte. Konkret kann jeder
Facebook-Nutzer einstellen mit wem er Informationen über sich teilen will.
Nimmt man allerdings die Warnung von Facebook ernst, dass man nur
Freundschaftsanfragen von Personen annehmen soll, die man kennt, würde das im
Prinzip dazu führen, dass auf Facebook lediglich die bestehenden Beziehungen
zwischen Interaktionspartnern abgebildet werden. Im Zuge der Berichterstattung
über </span><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Daten-Lecks und</span> Mobbingfälle via Facebook scheint das Risikobewusstsein zu steigen und die
Nutzer ziehen die Grenzen ihrer Facebook-Privatsphäre schärfer als noch zu
Anfangszeiten von Facebook <a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2012/10/beobachtbarkeit-als-risiko-und-gefahr.html#fn007" id="anker007">[7]</a>. Es ist also zu erwarten, dass
Beobachtungsmöglichkeiten der sozialen Adresse via Facebook wieder
eingeschränkt werden. Man kann dies schon fast als eine Art der Imagepflege via
Facebook bezeichnen. </span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Unter dem Gesichtspunkt der
Imagepflege springt noch eine weitere Funktion ins Auge: der Like-Button. Dieser
ermöglicht es seine geschmacklichen Vorlieben seinen Freunden mitzuteilen:
welche Musik, welche Filme, welche Bücher, welches Essen etc. Die Konstruktion
der eigenen Adresse erfolgt damit nur über positive, bejahende Informationen.
Man kann auf diese Art Überschneidungen in den Interessen mit anderen Freunden
finden und so affektiv besetzte Sinngehalte emotional verstärken – im Idealfall
daran anschließend auch in Face-to-Face-Begegnungen. Facebook lässt jedoch
keine entsprechende Beobachtung über geteilte Abneigungen zu. Möglicherweise
ist das eine Präventivmaßnahme nach den Erfahrungen mit facemash. Was auch
immer dahintersteckt, nach den Erfahrungen mit Shitstorms, also Empörungs- oder
Hasswellen via Internet, bekommt man eine Vorstellung davon, was dadurch
vermieden wird. Neben den Imageverletzungen wird auch gegen die Kommunikation
negativer Gefühle und Ressentimentbildung via Facebook vorgebeugt. Ganz verhindern
kann man derartige Kommunikation zwar nicht, aber Facebook lenkt auf diese
Weise die Aufmerksamkeit seiner Nutzer auf die positiven Seiten des Lebens. </span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Man kann dies als die gute Seite
von Facebook betrachten. Dem gegenüber gibt es noch eine dunkle Seite. Nach wie
vor steht Facebook unter dem Verdacht, dass es Daten über seine Nutzer sammelt
und diese unter Nichtbeachtung datenschutzrechtlicher Bestimmungen kommerziell
verwertet. Unklar ist aber welche Daten Facebook sammelt und wie diese
verwertet werden. Aufgrund unterschiedlicher nationaler Datenschutzrichtlinien
variiert die Sammlung und Verwertung wahrscheinlich schon zwischen einzelnen
Ländern. Welche Konsequenzen das auf einzelne Nutzer hat, ist ebenso unklar. Insofern
lässt sich kaum etwas über diese Gefahr der Fremdbeobachtung sagen. Bekannt ist
nur, dass nicht nur Facebook sondern auch viele Verkaufsportale im Internet die
Nutzungshistorie ihrer Kunden auswertet und aufgrund dessen Kaufempfehlungen
gibt. Bezüglich dieser Form der Kundenbeobachtung wurde die <a href="http://www.zeit.de/2012/27/Mensch-Maschine-Hybridisierung">Befürchtung
geäußert</a>, dass ein Ereignis verhindert wird das Serendipität genannt wird.
Es handelt sich dabei um einen glücklichen Zufall, dass man bei der Suche nach
etwas auf etwas anderes stößt, was man eigentlich nicht gesucht hat. Konkret heißt das, die Verkaufsportale
schlagen Produkte vor, die den Kunden interessieren könnten, auf die er aber
selbst vielleicht nicht stoßen wird. Folgt man dieser Logik, bedeutet das im
Umkehrschluss: Produkte, die den Kunden nicht interessieren, wird er vermutlich
nicht suchen und sie werden den Kunden auch nicht interessieren, wenn sie ihm
vorgeschlagen werden. Der Eindruck ist deswegen, dass diese Algorithmen, mit
denen das Kaufverhalten analysiert wird, Serendipität nicht verhindern sondern
fördern sollen. Wie passgenau bzw. erfolgreich die Vorschläge sind, ist eine
andere Frage.</span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Beobachtet man verschiedene
Plattformen im Internet unter dem Gesichtspunkt, ob diese als Gefahr oder
Risiko beobachtet werden, so zeigte sich, dass Google Street View mehr als
Gefahr wahrgenommen wurde und Facebook sowohl eine Gefahr als auch ein Risiko
darstellt. Das letzte Beispiel ist <i style="mso-bidi-font-style: normal;">youtube</i>.
Aufgrund der schlichten Funktion der Bereitstellung der Möglichkeit
audio-visuellen Content zugänglich zu machen, steht hier offensichtlich das
Risiko im Vordergrund, denn man weiß um die Beobachtbarkeit und nutzt youtube
genau zu diesem Zweck. Die Inhalte reichen von Belanglosem bis politisch
Relevantem. Gerade durch letzteres gerät youtube in Konkurrenz zu den
herkömmlichen Massenmedien. Durch die spezifische Selektivität der Massenmedien
und die Aufbereitung der verbreiteten Informationen geht ein Stück
Authentizität der mitgeteilten Informationen verloren. Die Bereitstellung von
Videomaterial aus erster Hand ohne redaktionelle Aufbereitung lässt die
verbreiteten Informationen authentischer erscheinen. Man wird sehen, ob dies
langfristig ein Wettbewerbsvorteil sein wird oder nicht doch eher ein Nachteil.
Der niedrige Professionalisierungsgrad der meisten Produktionen wirkt zwar
irgendwie authentischer zugleich aber häufig auch recht dilettantisch. So lässt
sich zwar die Faktizität des Gefilmten in den meisten Fällen nicht bestreiten –
im Wissen um die technischen Möglichkeiten der Bildbearbeitung lassen sich Zweifel am Gesehenen aber
nicht völlig ausschliessen. Ohne kommentierende Berichterstattung wäre das
Gesehene für das Publikum nur schwer einzuordnen. Was die Relevanz des
Materials wiederum stark minimiert und im Extremfall nur für die einzuordnen
ist, die bei dem gefilmten Ereignis dabei waren.</span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Unter der hier angelegten
Perspektive ist jedoch ein anderes Phänomen bedeutsamer. Es geht um die
sogenannten youtube-Stars. Personen, denen es aufgrund ihrer über youtube
verbreiteten Videos gelungen ist eine gewisse Berühmtheit zu erlangen.
