In den ersten beiden Teilen der
Reihe „Die Beobachtung der Beobachtung“ wurde der Beobachtungsbegriff, wie er
von Niklas Luhmann ab seinem ersten Hauptwerk „Soziale Systeme“ (1984)
entwickelt wurde, weiter präzisiert. Ausgangspunkt war die Annahme, dass der
Kommunikationsbegriff und der Beobachtungsbegriff [1] innerhalb von Luhmanns
Systemtheorie stärker gegeneinander differenziert und integriert werden müssen,
denn die theoretische Beziehung der beiden Begriffe zueinander war noch zu
diffus. Diese Unklarheit ist allerdings nur ein Symptom und verweist auf die
grundlegendere, theoretische Beziehung zwischen psychischen und sozialen
Systemen. Frühere Ansätze unterschieden hier noch zwischen intrapersonaler und
interpersonaler Kommunikation (vgl. Ruesch/Bateson 2012). Luhmann reservierte
den Kommunikationsbegriff aber für die Operationen sozialer Systeme, also für interpersonale Kommunikation. Somit
können die Operationen psychischer Systeme nicht als Kommunikation bezeichnet
werden. Um diese Kluft überbrücken zu können, entwickelte Luhmann den Begriff
der Beobachtung [2]. Dieser schloss
an die „Laws Of Form“ (1997) von George Spencer-Brown an. Spencer-Brown
entwickelte die „Laws Of Form“ aus zwei Annahmen, die er als gegeben
voraussetzt: die Idee der Bezeichnung
und der Idee der Unterscheidung. Das,
was Spencer-Brown als Form
bezeichnet, ist die Einheit von Unterscheidung und Bezeichnung. Demnach, kann
man nichts bezeichnen ohne eine Unterscheidung zu treffen. Deswegen beginnt
Spencer-Brown die Entfaltung der „Laws Of Form“ mit der Anweisung: triff eine
Unterscheidung! Jede Unterscheidung besteht allerdings aus zwei Seiten. Eine
Bezeichnung muss sich von etwas unterscheiden. Das ist immer die andere Seite
der Unterscheidung, die auch immer eine Bezeichnung ist. Operativ kann immer
nur eine Seite der Unterscheidung realisiert werden. Trotzdem ist die andere
Seite imaginär mit appräsentiert. Luhmann bezeichnet dann die Aktion eine
Unterscheidung zu treffen, um etwas zu bezeichnen, als Beobachtungsoperation. Da
man aber nicht zwei Bezeichnungen auf einmal realisieren kann, sondern nur
nacheinander, ist Zeit notwendig, um die andere Seite der Unterscheidung zu
bezeichnen. Unterscheidungen sind daher nichts Statisches. Sie können nur
temporalisiert gedacht werden. Beobachten vollzieht sich als Oszillieren
zwischen den beiden Seiten der Unterscheidung.