Inzwischen gibt es sogar Beratungsangebote für Content-Produzenten, wie sie ihr
Publikum weiter erhöhen können um schließlich die erlangte Aufmerksamkeit
kommerziell zu nutzen. Das heißt aber auch stärkere Professionalisierung der
Produktionsmethoden. An diesem Beispiel zeigt sich, dass die Aufmerksamkeit für
Aufmerksamkeit tatsächlich reflexiv geworden ist, denn man beobachtet andere
Produzenten darauf, wie es ihnen gelingt Aufmerksamkeit zu bekommen um dies
auch für die eigenen Angebote zu nutzen. Bei der so erlangten Aufmerksamkeit
geht es nicht darum <i style="mso-bidi-font-style: normal;">wie</i> beobachtet
wird, sondern nur dass beobachtet wird. Dass beobachtet wird, lässt sich an den
Klick-Zahlen ablesen – aber eben nicht wie. Deswegen wird noch nicht von
Beobachtung der Beobachtung gesprochen sondern nur von Aufmerksamkeit für
Aufmerksamkeit. Zwar ist auch das im Vergleich zu den Massenmedien nicht neu.
Neu ist lediglich, dass sich nun auch Amateure auf die Jagd nach Aufmerksamkeit
begeben können und dafür bewusst über youtube die Beobachtbarkeit suchen. Das
Geheimnis wie man Aufmerksamkeit bekommen kann, wird vermutlich noch lange
geheim bleiben. Staunen kann man bis jetzt lediglich darüber womit man alles
Aufmerksamkeit bekommt. Es lässt sich festhalten, dass Beobachtbarkeit mit
youtube gesucht und als Risiko in Kauf genommen wird. Vermutlich liegt darin
auch der Grund, warum youtube weit weniger kritisch gesehen wurde als Google
Street View oder Facebook.</span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Anhand der drei Beispiele Google
Street View, Facebook und youtube konnte gezeigt werden, dass Beobachtbarkeit
sowohl zur Gefahr als auch zum Risiko für die sozialen Adressen von Menschen
werden kann und auch so beobachtet wird. Je nachdem ob die Aufmerksamkeit
gesucht wird oder nicht, wird Beobachtbarkeit zum Risiko oder zur Gefahr. Imagepflege
gibt es jedoch nicht erst seit dem Internet. Beobachtbarkeit war deswegen nicht
erst seit dem Internet Gefahr und Risiko zugleich. Das Internet erweitert
lediglich die Gefahren und Risiken für Imageverletzungen – aber auch die Chancen
für Bestätigung und Aufwertung einer Person. Das ändert sich auch nicht, wenn
man berücksichtigt, dass Personen in verschiedenen sozialen Kontexten immer nur
durch bestimmte funktionsspezifische Merkmale relevant werden und nicht als
„ganzer Mensch“. Die Gefahr wird darin <a href="http://postdramatiker.de/blog/2010/08/19/das-eigentliche-problem-hinter-%E2%80%9Estreetview%E2%80%9C-%E2%80%93-zwischen-privat-und-offentlich-theatrale-socialitat/">gesehen</a>,
dass bestimmte Merkmale bzw. Informationen in einem Kontext die
Anschlussfähigkeit in einem anderen gefährden können. Besonders deutlich wird
die Problematik, wenn man daran denkt, dass Personen ein Doppelleben führen
können ohne dass die jeweiligen Interaktionspartner in einem Leben vom anderen
wissen. Würden sie davon wissen, wäre das Image des Betroffenen ruiniert. Auch
das ist nichts Neues und war schon vor dem Internet möglich. Unter diesem
Gesichtspunkt erweitert das Internet nicht nur die Gefahr der Imagebeschädigung
sondern steigert auch die Möglichkeiten sozialer Kontrolle und bindet die
Träger stärker an ein Image. Das Image ist zwar nicht ausschließlich
selbstbestimmt, aber zu einem hohen Maße und bedeutet daher immer auch
Selbstbindung bzw. Einschränkung der Verhaltensmöglichkeiten. Gerade darin sah
Luhmann die Leistung der Form „Person“, weil sie auch ausschließt, was nicht
zur Person gehört (Luhmann 1991, S. 142). In der modernen, funktional
differenzierten Gesellschaft sind soziale Systeme aufgrund ihrer funktionsspezifischen Fokussierung blind für alles was aus der jeweiligen Systemperpektive keinen Informationswert hat. Das ermöglicht allerdings auch größere Freiheiten – also in verschiedenen
sozialen Kontexten aktiv zu sein, die früher für unvereinbar gehalten wurden.
Dafür wird es allerdings notwendig gegen mögliche das Image beschädigende Fremdbeschreibungen
offensiver vorzugehen. Das bedeutet in erster Linie die Relevanz bestimmter
desavouierender Informationen in Frage zu stellen.<span style="mso-spacerun: yes;"> </span></span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Peter Fuchs hat in seinem
Adressabilitäts-Text (1997) die
Vermutung geäußert, dass sich unter der Bedingung funktionaler Differenzierung
der Gesellschaft das Hobbesche Problem sozialer Ordnung neu stellt. Nach den
vorangegangenen Überlegungen lässt sich genauer beschreiben, was das bedeuten
könnte <a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2012/10/beobachtbarkeit-als-risiko-und-gefahr.html#fn008" id="anker008">[8]</a>. Wenn Imageverletzungen oder Beschädigungen der sozialen Adresse aus
der Differenz zwischen Selbstbeschreibung und Fremdbescheidung entstehen
können, dann wird der Konflikt zwischen Selbstbeobachtung und Fremdbeobachtung
zum <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Kampf um die Deutungshoheit des
Selbst</i>. Das ist der Grund warum prominente Personen und viele
Organisationen heute die Dienste von Public-Relations-Managern in Anspruch
nehmen oder eigene PR-Abteilungen einrichten. Aber auch normale Menschen werden
sich diesem Kampf nicht entziehen können, auch wenn sie dabei nicht auf
professionelle Hilfe zurückgreifen können. Wenn sie sozial relevant – also
anschlussfähig – bleiben wollen, müssen sie sich den Gefahren und Risiken von
Beobachtbarkeit stellen. Aus den Studien Goffmans kann man auch lernen, dass <i style="mso-bidi-font-style: normal;">dieser Kampf unter Anwesenden häufig gar
kein Kampf ist, sondern kooperative Formen annimmt</i>. Gegenwärtig ist es noch
zu früh Aussagen darüber zu treffen, ob sich die Sitten bei der Kommunikation via Internet
verrohen und tatsächlich mehr Richtung Kampf tendieren. Indizien dafür gibt es
einige und es stellt sich die Frage, ob durch die fehlende Anwesenheit der Beteiligten die Hemmungen, die bei Anwesenden aufgrund der Rücksichtnahme auf die Images der anderen Anwesenden besteht, gesenkt werden? Historisch gesehen, befindet sich die Gesellschaft mit dem Internet
aber immer noch in einer Art Experimentierphase und wird noch einige
Lernprozesse durchlaufen müssen bis ein gelassenerer Umgang mit dem Internet
möglich ist als es heute der Fall ist. Es wird also noch eine Weile dauern bis sich zeigt, ob Imagepflege unter
Abwesenden mehr kämpferische oder kooperative Formen annehmen kann <a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2012/10/beobachtbarkeit-als-risiko-und-gefahr.html#fn009" id="anker009">[9]</a>. </span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<br />
<br />
<div style="line-height: 24px;">
<a class="twitter-share-button" count="" data-lang="de" data-url="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2012/10/beobachtbarkeit-als-risiko-und-gefahr.html" data-via="GorgonObserver" href="https://twitter.com/share"><span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif;">Twittern</span></a>
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<br />
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2012/10/beobachtbarkeit-als-risiko-und-gefahr.html#anker001" id="fn001">[1]</a> Es handelt sich hierbei um
einen reflexiven Mechanismus. Vgl. Luhmann 2005a</span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2012/10/beobachtbarkeit-als-risiko-und-gefahr.html#anker002" id="fn002">[2]</a> Damit soll nicht bestritten werden, dass es zwischen dem Image bei Goffman und der Form „Person“ bei Luhmann auch gravierende Unterschiede gibt. Speziell der emotionale Aspekt des Image-Begriffs wird in der Theorie sozialer Systeme nicht abgedeckt.</span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2012/10/beobachtbarkeit-als-risiko-und-gefahr.html#anker003" id="fn003">[3]</a> Adressabilität ist eine
Problemformel bzw. ein Desiderat. Die Notwendigkeit einer sozialen Adresse,
welche sich aus der Funktionsweise von Kommunikation selbst ergibt, wird erkannt
und insofern wird die soziale Adresse für Partizipation an Kommunikation wünschenswert.
Kommunikation stellt zwar auch die Lösung dieses Problems dar, determiniert
aber noch nicht <i style="mso-bidi-font-style: normal;">wie</i> das Problem
gelöst wird. Die von Goffman beschriebenen Techniken der Imagepflege sind
Lösungsstrategien, die das Wie der Lösung spezifizieren.</span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2012/10/beobachtbarkeit-als-risiko-und-gefahr.html#anker004" id="fn004">[4]</a> Dass dieses soziale Problem
zu ernsten psychologischen Problemen führen kann, welches die Betroffenen in
die soziale Isolation<span style="mso-spacerun: yes;"> </span>– also Exklusion –
treiben kann, siehe <a href="http://www.welt.de/gesundheit/psychologie/article109789953/Wenn-die-Angst-vor-der-Blamage-krankhaft-wird.html">hier</a>.</span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2012/10/beobachtbarkeit-als-risiko-und-gefahr.html#anker005" id="fn005">[5]</a> Obwohl sich die Überlegungen
nur um die sozialen Adressen von Menschen drehen, gelten diese zu einem
gewissen Grad auch für die sozialen Adressen von Organisationen.</span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2012/10/beobachtbarkeit-als-risiko-und-gefahr.html#anker006" id="fn006">[6]</a> Dass der vorauseilende
Alarmismus der Street-View-Gegner und deren unkonventionelles
Öffentlichkeitsverständnis diese selbst desavouierte, sei noch am Rande
erwähnt.</span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2012/10/beobachtbarkeit-als-risiko-und-gefahr.html#anker007" id="fn007">[7]</a> Um dem Eindruck vorzubeugen,
hier soll die Schlussfolgerung nahegelegt werden, die Mobbingopfer sind selbst
schuld dass sie gemobbt wurden, weil sie ihre Privatsphäre nicht angemessen
eingestellt haben, sei angemerkt, dass in diesen Fällen wahrscheinlich viel Unerfahrenheit
im Umgang mit sozialen Netzwerken mit im Spiel war und die Sensibilität für die Risiken und Gefahren
von Beobachtbarkeit noch nicht sehr ausgeprägt war. Auffällig ist z. B. dass solche
Fälle überwiegend unter Schülern auftreten. Bedenklich ist in diesem
Zusammenhang, dass es inzwischen sogar spezielle Tratsch-Foren gibt, deren
einziger Zweck in der Bereitstellung der Möglichkeit zur gezielten
Imagebeschädigung zu liegen scheint.</span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2012/10/beobachtbarkeit-als-risiko-und-gefahr.html#anker008" id="fn008">[8]</a> Der von Fuchs beschriebenen
Problemkonstruktion wird an dieser Stelle nicht gefolgt, weil sie das
Bewusstsein marginalisiert und das Soziale hypostasiert (Fuchs 1997, S. 77). Dass hier auf den
Image-Begriff von Goffman rekurriert wird, soll die emotionssoziologischen
Implikationen zumindest andeuten, die mit der systemtheoretischen Terminologie
nicht fassbar sind. </span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2012/10/beobachtbarkeit-als-risiko-und-gefahr.html#anker009" id="fn009">[9]</a> Trollen als
Kommunikationsform, die nur im Internet vorkommt, stellt aus dieser Perspektive
eine kämpferische Form dar, da sie häufig auf Imageverletzungen abzielt. Vermutlich
handelt es sich beim Trollen um eine Form von Charakter-Wettkampf. Siehe für
Charakter-Wettkämpfe Goffman 1986b, S. 259 - 280. </span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><b style="mso-bidi-font-weight: normal;">Literatur</b></span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Fuchs, Peter (1997):
Adressabilität als Grundbegriff der soziologischen Systemtheorie, in: Soziale
Systeme 3, S. 57 – 79</span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Goffman, Erving (1986a):
Techniken der Imagepflege, in ders: Interaktionsrituale. Über Verhalten in
direkter Kommunikation, Frankfurt am Main, S. 10 – 53</span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Goffman, Erving (1986b): Wo was
los ist – wo es <i>action</i> gibt, in ders: Interaktionsrituale. Über Verhalten in
direkter Kommunikation. Frankfurt am Main. S. 164 – 292</span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Luhmann, Niklas (1991): Die Form
„Person“, in ders: Soziologische Aufklärung 6. Die Soziologie und der Mensch,
Wiesbaden 2. Auflage, S. 137 – 148</span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Luhmann, Niklas (2005a):
Reflexive Mechanismen, in ders: Soziologische Aufklärung 1. Aufsätze zur
Theorie sozialer Systeme, Wiesbaden 7. Auflage, S. 116 - 142</span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Luhmann, Niklas (2005b): Risiko
und Gefahr, in ders: Soziologische Aufklärung 5. Konstruktivistische
Perspektiven, Wiesbaden 3. Auflage, S. 126 – 162.</span></div>
</div>
Beobachter der Modernehttp://www.blogger.com/profile/07362668989286039861noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-6126280343808346420.post-86923871397062025152012-10-04T11:04:00.000+02:002016-01-10T11:51:17.757+01:00Die Öffentlichkeit der Gesellschaft & das Internet<!--[if gte mso 9]><xml>
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<br />
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2012/09/politik-meets-big-bang-theory-oder.html">Der
vorangegangene Blog-Beitrag</a> schloss mit der Bemerkung, dass der
Selbstfindungsprozess der Piratenpartei nicht unter Ausschluss der
Öffentlichkeit gelingen kann. Dabei wurde der Begriff Öffentlichkeit zunächst
unhinterfragt im normalen Alltagsverständnis benutzt. Mit dem Aufkommen des
Internets wurden der Begriff <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Öffentlichkeit</i>
und der Gegenbegriff <i style="mso-bidi-font-style: normal;">Privatheit</i>
zunehmend fragwürdiger. Das althergebrachte Verständnis, dass Öffentlichkeit
vor der eigenen Haustür beginnt, wird dadurch konterkariert, dass Personen heute
ihr Privatleben im Internet zugänglich machen und ihre intimsten Details –
zumindest im Prinzip – mit einem Millionenpublikum teilen können oder dass über soziale Netzwerke persönliche Daten frei zirkulieren und für jeden zugänglich sind. Das Private
wird öffentlich, egal ob freiwillig oder unfreiwillig. Eine klare Grenze lässt sich heute nicht mehr ziehen, wenn die
Öffentlichkeit aufgrund der neuen technischen Möglichkeiten nicht mehr an der Haustür endet. Vielmehr fragt man sich, was
Privatsphäre im Internetzeitalter noch bedeuten kann. Das Skandalöse des
Internets ist, dass es radikal die bisherigen Vorstellungen davon, was
öffentlich und privat ist, in Frage stellt und scheinbar mit unseren alten Gewohnheiten
der Darstellung im öffentlichen Raum bricht.</span><br />
<a name='more'></a><br />
<br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Für den soziologisch geschulten
Beobachter ist dieser Bruch allerdings nicht ganz so radikal wie er sich im
Alltagsverständnis anfühlt. Speziell wenn man mit den mikrosoziologischen Studien von
Erving Goffman vertraut ist (1974; 2002), sieht man mehr Kontinuität als man vielleicht vermuten könnte. Goffman interessierte sich besonders für die
Darstellung von Individuen im öffentlichen Raum – das zu einer Zeit als an das
Internet, wenn überhaupt, nur ansatzweise zu denken war. <span style="mso-spacerun: yes;"> </span>Der öffentliche Raum begann im damaligen
Verständnis tatsächlich noch vor der eigenen Haustür. Goffmans Aufmerksamkeit
bei seinen Untersuchungen lag auf der Sichtbarkeit der Menschen im öffentlichen
Raum und wie Menschen im Bewusstsein über diese Sichtbarkeit sich verhalten. Mit präzisem Blick arbeitet Goffman heraus, dass schon damals die Menschen
teilweise sehr penibel darauf achteten, wie sie in der Öffentlichkeit in
Erscheinung treten, d. h. welche Informationen Menschen über sich selbst in der
Öffentlichkeit preisgeben und welche nicht. Im Mittelpunkt der Achtsamkeit für
das eigene Auftreten stand dabei, welches Bild sie gegenüber ihren Mitmenschen
abgeben. </span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Im Bewusstsein der eigenen
Sichtbarkeit bzw. Wahrnehmbarkeit durch Interaktionspartner versuchen Menschen
ein bestimmtes, sozial akzeptables Image zu kreieren. Der zentrale Aspekt ist
die besagte <i>gegenseitige Wahrnehmbarkeit der Interaktionspartner</i> und dass sich
<i>die Interaktionspartner über die eigene Wahrnehmbarkeit durch andere bewusst
sind</i>. Dieser Aspekt der Wahrnehmung des Wahrgenommen-Werdens unterläuft aber
bei genauerer Betrachtung bereits das alte Öffentlichkeitsverständnis, denn
sobald man in der Beobachtung darauf abstellt, überschreitet man bereits die Grenzen zwischen privat und öffentlich. Wenn das Wahrnehmen des Wahrgenommen-Werdens das
Hauptmerkmal der Interaktion unter Anwesenden ist, dann lässt sich das auf jede
Interaktionssituation ausweiten. Man bleibt also bereits aus dieser Perspektive
nicht mehr vor der Haustür stehen, sondern es kommen auch
Interaktionssituationen in den Blick die man herkömmlich als privat bezeichnet.
Unter Anwesenden kann man Sichtbarkeit nicht vermeiden. Mit dieser
interaktionstheoretischen Perspektive wurde zumindest analytisch der Unterschied von
privat und öffentlich lange vor der Entstehung des Internets verwischt.</span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Die Frage ist nun: was hat sich
mit dem Internet verändert? Im Grunde genommen nicht viel. Das Internet als
<i>technologische Infrastruktur</i> zur Verbreitung von Informationen und Ermöglichung
der Kommunikation unter Abwesenden hat lediglich das Sichtfeld erweitert. Dies
wird verständlicher, wenn man zu einer abstrakteren Begrifflichkeit wechselt.
Niklas Luhmann hat mit seiner Theorie sozialer Systeme einen Begriffsapparat zu
Verfügung gestellt, der es ermöglicht Aspekte der modernen Gesellschaft tiefenschärfer
zu beschreiben. Die Theorie sozialer Systeme fasst <i>Gesellschaft als die
Gesamtheit der stattfindenden Kommunikationen</i> auf. Kommunikation ist dabei
alles das, was <i>zwischen</i> Menschen abläuft. Menschen selbst sind aber nicht Teil
dieses Kommunikationssystems, sondern gehören zur Umwelt des Systems. Außerhalb der Gesellschaft, also in der Umwelt, gibt es keine weiteren Kommunikationssysteme. Jede
Kommunikation ist eine Operation des Unterscheidens und Bezeichnens (vgl. Luhmann 1997, Spencer Brown 1997). Diese
Operation wird auch <i>Beobachtung</i> genannt. Durch Bezeichnung wird etwas für das
System als <i>relevant</i> markiert, ergibt aber seinen Sinn nur in der Relation zu
anderen nachfolgenden Ereignissen. Anders ausgedrückt wird eine
Beobachtungsoperation erst dann zur Kommunikation, wenn eine weitere
Beobachtungsoperation daran anschließt. Überträgt man diesen Gedanken wieder
auf eine Interaktionssituation so sind die einzelnen Beiträge der Anwesenden Operationen
eines Kommunikationssystems <a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2012/10/die-offentlichkeit-der-gesellschaft-das.html#fn001" id="anker001">[1]</a>. </span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Neben Gesellschaft ist
<i>Interaktion</i>, verstanden als <i>Kommunikation unter Anwesenden</i>, eine Ebene der
Systembildung <a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2012/10/die-offentlichkeit-der-gesellschaft-das.html#fn002" id="anker002">[2]</a>. Die Grenze eines Interaktionssystems konstituiert sich an
der Differenz von anwesend/abwesend. Kommunikation findet also unter der
Bedingung der Wahrnehmung des Wahrnehmens der Anwesenden statt. Menschen
gehören unmittelbar zu den externen Funktionsbedingungen eines jeden sozialen
Systems. Bei Interaktionssystemen werden sie aber durch die Inanspruchnahme der
menschlichen Wahrnehmungen für das Funktionieren in besonderer Weise benötigt.
Das ändert sich bei der <i>Kommunikation unter Abwesenden</i>. Diese
Kommunikationsmöglichkeit gab es auch schon lange vor Entstehung des Internets.
Briefe schreiben kann man schon seit einigen Jahrhunderten, Telefonieren kann
man seit 136 Jahren. Die Besonderheit der Kommunikation unter Abwesenden
besteht eben darin, dass <i>die Wahrnehmung des Wahrgenommen-Werdens wegfällt</i>.
Vereinfacht ausgedrückt, man sieht seinen Kommunikationspartner nicht mehr. Es
werden nur noch bestimmte Sinne für Kommunikation in Anspruch genommen.
Beim Telefonieren benötigt man z. B. nur das Gehör. Bei einem Briefwechsel werden die Zeitpunkte für weitere Anschlüsse auseinander gezogen und müssen nicht mehr unmittelbar erfolgen. Man ist dadurch gezwungen aus dem Geschriebenen zu erschließen, was der Absender gemeint haben
könnte. Schon beim Briefwechsel fällt Wahrnehmung als direkte Stütze des Kommunikationsprozesses weg. Stattdessen wird auf Beobachtung im oben beschriebenen Sinne umgestellt - genauer auf <i>Beobachtung von Beobachtern</i>, denn es geht darum zu erschließen, was andere wie beobachten, um einen Anschluss zu finden. In der Möglichkeit mit Abwesenden zu kommunizieren, kann also nicht die große Veränderung des Internets gesehen
werden, denn auch vor dem Internet konnte man kommunizieren ohne anwesend zu
sein. </span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Die wesentliche <i>Neuerung des
Internets</i> besteht lediglich darin, dass es die Möglichkeiten der Kommunikation
unter Abwesenden in einem bisher nicht gekannten Ausmaß erweitert. Dies sowohl
im Hinblick auf Interaktionsmöglichkeiten mit Abwesenden, also Kommunikation per
E-Mail oder im Chat, als auch im Hinblick auf die klassische massenmediale
Verbreitung von Informationen. Mit letzterem sind nicht nur Online-Versionen
von Printmedien gemeint, sondern auch Plattformen wie youtube. Alle bisherigen
technischen Möglichkeiten für Kommunikation konvergieren in der
Internettechnologie und das bedeutet in der Konsequenz eine ungeheure <i>Erweiterung der Beobachtungsmöglichkeiten</i> <a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2012/10/die-offentlichkeit-der-gesellschaft-das.html#fn003" id="anker003">[3]</a>. Es muss aber betont werden, dass
das Internet selbst kein System ist. Es bildet lediglich die technische
Infrastruktur für Informationsflüsse. Deswegen wird es auch als
<i>Verbreitungsmedium</i> bezeichnet. Erweiterung der Beobachtungsmöglichkeiten meint
im hier interessierenden Zusammenhang die technischen Möglichkeiten der
Beobachtung von Beobachtern.</span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Die Konsequenzen dieser <i>technischen
Entwicklung</i> werden deutlich, wenn man sich anschaut, welche Auswirkungen diese
auf der Ebene des kommunizierten Sinns haben. Dabei kommt eine
<i>gesellschaftsstrukturelle Entwicklung</i> in den Blick die ebenfalls lange vor der Entstehung
des Internets begonnen hat. Von <i style="mso-bidi-font-style: normal;">der</i>
Öffentlichkeit im Singular kann man heute kaum noch sprechen. Die eine
Öffentlichkeit um deren Zentrum sich quasi die Gesellschaft scharrte, hat es –
wenn überhaupt – nur annährungsweise gegeben. Vielmehr gibt es schon sehr lange
verschiedene Öffentlichkeiten: den Markt zur Beobachtung der Preise, die
politische Öffentlichkeit zur Beobachtung der politischen Konkurrenten und der
Beobachtung dieser durch das Publikum der Bürger. Dieses Bild wird noch gesteigert, wenn man berücksichtigt, dass die moderne Gesellschaft <i>funktional
differenziert</i> ist. D. h. das Gesellschaftssystem hat in sich selbst
verschiedene Subsysteme gebildet, die jeweils eine bestimmte Funktion für die
Gesellschaft erfüllen. Keines dieser Funktionssysteme kann jedoch eine Art
Führungsrolle für sich in Anspruch nehmen, denn kein Funktionssystem ist durch
ein anderes ersetzbar. So haben sich neben den Funktionssystemen Wirtschaft und
Politik auch Recht, Wissenschaft, Religion, Kunst, Liebe, Erziehung und - nicht zu vergessen - Massenmedien
ausdifferenziert </span><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">(Luhmann 1982; 1988; 1990; 1993, 1995, 2000a; 2000b; 2002; 2004)</span></span></span></span>. Jedes dieser Funktionssysteme bildet auch eine eigene
Öffentlichkeit aus. Die Öffentlichkeit der Gesellschaft hat sich im Zuge dessen
<i>in eine Vielzahl von Spezialöffentlichkeiten fragmentiert</i> <a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2012/10/die-offentlichkeit-der-gesellschaft-das.html#fn004" id="anker004">[4]</a>.<span style="mso-spacerun: yes;"> </span>Die Themen, über die öffentlich
diskutiert wird, haben sich in einem unüberschaubaren Ausmaß diversifiziert. In
der Folge wird man mit einer Vielzahl an Wissen, Meinungen, Überzeugungen,
Lebensstilen konfrontiert, die von den/dem Eigenen abweichen. Unhinterfragte
Selbstverständlichkeiten werden durch die Konfrontation mit dem Anderen in
Frage gestellt – mehr noch, man selbst als Person wird in Frage gestellt. Das
was bisher als notwendig oder zwingend betrachtet wurde, wird plötzlich
beliebig. Dies wird auch <i>Kontingenzerfahrung</i> genannt und ist typisch eine
Erfahrung, die erst in der Moderne gemacht werden kann. Diese Erfahrung konnte
man zwar auch schon machen oder zumindest erahnen, wenn man das alte
Verständnis von Öffentlichkeit zugrunde legt. Aber erst durch das Internet
werden Kontingenzerfahrungen in ungeahntem Ausmaß forciert.<span style="mso-spacerun: yes;"> </span></span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Beide Seiten der Medaille – die Technologische
auf der einen, die Soziale auf der anderen – ergeben zusammen eine paradoxe
Situation. Technisch haben sich die Möglichkeiten der Beobachtung von
Beobachtern immens erweitert. In gewissem Sinne kann man von einem <i>Mehr an
Öffentlichkeit</i> sprechen. Sozial dagegen hat eine Fragmentierung stattgefunden.
Es gibt immer mehr Spezialöffentlichkeiten, die sich immer nur an ein relativ
kleines Publikum richten. Mit
steigender Anzahl an Öffentlichkeiten verringert sich zugleich das potentielle
Publikum für jede einzelne dieser Öffentlichkeiten. </span><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Hinzu kommt, dass es durch funktionale Differenzierung
kaum noch Themen gibt, die von gesamtgesellschaftlicher Relevanz sind und entsprechend viel Aufmerksamkeit auf sich ziehen könnten. </span>In diesem Sinne kann von
einem <i>Weniger an Öffentlichkeit</i> gesprochen werden. Im Ergebnis gibt es heute
eine große, kommunikative Freiheit. Diese zeigt sich in dem großen Angebot an
Lebensstilentwürfen die die Gesellschaft heute bereit hält und über die man
sich unter anderem auch im Internet informieren kann. Vor allem Personen, kleine Gruppen oder Gemeinschaften können sich nun relativ zwanglos selbst
verwirklichen. Die große Anzahl an Spezialöffentlichkeiten verhindert aber
zugleich, dass einzelne Ereignisse auf die Gesellschaft als Ganzes durchschlagen.
Gesellschaft meint hier zuerst Weltgesellschaft. Weltgesellschaftlich gesehen ist
es so gut wie ausgeschlossen, dass einzelne kommunikative Ereignisse eine durchschlagende
Wirkung haben. Hinsichtlich einzelner Staaten kann dies sicherlich nicht völlig
ausgeschlossen werden, aber die Erfolgsbedingungen dafür werden durch die
Fragmentierung in Spezialöffentlichkeiten minimiert. Insofern erscheint es z.
B. sehr unwahrscheinlich, dass eine über Facebook organisierte Revolution
gelingen kann. In Post-Industrienationen mit einem hohen Grad an funktionaler Differenzierung sind die Chancen vermutlich wesentlich geringer als in
prä-industriellen Schwellenländern mit einem relativ geringen Grad an
funktionaler Differenzierung. Während in Ägypten sich noch Massen via Internet
mobilisieren lassen, deren Protest Auswirkungen auf das nationalstaatliche
Gefüge haben, kommt man in westlichen Post-Industriestaaten nicht über einen
Flashmob hinaus. Im schlimmsten Falle gerät eine Facebook-Party außer
Kontrolle. Beide Ereignisse entfalten aber kaum mehr als eine lokale
Wirkung.</span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Es lässt sich festhalten, dass
das Internet weder in der technologischen noch der gesellschaftsstrukturellen
Entwicklung eine neue Epoche eingeleitet hat. <i>Technologisch und
gesellschaftsstrukturell verstärkt das Internet lediglich Entwicklungen, die
lange vor der Entstehung des Internets begonnen haben</i>. Es wirkt wie eine Art Katalysator. Die Erweiterung der Beobachtungsmöglichkeiten flutet die Gesellschaft mit einem hohen Ausmaß an Kontingenz und erzeugt so ein entsprechend großes, kommunikatives Rauschen, das nur mit Ordnungssystemen bewältigt werden kann, die in der Lage sind eine hohe Trennschärfe in der Informationsverarbeitung sicherzustellen. Es geht, mit anderen Worten, um das <i>Wie</i> der Komplexitätsreduktion. Und es scheint, dass die Gesellschaft mit funktionaler Differenzierung bereits einen Modus gefunden hat, mit dem diese Informationsflut bewältigt werden kann. </span><br />
<br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Doch liegen in der Entstehung des Internets sowohl Chancen als auch Risiken. Die Erweiterung der
Beobachtungsmöglichkeiten kann eine emanzipatorische Wirkung haben eben dadurch, dass es den Zugang zu kontingentem Wissen ermöglicht. Auf der
anderen Seite kann Beobachtbarkeit aber auch mehr soziale Kontrolle mit sich
bringen. Man kann also seine größten Hoffnungen und seine schlimmsten
Befürchtungen hinsichtlich des Internets gleichermaßen bestätigt sehen. Sofern
man eine Hoffnung mit dem Internet verbinden möchte, dann wäre es wohl die, dass
durch das Internet die funktional differenzierte Struktur der modernen
Gesellschaft deutlicher vor Augen geführt wird. Dazu ist jedoch zunächst ein stärkeres Bewusstsein für
Beobachtbarkeit als Funktionsbedingung für Kommunikation und die damit
verbundenen positiven und negativen Konsequenzen von Nöten - oder <i>mehr Aufmerksamkeit für Aufmerksamkeit</i>. Wer an Kommunikation teilnehmen will,
muss beobachtbar sein und mit Aufmerksamkeit rechnen <a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2012/10/die-offentlichkeit-der-gesellschaft-das.html#fn005" id="anker005">[5]</a>. </span><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Auch das ist nichts Neues,
wird aber oft vergessen, weil man glaubt sich aussuchen zu können, wann man im Zentrum der Aufmerksamkeit steht. Durch das Internet wird aber nochmal deutlich vor Augen geführt, dass dem nicht so ist, und</span>
man kann lernen mit dieser Tatsache gelassener umzugehen. Jetzt geht es bloß nicht mehr um Wahrnehmung des Wahrgenommen-Werdens sondern um Beobachtung von Beobachtern. In diesem Sinne zwingt das Internet dazu <i>sich mit alten Selbstverständlichkeiten neu vertraut zu machen</i>. Über mögliche Lösungen dieses Problems wird man sich
dann auch im Internet informieren können. Die Differenz von öffentlich/privat wird dabei vermutlich eine nachrangige Rolle spielen. Was man gewinnt, wenn man seine Perspektive von Öffentlichkeit auf Beobachtbarkeit umstellt, konnte an dieser Stelle nur angedeutet werden.</span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<br />
<span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif;"><br /></span>
<a class="twitter-share-button" count="" data-lang="de" data-url="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2012/10/die-offentlichkeit-der-gesellschaft-das.html" data-via="GorgonObserver" href="https://twitter.com/share"><span style="font-family: Arial, Helvetica, sans-serif;">Twittern</span></a>
<script>!function(d,s,id){var js,fjs=d.getElementsByTagName(s)[0],p=/^http:/.test(d.location)?'http':'https';if(!d.getElementById(id)){js=d.createElement(s);js.id=id;js.src=p+'://platform.twitter.com/widgets.js';fjs.parentNode.insertBefore(js,fjs);}}(document, 'script', 'twitter-wjs');</script>
<br />
<br />
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
</div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2012/10/die-offentlichkeit-der-gesellschaft-das.html#anker001" id="fn001">[1]</a> Dies ist eine vereinfachte Darstellung. Die einzelnen Beiträge der Anwesenden lassen sich auch unterscheidungslogisch analysieren. An dieser Stelle interessieren jedoch nicht die unterscheidungslogischen Implikationen des Beobachtungsbegriffs, sondern die Funktion der Aufmerksamkeitsffokussierung durch unterscheidendes Bezeichnen. Das leisten auch die einzelnen Beiträge der Anwesenden. </span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2012/10/die-offentlichkeit-der-gesellschaft-das.html#anker002" id="fn002">[2]</a> Luhmann unterscheidet
insgesamt drei Ebenen der Systembildung: Interaktion, Organisation und
Gesellschaft. Siehe Luhmann 1975. <span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"></span></span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2012/10/die-offentlichkeit-der-gesellschaft-das.html#anker003" id="fn003">[3]</a> Damit sind nicht die Möglichkeiten zur Überwachung à la Big Brother
gemeint, sondern nur die Möglichkeiten zu Kommunizieren. </span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2012/10/die-offentlichkeit-der-gesellschaft-das.html#anker004" id="fn004">[4]</a> In einem genauen systemtheoretischen Sinne handelt es sich bei der Fragmentierung der Öffentlichkeit um Differenzierung. Differenzierung bezeichnet den Vorgang der Systembildung in einem System. Öffentlichkeit bezeichnet das, was man in einer systemtheoretischen Terminologie systeminterne Umwelt nennt. Mit der Differenzierung von Systemen differenziert sich zugleich eine systeminterne Umwelt aus. Ausdifferenzierung von Öffentlichkeiten ist somit die Kehrseite der Ausdifferenzierung von Systemen.</span><br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2012/10/die-offentlichkeit-der-gesellschaft-das.html#anker005" id="fn005">[5]</a> Die Bemerkung im <a href="http://beobachter-der-moderne.blogspot.com/2012/09/politik-meets-big-bang-theory-oder.html">vorherigen Beitrag</a>, dass es der Piratenpartei nicht unter Ausschluss der Öffentlichkeit gelingen wird zu sich selbst zu finden, wurde mit Blick auf diesen Umstand formuliert.</span><br />
<br />
<br />
<b><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Literatur</span></b><br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><i>Goffman, Erving</i> (1974):
Das Individuum im öffentlichen Austausch. Mikrostudien zur öffentlichen
Ordnung, Frankfurt am Main</span></span><br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><i>Goffman, Erving</i> (2006): Wir alle spielen Theater, München 4.
Auflage</span></span><br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><i>L</i><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><i>uhmann, Niklas</i> (1975): Interaktion, Organisation,
Gesellschaft, in ders.: Soziologische Aufklärung 2. Aufsätze zur Theorie der Gesellschaft, Wiesbaden 5.
Auflage, <span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">S. 9 – 24</span></span></span></span><br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><i>Luhmann, Niklas</i> (1982): Liebe als Passion. Zur Codierung von Intimität, Frankfurt am Main</span></span></span></span></span><br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><i>Luhmann, Niklas</i>
(1988): Die Wirtschaft der Gesellschaft, Frankfurt am Main</span></span></span></span><br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><i>Luhmann, Niklas</i> (1990): Die Wissenschaft der
Gesellschaft, Frankfurt am Main</span></span></span></span></span><br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><i>Luhmann, Niklas</i> (1993): Das Recht der
Gesellschaft, Frankfurt am Main</span></span></span></span></span><br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><i>L</i><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><i>uhmann, Niklas</i> (1995): Die Kunst der Gesellschaft, Frankfurt am Main</span></span></span></span></span></span><br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><i>Luhmann, Niklas</i> (1997): Die Gesellschaft der
Gesellschaft, Frankfurt am Main</span></span></span><br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><i>Luhmann, Niklas</i> (2000a): Die Religion der Gesellschaft,
Frankfurt am Main</span></span></span></span><br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><i>Luhmann, Niklas</i> (2000b): Die
Politik der Gesellschaft, Frankfurt am Main</span></span></span></span><br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><i>Luhmann, Niklas</i> (2002): Das Erziehungssystem der Gesellschaft, Frankfurt am Main</span></span></span></span></span><br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><i>Luhmann, Niklas</i> (2004): Die Realität der Massenmedien, Wiesbaden 3. Auflage</span></span></span></span></span></span><br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><i>Spencer Brown, George</i> (1997): Laws Of Form.
Gesetze der Form, Lübeck</span></span></span></span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">
</span></div>
Beobachter der Modernehttp://www.blogger.com/profile/07362668989286039861noreply@blogger.com1tag:blogger.com,1999:blog-6126280343808346420.post-4741974623397980262012-09-24T20:37:00.000+02:002014-06-10T18:45:18.033+02:00Politik meets The Big Bang Theory oder Warum die Piratenpartei nicht politikfähig ist<!--[if gte mso 9]><xml>
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</xml><![endif]--><br />
<br />
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Die nationalstaatlichen politischen Systeme der
westlichen Hemisphäre sind demokratisch organisiert. Die Einführung der
Demokratie ist die große Errungenschaft der Moderne, denn sie
ermöglicht einen gewaltlosen Wechsel der politischen Führung. Zu den
Funktionsbedingungen der Demokratie gehört der Wettstreit der verschiedenen Parteiprogramme
in der politischen Öffentlichkeit. Die Öffentlichkeit des politischen Systems ist im Vergleich zum Wirtschaftssystem das funktionale Äquivalent zum Markt. Sie ermöglicht,
dass sich die politischen Kontrahenten und das Publikum gegenseitig
beobachten können. Während das Publikum der potentiellen Wähler bis auf die
regelmäßig stattfindenden Wahlen passiv bleibt, sind die politischen
Kontrahenten zur Aktivität verdammt, denn
sie müssen ständig um die Legitimität und Akzeptanz ihrer politischen Programme
kämpfen. Im Prinzip kann jedes Thema Gegenstand politischer Beobachtung werden.
Faktisch hat das politische System eine Eigenselektivität entwickelt, die es
nicht mehr möglich macht jedes erdenkliche Thema zu politisieren. Inzwischen
gibt es thematische Evergreens, die sich scheinbar niemals verbrauchen, z. B.
soziale Ungleichheit. Es kommen aber auch gelegentlich neue Themen hinzu. In
der Art und Weise wie neue Themen in die politische Öffentlichkeit gelangen
und dort von den Parteien aufgenommen werden, lassen sich grob zwei Formen
unterscheiden.</span><br />
<a name='more'></a><br />
</div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Zum Einen gibt es <i style="mso-bidi-font-style: normal;">die zentripetale Form</i>. Die politische
Öffentlichkeit wird im Wesentlichen von zwei Parteien bestimmt und beiden
gelingt es eine parteispezifische Perspektive auf das Thema zu
entwickeln und in das eigene Parteiprogramm zu integrieren. Beide Seiten können
so politisches Profil gewinnen und Wähler binden. Außerdem erleichtert es die Koalitionsbildung und sichert die Regierungsfähigkeit. Diese Form kann man z. B. in
den USA beobachten. Zum Anderen gibt es <i style="mso-bidi-font-style: normal;">die
zentrifugale Form</i>. Zwar gibt es auch hier zwei große (Volks-)Parteien, die
sich um die „großen“ politischen Themen kümmern. Daneben bildet sich aber mit
jedem neu dazu kommenden Thema eine Spezialisten-Partei, die sich nun um
dieses neue Thema kümmert und daran politisches Profil gewinnt. Charakteristisch daran
ist, das die großen Parteien sich nicht der Themen der kleinen Parteien annehmen
und umgekehrt. Dies entlastet zwar die einzelnen Partien von dem Druck sich um
alle politisch relevanten Themen kümmern zu müssen und in Konkurrenz
miteinander zu treten. Andererseits trägt dieser Umgang mit neuen Themen
maßgeblich zur Fragmentierung der politischen Milieus und Wählergruppen bei. Die Beschaffung von politischen Mehrheiten für eine stabile Regierung wird immer schwieriger. Obwohl
sich in jüngster Zeit neue Entwicklungen beobachten lassen, ist Deutschland
immer noch ein gutes Beispiel für diese Form der Themenabsorption. Um ökologische
Themen kümmern sich die Grünen, um die soziale Frage kümmert sich Die Linke und
seit Neuestem kümmert sich die Piratenpartei um das Thema Internet. </span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Die Entstehung der Piratenpartei knüpft einerseits an der alten Tradition, Spezialparteien für neue Themen zu
bilden, an. Andererseits stellen sie aber auch einen Bruch mit der Tradition dar.
Sicherlich lässt sich nicht bestreiten, dass Internetthemen ein gewisses
Mobilisierungspotential besitzen wenn die Grundrechte der Bürger – z. B.
Meinungsfreiheit oder Eigentum – tangiert werden. Das Problem der Piraten ist
jedoch, dass es ihnen nicht gelingt diese Themen, für die sie mehr Kompetenz
und Deutungshoheit beanspruchen als andere Parteien, in der Öffentlichkeit so
darzustellen, dass sie sich als ernst zu nehmende politische Partei profilieren
können. Stattdessen fallen die Piraten noch stärker als Die Linke durch
intensive Beschäftigung mit sich selbst auf. Während Die Linke aufgrund des
hohen Dissenspotentials ihres Hauptthemas um innere Einheit bemüht ist, haben
die Piraten ein Problem damit überhaupt<span style="mso-spacerun: yes;"> </span>eine Idee davon zu gewinnen, was Politik ist und wie sie als politischer
Akteur in Erscheinung treten können. In der politischen Landschaft stellt dies ein Novum dar.</span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Auffällig ist z. B. die
Öffentlichkeitsscheue der Piraten. Dies ist umso verwunderlicher, wenn man
bedenkt, dass es ein Erfordernis des politischen Systems ist als Partei öffentlich
um die Gunst der Wähler zu kämpfen. Ebenso auffällig ist die Abwehr einer
Professionalisierung der Parteivertreter und einer geradezu anti-ritualistischen
Haltung gegenüber den etablierten Verfahren der repräsentativen Demokratie, die
aus einem latent egalitärem und radikal basisdemokratischen Gesellschafts- und
Politikverständnis resultiert. Die Piraten haben
bisher nicht hinterfragt inwieweit die Ansprüche, die die Piraten an ihre
innerparteilichen Verfahren der Entscheidungsfindung stellen mit den
etablierten Verfahren des politischen Systems zu vereinbaren sind. Dies alles
sind jedoch nur Symptome, die auf das Fehlen einer Vorstellung davon zurück zu
führen sind was Politik eigentlich ist. Anders lässt sich die Verweigerung sich
auf die Spielregeln der Politik einzulassen nicht erklären. Wenn Politik die Bereitstellung
der Kapazität zu kollektiv bindenden Entscheidungen ist (Luhmann 2002), dann fällt an den
Piraten auf, dass ihnen dies nicht mal im innerparteilichen Rahmen gelingt. Vielmehr
stehen sie inzwischen für chronische Bindungsunfähigkeit. Die Lösung des drängendsten
Problems der Partei – nämlich ihre Selbstfindung, also der Entwurf einer intern
wie extern anschlussfähigen Selbstbeschreibung – wird immer weiter
prokrastiniert. </span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Exemplarisch für die eigene Fehl-Verortung
der Partei ist auch ein <a href="http://www.welt.de/kultur/article109382939/Der-Pirat-mit-dem-Hammer-sieht-den-Weltuntergang.html?fb_action_ids=387048994700442%2C386460761425932&fb_action_types=og.recommends&fb_source=other_multiline&action_object_map=%7b%22387048994700442%22%3A142109285935522%2C%22386460761425932%22%3A407022589353300%7d&action_type_map=%7b%22387048994700442%22%3A%22og.recommends%22%2C%22386460761425932%22%3A%22og.recommends%22%7d&action_ref_map=%5b%5d">Portrait
von Christoph Lauer auf welt.de</a>. Dieses Politiker-Portrait ist vor allem
deswegen so interessant, weil Politik darin nicht vorkommt. Man sollte
annehmen, dass ein Politiker die Gelegenheit nutzt neben der Möglichkeit sich
als Menschen darzustellen auch über politische Inhalte zu reden um sein
politisches Profil zu schärfen. Aber genau das tut er nicht. Das einzige was
sich überhaupt in irgendeiner Weise als politisch relevantes Thema identifizieren lässt,
ist das Schwadronieren über eine <a href="http://de.wikipedia.org/wiki/Dyson-Sph%C3%A4re">Dyson-Sphäre</a> zur
Lösung der ökologischen Probleme der Erde. Eine Dyson-Sphäre ist im Prinzip
eine künstliche Hülle um einen Stern, die auch noch die Umlaufbahnen mehrerer Planeten mit
einschließt. Zweck dieser Konstruktion ist die Energie der Sonne effektiver zu
nutzen.<span style="font-size: small;"> </span></span><span style="mso-bidi-font-family: Calibri; mso-bidi-theme-font: minor-latin;"><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span style="font-size: small;"><span style="line-height: 115%;">Lauer ist der Meinung, dass die Menschheit in ca.
1000 Jahren eine Dyson-Sphäre benötigt.</span> </span>Man darf aber auch ernsthafte Zweifel
daran haben, ob die Menschheit in 1000 Jahren über die Technologie, die
Ressourcen und die Logistik verfügt, die nötig sind um eine Dyson-Sphäre zu bauen.
Es handelt sich also um pure Science Fiction und ein unrealisierbares
Weltrettungsprojekt. Politisch relevant wird dies insofern als die Dyson-Sphäre auch
als eine Art Utopia interpretieren werde kann. Lauer lässt das zwar auf der einen
Seite geradezu visionär aussehen, weil es eine unglaubliche Weitsicht und
Umweltbewusstsein demonstriert. Andererseits ist diese Idee für die
Tagespolitik völlig irrelevant, da niemand ernsthaft erwartet, dass diese Idee
in eine politische Agenda überführt wird. Lauer scheint diese Irrelevanz nicht zu registrieren. Aber dass man sich lieber mit dem Bauen von Luftschlössern beschäftigt als sich aktuellen Problemen zu widmen, ist keine Neuheit mehr. Inzwischen lässt sich daraus bloß kein politisches Kapital mehr schlagen.</span></span></div>
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">
</span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Das Lauer-Portrait steht durch
diesen eigentümlichen a-politischen Charakter symptomatisch für die gesamte Partei. Verständlicher wird dies, wenn man einen weiteren Aspekt berücksichtigt. Den Piraten hängt ja auch das Image
an eine Partei der Nerds zu sein. Durch das Portrait bekommt man eine Vorstellung
davon, welche politischen Visionen ein durch Star Trek und Star Wars sozialisierter Geek entwickeln kann. Wenn <a href="http://www.imdb.de/title/tt0898266/">The
Big Bang Theory</a> auf Politik trifft, kommt <i>das</i> dabei raus. Man kann dem
sicherlich einen gewissen Unterhaltungswert zubilligen. Es ist jedoch politisch
völlig irrelevant. Und eben dieser Mangel an politischem Bewusstsein macht die Piraten zugleich so unheimlich. Immerhin
sind Nerds als verschrobene Einzelgänger bekannt, die schon ihre Schwierigkeiten
mit zwischenmenschlichen Problemen des Alltags haben und zudem relativ öffentlichkeitsscheu
sind. <a href="http://www.imdb.de/character/ch0064640/">Sheldon Cooper</a> ist
der Prototyp, zeigt aber zugleich: schlau ist nicht gleich intelligent (Goleman 1995, S. </span><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;"><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">53 - 66)</span>. Und diese
Leute schicken sich nun an Politik zu machen. Da das Bezugsproblem des politischen Systems ein <i style="mso-bidi-font-style: normal;">soziales</i>
Problem ist, erscheint es sehr zweifelhaft, dass die Nerds über die
nötigen sozialen und emotionalen Kompetenzen verfügen um die drängenden politischen
Probleme – und dazu zählen nicht nur Technik-Probleme – zu lösen. Vielmehr zeigt
sich an der Piratenpartei, dass selbst in Teilen der gebildeten Mittel- und
Oberschicht wenig Verständnis für die Funktionsweise des politischen
Systems vorhanden ist. Hohe Kompetenz in technisch-instrumentellen Fragen impliziert nicht zwangsläufig eine vergleichbare Kompetenz für soziale oder gar politische Probleme. Die Piraten sind insofern ein dezenter Hinweis darauf, dass Bildung kein Garant dafür ist,
dass Menschen zu besseren Staatsbürgern werden. Dass sie nicht in der Lage sind ein politisches Programm zu entwerfen, ist dann aber weniger verwunderlich. Ebenso wenig vewundert es, dass soviele Funktionärskarrieren ein jähes Ende finden wegen Burn Out oder schlichter Entnervtheit. Sie sind das Resultat einer spezifischen Selbstüberforderung: <i>die sozialen Bedürfnisse der Nerds stehen den Anforderungen der politischen Öffentlichkeit diametral entgegen.</i></span></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="text-align: justify;">
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Solange sich die Piraten nicht
über den Widerspruch klar werden, dass sie versuchen mit einem a-politischen
Selbstverständnis Politik zu machen, wird ihre weitere Zukunft – zumindest für die
Mitglieder – ein Schrecken ohne Ende. Aktuell sind sie den Anforderungen, die ein modernes politisches System an seine Teilnehmer stellt, nicht gewachsen. Die Nerd-Seele der Partei steht dem im Weg. Es bleibt den
Piraten nur zu wünschen, dass sie im Laufe der Zeit das Selbstbewusstsein
entwickeln um zu erkennen, dass sie noch hart an sich arbeiten müssen um als
politische Bewegung ernstgenommen zu werden. Eins ist sicher, dies wird nicht
unter Ausschluss der Öffentlichkeit gelingen. </span><br />
<br />
<br />
<b><span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Literatur</span></b><br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Goleman, Daniel (1995): Emotionale Intelligenz, München </span><br />
<span style="font-family: Arial,Helvetica,sans-serif;">Luhmann, Niklas (2002): Die Politik der Gesellschaft, Frankfurt am Main</span></div>
Beobachter der Modernehttp://www.blogger.com/profile/07362668989286039861noreply@blogger.com2